HARLES RICHET
LLGEMEINE
URGESCHICHTE
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RICHET / KULTURGESCHICHTE
ZWEITE VERBESSERTE UND VERMEHRTE AUFLAGE
(2.-5. TAUSEND)
BAND I
ALLGEMEINE
KULTURGESCHICHTE
VERSUCH EINER GESCHICHTE DER MENSCHHEIT
VON DEN ÄLTESTEN TAGEN BIS ZUR GEGENWART
VON
CHARLES RICHET
IN DEUTSCHER BEARBEITUNG
MIT EINLEITUNG UND ERLÄUTERNDEN ANMERKUNGEN VON
DR RUDOLF BERGER (BERLIN)
(KORR. MITG. D. FRANZ. AKAD. D. WISSENSCH. U. KÜNSTE ZU ARRAS)
19 2 0
VERLAG FÜR KULTURPOLITIK
MÜNCHEN-BERLIN
ALLGEMEINE
KULTURGESCHICHTE
VERSUCH EINER GESCHICHTE DER MENSCHHEIT
VON DEN ÄLTESTEN TAGEN BIS ZUR GEGENWART
VON
CHARLES RICHET
BANDI
VON DER URGESCHICHTE BIS ZUR
FRANZÖSISCHEN REVOLUTION
1 9 2 0
VERLAG FÜR KULTURPOLITIK
MÜNCHEN-BERLIN
Einzig bereditigte deutsdie Bearbeitung
Alle Rechte vorbehalten
Copyright 1919 by Verlag für Kulturpolitik
Mündien-Berlin
I
Den Manen von Karl Lamprecht
(t 11. Mai 1915)
„Eine Weiterentwicklung der Kultur- und Universalgeschichte als
einer Geschichte des menschlichen Geistes ist nicht bloß ein pietät-
voller Wunsch aller Historiker der Lamprechtschen Schule, sondern
eine unbedingte Forderung eines jeden Forschers, dem die Herstellung
und Erhaltung des geistigen Bandes am Herzen liegt, das alle
Wissenschaften untereinander verknüpft. Aus diesem Grunde wird
man es aber schließlich auch gerechtfertigt finden, wenn ein Nicht-
historiker, der nicht einmal in einer der sogenannten Geisteswissen-
schaften standesamtlich eingetragen ist, in dieser Angelegenheit das
Wort ergreift."
Dr. Max Verworn,
Professor der Physiologie an der Universität Bonn.
„Die Geschichte soll die Lehrerin der Menschheit sein, und wenn
sie es nicht wird, so tragen die Jugendlehrer der Ge-
schichte einen großen Teil der Schuld."
Johann Friedrich Herbart.
IX
Vorwort des Herausgebers zur zweiten Auflage.
Nach kurzer Zeit schon tritt Charles Richets Buch im deutschen Ge-
wände — mit Anmerkungen stark bereichert und mit dem so unentbehr-
lichen Sach- und Namenregister versehen — in zweiter Auflage vor die
Öf fenthchkeit ! Der unselige Weltkrieg ist jetzt endUch üquidiert. Wie
wird es nun nach Löschung des Feuerbrandes und Zurücklassung des euro-
päischen Trümmerhaufens mit der vom Verfasser so schwungvoll verkün-
deten „deutsch-französischen Versöhnung und Freundschaft" aus der einst
so hoffnungsvollen Osterzeit vom Jahre 191 4 werden?
Berlin, Ostern 1919. R. B.
Einleitung des Herausgebers zur ersten Auflage.
Romain Rolland, Henri Barbusse, Charles Riebet,
lauter Franzosen, die von der alten deutschen idealistischen Welt-
anschauung eines Schiller und Kant einen Hauch verspürt haben
und schon lange Jahre vor 191 4 heiß bemüht gewesen sind, das Welt-
Gebäude durch einen festen Völkerbund und andere ideelle und reale
Bürgschaften gegen den drohenden Weltenbrand feuersicher zu machen I
Die ersten beiden: Dichter 1 Charles Riebet*, der jüngste Träger
des Nobelpreises in Friedenszeiten: Gelehrter und Dichter, Dichter und
Gelehrter; man weiß nicht, was von beiden er mehr ist, er, der offiziell
die Professur der Physiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität
Paris bekleidet und seinen wissenschaftlichen Namen neben seinen
physiologischen Untersuchungen seinen psychologischen und kultur-
historischen Forschungen verdankt! Hat er doch als Gelehrter wie als
Dichter kein Werk veröffentlicht, das nicht sein doppeltes Gesicht zeigte
und ihn in seinen beiden Berufen offenbarte! Als er im März 1914 in
Berlin und anderen deutschen Städten vor einem großen Publikum über
die Möglichkeit einer freundschaftlichen Annäherung zwischen Frankreich
und Deutschland und die Verhütung des Weltkrieges sprach, ahnte er nicht,
wie nahe dieser sein sollte, wenn er sich auch völlig darüber klar war, daß
ernste Vorkehrungen geschaffen werden müßten, einen solchen furchtbaren
Weltkrieg zu verhüten! So zeichnete er als einer der ersten vor einer
breiten Öffenthchkeit die internationale Schiedsgerichtsgesetzgebung, deren
* Für Charles Richets Biographie vgl. im vorliegenden Buche S. 530 Anm.
Durchführung er von der für den März 191 5 in Aussicht genommenen
Dritten Haager Konferenz erwartete! Doch das war nur die eine Seite der
Bekämpfung aller Kriegsgelüste unter den Völkern! Ihm, der schon in
seinen preisgekrönten Fabeln, die in jenen Märzentagen unserem Volke
im Gewände deutscher Dichtung vorgelegt wurden*, den „Leit-, Zeit-
ünd Streitfabeln des Zwanzigsten Jahrhunderts", wie sie alsbald von der
Kritik rühmend bezeichnet worden waren, den Krieg als die furchtbarste
Geißel des Menschengeschlechtes gebrandmarkt und den Frieden von
dieser Seite aus zu verewigen gestrebt hatte, lag nun vor allem daran,
rechtzeitig für jene Dritte Haager Konferenz mit seinem Wissen und
Können zu einem gegenseitigen Verständnis unter den Völkern und damit
zu ihrer gegenseitigen Verständigung beizutragen! Er, ein Naturforscher,
für den und in dem sich aber Natur- und Geisteswissenschaften unzertrenn-
lich miteinander verbinden, wie wir es heute nur noch ein einziges Mal,
und zwar in entgegengesetzter Richtung, bei einem Universalisten der
Geisteswissenschaften wie dem inzwischen von dem Weltkrieg verschlun-
genen Karl Lamprecht sahen, der sich für die vorliegende Mensch-
heitsgeschichte, die in jenen Tagen Riebet bereits im Manuskript und
Fahnendruck fertig hatte, bis in seine letzten Tage interessiert und die
Widmung für diese ihre deutsche Bearbeitung angenommen hat! Sie sollte
in alle Sprachen übersetzt und im März 191 5 der Völkerversammlung im
Haag vorgelegt werden! Doch wie anders ist es gekommen! Nur die
deutsche Bearbeitung war bis Ende Juli 191 4 im vollendeten Manuskript
und nahezu abgeschlossenen Fahnendruck fertig! Da brach jener Welten-
brand aus, zu dessen Verhütung diese Geschichte der Menschheit einen
wesentlichen Beitrag liefern wollte! Sollte es nun wirklich ganz zwecklos
sein, auch jetzt noch dieses postume Werk zu veröffentlichen? Nein!
Einmal muß doch Friede werden, und dann kommt es, wenn nicht die
Kulturwelt ganz zugrunde gehen soll, mehr als je auf ein gründliches
Verständnis und eine dauernde Verständigung von Volk zu Volk an! So
möge diese von der Haßflut der gegenwärtigen Katastrophe verschont
gebliebene Menschheitsgeschichte noch verspätet als Friedensevangelium
hinausgehen! Charles Riebet aber, der französische Verehrer jed-
weden ein Welt- oder Religionsbekenntnis des Friedens verkündenden
Herolds und des Deutschlands eines Schiller und L e s s i n g, eines
Kant und Luther, möge durch sie zu einer „Nachtigall" jener ge-
heiligten Stätte werden, an der nach diesem Erdbeben dieser Friede als
ein Frieden nicht nur für dies und das nächste Jahrzehnt und für dies
und das nächste Jahrhundert, sondern als ein Friede für allezeit, eine
* Vgl. hier S. 519 Anm.
XI
pax in saecula, geschlossen wird, mag dieses neue Wittenberg nun
der Haag, Genf, Stockholm, Rom, Berlin oder Paris heißen!
Wenn hier beim Heraufziehen der neuen Morgenröte sich noch immer ein
Gewitter in einem letzten Wetterleuchten entladen sollte, als ob es diese
Morgenröte aufhalten zu wollen scheine, dann möge die vorliegende Mensch-
heitsgeschichte den verhandelnden Völkern als ein Spiegel vorleuchten, der
ihnen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft mit der Unparteilichkeit
eines Tacitus sine ira et studio wiedergibt und verdeutlicht und so auf
aller Gemüter beruhigend und versöhnend wirkt! Habent sua fata libelli!
Hat dann auch dieses Buch seit Anfang 1914 wahrlich die mannigfachsten
Schicksalsstürme durchlebt, so möge es doch an der Friedensstätte sein
hehres ideales Ziel erreichen : die der Geschichte der Mensch-
heit Vota Verfasser gegebene Mission: „Freude dieser Stadt bedeute,
Friede sei ihr erst Geläute!"
Berlin, Ostern 1918. R. B.
Vorwort des Verfassers.
Dieses Buch, das der Verfasser aus vorbedachtem Plane heraus gern
so knapp wie möglich gehalten hätte, soll so gemeinverständlich wirken,
daß es bisweilen nicht anders als empfindlich lückenhaft sein kann. Nie-
mand weiß dies besser als er selbst.
Gleichwohl hat er vor der Aufgabe nicht zurückscheuen zu dürfen
geglaubt, die großen weltgeschichtlichen Ereignisse wie geistigen Be-
wegungen zu einem einheitlichen Ganzen zusammenfassen zu sollen.
Die Welt geht heutzutage mit einer so rasenden Geschwindigkeit vor-
wärts, und der wissenschaftliche Unterrichtsbetrieb gestaltet sich allmählich
dermaßen verwickelt, daß man nur noch die Berechtigung hat, sich über
die mannigfachen Einzelheiten der Vergangenheit des langen und breiten
zu äußern, wenn sie einige fruchtbare Schlüsse für die Fragen der Gegen-
wart zulassen. Wir brauchen uns nicht damit aufzureiben, alle in den
Annalen der Weltgeschichte mit Umständlichkeit berichteten tragischen
Erzählungen für immer in unserm armen Gedächtnis in ihrem ganzen
Umfange zu bewahren.
Gleichwohl muß der Leser dem allmählichen Aufstieg des Menschen-
geschlechts in seiner ungleichmäßigen, aber glänzenden Entwicklung zu
XII
den Höhen sozialer, politischer, wissenschaftlicher Wahrheiten, d. h. des
Kulturfortschritts, Stufe für Stufe folgen können.
An den steten Fortschritt der Kultur aber glauben wir zuversichtlich!
Bei alledem ist die Menschheit noch sehr jung. Es gibt überhaupt
etwa erst seit zehn Jahrtausenden Gemeinschaften, seit drei Jahr-
tausenden Denker und gar erst seit nicht mehr als drei Jahrhunderten
— Gelehrte. Die Jugend des Menschen steht also noch auf einer aller-
ersten Kinderstufe. Anstatt, wie wir es doch meist sind, über die Lang-
samkeit in der Entwicklung der menschlichen Gemeinschaften entrüstet
ztu sein, müßte uns vielmehr ideren rasende Geschwindigkeit blenden.
Der Glaube an den Fortschritt, an den Fortschritt durch die Hilfe der
Wissenschaft, er ist es, der auch den Verfasser zu dem vorliegenden Buche
begeistert hat. Bei all dieser Begeisterung hat er versucht, wahrhaftig
zu bleiben: immer völlig unparteiisch sein zu können, ist er nicht an-
maßend genug, sich einzubilden. Auch kann Unparteilichkeit sehr leicht
zum sträflichen Fehler werden, wenn sie nämlich nicht so mutig ist,
zwi schein Recht und Unrecht, Freiheit und Knechtschaft, Frieden und
Krieg, Wissen und Unwissenheit die ausschlaggebende Entscheidung zu
treffen. C. R.
XIII
Inhalts-Übersicht des I. Bandes
Vorwort des Herausgebers zur 2. Auflage
Einleitung des Herausgebers zur i. Auflage
Vorwort des Verfassers ....
Erstes Buch: URGESCHICHTE .
Zweites Buch: AGyPTEN UND ORIENT
§ I. Ägypten ....
§ 2. Die Chaldäer und die ältesten Assy
§ 3. Die Hebräer
§ 4. Die Phönizier
§ 5. Das Zweite assyrische Reich
§ 6. Die Meder und Perser
Drittes Buch: HELLAS .
Griechische Literatur und Kunst, Philosophie und Wissen
Schaft (43—48)
Viertes Buch: ROM
Römische Literatur und Kunst, Philosophie und Wissen-
schaft (82 — 85, 92 — 93)
Fünftes Buch: DIE KIRCHE
Islam 110 — 116. Französische Literatur 118 — ^141, 147 — 148.
Mittelalterliche Baukunst 141 — 142. Englische und deutsche
.Literatur (Nibelungenlied) 147. Italienische Literatur und Kunst
148 — 150. Erfindung der Buchdruckerkunst 153 — 154.
Sechstes Buch: DAS KÖNIGTUM (1450-1789) . .
Älteste spanische Literatur (Cid) 156. Entdeckungsreisen 158 bis
167. Renaissance 170 — 171. Italienische Kunst 171 — 172. Re-
formation 178 — 188. Englische, französische, niederländische Re-
naissanceliteratur (Thomas Morus, Erasmus, Rabelais) 183 bis
184. Spanische dramatische und satirische Literatur (Lope de Vega,
Calderon, Cervantes) 203 — 204. Englische dramatische Literatur
(Shakespeare) 205 — 206. Niederländische Wissenschaft und Kunst
231 — 232. Französische klassische Literatur 247 — 249. Franzö-
sische Kunst unter Ludwig XIV. 250. Deutsche, englische, nieder-
ländische Wissenschaft dieser Zeit (Leibniz, Newton, Huyghens)
250 — 251. Bayle und Locke 273. Enzyklopädie 274. Aufklärungs-
literatur des 18. Jahrhunderts in Frankreich (Voltaire, Montes-
quieu, Rousseau), England (Swift, de Foe, Gibbon), Deutschland
(Lessing), Italien (Beccaria) 273 — 276. Entstehung der großen
Nordamerikanischen Republik 280 — 283.
Seite
IX
IX
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155
Bandl
ErstesBuch.
Urgeschichte.
Wir wissen niemals etwas vom Ursprung der Dinge. Mag es sich um
die Sonnenwelt handeln, um unsern Erdplaneten, um die Pflanzen- oder
Tierarten, wir sind für die Entstehung jedes Dinges auf Vermuttmgen
angewiesen. Höchstens steht es frei, sich zu denken, daß zur Zeit der Er-
kaltung der Erde lebende Gebilde auf ihr zum Vorscheine kamen, um
sich zu vervielfältigen, sich in einer allmählichen Entwicklung zu vervoll-
kommnen bis zu schließlicher Erreichung der Menschengestalt. Aber
es hat dazu ohne Zweifel Tausender von Jahrhunderten bedurft.
Eine Aufzeichnung der Geschichte einer menschlichen Gesellschaft be-
ginnt erst etwa sechstausend Jahre vor der christlichen Zeitrechnung mit
den ersten Dynastien der ägyptischen Könige, deren Denkmäler und In-
schriften uns von der Vergangenheit berichten. Aber lange vor dieser fernen
Zeit war schon der Mensch mit den wesentlichen Merkmalen seiner Art
in die Erscheinung getreten, und man findet in allen fünf Erdteilen unter
Totengebeinen Spuren einer gewissen Industrie, die erlauben, sich das
Dasein der Urmenschen anschaulicher vorzustellen. Es ist die sogenannte
vorgeschichtliche Zeit, die man vielleicht mit Unrecht so bezeichnet; denn
man findet darüber zwar weder geschriebene Urkunden noch Inschriften,
die es ermöglichen würden, für sie irgendein auch nur annähernd be-
stimmtes Datum anzusetzen; aber alle Zeugnisse von solchen einstigen
menschlichen Daseinsformen sind doch auch in gewissem Sinne nichts
anderes als ein Stück Geschichte.
Die ersten Spuren menschlichen Daseins bestehen in Geräten aus nur
roh zugehauenem Feuerstein und sind in sogenannten O o 1 i t h f o r -
mationen zu finden (älteste Steinzeit). Dann kommen in den p a l ä o -
lithischen Formationen ein paar seltene Knochenreste und ein paar
rohe Werkzeuge vor. Die Totengebeine sind charakteristisch. Die Schä-
del dieser Urmenschen sind denen der tiefststehenden Wilden der Gegen-
wart nahezu gleich. Die Werkzeuge anderseits, die weit zahlreicher als die
Totengebeine vorhanden sind, bestehen aus (kernartig) zugehauenem Feuer-
stein.
Dank diesen behauenen Feuersteinen kann man sich ungefähr vorstellen,
1 Riebet, Geschichte der Menschheit
2 Erstes Buch.
wie unsere Urväter lebten. Sie nährten sich von Wurzeln und von Wild-
bret, durch Jagd und Fischfang; denn es finden sich aus jener Zeit zu
Harpunen, Pfeilen, Äxten verarbeitete Feuersteine.
In der mittleren Steinzeit kannten sie schon die Kunst, Feuer zu
machen; denn man findet in ihren damaligen Höhlen Aschenhaufen. Aber
sie verstanden noch immer nicht, sei es ein Haus zu bauen, sei es den
Hund zu zähmen oder das Land zu bestellen.
In der fortgeschritteneren Steinzeit pflegten sich unsere Voreltern zum
Schutze vor Kälte bereits mit ungeschickt zusammengenähten Tierfellen
zu bedecken. Ja, sie dachten sogar schon daran, sich zu putzen, und suchten
zu diesem Zwecke Muschelschalen, die ihnen als Schmuckgegenstände dienen
mußten. Sicher ist, daß sie sich in gewissen Gegenden den Leib mit ver-
schiedenen Arten roten Tons tätowierten, zu deren Auffindung sie häufig
erst weite Strecken zurücklegten.
Auch hatten sie damals schon gelernt, durch Einschnitte in Renntier-
geweih oder Knochen von den Tieren, die sie auf der Jagd erlegten, Ab-
bildungen von bisweilen erstaunlicher Treue herzustellen. Man hat in
den Höhlen aus vorgeschichtlicher Zeit auf den Wänden der Grotten eine
große Zahl geschnitzter, gezeichneter oder auch gemalter Figuren wieder-
gefunden. Diese eingemeißelten Zeichnungen, deren Echtheit also nicht
in Frage zu stellen ist, sind nicht bloß durch das Alter dieser ersten künst-
lerischen Bemühungen, sondern auch noch ganz besonders dadurch an-
ziehend, daß sie uns belehren, daß die Menschen dieses uralten paläo-
lithischen Abschnitts noch Zeitgenossen einer heute bereits teilweise aus-
gestorbenen Fauna gewesen sind, des Mammuts und des Höhlenbären,
Das ist ungefähr alles, was man über den Steinzeitmenschen Sicheres
weiß. Es ist nicht ganz gewiß, ob vielleicht schon in der damaligen Zeit
Masseneinfälle oder wohl gar schon Völkerwanderungen vorgekommen
sind, obgleich ja bei Jägervölkern doch wahrscheinlich ein Nomaden-
leben anzunehmen ist. In jedem Falle gab es eine Reihe verschieden-
artiger Menschenstämme, die über die ganze Erde zerstreut lebten; denn
man findet behauene Feuersteine ebensogut in der alten wie in der neuen
Welt. Doch, in so vielen verschiedenen Gegenden man auch von Menschen-
hand bearbeiteten Feuersteinen begegnen mag, wissen wir gleichwohl
keineswegs, ob diese Spuren des Urmenschen auf zweihundert oder bloß
auf zwanzig oder vielleicht auch nur auf ein einziges Jahrtausend zurück-
weisen mögen. Haben sie einen einheitlichen oder besonderen
Ursprung? Bestand schon eine Sprache? Eine Ständeordnung? Sind die
Feuersteine Asiens, Afrikas, Amerikas, Europas alle aus derselben Epoche
Urgeschichte. 3
oder, wie es wohl wahrscheinlicher ist, aus ganz getrennten? Wir können
dieselben jedenfalls nicht zeitlich genauer bestimmen. Alles, was wir auf
Grund der Tatsache vermuten können, daß sich in denselben Grotten
Knochen von Menschen, Renntieren und Mammuts fanden, ist, daß der-
einst jedenfalls das Klima der verschiedenen Länder kälter war als das
gegenwärtige an den entsprechenden Stellen (die Eiszeit der Geologen).
Ein stets gefährdetes Dasein, ein wildes Leben, ein beständiger Kampf
mit den Elementen und den Tieren zwangen die ersten Menschen, ihre
noch so wenig verfeinerten Waffen und Werkzeuge immer mehr zu ver-
vollkommnen.
Gehen wir nun von dem paläolithischen zu dem neolithischen
Abschnitt (jüngere Steinzeit) über, so sehen wir nach einer Periode des
Niedergangs in der Steinbehauung, wie die Bearbeitung der Silexe nun
allmählich immer weitere Fortschritte macht. Jetzt sind sie bereits ge-
glättet und mit der Feile so scharf abgeschliffen, daß sie richtig schneiden.
Gewisse Steine von Beilform, die beim Gebrauch auf hölzerne Schafte ge-
steckt wurden, entwickelten sich zu furchtbaren Waffen.
Und nun eröffnen sich weitere Felder der Betätigung. Man sieht auf
dem Wasser menschliche Wohnstätten erstehen, die von Holzpfeilern
getragen werden (Pfahlbauten). Erhabene Baudenkmäler aus riesigen Stei-
nen (Megalithen), wie die bretonischen Dolmens, werden errichtet als
Grabstätten für die Toten. Auch kennt der Mensch schon die Kunst, den
Ton zu brennen zur Anfertigung seines Geschirrs. Vor allem gelingt es
ihm auch jetzt schon, einige Tiere zu zähmen: den Hund, den Hammel,
das Pferd, das Schwein, und nun, wo er Behausung und Herden hat, wird
er seßhaft und tritt zu Familien, Stämmen, ja beinahe schon zu Völkern
zusammen.
Alle diese aus so früher Urzeit stammenden Zeugnisse über das Leben
der Menschen des jüngeren Steinzeitalters werden einzig und allein von
den verschiedenen Gegenständen geliefert, die man, sei es in den Dolmens,
sei es in den Anschwemmungen jüngeren Ursprungs, gefunden hat.
Es heißt immer, daß Stämme, die der europäischen Menschheit des
älteren Steinzeitalters an Bildung überlegen waren, aus dem an Menschen
so überreichen Asien herübergekommen seien, um uns den Getreidebau,
die Weberei gewisser Stoffe und die Zähmung des Hundes zu bringen;
doch ist das keineswegs völlig erwiesen.
Nach dem Zeitalter des geschliffenen Steins kommen nun Epochen
mit einer bereits vöUig fertigen Industrie zum Vorschein. Die Menschen
haben gelernt, das Kupfer zu bearbeiten und weiter dann Legierungen
1*
Erstes Buch.
von Kupfer und Zinn herzustellen (Bronzezeitalter). Später haben sie
noch das Eisen entdeckt und es sogar so weit gebracht, es zu schmieden.
Jede dieser neuen Industrien, die der Mensch der Natur so mühsam ab-
gerungen hatte, hob auch zugleich seine physischen und geistigen Kräfte
und entfernte ihn damit immer mehr von dem Zustande des Tieres.
Wir können auch nicht mit einem Scheine von Bestimmtheit die Dauer
dieses Kindesalters des Menschengeschlechts ab3,chätzen. Zweifellos war
'der Mensch in gewissen Gegenden, z. B. im nördlichen Europa, noch
^mmer in derii Bronze- oder in dem Eisenzeitalter, als andere Menschen,
die sich schneller entwickelt hatten, bereits eine Geschichte besaßen. Auch
in der heutigen Welt sehen wir wieder ganz ebenso recht tiefstehende wilde
Völker neben den allerzivilisiertesten leben, so 7^ B. die Lappen, die
Hottentotten, die Tasmanier, die Afrikaneger, die Patagonier. Gerade
so waren auch schon zu Ende der jüngeren Steinzeit sich deutlich von-
einander unterscheidende Zivilisationen hervorgetreten, und es gab Bar-
baren wie Halbbarbaren.
Vielleicht haben verschiedene Gruppen von Menschen dicht neben-
einander gelebt, wie man noch in unseren Tagen Volksstämme kennen
lernt, die sich meisterlich auf Viehzucht verstehen und die ganz in der
Nähe von unzivilisierteren Völkerschaften wohnen, die weder etwas von
dem Getreidebau noch von der so segensreichen Unterwerfung der Haus-
tiere wissen. Man findet in den so außerordentlich voneinander abwei-
chenden Sitten der heutigen wilden Stämme noch die verschiedenen so-
zialen Gebilde wieder, die in der menschlichen Gesellschaft dereinst in den
grauen Tagen der Vorgeschichte bestanden haben.
Damals erst, also in der Eisenzeit, sind von Mittelasien her aus den
großen Gebirgsländern oder auch aus der mesopotamischen Tiefebene
nahezu völlig zivilisierte Volksstämme, die dort langsam, aber stetig eine
immer höhere Entwicklung genommen hatten, nun schon eine zusammen-
gesetzte Sprache besaßen und bereits Industrien erfunden hatten, nach
Ägypten und Chaldäa ausgewandert, um dort die ältesten Gemeinschaften
zu gründen, mit der sich zum erstenmal die Geschichte bekannt zu machen
hat.
Dieser von allem bisherigen so grundverschiedene ganz neuartige Fort-
schritt läßt sich wohl nicht einem bloßen Zufall zuschreiben. Er ist wohl
nur der Überlegenheit des Genies zu verdanken. Der Zufall schafft nichts
Endgültiges; der Zufall zieht sich nicht über fünfundzwanzig Jahrhunderte
hin : Wettläufer erreichen nicht alle in einem und demselben Augenblicke
das Ziel auf der Rennbahn; die einen sind schneller, die andern langsamer,
Urgeschichte. 5
und es drängt sich der Schluß auf, daß die Wettläufer, die zuerst an-
kommen, stärker und geschickter als die Nachzügler sind.
So möchte man auf den allerersten Blick an die geistige Überlegenheit
der Ägypter und der Chaldäer, also von Semiten*, glauben, die bei ihrer
rascheren Entwicklung den andern Menschen in ddr .Weltkultur voraus-
gegangen sind. Aber diese Beurteilung wäre irrig; denn sie setzt voraus,
daß die verschiedenen Menschenrassen zu gleichör Zeit entstanden sind.
Nun ist nichts weniger wahrscheinlich als die gleichzeitige Entstehung der
verschiedenen Rassen, Zahlreiche Beweise linguistischer, archäologischer
und anatomischer Natur scheinen festzustellen, daß die Weißen arischer
Abkunft die auf unserem Planeten zuletzt Angekommenen sind, wahr-
scheinlich, weil ihre Rasse sich vorher noch nicht durch eine glückhche
Auslese aus den Gebilden der Urmenschheit entwickelt hatte.
Ägypter, Gelbe, Neger, all diese Rassen, die den heutigen Europäern
vorausgegangen sind, hätten zu demselben Ziele wie die Weißen gelangen
müssen, wenn sie es gekonnt hätten. Aber sie konnten ee nicht. Und da
sie sich nicht weiterentwickelt haben, da sich ihre geistige Fähigkeit nicht
mit der Zeit verfeinert hat, sind sie bei den Schranken stehen geblieben,
die ihnen die Grenzen dieser ihrer geistigen Fähigkeit zogen. Ihre ge-
sellschaftliche Höhe spiegelt ihre geistige wieder. In fünfzig Jahrhun-
derten haben doch wohl Neger, Semiten und auch Gelbe reichlich Zeit
gehabt, ihre Proben zu bestehen. Die Geschichte ist dazu da, um ims
diese zu offenbaren, und die Geschichte lehrt uns, daß die Höhe der
Leistungen bei den verschiedenen Menschenrassen eine verschiedene ist;
ja diese Verschiedenheit gibt sogar eine Möglichkeit, sie untereinander ab-
zuteilen.
Das geistige Leben des vorgeschichtlichen Menschen ist uns völlig
unbekannt. Eigentlich muß es doch wohl noch damals tief unter dem
gewisser wilder Stämme der Gegenwart, wie z. B. der Tasmanier, gestanden
haben, die nicht das Land zu bebauen verstehen und nur behauene Feuer-
steine nach Art derjenigen aus der jüngeren Steinzeit als Werkzeuge und
Waffen haben.
Aber der Zustand der Wildheit ist ein wirksames Mittel für die Aus-
lese. Die Urmenschen, die mit ihrem entblößten Körper allen Unbilden
der Witterung ausgesetzt waren, die sich ihre Nahrung mübgam von weit-
her holen mußten, und die zu ihrem Schutze vor ihren überall auf der
Lauer liegenden Feinden weder den gewaltigen Rachen des Wolfes noch
* Die Urchaldäer oder Sumerer gelten als Nichtsemiten. Vgl. hier S. 15 Anm.
Erstes Buch. Urgeschichte.
die Kralle des Tigers^ noch die Behendigkeit des Affen, noch den schnellen
Lauf des Hirsches hatten, haben wohl die Unzulänglichkeit ihrer natür-
lichen Waffen durch die Mittel ihres Verstandes ergänzen müssen. Der
Verstand hat es ihnen allein ermöglicht, sich zu verteidigen und damit
zu leben. So haben unter ihnen nur die am Leben bleiben können, die
die geschicktesten, die scharfsinnigsten und die vorsichtigsten waren. Nun
ist in unserer polizeilich geschützten und verfeinerten heutigen Gesell-
schaft das Leben so leicht geworden, daß es gar nicht einer beständigen
'Anstrengung bedarf, um am Leben zu bleiben. Die Mittelmäßigen werden
geschützt und haben folglich das Recht, mittelmäßig zu bleiben. So wächst
in der modernen Gesellschaft die geistige Fähigkeit des Menschen nicht
mehr, soweit sie umgekehrt nicht gar entartet, während hingegen in der
Urmenschheit ein vorzeitiger Tod die Schwachen unbarmherzig ausrottete
und nur die Starken am Leben ließ.
Die heutige Gesellschaft wird also zu dem großen Grundsatze der
Auslese zurückkehren müssen, wenn sie nicht den abgestumpften Verstand
ganz erlöschen lassen will. Die Macht des Menschengeschlechts ist der
Verstand, und nur den harten Kämpfen unserer Urväter mit Hunger,
Kälte und wilden Tieren ist der Verstand der weißen Rasse zu verdanken.
Zweites Buch. Ägypten und Orient.
ZweitesBuch.
Ägypten und der Orient.
§ I. Ägypten.
Ägypten ist ein nicht allzu schmaler, von den Wassern des Nils befruch-
teter Landstreifen. Über die wenigen Kilometer rechts und links von
den Ufern dieses Stromes hinaus dehnt sich weit nur noch ein von der
prallen Sonne ausgedörrter Wüstensand dahin. Aber jene langgestreckte
Oase ist von einem unvergleichlichen Reichtum. In nur ein paar Monaten
gibt das Getreide einen derartigen Ertrag, daß man im Jahre zwei- bis
dreimal ernten kann. Das Klima ist, wenn auch sehr heiß, trocken und
gesund. Der Lebensunterhalt ist bequem und leicht zu gewinnen.
Jedes Jahr überschwemmt der Nil die Fluren von neuem mit der von
ihm mitgeführten Erde, die er von den Talufem von Darfur, Abessinien
und Äthiopien abgespült hat, und verbreitet damit jenen Schlamm, der
Ägypten die Fruchtbarkeit bringt. Das ganze Ägypterland ist, wie schon
der alte Herodot sagt, eine Gabe des Nils.
Bevor der Nil das Mittelmeer, in das eir sich ergießt, erreicht, teilt
er sich, um ein breites Delta zu bilden, in ein Dreieck, dessen Grundlinie
das Mittelmeer und dessen Spitze die Stadt Kairo bildet. Dieses Delta
verdankt seine Entstehung den von den Hochwassern des Nils allmähUch
angeschwemmten Sandmassen, und ohne Zweifel war dieses Dreieck
dereinst noch nicht da. Es war noch ein mittelländischer Meerbusen von
sehr niedrigem Wasserstande, der geradezu ein Sumpf zu nennen war.
Aber in dem Augenblicke, der die geschichtliche Zeit eröffnet, d. h. vor
siebenlausend Jahren, war bereits der größte Teil der Länder des Delta
daraus emporgestiegen. Es war Unterägypten schon damals, wie noch
heute, die fruchtbarste imd volkreichste Gegend des Landes.
Die Geschichte der alten. Ägypter ist hinreichend bekannt, weil ihre
Totenverehrung und ihre Anbringung von Inschriften und Aufstellung
von Gegenständen in den Grüften es den zeitgenössischen Gelehrten er-
möglicht hat, die ganze Vergangenheit wiederaufzubauen. Es ist gelungen,
die ältesten Hieroglyphen zu entziffern. Es handelt sich um eine ur-
ö Zweites Buch.
sprüngliche Bilderschrift, in der die Schriftzeichen bald einen Begriff,
bald einen Laut bezeichneten, der zu dem ursprünglichen Begriff irgend-
welche Beziehung hatte. Dank einer dreifachen Niederschrift des gleichen
Textes auf Griechisch, auf Koptisch, d. h. in der ägyptis.chen Umgangs-
sprache, und in ägyptischer Hieroglyphensprache vermochte der Franzos-e
Champollion im Jahre 1832 die berühmte Inschrift von Rosette zu ent-
ziffern und damit den 'Hieroglyphen ihre letzten Geheimnisse zu ent-
reißen.
Um auf Grabdenkmälern, auf Leichensteinen Namen, Ereignisse und
allerlei Satzungen aufzuzeichnen, muß sich eine menschliche Gemeinschaft
fechon einer außerordentlichen Bildungsstufe erfreuen. Das ägyptische
Volk, wie es uns die ersten Inschriften zeigen, ist in seiner Entwicklung
schon sehr weit vorgeschritten. Es bildet eine iWelt für sich, in der man,
wenn auch erst andeutungsweise, schon alle jene Erscheinungen hervor-
treten sieht, die sechs bis sieben Jahrtausende später die moderne Welt
ausmachen sollten.
So alt die. ägyptische Geschichte nun auch sein mag, muß sie doch
sicher in gleicher iWeise wie die der andern Völker ein äußerst langes,
doch ebenso unbekanntes vorgeschichtliches Zeitalter gehabt haben. Einer
allgemeinen Annahme zufolge sind Wandervölker, die aus Asien kamen
und sich einer semitischen Sprache bedienten, über die Meerenge von
Suez gegangen, um sich längs der beiden Ufer des Nils niederzulassen und
mit einem eingeborenen Stamme zu verschmelzen. Man hat zahlreiche
Spuren jener Urmenschen wiedergefunden. Aber das ist alles nur Hypo-
these. Behaupten kann man allein, daß es Jahrhunderte und Jahrhunderte
bedurft hat, ehe die hohe Bildung der Ägypter der ersten Dynastie erreicht
wurde.
Diese kannten bereits den Bau von Korn, sowohl Gerste wie Hirse.
Sie hatten bereits den Hund und den Esel (doch noch nicht das Pferd)
gezähmt. Rindvieh diente schon damals zur Pflugarbeit, Hirten trieben
Schweine-, Hammel- und Ziegenherden auf die Weide,
Doch waren schon die ersten Ägypter keine Nomaden. Sie bewohnten
niedrige Häuser aus gebrannten Ziegeln, geklopfter Lehmerde und ge-
flochtenem Schilfrohr, Ihre Hauptwerkzeuge waren behauene Kiesel (Mes-
ser, Beile), Mühlsteine für das Getreide, Mörser, Gefäße aus getrock-
netem Ton, die sich durch Schlichtheit und Schmucklosigkeit auszeichneten.
Die Frauen hatten schon Geschmeide, Arm- oder Halsbänder aus harten
Kernen, Muschelschalen oder Kieseln, Männer und Frauen schminkten
sich. Als Kleider dienten Tierfelle für die Häuptlinge und fürs Volk leinene
Äg>'pten und Orient.
Tücher. Für die Jagd, den Fischfang und auch zweifellos für den Krieg
verstärkten oder ergänzten .Waffen aus Bronze oder Eisen die früheren
aus Kiesel. Sie verstanden schon die Nahrungsmittel zu kochen, das Ge-
treide zu mahlen und das Getreidemehl zunächst zu kneten und dann im
Ofen zu backen, bis sie richtiges Brot erhielten.
Die Holz- oder Steindarstellungen, die die Züge jener ältesten Menschen
wiedergeben, beweisen uns, daß dieser Stamm in den sechstausend Jahren,
die er schon besteht, keine wesentliche Änderung erfahren hat. Der heutige
Fellah, der die Anstürme von Äthiopiern, Assyrem, Persern, Griechen,
Römern. Türken, Engländern im' Laufe der Jahrhunderte über sich ergehen
lassen und sich der Herrschaft von ihnen allen der Reihe nach .unterwerfen
mußte, ist gleichwohl selbst in dem Zustande geblieben, wie er schon iur
Zeit seiner ersten Könige war. Der Mensch hat sich nicht fortentwickelt,
und seine Bildung hat in der gleichen Unwandelbarkeit verharrt wie er
selbst. Es sind immer noch dieselben ackerbautreibenden, leichtgläubigen,
geduldigen, unempfindlichen, friedliebenden, den alten Sitten und Ge-
bräuchen treuen Arbeiter, die noch heute, wie einst, mit denselben ur-
sprünglichen Gerätschaften pflügen und noch immer denselben beschränk-
ten Gesichtskreis und dieselbe zufriedene Seele haben.
Sic ließen sich widerstandslos das fremde Joch gefallen und unter-
warfen sich, in eine ebenso rührige wie lässige Passivität eingelullt, sehr
mächtigen und gewalthaberischen Königen, die sie zu riesenhaften Arbeiten
heranzogen, Arbeiten, die, gleichviel, ob sie höchst unfruchtbar oder
höchst segensreich waren, jedenfalls für alle Zeiten die höchste Bewun-
derung erregen müssen. In der langen Geschichte Ägyptens ist kaum
eine Umwälzung oder ein Aufruhr zu erwähnen. Keine Völkerschaft hat
sich jemals so leicht lenken lassen wie diese.
Die Religion riß alles an sich und erdrückte sie, weniger durch ihre
erhabene Größe als durch die Vielfältigkeit ihrer Kulte. Alles war Gott
außer Gott selbst. Die Tiere, schädliche wie nützliche, waren Götter:
das Krokodil wie der Apisstier, der Schakal wie der .Widder, der 'Bock
wie der Sperber. Der Nil war ein Gott. Die Sonne war ein Gott. Dieses
kindliche Volk, das nichts von den außerordenthchen wie auch nichts von
den ganz gewöhnlichen Kräften verstand, die in seiner Umgebung walten,
stellte sich ganz einfach vor, daß diese unbekannten Erscheinungen mehr
oder weniger nach seinem Ebenbilde, an Macht aber ihm weit überlegen
seien, und dachte sie sich infolgedessen als Gottheiten. In dieser anthro-
pomorphen Weise erscheint den meisten Menschen, den Ägyptern von
einst wie ja noch so manchen Europäern von heute, die göttliche Person-
lo Zweites Buch.
lichkeit als eine Persönlichkeit von einer ganz menschenähnlichen und doch
übermenschlichen Geistestätigkeit, von einer Riesenkraft, die nichts aufzu-
halten vermag, und von einem durchbohrenden Blicke, dem sich nichts ent-
ziehen kann.
Es wäre jedoch nicht richtig, sich die Religion der Ägypter afuf .die An-
betung der Tiere beschränkt zu denken. Gewiß, sie haben die tierköpfigen
Götterbilder ins Unendliche vermehrt (Köpfe von Affen, Krokodilen,
Ibissen, Sperbern, Schakalen). Gewiß, sie haben um den in einem mehr
als königlichen riesenhaften Bau prächtig wohnenden Apisstier feierliche
Umzüge gemacht. Aber sie haben auch schon eine etwas weniger grobe
religiöse Metaphysik erfunden. Der Mensch hat ein solches Grauen vor
dem Tode, daß er es nicht wagt, sich dazu zu bekennen, daß mit dem
[Tode alles aufhören soll und sich gern das vorstellt, was er erhofft. Die
■ Ägypter glaubten an die Metempsychose, an die Wiederfleischwerdung, an
die Seelenwanderung, an etwas wie Hölle und Paradies.
iWenn nun aber der Tod gar kein Tod ist, so muß man für den Ver-
storbenen mit so kostspieligem Aufwand als möglich die .ganze Einrichtung
beschaffen, deren er sich im Leben bediente, muß ihm also in seiner Gruft
nicht nur ein Standbild in lebenswahrer Darstellung setzen, .sondern auch
noch die Bildnisse seiner Frau, seiner Kinder, seiner iDiener, seiner
Bäcker, seiner Mundschenken, seiner Schreiber, seiner treuen Hunde hin-
zufügen. Man häufte in den Grüften der Großen und Reichen ihre
Kleinodien, Waffen, kostbaren Gefäße und Figuren an; ja sogar in die
der Armen brachte man in frommer Liebe Kuchen, Brote, Früchte, Speisen
und Stoffe. Die große Furcht der Ägypter bestand nämlich darin, daß der
Tote, zur Mumie geworden und in die Gruft überführt, nicht, wenn er wie-
der aufwachen würde, alles, was einst den Reiz seines Daseins ausgemacht
halte, so bequem, um es mit der Hand zu erreichen, wiederfinden könnte:
seine Speisen, seine Liebhabereien, seine Spiele und seine Ehren.
Diesem Totenkultus haben wir es also zu verdanken, wenn wir die Ge-
schichte des alten Ägyptens so genau kennen. Diese sorgfältig versie-
gelten, in einen trocknen Sandboden eingelassenen Grabstätten haben
weder die Stürme der Revolutionen noch die Unbilden des Wetters jemals
zu fürchten brauchen. Die friedliche Bevölkerung achtet sie, und ein
unbewölkter und regenloser Himmel behütet sie eifersüchtig. Um die
Vergangenheit von neuem ins Leben zurückzurufen, genügt es, sie aus dem
sie bedeckenden und schützenden Sande ans Tageslicht zu ziehen. So
gräbt man über fünftausend Jahre alte Mumien aus, die fast noch lebend,
ja noch ganz jugendlich aussehen und von allem, was ihnen einst teuer
/
Ägypten und Orient. 1 1
war, umgeben sind. Das alte Ägypten scheint in der Tat verstanden zu
haben, seinen Kindern jene UnsterbHchkeit, auf die es so viel Hoffnung
gesetzt hatte, zu geben, wenn auch in etwas anderer Weise, als es sie sich
dereinst gedacht hatte.
Man teilt die Geschichte der alten Ägypter in einzelne Perioden nach
den verschiedenen Königsgeschlechtern, die bei ihnen aufeinander gefolgt
sind und deren es nicht weniger als sechsundzwanzig gegeben hat.
Ganz von den Gedanken an das zukünftige Leben erfüllt und stets
darauf bedacht, auch nach ihrem Verscheiden Paläste wie dereinst zu
finden, die der Bedeutung ihrer hohen Persönlichkeit angemessen waren,
ließen sich die Könige Grüfte erbauen, die die der großen Masse an Aus-
dehnung und Pracht entsprechend überboten. Könige der vierten Dynastie,
Cheops, Chephren, Mykerinos, haben sich die Pyramiden aufrichten lassen,
Riesenbauwerke, die bestimmt waren, ihnen als Grabstätten zu dienen.
Die größte Pyramide ist die des Cheops. Sie ist 144 m hoch, ein so
unermeßliches Steinungeheuer, wie man es kaum für möglich halten sollte.
Tausende und Abertausende von Arbeitern haben ihr Leben damit hin-
gebracht, diese riesigen Blöcke nach einer wunderbaren geometrischen
Ordnung aufeinanderzutürmen. Der vom Anblick der Pyramiden voll-
kommen überwältigte Tourist kann sich gleichwohl kaum eine anschauliche
Vorstellung machen, welche furchtbare Arbeit in diesem steinernen Berge
steckt. Ein ganzes großes Volk hat zwanzig Jahre lang an nichts anderm
als an diesem Werk arbeiten müssen. Man kennt von Cheops kaum sonst
etwas als seine Pyramide; aber wohl nie hat unter den Menschenkindern
jemand von seiner irdischen Laufbahn eine so lebendige, zugleich erliabene
wie wahnsinnige sichtbare Spur hinterlassen.
Die Sklaverei eines zahllosen und unterwürfigen Volkes ermöglichte
die Errichtung unermeßlicher Bauten und riesenhafter Standbilder. Die
Bauten waren für die Verstorbenen, die Standbilder füjr die Götter. In
tmmittelbarer Nähe der Pyramiden erhebt sich eine gewaltige Sphinx, der
Gott Harmakis, 19 m hoch, aber noch heute so mit Sand bedeckt, daß
nur der Kopf daraus hervorragt, ein eigentümliches Werk von einer ge-
heimnisvollen und beinahe tragischen Schönheit, das das älteste aller
Menschenwerke ist, ist es doch, allem Anschein nach, noch vor den Königen
der ersten Dynastie ausgeführt worden.
Da, wo dereinst das große Theben in Oberägypten an den Ufern des
Nils in seinem Glanz erstrahlte, sind heute nur noch Schutthaufen zu sehen.
Aber die übriggebliebenen Trümmer des Tempels von Karnak haben den
ganzen Zauber ihrer dereinstigen Erhabenheit bewahrt. Säulen von 60 m
12 Zweites Buch.
Höhe, ganz und gar aus Granit, Obelisken, Säle, die gleichfalls 45 m hoch
sind, Pylone von 15 m Dicke, unermeßliche steinerne Straßen, auf denen
sich ebenso unermeßliche Standbilder in endloser Folge aneinanderreihen,
all das geht über die uns geläufigen Ausdehnungen iW einem für u'ns
geradezu unfaßbaren Maße hinaus. So schön diese altehrwürdige Archi-
tektur sein mag, sie ist doch bei alledem mehr furchtbar als schön. Es
ist einfach unbegreiflich, wie jene alten Völker diese ungeheuren Granit-
massen zu bewältigen verstanden haben, deren bloßes Fortschaffen unsere
modernen Industrien in Verlegenheit setzen könnte.
In der Geschichte des alten Ägyptens gibt es nichts, was nicht Er-
staunen hervorriefe. Die Architektur ist gewaltig, die Denkmalskunst
auserlesen (wenigstens bisweilen). Schon zur Zeit der ersten Dynastie
findet man in den Sarkophagen Figuren, die nach ihrer Modellierung,
Vollkommenheit und sorgfältigen Ausführimg in den Einzelheiten, ja fast
nach ihrer künstlerischen Begeisterung den Vergleich mit den Meister-
werken der griechischen Kunst nicht allzusehr zu scheuen brauchen. So
hatte schon seit den frühesten Zeiten der Mensch durch Bearbeitung des
Holzes und Granits Werke der Bildhauerkunst geschaffen, die bereits allen
späteren an die Seite zu stellen waren, die er noch jemals in dem ganzen
Verlaufe seines langen Lebensepos zustande bringen sollte.
Die Astronomie war den Ägyptern auch nicht unbekannt. Sie hatten,
ebenso wie die Chinesen *, die Dauer des Sonnenjahres genau festgesetzt
und ein Verzeichnis der Sterne aufgestellt. Der Bau der Pyramiden offen-
bart kosmographische und geometrische Begriffe, die schon ziemlich weit
vorgeschritten sind.
Der Bücher über Heilkunde gibt es viele, die aber alle noch recht
kindlich sind; ist doch unter den Naturwissenschaften die Heilkunde eine
solche, die sich lange, länger als alle andern, mit den läppischsten Kimst-
stückchen verschiedenster Art abgequält hat. In der Literatur, die sehr
reich war, nehmen die geschichtlichen Werke die wichtigste Stelle ein.
Zur Zeit des Menes, des Begründers der ersten Dynastie, gab es sogar
schon öffentliche ßüchersammlungen.
So erscheint uns denn wohl diese ganze frühägyptische Bildung, die
älteste der Welt, als bereits sehr entwickelt und vielseitig. Diese mehrere
Jahrtausende von uns getrennte Gesellschaft ist schon iti jener Zeit so
vollkommen, daß sie ganz gewiß durch die Anstrengung einer endlosen
* Vgl. Wilhelm Foerster in seinem geistestiefen und gründlichen astronomiehisto-
rischen Beitrage zur Geschichte der Weltharmonik. Deutsche Revue, herausgeg.
v. Richard Fleischer, Stuttgart 1918, S.-Abdr., S. 3, 4, 6.
Ägypten und Orient. 13
Reihe von Geschlechtern auch schon damals vorbereitet sein mußte. Das
Kulturwerk der Ägypter verdient unsere volle Bewunderung, aber das
ihrer unbekannten und unbeachteten Vorgänger, die den Menschen aus
der Barbarei befreit haben, verdient sie in noch weit höherem Maße. Zwar
kennen wir die Geschichte dieser letzteren nicht, doch können wir mit
Sicherheit von einer langen Blüte und sogar von einem glänzenden Geiste
derselben sprechen. Das Alter des Menschen geht also weit über das hinaus,
das man lange, ja noch ganz kürzlich vermutete, wenn sogar bereits fünf-
tausend Jahre vor Christo einer äußerst gelehrten und vollkommen nach
Ständen gegliederten Gesellschaft möglich geworden war, sich einzurichten.
Die normannischen Seeräuber, die vor kaum neunhundert Jahren die
Küsten Europas brandschatzten, waren noch Wilde im Vergleich mit den
Ägyptern der ersten Dynastie.
Warum sind nun die Ägypter, wie die chinesischen Völker, nach Er-
reichung dieser Bildungshöhe drei Jahrtausende lang stehen geblieben,
ohne irgendwelche Fortschritte zu machen? Warum hat dann die ägyp-
tische Kultur zu ihrer Vervollkommnung erst zunächst von den Phöniziern
und weiter von den Griechen aufgegriffen und umgestaltet werden müssen?
Welches Hindernis stand ihrer Entwicklung entgegen? War es die Sklaverei
unter der Willkürherrschaft eigenmächtiger und selbstherrlicher Könige?
War es die eigenartige Sonderstellung einer so verwickelten Sprache imd
so wunderlichen Schrift? War es eine Ohnmacht, die jenem Stamme von
vornherein angeboren war, der plötzlich auf jede Weiterentwicklung und
jeden Fortschritt verzichtete? So viel ist sicher, daß vierundeinhalb
Jahrtausend bis zur persischen Eroberung^ also vom Jahre 5000 bis zum
Jahre 527, das unabhängige und von seinen Königen regierte Ägypten
sich stets beinahe gleich geblieben ist.
Der erste König der ersten Dynastie, Menes, ist eine halb sagenhafte
Gestalt, doch ist seine Grabstätte gefunden worden. Er gründete die
Stadt Memphis, die er gegen die Überschwemmung des Nil durch den
Bau eines gewaltigen Dammes schützte.
Hierauf folgen sich in ununterbrochener Reihe Könige, deren Namen
wie Taten uns sämtUch bewahrt sind. Bei der Thronbesteigung der dritten
(oder vierten ?) Dynastie ist bereits Memphis zur Hauptstadt erhoben
worden. Cheops, Chephren, Mykerinos bauen die Pyramiden. Ganz
Ägypten ist ihrer Herrschaft unterworfen (Memphitische Dynastien).
Seit der elften Dynastie (um das Jahr 3000) bekommt die Stadt Theben
in Oberägypten das Übergewicht und wird nunmehr die Hauptstadt. Unter
den Königen der elften und zumal der zwölften Dynastie wurde das von
l4 Zweites Buch.
schwarzen Stämmen bewohnte Nubierland unterworfen und dazu noch die
an Kupferbergwerken reiche Halbinsel Sinai. Der Tempel zu Klarnak
stammt aus dieser Zeit. Große Arbeiten zur Regulierung der fortwährenden
Nilüberschwemmungen werden ausgeführt. Nicht zu zählen sind die Kunst-
werke, Bildsäulen und Denkmäler. Es ist die Zeit der großen Blüte
Ägyptens.
Bisher waren die Ägypter eigentlich weder angegriffen worden noch
auch selber Angreifende gewesen. Aber unter den Königen der vierzehnten
Dynastie (der thebanischen) drang ein sehr wildes semitisches Volk, das
aus Turkestan oder von den Ufern des Schwarzen Meeres herkam,
nachdem es Chaldäa unter sein Joch gebeugt hatte, in Ägypten ein, und
seine Anführer, die Könige der Hyksos (d. h, Hirten, eine nur scheinbar
harmlose Bezeichnung, unter der sie in Wahrheit ihr Räuberhandwerk
verbargen), zwangen sein jäh erschrecktes Volk in ihre Gewaltherrschaft,
^^t^giejDlünderten und verheerten alles. Anstatt als Sieger nun die Besiegten
^"^^l ganz in sich aufzunehmen, gingen sie vielmehr mit der Länge der Zeit
völlig in sie unter, derart, daß die Hyksos-Könige, die Ägypten sechs
Jahrhunderte lang (vom Jahre 2200 bis etwa zum Jahre 1600) beherrschten,
schließlich nicht viel anders regierten als die alten Pharaonen.
' (r^A^ Sie hatten sich in Memphis niedergelassen, aber um das Jahr 1 600
wurden sie nach langen Kriegen von den Statthaltern der thebanischen
Provinz aus Ägypten verjagt. Einer von ihnen, Ahmose (Amasis), eroberte
ganz Ägypten zurück und gründete nun die achtzehnte Dynastie,
Unter dieser erlangte Ägypten die alte Blüte wieder. Dieses ursprünglich
so friedfertige Volk, das erst der Bürgerkrieg zu einem kriegerischen ge-
macht hatte, wurde jetzt auch selber ein Eroberervolk. Nubien v/urde
nunmehr endgültig erobert, nicht anders Syrien und Chaldäa. Die Tempel .
von Karnak wurden erweitert. Prachtbauten und Riesensäulen (die des
Memnon) erstanden.
Die Könige der neunzehnten Dynastie, Sethoose (oder Seturi, der Se-
sostris der Griechen) und sein Sohn Ramses, waren mächtige Herrscher
(um das Jahr 1400). Sie dehnten ihre Macht über Libyen und ganz Nubien
und Äthiopien aus; sie brandschatzten Syrien, Kleinasien, Baktrien und
drangen vielleicht bis Indien vor. Alle Heldentaten des Ramses sind von
ihm selbst der Nachwelt ergötzlich erzählt worden. Ägypten ist voller
Denkmäler, die er sich zum eignen Ruhme errichtet hat.
§ 2. Die Chaldäer und die ältesten Assyrer.
So alt auch das Geistesleben der Ägypter sein mag, in ihrer Nachbar-
Ägypten und Orient. i5
Schaft wuchs ein noch älteres Volk heran, um zunächst immer größer
zu werden und schließlich zu verschwinden.
Ehe die beiden großen Ströme Euphrat und Tigris sich in den Per-
sischen Meerbusen ergießen, umspülen sie einen Landstrich, dem sie, wie
Ägypten der Nil, durch ihre so häufigen Überschwemmungen immer
erneute Fruchtbarkeit bringen. An ihren Ufern und in der von ihnen
kreisförmig umschlossenen Ebene hat in alten, fernen Zeiten ein Volk
gelebt, das aus dem Osten gekommen war und sich eines sehr blühenden
Geisteslebens erfreute: die Chaldäer *.
Man kennt ihre Geschichte erst seit kurzem, weil die von ihnen hinter-
lassenen zahlreichen Inschriften ihrer Entzifferung lange große Schwierig-
keiten geboten hatten. Sie sind in keilförmigen Zeichen geschrieben (Keil-
schrift) und auf Ziegelsteinen aufgezeichnet. Es handelt sich um eine
ursprünglich hieroglyphisch gewesene Schrift, deren Zeichen jedoch nach
und nach immer mehr Verstümmelungen erlitten, bis sie schließlich über-
haupt nicht mehr die Abbilder der Gegenstände, sondern die diesen ent-
sprechenden Laute darstellten. Sie zu lesen ist außerordentlich schwierig;
denn dieselben Zeichen können sowohl für ein ganzes Wort wie für einen
ganzen Laut stehen, ja in manchen Fällen sogar für ein anderes Wort
oder einen andern Laut. Doch dank dem Franzosen Eugene Burnouf
(1801 — 1852) und besonders auch dem Engländer Rawlinson (1810 — 1895)
kann man heute alle Keilinschriften lesen.
Die Geschichte der Chaldäer ist weit weniger bekannt als die der
Ägypter.
Sie hatten sich eine ebenso verwickelte wie kindliche Religion ge-
schaffen. Sie sahen überall Götter, Die Welt war bevölkert von Göttern,
von denen ein Teil segensreich wirkte, ein anderer unheilvoll und deshalb
durch Opfer und Beschwörungen besänftigt werden mußte. Die Chaldäer
glaubten an eine Hölle, die von noch mehr Gottheiten bevölkert war als
der Himmel. Es gab böse Geister aller Art, die allein die Kunst der Magier
und Zauberer bekämpfen konnte. Krankheiten, wie Pest und Fieber, zählten
zu den wildesten dieser schlimmen Götter, und das erste, wovon der Arzt
etwas wissen mußte, war die Zauberei.
Sie lebten in einer sehr ständischen Gesellschaft und hatten einen
König und Adlige, Herren und Sklaven. Sie kannten die Kunst, Leinwand
* Anm. des Herausgebers: oder Sumerer. Vgl. Sven Hedin, Die Keilschrift und
die älteste Bibliothek der Welt in des Verf. fesselndem Reisewerke: Bagdad —
Babylon— Ninive. Leipzig 191 8. F. A. Brockhaus.
l6 Zweites Buch.
zu weben, irdene Gefäße zu verfertigen, Getreide zu bauen und Brot zu
backen. Man findet in ihren Gräbern bronzene und eiserne Waffen, goldene
Schmuckgegenstände, wie Arm- und Halsbänder. Die Leute aus dem
Volke wohnten in elenden Hütten, die Könige und Großen in bildsäulen-
geschmückten Palästen.
Sie schrieben sich selbst ein Alter von über vierzigtausend Jahren
zu, und ihre märchenhaften Wundergeschichten stehen denen sehr nahe,
die die Bibel von dem Ursprünge des jüdischen Volkes erzählt.
Als sich einst eine große Sintflut ereignete, nahm ein Gerechter,
Xisuthros mit Namen, in einem ungeheuren Schiffe Tiere aller Art und
auch die eigne Familie auf, um ihnen so Schutz und Zuflucht während
der allgemeinen Überschwemmung zu bieten. Eine Taube kündigte das
Ende der herniederfallenden Wassermassen an. Die Geschichte von dem
Schiffe des Xisuthros verrät Züge, die mit denen der Geschichte von der
Arche Noahs starke Ähnlichkeit zeigen.
Später errichteten die Nachkommen des Xisuthros in ihrer ersten
Hauptstadt, zu Ur in Chaldäa, einen ungeheuren Palast mit dem Turme
zu Babel, den die Götter einstürzten. Dann herrschten halbe Wunder-
gestalten von Fürsten, wie unter anderen der schreckliche Nimrod, den
auch die Bibel erwähnt (Gilgamesch).
Von Ur wurde die Hauptstadt von Chaldäa später nach Babylon ver-
legt, das durch die angebUch bereits bei seiner Gründung von Semiramis
angelegten Hängenden Gärten, jenem ältesten Wunder der Welt, berühmt
und lange eine mit prächtigen Tempeln geschmückte große blühende Stadt
war (um 1800).
Trotz, ja vielleicht infolge dieses ganzen Glanzes wurden die Chaldäer
von kriegerischen Stämmen unterworfen, die von Norden gekommen
waren, Sie hatten dieselbe Sprache, dieselbe Schrift und dieselben Sitten
wie die Bewohner Chaldäas, aber erkannten nicht die Herrschergewalt
seiner Könige an.
Diese Leute kamen aus Assur, einer Stadt am' Tigris, die an der Stelle
liegt, wo der große Strom eben aus dem Gebirge kommt, um von nun
an schiffbar zu werden, und legten sich daher den Namen Assyrier bei.
Es war ein durch den Krieg ins Leben gerufenes Kriegervolk, Um das
Jahr 1400 wurden sie die Herren von ganz Chaldäa*.
Sie gründeten die Stadt Ninive, deren Großartigkeit kürzliche Aus-
grabungen gezeigt haben.
* Vgl. Sven Hedin a. a. O.
Ägypten und Orient. i -7
Die zahlreichen, auf uns gekommenen assyrischen Bilder und Inschriften
berichten im wesentlichen, nur von Jagden, Eroberungen, Zerstörungen,
Schlachten, Niedermetzelungen oder Foltern von Gefangenen. Die assy-
rischen Könige verglichen sich gern mit wildgewordenen ausgebrochenen
Löwen. Doch damit verleumdeten sie nur die Löwen.
Übrigens ist dies ganze erste assyrische Reich noch halb sagenhaft.
Allem Anscheine nach entsprechen die Berichte Herodots über Ninus,
den Gründer von Ninive, und seine Gemahlin Semiramis, die Babylon
gründete, durchaus nicht der Wirklichkeit. Von der ganzen assyrischen
Geschichte bleibt als einzige wahre Tatsache die Wildheit seiner Könige
bestehen.
§3. Die Hebräer.
Um jene Zeit wanderte ein chaldäischer Stamm aus Mesopotamien aus
und gelangte nach einer langen Reihe von Abenteuern und einem unsteten
Hin und Her von Syrien nach Ägypten und wieder zurück von Ägypten
nach Syrien in Palästina an. Dieses kleine Volk sollte noch in der Welt-
geschichte eine große Rolle spielen.
Es waren die Hebräer. In der Bibel, ihrem heihgen Buche, jener
wunderbaren Sammlung von Sagen, Verkündigungen und Predigten, die
die christlichen Religionen zum guten Teil übernommen haben, erzählen sie
allerband Wundergeschichten: eine göttliche Urheimat, d. h. ein irdisches
Paradies, in dem Adam und Eva lebten, die ältesten Voreltern des
Menschen; den Sündenfall Adams, den Gott aus dem Paradiese vertrieb,
die Sintflut, die Arche Noahs und Abrahams Opfergabe an Gott.
Um das Jahr 2000 (?) zog Abraham mit seinem Stamme nach
Ägypten. Dort sind die Hebräer, die sich nach dem Namen eines ihrer
Patriarchen Kinder Israels nannten, allem Anscheine nach gar nicht so
übel behandelt worden. Ja, einer von ihnen, Joseph, wurde sogar der
höchste Beamte eines der Hirtenkönige der sechzehnten Dynastie.
Fast zweihundert Jahre lang blieben die Hebräer in Ägypten. Den
Hirtenkönigen waren die thebanischen Könige gefolgt, große Krieger und
Bauherren. Es war damals für die Kinder Israels eine Zeit des Fron-
dienstes und der Knechtschaft, denen sie sich nicht fügen wollten. Daher
verließen sie unter der Herrschaft des Pharao Menephtah unter Mosis
Führung Ägypten, um das Gelobte Land aufzusuchen.
So machten sie in Palästina halt. Es ist dies ein bergiges, wenig frucht-
bares und im Sommer von drückender Hitze heimgesuchtes Land. Doch
sind stellenweise, wo es Wasser gibt, Weideplätze, auf denen Viehherden
ihre ausreichende Nahrung finden. Auch gedeihen Weinstock und Öl-
2 Riebet, Geschichte der Menschheit
l8 Zweites Buch.
bäum. Alles in allem ein armes Land im Vergleich mit dem so gesegneten
Ägypten; doch ein Land, in dem man von bisheriger Knechtung Befreiung
findet, ist immer ein „gelobtes Land".
Bei ihrer Niederlassung in Palästina waren die Hebräer noch Nomaden
und zerfielen in einzelne Stämme, deren jeder unter dem Befehl eines
patriarchalischen Oberhauptes stand. Sie lebten in ihren Zelten, wie in
unserer Zeit gewisse arabische Völkerschaften. Sie zogen umher, mit
ihren Herden sowie mit ihrer ganzen Smalah voran, und machten immer
da halt, wo der Boden ihren Hammeln und Ziegen etwas Nahrung ge-
währte. Wenn die Gelegenheit günstig war, plünderten sie auch.
Die elf Stämme Israels ließen sich also in Palästina nieder. Nach ihrem
Auszug aus Ägypten waren sie zunächst noch eine ganze Zeit auf der
Halbinsel Sinai umhergeirrt, einer bergigen Wüste, wo sich der Ewige
in seiner schauerlichen Erhabenheit offenbart und dadurch den Moses so
geblendet hatte, daß er beinahe sein Augenlicht für immer verloren hätte.
Palästina war auch bisher nicht etwa ein unbewohntes Land. Die
Hebräer brauchten viel Zeit, um dort endgültig die Unabhängigkeit be-
haupten zu können. Zwei Jahrhunderte lang mußten sie unaufhörliche
Schlachten schlagen mit den Kananitern und andern ziemlich unbe-
kannten semitischen Völkerstämmen, von denen uns die Bibel nicht viel
mehr als die Namen berichtet, Amalekitern, Amoritern, Moabitern, Phi-
listern. Die wenig erbauliche Herzählung all dieser kleinen und unbe-
deutenden Kriege ist uns von der Bibel treulich überliefert und noch mit
einer Unmenge von -Sagen und Wundergeschichterf ausgeschmückt worden.
Zu einer Zeit, wo bereits die Phönizier das Mittelländische Meer entdeckten
und kolonisierten, wo bereits die Griechen sich auf die Erfüllung ihrer
großen Aufgabe vorbereiteten, durch ihre geistige Regsamkeit die Herren
der Welt zu werden, mühten sich in Palästina die Leute von Israel, ohne
! daß irgendwie ein Plan oder Ziel zu erkennen wäre, bald als die unterjochten
Sklaven anderer und bald wieder als ihre grausamen Herren in Listen,
Gewalltätigkeiten und Verrätereien ab.
, Schließlich kam ein Augenblick, wo sie sich, der Anarchie, die ihre
Stämme in gegenseitiger Eifersucht aufrieb, müde, unter den Befehl eines
Oberhauptes des Stammes Juda stellten, nämlich Davids. Dieser ging
aus dem Kampfe mit den Philistern als Sieger hervor, wurde für sämt-
1 liehe Stämme der Befreier und erbaute die Stadt Jerusalem. Er war der
I Begründer des jüdischen Eintagkönigreichs.
Obwohl die Bibel versucht hat, einen Schleier über die Verirrungen
dieses größten unter den Hebräern zu breiten, so kann uns darum doch
Ägypten und Orient. ig
nicht die große Ähnlichkeit Davids mit den Königen von Chaldäa und
Assyrien entgehen. Die Abstammung auf beiden Seiten war nahezu die
gleiche, und die Sitten waren kaum voneinander verschieden. Dieselben
Plünderungskriege, die für die Besiegten mit Folter und Sklaverei endeten,
dieselben begeisterten Gesänge bei den Siegesfeiern, die mit geheimnisvollen
Bräuchen begangen wurden, dieselben Tempelbauten zu Ehren des Gottes,
der den Sieg verliehen hatte. Und wenn der Sieger etwa schon vom Alter
heimgesucht ist, dieselben blutigen Haremsränke.
Vielleicht hat David auch die wunderbaren Psalmen verfaßt, die etwa
zweihundert Jahre später die Ehrfurcht, die er in Israel genoß, in die.
heiligen Schriften des Volkes eingeführt hat. Aber wenn er diesen zweifel-
haften literarischen Ruhm für sich nicht in Anspruch nehmen darf, so
war David doch jedenfalls der einzige Hebräer, der etwas Dauernderes
begründet hat. Er vereinigte die zuchtlosen Stämme unter einem Szepter
und hielt siegreich stand gegen alle die räuberischen kleinen Völkerschaften,
ja sogar auch gegen die großen Mächte, die von allen Seiten sein winziges
Königreich umgaben.
Sein Sohn Salomo verstand aus den Erfolgen väterlicher Staats-
weisheit noch weiteren Nutzen zu schlagen und wurde ein sehr großer
und mächtiger Herrscher. Er schloß ein Bündnis mit den Ägyptern und
Phöniziern. Und so verbreitete sich sein Ruf bald über das ganze Morgen-
land. Er sandte Schiffe aus, die er von den Phöniziern hatte erbauen
lassen und die den Handel von den Küsten des Roten Meeres weithin
nach Arabien, ja vielleicht bis ins Innere von Indien trugen. Seine in
der morgenländischen Phantasie noch über die Wirklichkeit hinaus ins
Maßlose wachsenden Reichtümer gingen in der Tat ins Fabelhafte. In
seinem Harem von dreihundert Weibern hielt er an tausend Wächter.
Aber ganz wie bei Herkules und Semiramis karm man auch, wenn von
Salomo gesprochen wird, nicht mehr recht Geschichte und Sage aus-
einanderhalten. Es ist wohl anzunehmen, daß, wenn uns ein König Salomo
gegenübertritt, der unter den Reichen ein Reicher, unter den Weisen
ein Weiser ist, der die Zauberei kennt und Orakelsprüche austeilt, die
Geschichte ihren Thron der Sage einräumen mußte.
Wie alle majestätischen Herrscher des alten Morgenlandes, wollte auch
er neben einem seiner königlichen Würde zu Ehren errichteten Palaste
einen Tempel zum Ruhme seines Gottes haben. Der Tempel Salomos,
eine Art ägyptischer Tempel im kleinen, ist wohl das einzige Bau-
denkmal, das uns von den Hebräern geblieben ist. So haben sie denn
auch seine Herrlichkeit gefeiert, die für sie das Zeitalter ihres höchsten
2*
20 Zweites Buch.
Ruhmes darstellt, in der zwei große Könige sie zugleich frei und ihrem
Zepter untertänig gemacht hatten.
Nach Salomos Tode ging das hebräische Reich in zwei Teile aus-
einander. Der Sohn Salomos, Rehabeam, behielt nur Jerusalem und
wurde König von Juda. Die anderen Stämme, mit Ausnahme von Juda
und Benjamin, wählten ihrerseits Jerobeam, der nun König von Israel
wurde.
Die Geschichte der Hebräer ist nun nur noch eine lange Reihe von
Feindseligkeiten und Kämpfen zwischen Israel und Juda bis zu dem
Augenblicke, wo die assyrischen Eroberer dieses aufrührerische Volk in
ihre Knechtschaft brachten.
Es war um das Jahr 800 unter der Herrschaft eines der Könige Israels,
Jerobeams IL, wo die Heldengesänge, Sagen, Psalmen, Weissagungen,
die die Hebräer zu den verschiedensten Zeiten abgefaßt hatten, zum ersten
Male gesammelt wurden. Aber später erst, nach der Babylonischen Ge-
fangenschaft (458), bekam die Bibel ihre endgültige gegenwärtige Gestalt.
In dieser Gestalt eines einheitlichen Ganzen bildet sie ein herrliches
eigenartiges Buch, eines der schönsten, die die Menschen jemals ersonnen
haben, und eines von denjenigen, die die Geschicke der menschlichen
Gedankenwelt gelenkt und geleitet haben.
Die Bibel ist in hebräischer Sprache geschrieben; das Alphabet ist
dem phönizischen entlehnt. Der Stil ist sehr uneinheitUch ; denn die ver-
schiedenen Teile der Bibel verdanken, wenn sie auch immer wieder über
arbeitet worden sind, doch zeitlich weit vom einander getrennten Geschlech-
tern ihr Dasein und bewahren trotz dieser fortwährenden Überarbeitungen
noch immer Spuren ihrer ursprünglichen Gestalt. Oft erreicht dieses
Buch den Gipfelpunkt alles Erhabenen durch seine einfache Vornehm-
l^eit. Bisweilen ist es kindlich und dunkel.
Auf jeden Fall kann man den Stil und die Bildungsstufe der andern
semitischen Völkerschaften, wie sie uns die ägyptischen, chaldäischen und
assyrischen Inschriften zeigen, sich auch fast überall in der Bibel wider-
spiegeln sehen. Und doch behält dieses gewaltige Buch seine ganze
Originalität, und es ist wahrhaftig überraschend genug, daß das kleine
hebräische Völkchen, obwohl von drei großen Nationen eingeschlossen,
doch, ohne seine Unabhängigkeit für die Dauer behaupten zu können, es
trotz alledem verstanden hat, seine Individualität zu bewahren.
Aus der Bibel lernen wir die Religion und die Sitten der Hebräer
kennen. Ihr Gott, Jahveh oder Jehova, ist ihr hauptsächlicher Gott, doch
nicht ihr einziger. Und darin steckt noch die gemeinsame asiatische
Ägypten und Orient. 21
Überlieferung. Jede Stadt hatte ihren bevorzugten Gott, ihren Baal,
den Camos Moabs, den Melkart von Tyrus, den Baal-Sidon Sidons. In
Jerusalem gab es einen Jehova, der bald die andern niederen Götter
entthronte und dann ohne weitere Nebenbuhler herrschte derart, daß nun
an Stelle des Polytheismus der Monotheismus trat. Doch gab es sogar
noch im Tempel Salomos einen der Astarte geweihten Saal.
Im übrigen entspricht der Gott Jehova des alten Hebräervolkes wenig-
stens noch in seinen Anfängen der menschlichen Auffassung von einer
Gottheit, wie sie ein Volk eben nur in seiner Kindheit haben kann. Er
verkehrt und unterhält sich mit den Menschen, mit Adam, Noah, Moses,
Abraham. Er gebietet sogar (wenn auch nur selten) Menschenopfer, z. B.
dem Abraham und dem Jephtha. Er ringt eine ganze Nacht mit Jakob und
stürzt sich auf Moses, ihn zu töten. Er läßt die Sonne stillstehen, bringt
Bileams Esel zum Sprechen, streitet mit den Patriarchen, droht, ganz
wie Jupiter' bei den Griechen, den Ungläubigen^ die ihm nicht gonug;
Schlachtopfer darbringen wollen, mit seinem Zorne. Er ist der erbitterte
Feind der Völker, die ihn nicht verehren, und er nimmt immer geradje
für das Volk Israel Partei, weil ihn eben das Volk Israel verehrt. Er ist
ein Gottkönig, größer und mächtiger als die größten und mächtigsten
Könige der Erde; denn er gebietet den Heeren, den Gestirnen und den
Elementen. Er ist, ganz wie ein chaldäischer König, unversöhnlich gegen
die, die ihn nicht ehren, oder die, die den Kindern Israel Böses zufügen'.
Wie für die Ägypter und Chaldäer, war auch für die Hebräer die Re-
ligion eine der großen Triebkräfte des geistigen wie auch des materiellen
Lebens. Der Gottesdienst war streng und wurde von den Leviten ab-
gehalten, d. h. den Mitgliedern des nach dem gleichnamigen unter den
Söhnen Jakobs benannten Stammes Levi. Man versammelte sich in dem
Tempel, wo die Bundeslade, die selbst die Gesetzestafeln enthielt, in sorg-
samer Obhut war.
Auf die Gesetzestafeln waren die Gebote Gottes eingegraben, die Jehova
dem Mose auf dem Sinai unter BHtzen und Donner offenbart hatte. Ob
sie von dem Ewigen diktiert worden sind oder auch nicht, tut recht wenig
zur Sache; jedenfalls sind sie bewundernswert und genügten vielleicht ganz
allein, den Namen des Mannes, der sie uns überliefert hat, zu den größten
der Vergangenheit zu zählen.
Übrigens ist die Bibel alles, was uns von den Zeugnissen alten hebräi- /
sehen Geisteslebens übriggeblieben ist. Die Ägypter haben ihre kost-
baren Bildsäulen und ihre herrlichen Tempel; die Phönizier haben das
Mittelländische Meer kolonisiert und das Alphabet entdeckt; die As.syrer!
22 Zweites Buch.
haben ihre großartigen Denkmäler; die Hebräer haben einzig und allein
die Bibel. >
Die Einheit hat sich das jüdische Volk für die Dauer fast ausschließlich
durch die Religion erhalten, durch die sie dann aber auch um so kräftiger
wurde. Sicher ließen viele Juden während der harten Proben ihrer wieder-
holten Gefangenschaft den Gott, der sie so schlecht schützlie, im Stich
und beteten die Götzen ihrer Beherrscher an. Doch stets hat es eine kleine
Anzahl von Getreuen gegeben, die trotzig um die Trümmer des Tempels
und der Bundeslade geschart blieben. S i e haben niemals Jehova preis-
gegeben. S i e haben niemals die Stimme ungehört in der Wüste verhallen
lassen, die von jenen schwärmerischen Propheten ausging, die trotz tiefer
Not unter Wehklagen und Tränen ihnen immer wieder unvergängliche
Hoffnungen zeigten, die in der Ferne winkten.
§ 4. Die Phönizier.
Doch in diesem selben Syrien hatte sich noch ein anderes semitisches
Volk von ungefähr gleicher Abstammimg wie die Hebräer und .A.ssyrer
niedergelassen: die Phönizier. Von den Küsten des Mittelländischen Mee-
res, wo sie saßen, hatten sie ihren Einfluß und ihren Handel weithin aus-
gedehnt. Das Meer hat eine fruchtbare Anregungskraft. Sich an die
großen Gebirgszüge des Libanon anlehnend, wurden sie, die zum Anbau
nur einen schmalen Streifen allerdings fruchtbaren Landes zwischen dem
Meer und den Bergen hatten, bald kühne Seefahrer, und so erschöpfte sich
ihre Geisteskraft nicht unfruchtbar in düsteren Theologien, einförmigen
Landarbeiten oder mörderischen Kriegen, wie es bei den Hebräern, Ägyp-
tern und Assyrern der Fall war. Sie fanden in den hohen Wäldern des
Libanon das notwendige Holz zum Bau ihrer Schiffe, und sie gingen kühn
an die Eroberung der fernsten Gestade, bald als Seeräuber und bald wieder
als Kaufleute, je nach der Kraft und dem Reichtume der Völker, die sie
aufsuchen wollten.
Von ihrer Geschichte ist nicht viel bekannt. Doch hatte sich im 11. Jahr-
hundert ihr Reich bereits ganz sicher über das gesamte Mittelländische
Meer ausgedehnt.
Zunächst besetzten sie die Inseln des Ägäischen Meeres, Kreta, Cypern;
alsdann segelten sie die kleinasiatische Küste entlang, kamen bis zum
Hellespont, den sie durchfuhren, gelangten in das Schwarze Meer und bis
zum Kaukasus, aus dem sie Edelmetalle mitbrachten. Im Westen streiften
sie die afrikanische Küste und kamen nach Libyen, wo sie später Karthago
gründeten. Sie erreichten Sardinien, Sizilien und schließlich Spanien imd
die Balearischen Inseln, aus denen sie sich reiche Einnahmen schafften.
Ägypten und Orient. 23
Sie durchschnitten vielleicht auch die Meerenge von Gibraltar, auf deren
andern Seite sie die Kolonie Gades (Cadiz) anlegten, von wo aus sie bis
zu den Küsten Britanniens vordrangen und sogar die Cassiteriden (Zinn-
inseln) besuchten. So war damals das ganze Mittelländische Meer ein
einziger phönizischer See.
Die älteste phönizische Hauptstadt war Sidon. Doch im 8. Jahrhundert
wurde die Stadt Sidon von den Philistern beinahe dem Bodein gleich-
gemacht, und Tyrus übernahm die Erbschaft ihrer Macht.
Es war dies eine sehr große Stadt, die sich zu jener Zeit einer größeren
Blüte, einer höheren Zivilisation und eines lebhafteren Verkehrs erfreute
als alle übrigen Städte der .Welt. Die Erzeugnisse aller mittelländischen
Küstenländer wurden auf den Märkten von Tyrus feilgehalten und für
die aus dem Innern Asiens kommenden Erzeugnisse vertauscht.
Das geistige Leben der Phönizier, die sich ganz und gar den Ange-
legenheiten der Schiffahrt und des Handels widmeten, war reger als
das ihrer Nachbarn. Und es war ein für die Zukunft der Welt glück-
verheißender Zufall, der die Phönizier mit den Griechen in Berührung
brachte. Ein junger, kräftiger, von neuen Ideen beseelter und zunächst
noch wenig zahlreich vertretener Menschenschlag lebte damals auf der
hellenischen Halbinsel. Er hatte schon eine erste Zivilisation, die die
Morgenröte Griechenlands heraufführte. Aller Wahrscheinlichkeit nach
haben die Mykenier oder vielleicht besser die Inselbewohner des Ägäischen
Meeres, die die Voreltern der Griechen sind, gar vieles Phönizien zu ver-
danken gehabt.
Sie schuldeten ihm in jedem Falle das, was das allererste bei jeder
geistigen Entwicklung sein sollte, ja vielleicht sogar seine unentbehrliche
Voraussetzung ist, nämlich ein Alphabet, so einfach, klar und in sich ab-
geschlossen, wie man es brauchen konnte. Die assyrische und ägyptische
Schrift erforderten zu ihrem Verständnis lange, bisweilen nutzlose An-
strengungen; und jetzt kommt ein neues Schriftsystem auf, eine phonetische
Schrift und ein phonetisches Alphabet, die den Hieroglyphen entlehnt sind.
Den Griechen, den Hebräern sowie den Armeniern haben die Phönizier
das Alphabet gebracht. Die Griechen gaben es ihrerseits den Italern,
den Etruskern und den Umbriern weiter. Dann verbreitete es sich in alle
Well. Das lateinische und das slawische Alphabet stammen von ihm ab.
Die Einfachheit seiner Schrift ist die ursprünglichste Grundlage allen
Fortschritts gewesen.
Wie es scheint, haben die Phönizier, als ob ihnen dieser eine große
Triumph für alle Zukunft genügt hätte, keine weitere Spur ihres so vor-
24 Zweites Buch.
übergehenden Daseins hinterlassen. Als Kaufleute und Seefahrer machten
sie sich wenig Sorge um die Kunst. Und so kennt man auf diesem Gebiete
bei den Phöniziern nicht viel mehr als einige nicht gerade besonders schöne
Bildsäulen, Von diesen abgesehen, finden sich bei ihnen nur wenige In-
schriften, Kunst- und Baudenkmäler. Doch sie waren gewerbefleißig und
erfinderisch, Sie verstanden den Sand zu schmelzen zur Herstellung von
Glas, kostbare Stoffe zu weben und mit dem Purpur zu färben, der aus
einer an der tyrischen Küste zu findenden Seemuschel gewonnen wurde.
Ihr gesellschaftlicher Ausbau ist wenig bekannt. Im Zeitalter Salomos
hatten sie einen König Hiram, der den Tempelbau zu Jerusalem mit den
ihm zu Gebote stehenden Mitteln förderte.
Ihre Religion war nicht anders als alle andern semitischen Religions-
bekenntnisse: ein Gott Baal, der das Übergewicht hatte und dem die
mannigfaltigsten Götter zweiter Ordnung ihre Mithilfe gewährten, Gott-
heiten der Gewässer, Bäume, Steine, kurz aller nur erdenklichen Natur-
erzeugnisse.
Es handelte sich immer um den Gott Baal, wenn er auch je nach
den Städten, in denen er verehrt wurde, sich unter den verschiedensten
Namen verbarg. Es ist der männliche Gott. Neben ihm beherrschte eine
große Göttin Astarte, ein weiblicher Baal, die Welt. Astarte war die Mond-
göttin und damit zugleich die Göttin der Liebe und der Nacht. Baal
war der Sonnengott, An den hohen Festtagen brachte man bisweilen
Menschenopfer dar. Das war die teuerste Huldigung, die man dem Baal
erweisen konnte.
Wie die Hebräer, wurden auch die Phönizier von den Assyrern über-
wältigt und unterworfen.
§ 5. Das Zweite assyrische Reich.
Die assyrischen Könige eröffneten bald in allen Teilen Asiens eine
Kriegs- und Vernichtungspolitik, die überall von Erfolg begleitet war
und ihnen die Herrschaft über ganz Asien und sogar noch über .\gypten
verlieh.
Im Jahre 885 griff ein assyrischer König Assurnasirpal Ägypten an,
bemächtigte sich der Stadt Memphis und unterwarf, als er sich darauf
nach Armenien und Syrien wandte, fast das ganze semitische Asien seiner
Herrschaft (885—860).
Unter seinen Nachfolgern lehnten sich die nur halb unterworfenen
Länder fortwährend wieder auf bis zur Thronbesteigung des Teglattphalasar
(745 — 727). Dieser führte mehrere siegreiche Kriege gegen die Meder,
Ägypten und Orient. 25
die damals schon gefürchtete Gegner zu werden anfingen. Besonders gelang
es ihm, einen Triumph über Babylon, diese Erbfeindin Ninives von alters
her, zu feiern und so der unumschränkte Herrscher über alle Landstriche
zu werden, die der Tigris und Euphrat bespülen.
Sein Sohn Salmanassar (727 — 722) wollte seine Eroberungen noch wei-
ter ausdehnen. Er belagerte Samaria, das jetzt die Hauptstadt der Israeliten
geworden war, und Tyrus, die Hauptstadt der Phönizier. Aber er starb,
ehe es ihm gelungen war, diese beiden Städte zu nehmen^
Sein Nachfolger, einer seiner Offiziere, namens Sargon, ein ebenso
großer Feldherr und Eroberer wie Städte- und Häuserbauer, wurde das
Haupt einer mächtigen Dynastie, die ein Jahrhundert lang herrschte und
Assyrien mit unzähligen Prachtbauten bedeckte *.
Die Hebräer hatten sich in zwei Teile gespalten, nämlich Juda mit
der Hauptstadt Jerusalem und Israel mit der Hauptstadt Samaria. Der
letzte König von Israel Hostea (Hosea) hatte sich in die von den Assyrern
belagerte Stadt Samaria eingeschlossen. Sargons Truppen bemächtigten
sich ihrer nach einer langen Belagerung (722). Die Bewohner wurden in
die Sklaverei geschleppt. Die Assyrer verdrängten die Hebräer aus der
Sladt, in der sie sich selbst niederließen, und so trat in Samaria für die
Verehrung des Judengottes eine solche der chaldäischen Gottheiten ein. Es
blieb für Jehova mm nur noch das kleine Zwergkönigreich Juda übrig.
Sargon wandte sich alsdann gegen Babylon, das jetzt seine Herrschaft
sofort anerkannte. Als er starb, war er Herr über ganz Asien und dachte
daran, Ägypten anzugreifen.
Sein Sohn Sanherib (705—681) unternahm seine Eroberungszüge nach
allen Seiten, gegen die Ägypter, Skythen, Meder, Araber und Juden,
und schmückte trotz dieser beständigen Kriege seine Hauptstadt Ninive^
mit glänzenden Palastbauten. Es ward übrigens auch ihm das gewöhnliche
Schicksal der asiatischen Eroberer zuteil: er wurde ermordet, ermordet
von zweien seiner Söhne. 1
Ein anderer- seiner Söhne, Assar-Haddon, folgte ihm (681—668).
Im Jahre 670 drang Assar-Haddon mit einem gewaltigen Heere in
Ägypten ein. Dieses hatte trotz der wiederholten Einfälle Sanheribs noch
immer einige Unabhängigkeit bewahrt. Aber diesmal wurde auch Ägypten
zur assyrischen Provinz. Assar-Haddon zog in Memphis ein und ließ sich
als König der Könige ausrufen.
So mußte sich auch Ägypten unter das Joch der Knechtschaft beugen.
Dieses Los blieb stets den Völkern vorbehalten, die ursprünglich die Rolle
Vgl. hier S. 15 Anm. : Sven Hedin a. a. O.
■26 Zweites Buch.
von Eroberern spielen wollten. Die ruhmvollen Zeiten eines Ramses
waren ja längst vorüber. Nach andauernden und blutigen Bürgerkriegen
fiel nun auch dieses stolze Land unter die schimpfliche Herrschaft Assyriens.
Der letzte Sargonide und zugleich letzte König von Assyrien war
Assurbanapal (Sardanapal), ein gewaltiger, rühriger und trotziger Eroberer,
„als ob Assyrien, sich seinem Untergange nahefühlend, noch einmal in einem
einzigen Menschen alle hervorragenden Eigenschaften, die es groß, und
alle Fehler, die es berühmt gemacht hatten, hätte vereinen wollen" *.
Doch die verhaßte Macht der Sargoniden sollte bald ihrem Ende ent-
gegengehen. Aber sie war noch immer so gewaltig, daß sie nur durch
sich selbst zu vernichten war.
Assurbanapal hatte sein Reich in Babylonien und Chaldäa gespalten.
Nach seinem Tode erhob sich das erstere und schüttelte das drückende
Joch von .'Ninive ab, das es nun schon seit vier vollen Jahrhimderten mit Un-
geduld ertrug. Ein neues kriegerisches Volk, die Meder, war eben im Nor-
den Chaldäas in dem armenischen Berglande zum ersten Male aufgetaucht.
Der Statthalter von Babylon, der sich mit den Medem verband, bemächtigte
sich der Stadt Ninive. Um nicht lebendig in die Hand seiner Feinde zu
fallen, machte der König Sinshariskun seinem Leben ein Ende, indem er
seinen eigenen Palast in Brand steckte (608).
• So ging ein mächtiges Reich unter, das seine einzige Daseinsberech-
tigung in der Vernichtung fremder Völker und dem Kriegsruhme sah.
Nun bestand der Kriegsruhm in jenen Zeiten, wie vielleicht noch Jieute,
in der Ehre, den Menschen möglichst viel Leiden zu bereiten.
§ 6. Die Meder und Perser.
Ein neues Volk trat in die Weltgeschichte ein: Meder und Perser, die
zusammen ein einheitliches Ganzes bildeten und nicht mehr, wie die Ägypter,
Assyrer, Hebräer und Phönizier, weiße Semiten, sondern bereits weiße
Arier waren. Sie bewohnten die Hochebene von Iran, eine im Winter
eiskalte und im Sommer glühend heiße Berg- und Talgegend, von der
einzelne Teile öde, andere fruchtbar und lieblich sind.
Nördlich von Medien, nach dem Pontus Euxinus (dem heutigen Schwar-
zen Meere) zu, lebte eine wilde und urwüchsige Völkerschaft, die Skythen,
gegen deren furchtbare Überfälle die Meder beständig in Waffen bleiben
mußten. Einer ihrer Könige, Phraortes, hatte versucht, Assurbanapal
zu bekämpfen und war in der Schlacht gefallen. Sein Sohn Cyaxares
(635—584) rächte ihn. Er hatte mit Nabopolassar Ninive zu Fall gebracht.
^f * Sardanapal wurde zum Gründer der ältesten Bibliothek der Welt zu Ninive
mit 22000 Tontafeln. Vgl. hier S. 15 Anm. : Sven Hedin a. a. O.
Ägypten und Orient. 27
Nach dem Siege wurde das assyrische Reich unter die beiden Sieger
geteilt, Nabopolassar nahm den Süden, d. h. Chaldäa mit Babylon,
Cyaxares den Norden, d. h. Assyrien mit Ninive.
Dieser kleine Mederkönig Cyaxares hat das außerordentlich seltene Glück
gehabt, der Begründer jenes gewaltigen Perserreiches zu sein, das erst
durch einen Alexander gestürzt und eines der mächtigsten Reiche in der
Weltgeschichte werden sollte. Er war überall siegreich. Die drei Völker,
die ihn umgaben, wurden ihm verbündet oder tributpflichtig: die Slcythen
im Norden, die Lyder im Westen und die Babylonier im Süden.
Mit ihm und den Medem breitete sich wieder eine neue Religion aus,
als ob Asien an dem alten Aberglauben noch immer nicht genug gehabt
hätte.
Und doch war, offen gestanden, diese Religion der Perser in mehr als
einer Hinsicht den Religionen Chaldäas imd Syriens überlegen. Sie liatte
ihren eigenen Propheten, der ebenso sagenhaft war wie Moses und Buddha
und der wie sie mit den Mächten der Finsternis zu ringen hatte und eine
göttliche Offenbarung erhielt, Zoroaster oder Zarathustra. Das heilige
Buch der Perser ist eine dickleibige Sammlung von Sagen und Lehren,
das in persischer Sprache geschriebene Zend-Avesta, dessen verstreute
Teile erst im 6. Jahrhundert nach Christo gesammelt worden sind.
Obgleich es in der Lehre Zoroasters eine Unmenge niederer Götter
gibt, handelt es sich doch bei ihr gleichwohl um eine nahezu mono-
theistische, genau genommen dualistische Religion. Der große Meister,
der Beherrscher des Lichtes (der Gott der Sonne) ist Ormuzd (der All-
wissende), der Gott des Guten und Wahren. Ormuzd leitet den Krieg der
guten Engel mit den bösen Geistern. Diese, die Anmaßung, Hunger, Durst,
Mord, böses Trachten, verheerendes Feuer versinnbildlichen, haben zum
Führer den Ahriman, den Beherrscher der Geister der Unterwelt (Angro-
meinyus). Der Mensch soll nun im Leben durch alle seine Taten zum
Triumphe des Ormuzd beitragen.
Ebenso wie alle heiligen Bücher enthält auch das Zend-Avesta Lehren
der Ethik. Es empfiehlt Nächstenliebe, Arbeit und Wahrhaftigkeit. Nach
ihrem Tode vergrößern die Guten das Heer des Ormuzd, die Bösen müssen
dann die Legionen Ahrimans verstärken.
Der Kultus für diesen Gott, den keine groben Sinnbilder veranschau-
lichen durften, gestaltete sich vor allem zu einem Feuerkultus. Jede bild-
liche Darstellung der Gottheit war untersagt. Auf den Höhen der Berge
zündete man Feuer an, die nie ausgehen durften, die aber umgekehrt kein
Erdenwesen befugt war, mit seinem unreinen Atem anzufachen. Priester,
20 iWBw^MHr Zweites Buch.
auch Magier genannt, widmeten sich noch blutjung diesem Kultus und
standen einigen wenigen Opfern vor.
Diese Religion, die nicht einer gewissen einfachen Vornehmheit ent-
behrt, bestand verschiedene Jahrhunderte bis zur Eroberung des Landes
durch die Moslems. Auch dann verschwand sie nicht ganz. Die Verehrung
des Zoroaster und der Feuerkultus haben sich bis heute bei den Parsen
(auch Gebern genannt) in Indien erhalten, die die letzten Spuren einer der
ältesten Religionen der Menschheit ehrfurchtsvoll und treu bewahrt haben.
Während Cyaxares das persische Reich nach Norden bis Kleinasien hin
erweiterte, dehnten Nabopolassar und seine Nachfolger das babylonische
Reich nach Süden hin aus. Sein Sohn Nebukadnezar, den die hebräischen
Sagen berühmt gemacht haben, war gleichzeitig Eroberer und Friedens-
bringer. Er ging mit dem Gedanken um, Ägypten an sich zu reißen, und
machte sich auch wirklich einen Augenblick an seine Eroberung. Die
Ägypter wurden bei Gargamisch besiegt (604). Aber Nebukadnezar ver-
zichtete nun auf die Ausnutzung seines Erfolges und kehrte nach Asien
in seine Heimat zurück, um lieber noch seine Reichshauptstadt Babylon
zu vergrößern und zu verschönern.
Da entstand gegen ihn ein Bündnis, das zwischen den Phöniziern,
Ägyptern und Hebräern abgeschlossen wurde Er wandte sich zuerst gegen
die Hebräer, seine nächsten Nachbarn, die, wie immer, aufrührerisch und
durch nicht endenwollende innere Zwistigkeiten zerrissen waren. Zedekia,
der König von Jerusalem, hatte sehr zu tun; er mußte nicht bloß den König
von Assyrien, sondern auch noch die Propheten bekämpfen, die in hoch-
trabenden, doch manchmal erhabenen Ausdrücken den Aufruhr predigten.
Der eine von ihnen, Jeremias, ist noch immer gefeiert wegen seiner leiden-
schaftlichen Predigten vor der Schlacht und seiner so rührenden Klagen
nach der Einnahme von Jerusalem.
Jerusalem wurde in der Tat nach einer sich ein und einhalb Jahre lang
hinziehenden Belagerung erobert. Nebukadnezar ließ Zedekia und die
Haupträdelsführer unter furchtbaren Foltern hinrichten. Die Stadt wurde
zur Hälfte dem Boden gleichgemacht und die Überlebenden in die Ge-
fangenschaft geschleppt. Ohne Frage waren die armen Israeliten nun
einmal unfähig, ihre Selbständigkeit für die Dauer zu behaupten. Was
sie allein vermocht haben, war, sich an Nebukadnezar im Andenken der
Nachwelt zu rächen, indem sie in ihren heiligen Büchern von ihm schrieben,
daß er von dem Zorne des Höchsten in ein wildes Tier verwandelt
worden sei.
Während der babylonischen Gefangenschaft begannen die von einer
Ägypten und Orient. 29
Knechtschaft in die andere fallenden Israeliten in ihrer Verzweiflung,
ihrem Märtyrertum und ihrem Elend zum erstenmal sich der späterhin
so mächtig gewordenen Hoffnung an eine weniger grausame Zukunft und
dem Glauben an einen Messias hinzugeben, der sie dereinst aus so vdel
Leiden befreien und ihnen zum Schlüsse nach Jahrhunderten der Unter-
drückung und Not nun auch etwas Gerechtigkeit, Überfluß und Freiheit
bringen würde.
Im Besitze von Jerusalem ging Nebukadnezar nun auch noch an die
Belagerung von Tyrus. Aber die hohen Mauern dieser Stadt schützten
sie gegen die Angreifer, und so konnte sie, da die phönizischen Schiffe sie
andauernd mit Mundvorrat versahen, auch nicht durch Aushungern ge-
nommen werden. Die Belagerung dauerte volle dreizehn Jahre (574), ohne
daß Tyrus fiel; doch sein Handel war und blieb ruiniert, hatten sich
doch mittlerweile die phönizischen Kolonien von der Mutterstadt unab-
hängig gemacht.
Nebukadnezar starb im Jahre 562 und hinterließ die Königs würde seinen
ohnmächtigen und stumpfsinnigen Nachkommen, deren Entthronung dann
auch den persischen Eroberern nicht schwer fallen sollte.
Der König von Medien und Persien, Astyages, der Sohn des Nabo-
polassar, war von einem seiner Offiziere gestürzt worden, der sich gar
bald als einer der fähigsten Herrscher Asiens zeigte; es war dies Cyrus.
Damit folgten nun für immer den medischen die persischen Könige, und
wurde Ekbatana durch Susa als Hauptstadt ersetzt. Doch ist hierbei zu
bedenken, daß Perser und Meder fast derselbe Volksstamm sind, und man
so den Cyrus geradezu als einen der Nachfolger des Cyaxares ansehen kann.
Von da an berührt sich die Geschichte Persiens eng mit der Griechen-
lands, und ein und einhalb Jahrhunderte lang wird die .Weltgeschichte
in einer Aufzählung der verschiedenen Kämpfe von Hellas mit Asien um
die Existenz bestehen.
Glücklicherweise hat das Hellenentum gesiegt, zuerst unter Miltiades,
Themistokles und Alexander, später unter Pompejus und Trajan. Europa
hat nicht nur dem feindlichen Einbruch widerstanden, sondern ist sogar
selbst zu einem solchen übergegangen. Allerdings sind fünf Jahrhunderte
später die Griechen und Römer von den Barbaren des Islam wieder aus
Asien verjagt worden. Doch es war damals schon erfreulicherweise zu
spät, um nun noch die leuchtende Fackel der Zivilisation wieder aus-
löschen zu können. Die Griechen, die die Erben der Völker Phöniziens
und Ägyptens waren, und die Römer, die wieder die Erben der Griechen
waren, hatten ihr Licht über die ganze Welt zu verbreiten gewußt.
30 Drittes Buch.
Drittes Buch.
Hellas.
Wenn Ägypten eine Gabe des Nils ist, ist Griechenland eine Gabe des
Miltelmeeres. Von allen Bergen der hellenischen Halbinsel ist das sie um-
gebende entzückende Meer sichtbar. Die einschnittreichen Küsten, die
Inseln, die Vorgebirge, die Buchten, die zahllosen natürlichen Häfen, alles
das wies Griechenland auf die Ziele eines seefahrenden Volkes hin. Nun
gehen in den alten Zeiten die Wanderungen und der Austausch von
Lebensmitteln, Sprachen und geistigen Gütern auf dem Seewege vor sich.
Eine höhere Bildung findet sich nur an den Gestaden des Meeres, und
Griechenland ist ganz und gar als ein solches Gestade, nämlich des
Mittelländischen Meeres, anzusehen.
Ein prachtvolles mildes Klima, eine blendende Beleuchtung, schmale,
fruchtbare Ebenen, in denen Ölbaum, Weinstock und Getreide gedeihen,
alles muß dort das Leben höchst reizvoll machen, ohne daß auf der
anderen Seite eine besondere Anstrengung erforderlich ist, um etwa
den beständigen Drohungen einer feindlichen Natur dauernd erfolg-
reichen Widerstand entgegensetzen zu können. Mehr als irgendwo anders
ist der Mensch in Griechenland in der Lage, sich seinen Gedanken nach
freiem Belieben hinzugeben. Es kann uns darum nicht überraschen, daß
die höhere Bildung dort entstanden ist.
Andererseits richten auch wohl die zahlreichen kleinen Erhebungen, von
denen Griechenland so dicht wie der Igel von seinen Stacheln be-
deckt ist, die steilen und schroffen Kaps, die seinen Küsten die
zackige Gestalt geben, zwischen den einzelnen Teilen dieses so kleinen
Ländchens Schranken auf, deren Überwindung in alten Tagen so viel
Schwierigkeiten bieten mußte, daJß sich der Charakter seiner Bewohner
gar lange in seiner ursprünglichen großen Verschiedenheit erhalten
konnte. Wenn mehrere Stämme eines und desselben Volkes in einer
weiten Ebene leben, mischen sie sich in einem Leben von farbloser Ein-
förmigkeit. Gleiche Sitten, gleiche Überlieferungen, eine gleiche scha-
blonenhafte Mittelmäßigkeit. In dem kleinen Griechenland hingegen
konnten benachbarte Stämme, die durch natürliche Hindernisse getrennt
waren, die Selbständigkeit eines eignen Geisteslebens behaupten. Thessa-
Hellas. 3r
lien, Attika, Atollen, Böotien, Lakonien gleichen sich einander so wenig,
daß sie geradezu wie verschiedene Länder erscheinen.
Für Hellas war diese Verschiedenheit gleichzeitig eine Quelle der Kraft
und der Schwäche: der Schwäche, weil sie gleich von Anfang der
griechischen Geschichte an schwere Kriege, die zu nichts nütze waren,
veranlaßte, der Kraft, weil die landschaftUchen Grenzen vollständig für
sich abgeschlossene Provinzen, man möchte sagen, geradezu selbständige
Völker schufen, die es dadurch fast alle ohne Ausnahme ermöglichen
konnten, eine besondere kräftige Individualität zu entwickeln.
Griechenland hat eine hervorragende und entscheidende Rolle in der
Entwicklungsgeschichte der Menschheit gespielt. Kein Volk hat größeren
Anspruch auf ihre Dankbarkeit und sich echteren Ruhm erworben!
Bis zum trojanischen Kriege ist nichts Genaueres über Hellas bekannt.
Mit knapper Not und Mühe treten aus der Fülle der sagenhaften Helden-
dichtungen einige Tatsachen hervor, deren Geschichtlichkeit noch nicht
einmal ganz sicher ist. Die Spuren und Überlieferungen, die uns in jenes
ferne Zeitalter zurückführen, gewähren uns nur unbestimmte Angaben.
Wir erfahren nur, daß die Phönizier, die im Mittelmeere Schiffahrt
trieben, mit ihrer Sprache, ihrem Handel, ihrer Seemacht bis nach
Kleinasien, Griechenland und Kreta vorgedrungen sind.
Alles ist an dieser Urgeschichte sagenhaft und ein einziges fort-
laufendes, glänzendes und lachendes Epos. Die großen Männer der
alten Zeiten sind zu Göttern geworden. Um ihre Heldentaten, die Hellas
die Kultur gebracht haben, haben sich Sagen gesponnen, die sich nach
dreitausend Jahren die ganze Anmut und den ganzen Zauber ihrer
Poesie erhalten haben. Herkules unermüdlich in der Fortsetzung seiner
Arbeiten, Theseus als der Gründer Athens, Jason als der Eroberer
des Goldenen Vließes, Minos, Kadmus, Ödipus, alle jene Helden, die
in die griechische Sage Eingang gefunden haben, sind schon möglicher-
weise aus der Geschichte, aber jedenfalls aus einer uns unbekannten
Geschichte hervorgegangen.
Der trojanische Krieg (12. oder 11. Jahrhundert) bezeichnet den
Schluß des Sagenzeitalters. Er wird uns von Homer in der 1 1 i a s erzählt.
Nun ist die Ilias, die nur etwa hundertfünfzig Jahre später geschrieben
ist, als die von ihr gebrachten Erzählungen spielen, das älteste uns von
der Vergangenheit redende Buch, also das älteste Zeugnis der Geschichte
und auch gleichzeitig das schönste Werk der Dichtkunst. Sicher treten
in den Vedas und der Bibel ebenfalls manche wunderlichen oder auch
ernsten Schönheiten auf, aber weder die Vedas noch die Bibel haben
32 Drittes Buch.
das helle und kräftige Lachen des biederen Homer. Alle literarische
Begeisterung stammt von diesem alten Meister. Wären wir die Kinder
der Hindus oder Semiten, würden wir vielleicht anders denken. Der
menschliche Geist hätte sich dann in anderer Richtung entwickelt, und
wir würden uns vielleicht unsere ganze Bewunderung für die Verwand-
lungen des Wischnu oder die Zornesausbrüche Jehovas aufheben. Aber
die Menschheit, die das Schöne und das Wahre, die Kunst und die
Wissenschaft zu erforschen suchte, ist dem von den Griechen gegebenen
Anstoße gefolgt, hat es aber verschmäht, sich in den Abgründen vedischer
Sagen oder jüdischer Weissagungen zu verlieren, und so ist das moderne
Denken griechischen Ursprungs. Man kann durch die verschiedenen
Zeitalter hindurch, von Homer bis Äschylus, von Äschylus bis Vergil,
von Vergil bis Dante, von Dante bis Shakespeare, von Shakespeare bis
Goethe, von Goethe bis Victor Hugo eine einzige gerade Linie in der
Auffassung des Schönen, der Schönheitsgesetze verfolgen, die sich durch
die Jahrhunderte fortsetzt.
Die II i a s und Odyssee machen uns* mit der griechischen Bildung
des lo. Jahrhunderts bekannt. Die Griechen sind bereits ein in seiner Ent-
wicklung weit vorgeschrittenes Volk. Sie haben schon eine reich gegliederte
Gesellschaft aufzuweisen mit Königen, Soldaten, Sklaven, Handwerkern,
«iner Seemacht, einer Religion, Ackerbau und Zünften!
Wenn auch das große Völkerringen zwischen Griechen und Trojanern
unendlich viel mehr von der Dichtung erfundene Züge als solche ge-
schichtlicher Wirklichkeit trägt, so bildet es doch das hervorragende Er-
eignis dei sagenhaften griechischen Vorzeit.
Es war das eine berühmte Stadt in Kleinasien, dieses Troja, dessen
König Priamus, der Sohn des Dardanus, war. Der schöne Paris, einer von
Priamus' Söhnen, entführte dem König Menelaos von Sparta seine
Gemahlin Helena. Um Helena wiederzubekommen oder wenigstens den
Räuber zu strafen, rüstete sich nun das gesamte Griechenland. Die vielen
Fürsten der zahlreichen griechischen Stämme, Achilles, Odysseus, Ajax,
Nestor, Diomedes, die armselige und winzige Ländchen als Könige be-
herrschten, vereinigten sich unter der Führung Agamemnons, der als
König über all diesen Königen stand, um an der Spitze der griechischen
Flotte nach Kleinasien zum Kriege zu fahren. Die beiden feindlichen
Parteien lieferten sich zehn Jahre hindurch unter den Mauern der Stadt
gegenseitig die heißesten Schlachten. Troja, das schließlich imterlag,
wurde in Flammen gesteckt. Es war der erste wirklich geschichtlich ver-
bürgte Zusammenstoß zwischen den Heeresmächten der Weltteile Europa
Hellas.
33
und Asien und der Anfang einer unendlichen Reihe von Kriegen und
eines eifersüchtigen, furchtbaren Wettkampfes zwischen den beiden ge-
waltigen Nebenbuhlerinnen, der sich durcli die ganze Geschichte fort-
setzen sollte und auch heute noch immer nicht aufgehört hat.
Die Sieger kehrten nun, mit Sklaven und Beute reich beladen, nach
Griechenland heim; aber für die meisten unter ihnen war diese Heim-
kehr von den schwersten Schicksalsprüfungen begleitet. Agamemnon fiel
in seinem eigenen Palaste einem Mordanschlag zum Opfer, und seine
Nachkommen, die Atriden, fanden alle ein tragisches Ende, mit dem
sie sich in der Weltliteratur verewigt haben, die darin zu allen Zeiten
ein hervorragend wirksames und berühmt gewordenes, ganz besonderes
Lieblingsmotiv für ihre dramatischen Schöpfungen fand.
Odysseus, der König von Ithaka, sah sein Reich erst nach den mannig-
faltigen Abenteuern eines zehnjährigen Umherirrens auf der See wieder.
Homer hat diese Irrfahrt des Odysseus besungen. Die Odyssee ist
eine ebenso schöne Dichtimg wie die 1 1 i a s , und die Abenteuer des
Odysseus sind nicht weniger ergreifend als der Zorn des Achill.
Wenn wir der Überlieferung, die auf reiner Einbildung des Vergil
beruht, Glauben schenken dürften, ist in ähnlicher Weise auch einer
der Trojaner, Äneas, vor den eindringenden siegreichen Feinden geflohen,
um in der Ferne gastlichere Gestade zu suchen. Bis zur Erreichung
seines Zieles wurde er noch längere Zeit in Afrika, zu Byrsa (Karthago),
einer phönizischen Kolonie, aufgehalten, bis er schließlich in Italien
anlangte, um hier die erste Grundlage zu dem dereinstigen römischen Welt-
reiche zu legen. Die Geschichte des Äneas ist der Gegenstand der
Äneis, jener wunderbaren Schöpfung des römischen Dichters Vergil. die
man auch neben der Ilias eines Homer durchaus mit Ehren erwähnen
darf. Doch ist die ganze schöne Dichtung nichts weiter als bloß ein
Roman.
Vom 9. bis zum 11. Jahrhundert wurden der Peloponnes und Attika
von Einfällen heimgesucht, die von den Doriern ausgingen, einem
Stamme, der aus den Bergen Thessaliens kam. Es war das mehr eine
Einwanderung als eine Eroberung, mehr ein Krieg im Innern als ein
auswärtiger Krieg, sprachen doch die Dorier gleichfalls das Griechische
und rühmten sich ebenso Hellenen zu sein wie die andern.
Von den wirren Kämpfen, die sich jetzt zwischen Doriern und Ächäem
entspannen, ist recht wenig bekannt; auch über die Rolle, die die Jonier,
die Nachkommen der Inselbewohner des Ägäischen Meeres, dabei gespielt
haben sollen, wissen wir nicht mehr viel. Eins ist sicher: in jener Zeit
3 Richet, Oeschichte der Menschheit
34 Drittes Buch.
war es, wo sich die Dorier, ein Stamm von Kriegern und Bauern,
im Peloponnes festsetzten und die Jonier, diese geborenen Kaufleute und
Seemänner, Attika in Besitz nahmen, um sich von hier aus immer weiter
über Kleinasien, die griechische Inselwelt, die syrische, ägyptische und
sizilische Küste auszubreiten.
Da trat Lykurg auf (834), der königliche Gesetzgeber, der weder allein
der Geschichte noch allein der Sage angehört. Durch ihn wurde Sparta
(auch Lazedämon genannt) eine kräftige Verfassung zuteil, die nahezu
fünf Jahrhunderte bis zur römischen Eroberung unverändert bestanden hat.
Sparta wurde in erster Linie Oligarchie, ganz und gar Oligarchie. Die
dorischen Eroberer (die eigentlichen Spartiaten) erhielten allein staatlicha
Rechte. Die Lakonier oder, mit anderen Worten, die Besiegten, wurden
die an die Scholle gebundenen Leibeigenen. Sie bebauten, bearbeiteten
den Boden für ihre Herren. Es waren die Heloten, die mit jemer
Verachtung behandelt wurden, die die Eroberer stets gegen die nieder-
geworfenen Volksmassen und ebenso die Soldaten stets gegen die ar-
beitende Bevölkerung beseelt. Zwischen den Heloten und den Spartiaten
stand eine Mittelschicht, die in den Städten Lakoniens verstreuten Pe-
riöken, persönlich freie, doch bürgerlich unfreie Männer. Zwei Könige;,
die im übrigen jeder tatsächlichen Macht entbehrten, hatten den Rat
I der Alten (Gerusia, Senat) und die Volksversammlung (Halia) zu leiten und
ihrer beider Befehle auszuführen. Es steckt also schon in dieser altertüm-
lichen Form der Anfang zu einer parlamentarischen Regierung. Die Rolle
unserer heutigen Minister spielten die Ephoren (Aufseher). Mächtiger als
die Könige, mußten sie indessen gleichwohl den von dem Senat erlassenen
Gesetzen gehorchen. Die Volksversammlung hatte kaum ein weiteres
Recht, als bei einer eintretenden Vakanz den neuen Senator zu be-
stimmen, der ernannt werden sollte.
Lykurg und den ältesten Gesetzgebern Lazedämoniens hat als Ziel vor-
geschwebt, das ganze Werk der Erziehung einzig und allein der Ver-
teidigung des Vaterlandes, nicht etwa des gemeinsamen griechischen
Vaterlandes, sondern nur des eignen Ländchens Sparta, anzupassen.
Die schmächtigen, schwachen und mißgestalteten Kinder wurden aus-
gemerzt. Die anderen erfuhren eine strenge und harte Behandlung, die
sie Hitze und Kälte, Hunger und Müdigkeit, ohne nur irgend zu murren,
ertragen lehrte. Kein Familienleben. Schon in einem Alter von acht
Jahren erhielten alle Kinder eine gemeinsame Erziehung und wuchsen
in vollkommenem Kommunismus auf. Künste, Handel, Ackerbau wurden
verschmäht. Die einzige Sorge bestand darin, starke, geschulte, tapfere
Hellas. 35
und unermüdliche Kämpfer heranzubilden. Auch die jungen Mädchen
gingen nur leicht bekleidet und waren einer ebenso rauhen Erziehung
unterworfen wie die jungen Männer, und von den Frauen wurde nichts
anderes verlangt, als tüchtige Krieger zur Welt zu bringen.
Für die Dichtkunst hatten sie wenig Verständnis und nur allein für
Kampfeslieder Sinn, die Verachtung des Todes, Liebe zum Staat und
Haß gegen den Feind einflößten.
Alles in allem ist die Vaterlandsliebe, die die Spartaner gehabt haben
und die darin besteht, Arbeit zu fliehen, Kunst zu verschmähen, Wissen-
schaft zu verachten und Mitleid zurückzuweisen, doch nur eine sehr
enge und wohl kaum eine solche Gesinnung, der wir eine besondere
Hochachtung abgewinnen müßten,
Sparta war gewissermaßen das in dem Peloponnes aufgeschlagene
Kriegslager, das die Bestimmung hatte, ganz Griechenland in Waffen
zu halten. Trotzdem hat es im Kampf mit den Persern im wesentlichen
nur eine zweite Rolle gespielt; denn hierbei fällt die Hauptehre Athen
zu. Zudem hat Sparta damals keine großen Dichter, Künstler, Gelehrte
und Philosophen, wie seine ruhmvolle Nebenbuhlerin, hervorgebracht.
Vergebens müht man sich, seine strengen Sitten und seine Verachtung
alles Aufwandes und Prunkes zu rühmen, vergebens führt man einige
hervorragende Züge edelsten kriegerischen Heldenmutes an; es bleibt
trotz alledem auf den Spartanern die unsühnbare Schuld lasten, daß sie
es gewesen sind, die die langjährigen Bürgerkrie§;e hervorgerufen haben,
an denen Griechenland schließlich z:ugrunde gegangen ist. Sparta ist
es gewesen, das der erhabenen Entwicklung Attikas in ihrem Sieges-
laufe ein Halt zugerufen hat: es war der böse Geist Griechenlands.
Dem 8. Jahrhundert sollte es vorbehalten bleiben, Griechenland seine
nationale Einheit zu schenken. Eine sonderbare Einheit, die fortwährende
Kriege mit Blut befleckten. Aber diese Kämpfe ließen trotz mancher
heftiger Leidenschaftsausbrüche und grausamer Niederwerfungen derselben»
keine dauernden Gefühle des Hasses zurück. Das gemeinsame Band
der Sprache und Religion gab allen diesen so verschiedenen Stämmen
auch ein gemeinsames Vaterland. Hier die Hellenen, dort die Barbaren.
Zu jener Bildung der griechischen Nationalität trug auch zu einem
guten Teile die Einrichtung der olympischen Spiele bei, die, wenn auch
wohl weit älter, erst von dem Jahre 776 an so recht bekannt waren und
bald eine derartige Bedeutung gewonnen hatten, daß. sie zur Be-
stimmung der griechischen Zeitrechnung dienen mußten. Sie wurden
alle vier Jahre gefeiert, und so bildete dieser Zeitraum eine Olympiade.
3«
36 Drittes Buch.
Die erste Olympiade umfaßte die Jahre 776—773. Diese Art der Zählung
verschwand erst mit dem Aufkommen der christlichen Zeitrechnung.
Jedes vierte Jahr also versammelten sich die griechischen Bürger
nicht etwa bloß aus Griechenland selbst, sondern auch aus allen übrigen
Teilen der griechischen Welt, Kleinasien, Sizilien, Großgriechenland,
Kyrenaika in Elis (auch Olympia genannt), in der gleichnamigen
griechischen Landschaft im nordwestlichen Peloponnes. Dort stand der
Tempel des olympischen Zeus (5. Jahrhundert). Den Spielen gingen
glänzende religiöse Festlichkeiten voran, die Züge einer eigentümlichen
erhabenen Schönheit zeigten, denen aber jedes nur irgend verschwommene
und geheimnisvolle pietistische Gefühl fehlte.
Die Spiele währten fünf Tage. Eine unzählige Menge wohnte bei,
die von den Stufen des Stadion mit leidenschaftlicher Teilnahme den
einzelnen Wendungen der Wettkämpfe folgten; diese bestanden in
Wagenrennen, Wettlaufen, Ringkampf, Faustkampf, Diskuswerfen, Speer-
werfen, lauter körperlichen Übungen, die ebensoviel Aufwand von Kraft
wie Geschicklichkeit verlangen. Es galt als ein hervorragender Ruhm,
in den olympischen Spielen einen Preis davonzutragen. Pindar (521 bis
441) hat ausschließlich Dichtungen zur Feier dieser Sieger geschrieben.
Auch noch nach der Vernichtung der griechischen Freiheit hat der
römische Kaiser Nero Wert darauf gelegt, sich die Ehren des so
viel beneideten Triumphes zuerkennen zu lassen.
Die Frauen hatten lycht das Recht, diesem Schauspiel beizuwohnen;
man hielt sie dessen nicht für würdig.
Die Sorge für einen kräftigen und schönen Körper beherrscht die
ganze griechische Erziehung. Sicher hat es etwas Übertriebenes, den
Turner, der am schnellsten gelaufen ist, den Kraftkünstler, der das
schwerste Gewicht gehoben hat, den Diskuswerfer, der den Diskus mit
der größten Wucht geschleudert hat, wie einen Helden zu ehren; aber
vielleicht legt unsere überfeinerte Bildung mit einer gewissen Voreinge-
nommenheit ein zu geringes Maß von Wertschätzung für Muskelstärke
und Körpergewandtheit an den Tag.
Übrigens war es von vornherein ausgeschlossen, daß irgendwelcher
schnöde Bestechungsversuch diese Wettkämpfe entweihen konnte. Die
Sieger bekamen weiter nichts als einen Kranz von Ölzweigen.
Die Zusammenkünfte in Olympia gaben dem griechischen Volke erst
das notwendige Selbstbewußtsein und einen gewissen berechtigten National-
slolz, wodurch es sich allerdings nicht zurückhalten ließ, sich im Bürger-
kriege gegenseitig zu zerfleischen. Aber vor dem Auslande fanden die
Hellas. 37
Griechen bisweilen ihre Einheit und die Liebe zu ihrem edlen Vater-
lande wieder, gleichviel, ob jenes unter der Führung eines Darius, eines
Xerxes oder Philipp von Mazedonien stand.
Während die Dorier unter dem Namen Spartaner ihre Tyrannen-
herrschaft im Peloponnes mit den Waffen aufrichteten, suchten die
anderen Hellenen zu Korinth, Argos, Megara, Athen, Theben ihren Handel
imd ihre Seemacht auszubreiten. Im 8. und 7. Jahrhundert gründeten
sie in der ganzen östlichen Hälfte des Mittelmeeres Niederlassungen.
Dieses entzückende Meer, die Wiege der zivilisierten Menschheit, ent-
wickelte sich damals ganz richtig zu einem griechischen Binnensee. Die
griechischen Schiffer besuchten alle seine Gestade. Bis ins Schwarze
und bis ins Illyrische Meer brachten die Schiffe auch Kaufleute und
Ansiedler. Damals wurden Byzanz am Bosporus, Chersonesos auf der
Krim, Phokäa (das heutige Marseille) in Gallien gegründet. Kleinasien
(Ephesus und Milet), Unteritalien (Tarent und Cumä) wurden eine Art
von griechischen Provinzen, allen voran Sizilien, wo bald blühende Städte
wie Syrakus, Catania, Agrigent erstanden, die ihre Mutterstädte noch an
Macht überholten.
Doch es gibt kein griechisches Weltreich; denn alle diese Städte sind
unabhängig, wachen eifersüchtig über ihre Vorrechte und kämpfen aufs
heftigste miteinander um die Macht. Gleichwohl sprechen alle diese
Menschen ein und dieselbe geschmeidige, wohlklingende und reiche
Sprache, die sich über alle Küstenländer derart ausbreitet, daß nicht
einmal ihre Kriege den Griechen ihre Zugehörigkeit zum gleichen Volks-
tum rauben konnten.
Und dann hatten sie ihr dauerndes Einigungsband in ihren olym-
pischen Spielen und ihrer Religion. So oft sie nur ein neues Unternehmen
planten, gingen sie nach Delphi am Fuße des phokischen Gebirges, um
den Orakel spendenden pythischen Apollo zu befragen. In Delphi hatten
die Priester unermeßliche Reichtümer aufgehäuft, die kein Ungeweihter
berühren dvu-fte. Bei den großen Feierlichkeiten zu Olympia drängten
sich die Griechen in die Vorhöfe und Säulenhallen des Tempels des
Olympischen Zeus, um ihrem Schutzgotte Zeus, dem Vater der Götter
und Menschen, zu huldigen.
Solon wurde Athens Gesetzgeber, wie Lykurg der Gesetzgeber Spartas
gewesen war. Obwohl ihn sein Werk nicht ohne manche zeitgemäße
kleine Abänderung für die Dauer zu überleben vermochte, übte es doch
einen sehr beträchtlichen Einfluß auf das Verfassungsleben Athens aus.
Im 6. und 5. Jahrhundert ist Athen die uneingeschränkteste Demo-
38 Drittes Buch.
kratie, aber bei aller Demokratie eine Oligarchie, ßieses Staatsgebäude
freiheitlicher und fortschrittlicher Entwicklung (reich an Wandlungen,
wie alles Entwicklungsfähige, das es nur geben kann) war sämtlichen
bisherigen von Menschen eingerichteten Verfassungsgemeinschaften über-
legen.
Doch einer der dunkelsten Punkte darin ist die Sklaverei, bei allem
Glänze ein Krebsschaden, besonders wenn der Sklave nicht etwa ein
minderwertiges .Wesen ist wie der Neger, sondern, 'von ebenso edlem
Blute wie sein Herr, der Staatsangehörige. Der Unglückliche ist nur
Sklave, weil er im Kriege besiegt worden ist. Jede im Kriege eroberte
Stadt wird geplündert und in Brand gesteckt, und ihre Bewohner in die
Sklaverei geführt. In den alten Zeiten vielleicht noch mehr als in den
neueren ist der Krieg der große Übeltäter der Menschheit. Dem Sklaven
fehlt jedes schützende Recht, sein Herr kann ihn verkaufen, foltern,
töten, ohne sich irgendwie verantworten zu brauchen, als ob so ein
Mensch dadurch, daß er besiegt worden ist, nun auch zugleich seine
Menschenwürde einbüßen kann und nichts mehr zu erhoffen hat, weder
Mitleid noch Gerechtigkeit.
Aber wir kommen über dieses traurige Bild leicht hinweg, wenn wir
die glänzende Entwicklung der athenischen Demokratie betrachten. Alle
Bürger ohne Ausnahme sind Soldaten, alle Richter; alle nehmen an den
öffentlichen Angelegenheiten teil. Das Volk versammelt sich in der Agora,
und die Beschlüsse der Volksversammlung (Ekklesia) werden mit Stimmen-
mehrheit gefaßt, nachdem alle Ansichten frei erörtert worden sind. Dem
Beredtesten und Gewandtesten gelingt es, die Menge, die sich lärmend,
tosend und stürmend um ihn drängt und den Verhandlungen mit Eifer folgt,
zu seiner Ansicht hinüberzuziehen. Die Geschäfte werden von einem Rate
(Bule) von fünfhundert jedes Jahr von neuem durch das Los bestimmten
Mitghedern vorbereitet und vollzogen, und jeder Bürger ist zur Teilnahme
am Rate berechtigt. An der Spitze der Regierung steht weder ein König
noch ein Präsident, sondern neun vom Rate gewählte Archonten, die immer
wieder vor dem Volke von ihren Amtshandlungen Rechenschaft abzulegen
haben. Ihr Amt ist also höchst unsicher; denn die Gunst der Masse ist
schwankend; zu den gewagtesten Unternehmimgen bereit, verliert sie bei
den ersten Mißerfolgen sofort allen Mut; tiefes Mißtrauen beseelt sie gegen
Autorität in jeder Form, und wenn ein Redner nicht ihren Leidenschaften
schmeichelt, will sie nichts mehr von ihm wissen und verbannt ihn sogar bis-
weilen.
Mitten unter diesen von den Sklaven bedienten freien Bürgern lebten
Hellas. 39
die Fremden, die zwar ihrer Mehrzahl nach auch Griechen waren, aber
nicht die Ehre hatten, Bürger zu sein. Das Bürgerrecht war ein den Athe-
nern allein vorbehaltenes Privileg.
Die Frauen hatten bei den Griechen in der Öffentlichkeit so gut wie
nichts mitzusprechen; sie blieben in ihr Frauengemach eingeschlossen.
Diese athenische Demokratie, die für Schönheit und Beredsamkeit
schwärmte, nach Ruhm mehr verlangte als nach Geld und von stolzem
Selbstbewußtsein und glühender Freiheitsliebe erfüllt war, bleibt trotz aller
ihrer Torheiten und Mängel doch für alle Zeit eine der erhabensten Formen
menschlicher Gesittung.
Von den ersten Abschnitten ihrer Geschichte an haben die Griechen
mit den Barbaren ringen müssen. Schon im homerischen Zeitalter Vikaren
Griechen und Barbaren in Kleinasien zusammengestoßen; denn Kleinasien
ist der Weg, den genau ebenso die Asiaten wählen müssen, um nach dem
Abendlande zu gelangen, wie die Völker des Nordens, um nach Süden
hin auszuwandern. So waren es denn auch die der hellenischen Halbinsel
so nahen Küsten Kleinasiens, nach denen die Griechen, wenn es ihnen in
ihrem kleinen Ländchen zu eng wurde, vor allem ihre Schiffe lenkten.
Während die Griechen die Küsten kolonisierten, siedelten sich die
Asiaten selbst mehr und mehr in den Gebirgsländern an, die in der Mitte
dieses gewaltigen Erdteiles zu finden sind* Diese ganze älteste Geschichte
ist verworren und dunkel. Man weiß nur, daß die Kimmerier von Norden
her über den Bosporus fuhren und sich auf der Halbinsel festsetzten, um
sich mit der Seebevölkerung der Küste und der Gebirgsbevölkerung des
Innern zu verschmelzen und in sie aufzugehen. Wenn man der Sage
Glauben schenken darf, ist dieser ganze Landstrich, das spätere Königreich
Lydien, nach manchen Wechselfällen unter die Herrschaft eines gewissen
allmächtigen Königs Gyges, eines Halbgriechen, gekommen, dessen Namen
die Dichtung mit dem Schleier so mancher ihrer märchenhaften Erzäh-
lungen umsponnen hat (716 — 668).
Die Nachfolger dieses Gyges führten fast ein Jahrhundert lang einen
schließlich zum Erfolge führenden Kampf mit den hellenischen Kolonien.
Es gelang ihnen, im Osten ihre Unabhängigkeit den Medern gegenüber
und im Westen ihre Gewaltherrschaft den kleinasiatischen Griechen gegen-
über aufrechtzuerhalten. Sardes wurde die Hauptstadt dieses ebenso ver-
gänglichen wie mit Schätzen und Gütern gesegneten lydischen Reiches.
Sein letzter König, unter allen der mächtigste, reichste und berühmteste,
war Krösus (561 — 546). Dieser asiatische König war keineswegs ein Feind
der Griechen. Er gab den Delphiern gewaltige Summen^ nahm Solon
4o Drittes Buch.
wohlwollend auf und richtete ein einheitliches Münzsystem ein. Man kann
wirklich nicht recht sagen, ob er Barbar oder Hellene zu nennen war;
die staatlichen Grenzen, die die Völker und Menschen trennen, sind immer
nur künstliche.
Aber die Macht des Krösus erreichte auch einmal ihr Ende. Wie ihm
der weise Solon einst ganz gerade herausgesagt hatte, wissen' auch die
glücklichsten unter den Menschen bis zu ihrer letzten Stunde nie, welchen
düsteren Unglücksfällen sie noch einmal in ihrem Leben ausgesetzt sein
können. Auch Krösus wurde von dem Perserkönig Cyrus besiegt (546),
und Lydien wurde eine Satrapie des riesenhaften Perserreichs. ^
Cyrus (589 — 529) ist einer jener siegreichen Krieger, die die Geschichte
wie Halbgötter feiern zu müssen glaubt. Sogar sein Andenken in der
Nachwelt hat das unerdenkliche Glück gehabt, daß ein weiser Schüler des
weisen Sokrates, Xenophon (430 — 354) ihn sogar noch in seiner Cyro-
p ä d i e als ein Muster vorzuschlagen gewagt hat. Er hatte ein weites
Reich erobert, das sich über Babylonien, Baktrien, Mesopotamien und ganz
Mittelasien ausdehnte. In der Zeit war es, wo Krösus versuchte, sich ihm
entgegenzustellen; doch vergeblich. Krösus wurde bei Tymbräa vernich-
tend geschlagen (548). Als Herr von Lydien wurde der große König
Cyrus der unmittelbare Nachbar der Griechen. Er selbst maß sich mit
ihnen nicht, doch seine Erben sollten noch erleben, wie die asiatische
Riesenmacht, die bisher in ihrer Siegeslaufbahn nichts gehemmt hatte, vor
dem winzigen Europa zusammenbrach.
'Nach Lydien nahm Cyrus vom kleinasiatischen Festlande alles, was noch
sonst zu nehmen war. D4e Völker trachteten förmlich nach nichts anderem,
als gehorchen zu dürfen, derart, daß ein tatkräftiger Anführer an der Spitze
einiger weniger entschlossener Krieger sicher sein konnte, keifien Wider-
stand zu finden. Syrien, Phönizien, Palästina, ja sogar Arabien und ein
Teil Indiens fielen als leichte Beute dem Eroberer in die Hände. Das
Perserreich ging jetzt vom Indus bis zum Bosporus, vom Kaukasus bis
zum Berge Sinai.
Die Nachfolger des Cyrus, sein Sohn Kambyses (529 — 522) und Darius I.
(521 — 485), setzten dieselbe Angriffspolitik nur noch in verstärktem Maße
fort. Kambyses erlitt eine Niederlage, die er den Sandwüsten Ägyptens
verdankte, aber Darius war in seinen Kriegen glücklicher.
In dem Augenblick, wo der erste Perserkrieg seinen Anfang nahm, be-
herrschte dieser Fürst ein unermeßliches Reich, besaß er fabelhafte Reich-
tümer, verfügte er über Heere ohne Zahl, und kein Hindernis trat seiner
Herrschsucht in den Weg.
Hellas. 4l
Der Kampf begann in Kleinasien. Milet, eine herrliche, rein griechische
Sladt, wurde im Sturme genommen und vernichtet (495); und da immer
durch den Gang der Ereignisse eine Eroberung die andere nach sich zieht,
so strebte auch Darius, nach den asiatischen Griechen auch noch die
europäischen zu unterwerfen. Er schickte Gesandte nach Athen und
Sparta, um die Unterwerfung zu verlangen; die Spartaner warfen in ihrer
Entrüstung statt jeder Antwort die Boten des persischen Großkönigs in
einen Brunnen.
Darius rüstete sich nun zu einem gewaltigen Feldzuge (493). Während
ein Landheer in Thrazien einfiel und dort, noch ehe es in den Kampf kam,
zugrunde ging, setzte die persische Flotte, nach der offenbar stark über-
triebenen Angabe der griechischen Geschichtschreiber, hunderttausend
Soldaten in der Ebene von Marathon, das nur wenige Kilometer von Athen
liegt, an Land (490).
Marathon! Welch ein rühmliches Blatt in der Geschichte! Und wenn
diese Schlacht unter allen so hervorragt, so liegt das weder an der Kunst der
Heeresführung noch an der Menge der Kämpfer, noch auch an der An-
zahl der Gefallenen, sondern vielmehr daran, daß sie für immer als ein
Sinnbild echten Soldatenmutes gelten wird, und zwar des einzigen, den man
zu verherrlichen berechtigt ist, und das ist allein der freier Männer, die für
die Freiheit ihres Vaterlandes kämpfen.
Nun wies in jenen Tagen das griechische Vaterland alles auf, was nur
irgendwie an Schätzen der zukünftigen Menschheit vererbt werden mochte.
Die düstere Tyrannei der assyrischen Satrapen drohte der Schönheit und
Wahrheit, die Griechenland und Europa zu verteidigen hatten. Als der
athenische Feldherr Miltiades die orientalischen Horden, die seine Vater-
stadt in Brand stecken wollten, ans Meer zurückwarf, ist er der Retter
der Welt geworden und seine Soldaten die Vorkämpfer aller zukünftigen
Zivilisation.
Der große König ertrug sein Geschick mit Ungeduld; er starb, während
er noch mit der Vorbereitung eines Rachefeldzugs beschäftigt war (485)..
Diesen führte dann sein Sohn Xerxes aus, der ihn selbst leitete (zweiter
Perserkrieg). Eine Schiffsbrücke wurde über den Hellespont geschlagen,
und eine Million Bewaffneter — immer nach den uns allein überlieferten,
sehr übertriebenen Schätzungen von griechischer Seite — kam zu dem euro-
päischen Festlande hinüber; ein buntes Gemisch aller möglichen asiatischen
Völkerschaften, eine von einem rasenden Despoten zu Zerstörung und Ver-
wüstung geführte Sklavenschar. Die Geschichte sollte uns noch oft ein der-
artiges schon Unheil vorausverkündendes Schauspiel vor Augen führen.
42 Drittes Buch.
Die Griechen konnten sich auch dem gemeinsamen Feinde gegenüber
nicht sämtlich einen. Sparta und Athen bheben im Kampfe mit den Bar-
baren fast allein; aber sie taten darum doch ihre Pflicht.
Um von dem gebirgigen Thessalien in das eigentliche Griechenland
hineinzugelangen, muß man über den Engpaß der Thermopylen. Im
•Westen unübersteigbare Berge, im Osten das Meer mit seinen unmittelbar
zu ihm hinabführenden schroffen Felsen. Dort war es, wo Leonidas und
300 Spartaner die sich nach Griechenland ergießenden Fluten der per-
sischen Heeresmassen erwarteten. Fest entschlossen zu sterben, fielen sie
ruhmvoll (480).
Des Leonidas und der Seinen Heldentod wird mit Recht gefeiert. Bisher
hatten Soldaten allenfalls, wenn sie mit der Peitsche getrieben wurden, für
einen Herrscher zu sterben verstanden. Diesmal bewiesen sie, daß man,
für eine Idee und ein Vaterland sterben kann.
Der heldenmütige Widerstand bei den Thermopylen hatte allerdings
einen Xerxes nicht von seinem Unternehmen zurückgeschreckt. Phokis,
Böotieii und Attika wurden mit Krieg überzogen. Auf Grund eines Orakels,
das den Griechen empfahl, sich in hölzerne Mauern einzuschließen, über-
redete Themistokles seine Landsleute, daß sie ihr Heil allein in ihren Schif-
fen suchen sollten. Daraufhin kehrten die Athener ihrer Stadt den Rücken
und flüchteten sich in die Fahrzeuge. Es spielte sich eine große Seeschlacht
bei Salamis ab, in der die Flotte der Barbaren in alle Winde zerstreut
wurde. Entsetzt eilte Xerxes nach Asien zurück. Wie Marathon, war auch
Salamis zur Rettung der Welt geworden.
Doch Xerxes wollte noch immer flicht auf seinen Sieg verzichten; aber
jetzt war bei allen griechischen Städten die Vaterlandsliebe erwacht. Ganz
Hellas rüstete sich. Hunderttausend griechische Soldaten unter Führung
des Spartanerkönigs Pausanias erfochten bei Platää in Böotien einen glän-
zenden Sieg, während die athenische Flotte die persische bei Mykale in
Jonien vollkommen vernichtete (479).
Weder Pausanias noch Themistokles sollten ihre Siege gut bekommen.
Pausanias ließ sich durch das Gold der Perser bestechen und mußte seinen
Verrat durch einen schrecklichen Tod büßen. Themistokles aber v/urde
von der genau so wie alle anderen gleichen Staatswesen von niedrigster
Eifersucht erfüllten athenischen Demokratie in die Verbannung geschickt.
Hier vergaß der Unglückliche seine Würde als Mensch und Athener so
ganz, daß er bei dem Perserkönig Zuflucht suchte und von den Feinden
seines Landes mit Ehren überhäuft daselbst sein abenteuerliches Leben
vollendete (470).
Hellas. ^3
Einige Zeit darauf verjagten die siegreichen Griechen die Perser für
immer aus Europa. Ihre kleinasiatischen Brüder fanden ihre Unabhängig-
keit wieder (465). Der griechische Genius konnte seine Flügel frei ent-
falten.
Die Jahre, die nun folgten, waren die ruhmreichsten der Geschichte;
sie sind in dem Leben des menschlichen Geistes epochemachend.
Mehr als Sparta hatte noch Athen zur Rettung Griechenlands beige-
tragen. Seine Seemacht hatte überall die Führung gehabt. Ganz Hellas
außer Sparta erkannte seine leitende Stellung, ja geradezu seine Vorherr-
schaft willig an. Sechzig Jahre lang (465 — 405) wurde nun Athen der
eigentliche Mittelpunkt der griechischen Welt. Damals erstrahlte alles,
Kunst, Wissenschaft, Dichtung, Theater, Beredsamkeit in einem solchen
Glänze, daß man niemals wieder auf einem so engen Räume in einer so
kurzen Zeit eine gleiche Blütenpracht so vieler bewundernswerter Werke
auf allen Gebieten sah.
Man nennt diesen Abschnitt das Zeitalter des Perikles, leitete doch
Perikles, ein bewundernswerter Redner und vollendeter Staatsmann, in:
den Jahren 460—429 die Geschicke Athens, ohne nach irgendeiner andern
Ehre zu streben oder zu buhlen, als allein der, unter seinen Mitbürgern
immer nur der erste zu sein.
Die Bildhauerei erreichte damals ihre höchste Vollendung. Phidias
(496 — 431), Myron, Polyklet (470 — 431) haben Werke geschaffen, die in
der Neuzeit nie wieder so glänzend erreicht worden sind. Es ist sonder-
bar, daß seit zweitausend Jahren kein Bildhauer Besseres oder auch nur
ebenso Gutes geschaffen hat wie die Griechen. Seit zweitausend Jahren
hat man unzählige Marmorwerke ausgehauen, unzählige Denkmäler er-
richtet, manche neuen Stilarten mit einer zeitweise höchst glücklichen
Erfindungsgabe entdeckt. Ein Fortschritt ist hier nicht gemacht worden.
Die schönsten Werke neuerer Bildhauerkunst nehmen sich neben den
griechischen Meisterwerken in unsern Museen recht mäßig aus.
Bei den Griechen wurde die Bildhauerei niemals von der Baukunst
getrennt. Die auserlesensten Werke des Phidias schmückten das Par-
thenon, jenen wunderbaren Tempel von Athens Schutzgöttin Pallas Athene,
der sich auf der obersten Höhe der Akropolis erhob (444). Dieses Meister-
werk menschlichen Genies ist der rohesten Zerstörungswut zum Opfer ge-
fallen. Menschliche Verblendung ist in wilder Raserei über den der Weis-
heit errichteten Tempel hergefallen. In den verschiedenen Kriegen mit
Griechenland im Laufe der Jahrhunderte haben die Venetianer (Morosini)
3687, die Engländer (Lord Elgin) 1816 das herrliche Gebäude derart ge-
Drittes Buch.
plündert und beraubt, daß heute nur noch Trümmer, wenn auch glänzende,
übrig sind.
In der dramatischen Kunst haben die Griechen gleich im ersten Anlauf
das Erhabenste erreicht. Ganz ebenso wie Michelangelo kein größerer
Bildhauer als Phidias ist, ganz ebenso hat auch Shakespeare keine Dramen
von erhabenerer Schönheit und schärferer Satire verfaßt als der alte
Äschylus.
Von Anfang an hatten die Griechen die dramatische Dichtung in einer
Gestalt erfaßt, die eine endgültige wurde. Es ist den Neueren nicht mög-
lich gewesen, mehr als bloße Nachahmer zu sein. So reich auch unser
ganzes Theater an genialen und gewaltigen Erzeugnissen sein mag, es
stammt unmittelbar von den griechischen Trauer- und Lustspieldichtern
ab. Zwanzig Jahrhunderte haben keine wesentliche Neuerung bringen kön-
nen. Die dramatische Form ist dieselbe geblieben, die sie in den ersten
Tagen war; ist doch auch die menschliche Seele nicht anders geworden
und hat sich doch auch der menschliche Verstand nicht erweitert oder
verändert. Wenn man König ödipus, die Perser oder A 1 k e s t e
aufführt, ist die ästhetische Bewegung der Zuschauer in Berlin, Paris,
New York im Jahre 191 3 genau ebenso ungeheuer wie sie in alten Tagen
angesichts des Perikles zu den Füßen des Zeus Olympios vor dem hin-
gerissenen athenischen Volke war.
Wir haben viele von den Werken verloren, deren Verfasser die drei
großen Tragiker sind: Äschylus (524 — 456), Sophokles (496 — 405), Euri-
pides (480—405). Aber auch das uns erhalten Gebliebene ist gewaltig. Die
auftretenden Personen sind lebendig und rein menschlich bei erhabener
Natürlichkeit. Edlere Gefühle prallen mit heißen Leidenschaften zusammen.
Und über diesen Gefühlen und diesen Leidenschaften schweben uner-
bittliche Verhängnisse. Alles, was den Geist erheben und die Seele be-
wegen kann, ist dort zu finden; und eine an dichterischen Vorstellungen
wie an gesunden Gedanken gleich reiche wohlklingende Sprache leiht dem
sich vor unseren Augen aufrollenden Drama ihren Schmuck.
Aber auch das Lustspiel nimmt seinen Ursprung in Griechenland, imd
zwar mit Aristophanes (450 — 386), dessen Kühnheit und Feuer noch heute
auf uns geradezu verblüffend wirken und der zugleich, wie nicht allgemein
bekannt ist, der geistreichste und tatkräftigste Friedensfreund ist, der je
gelebt hat *.
Als Geschichtsschreiber gehören diesem wunderbaren Zeitalter gleich
zwei Meister auf einmal an: Herodot (484—425) und Thukydides (460
* S. Nachtr. S. 59.
Hellas. 45
bis 395). Jener hat den Zauber eines ungekünstelten und phantasievoUea
Berichts für sich, dieser die Tiefe der Gedanken.
So groß auch der Glanz der Bildhauerkunst und des Theaters der
Griechen gewesen ist, vielleicht ist von der Sonne des Ruhmes noch heller
als beide ihre Philosophie bestrahlt worden. Wenn auch schon im 7, Jahr-
hundert große Geister, wie Thaies, Pythagoras, Demokrit, Protagoras,
tiefe Probleme in den Kreis ihrer Gedanken gezogen haben, so versinn-
bildlicht sich die gesamte griechische Philosophie doch erst so recht in
einem Manne, der als edelstes Opfer der Menschheit gefallen ist, in So-
krates (468—399).
Geschrieben hat Sokrates nichts. Man kennt ihn nur durch Plato und
Xenophon, seine Jünger, ganz ebenso wie Christus, den man ja auch allein
aus den Evangelien kennt.
Das ganze Denken des Sokrates läßt sich vielleicht kurz dahin zu-
sammenfassen, daß er ein für allemal bewiesen hat: Der Mensch ist durch
sein eigenes Urteil befähigt, das Gute und das Schlechte zu erkennen, und
der Geist des Menschen ist das Maß aller Dinge.
Kühn greift er sogleich das Problem des Gewissens an. Lange vor
Kant weist er nach, daß das Sittengesetz ein unbedingtes und gebiete-
risches ist, daß man also ohne Hoffnung auf Lohn das Gute tun muß,
nur weil es das Gute ist. Er läßt nicht die kindlichen Erklärungen zu,
die ihm die Überlieferimg an die Hand gibt, und er behauptet, daß unser
Verstand das Recht hat, alles zu prüfen. Er ist der älteste und gewaltigste
aller Rationalisten, Er verschmäht die ganze homerische Mythologie
und spricht von einem höchsten Wesen, Herrn über Menschen und Dinge,
der die Ordnung und die Geometrie in die Welt gesetzt hat. Nun schwinden
alsbald die alten Dogmen, die märchenhaften und phantastischen Mythen,
die lächerlichen Kulte, die zusammenhanglosen Schöpfungserzähhmgen,
alle die Kindergeschichten, die die Voreltern erdacht hatten.
Eine tiefe Umwälzung im Menschengeiste! Bisher hatten die Völker
ihre Gottheiten mit dem Mummenschanz aller nvur erdenklichen krank-
haften Phantasiegebilde bekleidet: Isis und die ägyptischen Götter mit
dem Tierkopfe, Wischnu mit seinen Verkörperungen, Ormuzd mit seinen
Schlachten gegen Ahriman, Jehova, den Herrn der Heerscharen, wie er
Moses die Gesetzestafeln gibt, Aphrodite, Zeus und Hephäst, wie sie im
Olymp miteinander streiten. Mit Sokrates fallen alle diese falschen Götter;
denn sie dürfen niu: verehrt werden, wenn ihr Dasein nachzuweisen ist.
Die Menschen verzeihen es schwer, wenn man ihnen die Wahrheit
bringt, sie bleiben weit lieber in dem Irrtum, in dem ihre Väter gelebt
46 Drittes Buch.
haben. So wurde auch damals Sokrates angeklagt, daß durch ihn die
Jugend verdorben werde (399). Er war zu dieser Zeit schon siebzig
Jahre alt.
Er suchte sich nicht weiter zu verteidigen. Im Gefängnis sitzend und
von seinen Freunden umgeben, plauderte er mit ihnen über die ewigen
Wahrheiten und trank im festen Glauben an die Unsterblichkeit der Seele
das ihm bestimmte SchierUngsgift ohne jede Schwächeanwandlung und
ohne jeden Klagelaut.
Ach ja! Verblendeter Beschränktheit sind in vergangenen Zeiten gar
manche Opfer gebracht worden. Aber unter allen ihren Märtyrern ist
neben Jesus Christus doch der edelste Sokrates gewesen.
Die Zeit der Naturwissenschaften war noch nicht gekommen. Trotz
xnancher tiefer Gedanken, die in den Werken eines Thaies (640 — 580?),
eines Anaxagoras (500 — 428), eines Anaximander an den verschiedensten;
Stellen verstreut enthalten waren, ist weder die Physik noch die Chemie,,
noch die Biologie, noch auch die Astronomie von den Griechen geschaffen
worden. Wohl aber ist ihnen die Erfindung der Mathematik zu verdanken,
und der erste wirklich große Arzt ist Hippokrates von Kos (460—380?).
Am Anfang aller Mathematik begegnet man dem Euklid (350?— 285)
und dem Archimedes. Die Mechanik stammt ganz und gar von Archi-
medes (287—212), die Geometrie ganz und gar von EukUd, und seine
Beweise sind noch heute unanfechtbar, sie bilden die Grundlage zu sämt-
lichen heutigen exakten Wissenschaften.
/ Hippokrates hatte ganz richtiges Verständnis dafür, daß die Heilkunde
eine beobachtende Wissenschaft ist, folglich alle Theorien den Tatsachen
gegenüber ohne jede Bedeutung sind. Die von ihm gegebene Beschrei-
bung der Krankheiten steht noch gegenwärtig als nachahmenswertes Muster
da; Hippokrates war der Schöpfer einer regelrechten klinischen Behand-
lung für die Heilkunde geworden.
Wenn nun Bildhauerei, Baukunst, Dichtung, Dramatik sogleich mit
dem Augenblick ihrer Entstehung den Höhepunkt erreicht haben, war es
allerdings mit der Wissenschaft nicht ganz ebenso und konnte es auch
unmögUch schon damals sein. In der Erforschung der hinter den Er-
scheinungen liegenden Wirklichkeit wird jeder Fortschritt nur langsam,
schwierig, mühsam und nur auf Grund fortgesetzter Anstrengungen unter
dauernden Enttäuschungen und Irrtümern erfolgen. So muß die Wissen-
schaft auch bei den Griechen noch immer in den Kinderschuhen stecken
zu einer Zeit, wo die Kunst bei ihnen bereits auf ihrem Höhepunkte steht.
Hellas. 4?
Athens Macht erweckte bald die Eifersucht Spartas. Schon dreißig
Jahre nach der Vertreibung der Perser brach zwischen den beiden Rivalen-
staaten ein Krieg aus. Es war dies der Peloponnesische Krieg (431 bis
404).
Doch sollten damit die inneren Streitigkeiten Griechenlands etwa noch
keineswegs enden, sondern noch lange, lange darüber hinaus bis zur
Schlacht bei Chäronea, d. h. bis zur völligen Unterwerfung des Landes,
dauern, wo sie ihr natürliches Ende fanden.
Stumpfsinnige und grausame Kriege, ja stumpfsinniger und grausamer
als sie noch je zuvor gewesen waren! Zu Syrakus, Milet, Mytilene, Korkyra,
in der Chalkidike, in Böotien, überall, wo die gemeinsame griechische
Sprache erklang, spielten sich zwischen den Bruderstämmen Metzeleien,
Plünderungen, Einäscherungen ab. Den Besiegten machte man den
Garaus oder ließ ihnen ein drückendes Sklavenschicksal zuteil werden,
das schlimmer galt als der Tod. Und dieser Zustand währte an hundert
Jahre. Die einzelnen Staaten entvölkerten sich, Hungersnöte suchten ihre
Fluren heim, Seuchen lichteten ihre Städte. Und die einzige Wirkung all
dieses Elends war, sündhafte und alberne Feindseligkeiten zwischen Bür-
gern zu stiften, die dieselbe Sprache sprachen und dieselben Interessen
hatten. Hundert Jahre Kriegeswahnsinn! Hundert Jahre innere Zwistig-
keiten! Es scheint fast so, als ob die Griechen an diesem so schmerzens-
reichen Beispiel beweisen wollten, daß sich hohe geistige Fähigkeit mit
außerordentlicher politischer Beschränktheit vereinen kann.
Sicher zeitigten diese ruchlosen Bürgerkriege auch ebensoviele kühne
Heldentaten, wie sie Ströme Blutes mit sich brachten. Doch welche Reihe
von SchändUchkeiten vom Tode des Archimedes, dieses größten Gelehrten
des ganzen Altertums, der durch die Hand eines betrunkenen Soldaten bei
der Belagerung von Syrakus umkam, bis zu den schmählichen Bündnissen
mit dem Perserkönig, die bald von Sparta, bald von Athen aus je nach
der Laune des Augenblicks geschlossen worden waren.
Aus dem langjährigen Ringen zwischen Athen und Sparta ging schließ-
lich Athen a,ls_der besiegte Teil hervor (405). In der Seeschlacht am Ziegen-
flusse (bei Aigos Potamoi) wurde ihre Flotte vollständig vernichtet.
So blieb schließlich die Vorherrschaft über Griechenland bei Sparta.
Aber seine Hegemonie währte nicht lange. Theben, die Hauptstadt der
Böotier, eines griechischen Nachbarstammes von Attika, der bis dahin
immer nur eine Nebenrolle gespielt hatte, wagte es, der Tyrannei Laze-
dämons Widerstand zu leisten. Unter der Führung zweier tüchtiger Feld-
herren, Epaminondas und Pelopidas, vernichteten die nüt den Nordgriechen
48 Drittes Buch.
und Megarern vereinten Thebaner das furchtbare Heer Spartas bei Leuktra
und bei Mantinea (362).
Aber Theben war zur Herrschaft nicht mächtig genug, und die einzige
Wirkung der thebanischen Siege war, die Spahungen, die das unglück-
liche Hellas zerrissen, nur noch zu vermehren. Damals herrschte eine
wahre Anarchie, die möglicherweise segensreich geworden wäre, wenn
sie die Anarchie im Frieden gewesen wäre, d. h. eine freie Verbindung
der unabhängigen Staaten, aber sie war die Anarchie im Kriege, d. h. in
der Unsicherheit und der Verwüstung,
Allen diesen so unseligen Verirrungen zum Trotze war der griechische
Geist doch noch nicht ganz dahingeschwunden. Wenn man auch nicht die
Menschen jener Zeit mit denen des voraufgegangenen Geschlechts ver-
gleichen kann, so zählt Griechenland doch noch immer einige herrliche
Genies zu den Seinen.
Unter den Bildhauern hat Praxiteles (360—280?) Werke hinterlassen,
deren auserlesene Anmut uns ebenso bezaubert, wie uns die Erhabenheit
des Phidias bewegt. Unter den Rednern genügt es, Äschines (389 — 314)
und besonders auch Demosthenes (384 — 322) zu erwähnen, Demosthenes,
dessen bloßer Name die Beredsamkeit versinnbildlicht.
Endlich haben in diesem Zeitalter zwei Philosophen gelebt, neben
Sokrates die beiden größten der ganzen Menschheit, Plato und Aristoteles.
Beide haben die gewaltigsten Probleme des Denkens und Seins mit
kühnem Mute angegriffen. Beide haben versucht, alle die quälenden
Rätsel des Weltalls zu lösen. Metaphysik, Soziologie, Psychologie, Ma-
thematik, Naturwissenschaften, allem haben sie kühn ins Auge zu schauen
gewagt, und nichts Menschliches ist ihnen fremd gewesen.
Doch ein Volk von Künstlern, Dichtern, Philosophen kann keinen Be-
stand haben, wenn es nicht den Willen zur Macht hat. Man braucht darum
allerdings noch lange kein Anbeter der Macht zu sein. Indessen muß ein
Volk, wenn es von Barbaren umgeben ist, sich vor allen Dingen seine
Unabhängigkeit sichern, das kostbarste aller Güter. Unabhängig aber
kann es nur bleiben, wenn es den Barbaren an Macht überlegen ist.
Durch seine verweichlichten Sitten hatte Persien, durch seine bruder-
mörderischen Spaltungen Griechenland all seine kriegerische Tatkraft ver-
loren. Sie waren eine bequeme Beute, und wenn die Beute bequem ist,
findet sich immer ein Räuber, der sie einsteckt. Ein großes geschicht-
liches Gesetz, das sich im Laufe der Jahrhunderte unzähUge Male wieder-
holt hat.
Hellas. 49
Nördlich von Griechenland, jenseits des thessalischen Gebirges, lebte
eine halbgriechische Völkerschaft, die wohl kaum am peloponnesischen
noch auch am thebanischen Kriege teilgenommen hatte. Es waren die
Mazedonier, eine rauhe Landbevölkerung, Hirten auf den Bergen, Bauern
in den Ebenen, kriegslustige imd verwegene Reiter, die mit den Thraziern
und lUyriern unaufhörlich kleine Plänkeleien hatten. Übrigens sprachen
sie griechisch und waren auch bei den olympischen Spielen zugelassen.
Diese Halbbarbaren waren es, die alsbald Griechenland erobern sollten.
Unter allen Königen Mazedoniens hat die Geschichte nur die Namen
von zweien im Gedächtnis bewahrt, nänüich Philipp und seinen Sohn
Alexander.
Philipp (382 — 336) hat es verstanden, Griechenland zu erobern und die
Eroberung Asiens vorzubereiten. Nachdem er durch allerhand Schliche
auf den Königsthron gekommen war — , er wußte stets mit der Gewalt
die List zu vereinen — , beschäftigte er sich zunächst ausschließlich mit
seinem Heere. Er ersann sogar ein neues militärisches System und stellte
zum ersten Male jene berühmte mazedonische Phalanx auf, die so lange
siegreich war, wie sie sich nicht mit den Legionen Roms zu messen brauchte.
Der Hauptvorzug dieser Phalanx war die feste Geschlossenheit ihrer
durch unbeugsame Manneszucht verbundenen Kriegerschar. Ein Bataillon
in Quadratform, unverwundbar mit seinen Langen Speeren zur Verteidi-
gung und unwiderstehlich mit seinen kurzen Schwertern zum Angriff,
war die Phalanx wie ein gewaltiger Igel mit eisernen Stacheln, den man,
wäre man auch noch so stark gewesen, weder angreifen noch zurückhalten
konnte. Eine wohlgeschulte und leichtbewegliche Reiterei schwärmte nach
allen Seiten aus. Unter Führung eines kühnen Feldherrn mußte dieses
Heer überall siegreich sein und war es auch.
Der griechische Name stand damals in solchen Ehren, daß sich Philipp
stets gerühmt hat, ein Grieche zu sein. In dieser seiner angeblichen Eigen-
schaft mischte er sich in die hellenischen Angelegenheiten ein, um schein-
bar den Gott von Delphi zu verteidigen, den er als von den Thessaliem
bedroht vorgab. So eroberte er Thrazien und Thessalien, machte aber
bei den Thermopylen Halt, durch die ihm die Athener den Durchzug ab-
sperrten (352).
Seine ehrgeizigen Pläne hatten sich nun mit einem Schlage wie mit
Blitzeshelle in ihrer ganzen Bedrohhchkeit enthüllt. Doch die Griechen
schienen sich in ihrer imgeheuren Leichtfertigkeit darum nicht viel Sorgen
zu machen; sie wollten die Gefahr nicht sehen, die ihnen drohte. Ein Mann
jedoch fand sich, ein Athener Bürger, Demosthenes, der Meister unter
4 Riebet, Gescfcichte der Menschheit
5o Drittes Buch.
den zeitgenössischen Rednern, der allein oder fast alleiU fünfzehn Jahre
hindurch, furchtbarer als ein ganzes bewlaffnetes Heer, unermüdlich immer
wieder das Mißtrauen des athenischen Volkes zu wecken und seine Schlaff-
heit und Trägheit mit wuchtigen leidenschaftlichen Worten zu überwinden
suchte.
Fünfzehn Jahre hindurch, abwechselnd mit List und abwechselnd mit
Gewalt, setzt auch Philipp sein Werk fort; bald versucht er es mit Be-
stechung, bald mit diplomatischer Kunst, bald mit Krieg*, bis er endlich
die Mehrzahl der griechischen Städte der athenischen Partei abspenstig
gemacht hat und über die nun alleinstehenden Athener selbst einen glänzen-
den Sieg davonträgt, der ganz Griechenland in seine Gewalt bringt (338).
Im folgenden Jahre läßt er sich in Korinth zum Generalissimus des
griechischen Heeres gegen die Perser ernennen. Der Traum dieses Barbaren
war verwirklicht. Der Eroberer Griechenlands war zu seinem Verteidiger
geworden.
In dem Augenblick, wo nun alles für den Eroberungszug nach Asien
fertig und bereit war, fiel er durch die Hand eines Meuchelmörders in
seinem Palaste und endete, wie es den meisten jener wollüstigen asiati-
schen Herrscher begegnete, als ein Opfer der niedrigsten Haremsränke (336).
Alexander war erst zwanzig Jahre alt, als ihm durch den Tod Philipps
ein mächtiges Reich und ein unbesiegliches Heer zufielen. Sogleich dachte
er an Krieg. Er hatte zwei Lehrer gehabt, Aristoteles und Homer; doch
sind es allem Anschein nach wohl mehr die Heldentaten Achills als die
Lehren der Ethik des Stagiriten gewesen, die ihn gelockt haben.
Wiewohl er sich, ganz wie sein Vater, die Rolle eines Beschützers
der Griechen zulegte, begann er seine Laufbahn mit einem großen Griechen-
gemetzel. Es war das eines der vielen Verbrechen, die die Geschicht-
schreiber den Eroberem großmütig zu vergeben pflegen. Er bemächtigte
sich Thebens, das seine Oberhoheit nicht anerkennen wollte, und ließ
nach Einnahme der Stadt den Besiegten den Garaus machen. Das Blut-
gericht fand erst nach der Niedermachung von sechstausend Thebanern
sein Ende. Die Überlebenden, dreißigtausend an Zahl, wurden als Sklaven
verkauft und die Stadt in Brand gesteckt. Das war die erste von Alexanders
gerühmten Heldentaten.
Die griechischen Staaten wurden hierüber von einem solchen Schrecken
erfüllt, daß man sich wahrlich nicht mehr vor ihnen zu fürchten brauchte
und Alexander jetzt ungestört an die Eroberung Asiens gehen konnte.
Im Jahre 334 überschritt er den Hellespont mit dreißigtausend Mann
Hellas. 5 1
Fußvolk und viertausend Reitern. Ihm standen, so sagen die Griechen,
auf Feindesseite zwei Millionen Krieger gegenüber.
Man hat diesen Wagemut bewundert. Man hat Alexanders Unter-
nehmen in den Himmel gehoben unter dem Vorgeben, darin einen ganz
neuen gewaltigen schöpferischen Feldherrnentwurf zu sehen. Indessen:
hat der Erfolg der Mazedonier nichts an sich, was in Erstaunen setzen
müßte. Die Millionen bunt zusammengewürfelter Menschen, die Darius III.
in seinem Solde hatte, waren nur dem Namen nach Soldaten. Ohne jede
Manneszucht und ohne jede Manneskraft, ohne jedes Nationalbewußtsein,
verstanden sie weder zu marschieren noch zu kämpfen, noch zu sterben.
Was vermochte diese Truppe von Sklaven gegen dreißigtausend ihres
Sieges sichere und zu siegen entschlossene Phalanxkämpfer? Die Hordea
des Xerxes waren von dreihundert Spartanern aufgehalten worden, und
es haben auch dem Cortez dreihundert Mann genügt, um fünfhundert-
tausend Mexikaner in die Sklaverei zu schleppen. Die leichten Siege
Alexanders verdienen weit weniger Bewunderung. Der Feind zerstob beim
ersten Anprall. Das ganze Heer schwand in wenigen Stunden wie Schnee
vor der Sonne dahin, und knechtische und feige Völkermassen beeilten
sich, dem Sieger ihre Reichtümer zu bringen, um ihm seinen Triumphzug
ebenso einträglich wie leicht zu machen.
Den ersten Sieg Alexanders bildete der Übergang über den Granikus,
der ihm Kleinasien in die Hände gab (335). Ein neuaufgebrachtes noch
stärkeres Heer des Darius (angeblich sechshunderttausend Mann) wurde
in der Schlacht bei Issus in Cilicien geschlagen. Von den Seinen im Stich
gelassen, ergriff Darius die Flucht \md zog sich hinter den Euphrat zu-
rück, aber Alexander verzichtete auf seine Verfolgung, die er doch für
zwecklos hielt; vor einem weiteren Eindringen ins Morgenland wollte er
zunächst erst die Eroberung des ganzen westlichen Asiens zu Ende führen.
Ohne jeden Kampf unterwarf er nun Syrien, Judäa, Phönizien, dessen
frühere Hauptstadt Tyrus das einzige Hemmnis bildete, das ihn auf seinem
Vormarsch aufhielt und sich sogar trotz mehrmonatiger Belagerung be-
hauptete. Da wandte er sich Ägypten zu und legte hier an einer der
drei Nilmündungen, um den Handel. von Tyrus lahmzulegen, den Grund-
stein zu einer neuen großen Stadt, die er nach sich selbst Alexandria nannte
(332).
Mitten in Libyen, neun Tagemärsche von Alexandria, erhob sich ein
prächtiger Tempel zu Ehren des Ammon (Zeus Ammon). Hierhin begab
sich Alexander, ließ sich von den Priestern, den Söhnen Ammons, zum
Gott erheben und sicherte sich so die Herrschaft über das Ägypterland.
4*
52 Drittes Buch.
Überall, wo er sich auch noch so vorübergehend aufhielt, gab er sich
den Schein ganz besonderer Achtung für die Bräuche der neueroberten
Länder und die Gegenstände ihrer religiösen Verehrung. Wenn er nur
dort von nun an auch selbst göttlich angebetet wurde! An diese Religion
geruhte er wohl am ernstlichsten zu glauben.
Erst als er unumschränkter Herr von Ägypten, den Mittelmeerküsten,
Syrien und Kleinasien war, wandte er sich von neuem Darius zu, der in-
zwischen schon wieder ein Heer von über einer Million Menschen gesammelt
hatte. Aber wären auch diese Asiaten noch zehnmal so zahlreich gewesen,
das Ergebnis wäre doch immer das gleiche geblieben I Und so wurde
Darius auch jetzt in der weiten Ebene von Arbela, jenseits des Tigris,
vollständig aufs Haupt geschlagen (331).
Als Alexander so jeden Widerstand gebrochen hatte und sich alles
seiner Übermacht beugen mußte, gab er sich ganz der zügellosen Raserei
eines unersättlichen Hochmuts hin. Er vergaß Ilias und Aristoteles
und redete sich ein, daß er andern Stoffes als die Menschen sei und mit
einer Gottheit auf gleicher Stufe stände. Wenn ein Sterblicher erst so
mächtig geworden ist, daß sichl seinen ausschweifendsten Phantasien keine
Gewalt mehr entgegenstellt, dann ergreift ihn das Fieber des Despoten-
wahnsinns. Die Geschichte liefert uns manche Beispiele, aber keines ist
wohl so überzeugend wie das Alexanders. Er vergißt nunmehr, daß er ein
Grieche und der Schüler des großen Aristoteles ist. Er umgibt sich mit
Asiaten, die sich vor ihm niederwerfen, schließt sich in einen Serail ein,
berauscht sich wie ein Vieh, bringt die um, die sich weigern, ihn anzubeten,
sogar seine Treuesten, den altehrwürdigen General Paxmenio, den Philor
sophen Kallisthenes und Klitos, seinen Jugendfreund, den er mit eigener
Hand tötete.
Schon wußte er in seinem Erob er ungs dränge keinen Halt mehr zu
finden, und er erstrebte als Triumphator die Grenzen der bekannten Welt
zu erreichen.
Bisher wußten die Griechen so gut wie nichts von Indien; da unter-
nahm Alexander, ohne sich eigentlich richtig klar zu machen, wohin es
ging, einen Eroberungszug in dieses gewaltige Reich. Sein Einmarsch in
dasselbe war um nichts schwieriger, als der in Persien gewesen war.
Porus, der Herrscher eines großen indischen Fürstentums, wurde in der
Schlacht am Hydaspes geschlagen und gefangen genommen. Alexander
würde sein Heer auch noch weiter geführt haben, wenn es sich nicht jetzt
geweigert hätte.
Hellas. 53
So kehrte er nach Babylon zurück (324) und wälzte in seinem Hirn
phantastische Pläne aller Art, die von dem quälenden Traum einer .Welt-
monarchie, von dem die Despoten noch immer beherrscht worden sind,
ausgingen. Aber die Ausschweifungen hatten seine angeborene Urkraft
zerrüttet. Er wurde von einem heftigen Fieber befallen imd starb daran
nach wenigen Tagen (323). Er war noch nicht dreiunddreißig Jahre alt.
Niemals hat in der Geschichte wieder jemand einen gleichen Zauber
ausgeübt wie dieser gewaltige Eroberer. Wohl hat man stets jenen un-
unterbrochenen rasenden Siegeslauf durch einen unterworfenen weiten Erd-
teil hervorgehoben. Aber man hat darüber übersehen; daß' es für ein©
Handvoll tapferer Soldaten ein leichtes ist, eine Million feiger Sklaven
in die Flucht zu schlagen und nach allen (Windrichtungen zu zerstreuen.
Man hat die Anfälle jenes wilden Wahnsinns vergessen, um einige schöne
Handbewegungen und großmütige Worte, die ein Fürst ja so billig hat,
um so treuer im Gedächtnis zu bewahren.
Sein Reich überlebte ihn nicht einen Tag. Noch ehe seine Leiche
kalt war, stritten sich seine Statthalter bereits "um seine Hinterlassenschaft.
Zwanzig Jahre tobten darum zwischen seinen habgierigen Kriegern die
niedrigsten und blutigsten Kämpfe. Nachdem das Morgenland in so kurzer
Zeit dem Anstürme von Alexanders Truppen erlegen war, erlagen nun
Alexanders Truppen ihrerseits ebenso schnell den Schätzen des Morgen-
landes.
Bei aller Blitzesschnelle, mit der auch das Unwetter dieses Völkersturmes
vorübergegangen war, gab es doch eine dauernde Spur, die es hinterlassen
hatte: die Verschmelzung zwischen den Siegern und den Besiegten. Zehn
Könige teilten sich in das Reich. Nun war jeder dieser Könige ein Grieche
und stützte seine Macht auf griechische Soldaten; so mußten denn auch
notwendigerweise die Sprache, die Sitten und die Religion Griechen-
lands mit den fremden Eroberern ins Morgenland einziehen. Unterwürfig,
unfähig und ohnmächtig gingen die Orientalen auf alles ein. Sie hatten
nur weit voneinander abweichend^ Barbarensprachen und lernten sehr
rasch die Mundart ihrer Herren; man berief aus Griechenland, Sizilien
und Kleinasien Griechen in die Regierung, in die Verwaltung und zur Aus*
beutung der Reichtümer und Arbeitserträge der Einheimischen. Welchen
Herren sie botmäßig waren, war diesen doch von jeher an Sklaverei ge-
wöhnten Menschen ganz gleichgültig.
Hundert Jahre nach Alexanders Tode herrschte die griechische Sprache
unumschränkt in ganz Asien bis zum Indus. Zwar bestanden noch hier
und da einige ganz auf ihr kleines Gebiet beschränkte imd nicht über deü
54 Drittes Buch.
engen Kreis der Mundart ausgedehnte Sprachen, so das Hebräische in
Judäa und das Syrische in Syrien ; doch diese Sondersprachen ■ gingen
niemals über die so engen Grenzen der kleinen Gebirgslandschaften liinaus
und führten hier ein vollkommen abgeschlossenes Dasein. Der Hellenismus
überflutete alles. Darius vmd Xerxes hatten einst in Griechenland eindringen
wollen, jetzt setzte sich Griechenland in Asien fest. Auch die rohe Gewalt
der Soldaten Alexanders hatte zu jenen Barbaren immerhin noch ein wenig
Aufklärung gebracht.
Aber mit der Umwandlung, die der Hellenismus Asien brachte, wandelte
er sich zugleich auch selber um. Die Reinheit der griechischen Sprache
und die Gewalt des griechischen Volkstums ließen nach; die attische Fein-
heit des Benehmens und die lazedämonische Zurückhaltung und Besonnen-
heit der sprichwörtlichen Überlieferung lebten nur noch in der Erinnerung.
Die Liebe zur Freiheit, die einst zu so manchen schönen Taten und großen
Werken begeistert hatte, wurde jetzt durch die Pflege der Sklaverei ersetzt.
Abgesehen von einigen wenigen rühmlichen Ausnahmen, waren die Griechen
nur noch ein Volk von Sophisten, Höflingen und Possenreißern. Mit dem
Volksbewußtsein war zugleich auch alle Würde verschwunden.
Nach Alexanders Tode nun dehnt sich der Schauplatz der griechischen
Geschichte weit über die Grenzen der hellenischen Halbinsel aus. Er ist
ganz ebenso, wie Griechenland selbst, jetzt auch Mazedonien, Syrien und
vor allem Ägypten.
In dem fast zweihundertjährigen langen Zeiträume zwischen dem Tode
Alexanders (323) und der Einnahme Korinths durch die Römer (146)
konnte Griechenland weder seine Einheit noch seine Unabhängigkeit
wiederfinden. Man sieht lediglich ein wirres Gemisch von Eifersüchteleien
rwischen den einzelnen Staaten und Feindseligkeiten zwischen den ein-
zelnen Personen und sonst nichts, was der großen Vergangenheit würdig
wäre.
Nur eins sticht hervor: das drückende Sklavenjoch, das sich die
Griechen von Mazedonien gefallen lassen mußten. Wohl machten sie ver-
schiedene Male den Versuch, dasselbe abzuschütteln; aber es war immer
ivergeblich. Es trat allerdings ein Augenblick ein, wo die Griechen des
Peloponnes (Achäer) und die nördlichen Griechen (Ätolier) die günstige
Gelegenheit, die ihnen Mazedoniens Krieg mit Ägypten bot, ausnützten,
Xim sich zu einer Art Vereinigung oder Btmd zusammenzuschließen und
so wirklich eine Spur von Freiheit wiederzugewinnen; doch sie währte nur
wenige Jahre (245—235).
Hellas. 55
Eine große Macht, deren glänzende Zukunft niemand voraussehen
konnte, trat am westlichen Horizont in die Erscheinung. Rom hatte seine
Vorherrschaft über das gesamte Italien ausgedehnt und sich für immer
gesichert, und so erkühnte es sich schon damals (229), zur Züchtigung der
Seeräuber einige Schiffe an die illyrische Küste zu senden. Auch ließ Ko-
rinth die Römer bereits zu den olympischen Spielen zu, womit es der
römischen Politik die beste Gelegenheit gab, sich von nun an auch einmal
im gegebenen Falle in die griechischen Angelegenheiten einzumischen.
Zuerst geschah derartiges augenscheinlich zu dem Zwecke, die Griechen
von drückender Tyrannei zu befreien. So gehen immer die Eroberer vor,
die ihr Handwerk verstehen. Nach seinem Sieg über die mazedonischen
Truppen bei Kynoskephalai begab sich nämlich der römische Konsul
Flaminius zu den olympischen Spielen in Korinth, um hier im Namen des
Senats und des römischen Volkes feierlich Griechenland frei zu er-
klären (196). Der Begeisterungssturm war unermeßlich. In jenen Tagen
erblickte das griechische Volk in den Römern seine Retter.
Aber sogleich nach Flaminius* Abreise kehrten die inneren griechi-
schen Zwistigkeiten wieder, und jetzt mit stärkerer Erbitterung als je zu-
vor. Außerstande, einen Krieg zu führen, konnten diese unglücklichen
Griechen jetzt auch nicht mehr Frieden halten.
Es waren immer dieselben beiden Parteien, die seit einem Jahrhundert
unter den verschiedensten Namen miteinander stritten : Ätolier und Achäer,
d. h. Oligarchie und Demokratie, die wenigen Großen und die vielen
Kleinen. Ebenso stand schon immer, auch in den Ruhmestagen von
Hellas, das konservative Sparta dem fortschrittlichen Athen gegenüber. Wie
dereinst, war auch jetzt keine Verständigung zwischen den beiden gegne-
rischen Parteien möglich, und ihre Liebe zum Auslande war größer als die
zu den feindlichen Brüdern. Die einen suchten eine Stütze bei den Römern,
die andern bei den Syrern oder auch bei den Mazedoniern. In Anbetracht
der starken römischen Einigkeit, die ihre Pläne langsam, aber beharrlich,
bald mit List und bald mit Gewalt, Schritt für Schritt vorbereitete,
konnte die Sache nur einen schlimmen Ausgang nehmen.
Zunächst erlag Mazedonien als die einzig ernst zu nehmende Militär-
macht der ganzen Hellenenwelt. Sein letzter König Perseus wurde trotz
seines Heldenmutes von Ämilius Paulus bei Pydna besiegt (168). Der
Sieger war gegen den Besiegten ohne jedes Etbarmen. Mazedonien wurde
römische Provinz, und eine Parteinahme für dasselbe mußte jeder Grieche
sc'hwer büßen. Hundertfünfzigtausend Epiroten wurden in die Sklaverei
verkauft. Perseus wurde von dem siegreichea Gegner zur Verschönerung;
56 Drittes Buch.
seines Triumphzuges nach Rom geschleppt, um ihn nachher im Kerker
verhungern zu lassen. Unermeßliche Reichtümer kamen nach Rom, wo
sie in den Staatsschatz flössen. In jenen Tagen plünderten die Generäle
etwa nicht im eignen Privatinteresse, sondern vielmehr im öffentlichen
Interesse der Republik. Das war doch eigentlich gar nicht so verächtlich I
Jetzt, wo das mazedonische Heer nicht mehr vorhanden war, fanden
die römischen Legionen in Stadt und Land nur noch Volksmengen ohne
jede Macht vor. Als zwanzig Jahre nach der Schlacht bei Py,dna der
Achäische Bund mit einem letzten Kraftaufwande für die Sache der Un-
abhängigkeit sich von Grund aus zu erneuern versucht hatte, wurde auch
er trotz aller seiner Bemühimgen vom Konsul Mummiüs bei Leukopetra»
geschlagen (146). Die römischen Soldaten eroberten Korinth, das nun
zerstört und geplündert wurde. Die Beute war glänzend. Marmorarbeiten,
Bildwerke, Bronzen, Mosaiken kamen in größerer Zahl nach Rom hinüber.
Die griechischen Städte, die von der Plünderung verschont geblieben waren,
hatten eine Abgabe zu zahlen.
Griechenland verschwindet von der Weltbühne, und Rom wird die
Erbin seiner ebenso glänzenden wie für die Dauer lebensunfähigen Bildung
und Gesittung.
Dasselbe Schicksal sollten auch Ägypten und Syrien erfahren.
Von allen den verschiedenen Teilen des zerfallenen Reiches Alexanders
war Ägypten noch am wenigsten unglücklich. Ja,, fast zwei Jahrhunderte
lang schien das ganze geistige Leben Griechenlands sich an die Ufer des
Nils geflüchtet zu haben, wo der Krieg nie so rasend wütete wie in der
übrigen Welt. Es war das noch ein rühmlicher Widerschein der großen
athenischen Zeit.
Dem Ptolemäus, dem fähigsten von Alexanders Statthaltern, kommt
die Ehre der Urheberschaft an dieser Wiedergeburt hellenischen Geistes
in Ägypten zu. Nachdem er seine Nebenbuhler vernichtet hatte, ließ er
sich von seinen Soldaten zum Könige von Ägypten ausrufen (307). Sein
Haus entbehrte nicht jeden Glanzes- es bestand fast drei Jahrhunderte,
bis es mit der berüchtigten Kleopatra erlosch.
Ptolemäus berief nach Alexandria, das die Hauptstadt seines Reiches
wurde, griechische Gelehrte und Forscher. Er ließ zahlreiche Schiffe,
angeblich zweitausend, bauen und mit griechischen Seeleuten bemannen..
Die Fellahs, die nichts anderes verstanden, als ihren Acker zu bestellen
und ihre Steuer zu zahlen, ließen sich diese völlige Umwandlung ihres
alten Landes, ohne sie zu verstehen, ruhig gefallen.
Hellas. 57
Auf der Insel Pharos, dreizehnhundert Meter vom Lande, wurde auf
seine Veranlassung ein riesiger Turm von vierhundert Fuß Höhe erbaute
Von seiner höchsten Stelle leuchteten Feuer, die dort angezündet worden
waren und niemals ausgehen durften. Am Tage war dei* Rauch schon
von weitem sichtbar und des Nachts das Licht in Hunderten von Metern Ent-
fernung. Das war der erste Leuchtturm. Eine große Wohltat für die
Menschheit.
Es wurde auch damals das Museum gegründet als eine Art erste Uni-
versität. In dem Riesenbau mit den weiten Säulenhallen neben dem Palast
des Königs unterwiesen Lehrer in den Wissenschaften und der Geschichte.
Von allen Teilen der hellenischen Welt strömten Studenten herbei. Schreiber
kopierten auf Papyrusrollen die Werke der großen griechischen Schrift-
steller, und so umfaßte die Bibliothek von Alexandria bald vierhundert-
tausend Bände und wurde damit eines der Wunder der Welt und die un-
vergleichlichste Sammlung aller bekannten geistigen Schätze.
Gleichzeitig mit den Griechen kamen auch Juden an in großen Massen,
die sich rasch ausbreiteten. Wenn auch sie von dem Ansehen griechischer
Bildung und Kultur angelockt waren, so vergaßen sie darum gleich-
wohl die eigne Religion nicht, sondern paßten sie nur den griechischen
Verhältnissen an. Ihr heiliges Buch, die Bibel, wurde ins Griechische über-
setzt. Eine rührige, einsichtsvolle, an ihren theologischen Erörter\mgen
fast ebenso eifrig wie an ihrem Kleinhandel hängende jüdische Gemeinde
ließ sich neben der hellenischen Bevölkerung nieder. So wurde Alexandria
bald eine bedeutende Groß- und Weltstadt. In dem Augenblick, wo die
Römer mit Pompejus dort einzogen, zählte sie dreihunderttausend freie
Bürger Quden, Griechen, Syrer, Sizilier), also im ganzen über eine Million
Einwohner. Zwei Jahrhunderte lang war sie das bevölkertste und ge-
bildetste Gemeinwesen der Welt.
Immerhin war der Glanz, in dem Alexandria erstrahlte, nicht geradezu
blendend. Seine Bildhauer, seine Geschichtsschreiber sind doch immer
nur von mäßigem Genie gewesen. Noch waren die beiden einzigen großen
Philosophen der Zeit in Athen: Zeno (308—264;) und Epikur (341—270).
Ihre beiderseitige miteinander dauernd um die Palme ringende Philosophie
spaltete alle großen Geister des Altertums in zwei Parteien und bildete
gewissermaßen den letzten Widerhall des griechischen Geisteslebens, das
auch in jenen Zeiten des Verfadls das römische noch immer an Fruchtbar-
keit übertraf. Nach Epikur besteht das Weltall aus kleinsten Urteilchen
(Atomen), deren Streit untereinander die unsere Sinne erregenden Er-
scheinungen hervorbringt. Der Mensch nun, ein vergängliches und schwa-
58 Drittes Buch.
ches Wesen, kann Glück nur in Weisheit und Mäßigung finden. Nach
Zeno und den Stoikern muß der Mensch Herr und nicht Sklave seiner
Leidenschaften sein. Er muß jeden Schmerz über sich ergehen lassen
können, ohne zu klagen. Die Weisheit besteht darin, die vergänglichen
Güter dieser Welt zu verachten, um nur der Tugend nachzustreben. Nach
Zenos wie Epikurs Lehre ist die sittliche Vorstellung ganz unabhängig von
der religiösen.
Die Nachkommen des Ptolemäus blieben bei allen ihren Grausamkeiten
und Lastern stets der Überlieferung des Ptolemäus Soter treu. Dank ihnen
erweiterte sich die schon zu Zeiten des ersten Ptolemäus sehr reiche Bi-
bliothek zu Alexandria noch inmier mehr. Sie zählte siebenhunderttausend
Bände, als sie durch JuUus Cäsars Schuld zum größten Teil niederbrannte (47).
Auch nach diesem verhängnisvollen Brande blieben noch immer äußerst
kostbare Reste übrig. Doch konnten sie den späteren Glaubensstürmern
keinen erfolgreichen Widerstand mehr leisten. Bei einem Aufstande (389)
übergaben die Christen den verzehrenden Flammen an hunderttausend
Bände. Spätej (641) vernichtete Amru, der siegreiche Feldherr des Kalifen
Omar, alles noch irgend Übriggebliebene. Diese Brandstiftungen sind ein
schmerzliches Sinnbild dafür, wie ohnmächtig doch die Stimme der Ver-
nunft gegenüber kriegerischer und religiöser Verblendung sein kann.
Ägypten unter den Ptolemäern ist nichts anderes als das wiederaufer-
siandene Griechenland. Doch verstand auch jenes sich für die Dauer
ebensowenig zu verteidigen wie dieses; es geriet ebenso unter römische
Botmäßigkeit und fiel Cäsar, Antonius und Octavian als eroberte Provinz
anheim.
So endigte jenes edle Volk von Hellas im Altertum. Es fiel seinen
Bürgerkriegen, seinen Zwistigkeiten, seiner völligen Unfähigkeit, einig zu
bleiben, zum Opfer, und als es nach' Verlauf von zwanzig Jahrhunderten
(1822) endlich seine Unabhängigkeit wiederfinden sollte, hatten bereits
ganz andere Völkerschaften, die noch volkreicher, wohlhabender und ge-
bildeter waren, den ersten Platz in der Menschheit inne.
Doch wir würden Undankbare sein, wir Moderne, wir Bürger Frank-
reichs, Italiens, Deutschlands, Englands, Amerikas, Spaniens, wenn wir
je vergessen sollten, was Griechenland für uns getan hat. Griechenland ist
recht eigentlich die Lehmieisterin des Menschengeschlechts gewesen. Es
ist inmitten einer noch halbwilden Völkerwelt erstanden, die es dann voll-
kommen umgebildet hat. Es hat das Ideal an uns weitergegeben, das es
selbst bei sich auszudenken gewußt hat und das allmählich auch das un-
Hellas. 5g
sere geworden ist. Es hat die menschliche Vernunft auf den Thron ge-
hoben; es hat die Liebe zum Vaterlande gelehrt; es hat die Wissenschaft
geschaffen, die die Wahrheit, die Kunst, die die Schönheit und die Sitt-
lichkeit, die die Pflicht ist.
Mit dem griechischen Denken hat das barbarische Zeitalter der Mensch-
heit sein Ende erreicht.
Nachtrag des Herausgebers zu Seite 44:
Schon in seinen früheren Lustspielen hat Aristophanes während des Pelo-
ponnesischen Krieges alle mächtigen Kriegshetzer, Kriegsgewinner und
Kriegsschwindler von der Bühne aus mit einem wahren Herkulesmute
bekämpft, wobei er noch mehr riskierte, als daß die Preisrichter ganz
unbedeutenden Stücken seiner Mitarbeiter den Vorzug gaben! Als aber
die Männer versagten, suchte er die Frauenwelt gegen den Kriegswahnsinn
mobil zu machen und schaffte das tiefernste Eirenelustspiel, die reizendste
Friedensmythe in dramatischer Form, die eine geniale Dichterphantasie
schaffen kann, und zugleich die überzeugendste Widerlegimg der den
Krieg verteidigenden Machtlehre, die ein scharfer beobachtender Verstand
zu leisten vermag. Vgl. Prof. Wilhelm Müller, Eirene, ein zeitge-
mäßes Friedensdrama, im Feuilleton des „Vorwärts" vom
Dienstag, den 5. Februar 1919, Morgenausgabe, Feuilleton des Hauptblattes.
6o Viertes Buch.
^ ViertesBuch.
Rom.
Der Ursprung des römischen Volkes verliert sich im Dunkel der Sage.
Auch ihre älteste Geschichte im engeren Sinne gehört ihr noch an, un-
bekümmert darum, daß die römischen Schriftsteller, die sie uns erzählen,
sie ihren Lesern schließlich als eine geschichtlich verbürgte Wahrheit auf-
getischt haben.
Nachdem Rom zu Anfang von Königen regiert worden war, wurde es
bald eine Republik, um sich schließlich zum Kaiserreiche zu entwickeln.
Die Etrusker waren schon lange Zeit vor den Römern in Italien ansässig.
Von ihrem Ursprünge weiß man übrigens gar nichts, und ihre Sprache
ist noch immer unverständlich. Es ist wahrscheinlich, daß sie sich in
Italien von Norden aus nach der Mitte zu verbreiteten in einer Zeit, wo
dieses Land bereits von älteren mehr oder weniger von Urbeginn landes-
angesessenen Völkerstämmen bewohnt war, von denen man noch heute
vorgeschichtliche Spuren findet. Aber ihre Denkmäler, Grabsteine, Klein-
odien, Tongefäße, Bronzen, Münzen bekunden eine bereits weit vorge-
schrittene Zivilisation, der der anderen Völker Italiens aus jener Zedt weit
überlegen. Wie die Phönizier und die Karthager hatten auch sie Handel
getrieben und weite Fahrten unternommen. Sie waren reich, gewerbe^
fleißig und tapfer. Doch wurden sie schließlich gleichwohl besiegt.
Es ist kaum wahrscheinlich, daß die Gründer Roms Romulus und Remus
von einer Wölfin gesäugt wurden; aber diese Überlieferung wird stets
ihre treffliche sinnbildliche Bedeutung behalten. Fünf Jahrhunderte lang
haben die Römer die tmbezähmbare Wildheit und Gier jenes gefräßigen
und blutdürstigen Raubtiers gezeigt, das ihre jimgen Könige genähirt
haben soll.
Die Römer waren zunächst ein ganz kleiner, halb wilder Stamm von
Hirten und Bauern, die mit den Hirten imd Bauern der Nachbarstämme
in beständiger Fehde lebten. Allmählich jedoch bekam jener Stamm die
Oberhand und dehnte seine Herrschaft aus. Die Hügel, die den ursprüng-
lichen kleinen Marktflecken umkreisten, sollten bald eine große Stadt
umschließen. Hohe Mauern erstanden und einige Gebäude als Wohnstätten
für den königlichen Hof.
Rom. 6 1
Bald wurden alle Stämme Latiums mit List oder mit Gewalt unterworfen,
so daß es zu der Zeit, wo Tarquinius Superbus vom Throne gestürzt wurde,
bereits ein großes römisches Volk gab (510).
Keine Volkserhebung, sondern eine Verschwörung der Großen hob
das Königtum auf. Es gab in der Tat schon in diesem- fernen Zeitalter
zwei Klassen von römischen Bürgern: Plebejer oder Leute aus dem Volke,
die von den unterworfenen und völlig von der eigenen Masse einverleibten
Völkerschaften (Albanern, Sabinem, Volskem) abstammten, und Adlige
oder Patrizier, die von den ältesten Familien abstammten, die sich in Rom
niedergelassen hatten, also ursprüngliche und echte Römer waren.
Nach der Niederwerfung des Tarquinius blieben die Patrizier nach wie
vor die Herren der Staatsgewalt.
So war denn die römische Republik lange Zeit eine Oligarchie. Zu einer
Körperschaft vereinigt, ernannten die Patrizier die Senatoren, die Be-
schlüsse erließen und Gesetze kundtaten. Die Vollziehung dieser letzteren
wurde zwei vom Senat auf ein Jahr ernannten Konsuln anvertraut. Die
Konsuln hatten eine bürgerliche, aber auch eine militärische Aufgabe, ging
doch in Rom die Militärgewalt über alles. Die städtische Polizei imd die
Verwaltung der öffentlichen Arbeiten wurde Ädilen anvertraut. Die Ge-
richtsbarkeit wurde von Prätoren ausgeübt. Das Schatzamt wurde von
Quästoren verwaltet. Endlich überwachten zwei Zensoren in allen Lebens-
lagen alle ihre Mitbürger und sogar die Senatoren selbst. Im Falle einer
drohenden Gefahr war diese Hierarchie plötzlich verschwimden, und die
oberste Gewalt ging in die Hände eines einzigen Bürgers, eines Diktators,
über, dessen Machtbefugnisse unbegrenzt waren und der alle Gesetze auf-
heben konnte.
Sonst war die höchste Gewalt zwischen Senat und Volk geteilt: die
Verfügungen wurden im Namen des Senats und des römischen Volkes er-
lassen (S. P. Q. Rv). AUe Bürger beteiligten sich an den Volksversamm-
lungen (Komitien). Sie ordneten sich dann nach Zenturien oder auch
Tribus, und ihr Beschluß war ein Plebiszit. Die Hauptaufgabe dieser Ver-
sammlungen war die Wahl von Beamten, die damit betraut wurden, die
Plebejer gegen jeden Mißbrauch der Amtsgewalt durch die Patrizier zu
schützen. Diese Beamten, die Volkstribunen, die ausschließlich von dem
Volke ernannt wurden, waren in der Republik auch die Vertreter seines
Willens. Die ganze innere Geschichte des alten Rom ist weiter nichts als
ein fortgesetzter erbitterter Kampf zwischen den« Volkstribunen und dem
Senat.
02 Viertes Buch.
Im Anfang hatten allein die Patrizier ein Anrecht auf die Staatsgewalt
und die Ehrenstellen; aber die schließliche Frucht jener zwei Jahrhun-
derte währenden Kämpfe war, daß allmählich durch die eiserne Notwen-
digkeit der Dinge alle Vorrechte des Adels, eines nach dem andern, fallen
mußten. Plebejer konnten nunmehr zu Zensoren, Ädilen, ja Konsuln er-
nannt werden und zuletzt sogar — und das war di^ denkbar größte Ge-
nugtuung und der denkbar größte Sieg für sie — auch in die Brüderschaft
der Pontifices eintreten und dann noch Auguren werden (300).
So heftig auch all dieses Ringen war, es konnte niemals auf die Vater-
landsliebe der Römer Einfluß gewinnen. Sie wußten stets, zum mindesten
dem Auslande gegenüber, ihre Einigkeit zu wahren.
Im Anfange jedoch drohte einmal die Spaltung zwischen dem Volke
und den Adligen gefährlich zu werden. Die Plebejer hatten sich in be-
waffneten Scharen auf den Heiligen Berg zurückgezogen, und das un-
heimhche Gespenst des Bürgerkriegs kündigte sich drohend an. Da begab
sich ein "Patrizier, namens Menenius Agrippa, zu den Meuterern und erzählte
ihnen ein Gleichnis, das für alle Zeiten seine Geltung behalten wird. „Die
Gliedmaßen wurden es eines Tages müde, für den Magen zu arbeiten, weil,
wie sie sagten, der Magen fauler Ruhe pflegtei, während die Gliedmaßen
ohne auch nur einen Augenblick der Erholung sich dauernd schwer ab-
mühen müßten; da stellten sie ihre Bewegung ein und hörten auf, dem
Magen noch weiter Nahrungsmittel zuzuführen. Was geschah nun ? Da der
Magen keine Nahrung mehr verarbeitete und den Gliedmaßen Ruhe brachte,
litten diese, siechten dahin und verloren alles Leben. In einem Leibe
sind alle Teile genau so einander verantwortlich und für das Ganze haft-
bar wie in einem Staate; es sind Arbe&ter wie Organisatoren der Arbeit
ganz genau gleich nötig" (493).
Wenige Jahre nachher setzten es die Volkstribunen durch, daß eine
regelrechte Staatsordnung, d. h. die Gleichheit aller vor dem Rechte, die
Allgewalt der Patrizier ersetzte. Da wurden von den zu diesem oesonderen
Zwecke ernannten Dezemvirn die Gesetze der zwölf Tafeln abgefaßt; sie
wurden in Erz gegraben und auf dem Forum ausgestellt. So sind von An-
fang ihrer Geschichte an die Pflege des Rechtes und die Achtung vor der
Gesetzmäßigkeit zu allen Zeiten die große Sorge der Römer gewesen. Es
war dies einer ihrer schönsten Ruhmestitel.
Eine große politische Schwierigkeit bildete auch die Aufteilung der von
den römischen Streitmächten eroberten Landesgebiete und die Vergebung
ihrer Ländereien kraft einer Gesetzgebung, der sogenannten Agrargesetze.
Grundsätzlich gehörten solche Ländereien natürlich zum allgemeinen Be-
Rom. 63
sitze, aber staatliche Besitztümer, wie sie blieben, waren sie gleichwohl
nach ihrer Eroberung zunächst ausschließlich den Patriziern gesichert, die
nun große Vorteile daraus zogen. Da verlangte nun auch das Volk irgend
etwas von dieser Verteilung zu haben. So kamen die Volkstribunen auf
den Gedanken, die Größe der einem einzigen Pächter zufallenden Län-
dereien auf fünfhundert Morgen zu beschränken; denn diese Pachtgüter,
die erblich waren, verwandelten sich bald in wirkliche Besitzungen, derart,
daß gewisse Patrizier auf diese Weise schließlich unermeßliche Vermögen
erwarben inmitten einer hungernden Bevölkerung. Dieses Gesetz, die Lex
Licinia, nach seinem Antragsteller Licinius benannt, fand Annahme, doch
kam es nie zur Durchführung. Es genügt aber nicht, Gesetze einzubringen,
wenn sie nicht beobachtet werden (366).
Diese poUtischen Gegensätze waren zwar leidenschaftlich, aber auch
zugleich sehr fruchtbar. Kampf ist eine der wichtigsten Voraussetzungen
für die Freiheit. Wehe den Völkern, die in der eisigen Kirchhofsruhe der
Knechtschaft und der Gleichgültigkeit erstarren 1 Die ältesten Römer
schwärmten noch für Freiheit, ihre Enkel schwärmten aber weit mehr für
2irkusspiele.
Bis Sulla war also die Staatsgewalt in Rom zwischen zwei fast gleich
starken Mächten geteilt, dem Senat und dem Volke. Der Senat, konser-
vativ, an den Überlieferungen von Jahrhunderten hängend, auf seine alt-
ehrwürdigen, aber ungerechten Privilegien pochend, ein Feind jeden Fort-
schritts, Augenblicksstimmungen ebensowenig zugänglich wie festsm der
Größe Roms hängend, und nun das Volk, voll Abscheu für die alten Miß-
bräuche, voll Liebe für alles Neue, ebenso leicht geneigt zu verdammen
wie anzubeten, ohne jedes Bedenken bereit, den Helden, den es gestern
noch beweihräuchert hat, morgen schon die Vei-brechertreppe hinabzu-
werfen, undankbar, mißtrauisch, wankelmütig und leichtgläubig. Zu jeder
Zeit hat es noch einen derartigen Widerstreit zwischen einem Volk und
einem Senat gegeben, und nur dann ist die Leitung des Ganzen weise, wenn
zwischen beiden ein richtiges Gleichgewicht besteht.
Ob er adlig oder plebejisch war, jeder römische Staatsbürger war von
einer eifersüchtigen, fast wilden Vaterlandsliebe beseelt.
Die Sitten waren rauh. Im 6. Jahrhundert gestaltete die Eroberung
Griechenlands und des Orients zwar alle Verhältnisse vollständig um, aber
in den ältesten Zeiten der römischen Geschichte lebten jene harten Bauern-
krieger, denen es nichts ausmachte, Schwert und Pflug abwechselnd mit-
einander zu vertauschen, ohne jede Üppigkeit und Schwelgerei.
64 Viertes Buch.
1
Das Familienleben war von unerbittlicher Strenge. Der Familienvater
hat bei Frau und Kindern Recht über Leben und Tod. Die väterliche Ge-
walt ist eine unumschränkte. Mögen die Söhne auch noch so alt sein, der
Vater bleibt ihr Gebieter und Richter. Die Frau hat keine Rechte. Doch
wie eine Sklavin darf sie ihr Gatte nicht behandeln. Ja, er hat sogar
dauernd Rechnung abzulegen über die Mitgift, die sie in die Ehe gebracht
hat, und sie ist nicht wie in der griechischen Gesellschaft dauernd ins
Frauengemach verbannt.
Offen gestanden, wächst dieRoUe, die die Frau in der römischen Ge-
sellschaft spieltTln demselben Maße, wie der Verfall Fortschritte macht.
Wie in Griechenland, werden die Sklaven aus den im Kampfe über-
wundenen Feinden genommen. Ihr Schicksal ist erträglich oder unselig,
je nachdem sie an einen menschlichen oder grausamen Herrn gekommen
sind; denn der Herr vermag alles, er kann jeder Laune freien Spielraum
geben. Er hat mehr Recht über seine Sklaven, als ein heutiger Mensch
über seine Katze oder seinen Papagei. Der Herr kann, wenn es ihm einfällt,
die Muränen seines Weihers mit Sklaven füttern; er kann, wie der strenge
Cato, sie Tag und Nacht den Mahlstein drehen lassen, bis sie vor Ermü-
dung tot hinfallen.
Im römischen gesamten Leben bildet ebenso wie im griechischen diese
furchtbare Sklaverei, zu der die armen Kriegsgefangenen verdammt sind,
den größten Schandfleck.
Die Römer waren auch sehr abergläubisch. Der Kultus bestand aus
«iner Unzahl von rituellen Handlungen. Sie glaubten an Vorbedeutungen,
Bräuche und Zauberformeln. Für jedes Ereignis des Lebens, für jede neue
Unternehmung wurde ein besonderer Gott mit genau vorgeschriebenen
Ausdrücken angerufen. Ihnen standen die Grigris und Amulette der Neger
näher als der geometrische Gott Piatos. Für sie sind die Gottheiten be-
gehrliche, reizbare und verderbenbringende stumme Persönchen, die es gilt,
durch Worte, Gebärden und besonders auch Spenden zu besänftigen. Die
Römer haben eine im Grunde so wenig religiöse Seele, daß i^ ihrer
lateinischen Sprache das Wort religio im Sinne von unserm „Aberglauben"
;gebraucht wird.
^Aber die alten Römer trennten die Religion nicht vom Vaterlande, Jeder
erstoß gegen die Riten war gleichzeitig ein Verbrechen gegen die Nation.
Jeder Religionsfrevel war eine Beleidigung der römischen Größe, und da
sie keinen metaphysischen Sinn hatten, da sie es ablehnten, in die Tiefe zu
gehen, so brachten sie in ihrer oberflächlichen Verehrung ganz unberech-
tigterweise ihre alten Laren, die Schutzgötter ihres häuslichen Herdes,
Rom. 65
nicht nur mit den Manen der abgeschiedenen Ahnen in Zusammenhang,
sondern sogar auch noch mit den verschiedensten Göttern der Nachbar-
völker, die mit jedem neuen Siege auch ihren Einzug in Rom hielten, um
den armseligen nationalen Olymp des römischen Volkes mit einigen Neu-
erscheinungen zu bereichern.
Mit der griechischen Philosophie schwand, diese ganze Götterschar
dahin. Was aber blieb, war der Aberglaube; als von irgendwelchem leben-
digen religiösen Bewußtsein längst nicht mehr irgendwelche Spur vor-
handen war, lebte noch immer der tote Zeremonienkram fort. Selbst so
erlesene Geister wie der redegewaltige Cicero und der weltweise vSeneca
konnten sich nie von solchen alten religiösen Formeln ganz frei machen.
Der Kultus wandte sich nie an wirkliche Götter, an die sie doch nicht ge-
glaubt hätten, sondern an die altehrwürdigen nationalen Bräuche, und
sie waren der Ansicht, daß es die erste Pflicht eines g^ten Bürgers wäre,
den alten Überlieferungen der Stadt treu zu bleiben!. Diese eigenartigfe
Vermischung von Religion und Vaterlandsliebe sollte sich noch lange zeigen. ,
Was vor allen Dingen die Größe Roms ausmachte, war das römische
Heer. Es war einfach bewundernswert.
Weder die Sklaven noch die Ausländer haben das Recht, zu dienen.
Jeder Soldat ist Bürger, jeder Bürger, wtenn ihn die Republik braucht»
Soldat. Wenn die Riepublik Krieg beschlossen hat, stellt sie Legionen auf.
Beim Eintritt in die Legion leisten Soldaten und Offiziere einen feierlichen
Treu- und Gehorsamseid, einen heiligen Eid, dessen Zeugen die Götter sind.
Diese Bürgersoldaten, die mehr Soldaten als Bürger sind, sind unbesieglich.
Von Kindheit an sind sie in Strapazen, Märschen, Wettläufen und Leibes-
übungen gedrillt worden. Von Kindheit an ist ihnen erzählt worden, daß
Rom die ewige Stadt, das ewige Volk sei. Von Kindheit an haben sie ge-
lernt, daß das edelste Handwerk das der Waffen und der schönste Tod
der des Soldaten auf dem, Schlachtfeld ist. Sie sind also von jener doppel-
ten sittlichen Kraft beseelt, die noch immer den Sieg gebracht hat : sie sind
bereit, ihr Leben der Sache des Staates zu opfern, und sie sind von vom-
'tAx<^
herein des Triumphes sicher.
— 'Z^^
Die Manneszucht ist sehr streng. Soldaten, und fast mehr noch Offiziere,
müssen sich ihr ohne Zögern und Murren unterwerfen. Manlius ließ seinen
eigenen Sohn enthaupten, weil er zwar im Kampfe gesiegt, aber sich anf f
demselben gegen einen Befehl seines Vaters, desi Diktators, beteiligt hatte. Y'
Jeder Verstoß gegen eine Verordnung des Konsuls oder Feldherm wirdt
mit dem Tode bestraft. Nie wird einem römischen Soldaten verziehen, wenn r'Tf
5 Riebet, Geschichte der Menschheit . !r<-'y»^
66 Viertes Buch.
er sich von dem Feinde überraschen oder gefangennehmen läßt. Er hat
nur das Recht, zu siegen oder zu sterben.
Zu den römischen Legionen, die sich ausschließlich auf die eigentlichen
Vollbürger beschränken, gesellten sich allmählich andere Truppenteile,
die aus den unterworfenen Völkerschaften ausgehoben wurden (die so-
genannten Bundesgenossen, socii). Wenn diese auch nicht jene hohe Vater-
landsliebe und Zuverlässigkeit besaßen, durch die die römischen Legionen ja
so berühmt sind, so waren sie doch unter dem Befehle römischer Offiziere
nicht wenig stolz darauf, zu der Verteidigung der römischen Stadt bei-
tragen zu können, und gleichfalls hervorragende Soldaten.
Die Reiterei (equitatus) bekam ihre Leute aus den reichsten Bürger-
klassen.
Eine Stärke dieses Heereskörpers bestand auch darin, daß er nichts
nachzuschleppen brauchte. Unsere neueren Heere müssen Lebensmittel,
Schießvorräte, Gespanne und für Verwundete, für Belagerungen, für
Brückenbauten einen ganzen nachziehenden Troß von unzähligen schwer-
fälligen Wagen mitnehmen, die auf dem Marsch außerordentlich hemmend
wirken und die leichte Beweglichkeit beeinträchtigen. Der römische Le-
gionssoldat hingegen braucht keinen Nachtrab, der für die Mitnahme seiner
Bedürfnisse sorgen müßte; er bringt sie ganz allein miti. Er führt seinö
Waffen, Schwert, Helm und Schild, einige Lebensmittel, einen Pfahl und
eine Hacke bei sich. So benötigt er niemanden zur Hilfe. Jedesmal, wenn
zur Lagerung haltgemacht wird, und wäre es auch nur für eine einzige,
Nacht, ist die erste Sorge, das Lager (castra) abzustecken. Da macht sich
auch noch ein jeder Mann, als ob er nicht den ganzen Tag über einen langen
erschöpfenden Marsch gemacht hätte„an die Arbeit. Der Legionssoldat wird
zum Feldmesser und Erdarbeiter. Ein tiefer Graben wird gezogen und in
wenigen Stunden ein Pfahlzaun aufgeführt. Das Heer ist nun fest geborgen
in einem Lager, das gut verschanzt, leicht zu verteidigen und vor Über-
raschungen behütet ist.
So gebt denn der römische Soldat niemals müßig, auch wenn er nicht
zu kämpfen hat. Nicht etwa bloß, daß er sich weiter im Gebrauche der
Waffen übt, er baut auch Wege, Übergänge, Wasserleitungen, Befesti-
gungen. Es waren die römischen Legionen, die jene gediegenen kunst-
vollen Landstraßen {viae Romanae) angelegt haben, mit denen Europa und
Nordafrika so besät sind und die noch heute die Überraschung und Be-
wunderung aller erregen.
Die Einrichtung des römischen Heereslebens war so gewaltig, daß sie
den römischen Kriegermut um ein bedeutendes überlebte. Lange schon
Rom. 67
war jede Tapferkeit aus dem Heere geschwunden, als noch immer das
Heer unbesieglich war.
Diese Soldaten, die gegen sich selbst so streng waren, waren auch
streng gegen den Feind. Sie waren einem Gefühle des Mitleids, wie man
es wohl heute kennt, völlig tmzugänglich. Gewiß, Cäsar spricht irgendwo
von seiner Milde gegen die Gallier von Cahors. Aber diese Milde hat darin
beslanden, den Besiegten wohl das Leben zu schenken, aber ihnen die
Hände abzuschneiden. In Wahrheit müssen von den ersten Zeiten der Re-
publik bis zu den letzten Tagen des Kaiserreichs so gut wie alle Kriegs-
gefangenen über die Klinge springen. Eine Ausnahme geschieht nur mit
den wenigen, die gerade in Obhut genommen werden können. In diesem
Falle werden sie als Sklaven verkauft, und es kommt dann der Nutzen zum
Ruhme. Sie werden nach Rom gebracht und müssen den Wagen des
Siegers ziehen, während ihre Führer vor den Augen einer schaulustigen
Menge hingerichtet werden. Die überwältigten gemeinen Soldaten aber
müssen die niedrigste Sklavenarbeit übernehmen und den reichen Patriziern
Roms ihren Boden bestellen und den Mahlstein drehen.
Frauen, Kinder, Greise, ganze Menschenscharen aus den Reihen der
Besiegten müssen ihr Leben lassen oder in die Sklaverei. Die Städte
werden geplündert, die Beute zu einer Hälfte an die Soldaten, zur anderen
an den Pöbel Roms verteilt; die Ländereien werden entweder sogleich an
die Legionäre verschenkt oder für nachher den Patriziern zurückbehalten.
Der_Krieg_war also für Rom eine nationale Industrie, die ihm weit
mehr einbrachte als Landarbeit oder Handel! Andere Völker wurden
"damit betraut, anstatt seiner den Pflug zu führen oder Handel zu treiben.
Der Krieg wird erklärt, die Legionen dringen ins feindliche Land, kämpfen,
triumphieren, und alle mühsam erworbenen Reichtümer einer fleißigen Be-
völkerung fallen in die gierigen Hände des römischen Siegers, der mit
Ruhm und Geld beladen heimkehrt und in seine Vaterstadt einzieht.
So hatte jeder Krieg das unmittelbare Ergebnis der Bereicherung des
römischen Staates. Mochte auch dieses elende Räubertum noch so sehr
unter den tönenden Schlagworten der Vaterlandsliebe und der Pflicht
beschönigt und bemäntelt werden, es war viel zu einträglich, als daß man'
sich irgendeiner Täuschung darüber hingeben könnte. »
Zunächst allerdings zogen die einer unbeugsamen Manneszucht unter-
worfenen Soldaten für die eigne Person keinen materiellen Vorteil aus
den Kriegen. Sie blieben arm, und ihre Führer nicht anders. Die ganze
Beute wurde nach Rom geschafft; aber allmählich wurden Soldaten wie
Feldherren dieser Entsagung müde. Marius wurde der große Verderber der
68 Viertes Buch.
Kriegssitten. Es waren ja allerdings schon die vielen Kriege vor ihm auch
ebensoviele Beutezüge; aber wenigstens hatte ganz Rom den Nutzen
davon und nicht bloß ein einzelner Feldherr, der sich durch seinen Sieg
selbst bereicherte.
Die Geschichte Roms ist jin^wgs^LtUchen eine Geschichte der Erobe-
rung^n^
Den ersten Abschnitt bildet das Zeitalter der Könige (754 — 510); er
umfaßt die Eroberung von Latium.
Der zweite Abschnitt (510—282) hebt mit der Einsetzung der Re-
publik an und schließt mit der Vernichtung der Samniter; er umfaßt die
Eroberung von Italien.
Der dritte Abschnitt (282 — loi) ist durch eine Reihe großer Kriege
gezeichnet, die nach mancherlei Wechselfällen schließlich immer mit der
Vernichtung der Feinde Roms enden. Karthago wird zu Boden geschlagen
und völlig zerschmettert; Griechenland, Spanien, Ägypten, Syrien werden
unterworfen; die Kimbern und Teutonen zurückgedrängt; er umfaßt die
Eroberung der Welt.
Der vierte Abschnitt (loi — 31) ist das Zeitalter der großen Bürgerkriege.
Marius und Sulla, Pompejus und Cäsar, Antonius und Octavianus stritten
erbittert um die Alleinherrschaft. Er führt zur Gründung des Kaiserreichs
im Anschluß an die Schlacht bei Aktium.
Der fünfte Abschnitt ist das Zeitalter der Kaiser. Er findet mit jenem
Tage, wo die christliche) Religion die des Kaisers wird, seihen natürlichen
Abschluß (312).
Die Eroberung von Latium war schon recht langwierig und mühselig.
Wir haben nur wenige glaubwürdige Denkmäler über das noch halb
sagenhafte Zeitalter. Wahrscheinlich sind jene Kämpfe, die sich die
kriegerischen Hirten der römischen Ebene gegenseitig geliefert haben
sollen, von den römischen Geschichtschreibern künstlich entstellt worden.
Als Herrscherin über Latium fand sich aber nun Rom dem etruskischen
Volke gegenüber.
Dieser Krieg dauerte nahezu ein Jahrhundert und zeigte die ver-
schiedensten Schwankungen; aber schließlich mußte sich auch Etrurien
Rom unterwerfen.
Doch diese noch langwierigere und mühseligere Eroberung hatte eine
eigenartige Folge. Obwohl selber Sieger, unterlagen die Römer doch stark
dem Einfluß der Besiegten. Und so verschmolzen die Sitten und die
Religion der Römer und der Etrusker zu einer Einheit. Die römische
Rom. 6q
Zivilisation hat im ganzen zw(ei Perioden aufzuweisen gehabt: eine etrus- / .
kische und eine griechische.
Noch waren die Etrusker nicht ganz unterworfen, als Rom schon wieder
ein nun noch drohenderes Unwetter heraufziehen sah : die gallische Gefahr!.
In Oberitalien hatten sich einige halbbarbarische kriegerische Stämme
festgesetzt, die von Norden her gekommen waren und die die römischen
Schriftsteller Gallier nannten. Von ihnen bedroht, riefen die Etrusker Rom
zu Hilfe, und Rom beeilte sich, der Bitte nachzukommen. Das war der
Anlaß zu einem blutigen Krieg*e. Die römischen Heere wurden in der
Schlacht an der Allia vollständig vernichtet (390), wodurch der Weg nach
Rom jedes Schutzes entblößt wurde. Die siegreichen Gallier drangen in
die ewige Stadt ein, belagerten das Kapitol und zogen nicht eher ab, bis
sie eine reiche Kriegsentschädigung erlangt hatten. In jenen Tagen geschah
es, daß Brennus, der gallische Führer, sein gewaltiges Schwert in die Wage
warf, in der das zum Loskauf bestimmte Gold abgewogen wurde, und
dabei jenen berüchtigten Ausspruch tat, der die größte geschichtliche I
Wahrheit zum Ausdruck bringt, die es überhaupt nur geben kann : „Wehe /
den Besiegten 1" j
Noch lange schwebte den Römern der gallischje Überfall in ihrer
Erinnerung als das furchtbarste Schreckbild vor. Jedesmal, wenn der
gallische Aufruhr verkündet wurde, mußten sämtliche römischen Bürger
zu den Waffen greifen.
Was zu allen Zeiten die Stärke der Römer ausmachte, war der stolze
Trotz, mit dem sie auch nicht für einen Augenblick eine Niederlage end-
gültig hinnahmen. Die Unglücksfälle steigerten nur noch ihren Mut, und
sie verzweifelten niemals an der Republik.
Die Feinde aus dem Norden, die Gallier, waren als Sieger in Rom ein-
gezogen. Die Feinde aus dem Süden, die Samniter, schickten die römischen
Soldaten unter das kaudinische Joch (321). In einen Engpaß eingeschlossen,
mußte sich ein ganzes römisches Heer den Bedingungen des Siegers fügen.
Zwar schonte er ihr Leben, aber er tat ihnen die Schmach an, daß sie die
Waffen ablegen und unter das Joch hindurch mußten.
Rom verzieh den Samnitern diesen Schimpf nicht. Der Krieg wurde
von neuem angefangen und die Samniter beim Vadimonischen See, bei
Sentinvrai und bei Aquilonia vernichtet. Damit wurden die Römer die
Herren von ganz ItaUen (282).
Einige Unabhängigkeit blieb nun nur noch den griechischen Kolonien
im Süden der Halbinsel. Hier war Tarent die blühendste Stadt; es bildete
übrigens eine leichte Beute, weil die Sitten der Tarentiner ganz und gar
70 Viertes Buch.
verweichlicht waren. Wie alle übrigen Griechen jener Zeit, so waren auch
sie mehr Künstler und Kaufleute als Krieger. Da riefen sie nun, um sich
gegen den immer größeren Ansturm der römischen Habgier zu schützen,
einen ebenso begabten wie unternehmenden Abenteurer zu Hilfe, dem es;
nach dem Zerfall von Alexanders Reiche gelungen war, seine Ernennung
zum König von Epirus durchzusetzen. Es war das Pyrrhus. Eiligst durch-
ftilir er das Adriatische M.eer und zwang die Römer, die Belagerung von
Tarent aufzuheben. Mit den großen strategischen Fähigkeiten, über die
er verfügte, erfocht er auch noch über die 'Römer bei Heraklea einen glän-
zenden Sieg mit Hilfe der berühmten Kriegselefanten, die die römischen
Legionäre damals zum ersten Male sahen (279). Hierzu fügte er noch
einige weitere Siege, die ihm aber teuer zu stehen kamen und so blutig
waren, daß er trotz seiner handgreiflichen Erfolge nun doch in sein König-
reich zurückkehren mußte, als ob er wahrhaftig nicht selbst gesiegt
hätte, sondern von seinen Gegnern völlig geschlagen worden wäre. Als er
nun seine Königsherrschaft in Mazedonien und Griechenland antreten
wollte und nicht aufhörte, den unmöglichsten Eroberungsplänen nachzu-
gehen, fand er einen jähen Tod, als er gerade mit der Belagerung von
Argos beschäftigt war (274). Es war dies zu derselben Zeit, wo die Römer
ihre Unterwerfung der griechischen Kolonien in Italien, die nun eines ernst-
lichen Widerstandes nicht mehr fähig waren, aufs glücklichste und erfolg-
reichste zum Abschluß brachten.
Aber schon tauchte vor den Augen der Herrin Italiens ein neuer, noch
furchtbarerer Feind in herausfordernder Haltung auf: Karthago. Der
langjährige Kampf, um Sein oder Nichtsein zwischen Rom und Karthago
nimmt in der römischen Geschichte eine entscheidende Stellung ein.
Hatte Rom erst einmal Karthago besiegt, brauchte es keinen Neben-
buhler mehr in der Welt zu fürchten.
Seit drei Jahrhunderten waren die Karthager die eigentlichen Herren
des ganzen westlichen Mittelmeers. Karthago war im 9. Jahrhundert von
den aus Tyrus hinübergekommenen Phöniziern gegründet worden. Bald
blühte die Kolonie ebenso, wie die Mutterstadt immer mehr in Vergessen-
heit geriet. In dem Augenblicke, wo es seine Kriege mit Rom begann,
war Karthago eine gewaltig aufstrebende Stadt und das Haupt eines
großen Reiches, das über eine ungeheure Flotte und unermeßliche Reich-
tümer verfügte.
Die Karthager hatten Handelsbeziehungen mit Spanien, Gallien, der
ganzen Mittelmeerküste Afrikas und besonders auch mit Sizilien ange-
knüpft. Einer ihrer kühnsten Seefahrer, Hanno, hatte sogar mit seinen
Rom. "7 1
sechzig Schiffen die Säulen des Herkules durchfahren, ebenso die
atlantische Küste Afrikas bis zum Senegal, ja vielleicht schon bis zum
Gabon (570). Andere karthagische Schiffe waren bis zu den britischen
Inseln gewesen. Die Kaufleute von Karthago trieben auf Madeira und den
Kanarischen Inseln Handel und machten an den Küsten von Portugal und
Marokko Geschäfte, und was nun erst das Mittelmeer anging, so waren
ihnen alle seine Uferländer bekannt und vertraut, Sie waren in der alten
Well fast die einzigen, die sich auf einen erfolgreichen Handel und ein
vorteilhaftes Austauschgeschäft verstanden. Sie führten Stoffe imdTöpffer-
vvaren aus und brachten dafür Silber und Zinn in Barren, Gold in Pulver-
form und kostbare Hölzer nach Hause.
Im übrigen wenig kriegerisch, hatten sie als Soldaten nur fremde
Söldner, die in den Nachbarländern ausgehoben wurden: Numider, aus-
gezeichnete Reiter, Balearen, gewandte Schleuderer, und vor allem Spanier
und Gallier.
Ihre Sprache war die phönizische. Es ist bis auf einige Inschriften nur
wenig davon übrig, denn sie haben weder Dichter noch Geschicht-
schreiber gehabt. Fast alles, was wir von ihnen kennen, wissen wii" von
den Römern, die sie haßten.
Ihre Religion war barbarisch. Einer ihrer Götter, der Moloch, verlangte
Menschenopfer. In dem größten Tempel der Stadt erhob sich eine riesige
Bronzefigur, deren von Feuer geröteter Leib die Neugeborenen aufnahm,
die man hineinwarf, um den Zorn des Gottes zu beschwichtigen.
Die vollziehende Gewalt hatte eine Wahlregierung. Das Volk ernannte
die Senatoren (Sufeten); aber es war leicht, die Stimmen zu kaufen, und
sie wurden denn auch wirklich gekauft; so kamen allein die Reichen in den
Senat. Die Partei der Reichen war infolgedessen allmächtig. Karthago ist
das vollendete Muster der demokratischen Regierungen, bei denen alles
käuflich und darum auch in den Händen der Reichen ist.
Wenn dieser karthagische Senat von den Römern auch vielleicht etwas
verleumdet worden ist, so ist er doch in jedem Falle ziemlich verächtlich
gewesen. Keine Sorge um die beschworene Treue, keine Liebe zum Vater-
lande. Die Senatoren faßten ihre Beschlüsse allein nach ihren Augenblicks-
stimmungen und ihren persönlichen Zu- und Abneigungen; abergläubisch
wie Barbaren, habgierig wie Kulturmenschen.
Das Volk war ganz ebenso abergläubisch wie der Senat. Die Sklaven
wurden noch schlimmer als in Rom behandelt und die Grausamkeit der
Karthager entsprach ihrer Hinterlist. Den von ihnen gegründeten Ko-
72 Viertes Buch.
lonien ließen sie keine Handelsfreiheit, statt dessen hatten sie überallhin
ihren Haß verbreitet.
Aber sie sollten einen Mann, einen einzigen wahrhaft großen Mann haben :
Hannibal.
Der erste punische Krieg spielte sich auf Sizilien ab; der zweite, in
dem die Macht ;Roms einen Augenblick in Gefahr war, in Italien; der dritte,
in dem Karthago unterlag, in Afrika.
Sizilien war durch seine natürliche Lage dazu bestimmt, für die beiden
miteinander in Streit liegenden Republiken zugleich ein Schlachtfeld und
eine Freibeute zu sein. Karthago hatte den Griechen Sizilien weggenommen,
Rom nahm wieder Karthago Sizilien weg. Es geschah dies im ersten puni-
schen Kriege (264 — 241).
Der Friede, der diesem Kriege folgte, konnte nur ein Waffenstillstand
sein; es handelte sich um die Herrschaft über das;^ Mittelmeer, Sardinien,
Korsika, die Balearen, Spanien und Gallien; denn Rom gab sich ebenso-
wenig mit Italien zufrieden wie Karthago mit Afrika.
Da tritt Hannibal auf, eine Erscheinung, wiie sie nur selten in der
Geschichte zu finden ist (247 — 183).
Von dem karthagischen Senat zum Feldherrn ernannt (220), bringt er
ein starkes Söldnerheer zusammen und beginnt seinen Eroberungszug mit
der Einnahme von Sagunt, einer mit den Römern verbündeten spanischen
Stadt ; dann übersteigt er in einer schier unglaublichen Geschwindigkeit die
Pyrenäen, durcheilt Südgallien und überschreitet den Rhonestrom bei
A\agnon. ohne daß seine Gegner etwas zu ahnen oder ihn irgendwie zu
hindern vermocht hätten. Nun übersteigt er auch noch mit seinen Elefanten,
seiner Reiterei und seinem Troß die Alpen,, edn tollkühnes und unheim-
liches Unternehmen, das dio Militärschriftsteller in Verlegenheit setzt.
Zwei große Schlachten, in denen er siegreich ist, die eine im 'diesseitigen
Gallien (an der Trebia), die andere in Etrurien (am trasimenischen See),
öffnen ihm den Weg nach! Rom. Noch unmittelbar vor Rom gewinnt er
einen dritten großen Sieg, der die Entscheidung herbeiführt, die Schlacht
bei Cannä (216).
Aber er konnte seinen Sieg nicht ausnutzen; denn Karthago schickte
ihm keine Verstärkungen, und sein Heer wurde mit jedem Kampfe
schwächer. Anstatt, wie es doch wohl gescheiter gewesen wäre, eiligst in
Rom einzudringen, suchte er vielmehr die Völkerschaften Unteritaliens
gegen die römische Gewaltherrschaft aufzuwiegeln, wie er es vorher mit
den Bewohnern Oberitaliens versucht hatte. Im Süden der Halbinsel bezog
er ein Lager nach dem andern, um zehn Jahre lang mit nur einer Hand-
Rom. 73
voll Soldaten den Heeren, die ihm Rom immer wieder entgegenstellte, die
Spitze zu bieten. Zehn Jahre lang blieben Rom und Hannibal um die
Wette unbezwinglich in ihrer Beständigkeit imd ihrem Haß.
Einen Augenblick erhoffte schon Hannibal den Sieg. Sein Bruder
Hasdrubal, der Besieger der Scipionen in Spanien, kam gerade nach
Italien. Rom war nun zwischen zwei siegreichen Heeren eingekeilt, dem
Hasdrubals im Norden und dem Hannibals im Süden. Es bewaffnete
seine letzten Legionen. Die^ Staatskasse war erschöpfjt, und alles schien,
verloren, wenn sich die beiden siegreichen' Feldherren vereinen sollten.
Aber Hasdrubal wurde in der Schlacht am Metaurus vernichtet und fand
in ilir seinen Tod. 'Nach; diesem Siege ging der römische Konsul in einem
Eilmarsche nunmehr gegen Hannibal vor und ließ, vor dem feindlichen
Lager angekommen, das abgeschnittene Haupt Hasdrubals hineinwerfen.
„Darin erkenne ich das Schicksal Karthagos!" Das waren die bedeutungs-
vollen "Worte, die in jenem Augenblicke aus dem Munde Hannibals kamen.
Vier Jahre noch hielt sich Hannibal in Unteritalien; doch die Römer
hatten wieder Mut gewonnen. Sie folgten ihrem großen Gegner, der den
Krieg nach Italien gelegt hatte, in seiner Taktik und schickten ein ge-
waltiges Heer nach Afrika hinüber. Um den Ansturm abzuschlagen, wurde
Hannibal nach Hause gerufen. So sah er sein Vaterland nach sechsund-
dreißigjähriger Abwesenheit wieder, nachdem er um das karthagische.
Meer einen glänzenden Siegeskreislauf vollzogen hatte.
Die römischen Streitmächte wurden von einem äußerst fähigen Feld-
herrn, dem jungen Scipio, befehligt. Sie gewannen einen glänzenden Sieg
bei Zama (202). Karthago mußte sich einem demütigenden Frieden fügen.
Der zweite punische Krieg war beendigt.
Im Kriege besiegt, suchte nun Hannibal Karthago seine alten Kräfte
wiederzugeben und gegen Rom Bündnisse mit Mazedonien und Syrien zu
schließen. So verlangte denn der römische Senat, der diesen schrecklichen
Feind, der die Waffen gegen ihn nicht niederlegen wollte, noch immer sehr
fürchtete, seine Auslieferung (195). Hannibal hatte nur geringes Ver-
trauen zii der Großherzigkeit seiner Landsleute und flüchitete sich nach
Ephesus zu König Antiochus. Aber Antiochus wurde bald fast ohne Kampf
von den Römern bezwungen. Hannibal mußte ein anderes Obdach suchen
und begab sich nach Bithynien zu König Prusias, einem Feinde der Römer.
Aber Rom hörte nicht auf, Hannibal mit seinem Hasse zu verfolgen.
Es schickte Gesandte an Prusias, um die Auslieferung des erlauchten Ver-
bannten zu erlangen. Prusias, der ebenso feig wie der karthagische Senat,
ebenso feig wie Antiochus war, hätte seinen Gast sicher ausgeliefert, wenn
74 Viertes Buch.
nicht Hannibal, um nicht lebend in die Hände seiner Todfeinde zu kommen,
Gift genommen hätte (183).
Gewiß kann nur ein jeder dem unvergleichHchen Manne die höchste Be-
wunderung zollen, der, obwohl von allen seinen Mitbürgern geradezu im
Stiche gelassen, es gleichwohl vermochte, ein halbes Jahrhundert lang mit
so unzulänglichen Hilfsmitteln der riesenhaftesten Streitmacht der Welt
die Spitze zu bieten. Furchtbar in listigen Anschlägen, aber es in seiner
Kühnheit bis zu den gewagtesten Unternehmungen treibend, nichts dem
Zufall überlassend, aber voll Vertrauen auf seine Begabung, trotzig stolz
im Unglück, ohne sich von dem Erfolge blenden zu lassen, gilt er ohne
nennenswerten Widerspruch als das größte militärische Genie aller Zeiten.
Doch was blieb von dieser so rühmlichen und doch so erfolglosen und
zweifelhaften Heldenlaufbahn übrig? Italien verwüstet und geplündert, Kar-
thago gedemütigt, Rom überall triumphierend! Vielleicht trug das Werk
Hannibals schon gleich bei seinem Beginn die Züge des Todes an sich;
doch in jedem Fall ist dieser ungleiche Kampf zwischen einem verlassenen
und allein auf sich gestellten Mann und einem mächtigen Reiche eines der
rührendsten Zwischenspiele der Geschichte.
Der dritte punische Krieg ist nicht viel mehr als ein militärischer Ab-
stecher, eine militärische Übung. Der Friede von Zama hatte die Erwar-
tungen der Römer enttäuscht. Karthago, die verhaßte Nebenbuhlerin, stand
noch immer aufrecht und in Blüte. Da trat in Rom eine Partei auf, die
erklärte, es sei die vornehmste Pflicht, Karthago zu zerstören; der sitten-
strenge Cato schloß damit alle seine Reden. Er gehörte zu denen, denen
die Liebe zum eigenen Vaterlande den Haß gegen das Vaterland anderer
bedeutet.
Jetzt waren die Römer endUch ihrer kriegerischen Überlegenheit sicher
und wollten es darum auch nicht erst lange mit heuchlerischen Schein-
angriffen versuchen. Sie fuhren gleich, ohne zu zögern, nach Afrika hin-
über und verlangten kurzerhand die Unterwerfung Karthagos, ohne auch
nur irgendwelche Vorwände für diesen Raubzug ins Feld zu führen.
Zwar versuchten die Karthager, sich zu verteidigen; doch bald hatten sie
in Afrika nur noch ihre Hauptstadt übrig, die in ihren hohen Mauern einen
besseren Schutz als in der Tapferkeit ihrer Söldnerscharen fand. Erst nach
einer langen Belagerung konnte die Stadt genommen werden (149I). Die
blühende Ortschaft wurde den Flammen übergeben; sie brannte siebzehn
Tage lang, eine Zeit, die wahrhaftig ausreichte, es den Soldaten zu ermög-
lichen, die Stadt zu plündern xmd sich zu bereichern.
Von da an hatte Rom keine ernstUchen Gegner mehr zu fürchten.
Rom.
75
Auf allen Seiten im Morgenland und im Abendland, in Europa, in Afrika,
in Asien riß die römische Macht, einer steigenden Flut des Meeres ver-
gleichbar, alles mit sich fort.
Aus der Herzählung der gewaltigen Eroberungen, die die Römer zu dieser
Zeit machen, erwächst ihnen kein nennenswerter Ruhm; denn seine Gegner
sind wohl nun kaum mehr gefährhch. Syrien wird unterworfen (190), Maze-
donien (168). Griechenland (146),, auch Numidien trotz der Tatkraft eines
Jugurtha. ~ ' ~^
Höchstens noch ein wenig Widerstand fand sich in einem kleinen König-
reiche, das am Schwarzen Meere lag und, wie so vieles andere, aus denj
Weltreich Alexanders des Großen hervorgegangen war. Es war Mithridat2s,
der König- von Pontus, der gern die Rolle eines' Hannibal gespielt hätte.
Die Römer hatten in- Asien nur schwache Besatzimgen zurückgelassen; sie
wurden einfach niedergemetzelt. Ganz Kleinasien und auch Griechenland
erhoben sich, den Mithridates zu besiegen. Rom mußte nacheinander drei
große Heere entsenden unter dem Oberbefehl seiner besten Feldherren,
zuerst eines Sulla, dann eines Lukullus und dann eines Pompejus (90 — 63).
Zwar jedesmal von neuem besiegt, aber jedesmal von neuem bereit, den
Kampf wieder aufzunehmen, sah sich Mithridates schließlich zur Ohnmacht
verurteilt. Da nahm er, auch darin dem Hannibal gleich und wie schon
vorher Themistokles, um nicht in die Hände seiner Feinde zu kommen, Gift.
Die Gefahr für Rom lag bereits nicht mehr auswärts, sondern im Innern,
in Rom selbst. Das römische Volk hatte sich in ganz unermeßliche Kriegs-
beuten zu teilen, doch es erwuchs nun die' Schwierigkeit, wie es sich über
diese Teilung verständigen sollte.
Drei Mächte standen einander gegenüber, das Heer, das Volk, die Pa-
trizier. Die Bauern, die Hirten, die Landwirte und Landarbeiter waren all-
mählich verschwunden. Sie waren als Legionssoldaten ins Feld gezogen.
Aber es waren nur sehr wenige von ihnen z.urückgekehrt, lagen sie doch
überall als Leichen in Haufen, vom Ebro bis zum Euphrat, vom Nil bis
zum Rhein.
Da sah man nun in Italien die; Ländereien öde und brach liegen, sow^t
sie nicht, zum Verkaufe ausgeboten, von den Patriziern zu niedrigem Preise
zurückgekauft waren, um sie durch zahllose! Sklaven bearbeiten zu lassen
und auszubeuten.
Die Patrizier kauften nicht nur die alten römischen Ländereien zurück,
sondern sie ließen sich auch die neu hinzueroberten zuschlagen, und da
auch die Reichtümer des Feindes in ihre Hände fielen, verfügten die Pa-
trizierfamilien schließlich über gewaltige Vermögen inmitten einer itniüer
76 Viertes Buch.
mehr verarmenden niederen Bevölkerung. Jeder neue Sieg, der Rom mäch-
tiger machte, machte gleichzeitig den Adel immer rdcher und die Plebs
immer notleidender. Der Mittelstand hörte ganz auf. Es blieben unter den
Römern nur noch Arn^e^ und Reiche übrig und neben ihnen, zahlreicher als
sie selbst, eine ganze Welt von Fremden, Italer, Orientalen, Griechen, lauter
freigelassene Sklaven, die, ohne ein eigentliches Bürgerrecht zu haben, sich
gleichwohl an iden öffentlichen Erörterungen beteiligten und alles verwirrten.
Aber eine dritte Macht vmchs immer mehr heran und wurde immer stär-
ker, stärker noch als Senat und Volk; es war dies das Heer. Noch schwieg
es in blindem Gehorsam gegen die alten Gesetze Roms; aber bald kam die
Stunde, wo seine Stimme entscheidend werden sollte.
In dem einen Jahrhundert von Marius bis Augustus war die römische Ge-
schichte trotz der verschiedensten Bezeichnung'en dieses Zeitabschnitts im
wesentlichen nicht viel anderes als der Kampf um die Herrschaft zwischen
Proletariern und Patriziern.
Zu Beginn dieses großen Ringens treten uns die Gestalten zweier Brüder
entgegen, Tiberius und Gaius Gracchus (133 — 121). Wenn auch der römi-
schen Nobilität zugehörig, so nahmen diese beiden Enkelsöhne Scipios
gleichwohl für die Sache des Volkes Partei und bemühten sich, Vorschläge
für eine Agrargesetzgebung zu machen. Wenn irgend etwas, so hätte dies
die Rettung ,und Wiedergeburt Roms sein können; aber die Plebs verdiente
nicht, daß man für isie in di© Schranken trat. Sie war feig und bestechlich.
Von den Patriziern gekauft, ließ sie ihre Verteidiger im Stiche.. Tiberius
und Gaius Gracchus fielen beide in kurzer Zeit meuchlerischen Anschlägen
auf dem Forum zum Opfer. Dieses Ereignis sollte der unselige Ausgangs-
punkt für eine Reihe langjähriger Bürgerkriege werden.
Die Gracchen hatten bei allem, was sie taten, die höchste Vornehmheit
bewahrt. Anders ihr Nachfolger in der Gunst des Volkes, Marius. Er war
ein großer Verderber der Volkssitten, der erste jener habgierigen Aben-
teurer, für die Rom die Freibeute war.
Ob es sich um Marius oder Sulla, um Pompejus oder Cäsar, um Augustus
oder Antonius handelt, diese so schamlosen Zyniker haben sich nie auf das
Volk, sondern immer nur auf ihre Soldaten gestützt. In ihrer Eigenschaft
als Heerführer gewannen sie die Verehrung ihrer Legionen, weil sie tapfer
waren und auch die Gefahren und Strapazen nüt ihren Mannschaften teilten,
besonders auch, weil sie, ohne darum etwa sich selbst zu vergessen, auch
ihren Soldaten die dem besiegten Feinde abgenommene Beute reichlich zu-
Rom. 77
wiesen. Es sind das die Mittel, die Leute, die es darauf abgesehen haben,
Diktator zu werden, jederzeit zur Erreichung ihres Zweckes angewendet
haben und auch in alle Zukunft anwenden werden.
Marius hatte bereits frühzeitig große militärische Erfolge aufzuweisen.
Er triumphierte über Jugurtha in Numidien (io6); als dann die anstürmen-
den Teutonen und Kimbern von Sieg zu Sieg schritten und diese Barbaren
Italien immer bedrohlicher wurden, zog er ihnen entgegen und richtete unter
ihnen beiden schreckliche Blutbäder an. Die Teutonen schlug er bei Aqua
Sextiä (Aix in der Provence), die Kimbern bei Vercellae in Italien. So hatte
Rom diese Germanen schon unmittelbar vor seinen Toren stehen sehen!
So waren diese wiederholten Einfälle durch die Zahl und die Unerschrocken-
heit der Feinde nun auch schon für die unbesiegliche Ewige Stadt Gegen-
stand bangster Furcht und Schreckens geworden! Es konnte darum auch
nicht fehlen, daß Marius nach seinem Siege jauchzend als Retter begrüßt
wurde. Um sich die Gunst des Volkes zu sichern, bestimmte er, daß von
nun an auch die Proletarier in das Heer eintreten könnten. Bisher hatten
allein die steuerzahlenden römischen Bürger {Zensiten) das Recht, als Sol-
daten zu dienen. Jetzt stand die Waffenlaufbahn auch dem Ärmsten offen.
Aber nun war sie nicht mehr eine Pflicht, sondern ein Handwerk, und zwar
ein um so einträglicheres je nach der Zahl der Städte, die der Feldherr zur
Plünderung übergab.
Marius, dem Plebejer und Liebling des Volkes, stellten die Patrizier bald
einen andern Feldherrn gegenüber; es war dies Sulla. Der Kampf um dis
Macht zwischen diesen beiden aufeinander eifersüchtigen Spitzbuben konnte
nur mit der völligen Vernichtung eines von beiden enden. Es unterlag
schließlich Marius.
Sulla nutzte seinen Sieg in der empörendsten Weise aus. Alle Anhänger
des Marius wurden niedergemacht, geächtet und ihrer Habe beraubt. Un-
ermeßliche Besitzungen kamen nach Anweisung des Herrn der Lage zur
Verteilung unter seine Diener und Soldaten. Die altrömischen Gesetze
kamen bis auf weiteres außer Geltung. Kurz, unter dem Vorwande, die Ord-
nung wiederherzustellen, brachte Sulla in allem die heilloseste Anarchie zur
Henschaft.
LTm seine Grausamkeiten und Räubereien nur noch ungestörter vor-
nehmen zu können, hatte sich Sulla zum Diktator ernennen lassen. Doch
später kam er auf den seltsamen Einfall, abzudanken (79). Er hatte drei
Seelen in seiner Brust, eine Schweine-, eine Tiger- und eine Schauspieler-
seele, Tiberius und Nero sind von demselben Schlage.
yö Viertes Buch.
Julius Cäsar war erst zweiundzwanzig Jahre alt, da starb Sulla. Schon
damals erklang ohne Zweifel mitten in seinen jugendlichen Ausschwei-
fungen aus dumpfer Ferne in seiner Seele eine Saite unbestimmten Ehr-
geizes. Und so zog er in der Erkenntnis, daß er vor allem einigen Ruhm
erwerben müsse, nach Spanien zu Felde, wo er sich durch unvergleichliche
Kriegskunst und heldenmütige Tapferkeit auszeichnete. Übrigens plünderte
f er auch, ganz wie die andern, so reichlich, daß er mit seiner Beute die
I riesigen Schulden bezahlen konnte, die er bei seinem Weggang in Rom
i hinterlassen hatte.
l
Der volkstümlichste und wegen seiner aufs leichteste erfochtenen Siege
gefeiertste Feldherr war in jenem Augenblicke Pompejus, ein ebenso eitler
und doch nur mäßig befähigter wie im wesentlichen ehrenhafter Mann. So
hielt es Cäsar für geschickt, sich mit ihm zu verbinden und dazu mit
Crassus, einem andern römischen Feldherrn, der in den asiatischen Kriegs-
zügen gan.-; unglaubliche Reichtümer erworben hatte. Cäsar, Pompejus und
Crassus schlössen auf diese Weise ein Triumvirat von Ehrgeizigen, das
in dem Pöbel Roms, besonders aber ia den Soldaten, seine Stütze fand.
Aber das war nicht die Verteilung der Macht, die Cäsar als letztes Ziel
vorschwebte. Doch aus der Erkenntnis heraus, daß der Augenblick zum
Handeln noch nicht günstig wäre, ließ er sich zunächst zum Statthalter von
Gallien ernennen und verließ so vorläufig Rom, um sich durch den Krieg
einen großen Namen zu schaffen (59).
Gallien war damals kaum zivilisiert, wenn man wenigstens von den Mittel-
meergestaden absieht; die Provence (Provincia) war allerdings seit 176
von den Römern besetzt und damit zivilisiert. Doch es gab zwischen den
Stämmen, die sie bewohnten, keine Einheit. Kriegerisch, tollkühn, unfähig
zu allen Kniffen und Pfiffen der Politik, waren die Gallier einfältig, leicht-
gläubig und empfindlich wie Kinder. Aber sie waren von so ungestümer
Tapferkeit, so zahlreich und so zerstreut in einem großen, völlig unbe-
kannten Lande, daß zu ihrer Unterwerfung volle acht Jahre erforderlich
waren. Cäsar selbst hat diesen wunderbaren gallischen Krieg in einer herr-
lichen Schrift wiedererzählt, in der wir alle Tugenden eines Eroberers mit
allem Schimpf und aller Schainde, die einem solchen anhaften, vereinigt
finden.
Und der römische Feldherr hatte in Gallien erbarmungslos gehaust;
er hatte Ströme von Blut vergossen; "er hatte allzeit und allerwärts ge-
plündert. Die Beute wurde entweder auf der Stelle unter die Soldaten ver-
teilt oder auch nach Rom geschickt, um die Freunde zu verpflichten, die
Rom. 79
Schwankenden in einem Entschlüsse zu bestärken und die Gegner zu be-
stechen.
Trotz alledem zwingt Cäsars Kühnheit Bewunderung ab. Er durchquert
alle gallischen Lande von Armorika bis Helvetien; er dringt nicht nur
bis zu den Rheinmündungen vor, sondern er überschreitet auch noch den
Ärmelkanal und unterwirft den Süden Britanniens, das ihm eine Kriegs-
entschädigung zahlen muß. Da die Gallier nicht den Wert der Mannes-
zucht und der Einigkeit kennen, überwindet er sie alle einzeln, jeden für
sich, Stamm für Stamm, Stadt für Stadt.
Und da er von Hause aus zur Milde neigt, zeigt er sich nur als Bar-
baren, wenn es ihm unumgänglich erscheint.
Er ist nicht etwa ein Eroberer, der alles verwüstet und verheert; er stellt
in den neueroberten Ländern Ordnung her, legt Wege an, baut Städte,
bringt in eine jede der Provinzen Galliens ein wenig von dem römischen
Verwaltungsleben hinein und ergießt über dieses blühende Land etwas
von dem lateinischen Geiste, in weit höherem Grade als einst Alexander in
den weiten Ebenen Asiens den griechischen Geist auszubreiten vermocht
hatte.
Der letzte Verteidiger der gallischen Unabhängigkeit, Vercingetorix,
Wurde nach einer langen, heldenmütigen Belagerung in Alesia bei Montbardj
(C6te d'Or) gefangen genommen (52).
Cäsar war bei seinen Soldaten so beliebt geworden und hatte so viel
Ruhm und infolgedessen auch Macht erworben, daß der Senat auf ihn
eifersüchtig wurde und ihm darum den Befehl gab, seine Truppen zu ver-
abschieden und nach Rom heimzukehren.
Da kehrte er in der Tat nach Rom heim, aber er kam an der Spitze seiner
Legionen. Einen Augenblick zögerte er, den Rubikon zu überschreiten,
jenes Flüßchen, über das er einst einem ihm unterstellten Feldherrn ver-
boten hatte, mit seinen Soldaten in Waffen hinüberzugehen^ Der Über-
gang über den Rubikon war das Sinnbild der Meuterei gegen die Gesetze,
und die Gesetze haben, auch wenn man sie übertritt, noch immer ein solches
Ansehen, daß man sie nicht ohne ein gewisses Bangen übertritt. Auch,
wenn sie ihn beißen, haben die Hunde noch Achtung vor ihrem Herrn.
Bei Cäsars Erscheinen ergriff sein ohnmächtiger Nebenbuhler Pompejus
die Flucht. Cäsar verfolgte ihn zuerst nach Spanien, dann nach Thessalien,
Endlich schlug er ihn vernichtend in einer großen Schlacht bei Pharsalus,
an der sich hunderttausend Mann auf beiden Seiten beteiligten (48); Phar-
salus bedeutet die Vernichtung der Patrizier und des Senats; es bedeutet
aber auch die Vernichtung der Freiheit.
8o Viertes Buch.
Dem geschlagenen und gedemütigten Pompejus war nun nur noch als
letztes Schicksal beschieden, in Ägypten durch Mörderhand zu fallen.
Cäsar, der ihm auf der Flucht hierher gefolgt war, ließ sich einen Augen-
blick von der Schönheit Kleopatras blenden, jener bezaubernden Königin
Ägyptens, die drei Herren der Welt nacheinander in Fesseln schlagen
sollte. Doch auf Cäsar übte die Befriedigung seines Ehrgeizes eine stärkere
Anziehungskraft aus als die seiner sinnlichen Freuden, und so dehnte er
seinen Aufenthalt in Ägypten nicht länger aus.
Nach noch einigen weiteren Kriegen, aus denen dieser Günstling des
Glückes immer wieder von neuem als Sieger hervorging, kehrte er dann
nach Rom zurück (45), ohne nunmehr auch noch irgendeinem Widerstand
auf seinem Wege zur Macht zu begegnen.
Cäsar war ebenso mild wie Sulla grausam war; er verzieh allen seinen
Feinden und suchte sogar die Gegenpartei auszusöhnen, freilich erst, nach-
dem er sie sich selbst völlig dienstbar gemacht hatte; denn er wollte um
jeden Preis der Herr sein, der einzige Herr der ganzen Republik. Da man
aber einen gewissen Schein der Gesetzmäßigkeit wahren mußte, nahm er
nun etwa keinen neuen Titel an, sondern begnügte sich damit, einfach alle
die Ehren auf seine Person häufen zu lassen, die die Republik vergeben*
konnte. Er wurde Konsul, Pontifex, Sittenrichter, Diktator, Imperator.
Jeder gegen ihn gerichtete Anschlag ist nun ein Majestätsverbrechen.
Auf der andern Seite bemühte er sich, die durch 'die Bürgerkriege an-
gerichteten schweren Schäden, so gut es ging, zu heilen und auszugleichsn.
Er gestaltet die Gerichtsbarkeit und die Steuererhebung vollkommen neu,
gewährt allen Bewohnern italischer Städte ohne Unterschied das römische
Bürgerrecht, verteilt Ländereien an seine Soldaten und versucht so zwischen
Volk, Heer und Senat ein gutes Gleichgewicht herzustellen.
Aber seine Tyrannei ist so unverzeihlich, daß seine auch noch so große
Milde dafür nicht entschädigen kann. Unter den Dolchen der Verschwo-
renen Casca, Cassius und Brutus brach er im Senat unter der Bildsäule
des Pompejus tot zusammen (15. März 44),
So endigte dieser im Frieden wie im Kriege die gleichen wunderbaren
Gaben zeitigende einzigartige Mann. Ob Redner, Schriftsteller, Feldherr
foder Staatsmann, er war immer der tüchtigste. Er war ebenso wenig
gemein wie grausam, aber er war gleichwohl der große Verdorbene und
zugleich Vtrderber seiner Zeit; er hat den Verfall Roms verhängnisvoll
I beschleunigt. Er hat sich dadurch zum Schirmherrn der großen Verbrechen
gemacht, die einige fluchwürdige Scheusale aus der Reihe der nach ihm
kommenden römischen Kaiser begehen sollten. Es ist für einen Mann
Rom. 8 r
allenfalls dann zulässig, die freie Verfassung seines Landes aufzuheben,
wenn er ein Gott ist, aber auch dann nur in dem Falle, wo er seine Macht
wieder an Götter forterben kann.
Mit dem Tode Cäsars ließ die Tyrannei keineswegs nach. Umsonst ver-
suchten Brutus, Cicero, Cassius, der jüngere Pompejus und andere Patrizier,
die Republik wiederherzustellen. Sie wurden in- der Schlacht bei Philipp!
endgültig besiegt. Freiheit kommt einem Volke nicht einfach in den
Schoß geflogen, wenn es gar nichts anderes als Knechtschaft will (42).
Es konnte im vorliegenden Falle allein das noch eine Frage sein, welchen
Herrn dieses römische Volk bekommen sollte. Es kamen Marcus An-
tonius und Octavian in Betracht. Antonius, der Sieger in so manchen
Schlachten, war tapfer, entsittlicht, tierisch und von einer derben Bered-
samkeit: so etwas gefiel den Soldaten. Octavian, der junge Neffe Cäsars,
war feige, hinterlistig, nicht weniger entsittlicht und noch grausamer als
Antonius. Aber er rechnete auf die menschliche Erbärmlichkeit, und diese
Rechnung täuscht selten.
Die Schlacht bei Philippi hatte ihnen beiden gemeinsam ein Weltreich
in die Hand gegeben, und zunächst suchten sie sich zu verständigen. An-
tonius sprach sich das Morgenland, Octavian das Abendland zu. Solche
Teilungen enden fast niemals gut. In den Armen der ägyptischen Königin
Kleopatra vergaß Antonius alles, während Octavian nur darauf bedacht war,
seinen Nebenbuhler loszuwerden. Der Tag des Kampfes kam, und noch
vor dem Schlüsse desselben kehrte Antonius, der Kleopatra folgend, dem
Schlachtfelde den Rücken, um es seinen Soldaten zu überlassen, für ihn
zu sterben (Seeschlacht bei Aktium, 2. September 31). Nach diesem heillosen
Unglück fand er wenigstens noch den Mut, sich das Leben zu nehmen.
Nun hatte es Octavian nicht mehr nötig, grausam zu sein,. Er war so
klug, sich immer wieder den Anschein der Milde zu geben, und er nahm
folgerichtig Cäsars Werk wieder auf, das sich die unbedingte Unterwerfimg
aller römischen Kräfte unter einen einzigen Menschen zum Ziel machte.
Die furchtbaren Bürgerkriege, die schon ein halbes Jahrhundert ge-
dauert hatten, hatten die römische Welt so erschöpft und eingeschüchtert,
daß sie nun auch über sich die sklavischste Knechtung ergehen ließ.
Oclaviaft wurde zum Augustus, und ebenso zum Konsul, Prokonsul, höch-
sten Zensor, Pontifex maximus und Imperator. Er setzte sich über Ge-
rechtigkeit und Gesetze hinweg. Nirgends, auch nicht im Morgenlande,
hatte die Knechtung bisher jemals einen derartig unglaublichen Grad
erreicht. Der Kaiser war ein Gott im buchstäblichen Sinne des Wortes,
Von den Priestern schon zu Lebzeiten angebetet, sollte er nach dem Tode
6 Riebet, Geschiebte der Menschheit
02 Viertes Buch.
nun auch noch den Platz finden, der einer Gottheit zukommt, und unter dan
Gestirnen des Himmels leuchten.
Allerdings war die lange Regierungszeit des Augustus nicht ohne einige
ausgleichende Wohltaten (31 v. Chr. bis 14 n. Chr.).
Die Türen des Janustempels waren endlich einmal wieder geschlossen,
und das bedeutete, daß im Reiche wieder Frieden herrschte. Wasser-
leitungen führten gesundes Wasser in die Städte; die Fluren wurden nicht
mehr verwüstet und die Gemeinwesen nicht mehr von erpresserischem
Raubgesindel gebrandschatzt; in den Gerichten fand jeder Stand und jede
Klasse jetzt ein nahezu gleiches Recht; die in die Provinzen geschickten
Prokonsuln mußten von nun an ihre dortigen Steuererhebungen ein-
schränken. An die Stelle der Anarchie war ein wenig Ordnung getreten,
ein wenig Ruhe an Stelle von dauernden Nöten.
Die unumschränkte Gewalt des Kaisers wurde nicht nur durch die allge-
meine Knechtseligkeit, sondern auch noch eigens von einer Truppe ledig-
lich mit dem kaiserlichen Wachtdienst betrauter Soldaten vor Angriffen ge-
schützt. Zehntausend Prätorianer, alte kriegsgewohnte und bedenkenfreie
Haudegen, wurden als Leibgarde des Herrschers in Rom kaserniert. Diese
streng gedrillte, gediegen ausgerüstete und von entschlossenen, ebenso-
wenig vor der Gefahr wie vor dem Gemetzel zurückweichenden Führern
geleitete Truppe mußte für den feigen Senat jener Tage und für den noch
feigeren Pöbel eine gewaltige Verachtung haben. In den ersten Zeiten des
Kaiserreiches, wo noch immer die Majestät der alten Gesetze über dsn
römischen Fahnen schwebte, bewahrten auch die Prätorianer der Gesetz-
mäßigkeit wenigstens noch einige Achtung; aber allmählich ließ auch diese
Achtung nach. Sie begriffen nur zu bald, daß die eigentlichen Herrscher
der Welt nicht die Kaiser, sondern sie, ihre Schutztruppe, seien. Sie sejtzten
nun überall ihren Willen durch utid nahmen keine Rücksicht mehr auf die
Besclilüsse des Senats. Persönliche Interessen und Launen bestimmten
ihre Wahl bei der Ausrufung eines Kaisers. Sie setzten die Herren der
Erde ein und ab, wie sie wollten. Tiberius, Caligula; Nero, diese grau-
samen Tyrannen, die die Bevölkerung der Kaiserzeit dreihundert Jahre lang
zu ertragen hatte, waren selbst die Sklaven einiger weniger habgieriger
Zeniurionen. Dreihundert Jahre lang sollte Rom keine anderen Männer
auf dem Kaiserthrone sehen als solche, die sich die Gunst der Legionen
zu erwerben verstanden hatten.
Augustus hat ein seltenes Glück gehabt. Die Geschichte hat mit
seinem so wenig anheimelnden Wesen eigentlich recht große Nachsicht ge-
übt. Er ist oft als der ermutigende Förderer der MeisterschriftsteUer be-
Rom. 83
trachtet worden, die den Ruhm der römischen Literatur ausmachen, und
man spricht von einem Zeitalter des Augiistus wie von einem Zeitalter des
Perikles und von einem solchen Ludwigs XIV. Nun aber zeigt bisweilen
Frau Geschichte eine schamlose Kriecherei, wie man sie sonst nur bei
einem Korps von Hofschranzen zu finden gewohnt ist. So hat auch
Augustus ganz ohne jeden Grund eine so hervorragende Stellung in der
römischen Literatur. Man müßte denn zu dem Zeitalter des Augustus
noch den Lukretius zählen, den großen und wimderbaren Besieger der
Natur, der aber schon vor Octavians Geburt gestorben war, oder Cicero,
den Meister der lateinischen Prosa, den fähigen Redner, trefflichen, bis-
weilen sogar heldenmütigen Bürger, den dieser eigenartige Beschützer dex
Kunst und Wissenschaft umbringen ließ, oder Tacitus, Juvenal und
Seneca, die alle erst das Licht der Welt zu einer Zeit erblickten, wo
Augustus längst dahin war. Es bleiben 'also für den Ruhm dieses Kaisers
nur drei Dichter übrig, von denen einer, nämlich Vergil, zwar sehr be-
deutend ist, aber die andern beiden, Horaz und Ovid, so entzückend sie
stellenweise sein mögen, doch keine Dichter erster Ordnung sind. Und
dazu ist Ovid noch von dem Herrscher verfolgt und verbannt worden.
Allerdings hat Augustus dem Verfasser der Äneis ein Jahresgehalt be-
wilUgt; doch genügt das dem Vergil gewährte lumpige Almosen nicht,
um die feige Mordtat des Kaisers an Cicero zu entschuldigen.
Zu alledem läßt sich die römische Literatur, so glänzend sie auch
sein mag, rücht auf eine Linie stellen mit der griechischen, von der jene
nur ein schwacher Abglanz ist. Das Theater ist, vielleicht vom alten
Plautus abgesehen, so unbedeutend wie möglich. Die Philosophie findet
ihren einzigen Vertreter in Cicero, der sich neben einem Sokrates, Plato
und Aristoteles etwas matt ausnimmt. Vergil und Lukrez, die sicher ganz
wunderbare Dichtungen verfaßt haben, sind immerhin von Homer noch
recht weit entfernt. So bleiben als solche, die allenfalls einen Vergleich
mit den Griechen aushalten, allein die Geschichtschreiber übrig: Titus
Livius, Sallust und besonders auch Tacitus, der bedeutendste unter allen
dreien.
Die Bildhauerei, die Baukunst, die Mathematik und die Naturwissen-
schaften haben den Römern nichts zu verdanken.
Die Römer waren sich auch selbst darüber ganz klar. Darum sprachen
auch zur Zeit des Augustus alle Gebildeten griechisch und erweckten
damit den Anschein, als ob sie mit einer gewissen Absicht das Latein
den niederen Kreisen überlassen wollten. Ein römischer Kaiser, der beste
unter allen, der Stoiker auf dem Throne, Marcus Aurelius, hat in
6*
84 Viertes Buch.
griechischer Sprache mit seinen in die Tiefe gehenden Selbstbetrachtungen
eines der schönsten Bücher des Altertums geschrieben.
Aber diese Herrschaft der griechischen Sprache in den gebildeten
Klassen macht weniger aus, als man denken sollte. In dem Streite,
der sich zwischen der Sprechweise der auserlesenen Gesellschaft und
der der großen Masse bildet, trägt zum Schlüsse stets die Sprache desi
Volkes den Sieg davon. Die Fremden, Italer, Spanier, Gallier und wie
sie auch alle heißen mögen, die dauernd in ungezählten Mengen nach
Rom strömten, sie sahen sich sämtlich, mochten sie nun Beamte, Soldaten,
Händler oder auch Reisende sein, gezwungen, das Lateinische zu lernen.
Desgleichen war auch in den Provinzen das ganze Verwaltungs-, Militär-
und Gerichtspersonal römisch. Die Besiegten können mit den Siegern
immer nur in deren Sprache verkehren.
Latein wurde also die gemeinsame Sprache des ganzen westlichen
Europas. Spanien, Gallien, Italien wurden latinisiert und sie sind noch
heute Kinder der gewaltigen römischen Zivilisation, die ihnen Sitten und
Sprache übermittelt hat.
Ungeachtet aller jen«r scheußlichen Rasereien und unmenschlichen Grau-
samkeiten der Kaiser, ungeachtet aller jener Verderbnis Roms, erlebten
die Völker des Mittelmeeres damals Zeiten, die für sie weniger schrecklich
als die Vergangenheit waren. Außer an der Grenze zwischen Germanien
und dem römischen Reiche (Imperium Romanum) herrschte der "Friede
in der ganzen Welt, der Friede Roms (Pax Romana). Wofern sie nur dem
Cäsar rechtzeitig ihre Steuern zahlten, die Gesetze beobachteten und den
römischen Statthaltern (Procuratores) mit Ehrfurcht begegneten, behielten
die Provinzen, ja die Stadtgemeinden (Munizipien) sogar noch eine gewisse
Selbständigkeit.
Gallien, Spanien, Afrika und lUyrien bildeten damals Provinzen des
Kaiserreiches unter der Verwaltung von Statthaltern, die aus Rom kamen.
An die Stelle schwankender und roher Gütergemeinschaft, wie sie bisher
im Wirtschaftsleben der Barbaren geherrscht hatte, trat nun eine Gesell-
schaft, die sich der römischen mehr oder weniger anpaßte. Die Gemeinden
bauten Theater und Badehäuser (Thermen), die Reichen Paläste mit bis-
weilen unglaublich kostspieligen Villen. Schriftsteller, Künstler, Rhetoren
der Provinz wurden zu gefeierten Berühmtheiten. Sallust war aus Spanien
gebürtig, Titus Livius aus Padua, Vergil aus Mantua. Die römische Macht
dehnte sich durch den Geist nicht weniger als durch die Waffen aus.
Auch die moderne Zeit bewahrt hiervon noch immer das unauslösch-
liche Gepräge. Überall in der Alten Welt, von den äußersten Grenzen
Rom. 85
Britanniens bis zu den Wüstengebieten von Cyrenaika und bis zu den
Ufern des Schwarzen Meeres, findet man die Erinnerungen der römischen
Herrschaft wieder: Denkmünzen, Kunstwerke, Landstraßen, Wasser-
leitungen, Kampfplätze, Paläste, Aber die Wirkung dieser Zivilisation ist
nicht etwa heute bloß noch an diesen toten steinernen Trümmern sicht-
bar. Auch der römische Geist lebt noch unter 'uns. Nicht nur die Sprachen
Spaniens, Frankreichs, Italiens, ja sogar Englands und in mäßigerem Um-
fange Deutschlands stammen von der lateinischen Sprache ab, sondern
wir sind auch ganz besonders in unserer gesellschaftlichen Verfassung noch
immer echte Erben der Römer. Unsere ganze staatliche und kommunale
Rangordnung und Verwaltung und vor allem auch unsere Rechtsordnung
setzen nur den durchdachten Aufbau ihrer so zweckmäßigen Einrichtungen
fort und verewigen ihn. Wenn Griechenland unsere Künste und Wissen-
schaften ins Leben gerufen hat, so haben wir in Rom den Schöpfer unserer
gesellschaftlichen Zustände zu sehen.
In demselben Maße, wie die Provinzen immer römischer wurden, v/urde
es Rom selbst immer weniger. Fremde strömten von allen Seiten nach
der Hauptstadt herbei und brachten ihre ausländischen Kulte und ihre ent-
arteten Sitten mit. Das Bürgerrecht wurde an alle verschwenderisch aus-
geteilt. Die Herren gaben ihre Sklaven frei, und die Freigelassenen konnten
zu Vermögen und Ehren kommen. Unter Nero hat ein Freigelassener wie
Pallas die Welt beherrscht. Die Verschwendungssucht der Reichen und
die Käuflichkeit der Armen hatten die Sittenverderbnis bis an die Grenze
nur irgend denkbarer Möglichkeiten gesteigert.
Die Frauen hatten sich mit besonderer Wut in diesen Strudel der Fäulnis
gestürzt. Mit den strengen Sitten der alten Tage war es längst vorbei. Die
erlauchtesten unter den Patrizierinnen, Mütter, Schwestern, Töchter der
Cäsaren gaben das Beispiel der Ausschweifung und unterschieden sich von
den Buhlerinnen nur durch eine noch größere Frechheit in ihrer Scham-
losigkeit. Seit Kleopatra, die den Julius Cäsar und den Antonius verführt
halte, treten nun auch die Frauen in die Öffentlichkeit. Wenn Frauen wie
Julia Agrippina, Messalina, Faustina die andern römischen Damen an Be-
rühmtheit noch übertreffen, so sind diese etwa darum nicht weniger un-
sittlich gewesen.
Das Volk ist jetzt nur noch ein habgieriger und wilder Haufen. Diese
Tausende von Menschen buntesten Völkergemisches, Sklaven und Bürger,
Freigelassene und Barbaren, entlassene Soldaten oder von weither ge-
kommene Ausländer, bilden eine wüste und lärmende Masse, die nur den
niedrigsten Trieben gehorcht. Unfähig, ihren Unterhalt durch Arbeit zu
86 Viertes Buch.
verdienen, leben sie nur von Almosen. Sie verkaufen ihr Stimmrecht und
ihre Gunst an denjenigen, der Geld und Brot an sie verteilt. Den Zirkus-
spielen beizuwohnen bildet ihre Hauptfreude. In dem unermeßlichen
Kolosseum werden ihnen Schaustellungen dargeboten, die mehrere Tage
hintereinander dauern. Aber es sind nicht etwa des Theaters edle Seelen-
regungen, die auf diesen Pöbel Eindruck machen; sie müssen schon
Menschenblut sehen und riechen. Für sie müssen schon zweihundert
Opfer, Märtyrer ihres Glaubens oder Gladiatoren, keuchend auf dem Kampf-
platze hinsinken. Zu feige, um sich helbst zu schlagen, will diese Menge
andere Menschen sehen, die sich vor ihren Augen schlagen, und sie gibt
sich der Täuschung eines Heldentums hin.
Die ganze Geschichte des kaiserlichen Roms wurzelt in den schicksals-
schweren Worten, die als das Totengeläut einstiger Größe dreihundert
I Jahre lang in der Stadt widerhallen sollten: Panem et Circensesl „Brot und
Spiele!"
Während die latinische Verwaltung und der römische Friede den Pro-
vinzen einige Sicherheit brachten, häuften die Nachfolger des Augustus
zu Rom Wahnsinnstaten auf Wahnsinnstaten und Verbrechen auf Verbrechen,
als ob es ihnen geradezu darauf ankäme, mit schlagenden Beispielen zu
beweisen, was alles die unumschränkte Gewalt eines Herrschers den Men-
schen in ihrem Knechtessinn und in ihren Verirrungen zumuten kann.
Tacitus und Sueton haben die Lebensbilder dieser elenden Geschöpfe
gezeichnet, die die ganze Unerbittlichkeit der Verdammung der Geschichte
verdienen würden, wenn sie nicht als mehr oder weniger geisteskrank an-
gesehen werden müßten.
Tiberius (14—37), haßsüchtig, verschlossen, habgierig, heuchlerisch, führt
in aller Stille eine geheime Schreckensherrschaft. Von der Insel Capri, der
Freistätte für seine Ausschweifungen, richtet er an den gefügigen Senat
Ächtungs- und Hinrichtungsbriefe. Er stirbt durch Meuchelmord.
Caligula {s7 — 40 führt ein kurzes Regiment, das jedoch eine einzige
lange Raserei war, und stirbt ebenso durch Meuchelmord.
Claudius (41—54), ein bemitleidenswerter Halbidiot, stirbt wieder durch
Meuchelmord.
Nero (54—68), dessen bloßer Name Grausamkeit und Raserei versinn-
bildlicht, stirbt gleichfalls durch Meuchelmord.
Mit ihm erlischt die unselige Familie der Julier. Die Welt ist ihr über
hundert Jahre untertänig gewesen, und daß diese schmähliche Knechtschaft
so lange dauern konnte, ist noch heute eine Schande und ein Rätsel.
Rom. 87
Unter Tiberius' Herrschaft hat sich auch das größte weltgeschichtliche
Ereignis abgespielt, der Tod Jesu Christi (33).
Während die Griechen ihre wunderbare Sprache und ihre noch schöneren
künstlerischen Schöpfungen über das Mittelländische Meer verbreiteten,
während die Römer den gewaltigen Ausbau ihrer gesellschaftlichen Ein-
richtungen der Welt mit den Waffen aufzwangen, waren die Juden, in die
dürre Berglandschaft Palästina eingeschlossen, eigentlich nur dazu mit
den andern Völkern in Beziehung getreten, um harte Gefangenschaften
oder demütigende Unterwerfungen erdulden zu müssen. Niemand konnte
ahnen, daß aus diesem verborgenen und unbekannten kleinen Völkchen
der große Reformator hervorgehen würde, der das menschliche Gewissen
neu erweckt, die antike Welt von Grund aus umgestaltet und für eine
sieghafte Religion begeistert hat.
Die alten Geschichtschreiber sprechen nicht von Jesus Christus, und
wir kennen ihn nur aus den Evangelien. Nun aber hat unter den Evan-
gelisten, Lukas, Markus, Matthäus und Johannes, nur ein einziger, näm-
lich Johannes, noch Christus persönlich erlebt und reden hören. Und doch
ist gerade das Evangelium Johannis dasjenige, das zu den meisten Streit-
fragen Anlaß gibt.
Es ist übrigens ganz unerheblich, ob die Evangelisten die unmittelbaren
Jünger Christi gewesen sind oder nicht. Die Zeugnisse, die sie gesammelt
haben, geben uns jedenfalls in einer beredten und einfachen Gestalt die
Geschichte Jesu Christi, sein Leben, seinen Tod und seine Lehre.
Die Evangelien! Eine Schrift von einer großartigen und erhabenen
Schlichtheit, die die Kleinsten verstehen und in denen die Größten tiefe
Gedanken finden können.
Jesus war zu Bethlehem, der Stadt Davids, in Judäa geboren und
war von niedrigem Herkommen aus dem Volke. Sein Vater Joseph war
Zimmermann zu Nazareth in Galiläa, wo er seine Erziehung genoß. Von
Kindheit an rief Jesus durch seine Schönheit und seinen scharfen und früh-
reifen Verstand die allgemeine Bewunderung hervor.
Schon lange traten unter den Juden Propheten auf, die die Ankunft eines
Messias verkündigten, der von Jehova geschickt werden sollte, um endlich
dem schweren Lose der von andern Völkern unterdrückten und geknech-
teten Kinder Israels ein Ende zu machen. Jesus war zugleich ein Prophet
und ein Messias.
Er zog durch Städte, Dörfer und Weiler, um Vergebung für Beleidi-
gungen, Entsagung, Verachtung irdischer Güter, Vertrauen auf eine gött-
liche Gerechtigkeit, Liebe zu den Menschen, unsern Brüdern, zu predigen!
88 Viertes Buch.
Man hörte Worte von Gleichheit, Demut und Frieden, wie man sie bisher
noch niemals gehört hatte!
Die wenigen Jünger, die ihm zuerst folgten, Fischer, Handwerker und
Arme, beteten ihn wie einen Herrn, ja fast wie einen Gott an. In diesen
selben Tagen beschlossen in Rom der Senat und das römische Volk in
prächtigen Palästen göttliche Ehren für Julius Cäsar, Augustus und Ti-
berius. Aber die Religion der zwölf galiläischen Apostel hat die Welt er-
obert, während die Religion der Cäsaren in Verachtung gesunken ist.
Bald mehrte sich die Zahl der Anhänger Jesu. . Man erzählte sich, daß
er Wunder täte, daß er Dämonen ausgetrieben, Wasser in Wein verwandelt,
Tote erweckt hätte und auf den Wassern gegangen sei. Nun fingen die
Priester Jerusalems, die eifersüchtigen Hüter der alten mosaischen Über-
lieferungen, an, sich allmählich zu beunruhigen. Da Jesus offen erklärte,
daß er ein neues Gesetz predige, und sich als den Sohn Gottes bezeichnete,
wünschten sie der immer größer werdenden Ketzerei ein für allemal ein
Ende zu machen. Sie beschlossen also das Gericht, d. h. den Tod Jesu
Christi.
Judäa war eine einem Statthalter (Pontius Pilatus) unterstellte Provinz
des römischen Reiches. Eine kleine römische Besatzung lag in Jerusalam.
Aber, wie es bei allen römischen Verwaltungsbeamten in den Provinzen
der Fall war, scherte sich auch Pilatus keineswegs um die Streitigkeiten
der Juden, die er verachtete, und wollte mit ihnen nichts zu tun haben.
Die Römer hatten auch ebensowenig genügend religiösen Schwärmergeist,
und so ließen sie die theologischen Erörterungen zwischen den Propheten
vollkommen gleichgültig und kalt. Daher legte auch damals Pontius
Pilatus den Häuptern der Synagoge nichts in den Weg, Jesus >.u verur-
teilen und zu kreuzigen.
So erfüllte sich die grausame Marter durch den Willen der jüdischen
Priester, wenn auch allerdings nicht durch den des jüdischen Volkes selbst.
Aber es sind nun einmal die Nationen für die Verbrechen verantwortlich,
die ihre Führer begehen. Das ganze Judentum hat für diese verhängnisvolle
Ungerechtigkeit büßen müssen, und sie hat zu allen Zeiten auf den Kindern
Israels gelastet und lastet noch heute schwer auf ihnen. Achtzehn Jahr-
hunderte des Leidens haben sie nicht auslöschen können.
Der Tod Jesu Christi wurde in Rom und dem übrigen Reiche kaum
bekannt. In Palästina selbst rief er nicht weiter große Beunruhigung
hervor. Die Jünger des Propheten zerstreuten sich, predigten die edle Lehre
weiter und berichteten und besprachen das Leben Christi, seinen Tod und
seine Wiederauferstehung; sie machten aber wohl kaum Anspruch darauf,
Rom. 8g
eine neue Religion zu gründen, sondern wollten einfach weiter nichts als
die Erinnerung an den, den sie einst so sehr geliebt hatten, nicht sogleich
völlig dahinschwinden lassen.
Doch sie wurden von den Juden mißhandelt und verfolgj:. Niemals ist
ein Haß gewaltiger als unter Menschen gleicher Abstammung. Stephan, der
erste christliche Märtyrer, vmrde auf Geheiß derselben Priester gesteinigt,
die auch Jesus gekreuzigt hatten (36).
Aber Verfolgungen haben nicht die Macht, Ideen auszulöschen. Die
Gefährten Jesu blieben seinem Gedächtnis in Liebe treu und ließen sich
nicht niederdrücken. Doch das damals zur Welt kommende Christentum
wäre gleichwohl ohne Zweifel für immer das geblieben, was es zu Anfang
allein war, eine bescheidene und einfache jüdische Sekte, wenn es nicht
sogleich von dem bedeutendsten imter allen Christen, dem Heidenapostel
Paulus, von Grund aus umgestaltet und dann in alle Welt verbreitet
worden wäre.
Für Petrus und die meisten Apostel durfte sich die Predigt der Evan-
gelien nur an die Juden, das Volk Gottes, wenden. Aber Paulus dachte
anders. Es war sein Streben, nicht bloß die Juden, sondern auch die Heiden
zu bekehren. Dreißig Jahre lang (38 — 64) führte seine feurige Sprache,
die von einer leidenschaftlichen Beredsamkeit und einer überzeugenden
Logik unterstützt wurde, Heiden und Juden der neuen Lehre zu. Er zog
nach Korinth, Athen, Rom, Tarsus, unermüdlich und heldenhaft in Ent-
sagung und Zuversicht, mehr Apostel für sich ganz allein als alle zwölf
Apostel zusammengenommen, die noch Christus persönlich erlebt hatten.
Dank seiner riesenhaften Tätigkeit wurde das Christentum eine von d.;r
mosälscHen vollkommen abweichende Religion, die allerdings aus ihr her-
vorgegangen war, ein Weltkultus anstatt einer jüdischen Irrlehre und
Ketzerei.
Als Paulus zu Rom als Märtyrer starb, gab es schon überall Christen,
in Korinth, Rom und besonders auch Antiochia (67). Diese ersten Christen
waren wirklich bewundernswerte Menschen, Heilige und Helden in einer
Person. Von den Juden verfolgt, von den Röinern verachtet, fuhren sie
fort, eine von Huld und Liebe erfüllte Lehre, die Vergebung der Sünden,
die Gleichheil der Menschen vor dem höchsten Herrn, die Nichtigkeit der
irdischen Güter gegenüber dem ewigen Leben 201 predigeni, Sie waren
dem Kaiser untertänig, aber sie weigerten sich, die Götzenbilder anzubeten
und auf den Altären der heidnischen Götter Opfer zu bringen.
Die Sklaven, die Proletarier, die Elenden, die Frauen bekehrten sich.
In den Vororten der großen Städte führte eine von den Reichen, den Sol-
go Viertes Buch.
daten und den Senatoren, die zu vollkommenen Lakaien des Kaisers
herabgesunken waren, ausgebeutete, ganz und gar zerlumpte Bevölkerung
ein klägliches Dasein. Diese Unglücklichen hatten bereits alle Hoffnung
verloren. Das Evangelium gab sie ihnen wieder. Was taten ihnen Foltern,
Hunger, Verbannung, Gefängnis, Peitschenhiebe und Krankheiten, wenn
eine wundervolle Ewigkeit ihrer wartete! Weder die Philosophen noch die
Patrizier noch die Reichen und ebensowenig die Künstler oder die Dichter
bekannten sich zu der neuen Lehre. Zwei Jahrhunderte war das Christen-
tum ausschließlich eine Religion für die geistig Armen und die Unglück-
lichen.
Aber gerade seine Verfolgung sollte ihm eine ganz außergewöhnliche
Macht verleihen.
Dem schwachsinnigen Claudius war Nero gefolgt (54).
Zu allererst schien dieser etwas Achtung für die Gerechtigkeit bekunden
zu wollen. Etwas Unerhörtes für einen Kaiser! Aber solche ehrgeizigen Be-
strebungen währten bei einem noch so jungen Manne nicht lange. Bald
zeigte er sein wahres Gesicht und wurde so grausam, lasterhaft, hinterlistig,
lächerlich, wie man es nur wünschen 'und von einem so plötzlich zum unum-
schränkten Herrscher gewordenen heruntergekommenen jungen Lebemann
erwarten konnte. Eines Tages kam es ihm in den Sinn, Rom in Brand
zu stecken, nur um einem rührseligen Schauspiel beizuwohnen, das ihm
erlaubte, Verse zu deklamieren. Und als ihm nun einfiel, wite schön es
doch sei, zur Grausamkeit noch den Hohn hinzuzufügen, verfiel er auf d.-^n
geistreichen Gedanken, die Christen der Brandstiftung zu beschuldigen.
Eine große Zahl der Anhänger der neuen Religion endete unter schreck-
lichen Foltern. Sie wurden den wilden Tieren in den Zirkussen preisgegeben,
ein abstoßendes Schauspiel, das aber die blutdürstige Menge erfreute. Nur
wenige Christen schworen ihren Glauben ab; die übrigen treugebliebenen
mußten, wenn sie ihre Religion ausüben wollten, schon einen Versteck auf-
suchen. Sie flüchteten sich in die Katakomben, die ihren geweihten gottes-
dienstlichen Handlungen lange Zeit hindurch ein schützendes Obdach ge-
währten, das sie den Späheraugen der römischen Polizei und der gewerbs-
mäßigen Angeber entrückte.
Eine Verfolgung erfüllt nur dann ihren Zweck, wenn sie kein Erbarmen
und kein Mitleid kennt. Wird nicht alles vernichtet und bleibt nur irgend
etwas verschont, so verfehlt sie die gewünschte Wirkung. Oft verdoppelt
sie sogar die Widerstandskraft der Verfolgten. Der Glaube der über-
lebenden Christen nahm eine schwärmende Begeisterung angesichts der
Rom.
91
Foltern eines ihrer Glaubensbrüder an, und jedem neuen Opfertode eines
heldenmütigen und glaubensstarken Blutzeugen folgten auch stets zahl-
reiche neue Bekehrungen.
In dem gewaltigen römischen Reiche freilich machte diese heimliche Ver-
breitung eines neuen Glaubens unter Sklaven, und Proletariern nicht
weiter viel Aufsehen. Die Schriftsteller der Zeit sprechen davon überhaupt
nicht oder kaum. In den Städten Asiens, Europas und Ägyptens, großeni
wie kleinen, faßte die römische Zivilisation ebenso friedlich wie dauerhaft
festen Fuß. An den äußersten Grenzen des Reiches bestanden die Legionen
überall wieder und wieder die härtesten Kämpfe gegen die Barbaren. In
Rom gab es noch immer einen Senat, Konsuln, Prätoren, Zensoren, und alle
diese Würden wurden noch immer leidenschaftlich erstrebt. Es schien in der
Welt überhaupt nichts anders werden zu wollen, als daß höchstens von
Zeit zu Zeit die Namen der Kaiser wechselten.
Jetzt waren es die Soldaten, die sich damit befaßten, sie zu bestimmen.
Nach Neros Tode (68) hatte der Senat die Kaiserwürde an den bejahrten
Galba verliehen, doch die Prätorianer zogen ihm Otho vor, und Galba wurde
ermordet. Andere Truppenteile ernannten Vitellius, noch andere Ve-
ßpasian. Nach einer langen Reihe unrühmlicher Kämpfe wurden nun auch
Otho und Vitellius von ihren Soldaten ermordet, und Vespasian konnte im
Triumph in Rom seinen Einzug halten (70).
Unter der Herrschaft Vespasians nahm sein Sohn Titus das aufsässige
Jerusalem durch Sturm. Das jüdische Volk wurde fast völlig vernichtet.
Die Geschichte der Menschheit hat gewiß viele Schrecken gesehen, doch
die Greuelauftritte jenes Tages haben die Grenzen alles überhaupt nur
Denkbaren überschritten. Die Hälfte der Einwohner wurde niedergemetzelt;
die übrigen erlagen dem Hungertod oder wurden als Sklaven verkauft.
Niemals konnte das Judentum und Jerusalem sich von diesem vernich-
tenden Schlage wieder erholen. Die Christen sahen in dem verhängnis-
vollen Ereignis eine gerechte Buße für den Tod Jesu Christi (70).
Und doch war Titus, dieses „Ergötzen des Menschengeschlechts", kein
Ungeheuer; aber wenn ein Feldherr an der Spitze seiner Truppen eine
Stadt erstürmt, wenn sich den Launen oder der Rache des Siegers kein
Widerstand entgegenstellt, bedurfte es schon einer nicht ganz gewöhnlichen
Stärke, wenn der Sieger seinen Sieg nicht mißbrauchen sollte.
Domitian, der Bruder des Titus, führte eine ruhmlose und grausame
Herrschaft (81 — 96). Er schließt die Reihe der zwölf ersten Kaiser würdig
ab. Vielleicht haben die Patrizier, die allein imstande waren, Geschichte
zu schreiben, die Leiden übertrieben, die die Cäsaren entfesselt haben.
92 Vierfes Buch.
Sicher gab es unter diesen elenden Kaisern mehr Glücksehgkeit und Zu-
friedenheit, als man glauben möchte, wenn man die Geschichte ihrer kriege-
rischen Heldentaten liest. Die Gesetze des Reiches waren zu gerecht und
das Reich zu weit, als daß ein Mann, mochte er auch noch so abscheulich
sein, Schrecken und Verbrechen überallhin hätte verbreiten können.
Doch in jedem Falle war das Zeitalter der Antonine für die Welt glück-
licher als das der Julier und Flavier. Nerva, Trajan, Hadrian, Antoninus
waren weise, und Marcus Aurelius war geradezu bewundernswert.
Nach der kurzen Regierung des Nerva (96 — 98) folgte ihm sein Adoptiv-
sohn Trajan (98—117).
Die ehrfurchtgebietende Weltmacht des römischen Reiches vermochte es
gleichwohl nicht zu hindern, daß die mit jedem Tag an Stärke und kühner
Verwegenheit zunehmenden Barbaren immer furchtbarer wurden. Die Ger-
manen am Rhein, die Dazier an der Donau, die Parther in Asien erneuten,
von den römischen Reichtümern verlockt, immer wieder ihre feindlichen
Grenzüberfälle. Da unternahm Trajan die schwierige Aufgabe, nunmehr
seinerseits zum Angriff überzugehen und ihre Völlige Unterwerfung zu ver-
suchen. Seine Adler waren überall siegreich, wohin er sie auch führte, von
der Donau bis zum Persischen Meerbusen und von Indien bis zum Pontus
Euxinus. Obwohl die römische Herrschaft sich auch schon bei seinem Re-
gierungsantritt über die ganze Welt auszudehnen schien, fand er auch dann
noch Möglichkeiten, sie zu erweitern. Die Trajansäule zu Rom bewahrt
für die Nachwelt die Erinnerung an seine kriegerischen Unternehmungen.
in Mitteldazien.
Auch als Herrscher zeigte er eine gleiche Arbeitskraft wie als Feldherr
und war nicht weniger rührig daheim in seinem Palast zu Rom als draußen
an den Ufern der Donau heldenmütig.
Die Regierung Trajans bezeichnet den Höhepunkt der römischen Größe.
Unter ihm war es gelungen, die Barbaren zurückzuschlagen und die Christen
zum Gehorsam gegen die Reichsgesetze zu zwingen. Aber die Stunde naht
bereits, wo Barbaren und Christen über diese Gesetze selbst Herren sein
sollten.
Hadrian (117 — 138), Antoninus (138 — 161), Marcus Aurelius (161 — 180)
setzten Trajans Werk fort und mißbrauchten, so allmächtig sie waren,
ihre Allmacht nie. Hadrian war vielleicht noch mehr als Aug^stus der Be-
schützer der Künste. Überall erhoben sich die stolzesten Prachtbauten.
Die herrlichsten Paläste wurden nach dem Muster der griechischen Kunst
von ihrer gelehrigen römischen Schülerin geschaffen und mit Bildsäulen
bevölkert. Hervorragende Schriftsteller wie Seneca, der tiefe Philosoph
Rom. 93
(2 — 66), Juvenal, der leidenschaftliche und phantasievolle Dichter (42 — 125),
Plinius, der gelehrte Naturforscher (23 — 79), Tacitus, der größte unter allen
Geschichtschreibern (55 — 140), verbreiteten hohe und edle Gedanken und
vor allem die stoische Weltanschauung, die die letzte geistige Zuflucht und
der letzte Trost aller derer wurde, die sich bis in jene Zeiten hinein ihre
Unabhängigkeit und Freiheit gewahrt hatten.
Durch ein eigenartiges Spiel des Zufalls war nun gerade der erlauchteste
unter den Stoikern ein römischer Kaiser und Nachfolger von Männern wie
Octavian, Caligula und Nero. Es war Marcus Aurelius.
Marcus Aurelius war nicht nur ein Philosoph, er war auch ein furchtloser
Feldherr, der die Strapazen und Gefahren seiner Soldaten tedlte und wie
der gemeinste unter seinen Legionären, in seinen Mantel gehüllt, auf der
Pritsche lag. Er ist wirklich ein großer Kaiser gewesen und hat uns ein
Buch hinterlassen, das man, auch ohne sich einer Lästerung schuldig zu
machen, dem Evangelium wegen mancher ähnlichen Züge, die als eben-
bürtig beide aufweisen, an die Seite stellen kann. Die Gleichheit aller Men-
schen, die Verachtung der niedrigen Leidenschaften, die Ehrfurcht vor dem
Gesetze, der kaltblütige Mut im Unglück, die Überlegenheit der Vernunft
und — alles beherrschend! — die sich dem Gewissen aufnötigende Pflicht,
die einzige Gottheit, der die Menschen zu huldigen haben I So hat der un-
umschränkte Herr und Gebieter von hundert Millionen Menschen gedacht
und gelebt.
Marcus Aurelius, der Kaiser und Stoiker, bleibt in seiner großartigen und
erhabenen Vereinsamung eine der eigenartigsten und glänzendsten Er-
scheinungen der Menschheitsgeschichte.
Nach einer achtzigjährigen Ruhe fiel das römische Reich wieder ins
Unglück zurück. Commodus, der Nachfolger des Marcus Aurelius, war
ein nicht weniger verworfenes Wesen als ein Tiberius, edn Caligula oder
auch ein Nero. Wie sie, fiel auch er durch Meuchelmord.
Der Tod" des Commodus, des letzten der Antonine, entfesselte die mili-
tärische Anarchie. Der Kaiser Pertinax, den sich die Prätorianejr selbst
gegeben hatten, wurde von den nämlichen Prätorianexn schon nach Ver-
lauf von drei Monaten ermordet (193). Nun kam die Kaiserwürde meist-
bietend unter den Hammer. Sie wurde Didius Julianus zugeschlagen, der
mehr als alle seine Mitbewerber versprochen hatte, aber er fand bereits
Septimius Severus vor, der die illyrischen Legionen, die kriegsgeübtestan
des gesamten römischen Reiches, befehligte. Gleichzeitig wurden auch noch
andere Kaiser von andern Legionen ausgerufen, so Pescennius Niger im
Orient und Albinus in Britannien.
q4 Viertes Buch.
Über seine ohnmächtigen Nebenbuhler siegreich geblieben, führte Sep-
timius Severus nunmehr ein drückendes Regiment. Er war ein geehrter
Haudegen, der auch die letzten noch übriggebliebenen Scheinfreiheiten
stürzte. Sonst war er ein rauher Kriegsfürst, der bald mit den Parthern,
bald mit den Kaledoniern, bald am Euphrat und bald am Clyde blutige
Schlachten schlug (193— 211).
Sein Sohn und Nachfolger Caracalla ist vielleicht der schlimmste unter
allen Cäsaren (211 — 217), war er doch noch eitler als Nero, noch wahn-
sinniger als Caligula und noch grausamer als Tiberius.
Die Kaiser nach ihm sind nur noch unheimliche und grauenhafte
Schatten, die bereits deutliche Spuren von Roms Verfall an sich tragen.
Heliogabalus ist ein Syrer. Er führt in Rom aus seiner Heimat die
orientalischen, zweigeschlechtigen Götter ein, trägt Frauenkleidung, umgibt
sich mit Eunuchen und verbindet mit seinen Geheimkulten die unzüchtigsten
Ausschweifungen. Er hat nicht einmal den Mut, auf anständige Weise zu
sterben, und findet so, als er sich den Dolchen der Meuchelmörder gegen-
übersieht, das einzige Ende, das seiner würdig ist. Feige flüchtet er sich
auf den Abtritt, fällt in die Grube .und erstickt darin elendiglich.
Maximinus ist ein roher Krieger; er hat nichts Römisches mehr; daßi
ihn die Prätorianer zum Kaiser ausersehen haben, verdankt er ausschließ-
lich seinem riesigen Wüchse und seiner unersättlichen Gefräßigkeit (235
bis 238).
Dann gab es andere, nur von einem Teile der Legionen ausgerufene
Kaiser, die mit den Kaisern, die die mit ihnen rivalisierenden Legionen
bestimmt hatten, im Kampfe lagen. Ihre unbekannten Namen zusammen-
auslellen, wäre zwecklos. Es gab einen Augenblick gleichzeitig zwanzig
Kaiser in aller Welt verstreut, in Pannonien, in Gallien, in Ägypten, in
Syrien, in Achaja. Der römische Senat bestätigte alle, die ihm die jedesmal
Rom am nächsten stehenden Legionen angaben.
So war dieser römische Senat wirklich nur noch ein Schatten, aber ein
durch alle Erinnerungen aus der Vergangenheit Ehrfurcht einflößender
Schatten. Mit Diocletian (284—305) verschwindet er dann ganz aus der
Well.
Zweihundert Jahre waren nun seit Trajans Thronbesteigung verflossen,
und anscheinend stand das römische Reich noch immer. Aber alles hatte
sich von Grund aus umgewandelt.
Die Anhänger Christi waren nicht mehr zu zählen, und allmählich hatte
auch die neue Religion ihre festen Glaubenssätze* (Dogmen) ausgebildet.'
Die Christen waren nicht mehr, wie zu Zeiten des Petrus und Paulus, einige
Rom. gS
wenige gebrechliche Sklaven, arme Freigelassene und elende Handwerks-
biirschen, die heimlich zusammenkamen, um die Lehren ihres Messias zu
hören, das Wort Gottes auszulegen und ihre schlichten , Bräuche auszuüben.
Vielmehr hatte im Laufe der Zeit eine große Zahl reicher Patrizierinnen
und hervorragender Frauen ein glänzendes Beispiel zur Bekehrung gegeben.
So waren die Christen jetzt eine große Partei im Staate geworden. All-
mählich hatte sich unter ihnen eine in die verschiedensten Rangstufen ge-
gliederte Priesterherrschaft, eine geistliche Hierarchie, gebildet, die auf
einer so scharfsinnigen, folgerichtigen und starken Lehre fußte, daß auch
heul, trotz aller geschickten und notwendigen Umwandlungen, aus der Ver-
gangenheit doch noch immer jene Hierarchie und jene Lehre da sind.
Da eine Religion der Zucht und der Lehre nicht entbehren kann, so be-
stand die christliche Kirche von nun an nicht bloß aus einem gläubigen
Laienpublikum, sondern außerdem auch noch aus geweihten Priestern,
die die Aufgabe hatten, das Wort Gottes unter Ausschluß aller übrigen
zu lehren. Die Priester- berufen Bischöfe, die über sie zu sagen haben, und
unter diesen Bischöfen der erste ist der Bischof 'von Rom oder der Papst.
Hervorragenden Männern von hohem Geist und Gemüte, die im Studium
des Griechischen zu Hause waren, wie Irenäus und Tertullian, war es all-
mählich durch ihre gelehrten Erklärungen der Evangelien gelungen, Un-
sicherheiten zu zerstreuen, Dunkelheiten aufzuklären und Widersprüche zu
lösen. Die christliche Religion hatte seitdem durch ihr erhabenes Bemühen,
Vernunft und Glauben, Philosophie und Religion in Einklang zu bringesn,
einen Zusammenhang und eine Einheit bekommen, wie sie bis dahin noch
keine Religion gekannt hatte.
Trotz der mehr oder weniger heftigen Verfolgungen, die die Kaiser im
Laufe der Jahrhunderte versucht hatten, waren doch mittlerweile Konzilien
oder Versammlungen von Bischöfen zustande gekommen, die sich über
gewisse fundamentale Lehrsätze oder Dogmen einigten. So fanden Kon-
zilien in Karthago, in Alexandria und in Antiochien statt, waren doch
Ägypten und Syrien damals mehr als selbst Rom zu einer Art von Brenn-
punkten des jungen Christentums geworden.
Hello Brennpunkte, zwischen die keine verdunkelnde ernste Ketzerei trat!
Den ruchlosen syrischen und den wunderlichen griechischen Gottheiten
stellte sich dort der strenge und vernunftgemäße jüdische Monotheismus
entgegen, geläutert durch die reine Sittlichkeit der Evangelien. Die Hoff-
nung, eine große und unermeßliche Hoffnung, winkte allen Gläubigen.
Daher wuchs auch die Zahl der Christen immer mehr. Es gab Christen im
Heer und beim Gericht, unter den Verwaltungsbeamten und unter den
g6 Viertes Buch.
Sonatoren. Sie bauten Kirchen und Schulen. Sie wurden eine Macht, die
die Behörde weder übersehen noch bekämpfen konnte. Die Opfer der alten
Religion waren nur noch eine verjährte Überlieferung. Sie bestanden jedoch
weiter, denn immer dauern die äußeren Formen des Kultus auch dann noch
an, wenn schon längst aller Glaube daran erloschen ist.
Diocletian versuchte umsonst, die Christen noch ein letztes Mal durch
eine Verfolgung zu vernichten. Sie war ebenso grausam und ebenso un-
wirksam wie die andern.
Von allen Seiten stürzte das Reich zusammen. Die Barbaren griffen,
durch den Reichtum der Völkerschaften mit römischer Kultur und ihre
Schwäche ermutigt, alle Grenzen bedrohlich an. Schon waren keine Legio-
nen mehr aufzutreiben, um ihnen Halt zu gebieten; denn anstatt an den
Grenzpfählen des Reiches zu lagern, hatten sich die Soldaten in die von
ihnen selbst mit Befestigungswerken versehenen Städte zurückgezogen. In
Britannien, in Numidien, in Armenien, an der Donau, 'überall wichen die
römischen Heere vor jenen neuen Völkern zurück, die nichts weiter als
Krieg kannten und nichts weiter als zu plündern verlangten. Eine ver-
derbte Zivilisation hatte sie nicht herabgewürdigt, und ihre Stärke war
ihre Fruchtbarkeit, eine Fruchtbarkeit, die alle Niedermetzelungen unter
ihnen zwecklos machte. Hinter den Angreifern drängten sich wieder neue
unbekannte Völkerschaften, die sie ihrerseits vorwärtstrieben, zum Anstürme
gegen die römische Welt.
Aber die römische Welt verjüngte sich selber nicht mehr; eine freiwillige
Unfruchtbarkeit und eine Art fester Wille sich nicht fortzupflanzen zer-
rüttete die Ehen. Die Fluren wurden entvölkert; die Städte wurden die
Zufluchtsstätten der schlimmsten Abenteurer, die Schlupfwinkel der
schmutzigsten Ausschweifungen. Rom konnte keine Soldaten mehr aus-
heben; seine Heere waren nur noch Hteere von Söldnern, ja von Bar-
baren; denn das Reich konnte gegen die Barbaren nur noch mit Unter-
stützung der Barbaren selbst ankämpfen.
Diocletian dachte, daß noch immer zu viel Freiheiten übrig wären, und
so schaffte er die letzten Spuren der alten Republik ab. Er nannte sich
nicht mehr Imperator, sondern Herr (Dominus). Es gab keine aus freien
.Wählen hervorgegangenen selbständigen Verwaltungsbeamten mehr, son-
dern nur noch Diener des Kaisers, die unmittelbar von dem Herrscher
, als solche berufen wurden, Herzöge, Grafen, Statthalter. Er trug das
I Diadem, schmückte sich mit kostbaren Kleinodien und ließ sich von einem
t ganzen Harem bedienen. Wie vor den Königen von Persien mußte man
'sich vor ihm niederwerfen. Die Würdenträger wurden Lakaien, und die
Rom. 97
Lakaien wurden die vornehmen Herren. Die rühmlichen aristokratischen^
Überlieferungen von dereinst sanken ru e.iner' einförmigen sklavischen
Unterwürfigkeit herab.
Das monarchische Prinzip, das die Völker in ihrer Kindheit noch in
seiner ganzen schafsmäßigen Einfältigkeit aufgefaßt hatten, jenes Prinzip,
das schon dereinst die Griechen und die alten Römer verwünscht hatten
und das auch Kaiser wie Nero und Commodus nicht wieder in Rom ein-
zuführen vermochten, war nun in seiner ganzen Häßlichkeit triumphierend
wiedergekommen.
In derselben Zeit untergrub Diocletian selbst die Einheit des römischen
Reiches und ernannte aus freiem Willen zwei Augusti, d. h. zwei Kaiser,
und außerdem zwei Cäsaren, die im voraus dazu bestinmit waren, jenen
zu folgen. Der eine erhielt Gallien und Spanien, der andere Griechen-
land und die adriatische Küste, ein dritter ItaÜen und Afrika. Diocletian
selbst nahm sich Thrazien und das Morgenland.
Ja, um sein weites Reich leichter zu regieren, wollte er auch nicht mehr
in Rom bleiben, in jenem Rom, das er so verachtete und von dem er so
verachtet wurde; er verlegte daher deri Sitz seines Reiches nach Niko-
medien in Kleinasien, aber alles war umsonst ; er konnte nur feststellen,
daß er auch jetzt den Verhältnissen gegenüber ohnmächtig blieb, und so
dankte er auf seine alten Tage müde und von allem angewidert ab (305).
Nun machten die verschiedensten Bewerber ihre Ansprüche auf die
Kaiserwürde geltend; einer verriet den anderen, und Ströme Blutes flössen
in diesen Kämpfen zwischen so vielen Nebenbuhlern. Da zog Konstantin,
der ernannte Cäsar in den beiden Gallien, seinem Widersacher, dem imvor-
nehmen Maxentius, dem Cäsar Italiens, entgegen und brachte ihm in
allernächster Nähe Roms an dem Pons Milvius eine vernichtende Nieder-
lage bei (312). Einer späten Sage zufolge soll Konstantin während der
Schlacht ein leuchtendes Kreuz am Himmel bemerkt haben, auf dem er
die Worte erkannte: „/n hoc signo vinces /" Von dem Tage an soll er sich
dann entschlossen haben, Christ zu werden. In Wirklichkeit aber war
Helena, Konstantins Mutter, bereits lange vor dieser Schlacht Christin
geworden und auch die Bekehrung von Konstantin selbst schon geraume
Zeit vorbereitet gewesen.
Das bisher stets verfolgte Christentum tritt damit seine Weltherrschaft
an. Die Macht geht an die katholische Kirche über, die auf lange Zeit hin
unumschränkt über die Massen und ihre Gewissen herrschen sollte.
Mit diesem Zeitpunkt endet das Altertum, da^ immer noch weit i-^icher
an Ruhmestaten als an beschämenden Vorgängen ist. Konstantin überläßt
7 Riebet, Geschichte der Menschheit
Q8 Viertes Buch. Rom.
nun Italien ungeschickten Statthaltern und den Barbaren. Byzanz an den
Gestaden des Bosporus wird von jetzt an Konstantins Stadt und heißt nun
Konstantinopel, und das oströmische Reich tritt an die Stelle des alten
römischen Reiches, das entartete Spätrömertum an die Stelle des echten,
ursprünglichen.
Alles wandelt sich in den menschlichen Gemeinschaften, doch geht darin
nichts verloren. Die Barbaren und die Christen sollten es zuwege
bringen, die Einrichtungen Roms von Grund aus umzustürzen und die
Meisterwerke Athens auszurotten. Doch was tut es? Athen und Rom
sind noch heute in unserem ganzen modernen Dasein lebendig^.
Die Welt des Altertums ist nicht entschwunden, hat sie doch der Mensch-
heit das hinterlassen, 'was die eigentliche Kraft und Stärke der Menschheit
ausmacht: die athenische, die Kunst und das Denken, die römische, das
Recht und die Verwaltung. Die lateinische Sprache ist in den verschie-
densten Gestaltungen diejenige, >,die noch heute Millionen und aber
Millionen von Menschen sprechen. Und nachdem die Kirche zwölf
Jahrhunderte lang geherrscht hatte, bis endlich der menschliche Geist
seine Macht wiederfand, sollte er von da an nach Rom vmd Athen zu-
rückkehren.
Fünftes Buch. Die Kirche. gg
FünftesBuch.
Die Kirche.
Die Zeiten, die der Bekehrung Konstantins folgen, waren durch das
Ringen des Christentums mit dem erlöschenden Heidentum bezeichnet.
Der Glaube der Christen war um so tiefer, je heftiger die Verfolgungen
waren, die er noch eben durchgemacht hatte. Nun verträgt sich Glaube
etwa nicht mit Duldsamkeit. Daher war auch schon bald nicht mehr das
geringste von der Verehrimg der alten Götterbilder zu bemerken^ die
höchstens durch Volksaberglauben manchmal in christliche Kultusgegen-
stände timgearbeitet wurden. Die Bildsäulen wurden zertrümmert (Ikono-
klasten), die Tempel zerstört oder in Kirchen umgewandelt. Alles, was an
die den falschen Götzen geweihte Kunst degr Griechen und der Römer
erinnerte, wurde in Acht und Bann getan. Ein neuer Stil in der Malerei,
Bildhauerei und Architektur verdrängte die Kunst eines Phidias und eines
Praxiteles, jene auserleserie Kunst, deren Nachahmung sich die römischen
Künstler zur Ehre gerechnet hatten, und mißgestaltete Bilder traten an
die Stelle der Meisterwerke.
Bis dahin hatten die verschiedenen JCirchen, wie die römische, die
syrische, die afrikanische, die griechische, die ägyptische, einigermaßen ihre
Unabhängigkeit voneinander bewahrt, aber jetzt verlangte die Ausbreittmg'
des Christentums strengere Regeln und eine straffere Hierarchie. Die Ge-
walt der Priester über die Gläubigen, der Bischöfe über die Priester, des
Papstes über die Bischöfe und der Konzilien über den Papst wurd'e allent-
halben erhöht. Große und edle Geister, die Kirchenväter, vertieften die
Dogmen, legten das Evangelium aus, indem sie für die Gleichnisse den
einen oder den andern Sinn beschlossen und nach hin- und hergehenden
gründlichen Erörterungen die Bestätigung ihrer Auslegung bei den Kon-
zilien einholten. So bildete sich allmählich die allgemeine (katholische)
Religion in ihrer starken Einheit und imerbittlichen Logik aus.
Aber das endgültige Dogma triumphierte erst nach herzzerreißenden
blutigen Zerwürfnissen; denn diese theologischen Streitigkeiten, die alle
Geister entflammten, brachten tiefgehende Spaltungen hervor.
7*
loo Fünftes Buch.
So gab es eine, die gefährlicher als alle übrigen war undi im Begriffe
stand, die Oberhand zu gewinnen. Ein Priester namens Arius bewies mit
Gründen, die hier unmöglich ausgeführt werden können, daß in der
Heiligen Dreieinigkeit keine Gleichheit zwischen Vater, Sohn imd Heiligem
Geist bestünde. Da Arius ein gewandter Logiker und ein begabter Redner
war, traten viele Priester seiner Ansicht bei.
Da berief Konstantin, der sich zum bevollmächtigten Schutzherrn des
gesamten Christentums entwickelt hatte, ein Konzil nach Nicäa;, in dem
des Arius Ketzerei feierlich verdammt wurde (321). Konstantin selbst,
der die Unerschütterlichkeit seines neuen Glaubens beweisen wollte, über-
j nahm es, diesem Beschlüsse des Konzils Gesetzeskraft zu geben. Jeder An-
I hänger des Arius wurde zum Tode verurteilt.
So hatte kaum die Verfolgungswut gegen die Christen nachgelassen, als
sich nunmehr die Christen selbst gegenseitig verfolgten.
Die Ketzerei des Arius zeigte hartnäckige und zähe Widerstandskraft.
Noch zwei Jahrhunderte nach dem Konzil von Nicäa waren Spuren davon
in Syrien und Ägypten vorhanden.
Andere Christen, die ein nicht weniger lebhafter, aber um vieles schwär-
merischerer Glaube von den spitzfindigen Erörterungen der Theologie und
den gebrechlichen Größen dieser Welt fernhielt, schlugen wieder einen
andern Weg ein. Besonders im Morgenlande und noch mehr in, Ägypten,
in dem Lande der metaphysischen und religiösen Träumereien, traten sie
nicht bloß zum Beten, sondern auch zu einem gemeinschaftlichen Leben
zusammen. Es bildeten sich christliche Ordensbrüderschaften. Einige unter
diesen Ordensbrüdern, die von einem noch glühenderen Glauben waren,
wie Cönobiten, Asketen, Einsiedler (Eremiten), zogen sich in die Wüste
zurück, um sich zu kasteien und zu Gott zu beten.
Aber die Schicksale der Asketen waren nicht etwa gleiche wie die den
Klostermönchen vorbehaltenen. Der Asketismus ging bald in dem Sande der
afrikanischen Wüste unter, während noch lange nach ihm in den ver-
schiedensten und verfeinertsten Gestalten die Organisation der Mönche in
Konventen, Klöstern und Mönchsorden eine ganz ungewöhnliche Ent-
wicklung erfuhr. Das Mittelalter und auch die Neuzeit hat diese noch in
voller Blüte gesehen. *
Es war wahrhaftig kein plötzlicher Zwischenfall von entscheidender
Wirkung, wie wir ihn bisweilen auf der Bühne bei einem Sensationsstück
erleben, der die Ablösung des heidnischen Götterkultus durch die christliche
Religion herbeiführte. Nein, so unvermittelt war die neue Lehre wirklich
nicht zur Herrschaft gelangt. Vielmehr konnte man geraume Zeit ein
Die Kirche. lOl
Schwanken zwischen den beiden rivalisierenden Religionen bemerken, be-
sonders auch bei den Kaisern, derart, daß beispielsweise die letzteren nach
dem Vorgange Konstantins noch lange an dem kaiserlichen Gewände neben
dem christlichen Sinnbilde des Kreuzes die heidnischen Abzeichen der
Oberpriesterwürde trugen.
Ja, sogar einige Jahre hindurch (355 — 362) bekannte sich ein Kaiser
ebenso kühn wie offen wieder zum alten Heidentum. Es war dies Julian,
von den Christen, deren Lehre er tatsächlich zurückwies, Apostata genannt.
Julian versuchte den Hellenismus noch einmal ins Leben zurückzurufen.
Aber die Zeiten waren schon von zu starrer Unduldsamkeit und Glaubens-
wut erfüllt, und so war er, so geschickt er sich auch als Staatsmann zeigen
mochte, nicht imstande, die Gemüter zu beruhigen.
Obwohl ein wackerer Soldat, konnte er doch nicht die Barbaren für
die Dauer zurückdrängen. Er fand in einem Alter von nur dreiunddreißig
Jahren bei Susa in einer großen Schlacht gegen die Perser einen ruhmvollen
Tod. Es wird berichtet, daß er das Geschoß, das ihn tödlich getroffen hatte,
aus der Wunde zog und es mit dem Ausruf in die Luft warf: „Du hast
gesiegt, Galiläer!" Die Sage ist in dieser Gestalt wohl kaum der Wirklich-
keit entsprechend, aber jedenfalls sinnig und bezeichnend. Von jenem Tage
an war die Religion Christi in der Tat die große Weltmacht geworden, als
die wir sie von nun an kennen.
Nach einer Reihe unbedeutender Kaiser, wie Jovian, Prokop, Valeu-
tinian, Valens, Gratian, folgt Theodosius (379—395), der nach seinen mehr
oder weniger mittelmäßigen Vorgängern einmal wieder durch Fähigkeiten
hervorragt.
Er versuchte noch einmal die Einigkeit des Reiches herzustellen und
hatte auch, solange er lebte, damit Erfolg; aber schon nach seinem Tode
teilte sich das Reich wieder unter seine beiden Söhne.
Er bekämpfte die Heiden wie auch die Arianer. Durch strenge Ver-
ordnungen verhinderte er die Verbreitung der Ketzerei und tilgte er die
letzten Spuren des Heidentums. Gleichwohl mußte er sich den anmaßenden
Forderungen der katholischen Kirche fügen. Schon mischte sich die geist-
liche Gewalt herrschend in die Angelegenheiten des Staates. Der Heilige
Ambrosius zu Mailand verwehrte dem Kaiser Theodosius so lange den
Zutritt zur Kirche, bis er sich durch öffentliche Buße von den allerdings
abscheulichen Metzeleien, die er in Thessalonich zugelassen hatte, zu
reinigen entschloß.
Um einen kräftigeren Widerstand gegen die Barbaren zu ermöglichen,
hatte er sich mit ihnen in Unterhandlungen eingelassen und sich mit den
I02 Fünftes Buch.
Goten verbündet; hatten doch die Streitmächte Roms wirkUche Römer
schon lange nicht mehr aufzuweisen. Die schhmmsten Feinde des Reiches
wurden in seine Heeresabteilungen eingegliedert.
Schon gegen Ende des vierten Jahrhimderts war der Ansturm der Bar-
baren nicht mehr wie vor Zeiten eine bloße Drohung, sondern bereits eine
ernste Wirklichkeit. Von allen Seiten folgten immer wieder neue Stämme
stoßend und drängend den Germanen nach, jenen alten Feinden Roms,
die es ja nun schon so lange und so gut kannte. Aber nicht bloß mit
kriegerischen, nein, auch mit friedlichen Einbrüchen überzogen die Bar-
baren Rom gleichfalls von allen Seiten. In diei fasjt völlig vereinsamten,
Fluren drangen sie ein und ließen sich dort nieder, ohne jeden Kampf, ja
auf dem geräumten Grund und Boden von der zurückgebliebenen um-
wohnenden Bevölkerung noch freudig willkommen geheißen.
Aus dem nördlichen Germanien und den baltischen Ländern waren die
Goten in Thrazien, Italien und Gallien eingebrochen. So hatten sie ein
gotisches Reich gründen können, das sich bald in zwei selbständige Stämme
schied: die Wisigoten oder Westgoten (westlich der Elbe) und die Ostro-
goten oder Ostgoten (376), die sich an den Ufern der Donau und am
Schwarzen Meere niederließen.
Andere bisher unbekannte Völkerschaften germanischen und slawischen
Ursprungs überschwemmten die beiden gallischen Provinzen Roms, den
römischen Teil Germaniens und alle übrigen Teile des Reiches; sie nannten
sich Franken, Burgunder, Vandalen, Alamannen *, Angeln, Sachsen ; die
damals noch vollkommen neuen Namen sollten in Zukunft die der großen
europäischen Völker werden.
Diese noch jungen Barbarenstämme drängten wieder andere derartige
weiter, die die römische Zivilisation bereits halb umgebildet hatte, und
nötigten auch ihnen wieder ihre wilden Sitten auf. So herrschte überall
Schrecken; Legionen aber gab es nicht mehr, um der zerstörenden Flut
Einhalt zu tun.
Da schien es einen Augenblick dem Theodosius mehr durch Verträge
als durch Schlachten gelingen zu wollen, den Ansturm zurückzuschlagen.
Aber nach seinem Verschwinden begann er sich sogleich wieder zu regen,
und diesmal konnte seinem weiteren Vordringen nichts in den Weg gelegt
werden.
Es war der Westgotenkönig Alarich, der nun in Thessalien, Mazedonien,
Griechenland und Italien eindrang, überall, wo er hinkam, plünderte und
* Nach den Alamannen werden ja die Deutschen von den Franzosen Allemands
genannt.
Die Kirche. 103
raubte. Mehrmais zwar wurde ier zunächst besiegt, büeb aber schließhch
selbst Sieger und bemächtigte sich Roms, das er einer furchtbaren Plün-
derung aussetzte. Er war allerdings ebenfalls zum Christentum über-
getreten, doch galt das der Kirche nicht so recht als eigentlicher Gewinn,
weil Alarich aus unbekannten, doch wohl wirklich nicht gerade philo-
sophischen Gründen den arianischen Ketzerglauben angenommen hatte.
Während sich die Westgoten im südlichen GalUen niederließen, drangen
die Vandalen, ein anderer germanischer Stamm, nachdem er zuvor den
Rhein überschritten und die beiden galHschen Provinzen verwüstet hatte,
in Spanien ein. Die Herren der Welt sind jetzt nicht mehr die Nachfolger
der römischen Cäsaren, sondern ein Theodorich, der König der Westgoten,
und ein Geiserich, der König der Vandalen.
In diesen stürmischen Zeiten, wo in wenigen Jahren Reiche neu
erstanden und auch schon wieder vergingen, gab es nur ein wahrhaft
großes Reich, das vandalische (422 — 476). Geiserich war mit seinem
Heer in Afrika gelandet. Er eroberte Mauretanien, nahm Karthago und
Hippo (Bona), welches letztere er zu seiner Hauptstadt machte (435)- Er
verstand es, sich eine Flotte zu schaffen, fuhr nach Korsika, Sardinien,
den Balearen und unterwarf alle diese Inselländer seiner Macht. Er drang
bis Rom vor, das er belagerte und plünderte, eine denkwürdige Plünderung,
die länger als die Belagerung dauerte. Von da fuhr er nach Dalmatien imd
dann nach Griechenland, so daß es ihm gelang, ein gewaltiges, wenn auch
vergängliches Reich zu gründen.
Die Geschichte, so nachsichtig, wie sie im allgemeinen Eroberem
gegenüber ist, hat sich gegen die Vandalen äußerst streng gezeigt. Ala-
mannen, Franken, Burgunder, Langobarden, Normannen, Sachsen, sie alle
haben in der Welt die gleiche tierische Zerstörungswut betätigt, und doch
stehen ihre Namen geehrt da, während der der Vandalen, man weiß
nicht recht, warum, berüchtigt ist.
* *
*
Noch ein anderer, weit furchtbarerer Völkersturm kündigte sich drohend
an, in dessen Verlaufe mehr Blut fließen und sich mehr Trümmer anhäufen
sollten als in allen vorangehenden Kriegen, die doch schon wahrhaftig
mörderisch und entsetzlich genug gewesen waren. Diesmal waren es die
Hunnen.
Bisher waren die angreifenden Völker stets von gleicher Menschen-
rasse gewesen als die angegriffenen : Franken, Goten, Burgunder, Vandalen,
Dazier, ja auch die Parther, alle waren sie von weißer Rasse, Menschen
jo4 Fünftes Buch.
von kräftigem Körperbau, hochgewachsen, blauäugig und blondhaarig.
Aber in den Hunnen lernt Europa eine neue Rasse kennen, die hinter den
älteren europäischen in allem zurückbleibt, nur in ihrer Tierheit ihnen
vielleicht noch über ist. Aus Mittelasien (der Mongolei) stammend,
sind die Hunnen Barbaren unter den Barbaren. Attila, ihr häßlicher
I Häuptling, ist nur ihr typisches Abbild. Klein, untersetzt, zottig, mit
I engen Schlitzaugen und platt gedrückter Nase, gibt er ein widerwärtiges
! Wesen ab, das ebensoviel Ekel wie Entsetzen erregt. „Wohin der Huf
j meines Pferdes gekommen ist, wächst kein Grasl" äußerte er wiederholt.
I Und er bezeichnete sich selbst als Gottesgeißel.
Aber er wußte auch, wie alle echten Eroberer, an gewissen Tagen
mit der Gewalt die List zu vereinen. Man nötigt dem Morgen- und dem
Abendlande vom Pontus Euxinus bis zur Seine und von Thessalien bis zum
Rheine seine Herrschaft nicht auf, wenn man ihr nicht mit ein wenig Schlau-
heit von mehr oder minder zweifelhaftem Werte nachhilft.
Er fängt im Osten an, indem er die Germanen Thraziens bedrängt
und hinschlachtet (446). Ein schwacher oströmischer Kaiser, Theodosius H.,
zahlte ihm eine drückende Abgabe (sechstausend Pfund Gold) dafür, daß
er nicht auch in Konstantinopel einzog.
Da wandte er sich wieder zum Abendlande zurück, fvon einem anderen
Kaiser veranlaßt, der noch schwächer als Theodosius war, Valentinian. Er
wollte auf dem Wege über die beiden Gallien inach Rom vorrücken und
ergoß sich mit einem unzähligen Schwärme von Barbaren laller Rassen,
die herbeigeströmt waren, um ihm Folge leisten und unter ihm rauben
und plündern zu dürfen, über den Rhein. Überall, wo er hinkommt, folgen
Verheerung und Entsetzen. Blühende Städte wie Trier und Reims werden
dem Erdboden gleichgemacht. Er dringt bis Paris vor, das, wie die
Sage berichtet, die heilige Genoveva rettet, dann bis Orleans. Aber die
germanischen Völker, die damals unter den römischen Adlern kämpften,
die Franken und die Westgoten, unter der Führung des Aetius, eines
großen Feldherrn von* dunkler Herkunft, bringen ihm in der Champagne
auf den Katalaunischen Gefilden nach einem der blutigsten Kämpfe, die
die Geschichte erlebt hat, eine vernichtende Niederlage bei (451).
Doch es gelang ihm, zu entkommen und, aus Gallien zurückgedrängt,
sich wieder auf Italien zu werfen und Rom zu bedrohen.
Das Blut jener alten Römer, die einem Hannibal widerstanden hatten,
floß nicht mehr in den Adern irgendeines Römers jener Zeit, und so kamen
sie der Gottesgeißel schon auf halbem Wege nicht als Soldaten, sondern
als Flehende entgegen. Vielleicht war Attila ebenso wie sein Heer des
Die Kirche. Io5
Krieges müde; jedenfalls nahm er den Tribut, der ihm damals angeboten
wurde, um sich an die Ufer der Donau in seinen Holzpalast zurückzuziehen
und hier ein Jahr später zu sterben (453)-
Nach . seinem Tode brach das Hunnenreich zusammen, das sich noch
weit vergänglicher erwies als das Alexanders. Doch dieser gräßliche
Völkersturm war darum nicht weniger verhängnisvoll gewesen. Ganz abge-
sehen von den Verwüstungen und Metzeleien, die er angerichtet hat, hat er
Mongolenblut in das Blut der weißen Rassen gemischt, wodurch dieses nur
an Wert verlieren konnte.
Das 4. und 5. Jahrhundert gehören zu den traurigsten der menschlichen ■ i
Vergangenheit. '
Alle Zivilisation ist erloschen, braucht doch der Kulturmensch etwa gar
nicht so lange Zeit, um zu dem Zustande der Wildheit zurückzukehren.
Die Fluren werden eine nach der andern verlassen; auch die Städte,
mochten es die sein, die vor Zeiten groß gewesen waren, oder die, die es
noch einmal werden sollten. Die Bewohner des Landes und der Heide
(„Heiden", pagani), die für ihre alten abergläubischen Bräuche Achtung
bewahrt haben, werden von den Christen gehetzt und verfolgt oder von
den Barbaren niedergemetzelt. Die alten Baudenkmäler werden zerstört,
sei es von ketzerischen Sekten, von denen es wimmelt, sei es von den
Barbaren selbst. Der Einfluß Roms ist nur noch in der Erinnerung vor-
handen; er ist gleichzeitig geschätzt und unbekannt; denn die Barbaren,
die sich in den eben noch von ihnen geplünderten Ländern niederlassen,
wissen von allem Vorausgegangenen nichts. Spanien, Germanien, Gallien,
Kyrenaika, ja Italien haben keine Thermen mehr noch Luxusvillen, noch
Zirkusse, noch Theater.
Bildliche Darstellungen, die die denkbar ungeschicktesten und plumpsten
Machwerke sind, verdrängen die edle griechische Plastik. Es gibt keine
Geschichtschreiber, Philosophen und Dichter mehr. Die germanischen oder
keltischen Sprachen, die vor der der Römer zurückgewichen waren, ver-
schwinden vollends, da sich alle Barbaren beeilen, Latein zu sprechen.
Aber das Latein, das sie sprechen, besteht nur noch aus mehreren
Abarten desselben, die verdorben, mißgestaltet und ebenso barbarisch sind
wie sie selbst, und ist dazu bestimmt, sich durch fortgesetzte Umgestal-
tungen schließlich je nach der Gegend zu dem Italienischen, Spanischen,
Portugiesischen, Provenzalischen, Französischen und Rumänischen zu ent-
wickeln.
I o6 Fünftes Buch.
Inmitten dieser allgemeinen Trostlosigkeit waren die christlichen Kirchen
die einzige Zuflucht.
Das Abendländische Römische Reich war dahingeschwunden. Ein ger-
manischer Heerführer Odoaker hatte den letzten der Kaiser abgesetzt,
einen Knaben, der sich vermöge einer sonderbaren Laune der Geschichte
nach dem Gründer Roms Romulus und zugleich nach dem Gründer des
Kaiserreichs Augustus nannte (476).
Nach Odoaker wurden die Ostgoten, die Theodorich nach Italien geführt
hatte, die Herren dieses Landes (493). In jenem Augenblicke waren
die Westgoten die Herren von Südgallien mit der Hauptstadt Toulouse
(418), von Spanien und von Afrika. Der Ostgotenkönig Theodorich, der
die meisten der traurigen Herrscher seiner Zeit an Staatsweisheit übertraf,
suchte die durch die vielen Kriege angerichteten schweren Schäden wieder
ein wenig gut zu machen und durch eine gemeinsame Gesetzgebung, unter
die er sie stellte, ein Zusammenleben zwischen Siegern und Besiegten,
d. h. zwischen Italienern und Barbaren, zu ermöglichen.
Im nördlichen Gallien hatte der Stamm der Franken das Übergewicht
gewonnen, dank der staatsklugen Geschicklichkeit eines seiner Häuptlinge.
Chlodwig ist gewissermaßen als der Gründer des Königreichs Frankreich
anzusehen (466 — 511). Dieser scheinbar so plumpe und ungeschickte Barbar
war im Grunde ein höchst berechnender und berechneter Staatsmann.
Die über die Galloromanen gewonnene 'Schlacht bei Soissons (486)
öffnete ihm das Seinetal, wo er seine Macht fest begründete. Er kämpfte
auch gegen die benachbarten germanischen Völkerschaften siegreich: im
Norden gegen die Alamannen, die er bei Tolbiacum, im Osten gegen die
Burgunder, die er an den Ufern der Ouche (500), im Süden gegen die West-
goten, die er bei Vouill6 in der Nähe von Poitiers schlug (507). Er hatte
'sich zum Christentume bekehrt und wurde von dem Heiligen Remigius
i zu Reims gekrönt. Dieser Häuptling eines kleinen germanischen Stammes
■ wurde so der erste König von Frankreich.
Die Barbaren hatten die Länder, in die sie kamen, bei ihrer Ankunft
verwüstet vorgefunden und kaum eine weitere Eroberung machen können,
als die des bloßen Grund und Bodens. Aber das Klima war weniger rauh
als in den düsteren Wäldern der Wfeichsel odet der Elbe. Daher setzten
sie sich schon lieber in den eroberten Gebieten fest, als daß sie erst wieder
auf neue Eroberungen ausgingen. So die Vandalen in Afrika, die West-
goten in Spanien, die Franken und die Burgunder in den beiden Gallien,
die Ostgoten und die Langobarden in Itahen, die Alamannen, die Baju-
varen und die Sachsen in Germanien, die Angeln auf dem britischen
Die Kirche. 107
Inselland, alle erstrebten dauernde Niederlassungen, und siehe da, vom
sechsten Jahrhundert an hörten in der Tat die Völkerwanderungen und
Völkerstürme auf. Die Führer nahmen von den Ländern Besitz, die
Krieger mischten sich mit der einheimischen Bevölkerung und begannen
den Boden zu bearbeiten oder sich in Marktflecken niederzulassen. Die
Soldaten verwandelten sich in Ackerbauer und Handwerker. Von nun
an gab es keine Völkerwanderungskriege mehr, sondern nur noch Kriege
der Eifersucht zwischen zwei benachbarten Stämmen, deren Häuptlinge das
eigne Gebiet auf Kosten des andern erweitern wollten. Solche Häuptlinge
nannten sich gern Könige. Der Ostgotenkönig Theodorich machte sogar
einen vergeblichen Versuch, die alte römische Kaiserwürde seiner Person
zu Ehren wieder aufrichten zu wollen.
Chlodwig, Dagobert, Chlotar maßten sich alle Kennzeichen des König-
tums an; sie bauten sich Paläste und umgaben sich mit einer Art Hof,
an dem sie alles neu erstehen ließen, was geeignet war, Sie Erinnerungen
an das alte Rom wieder lebendig zu machen.
Chlodwig und die Franken waren im Jahre 497 zum Christentum über-
getreten. Die Angeln und Sachsen, die in das Land der Briten (Groß-
britannien) eingedrungen waren, traten später im 6. Jahrhundert über.
Die Sachsen Norddeutschlands waren die letzten, die die christliche Religion
annahmen; im Jahre 800 nötigte sie ihnen Karl der Große durch heiße
Kriege auf.
Die Volksgrenzen jener Zeit stimmten etwa keineswegs genau mit den
heutigen überein. Die Einheit Frankreichs existierte ebensowenig wie
die Germaniens, Spaniens oder Italiens. Es ist nicht unnütz, liieran die-
jenigen zu erinnern, die in unsern zufälligen augenblicklichen Grenzen
unverbrüchliche Schicksalsbeschlüsse für die Ewigkeit sehen. Der König
von Frankreich war gleichzeitig Herr über den Rhein wie über die Seine
und genau ebenso deutsch wie französisch. Die Burgunder hatten den
Südosten, die Westgoten die Mitte und den Südwesten Galliens inne, die
Langobarden nahmen nach Zurückdrängung der Ostgoten ganz Italien in
Besitz.
Nichts war veränderlicher als diese Grenzen. Noch nach dem Tode
eines jeden Königs teilten sich seine Söhne in die Erbschaft. Die Bevöl-
kerungen wechselten ihre Herren mit vollkommener Gleichgültigkeit; denn
unter den verschiedensten Namen blieb das Elend immer das gleiche.
Die Fürsten waren ohne Gewalt über die Gemüter, die wahre Herrschaft
war die der katholischen Kirche. Sogar gegenüber den Barbaren ist die
sittliche Macht nicht ganz einflußlos. Und jetzt, wo von dem römischen
Io8 Fünftes Buch.
Staatsgebäude nur noch schwache Spuren übrig waren, war unter den
Trümmern allein die Kirche aufrecht und unversehrt stehen geblieben,
die Kirche, die selbst den erstaunten Barbaren einen Glauben eingab, den
sie zwar nicht richtig verstehen konnten, dessen Größe sie aber unbestimmt
' ahnten. Die Krippe von Bethlehem und das Kreuz von Golgatha sind
geeigneter, die Seelen zu rühren, als der Gorgias des Plato.
Die Priester, die Bischöfe, die Mönche waren durch die Macht der
Tatsachen gewissermaßen die Hüter dessen geworden, was von der alten
; griechisch-römischen Kultur noch zu retten möglich war. In die Klöster,
; die die Barbarenkönige allein achteten, hatten sich alle die Menschen
geflüchtet, die noch zu denken fähig waren. Es handelte sich nicht etwa
um gelehrtti oder begabte Schriftsteller, sondern es waren Leute, die in
einem lebendigen und schlichten Glauben lebten und mitten in der allge-
meinen Unwissenheit einige Achtung für die Dinge des Geistes bewahrten.
Es war das gewissermaßen ein schwacher Lichtschein, der schüchtern in
all der dichten Finsternis flackerte.
Während das weströmische Reich von den Barbaren zerstückelt wurde,
baute das oströmische zu Byzanz den überlieferten Formenkram immer
weiter aus und brachte ihn dadurch nur noch mehr herunter.
Diese oströmischen Kaiser, unbedeutende Persönlichkeiten, die ihre Mittel-
mäßigkeit der strengen Beurteilung der Geschichte entzieht, hatten nichts
weiter zu tun, als sich mit ihrem Palastzeremoniell, mit den Ränken ihrer
, Dienerschaft und mit den Spitzfindigkeiten ihrer Theologen zu beschäftigen.
Nur einen gab es, der eine wirkliche Tatkraft zeigte, und das war
> Justinian (527 — 565).
' Wenn auch unter seinen Untertanen eine Spaltung in zwei Parteien
herrschte, die sich nach den Farben der Kunstreiter eines Zirkus die Blauen
und^die Grünen benannten, so konnte er aus ihnen doch ein geschultes und
kriegstüchtiges Heer aufstellen, das unter dem Oberbefehle des Belisar
den Vandalen Afrika wieder abnahm. Später nahm ein von Narses be-
fehligtes Heer auch den Ostgoten wieder Italien ab. Einen Augenblick
dehnte sich Justinians Reich wieder fast so weit wie das des Augustus
aus, hatte er doch im Norden die Germanen, im Osten die Parther
siegreich zurückgedrängt. Er konnte beinahe hoffen, die große kaiserliche
Macht von ehedem wieder erstehen zu sehen.
Aber wenn der Name des Justinian der Nachwelt erhalten zu werden
I verdient, so geschieht dies nicht etwa um seiner vergänglichen Eroberungen
I willen, sondern allein wegen seiner unsterblichen juristischen Wirksamkeit.
t Er ließ durch Tribonian alle römischen Gesetze, alte wie neue, zu einem
Die Kirche.
rog
Rechtskodex sammeln, der ein unvergleichliches Denkmal bildet, das noch
heute fast bindende Kraft für die Fachmänner besitzt. Alle neueren
Gesetzgebungen haben das römische Recht zur Grundlage, so wie es
uns Justinian überliefert hat. Tribonian war der Anordner, Justinian der
Anreger für dies Werk, das an sich nur eine fleißige Zusammentragung ist.
Und doch genügte dies vollständig, den Namen der Nachwelt zu erhalten.
Das oströmische Reich schien also von der Völkerwanderung verschont
bleiben zu sollen. Zwar drohten die Goten, die Avaren, die Slawen von
allen Seiten, doch gelang es ihnen gleichwohl nicht, in Byzanz einzudringen.
Aber wenn auch die alte griechisch-römische Kultur durch die kaiserlichen
Einrichtungen scheinbar zur Hälfte erhalten geblieben war, so war sie
darum nicht minder vergänglich. Der Verfall war nur etwas weniger
stürmisch, aber doch gleichwohl ebenso sicher wie im Abendlande. Die
Baumeister schufen Kirchen und Basiliken, die mit den verschiedenartigsten
Ornamenten überladen und dabei, vielleicht mit Ausnahme des gewaltigen
Gottestempels der Heiligen Sophia, trotz ihrer unermeßlichen Ausdehnungen
wahrhafter Größe entbehrten. Die antiken Statuen werden als Darstel-
lungen von Gottheiten einer entehrend gewordenen Religion durch christ-
liche Heiligenbilder ersetzt, und die Schönheit des menschlichen Körpers
verhüllte sich jetzt ungeschickt unter vergoldeten Gewandungen. Die Mosaik
trat an die Stelle der Malerei und die Anfertigung von Heiligenbildern an
die Stelle klassischer Bildhauerkunst. Auf dem Gebiete des Theaters
gab es nur noch Zirkusrennen, und auf dem Gebiete der Literatur gab es
überhaupt nichts mehr.
Von aller Erfahrungs- oder Geisteswissenschaft bleibt nichts weiter übrig,
als nichtssagende weitschweifige Hin- und Hererwägungen der unbegreif-
lichsten theologischen Spitzfindigkeiten. Niemals gab es einen solchen
Überfluß an Sekten und eine derartige Schwärmerei für die albernsten
Dinge. Anläßlich einer untergeordneten Rangfrage weigert sich der Patri-
arch von Byzanz, den Bischof von Rom als Vorgesetzten anzuerkennen,
und die griechische Kirche bezeichnet sich als orthodox, um sich von der
römischen Kirche trennen zu können, die sich ihrerseits nicht weniger
bescheiden den Namen einer katholischen, d. h. einer allumfassenden,
zulegt.
Kurz, die Barbarei war die gleiche im Morg^en- wie im Abendlande.
Im Morgenlande grausame und unfähige Kaiser mit einem Volke von
Sophisten, Höflingen und Sklaven. Im Abendlande halb wilde Könige,
die nur die rohe Gewalt kannten und über verwüstete Gegenden herrschten.
Im Abendlande das Gewimmer der Kindheit, im Morgenlande das Todes-
HO Fünftes Buch.
zucken der Altersschwäche. Das war der Zustand Europas, als Mohammed
in die Erscheinung trat.
Mohammed oder Muhammed wurde zu Mekka in Arabien im Jahre 571
geboren. Arabien ist eine öde Gegend, nicht sowohl ein anbaufähiges
Ackerland, als eine von einer unbarmherzigen Sonnenglut ausgedörrte
Sandwüste. Die Bevölkerung dort war schon damals, wie heute noch,
von äußerst geringer Dichtigkeit und in einem kläglichen Zustande. Mekka,
das 80 Kilometer vom Roten Meere abliegt, war die einzige bedeutendeare
Stadt. Im Jahre 571 betete man dort noch Götzenbilder an, und in der
wohl zum Teil mit dem Judentum verwandten und sonst nicht recht
einzuordnenden Religion stand vor allem der Patriarch Abraham in großen
Ehren.
So ursprünglich und niedrig auch die Bildungsstufe dieses Volkes war,
es zählte doch schon Reiche und Arme, wohlhabende Kaufleute und ge-
drückte Proletarier, wie etwa die damaligen Schäfer und Kameltreiber;
aus einer solchen niederen Klasse war ja auch, wie die sagenhafte Über^
lieferung berichtet, höchst wahrscheinlich Mohammed hervorgegangen.
Seine frühesten Jugendjahre sind traurig und düster. Etwas wirklich
Verbürgtes über ihn wissen wir erst aus dem Jahre 613, wo er bereits einigen
Anhängern eine neue Religion verkündete. Er war damals 42 Jahre alt.
Er behauptete, unmittelbar von Gott, dem Herrn des Weltalls, Allah, eine
j übernatürliche Offenbarung empfangen zu haben. Er erzählte, daß das
göttliche Buch, der Koran, ihm von dem Engel Gabriel auf den Befehl
vom Allah selbst diktiert worden sei.
Zunächst fand diese erstaunliche Behauptung keine rechten Gläubigen
und erregte nur Spott und Verfolgungswut. Zehn Jahre lang gewann Mo-
hammed nur wenig Anhänger, und auch die zu erhalten war ihm schwer
genug gefallen. Da flüchtete er eines Tages, um seinen Feinden zu ent-
rinnen und besonders auch, um noch mehr Bekehrungen zu versuchen,
als ihm in seiner engeren Heimat gelingen wollte, nach Yatrib, das von nun
an den Namen Medina bekam; dieses Ereignis wird von den Moslems
als die Hedschra bezeichnet und bildet das Datum, das sie als Ausgangs-
punkt der mohammedanischen Zeitrechnung angenommen haben (16. Juli 622}.
Medina war bisher eine zum Teil heidnische und zum Teil jüdische Stadt ;
nun wurde sie mohammedanisch. Der Koran war ihr geheiligtes Buch,
ein der hebräischen Bibel mit mehr oder weniger Treue nachgebildetes.
Die jüdische Überlieferung vereinigte sich hierin mit den Phantasiegebilden
Mohammeds, Abraham, Moses und Jesus Christus werden hier die Pro-
Die Kirche. 1 1 1
pheten, die nur die Vorboten für den letzten Messias, den größten von
allen Propheten, Mohammed, den Propheten schlechthin, sind.
Bisher war die Werbung für die neue Religion noch etwas zaghaft vor
sich gegangen. Jetzt faßt sie sich Mut. Ihre Apostel werden kühn. Eine
Moschee wird gebaut; ein bescheidenes Heer wird ausgerüstet, die neue
Lehre zu verteidigen. Der Koran wird das allgemeine Buch. Er hört auf,
bloß noch eine einfache Sammlung von sittlichen Begriffen zu sein, um von
nun an vielmehr eine ganze Gesetzessammlung zu bilden, die eine genaue
gesellschaftliche Ordnung vorschreibt, deren Grundlage eine Religion mit
einem bestimmten Kultus ist.
Gleich in den ersten Jahren nach der Hedschra schlägt der Islam bereits
geiiäu die Richtung ein, die er später immer weiter verfolgen sollte: die
Werbung für den Glauben durch die Waffen. Hiervon rührt eine ganz
eigenartige Mischung von Plünderungs- tmd Bekehrimgszügen her.
Zu Anfang fanden sich recht viel Schwierigkeiten. Die Muselmanen
von Medina waren zunächst nur eine Handvoll Leute; doch, obwohl durch
beständige Kämpfe noch mehr gelichtet, nahmen sie gleichwohl Jahr für
Jahr an Zahl zu. Nach mancherlei Zwischenfällen drangen sie endlich im
Jahre 8 der Hedschra (630) siegreich in Mekka ein. Mehr aus Furcht als
aus Überzeugung bekehrten sich nun auch die Bewohner von Mekka; die
anderen jüdischen, heidnischen und sogar christhchen arabischen Stämme
wandten sich dem Erfolge zu und schlössen sich der neuen Lehre an.
Die erobernde Macht des Islam hatte ihre Laufbahn begonnen.
In diesem Augenblick vereinte Mohammed bereits ein Heer von dreißig-
tausend Mann; er schickte sich auch schon an, gegen die griechischen
(oströmischen) Heere in Syrien zu Felde zu ziehen, als er vom Tode
überrascht wurde. •
Der unbekannte Kameltreiber war mittlerweile zu einem mächtigen
Herrscher geworden, und er konnte mit einigem Stolz auf die Entwicklung
seiner Macht zurückblicken. Aber wieviel höher hätte wohl noch sein Herz
geschlagen, wenn er das wunderbare weitere Schicksal der von ihm ins
Leben gerufenen Religion hätte voraussehen können? Heute gehören ihr
Millionen und aber Millionen von Menschen an. Sie stellt sich ebenso
entschieden der Religion Buddhas wie der Jesu gegenüber. Sie ist eine der
größten sittlichen und wirtschaftlichen Kräfte der Welt geworden.
Es ist recht lächerlich, mit Voltaire zu behaupten, daß Mohammed ein
bewußter Betrüger gewesen sei, der, um eine Rolle zu spielen, eigens zu
diesem Zwecke ersonnene Märchen verbreitet hätte. Nein, ein solcher
Betrug ist nicht bloß unwahrscheinlich, sondern einfach ganz imd gar
112 Fünftes Buch.
unmöglich. Mohammed ist vielleicht ein Verblendeter gewesen, ein Betrüger
war er sicher nicht. Er hat mehr oder weniger unklare Traumbilder, Gesichte
gehabt, die dadurch, daß er sie seinen begeisterten Jüngern erzählt hat,
schließlich für ihn selbst den vollen Anschein bestimmtester Wirklichkeit
gewonnen haben. Im Koran herrscht eine so tiefe Überzeugung, ein so
starker Glaubenshauch, ein so feuriger Bekehrungseifer, daß für die Schöp-
fung des so genialen, fast übermenschlichen Werkes, das hinter der Ilias und
der Bibel um nichts an Schönheit zurücksteht, unmöglich ein von langher vor-
bereiteter und planmäßiger Täuschungsversuch angenommen werden kann.
Der Koran ist nicht etwa ausschließlich eine Bekehrungsschrift; er ist
auch gleichzeitig ein großartiges Dichtwerk. Der Zauber, den er ausgeübt
hat, beweist, bis zu welchem Grade sich die menschliche Seele von den
prächtigen Bildern verführen läßt. Eine ebenso gelehrte wie begeisterte
Dichtung, die die Größe eines einzigen Gottes in einförmigen, aber gerade
durch diese Einförmigkeit wirksamen Ausdrücken besingt 1
Doch dieser Gott, dessen Preis und Ehre in jedem Verse wiederkehrt, ist
ohne metaphysische Tiefe. Er ist auf der Vorstellung von einem allmäch-
tigen, allwissenden, sehr weisen und sehr gütigen höchsten König aufgebaut.
Von dem Throne aus, auf dem er im Himmel sitzt, lenkt er Sterne, Sonne
und Erde. Er sieht alles, was die Menschen machen, die schwachen
Menschen. Er hat alles geschaffen: Osten und Westen, Nacht und Tag,
Meer und Sand, Gewitter und Sturm, Wolken und Geschöpfe. Alles gehorcht
ihm: Alles steht in seiner mächtigen Hand. Der Mensch ist ein niedriger
Sklave, dem der Blick und der Wille Gottes überallhin folgt. Der Gottheits-
begriff des Korans beruht ausschließlich auf der unbedingten Herrschaft des
einen einzigen Gottes. Allah ist Allah und Mohammed sein Prophet.
So ist es die große Pflicht des Menschen, diesen Meister anzubeten
und vor ihm niederzufallen. Aber man soll auch barmherzig sein, Almosen
spenden, das Recht beobachten und alle die als Brüder ansehen, die diesen
1^ j einzigen Gott verkünden. Im ganzen ist die Sittlichkeit des Koran schön
* i und rein, wenn auch Ströme von Blut um seinetwillen vergossen worden sind.
Als eine schlichte, logische, von Bräuchen fast vollkommen verschont ge-
bliebene Religion, die mit einer unbeabsichtigten Feinfühligkeit Vorschriften
einer höchst einfachen Sittenlehre mit einem ebenso einfachen Weltbilde
vereinigt, ist der Islam wie geschaffen für Völker, die noch in ihrer Kindheit
stehen. Es bedarf keiner tiefen Überlegung, um die so einfache Vorstellung
zu~eHassen, daß der Himmel von einem Gotte bewohnt wird, der nach
Aussehen und Benehmen nicht anders ist, als irgendein sehr vornehmer
und sehr prachtliebender Herr, und daß es Gesetz ist, ihm zu gehorchen.
Die Kirche.
"3
Es ist kaum viel mehr, was sich darüber in dem Koran findet, aber es
genügt, um die Welt zu erobern.
Bis zum Koran beschränkte sich alles, was in arabischer Sprache ge-
schrieben war, auf einige höchst mittelmäßige und unschöne Gedichte.
Der Koran erst eröffnete recht eigentlich die arabische Literatur, so daß
in ihm nicht allein ein religiöses Lehrbuch, sondern mindestens ebenso das
älteste und schönste Denkmal einer ganzen Sprache zu sehen ist.
Das Arabische wurde von einigen Tausenden Menschen gesprochen:
Kaufleuten, Schäfern, Viehtreibern, Kamelführern, die in dem unfruchtbaren
und öden Arabien in den verschiedensten Teilen zerstreut lebten. Mit dem
Koran sollte sich das Arabische schneller in der Welt verbreiten, als es
das Griechische und das Lateinische vermocht hatten. Schon hundert
Jahre nach Mohammeds Tode sollte man in Bagdad, Cordova, Karthago
wie Smyrna überall das gleiche Arabisch sprechen. Kein Buch, als
höchstens noch das Evangelium, hat eine so überraschende Herrschaft
auf das Gemüt der Menschen ausgeübt.
Die Eroberung Asiens, Afrikas und eines Teiles von Europa in der
denkbar kürzesten Zeit verbreitete überallhin Furcht und Schrecken wie ein
einschlagendes Gewitter. Sie war ebenso dem Buche wie dem Schwerte
zu verdanken. Götzenanbeter, Heiden, Juden, Christen traten über. Es
heißt im Koran, daß die Ungläubigen allezeit und überall bekämpft und
sämtlich Gott unterworfen werden müßten. Es ist ein heiÜger Krieg; wer
in ihm fällt, geht geradenwegs ins Paradies ein. Daher jener unerbittliche
Fanatismus, der den Sieg an die stürmenden Heere heftete; die verschie-
denen Besiegten verbanden sich sogleich und wurden dann ebenso fanatisch
wie die Sieger.
Damaskus und Syrien unterwarfen sich (634). Schon zwei Jahre darauf
Persien und Kleinasien (636). Amru, der siegreiche Feldherr des Kalifen
Omar in Ägypten, belagert Alexandrien, das nach einjähriger Belagerung
fällt (641). Die noch immer wunderbare Bibliothek wird von Omar in
Brand gesteckt, und es ist nicht sicher, ob das aus religiöser Verblendung
oder aus kriegerischer Wildheit geschah; denn diese beiden bösen Feen
mengen sich immer in die mohammedanische Eroberung ein. Jm Jahre
642 wird Armenien erobert, im Jahre 648 Cypern, im Jahre 651 Rho-
dus, im Jahre 653 ganz Ägypten. Im Jahre 672 eröffnen die Araber
die Belagerung von Konstantinopel, und schon unmittelbar darauf be-
ginnen sie auch mit dem Römischen Reich anzubinden. Sie nehmen Kor-
sika und Sardinien (669), plündern Sizilien, bemächtigen sich Karthagos
(670) und dringen bis nach Spanien vor (711).
8 Riebet, Geschichte der Menschheit
I r4 Fünftes Buch.
Noch zu Lebzeiten der Witwe Mohammeds, Aischa, hatte der Islam
bereits die Hälfte des Mittelmeeres und ganz Asien, soweit es auch schon
den Alten bekannt war, erobert.
Bei diesen stürmischen Eroberungen ging es nicht ohne furchtbare
Rangstreitigkeiten zwischen den einzelnen Heerführern ab. Die Geschichte
gestaltet sich in diesem Teile so düster, so blutig und so einförmig,
daß es zwecklos ist, die wildesten und scheußlichsten Entwicklungen dieser
entsetzlichen Tragödie zu zeichnen. Übrigens tut es auch wenig zur Sache,
wer der und der General oder Kalif gewesen ist; schließlich triumphiert
ja doch kein anderer als der Koran, und ist allein er der unwiderstehliche
Sieger. Während sich zu Medina und zu Mekka Mohammeds Nachfolger
um die Herrschaft stritten, breiteten sich arabische Sprache und Gesittung
wie eine andringende Flut aus. Vergeblich stritten sich die Kalifen von
Ägypten, Afrika und Bagdad in wildem Kampfe um die Oberherrschaft.
Nichts konnte dem Eroberungszuge des Islam Einhalt tun.
Zu Anfang des 8. Jahrhunderts werden auch die Mauren Moslems.
Die Westgoten werden aus Afrika vertrieben. Nach der Schlacht bei Xeres
(711) genügen Musa fünf Jahre, um ganz Spanien zu unterwerfen und
bis zu den Pyrenäen vorzurücken (710 — 715).
Die Araber fanden in Spanien keine Soldaten, die sie bekämpft hätten,
und so ließen sie sich hier nieder, ohne irgendwelchen Widerstand zu
finden. Die Christen (Westgoten oder den Westgoten untertänige Hispano-
Römer) unterwarfen sich den neuen Herren und traten in großer Anzahl
zum Islam über. Viele unter ihnen jedoch flüchteten sich in die Berge,
um ihren alten Glauben bewahren zu können.
In weiterer Verfolgung ihres Bekehreramtes und ihrer Plünderungen
überschritten die Araber die Pyrenäen, bemächtigten sich der Stadt
Bordeaux und drangen tief in die Mitte Frankreichs bis nach Poitiers vor.
Aber hier stießen sie auf Widerstand bei dem Frankenheere unter dem
Oberbefehle von Karl Martel (732).
Abd-ar-Rähman, der die sarazenischen Truppen befehligte, wurde besiegt
und fiel in der Schlacht. Es fand ein gewaltiges Gemetzel statt, und der
arabische Siegeszug auf europäischem Boden hatte ein für allemal sein
Ende gefunden. Es war das erstemal, daß die Heere des Propheten sich
zurückziehen mußten. Vierzig Jahre später überschritten die Franken
ihrerseits unter der Führung von Kaiser Karl dem Großen die Pyrenäen,
und nun ließen sich umgekehrt die Sarazenen auf ihrem eigenen spanischen
Gebiete besiegen.
Die Kirche. 1 1 5
Aber soweit auch die Niederlage bei Poitiers die Eroberer zum Zurück-
weichen gebracht hatte, der Islam in Asien, Afrika und Spanien blieb
gleichwohl noch immer mächtig. Damals entwickelte sich eine neue
Kultur in ihrem ganzen Glänze, jenes verfeinerte sinnliche Araber tum, das
von Bagdad bis Cordova, von Smyrna bis Alexandria eine erstaunliche
Einheit in Sitten, Religion, Baudenkmäler und Sprache einführte.
Während das Abendland und Byzanz noch tief in der Nacht eines das
Licht der Vernunft scheuenden Christentums steckte, das ebenso wirr wie
spitzfindig war, machten sich die Araber nun schon seit langer Zeit an das
Studium der Geistes- und Erfahrungswissenschaften, sowie aller schönen
Künste. Sie hatten Romanschriftsteller, Dichter, Theologen, Philosophen,
Grammatiker, Ärzte, Gelehrte (Mathematiker, Astronomen, Alchimisten,
Juristen). Schulen, die beinahe den Charakter von Universitäten trugen,
erstanden in Bagdad, Cordova, Alexandria, Damaskus. Moscheen von
einem bisweilen geradezu bezaubernden Stile wurden erbaut, wie die
Alhambra von Granada. Der Handel nahm einen ungeahnten Aufschwung
und mit ihm auch der Luxus. Die Meisterwerke, die die großen Geister
von Athen und Rom hervorgebracht hatten, wurden erhalten und übersetzt.
Zwei bis drei Jahrhunderte hindurch hat die Zivilisation weit mehr in der zu
jener Zeit in ihrem hellsten Lichte strahlenden Araberwelt als in der damals
noch so tiefstehenden Christenheit einen sicheren Hort gefunden.
Alles in allem ist es nicht etwa viel, was wir den Arabern verdanken. 1
Ihr Denken ist von weniger Tiefe als Eigenartigkeit, und unsere moderne
Kultur schuldet ihnen allein dafür Dank, daß sie es gewesen sind, die
damals den Untergang des griechischen Geisteslebens verhindert haben.
Aber wenn auch auf die Abendwelt der mohammedanische Einfluß
nur schwach gewesen ist, so ist er jedenfalls für Afrika und Asien ein
durchgreifender gewesen. Hier hat er sich für alle Zeiten verewigt mit einer
Zähigkeit, die geradezu ein Wunder zu nennen ist. Ungeachtet zehn
langer Jahrhunderte, die für das Abendland an gründlichen Umgestaltungen
so fruchtbar gewesen sind, ist das Morgenland noch heute genau so ge-
blieben, wie es in den fernen Zeiten der Abassiden war. Der Koran wird
in den Schulen gelehrt und in den Moscheen gelesen, genau wie vor
tausend Jahren. Es herrscht noch immer derselbe geistige Zustand, dieselbe
ästhetische Anschauung, dieselbe literarische Kunst, derselbe Handels- und
Gewerbebetrieb. Der Islam der Araber hat überall, wo er durchgegangen
ist, auf das Leben der Menschen ein dauerndes und einförmiges Gepräge
gedrückt.
8*
1 1 6 Fünftes Buch.
Weit mehr, er hat auch bis heute noch nicht aufgehört, erobernd zu
sein. Gerade im AugenbHcke versucht er wieder einmal, sich in der ahen
Welt weiter auszudehnen, und wenn er in Europa zurückweicht, so gewinnt
er überall wo anders neue Verehrer. In der gegenwärtigen Stunde, wo
die Religion Christi weder die chinesischen oder indischen Volksmassen
noch die Neger in Afrika erreicht, breitet sich Mohammeds Religion
durch ihre erhabene und natürliche Einfachheit leicht aus und dringt,
da sie nicht mehr die Gewalt anzurufen vermag, auf dem Wege friedlicher
Eroberung bis in Indien und China ein. Der Islam zählt heute über
zweihundert Millionen Anhänger.
Was ihn charakterisiert, ist ein kindlicher und demokratischer Mono-
theismus, der fast jeden äußeren Kultes entbehrt. Und was seine Moral
betrifft, so unterscheidet sie sich nicht viel von der, die Bibel und
Evangelium, aus denen er doch stammt, lehren.
Buddhismus, Islam und Christentum teilen sich heute in die Welt.
Aber wer kann wissen, ob nicht eine oder die andere dieser Religionen, die
alle fast die gleichen sittlichen Lehren predigen, siegen oder auch schwinden
wird. Der Buddhismus hält sich durch die Zahl seiner Bekenner und die
geistige Mittelmäßigkeit seiner Gläubigen. Christentum und Islam ander-
seits sind zwei mächtige miteinander wetteifernde Religionen, die sich
nicht einschüchtern lassen. Ein Moslem kann einen Christen ebensowenig
bekehren, wie ein Christ einen Moslem. Auch heute noch erscheinen
genau so wie schon einst zur Zeit der Kreuzzüge Kultus und Dogma bei
beiden gleich unüberwindlich. Wer weiß jedoch, was aus dem einen
wie dem andern angesichts der immer mehr zunehmenden Vernunft und
Wissenschaft eines Tages werden wird?
Der Sieg Karl Martels bei Poitiers verschaffte seinem Sohne Pippin
dem Kleinen die französische Königskrone. Die merowingischen Könige,
die entarteten Nachkommen Chlodwigs, hatten die Christenheit nicht gegen
die Araber verteidigen können; sie hatten den höchsten Adel in ihre
nächste Umgebung gezogen; der aber ließ sie selbst im Stich, als sie ihm
nichts mehr zu bieten hatten, und so fielen sie der allgemeinen Verachtung
anheim. Da sperrte Pippin den letzten Merowinger in ein Kloster ein
und ließ sich zum Könige von Frankreich ausrufen (752). Ein tüchtiger
Staatsmann und tapferer Soldat, bereitet er den Ruhm seines Sohnes Karls
des Großen vor, wie Philipp von Mazedonien den seines Sohnes Alexander.
Karl der Groi3e ist eine jener vom Hauch der Romantik berührten Persön-
lichkeiten, um deren Besitz sich Sage und Dichtung mit der Geschichte strei-
ten. In der tausendjährigen Ferne erscheint er uns gerade märchenliaft wie
Die Kirche. r 1 7
ein Theseus, ein Abraham oder ein Agamemnon. Die Heldengesänge, die
Schwanke oind die Volksepen der alten französischen, deutschen und spani-
schen Literatm führen ihn uns in den verschiedensten Gestalten vor Augen,
einmal als einen Eroberer, dann wieder als einen Heiligen und abwechselnd
als erhabenen Herrscher, unbesieglichen Krieger, unversöhnlichen Gerichts-
herrn, fürsorglichen Beschützer der Schulen und schließlich am Ende seiner
Tage als einen leichtgläubigen und redseligen Greis wie liebevollen und
leutseligen Landesvater.
Und so groß auch der Ruhm ist, mit dem er gefeiert wird, so läßt derselbe
doch die Wirklichkeit nicht etwa hinter sich zurück. Durch seinen mit
Weisheit gepaarten Mut, seine mit Kühnheit gepaarte Vorsicht ist er wirklich
eine von den großen Gestalten der neueren Zeit.
Ebenso war er auch in der Tat ein trefflicher Krieger und ein großer
Staatsmann.
Das Frankreich, das er als Erbteil von seinem Vater Pippin dem Kleinen
bekam, umfaßte Aquitanien, die Täler des Rheins und der Seine. Aber
tatsächlich erstreckte sich seine Macht lange nicht so weit.
Auf allen Seiten seines Reiches hatte er Feinde und Nebenbuhler.
Jenseits von Aquitanien die Mauren, Sarazenen und Araber, lauter Moham-
medaner, die die Niederlage bei Poitiers nicht etwa zu Boden geworfen
hatte. Im Südosten die Langobarden, die Herren Itahens und der Provence,
die sich anheischig machten, die Päpste ihrer Herrschaft zu unterwerfen.
Was die ebenso endlose wie unbestimmte Ostgrenze betrifft, so war sie
bedroht und unsicher. Die Sachsen, die immer noch Heiden waren, hatten
auch noch die heldenmütigen Kampfessitten des alten Germaniens bewahrt.
An den Ufern der Donau lagerten Hunnen, die die Sachsen noch an Wild-
heit und Ungestüm überboten (Avaren und Tschechen). Im Norden
plünderten Friesen, Dänen und Normannen, die mehr Seeräuber
als Soldaten waren, von Zeit zu Zeit die Küsten und drangen sogar
am Ende von Karls des Großen Regierung bis zur Mündung der Seine vor.
Gegen sie alle der Reihe nach führte Karl der Große seine siegreichen
Truppen.
Gleich nach dem Tode seines Bruders Karlmann, der einen Teil von
Pippins Reich geerbt hatte, trägt er kein Bedenken, sich als alleinigen
Herrscher ausrufen zu lassen, ohne Rücksicht auf die Rechte zu nehmen,
die die Söhne Karlmanns, seine Neffen, vorbrachten. Er verstößt seine
junge Frau Desideria, die Tochter des Langobardenkönigs Desiderius, und
überzieht unter dem Vorgeben, den Papst gegen die Pläne des Langobarden-
königs verteidigen zu müssen, Italien mit Krieg. Italien unterwirft sich
n
1 i8 Fünftes Buch.
fast ohne Kampf, und er zieht in Rom ein. Er gesteht dem Papst einige
Ländereien für den Kirchenstaat zu und wird zum Entgelt dafür ziun
Langobardenkönig ernannt (774).
Nachdem er so Herr über ganz Italien geworden war, zog er nun
gegen die Sachsen zu Felde, und das war wirklich ein schrecklicher Krieg.
Die beiden Gegner wetteiferten an Ausdauer und Grausamkeit. Dreißig
Jahre lang (770 — 800) wurde ganz Sachsen von den leidenschaftUchsten
und blutigsten Kämpfen heimgesucht. Der letzte Verteidiger sächsischer
Unabhängigkeit, Widukind, mußte sich schUeßlich unterwerfen und zum
Christentum übertreten. Er empfing feierlich die Taufe, und seinem
Beispiel folgte dann auch das sächsische Volk. An jenem Tage verfuhren
die Heere Christi ganz wie die Heere Mohammeds; nur der Sieg hatte
die Bekehrung zur Folge, und die Sachsen wurden nur Christen, um nicht
niedergemetzelt oder in die Gefangenschaft geschleppt zu werden.
Zwischendurch kämpfte Karl der Große auch noch am andern Ende
des Reiches mit den Sarazenen. Im Jahre 778 drang er in Spanien ein
und nahm Pampelona. Nachdem er aber Saragossa lange ganz vergeblich
belagert hatte, blieb ihm nichts übrig, als wieder über die Pyrenäen nach
Frankreich zurückzukehren. Hierbei wurde seine Nachhut in dem Engpaß
von Roncesvalles ganz unvermutet von den Feinden überfallen und trotz
heldenmütigen Widerstandes bis auf den letzten Mann niedergemacht.
Zu den Opfern gehörte auch ein Graf namens Roland. Diese Waffentat
ist der Ausgangspunkt einer herrlichen Dichtung geworden, die das unver-
gängliche Denkmal der französischen Sprache in ihrer Entstehung bildet;
es ist dies das Rolandslied. Diese epische Dichtung, deren Abfassung ins
II. Jahrhundert fällt, hat vom historischen Standpunkt auch nicht das ge-
ringste Interesse; denn was auch darin begegnen mag, alles beruht auf
bloßer Erfindung. Aber es zuckt darin die große Seele des Rittertums.
Roland ist ein ebenso großer Held wie Achill, vielleicht sogar ein noch
wackererer Kämpe. Obwohl von Feinden umgeben, verschmäht er es
lange und er kann sich erst todeswund dazu entschließen, sein Hörn zu
benutzen, um Karl den Großen zur Hilfe herbeizublasen.
Noch zwei Jahrhunderte lang, bis zur Renaissancezeit hin, sollte das
Rittertum Rolands im Engpaß von Roncesvalles, so wie es von unbekannten
Dichtergenien ausgesponnen und ausgescfmiückt worden ist, den Franzosen
den Heldenmut eines Leonidas in den Termopylen eingeben. Das Rolands-
lied ist Frankreichs Ilias.
So rühmlich auch diese Heerfahrt war, sie endete beinahe mit einer
Niederlage, Karl der Große kam denn auch schon in den nächsten Jahren
Die Kirche.
"9
wieder auf den Gedanken, noch einmal nach Spanien zu gehen. Diesmal
blieb er zwar siegreich, konnte aber gleichwohl nur bis zum Ebro vor-
dringen. Doch sein Kampf mit den Moslems in Spanien setzte etwa nicht
einen gleichzeitigen Kriegszustand mit ihren Stammes- und Glaubensbrüdern
in Asien voraus. Vielmehr hat, wie es scheint, Karl der Große mit ihrem
allbeliebten Kalifen zu Bagdad, Harun al Raschid, einen Freundschafts-
bund, ja sogar ein regelrechtes Völkerbündnis geschlossen. Bekannt ist
ja, wie der große Frankenkönig durch Abgesandte des morgenländischen
Fürsten die kostbarsten Geschenke erhielt.
Ein letzter schwerer und blutiger Krieg sollte noch Karl dem Großen
eine Mehrung seines Ruhmes und Reiches bringen. Es war der Krieg
mit den Avaren (791 — 796), einem hunnischen Stamme, der sich an den
Ufern der Donau (Ungarn) niedergelassen hatte. Sie wohnten diesem
großen Strome ganz nahe und hatten dort ein weites Dorf aus Holz gebaut,
in dem sie ihre Beute aufstapelten. Wie die Sachsen, Langobarden und
Sarazenen, wurden nun auch die Avaren besiegt, und so dehnte sich Karls
des Großen Macht über das ganze christliche Europa aus.
Er war damit der Erbe der weströmischen Kaiser geworden, und es
fehlte ihm nur noch der Titel. Und den sollte er in Rom finden. Am
25. Dezember 800 rief ihn Papst Leo IH^^in der Peterskirche zu Rom
zum Kaiser aus.
Dann kehrte" er heim nach Aachen, der Stadt, die er so sehr liebte
und deshalb zur Hauptstadt seines weiten deutschen Reiches machte, und
versuchte in dieses unermeßliche und undurchdringliche Gebiet, über dem
er nun auch als oberster Lehnsherr stand, etwas Ordnung und Frieden zu
bringen.
Er läßt die alten deutschen Gesetze und Volksrechte niederschreiben
und trifft auch selbständig neue Anordnungen, sogenannte Kapitularien,
weil er sie in den Sammlungen in Kapitel einteilen läßt, Anordnungen,
die Gesetzeskraft oder vielmehr über die verschiedenen alten Gesetze der
in seinem Reiche so zerstreuten Volksstämme das Übergewicht bekommen;
er sucht Stützen für seine Macht und ehrt darum die Priester, Mönche
und Päpste ; er achtet die Sitten der unterworfenen Völker und verlangt
von ihnen nur, sich der etwas unklar umgrenzten Amtsgewalt der ihnen
geschickten Aufseher (Missi Dominici) zu fügen. Er schont die ihm
unterstehenden Lehnsherren, die Grafen (Comites), die alljährüch zu den
Maifeldern aufgeboten werden in dem Augenblicke, wo gerade irgendein
unvermeidlicher Feldzug in Sicht ist, er gibt ihnen auf, sich mit ihnen
mit allem ausgestatteten Lehnsmännern in vollen Waffen zum Kriege zu
I20 Fünftes Buch.
stellen, wie es dereinst in grauer Vorzeit in den Tagen des Tacitus die
germanischen Häuptlinge taten.
Vor allem strebt er, die freien Männer, Handwerker wie Gewerbe-
treibende, die sich weder Grafen noch Herren zu sein rühmen können,
an Kraft und Einfluß zu heben aus dem unwillkürlichen Gefühl heraus,
daß grade sie die festesten Stützen der kaiserlichen Gewalt bildeten.
Karls des Großen Fürsorge erstreckt sich auf alles. Dieser Kriegsmann,
der dauernd im Felde liegt, hat für die Macht des Geistes ein besseres
Verständnis als noch irgendeiner von den Barbaren bisher. Er umgibt
sich mit Priestern und Mönchen, die nicht so unwissend sind wie
seine rohen Waffengefährten; er sucht Latein schreiben und sprechen zu
lernen; er richtet Schulen ein, baut Kirchen, gründet Klöster, in denen
die Künste in Ehren stehen und sucht den Ackerbau zu fördern imd den
Handel zu heben. Auch um seine eigene Person herum in seinem Palaste
zu Aachen sucht er ein verfeinertes Hofleben einzurichten, bei dem allen
hervorragenden Geistesgrößen, die er aus In- und Ausland zusammen-
beruft, mit Hochachtung begegnet werden muß.
Doch bei aller Tatkraft und Weitsichtigkeit konnte er nichts Dauerndes
schaffen oder auf die Entwicklung der Völker gestaltend einwirken.
Mohammed hatte das Morgenland von Grund aus erneuert. Karl der
Große konnte die Geschicke des Abendlandes nicht wesentlich ändern.
Was er geschaffen, war nur allzu vergänglich, weil es ganz und gar von
seiner überragenden Persönlichkeit abhing.
So blieb in der Tat schon wenige Jahre nach seinem Tode (814), in
dem Vertrage von Verdun (843), kaum noch etwas anderes von ihm übrig,
als die Erinnerung an eine fast übermenschliche Macht und ein reicher
Kranz von Sagen, die seine mächtige Gestalt hervorgerufen hatte. Anstatt
sich zu einem einzigen Volke zu vereinen — und daraus wäre der größte
Segen für die Menschheit entsprossen! — sollten von nun an Jahrhunderte
und Jahrhunderte hindurch Frankreich und Deutschland unversöhnliche
Gegner werden! Und leider ist auch heute noch immer kein recTites Ende
für diesen unseligen Gegensatz zwischen den beiden Nachbarvölkern ab-
zusehen !
Der Vertrag von Verdun bezeichnet den Anfang eines dem heutigen
nur recht wenig entsprechenden Europas. Das Reich Karls des Großen
wird unter seine drei Enkelsöhne verteilt. Der älteste, Lothar, erhält das
größte Stück, das bevölkertste, das reichste, das, an dem der Kaisertitel
hängt; es ist die ganze Gegend, die sich zwischen den beiden Gebieten
des jetzigen Frankreichs und Deutschlands ausdehnt, von den Nieder-
Die Kirche. I2I
landen bis Italien. Ein Teil dieses so weiten Gebiets bekam sogar den
Namen nach dem, der damals sein Herrscher wurde, nämlich Lotharingen,
ein Name, der später zu Lothringen verkürzt wurde. Von den beiden
andern Enkelsöhnen Karls des Großen erhielt der eine, Ludwig, Deutsch-
land, der andere, Karl, Frankreich. Nach anfänglichem Kampfe miteinander
versöhnten sich Ludwig und Karl und verbanden sich gegen ihren gemein-
samen Feind, den älteren Bruder Lothar, und schlössen in Straßburg
angesichts der Truppen in feierlicher Weise einen Bundesvertrag; Ludwig
von Deutschland sprach seinen Eid französisch, Karl von Frankreich den
seinen deutsch. Die_betreffende Urkunde (die sogenannten Straßburger
Eide) bildet das älteste schriftliche Zeugnis der französischen Sprache.
So waren seit dieser Zeit Frankreich und Deutschland durch Völker ge-
trennt, die weder Franzosen noch Deutsche sein durften und die zum
höchsten Unglück für diese beiden größeren, so bedeutenden europäischen
Völkerschaften zehn Jahrhunderte lang beständige Anlässe zum Kriege
gebildet haben.
Der blendende Titel eines abendländischen römischen Kaisers ging
unter den Nachkommen Karls des 'Großen von einem zum andern weiter,
je nach dem Zufallsspiel der Kriege oder auch der Interessenpolitik der
Päpste. Eine kurze Reihe von Jahren vereinte sogar ein einziger Fürst
das ganze Reich seines Ahnen in seiner Hand. Es war der schwache Karl
der Dicke, der Urenkel Karls des Großen (88 1 — 888). Später wurde die
Kaiserwürde immer nur einem deutschen Herrscher zuteil.
Mit dem Kaiser titel war der Titel eines Königs von Italien verbunden.
Daher stammen die unaufhörlichen Züge der Deutschen nach der Apen-
ninenhalbinsel, die so einen gewissen Schein von Recht haben, daher
jene Kriege, jene Räubereien, jene Feindseligkeiten, die bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts dieses so schicksalsgeprüfte Land verwüsteten.
So sollten sich durch das Auseinanderfallen des großen fränkischen
Reiches jahrhundertelange Kriege für Europa vorbereiten und der Vertrag
von Verdun der Welt noch ganz unleidliche Sorgen machen.
Verhängnisvoll waren für Europa die beiden Jahrhunderte gewesen, die
Karl dem Großen vorangegangen waren, aber noch verhängnisvoller sollten
die beiden folgenden werden.
Je unabhängiger der Adel von Jahrzehnt zu Jahrzehnt geworden war,
um so roher wurde er auch. In ihren Graf- und Baronschaften waren die
adligen iHerren die Besitzer des Grund und^Bodens, aber auch der Menschen
auf demselben. Ihre Leibeigenen wurden gleich richtigen Sklaven für die
geringsten Verstöße gepeitscht oder gehenkt, erbarmungslos gebrandschatzt
I 22 Fünftes Buch.
und zu den härtesten Fronen genötigt. Gesetzlosigkeit herrschte überall
völlig willkürlich; denn die Laune, mit der diese unzahligen kleinen
Tyrannen die Provinzen Frankreichs, Deutschlands und Italiens ganz nach
Gutdünken unter sich teilen, ist weiter nichts als Gesetzlosigkeit, Gesetz-
losigkeit in ihren beiden grausamsten, scheinbar so verschiedenartigen
Formen, in denen der Unsicherheit und der Sklaverei.
Vergebens suchte die Kirche diesen Barbarenhäuptlingen einige Kultur
zu geben und etwas Milde in ihre Sitten zu bringen; sie fand keinen
Gehorsam und wurde zudem auch durch eigene Verdorbenheit geschwächt.
Trotz aller päpstlichen Verordnungen heirateten die Priester oder hielten
sogar Weiber in wilder Ehe aus. Während Jesus Verachtung der irdischen
Reichtümer gepredigt hatte, dachten die Mönche, ja selbst die Bischöfe
an weiter nichts, als daran, sich zu bereichern und ihre Besitzungen aus-
zudehnen, derart, daß die Leute aus dem Volke sich abwechselnd zwischen
den adligen Herren und den Priestern als Opfer ihrer gleich großen und
miteinander wetteifernden Raubsucht hin- und hergeworfen sahen.
I Weitere, vielleicht noch schrecklichere Plünderer traten auf: die Nor-
mannen oder Nordmannen, die aus Dänemark und Skandinavien kamen.
\ Mit Beginn des Frühjahrs rüsteten sie immer eine kleine Flotte von
festgebauten Schiffen aus, mit denen sie es auf die Küsten absahen. Mit
Waffen und Lebensmitteln gut versehen, unerschrockene und erprobte See-
leute, Soldaten ohne Furcht und ohne Bedenken, segelten sie die Meeres-
ufer entlang, bis sie die Mündung eines Flusses gefunden hatten; nun fuhren
sie ihn hinauf, bemächtigten sich einiger kleinerer Ortschaften, deren Be-
wohner erschrocken die Flucht ergriffen, und plünderten von hier aus
ringsherum die Burgen, Städte und Klöster und waren dabei ganz besonders
bestrebt, Geiseln zu nehmen, für die sie dann hohes Lösegeld verlangten.
, Im Herbst kehrten sie darauf wieder mit reicher Beute beladen an den
heimischen Herd zurück, wo sie ihre Frauen und Kinder wiederfanden.
Bei solchen Plünderungen begegneten sie kaum irgendeinem nennenswerten
Widerstände ; denn die wehrlose Bevölkerung wußte sich nicht zu helfen,
und die feudalen Herren waren mehr darum besorgt, ihre persönlichen
Streitigkeiten untereinander abzumachen, als ihre Lehnsmänner ihrer Pflicht
gemäß zu schützen.
Je strafloser die Normannen davonkamen, um so frecher wurden sie.
Sie erscheinen zum erstenmal im 6. Jahrhundert in der Nähe von Calais.
Im Jahre 795 setzen sie sich auf den Faröer-Inseln fest ; im Jahre 800 gehen
Die Kirche.
123
sie an den Küsten Frieslands mit zweihundert Schiffen an Land und
plündern die ganze Gegend. Hierauf landen sie fast jedes Jahr in Schott-
land und Irland. Im Jahre 836 nehmen sie die Insel Walcheren in Besitz;
im Jahre 840 fahren sie in die Seine ein, plündern Ronen und Jumieges
und ziehen verwüstend und sengend im Land umher. Während einer
Küstenfahrt im Jahre 844 suchen sie die Loire heim, besetzen Nantes und
dringen bis Tours vor. Kurz darauf fahren sie auch die Gironde hinauf
und plündern Toulouse. Jedes Jahr werden die Fahrten weiter und kühner.
Sie dehnen sich bis an die Küsten Spaniens und Lusitaniens aus, erstrecken
sich über den Tajo und gehen bis nach Cadiz. Später durchsegeln Nor-
mannen auch die Meerenge von Gibraltar und steuern in die Rhone hinein
bis Valence hinauf. Andere gelangen bis nach Sizilien und Italien, wo sie
die Stadt Pisa plündern. Einige unter ihnen sind noch tollkühner, durch- 1
kreuzen das Atlantische Meer und suchen Grönland und Nordamerika auf.i
Diese Fahrten verbreiteten weithin Schrecken und Grauen. Die gebrand-
schatzten Bevölkerungen baten ihre Herren um Hilfe. Die Klöster wurden
mit Befestigungen versehen und Burgen mit Verließen, Schanzen und
Türmen erbaut. Die Dörfer wurden so angelegt, daß sie im Kreise um
einen Herrensitz lagen, der mit Zinnen versehen, von einer Zugbrücke
geschützt und auf einer Anhöhe errichtet war, um sich gegen alle Über-
rumpelungsversuche verteidigen zu können. Stadt- wie Landbewohner
stellten sich unter das Banner ihres gnädigen Herrn, und die feudale
Zwangsherrschaft wuchs.
Doch die Normannen wurden von Tag zu Tag zahlreicher und nach
ihrer Jagdbeute wilder. Im Jahre 885 drangen sie mit siebenhundert Fahr-
zeugen und nahezu vierzigtausend Mann bis Paris vor. Die Stadt hielt
einer zehnmonatlichen Belagerung stand, und in dieser Zeit geriet die
Bevölkerung der gesamten Umgegend in die schlimmste Bedrängnis. Pest,
Hungersnot, Armut, alle diese ständigen entsetzlichen Begleiterinnen des
Krieges, waren auch diesmal herbeigeeilt. Karl der Dicke, der König
von Frankreich und Kaiser von Deutschland, hielt es für leichter und
vorsichtiger, den Seeräubern statt des Kampfes lieber ein Kaufgeld anzubieten.
Aber diese dachten diesmal gar nicht mehr daran, das liebliche Frank-
reich, das sie immer wieder hingelockt hatte, zu verlassen. Auch für die
kühnsten Abenteurer kommt stets ein Augenblick, wo sie sich nach Ruhe
sehnen. Viele Normannen setzten sich nun in dem Lande fest, das sie
bisher so verwüstet hatten, verlangten die Taufe und vollzogen ihre
Unterwerfung unter den Landesfürsten. \
124 Fünftes Buch.
Einer ihrer Häuptlinge, Rollo, verhandelte mit Karl dem Einfältigen
und erlangte die Einräumung eines weiten Gebiets (911). Im folgenden
Jahre ließ er sich taufen. Er wurde der erste Herzog der Normandie. Die
Ländereien dieses fruchtbaren Gebiets wurden unter seine Waffengefährten
verteilt, die damit Herren der Landschaft wurden. Bald nahmen die wilden
Seeräuber des Nordens, die sich nun mit der französisch-gallisch-römischen
Bevölkerung mischten, die Sprache und die Religion des von ihnen teils
eroberten, teils erkauften Landes an. Nach Vollendung zweier Menschen-
alter waren sie Franzosen geworden.
Bis zur Schlacht bei Hastings (1066) begibt sich in Europa nichts weiter
Erwähnenswertes. In Spanien führen die Könige mit wechselndem Glücke
fortgesetzte Kämpfe gegen die Mauren. In Frankreich folgen den Karo-
lingern die Kapetinger. In Deutschland ziehen die Kaiser gegen die Polen,
Ungarn und Böhmen zu Felde. In dem Becken des Mittelmeeres nehmen
die Sarazenen Sizilien und Sardinien ein und bedrohen Italien. In Groß-
britannien entthront das dänische Königshaus das sächsische. Überall Krieg,
Seuche, Hungersnot, Plünderung und Unglück.
' Inmitten dieses ganzen Trümmerhaufens blieb allein die christliche
Kirche in ihrer ganzen Gewalt unerschüttert und aufrecht; denn der
Glaube war damals tief, blind und weltbeherrschend. Niemals gab es
weniger Ketzereien, Spaltungen oder Ungläubigkeiten. Der Zweifel ist un-
bekannt. In ganz Europa erhebt sich auch nicht eine Stimme, um die Lehre
der Kirche etwa irgendwie zu erörtern oder gar zu bestreiten. Sio haben
denn auch die Priester Waffen, die, wenn auch geistige, darum nicht
weniger schreckliche sind. Sie gebrauchen sie gegen adlige Herren, Könige
und sogar Kaiser. Keiner von ihnen wagt dem Kitchenbanne zu trotzen,
wurde doch in jenen Zeiten geistiger Trägheit ein mit dem Bannfluch
belegler Mensch wie ein Pestkranker angesehen. Im Jahre 1077 muß der
1 deutsche Kaiser Heinrich IV., um dieser so schweren Strafe zu entgehen,
sich zu Canossa vor dem Papste demütigen.
Weit häufiger jedoch übt die Kirche ihren Einfluß zum Guten aus. So
vermag sie bereits im Jahre 1050, um den mörderischen Kriegen, die von
Provinz zu Provinz, von Grafschaft zu Grafschaft wüteten, wenigstens ein
vorübergehendes Ende zu machen, den Gottesfrieden zu verkünden, durch
den der Krieg für eine bestimmte Zeit untersagt ist. Sie hat auch das
Asylrecht, und die von den geistlichen Gerichtshöfen gepflegte Gerechtig-
keit isl weniger streng und weit unparteiischer als die der Herren.
Die Kirche. 125
Wenn im lo. und ii. Jahrhundert die Gewalt der Kirche in raschem
Zunehmen begriffen ist, so ist es ihr Reichtum 'zur gldchen Zeit noch viel
mehr. Die Güter der Kirche wachsen von Jahr zu, Jahr,- und niemals gibt
sie, was sie einmal erworben hat, wieder heraus.
Klöster erstehen überall mit Stiftungen, die keine Rechtsprechung an-
zufechten vermag, mit Vorrechten, denen sich auch nicht einer von den
Feudalherren zu widersetzen wagt. So ist die Kirche bald die Besitzerin
alles Reichtums.
Von ihren begüterten Abteien aus bringen jedoch die Mönche in die all-
gemeine Unbildung und Sittenroheit, auf die sie in jener Zeit von allen
Seiten stoßen, noch einige Kultur hinein. In diesem Sinne ist die Tätigkeit
der Benediktiner, der Franziskaner und der Dominikaner (1221) von reichem
Segen begleitet. Sie sind gebildeter, doch weniger verdorben als die
Pfarrer und Bischöfe. Durch ihren lebendigen Zusammenhang mit der
Laienwelt und ihre geringe Fühlung mit Rom begünstigt, streben sie,
wenn nicht für die Lehre, so doch wenigstens für das Privatleben von der
priesterlichen Vormundschaft unabhängig zu werden, so sehr, daß wieder-
holt die Päpste dazwischentreten müssen, um, wenn auch ziemlich erfolglos,
gegen die schimpflichen Sitten der weltlichen Geistlichkeit zu eifern^
Augenscheinlich litt die durch nichts ins Wanken zu bringende Gläubig-
keit der niederen Volksklassen auch ebensowenig unter diesen Verfehkmgen.
Doch ließ allmählich die Reinheit der christlichen Dogmen nach; die An-
betung der Heiligen und der Jungfrau Maria nahm bald eine unerwartete
Entwicklung. Man vergaß Christus und besonders Gott den Vater, um
nur noch die Mutter Gottes und ihr ganz kleines Kind anzubeten. Das
Leben der Heiligen wurde erklärt, umgearbeitet und gestaltete sich zu er-
bauUchen Fabeln. Die Bilder der Jungfrau schmückten alle Kirchen. Die
Reliquien wurden Gegenstände der Verehrung und des Handels. Die
Götzendienerei, die in der Tiefe jedes menschlichen Geistes schlummert,
hob wieder ganz unverhohlen ihr Haupt empor. Noch niemals gab es
zu irgendeiner andern Zeit eine so weitgehende Unterwerfung und Schwä'-^
chung des Geisteslebens. Wenn man vom Rolandslied oder den Kunst-
schöpfungen der wunderbaren gotischen Dome absieht, die ims noch heute
entzücken, bleibt der Geist des Menschen vier Jahrhunderte lang in einen
schweren Schlaf versunken, von dem kein Ende abzusehen zu sein scheint.
Sittliche Knechtung durch die Kirche, wirtschaftliche Knechtung durch
den Adel, das ist der doppelte Charakter der Zeit des Lehnswesens.
In Frankreich beginnt diese Zeit unmittelbar nach Karl dem Großen,
um mit Ludwig XI. zu endigen; in Spanien, Italien und England macht
126 Fünftes Buch.
sie nahezu dieselben Wandlungen durch wie in Frankreich, und in Deutsch-
land sollte sie noch länger dauern. '
Wenn Karl der Große in seinen Gesetzgebtings-, Kriegs- und Verwal-
tungswerken eigentlich überall leidlichen Erfolg gehabt hatte, so zeigte er
doch in einer Sache vollkommene Ohnmacht, nämlich in dem Versuche,
den Adel der königlichen Gewalt unterzuordnen. Gleich hinter ihm be-
ginnt die Lehnsherrschaft. Solange er am Leben ist, senkt sie noch ver-
schämt ihr Haupt; aber kaum ist er dahingeschwunden, so werden die
Herren in ihren Herrschaften mächtiger als der König selbst. In ganz
Frankreich und in ganz Deutschland beginnt die Lehnsherrlichkeit ihr
wildes Spiel entfesselt zu treiben. Der Riesen- und Wunderbau des alten
römischen Kaiserreichs stürzt auf allen Seiten zusammen. Jeder kleine
Herr will selbständig werden und nur den eignen Launen und Interessen
zu gehorchen brauchen.
Die Formen der Lehnsherrschaft (im 9., 10. und 11, Jahrhundert) sind
zu verschiedenartig und verwickelt, als daß eine gemeinsame Beschreibung
sich gleichmäßig auf alle europäischen Völkerschaften anwenden ließe.
Die Lehnsherrschaft ist vor allem die Trennung sämtlicher Menschen in
zwei unterschiedliche Klassen; die einen sind die Herren, Besitzer, Ritter,
Adligen. Die andern sind die Leibeignen oder Hörigen, von ihrem Herrn
beinahe wie Sklaven abhängig. Der Adel vererbt sich von Vater zu Sohn
und die Hörigkeit ebenso.
Unter den Herren besteht eine Rangstuf ung. Es gibt große Herren und
kleine Herren, die iLehnsmänner der ersteren. Häufig sogar, wie in Deutsch-
land, ist die Lehnsordnung noch verwickelter, und es bestehen an fünf Arten
von Herren unter mannigfaltigen Bezeichnungen, wie Herzöge, Grafen,
Barone, Ritter. Der Adlige ist Besitzer von Ländereien, die ihm bald
durch Erbschaft zugefallen, bald von dem Lehnsherren überlassen sind.
Über seine Ländereien ist der Adlige unumschränkter Gebieter. Er zieht
die Abgaben (Steuern) ; er läßt die Leibeignen für sich arbeiten (fronen) ;
er leitet einen Gerichtshof; er hebt Truppen aus. Er ist ein richtiger un-
umschränkter Herrscher, der als Grenze für seine Gewalt nur ein unbe-
stimmtes Lehns Verhältnis gegenüber noch mächtigeren Herren kennt, von
denen er wieder abhängt, dem König in Frankreich, Spanien und England,
dem Kaiser in Deutschland.
Eine Volkseinheit gibt es nicht. Ganz Europa ist zwischen kleinen Macht-
habern zerstückelt, die unter dem Vorwande, ihre Untertanen zu schützen.
Die Kirche. 127
sie in. harter Knechtschaft halten und ohne jede Kontrolle* eine Gewalt
ausüben, für deren Einschränkung keine Behörde und kein Gesetz zu
sorgen da sind. ,
In den Städten, die sich nun zu bilden beginnen, sind die Handwerker
und die Krämer der Leibeigenschaft nicht unterworfen. So schiebt sich
dort allmählich eine Klasse zwischen den Leibeignen und den Adligen ein;
es ist die Klasse der Städter und der Bürger, die sich etwas Unabhängig-
keit zu wahren wissen. In gewissen großen Städten Deutschlands, Italiens,
•Flanderns kommen mit einem Mal einige städtische Freiheiten zum Vor-
scheine. Diese Städte verwalten sich selbst; sie haben einen Senat, einen
Bürgermeister, Schöffen, Räte, Richter.
Aber selbst den Bürgern gegenüber haben die Adligen ganz übertriebene
Vorrechte, um wieviel mehr noch den Leibeignen! Diese sind völlig wehr-
los. Den einzigen Schutz, den sie finden, der aber auch nur unsicher und
teuer erkauft ist, bietet ihnen die Kirche und der König. Gegen Ende des
zwölften Jahrhunderts sollte ein Augenblick kommen, wo die Kirche und
der König mit vereinter gemeinsamer Anstrengung sich auf die Bauern und
die Städter zu stützen lernen sollten, um damit den Adel besser bekämpfen
zu können.
Bei alledem sind die Adligen trotz ihres Hochmuts, ihrer Vorrechte und
ihrer Anmaßungen von keinem andern Geblüt als die Leibeignen. Alle Per-
sönlichkeiten, die dem Lehnsherrn nähertreten, können Ländereien zu Lehn
bekommen, was ihnen erblichen Adel verleiht. Die Diener des Fürsten
werden wieder ihrerseits Herren. Und der Fürst selbst ist auch nur ein
glücklicher Krieger, ein aus dem Volke hervorgegangener Mann, der sich
zu schlagen und Ritter zu werden verstanden hat. Nach Verlauf von zwei
bis drei Geschlechtern kommen sich Diener und Ritter vor, als ob sie Men-
schen von anderm Safte als die Leute aus dem Volke seien, und reden das
schließlich noch dem Volke selbst ein.
Ihr wesentliches Gepräge bekommt diese Zeit des Lehnswesens von ihrer
bunten Verschiedenartigkeit. Es gibt Tausende von kleinen Herrschaften,
und jede dieser Herrschaften hat ihre besondere Gesetzgebung, die mit
jedem neuen Herrn wechseln kann. Der heillose Wirrwarr aller dieser nur
denkbaren Gewohnheitsrechte spricht jeder ordnungsmäßigen Aufzählung
Hohn; aber all die unendliche Mannigfaltigkeit im einzelnen führt doch
immer nur zu dem gleichen Ergebnis : der Vernichtung der Schwachen durch
die Starken, der Unterdrückung der Kleinen durch die Großen, der Aus-
beutung der Armen durch die Reichen. '
120 Fünftes Buch.
Diese Adligen und Ritter waren in ihrem Maingel an geistiger Bildung
und ihrer noch ganz ursprünglichem Sittenroheit völlig wie große Kinder,
tapfer bis zur wahnsinnigsten Verwegenheit, mit Leidenschaft an ihren Vor-
rechten hängend und sich nur schwer in ein Gesetz fügend, wäre es selbst
das der Kirche. Da verbreitete sich wie ein neuer sittlicher Lehrsatz die
aufopfernde Hingabe für die Standesehre in einer Weise, wie sie die Alten
noch nicht oder wenigstens nicht in dem Umfange gekannt hatten. Die Ehre
ist die Entfaltung der Würde der EinzelpersönUchkeit, die Achtung für die
beschworene Treue: sie verlangt, daß ein Edelmann keines seiner Ehren-
rechte aufgibt und daß er zu ihrer Verteidigung mit Einsetzung des Lebens
kämpft (Ehrenhändel).
Gleichzeitig hebt sich auch die Lage der Frau — allerdings noch nicht
im niederen Volke, wo ja die Frau, leibeigen wie ihr Mann, außerdem
noch die Leibeigne ihres eigenen Mannes war, wohl aber bei den Bürgern
und vor allem bei den Adligen — . Die Trouveres hüben an, die Reize der
Frau zu besingen, die Ritter die Farben einer vornehmen Dame, ihrer
Herrin, anzunehmen, und alle ohne Unterschied, Adlige wie Hörige, Geist-
liche wie Laien, blindlings die Jungfrau Maria anzubeten.
* *
*
Mitten in diesem Lehnszeitalter wurde Großbritannien von den Nor-
mannen erobert.
Obwohl die britische Insel in den sie einschließenden Meeren einen star-
ken natürlichen Schutz fand, hatte sie fast gleichzeitig wie Gallien die rö-
mische Herrschaft und Gesittung kennen gelernt. Die Briten, die sie
bewohnten, wurden halbe Römer, während im Norden der großen Insel
die Skoten, Pikten und Kaledonier (die heutigen Schotten) im Schutz ihrer
Berge unabhängig geblieben waren. Übrigens führten, wie es unzivilisierte
Nachbarstämme stets zu tun pflegen, Briten und Kaledonier beständig fCriege
miteinander.
Im fünften Jahrhundert kamen die Angeln und Sachsen von Germanien
nach Großbritannien hinüber. Trotz des bewundernswerten Heldenmuts
des Königs Artus, des sagenhaften Anführers der Briten, blieben schließlich
doch die Einwanderer siegreich. Sie vermochten sogar ein angelsächsisches
Königreich zu gründen, das zu großer Macht gelangte. Dann kamen auch
noch die Dänen hinüber, und eine geraume Zeit setzte sich' in einve.r end-
losen Reihe von Schlachten zwischen Dänen und Angelsachsen der Kampf
um die Herrschaft fort. Einem sächsischen König Alfred dem Großen (849
bis 901) gelang es endlich, den größten Teil der Insel unter seinem Zepter
Die Kirche. 129
zu vereinen. Ebenso tüchtig als Gesetzgeber wie als Krieger, glückte es
ihm, Ruhe, Ordnung und Ständigkeit in sein Land zu bringen. Unter deiner
und seiner Nachfolger Herrschaft lernte England endlich ein waiig Frieden
und Wohlstand kennen.
Zu Anfang des elften Jahrhunderts setzte wieder einmal die kriegerische
Auswanderung ein, die die Völker offenbar noch immer nach Süden oder
nach Westen zu drängen scheint, Unter der Führung des gefürchteten See-
räubers Knut unternahmen die Dänen eine siegreiche Fahrt nach England
und entthronten die sächsischen Könige. Aber die Macht der Dänenkönige
sollte nicht von langer Dauer sein (1016 — 1042). Die Sachsen wurden bald
wieder die Herren des Landes.
Der letzte König des sächsischen Hauses war Harold. Unter seiner Herr-
schaft erfuhr England einen neuen Völkersturin. Ein großes Ereignis, das
auf die Geschicke der Welt einen segensreichen Einfluß ausübte.
Mit Berufung auf nichtige Vorwände, mit schlechter Verhehlung seiner
Begehrlichkeit unter dem Scheine berechtigter Eigentumszurückforderung
und mit dem Vorgeben, die Verteidigung der katholischen Kirche in die
Hand nehmen zu wollen, griff Herzog Wilhelm von der Normandie England
an und eroberte es.
Welches auch die Folgen dieses siegreichen Angriffs gewesen sein mögen,
die Eroberung Englands war, wie die meisten Eroberungen, in Wirklichkeit
nur ein riesiger und einträglicher Plünderungszug. Aber dieser Plün-
derungszug wurde mit solchem Heldenmute geführt und von einer so
fähigen Staatskunst befruchtet, daß er die Billigung und die Bewunderung
aller Geschichtsschreiber gefunden hat.
Am 27. September 1066 brach Wilhelm von Saint- Valery an der Somme
mit einem Heere von 60000 Mann, Franzosen, Flamländern und besonders
Normannen auf. Einige Tage später (14. Oktober) begegnete er bei Hastings
den sächsischen Streitkräften unter der Führung von Harold. Die Schlacht
war lang und blutig. Harold fiel zugleich mit den meisten seiner Soldaten.
Da zog Wilhelm, ohne noch irgendwelchen weiteren Widerstand zu findsn,
in London ein und ließ sich in der Westminster-Abtei zum König krönen
(25. Dezember 1066).
In den ersten Jahren seiner Regierung mußte er zunächst eine Reihe von
Aufständen niederwerfen, die so ernst wie richtige Kriege waren. Aber er
ging aus allen als Sieger hervor. Als gleichzeitiger Herrscher der Nor-
mandie wie Englands zog er abwechselnd von einem Lande zum andern, trotz
seines dicken Schmerbauchs unermüdlich und jeden Augenblick bereit, sich
zu schlagen; hierbei brannte er Städte und Dörfer nieder, schlachtete die
ü Riebet, Geschichte der Menschheit.
130 Fünftes Buch.
Aufständischen erbarmungslos hin, schloß und löste seine Bündnisse nach
den Erfordernissen der Stunde, fügte sich der Geistlichkeit scheinbar stets
willig, während er ihr ein anderes Mal wieder Gesetze diktierte, und erregte
so gleichzeitig Schrecken und Bewunderung.
In den neu eroberten Ländern richtete er einen Lehnsstaat ein, der sich
den bisher von ihm ausschließlich gekannten und so erfolgreich durch-
geführten Plünderungen in einer Weise anpaßte, wie es nur ein so alter
Praktikus wie er fertig bringen konnte. Die angelsächsischen Herren
ersetzte er nämlich durch die normannischen, von denen er aber nun zum
Entgelt einen Treu- und Lehnseid forderte. Sie wurden für einen Kriegs-
fall verpflichtet, eine je nach der Ausdehnung ihres Gebiets mehr oder
weniger große Zahl von Mannschaften zu stellen. Alle normannischen
Krieger, die an dem Heereszuge teilgenommen hatten, wurden also zwar
belohnt, aber gleichzeitig zu Untergebenen des Eroberers.
Trotz einer aufrichtigen Frömmigkeit und Gottergebenheit hatte Wilhelm
eine viel zu hohe Vorstellung von seiner königlichen Gewalt, um sich der
Kirche gegenüber ohne weiteres zu beugen. Er behielt sich die Wahl der
Bischöfe vor und ersetzte die angelsächsischen Priester durch französische.
Er schränkte die Gerichtsgewalt der Kirche ein und beanspruchte ein Auf-
sichtsrecht über die vom Papste gesandten Bullen.
Es war das um dieselbe Zeit, wo sich in Italien Kaiser Heinrich IV. von
Deutschland vor dem Papste zu Canossa demütigte. Barfüßig und nur mit
einem wollenen Büßerhemde bekleidet wartete er drei Tage lang in den
Laufgräben und vor den Toren der dortigen Burg, bis Gregor VII. geruhte,
ihm Absolution zu gewähren.
Als Wilhelm der Eroberer starb, war er der mächtigste Fürst ganz
Europas und verfügte über ein kriegserprobtes Heer, blühende Staats-
finanzen, den zauberischen Ruf eines gefeierten Siegeshelden und die wirk-
liche Macht eines unumschränkten Herrschers über den größten Teil von
England und ein Drittel von Frankreich.
Die normannischen Sieger nahmen nun die Sprache und die Sitten der von
ihnen besiegten Angelsachsen an. In zwei Menschenaltem war diö Ver-
schmelzung vollendet. Gleichwohl blieb die Wirkung dieses Eindringens
des Normannentums in das ursprüngliche Germanentum auf das ganze staat-
liche und gesellschaftliche Leben Englands eine tiefe und nachhaltige.
So hat das englische Volk, gerade wie alle übrigen europäischen Völker,
seine endgültige Gestalt erst durch wiederholte Völkerwanderungen und
Eroberungszüge gewonnen. Eingeborenen unbekannten Ursprungs haben
sich zunächst die Kelten, die wahrscheinlich aus Deutschland eingewandert
Die Kirche. 131
sind, später die Sachsen, die ebenfalls aus Deutschland kamen, die Dänen,
die aus Skandinavien, und die Normannen, die aus Frankreich kamen, nach-
einander beigemischt. Diese Mischung aller der genannten Stämme hat
nun das so edle englische Volk hervorgebracht, das trotz seiner starken
nationalen Einheit auch nicht die geringste ethnische Einheit besitzt. Und
es ist auch nicht mit irgendeiner der vielen europäischen Völkerschaften
anders! Unsere Ursprünge sind überall die gleichen! Das gleiche Blut
fließt in unser aller Adern! Wir sind alle durch eine so enge Verwandt-
schaft verbunden, daß die sämtlichen, ausschließlich durch die eigennützig-
sten Interessenkämpfe der Fürsten, entfesselten Kriege ohne Ausnahme in
Wahrheit eigentlich niemals etwas anderes waren als das, was wir sonst
Bürgerkriege nennen.
Selten hinterlassen die Gründer von großen Reichen Erben, die ihr Werk
fortzuführen oder auch nur zu erhalten verstehen. Die Nachkommen Wil-
helms, die höchst mittelmäßig und gewalthaberisch waren, dachten immer
nur an Krieg, und zwar an den Krieg mit ihren verhaßten Nebenbuhlern,
den Königen von Frankreich. So sollte von mm an zum schweren Unheil
der beiden edlen Völker die Geschichte Englands mit der Frankreichs durch
ebenso unerbittliche wie 'unfruchtbare blutige Fehden auf lange Zölt ver-
bunden bleiben.
Die letzten Jahre des elften Jahrhunderts waren durch ein Ereignis von
weltgeschichtlicher Bedeutung gekennzeichnet: die Kreuzzüge.
Dieselben dehnten sich über das ganze zwölfte Jahrhundert aus.
Papst Gregor VII. (1073 — 1085) hatte nach langer Zeit wieder zum aller-
ersten Male den schwachen Versuch gewagt, die Sitten der Priester von
Grund aus umzugestalten und die Unterwerfung der Fürsten zui fordern.
Sein Traum war, der höchste Führer zu werden, alle Gewissen zu be-
herrschen und alle Willensregungen zu lenken. Er dachte darüber nach,
wie er, auf die Gläubigkeit der christlichen Völkerschaften gestützt, die An-
maßungen der Könige, der hohen Herren oder auch s'einer eigenen Bischöfe
zurückweisen könnte. Aber in seinem Ringen um die Macht mit dem deut-
schen Kaiser mußte sich Gregor schließlich besiegt erklären.
Seine Nachfolger waren schon glücklicher. Dank den Kreuzzügen wurden
die Päpste im zwölften Jahrhundert zu den höchsten Schiedsrichtern der
katholischen Welt.
Auf der Kirchenversammlung zu Clermont (1095) stellte sich Papst Ur-
ban II. entschlossen an die Spitze einer großen Volksbewegung, die Völker,
9*
132 Fünftes Buch.
Könige und Kaiser fortriß. „Ist es nicht für die Kinder Christi beschämend,
daß sein Grab in den Händen der Ungläubigen ist? Wollen es die Christen
Europas ruhig mitansehen, wie die Barbaren ihre Brüder in Syrien und
Palästina um ihres Glaubens willen martern? Der Krieg zur Befreiung des
Heiligen Grabes ist ein heiliger Krieg, und wer in denselben ziehen wird,
wird Vergebung aller seiner Sünden finden. Heftet ein Kreuz auf eure
Kleider zum Zeichen eures Glaubens und machet euch zum Heiligen Lande
auf. Gott will esl"
Es war ein gewaltiger Begeisterungssturm, der die Bevölkerungskreise
überall, in Flandern, Deutschland und Frankreich, damals fortriß. Ein
Mönch von Amiens, Peter der Einsiedler, predigte den Kreuzzug, von Ort
zu Ort wandernd (und seine beklagenswerten Zuhörer mit sich lockend. Unter
seiner Führung zogen die Pilger, an Zahl nahezu zweihunderttausend, durch
ganz Deutschland, Ungarn und Bulgarien. Da man leben mußte, plün-
derten diese eigenartigen Wanderkrieger, ihren Zug mdt Verwüstung und
Vernichtung bezeichnend. Aber auch sie wurden auf ihrem Weg übel
mitgenommen. So war ihre Zahl schon beträchtlich zusammengeschmolzen,
als sie in Konstantinopel anlangten (30. Juli). Die Griechen erleichterten
ihnen die Überfahrt über den Bosporus, aber sobald sie ans andere Ufer
hinübergekommen waren, metzelten die Türken sie nieder.
Das war der klägliche Ausgang dieses Kreuzzuges der kleinen Leute.
Der nachfolgende Nachzug der Ritter war schon ernster.
Die Mannschaft des Heeres war zwar heldenmütig, kühn und begeistert,
aber jeder soldatischen Zucht abhold. So kamen sie auf vier verschiedenen
Wegen in Konstantinopel an (1096). Dann zogen sie nach Kleinasien weiter
und erfochten durch das glänzende Feldherrngeschick des normannischen
Ritters Bohemund, den sie zum Führer gewählt hatten, einen bedeutenden
und entscheidenden Sieg in der Schlacht bei Doryläum.
Es bedurfte einer Zeit von zwei Jahren, um bis nach Jerusalem zu
gelangen, sich vorher der Städte Nicäa und Antiochia zu bemächtigen
und die türkischen Heere zu zerstreuen, die sich nach jeder Niederlage
neu bildeten und noch verstärkt zurückkehrten. Die Krankheiten, die
Schlachten, besonders aber andauernde Streitigkeiten untereinander hielten
die Kreuzfahrer in ihrem Vormarsche auf, und sie wären auch sicher xmter-
legen, wenn nicht auch im Sarazenenheere beständige Meinungsverschie-
denheiten die Führer entzweit hätten. Am 15. Juli 1099 drangen endlich
die Christen in Jerusalem ein, wo sie ihren Sieg durch ein grausiges Ge-
metzel und Blutbad schändeten. Schon zu Titus' Zeiten war dort das Blut
Die Kirche. 133
in Strömen geflossen. Ein düsteres Verhängnis scheint über dieser Un-
glücksstadt schon von alters her geschwebt zu haben.
Gottfried von Bouillon wurde nun zum König von Jerusalem aus-
gerufen, Bohemund zum Fürsten von Antiochia. Auch noch manchem
andern von den adligen Herren fielen Städte und Ländereien zu. Syrien
und Palästina wurden geradezu französisches Gebiet. Auch in unsern Tagen
ist auf Grund einer Überlieferung, die sogar lange Jahrhimderte der Gleich-
gültigkeit noch immer nicht haben verwischen können, der französische
Einfluß der maßgebende in Syrien und Palästina geblieben.
Doch der Einrichtung des französischen Lehnsstaats an den morgen-
ländischen Gestaden des Mittelmeers war keine allzulange Lebensdauer be-
schieden. Viele Kreuzfahrer waren in Kummer und Not dahingestorben,
und die meisten von denen, die mit dem Leben davongekommen waren,
waren in die Heimat zurückgekehrt.
So waren die, die zurückblieben, wenn auch mutig und tüchtig, so doch
an Zahl nicht gar zu stark. Europa schickte ihnen nicht mehr Lebens-
mittel noch Geld, und so war ihr Los ein klägliches. Als nun auch noch gar
im Jahre 11 46 die Türken immer bedrohlicher wurden, entschied man sich
für einen neuen Kreuzzug. Er endete für die nur schlecht ausgerüsteten
und schlecht befehligten christlichen Heere mit einem vollständigen Miß-
erfolge, so daß schließlich Jerusalem von den Türken wieder eingenommen
wurde (1187).
Papst Innocenz IIL suchte nun die Christenheit für einen abermaligen
Heereszug zu gewinnen. Sein Einfluß war ein so gewaltiger, daß er die
drei größten Herrscher Europas: König Richard von England, König
Philipp August von Frankreich und den deutschen Kaiser Friedrich Bar-
barossa zu bestimmen vermochte, nach dem Heiligen Lande zu ziehen.
Dieser dritte Kreuzzug mißlang ebenso wie der vorhergehende. Kaiser
Friedrich, der durch seine Tapferkeit die Herzen aller Kreuzfahrer ge-
wonnen hatte, fand gleich zu Anfang des Elrieges das Ende seines taten-
reichen Lebens. Philipp August machte sich im Grunde seines Herzens
recht wenig aus den asiatischen Angelegenheiten, und so beeilte er sich, um
sich wieder möglichst bald den Regierungsgeschäften des eignen Landes zu-
wenden zu können, sowie er es nur mit .einigem Anstand konnte, nach
Frankreich heimzukehren. Richard Löwenherz aber, ein ebenso grausamer
wie heldenmütiger, höchst abenteuerlicher ritterlicher König, wurde nach
mancherlei Wundertaten von Tapferkeit .schließlich doch so völlig besiegt,
daß er den Sultan Saladin um Frieden bitten und Jerusalem ein für allemal
aufgeben mußte. So blieb- Saladin Herr von Ägypten, Syrien, Palästina und
134 Fünftes Buch.
Kleinasien. Er war nach seinem Siege weit hochherziger, als es jemals die
Christen gewesen waren, und führte seine Herrschaft ohne jede Grau-
samkeit.
Bisher hatten alle Kreuzzüge in christlicher Gläubigkeit und Abenteuer-
lust ihre Triebfeder gehabt. Der vierte Kreuzzug wurde von weniger rühm-
lichen Gefühlen eingegeben.
Die Stadt Venedig hing nur noch dem Namen nach vom oströmischen
Reiche ab, doch durch die Schwäche der Kaiser behielt sie in Wahrheit
volle politische Selbständigkeit. Allmählich schüttelte sie das Joch ganz ab
und gab sich eine republikanische Verfassung. In dieser Zeit sammelte sie
auch durch ihren Handel bedeutende Reichtümer und erweiterte ihr Gebiet.
Im Jahre 1201 erbot sich der hochbetagte Doge von Venedig, Dandolo,
die Kreuzfahrer nach Ägypten zu schaffen unter der Bedingung, daß ihm
ein Teil der Beute abgetreten würde. Die Kreuzfahrer nahmen das Aner-
bieten an. Da bestimmte der Doge mit einemmial die Christen, anstatt
gegen die Moslems vorzugehen, doch lieber gegen die Seeräuber lUyriens zu
Felde zu ziehen. Hierauf wandten sich die Kreuzfahrer nun geradeswegs
gegen das oströmische Reich. So wurde Konstantinopel, eine christliche
Stadt, im Sturme von Soldaten genommen, die selbst im Namen Christi
kämpften (1204). Das griechische Kaisertum, d. h. das griechisch-katho-
lische, wurde durch ein lateinisches, d. h. römisch-katholisches, ersetzt. Die
Venetianer aber wurden die Herren der Jonischen Inseln und fast aller
Inseln des Ägäischen Meeres.
Das lateinische Kaisertum währte nur ein halbes Jahrhundert; dpch
Venedig blieb von nun an auf lange hin die Beherrscherin des Adriatischen
Meeres.
So gleicht der vierte ICreuzzug in nichts dem ersten. Er wird nicht
mehr, wie dieser, durch die gläubige Begeisterung einer unwissenden christ-
lichen Masse, sondern nur noch durch den schlauen Ehrgeiz einer Minder-
heit vermögender Großkaufleute geführt.
Überall wächst in der damaligen Zeit der Eigennutz und sinkt der
Glaube. Weder die Massen noch die Ritter, noch selbst die Päpste kümmern
sich viel um das Heilige Grab. Aufrichtig und fromm interessiert sich nur
noch einer für die Grabstätte Christi, und das ist König Ludwig IX. von
Frankreich.
Ludwig IX. (der Heilige Ludwig) war weder ein besonders begabter
Feldherr noch ein besonders hervorragender Staatsmann, aber seine hagere,
durchgeistigte Erscheinung, aus der so viel Sanftmut, Ruhe und Friede
sprach, sticht erfreulich ab von der der meisten Könige und Herren jener
Die Kirche. 136
Tage mit ihrem so boshaften, hartherzigen und habsüchtigen Aussehen.
LeutseUg, unerschrocken und treu, liebte er die Gerechtigkeit über alles
und hielt sein einmal verpfändetes Wort selbst den Ungläubigen. Er verab-
scheute den Krieg, und in jenen kampfdurchtobten Zeiten fand er sich
höchstens bereit, die Waffen gegen die Anhänger des Islam, also die Feinde
Christi, zu ergreifen. Fromm bis zu einer überschäumenden Inbnmst, ließ
er sich gleichwohl nicht in der Führung der Regierungsgeschäfte von Papst
und Priestern bevormunden. Vielleicht wäre es klüger von ihm gewesen,
ruhig in Frankreich zu bleiben, um hier die Ausübung seines königlichen
Berufes fortzusetzen, aber seine Frömmigkeit duldete das für die Länge
der Zeit nicht, sondern wurde allmählich Herr über ihn, und so unternahm
er einen Kreuzzug (1248 — 1252), der elend scheiterte. Einige Jahre später
wandte er sich noch einmal den heiligen Stätten zu. Aber er wurde wider
seinen Willen durch eine längere Verzögerung in Tunis zurückgehalten und
wurde hier von der Pest dahingerafft. Dies war der letzte Kreuzzug (1270).
So blieb Jerusalem in den Händen der Türken, ebenso Ägypten, Syrien
und die ganze afrikanische Küste. Die große Anstrengung der Christenheit
hatte schließlich nur dazu gedient, die Macht des Islam zu kräftigen. Kein
politisches Ergebnis, kein sittlicher Vorteil war aufzuweisen. Die Kriege im
allgemeinen, aber ganz besonders die Religionskriege, sind nun einmal keine
Förderungsmittel für die Zivilisation! Was die Christen aus dem Morgen-
lande nach Hause gebracht haben, ist, soviel man auch dagegen einwenden
mag, im Grunde recht wenig, was sie abea* dem Morgenlande gegeben
haben, noch viel weniger, waren sie doch noch zu jener Zeit in einem
roheren gesellschaftlichen Zustande als die Araber; die arabische Walt
ist freilich auch nach den Kreuzzügen völlig auf dem Standpunkte stehen
geblieben, auf dem wir sie schon vorher hatten stehen sehen. Ein paar
Jahre friedlichen Verkehrs hätten hier sicher mehr gewirkt als ein Jahr-
hundert von Schlachten und Gemetzeln.
Man kann nicht einmal behaupten, daß die europäischen Völker dadurch,
daß sie Schulter an Schulter unter derselben Fahne kämpften, sich gegen-
seitig verstehen und lieben gelernt hätten, sollten doch noch so viele
folgende Zeitalter eine ununterbrochene Reihe von Kriegen und Feind-
seligkeiten zwischen Franzosen, Engländern, Italienern und Deutschen
erleben !
Und doch, welch wunderbares Schauspiel dieser erste Kreuzzug, in dem
eine aufrichtige, heldenmütige Masse, die sich aus allen Völkern und allen
Ständen zusammensetzte, von einer uneigennützigen und edlen Idee ent-
flammt und von einer glühenden Leidenschaft getrieben hinauszieht, ohne
136 Fünftes Buch.
daß sie dazu etwa irgendein Herrscher anzuspornen oder zu leiten brauchte I
In der Geschichte der Menschheit findet sich nichts, was diesem allge-
nieinen Ausbruche gläubiger Begeisterung auch nur einigermaßen an die
Seite zu stellen wäre.
Im 12. und 13. Jahrhundert ist die Kirche noch immer allgewaltig; aber
schon zu dieser Zeit beginnt ihre Macht so langsam herunterzugehen, treten
doch ganz imvermutet und plötzlich völlig unvorhergesehene^ Hemmungen in
die Erscheinung.
. Es entstand nämlich damals zu Salerno in Italien die erste Universität,
j d. h. eine Hochschule, in der sämtliche Wissenschaften der Zeit gelehrt
1 wurden (1096); eine zweite folgte zu Bologna (1158). .Die Universität Paris
1 stammt aus dem Jahre 1200. Bald wurde sie unter allen die berühmteste
' und besuchteste. Von allen Seiten Europas strömten die Schüler herbei,
ungestüm, streit- und händelsüchtig, begeistert und eifersüchtig auf ihre
Vorrechte. Es wurde viel Theologie, etwas Recht und etwas Medizin
gelrieben.
Sicher blieben diese Universitäten, an denen Kleriker und Laien ihre
Vorlesungen hielten, strenggläubig im Sinne der Kirche und ihrem Geiste
treu ; doch setzt dieser Unterrichtsbetrieb schon die wissenschaftliche Unter-
suchung voraus, derart, daß von nun an die katholischen Dogmen auszu-
legen, also zu erörtern waren. Die Theologie, die Jurisprudenz und ganz
besonders auch die Medizin dieser Universitäten, schlössen sich zu jener
Zeit eng und geheimnisvoll in ziemlich willkürlichen und wunderlichen
^ I Formeln in einer Weise ab, über die wir heute lächeln würden. Und doch
' handelte es sich auch schon damals um den nämlichen menschlichen
1 1 Geist, der sich zu befreien suchte !
Auch machten sich gleichfalls bereits ganz von ferne einige Ketzereien
bemerklich: in Italien, besonders auch im Süden Frankreichs die
der Albigenser und im Gebiete von Lyon die der Waldenser. Sie traten
nur schüchtern hervor und wagten sich kaum zu zeigen. Doch plötzlich
kamen sie zum offenen Ausbruch und erhoben sich in einer für die katho-
lische Einheit bedrohlichen Weise. Nachdem es die Kirche mit Überredung
imd dann auch mit Bann vergeblich versucht hatte, mußte sie zur Gewalt
schreiten und die Könige zu einem Kreuzzuge gegen diese armen franzö-
sischen Bauern bestimmen, die sicher leichter zu besiegen waren als die
sarazenischen Heere (1299). Die Unterdrückimg war blutig. Die Ketzerei
wurde nun allerdings mit Stumpf und Stiel ausgerottet, aber es war doch
Die Kirche. 137
schon viel, daß sie überhaupt hatte entstehen und sogar vorübergehend eine
bedenkliche Macht gewinnen können.
Die Feudalmacht des Adels wurde damals von den Herrschern Frank-
reichs, Englands und Deutschlands hart mitgenommen. Besonders heftig
wurde sie von den Königen von Frankreich bekämpft. Den ersten Kape-
tingern, Ludwig VI. und Ludwig VIL, wollte es noch nicht recht gelingen,
die Besitzungen oder auch nur den Einfluß der Könige von Frankreich
auf ihre Kosten auszudehnen, aber Philipp August (1180 — 1223) hatte
schon mehr Glück.
Dieser König erbaute in seiner Hauptstadt Paris den Louvre, der an-
fangs "ein befestigtes Schloß gewesen war, zwei Jahrhunderte später ein
Palast wurde und heute ein Museum ist, ein wahrer Mittelpunkt für die
Kultur Frankreichs und vielleicht auch für die der Welt. Er kämpfte mit
den Normannen, den Engländern, den Deutschen sowie mit dem Papste.
Er nahm das Anjou, das Poitou, die Normandie und trat, als sich Johann
ohne Land, der König von England, gegen Frankreich mit dem deutschen
Kaiser Otto IV. verbunden hatte, den vereinten deutsch-englischen Heeren
entgegen und brachte ihnen eine vernichtende Niederlage bei Bouvines
bei (12 14).
Dieser Sieg hatte entscheidende Folgen. Durch ihn wurde Philipp
August mit einem Schlage der, mächtigste Herrscher Europas, aber er
bewirkte noch ganz etwas anderes. Er rief in England eine schwere
Empörung gegen Johann, den unfähigen König dieses Landes, hervor.
Zu Windsor versammelt, verweigerten die englischen Barone ihrem
Herrscher den Gehorsam, wenn er nicht gewisse Bürgschaften bewilligte.
Es war die Magna Charta, die dem durch seinen Adel vertretenen eng-
lischen Volke Freiheiten gab, die denen an die Seite zu stellen sind, die in
alten Tagen die Plebejer zu Rom nach langen, schweren! Kä"mpfen dem <^a^^
Senate abgerimgen hatten. Der König versprach, jede Steuer erst seinen \ ''
Vasallen zur Bewilligung vorzulegen und die freien Angehörigen seines
Königreichs ausschließlich nach festen und bestimmten Rechtssätzen zu j
richten. So wurden die Untertanen eines Königs zu "Bürgern eines Volkes. |
Vergebens suchten Johann und seine Nachfolger diese bedeutungsvolle
Urkunde anzufechten. Die englischen Lords hielten ihre Ansprüche aufrecht.
Nicht nur darf der König ohne die Zustimmung der Lords keine Steuern
erheben, sondern er ist auch gehalten und verpflichtet, sie jährlich wenig-
stens einmal zu berufen, um ihre Ausstellungen entgegenzunehmen. Diese
Vereinigung bildet den Ausgangspunkt für das spätere Parlament.
138 Fünftes Buch.
Ein bescheidener Anfang für eine große Sache 1 Di« Tatsache der
freien Ermächtigung zur Annahme oder Verweigerung von Steuern ist die
Grundlage des parlamentarischen Systems. Es ist jenes ursprüngliche
Recht, durch welches jeder einzelne einen Anteil an der höchsten Staats-
gewalt hat, insofern, als en seiner Stimme durch den Abgeordneten, den er
ins Parlament entsendet, Gehör verschaffen kann. Die politische Gesamt-
entwicklung der modernen Völker hängt von dieser englischen Einrichtung
ab: der Großen Urkunde von Johann ohne Land (121 5).
Es gab sTunächst nur eine einzige Versammlung, die Kammer der Lords,
das Oberhaus. Aber schon einige Jahre später erlangten die Grundbesitzer
und die Bürger das Recht, ebenfalls Abgeordnete zii entsenden. Es war
das die Kammer der Gemeinen, das Unterhaus (1254). So hatte seit dem
13. Jahrhundert in England das parlamentarische System eine feste Grund-
lage gewonnen. Den andern Völkern Europas sollten noch sechs Jahr-
hunderte langen und erbitterten Kämpfes bevorstehen, ehe sie dasselbe er-
rangen.
Wie im 12. und 13. Jahrhundert die Geschichte Englands und Frank-
reichs eng zusammengeht, so auch in derselben Zeit die Deutschlands
und Italiens.
Auch einer der deutschen Kaiser, Otto I., war so eine Art Eroberer
(936 — 973). Er schlug die Ungarn zurück imd ließ sich in Rom vom Papste
ziun Kaiser des Heiligen Römisch-Deutächen Reiches salben.
Italien war in diesem Reich inbegriffen. So hat denn auch bis zum
Ende des neunzehnten Jahrhunderts der Besitz Italiens noch immer in den.
Köpfen der Nachfolger Karls des Großen herumgespukt. Ob es sich um
die einstigen Hohenstaufen oder um die heutigen Habsburger handelt, sie
werden stets das Gebiet von Mailand, die Lombardei und die Toskana
für sich beanspruchen. Es macht ihnen wenig, daß die Italiener eine andere
Sprache sprechen und daß ihre Sitten und ihre Abstammung andere sind,
j'Alle deutschen Kaiser sollten von nun an die Eroberung Italiens zur Grund-
lage ihrer Politik machen zum Unglück für beide, Deutschland sowohl wie
Italien.
Einer der mächtigsten deutsch-römischen Kaiser war Friedrich Bar-
barossa (11 52 — 1190), eine Jialb sagenhafte Gestalt, wie alle Persönlichkeiten,
die es bis zu einer bestimmten Höhe von Berühmtheit gebracht haben.
Friedrich suchte es in Deutschland wie Philipp August in Frankreich zu
machen, d. h. die Lehnsfürsten, die damals zur Verteidigung ihrer Unab-
hängigkeit auch hier zu den blutigsten Fehden mit dem Kaiser schritten,
endgültig unter seine Oberherrlichkeit zu bringen.
Die Kirche. 13g
Ein tragisches Geschick wollte es, daß gerade er bei seiner großen
Frömmigkeit mit dem Papst Krieg führen mußte. Doch gingen die Päpste
mit Bannbullen vor, so blieb dem Kaiser schließlich nichts weiter übrig, als
an der Spitze einer bewaffneten Macht zu erscheinen.
Aber der gewaltigste unter allen deutschen Kaisern war Barbarossas
Enkel Friedrich II. (121 5 — 1250). Schon mit einem Alter von drei Jahren
war er König der beiden Sizilien. Seine Erziehung hatte Papst Innocenz III.
geleitet, dem es nach der Niederlage Kaiser Ottos bei Bouvines (12 14) durch
List gelang, die Absetzung des geschlagenen Fürsten durchzusetzen« um
statt dessen schon im folgenden Jahre seinen Zögling in einem Alter von
erst zweiundzwanzig Jahren zum Kaiser krönen zu lassen.
Friedrich nahm seinen Aufenthalt besonders zu Palermo in Sizilien,
wo das dortige arabische Kulturleben dem sonstigen abendländischen an
Zivilisation weit voraus war. Er hielt einen Harem. Er neigte zu keinem
bestimmten Religionsbekenntnis, doch hatte er für die Moslems eine be-
sondere Vorliebe. Er zog an seinen Hof Rechtsgelehrte, die die Verwaltung
lediglich nach weltlichen Gesichtspunkten auf Grund des römischen Rechtes
führen mußten, und Dichter (Trobadors und Minnesänger).
Im gleichzeitigen Besitze von Unteritalien und Deutschland mußte er
seine Hauptgegner in dem Papste und den Städten der Lombardei sehen.
Der Kampf gegen die Päpste war äußerst heftig. Dreimal wurde Friedrich
in den Bann getan, doch im Gegensatz zu allem jemals bisher Erlebten
gleichwohl nicht von seinen Untertanen im Stiche gelassen. Beim Tode
Gregors IX. ließ Friedrich die Kardinäle, die zum Konklave zusammen-
treten sollten, gerade als sie Rom auf dem Wasserwege erreichen wollten,
auf hoher See gefangen nehmen und zwang nunmehr die Kirche, ziemlich
zwei Jahre (21 Monate) ohne Papst zu bleiben. Ein weiterer Papst, Inno-
cenz VI., mußte nach Genua flüchten (1245).
Aber Friedrich wurde von den lombardischen Städten besiegt, die einem
deutschen Fürsten nicht gehorchen und die ihnen auferlegten schweren
Steuern nicht bezahlen wollten. Der Kampf dauerte Friedrichs ganze Re-
gierung hindurch, an deren Ende er so ziemlich sein gesamtes kaiserliches
Ansehen in Deutschland verloren hatte. Der Sohn, den er hinterließ,
herrschte nur vier Jahre und hinterließ als Nachfolger hinwiederum ein
zweijähriges Kind. Dieser Mangel an Thronerben sollte dem Deutschen
Reich die blutigsten Bewerbungskämpfe um die Kaiserwürde zwischen
den mit den Päpsten verbündeten verschiedensten ausländischen Macht-
habern bringen, was für dasselbe den Anfang zur Anarchie bedeutete.
l4o Fünftes Buch.
Trotz alledem war Friedrich einer der bedeutendsten und eigenartigsten
Fürsten des Mittelalters. In seinen Anschauungen gleicht er modernen
Herrschern weit mehr als solchen seiner Zeit. Niemals wa'r Deutschland
ruhiger als unter ihm, niemals Italien reicher.
Aber es war auch zu derselben Zeit, wo in dem letztgenannten dieser
beiden Länder wenigstens in den Städten überall zwei feindliche Parteien
entstanden: die Weifen als des Papstes und die Ghibellinen als des Kaisers
Anhänger. :
Die Herrschaft der Deutschen über Italien dehnte sich bis über Sizilien
aus. Kaiser Friedrich II. war so eine Zeitlang der alleinige H.err eines
ganz riesenhaften Reiches, das das gesamte Deutschland, das gesamte
Italien und auch einen Teil der Provence umfaßte.
Doch diese Oberherrengewalt, die mehr zum Schein als in Wirklichkeit
vorhanden war, sollte nicht lange währen. Dem stets in Aufruhr befind-
lichen Adel in Deutschlaind, den um ihre kommunalen Freiheiten wenig be-
sorgten italienischen Städten wie den ihrer weltlichen Güter enthobenen
Päpsten gelang es nach Friedrichs II. Tode, alles ihnen jemals vom Kaiser
Entrissene wiederzugewinnen und das Reich dermaßen aus den Fugen zu
bringen, daß hier die feudale Anarchie stärker erschien als zu irgendeiner
Zeit bisher.
In Frankreich war es im Gegensatz hierzu den Königen gelungen,
ihre Gewalt immer mehr zu befestigen, ob nun Philipp August (1180
bis 1220) oder Ludwig IX. (1226 — 1270) regierte. War dieser ein edel-
denkender und gottesfürchtiger Fürst gewesen, der sich durch solche
zwei Tugenden für immer den Beinamen „der Heilige" erworben hatte,
so erwies sich hinwiederum einer seiner Nachfolger, nämlich. Phir
lipp IV. der Schöne, als höchst staatskluger Herrscher (1285 — 1314).
Er verstand es, den königlichen Kronbesitz um ein beträchtliches
zu erweitern (die Champagne und das Lyonnais), bei seinen Unter-
tanen die militärische Dienstpflicht einzuführen und bei seinem im-
ersättlichen Bedürfnis nach Geld so geschickt die Rolle eines Falsch-
münzers zu spielen, daß er immer wieder unbemerkt mehr oder weniger
falsche Münzen auf den Markt werfen konnte, sowie die verschiedensten
Steuern im voraus zu erheben und schließlich noch zu demselben Zweck
eine gerichtliche Verurteilung der Tempelherren herbeizuführen wußte.
Diese Ritter, halb Priester, halb Soldaten, waren die ersten gewesen, die den
Versuch machten, ein internationales Banksystem zu begründen. Seit der
Zeit der Kreuzzüge, »besonders auch gerade während ihres Verlaufs,
hatten sie auf diese Weise wohl oder übel unermeßliche Reichtümer er-
Die Kirche. I^l
worben, die der König unter Aufbietung seiner gesamten Lust an sich zu
bringen suchte. Die Unglücklichen wurden wegen Ketzerei und be-
trügerischer Machenschaften mit öffentlichen Geldern in Anklagezustand
versetzt und zum Feuertode verurteilt.
Obwohl Enkel des Heiligen Ludwig, ließ sich Philipp der Schöne durch
keinerlei sittliche Bedenken in seinen höchst zweifelhaften Plänen beirren.
Als er mit dem Banne belegt worden war, bestellte er eine Bande
Strolche, die sich des höchsten Priesters in rohester Weise bemächtigten.
Der arme hochbetagte Greis (88 Jahre alt) starb einen Monat nachher
(1303), wie es hieß, an den Folgen des Schreckens imd der Erregung,
die ihm dieser Vorfall gebracht hatte. Durch seine Ränke brachte es
Philipp dann auch zuwege, daß nun ein Franzose als Nachfolger von
Bonifacius VIII. und Benedikt XI. zum Papst ernannt wurde, dem er
Avignon als Wohnsitz anwies, wo er ihn besser in Abhängigkeit von sich
halten konnte. Diese Verlegung des päpstlichen Sitzes bildete ein Ereignis
von einschneidendster Bedeutung. War die gesellschaftliche Stellung des
höchsten Priesters durch dasselbe ganz bedenklich gesunken, so war es
die sittliche natürlich noch viel mehr!
Mit seinem Tode hinterließ Philipp der Schöne eines der blühendsten /
Reiche. Er war es, der die Grundlage zu der späteren starken Einheit/
Frankreichs gelegt hatte. '
Niemals war auch je zuvor der französische Einfluß in der Welt so
mächtig gewesen : in Konstantinopel ein lateinischer Kaiserthron, in Syrien
fränkische Lehnsherrschaften, aber auch in Sizilien, Italien, England
trugen Franken die Fürstenkrone. Ja, auch in Böhmen kam das königliche
Zepter in die Hand eines französischen Herrn (1306).
Es war das auch die Zeit, wo die französische Sprache zum erstenmal
ein gewisses einheitliches Gepräge bekam. Der Romanz de Renart und
die Denkwürdigkeiten des Geschichtschreibers Joinville bilden schon, wenn
auch noch aus der Ferne, die leisen Vorboten der gegenwärtigen Sprache. ''^~*' ^
Aber gleichwohl steckte Europa — wie natürlich auch Frankreich —
noch immer tief in der Barbarei. Weder Wissenschaft, noch Malerei,
noch Dichtkunst I
Damals jedoch war es, wo Baukünstler, deren Namen so gut wie völlig
in Vergessenheit versunken sind, jenen herrlichen Wunderbau ersannen,
den wir als gotischen Dom bezeichnen : das Werk vieler, nicht eines
einzelnen, das ein schon ererbter gläubiger Sinn einer Unzahl von Arbeitern
zu Christi Ruhm errichtete, ohne darum irgendwelchen für die eigne
Person erstreben zu wollen. Der gotische Stil hat in Frankreich seine
//n
l42 Fünftes Buch.
Entstehung gefunden (Saint-Denis 1143) und sich von dort über ganz
Europa verbreitet. Zu Chartres, Paris, Bourges, Amiens, Reims, West-
minster, Köln, Mailand war es eine wirkliche Pracht, jene großartigen,
kühnen und gewaltigen Riesen einen nach dem andern wie aus der
Erde emporwachsen zu sehen! So wurde der kalte romanische Kirchen-
baustil von dem soviel erhebenderen gotischen abgelöst. Bei allem noch
so wunderlichen Formenreichtum an Blattornamenten, bei allem noch
[ so üppig wuchernden phantastischen Schmuckwerk gewähren uns diese
I Denkmäler gotischer Baukunst doch jenes entzückende Gefühl der Wonne
\ und des Wohlgefallens, das sonst nur die erhabensten Kunstschöpfungen
griechischer Tempel in uns hervorzurufen vermögen.
So erwachte die Menschheit ganz allmählich aus ihrem tiefen Schlafe.
In derselben Zeit nahm auch das Elend ein wenig ab. Ein bescheidenes Maß
von Wohlstand trat an die Stelle dauernder Not; das Land bevölkerte sich
wieder; man merkte bei den Bürgern schon etwas reicheren Aufwand,
bei den Bauern schon etwas gemütlichere Behaglichkeit. Die Dörfer ent-
wickelten sich, die Städte erschlossen sich wieder dem Handel und Wandel,
und durch die Sicherheit und den Frieden erstarkte auch die Geistes-
bildung. Es war wie eine erste Renaissance.
I Und siehe da — plötzlich kommt ein langer, ruchloser Krieg dazwischen,
um diese ganze noch so junge Zivilisation zu vernichten und das Herannahen
der Neuzeit zu verzögern, aus seinem Schauplatze Frankreich aber ein
Trümmerfeld zu machen 1
Die Verantwortung für dies unselige Wagstück, das volle hundert Jahre
dauert, fällt ganz allein auf England oder vielmehr auf seine Könige zurück.
Sie maßten sich in der Tat an, die Franzosen mit Gewalt unter ihre
Herrschaft zu bringen, wie es doch auch umgekehrt ihrem französischen
Ahnen Wilhelm dem Eroberer mit den Angelsachsen gelungen war.
Die Engländer sind in diesem Kriege bei allen ihren Zusammenstößen
mit dem Feinde fast ausnahmslos Sieger geblieben. Die Tapferkeit war
auf beiden Seiten gleich groß, gleich groß auch die Zahl ihrer Kämpfer.
Aber der wesentlichste Bestandteil der französischen Truppen war die
Reiterei. Obwohl bis zur Tollkühnheit heldenmütig und entsprechend ein-
gebildet, kannten doch diese Reiter von der eigentlichen Kriegskunst auch
nicht das geringste. Worauf sie sich ausschUeßlich verstanden, war
ihre Lanze, mit der sie nach allen Regeln der Turniere und allen Vor-
schriften des Rittertums schwere Stöße zu versetzen 'wußten. Die Engländer
hingegen führten von Beginn des Krieges an ihre Schützen ins Treffen;
es waren dies äußerst geschickte und kräftige Kämpfer, die mit ihren
Die Kirche. 1^3
Bogen gar weithin trafen und mit ihren Pfeilen auch aus der Entfernung
die Panzerhemden der französischen Ritter durchbohrten.
So wurde gleich die erste Schlacht verloren (Cr^cy 1346).
Im Anschluß an diesen großen Sieg bemächtigte sich der englische
König Eduard III. der französischen Stadt Calais (1347), um sie alsbald
dem eignen Reich einzuverleiben. Calais mußte zwei Jahrhunderte lang
englisch bleiben (bis zum Jahre 1558).
Nach einem kurzen Waffenstillstände begann der Krieg von neuem.
In England war auf Eduard III. wieder Eduard IV. gefolgt, in Frankreich
auf Philipp VI. Johann der Gute, und es kann für zwei junge Könige gar
kein angenehmeres Vergnügen geben als Krieg!
Aus denselben Gründen wie bei Cr^cy fiel auch diesmal wieder der Sieg
den Engländern zu (Poitiers 1356). Der französische König Johann der
Gute wurde gefangen genommen.
Die verhängnisvollen Zeiten des zehnten Jahrhunderts waren wieder-
gekommen. Banden von bewaffneten Kriegern, Söldner ohne alle Treu und
Glauben verwüsteten die Lande, alle gleich schändlich, ob Freund oder
Feind, ob Engländer oder Franzose. Aus den dem Könige von Frankreich
damals noch gehörigen Landschaften mußte um jeden Preis Geld heraus-
gepreßt werden, damit für die als Gefangene zurückgehaltenen Ritter
und den König selbst das verlangte Lösegeld bezahlt werden konnte.
Furchtbare Seuchen, die getreuen Freundinnen des Krieges, kündeten sich
überall an. Der Papst zu Avignon hatte nur noch eine Schattenmacht, und
der gefangen gehaltene König wurde von seinem Sohne, dem Dauphin
Karl, vertreten, einem zwanzigjährigen jungen Prinzen ohne jeden Nimbus
und jedes Ansehen. Und trotz aller dieser Mißgeschicke dachten die adUgen
Ritter, die sich aus den Gemetzeln von Cröcy und Poitiers gerettet hatten,
noch immer an nichts anderes, als an ihre privaten Händel und Streitig-
keiten.
Unmittelbar vor der Schlacht bei Poitiers hatten die nach Paris zusammen-
berufenen Generalstände dem Könige Beihilfe bewilligt. Aber nach der
blutigen Niederlage des französischen Heeres wollten sie nicht darauf ver-
zichten, dem Dauphin ihre Bedingungen zu diktieren. Dieser aber weigerte
sich nachzugeben. An der Spitze der Unzufriedenen stand der Vorsteher
der Pariser Kaufmannschaft, Etienne Marcel. Dieser hatte hohe und edle
politische Gedanken, mit denen er seiner Zeit weit voraus war. Aber seine
schlimmsten Feinde waren seine eignen Anhänger, die ihn zu Unvorsichtig-
keiten trieben und ihn durch alle möglichen verbrecherischen Handlungen
bloßstellten. Während die meuterischen Bauern von der Partei des Jacques
l44 Fünftes Buch.
Bonhomme, die sogenannten Jacques, sich auf dem flachen Lande der
grausamsten Selbsthilfe schrankenlos hingaben, lernte Paris die Greuel des
Bürgerkrieges kennen; hierbei kam es einmal zwischen Etienne Marcels
Freunden und Feinden zum Handgemenge, in dessen Verlauf Etienne
Marcel einem hinterlistigen Mordanschlage zum Opfer fiel (1358). Und
von nun an kam die bitterste Not über das gesamte arme französische Volk.
Nach seiner Thronbesteigung jedoch gelang es dem bisherigen Dauphin
und nunmehrigen König KarlV. (1364 — 1380), endlich seinem Reiche einen
kurzen Frieden zu verschaffen dank der verdienstlichen Tätigkeit eines
Duguesclin, des heldenmütigen Feldherrn aus der Bretagne, sowie auch
des gesamten französischen Volkes, das unter dem Drucke des Auslandes
die unbestimmte Empfindung von dem Erwachen jenes Gefühls in sich
spürte, das nun schon seit dem Ende der römischen Republik nicht
mehr in der Welt zu finden war. Es war dies das Nationalgefühl, d. h.
das Bewußtsein der Zugehörigkeit zum gesamten Volke.
Die Regierung Karls V. bedeutete für die Franzosen eine vorüber-
gehende Unterbrechung seiner Drangsale. Dessen Sohn Karl VI. (1380 bis
1422) verfiel in Wahnsinn, und nun mischte der Bürgerkrieg seine unheil-
verkündende Stimme in die des äußeren Krieges.
Der englische König Heinrich VI. hatte sich nun auch zum König von
Frankreich ausrufen lassen. Paris mit seinem Residenzschlosse, seiner
Festung, seiner Universität und ihrem damals schon die Welt erfüllenden
Ruhme, dieses Paris sollte jetzt den Ausländer in seinen Mauern dulden und
sich als Herrscher gefallen lassen. Die unglaubliche Niederlage bei
Azincourt (141 5) lieferte dem Feinde alles Land nördlich der Loire aus.
Karls VI. Erbe, Karl VII., war nur noch König zu Bourges.
In diesem Augenblicke trat Johanna von Are hervor.
Das so fromme, keusche und kühne Lothringermädchen aus den ein-
fachsten Ständen bildete sich in ihrem unerschütterlichen Glauben an Gott
ein, es sei ihr der Erzengel Michael erschienen, um ihr zu befehlen, die Eng-
länder aus dem Lande zu jagen und den französischen König Karl nach
Reims zu führen und dort krönen zu lassen. Mit einem Häuflein Reisiger,
die ihr gelang, von ihrer fast übernatürlichen Macht zu überzeugen, brach
sie nach Chinon auf, wo sich gerade der König aufhielt, und meldete ihm ihre
göttliche Sendung. Nicht ohne Mühe erwirkte sie sich ein kleines Heer mit
der Ermächtigung, den Engländern, die die Stadt Orleans belagerten,
in den Rücken zu fallen. Es gelang ihr, dort einzudringen. Sogleich faßten
die Belagerten wieder Mut und verdrängten die Engländer. Orleans war
befreit (8. Mai 1429).
Die Kirche. 1^5
Dieser unerwartete Erfolg schien ein Werk Gottes. Und so fand jetzt
auch Johannas Sendung bei dem Volke Glauben, Edle und Gemeine kamen
jetzt aus allen vier Windrichtungen des Landes, um sich unter ihr Banner
zu scharen und todesmutig zu kämpfen. Man bewunderte ihre Güte, ihre
Unerschrockenheit, ihren durchdringenden und klaren Verstand. Eine unge-
wöhnliche Kühnheit beseelte sie mitsamt ihrem Heere. Alle Schlachten,
die sie lieferte, endeten in Triumphen. Von Sieg zu Sieg führte sie ihren
König bis nach Reims, wo er seine Krönung beging und sich salben ließ
(17. Juli 1429).
Als sie sich kurze Zeit darauf bei Compi^gnes in ihrem kriegerischen
Ungestüm einmal zu weit vorgewagt hatte, geriet sie in die Gefangenschaft
der Engländer, die sie nach Rouen brachten, um sie hier vor Gericht
zu stellen (23. Mai 1430).
Da ereignete sich eine jener heuchlerischen Komödien, die, in dem
Gewissen der Völker mit ehernem Griffel eingegraben, eine dauernde Stätte
finden. Die Doktoren der Universität Paris, die normannischen Bischöfe,
die englischen Generale, kurz alle Großen dieser Welt verständigten sich
damals, um Johanna als Ketzerin und Hexe zu erklären. Die kühnen und
ruhigen Antworten der Heldenjungfrau vermochten nicht ihre herzlosen
Richter zu rühren. Sie mußte zu Rouen den Feuertod mit allen seinen
unsäglichen Qualen erleiden (30. Mai 1431).
Von dem König im Stich gelassen, von der Kirche verdammt, von den
Engländern auf den Scheiterhaufen gebracht, ging dieses schlichte Bauern-
mädchen, das Frankreich gerettet hatte, heldenmütig in den Tod.
Die Verurteilungen eines Sokrates, eines Jesus und einer Johanna von (^
Are sind drei schwere Verbrechen im Namen der Kirche, die sich wie drei
große dunkle Flecken aus dem Leben der Menschheit abheben.
Zwar hatte Johannas Ruhmes- und Heldenlaufbahn den ganzen Haß
des Auslandes erweckt. Doch erstanden jetzt im eignen Lande Karl VH.
überall warme Verteidiger. , Er selbst erwachte aus seiner Stumpfheit und
stellte zum erstenmal ein wirkliches stehendes Heer auf, d. h. eines,
das ausschließlich aus Berufssoldaten bestand, eines, das nicht, wie es
bisher bei den Feudaltruppen gang und gäbe war, nach jedem Kriege
immer wieder auseinanderlief.
Ein neues Gewaltmittel für den Krieg war soeben mit der Erfindung
des Schießpulvers in die Erscheinung getreten. Bei Cr^cy war es, wo zum
erstenmal auf dem Schlachtfelde jene vollkommen neuen Maschinen zu
sehen gewesen waren, aus denen kleine Eisenkugeln geflogen kamen, um
Menschen und Pferde zu erschrecken. Diese Donnerbüchsen machten in
10 Riebet, Geschichte der Menschheit
i46 Fünftes Buch.
kurzer Zeit rasende Fortschritte, so daß bereits Karl VII. zu Ende seiner
Regierung über eine Artillerietruppe verfügte. Freilich sollten noch lange,
etwa bis zum Jahre 1500 hin, die Feuerwaffen lediglich für den Belagerungs-
krieg angewendet werden.
Die Vorbedingung für die Einrichtung eines starken Heeres ist die
eines starken Finanzwesens. Daher beschloß auch Karl VII. drückende
Steuern und führte, von dem waghalsigen und geschickten Jacques Coeur
unterstützt, bei sich eine regelrechte Finanzverwaltung mit ihrem ganzen
umfänglichen und verwickelten Geschäftsbetrieb ein. Er wurde damit zu
einem ganz modernen Herrscher, der seine Macht auf die beiden Eckpfeiler
jedes monarchischen Regierungsgebäudes stützt: ein zuverlässiges Heer
und geordnete Finanzen.
Nach und nach zogen sich auch die Engländer zurück. Schon im Jahre
1453 besaßen sie weder mehr Paris noch auch die Normaridie, noch auch
die Gascogne. Es gehörte ihnen niu" noch Calais.
Als Karl VII. starb (1461), war die Macht der feudalen Herren in
dem Kriegssturme untergegangen, um der schon lange in ihrem Einfluß
gestiegenen Königsgewalt nunmehr endgültig Platz zu machen.
Als die Engländer in ihr Vaterland zurückgekehrt waren, und dann
nicht mehr in Frankreich Krieg führen konnten, begannen sie nunmehr
den Krieg untereinander. Ein langjähriger Bürgerkampf zerriß England
von jetzt an (der Krieg der beiden Rosen 1452— 1485). Stolz auf ihre
jedem Ansturm gewachsene Unabhängigkeit und reich von der in Frankreich
gemachten Beute vernichteten sich die englischen Lords und Barone gegen-
seitig um die Wette, um ihre Unabhängigkeit und ihre Reichtümer zunächst
noch immer zu vermehren. Doch zum Schlüsse verblieb gleichwohl der
Sieg einem Könige in der Person Heinrichs VII. Tudor, der durch Be-
schlagnahmen oder durch Schenkungsverträ^e die meisten der grund-
herrlichen Ländereien an sich zu reißen wußte. Er gewann so dieselbe
Gewalt über den Adel Englands wie Karl VII. über den Frankreichs.
In Deutschland blieb im Gegensatz zu diesen beiden Ländern die
Feudalmacht noch vorläufig in ihrem ganzen Umfange bestehen. Nachdem
das Haus Hohenstaufen ausgestorben war (1254), waren die deutschen
Fürsten übereingekommen, ihr Oberhaupt selbst zu ernennen. Die sieben
Wahl- oder Kurfürsten (die Bischöfe von Mainz, Köln und Trier, der
König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und
der Markgraf von Brandenburg) bezeichneten nun selbst einen Herrscher,
der später in Rom vom Papste zum Kaiser zu krönen war. Einer dieser
Kaiser, ein Edelmann schweizerischer Abstammung, Rudolf von Habsburg
Die Kirche. i^-j
(1273), eroberte in einem Kriege mit dem Könige von Böhmen das Herzog
tum Tost erreich und begründete jenes mächtige österreichische Herrscher-
haus, das noch bis in die Gegenwart regiert. Eine lange Zeit hindurch
fiel die deutsche Kaiserwürde, obgleich damals für ihren iBesitz die
Wahl und nicht, wie im heutigen Deutschen Reiche, die Erblichkeit
entschied, immer wieder einem Habsburger zu.
Gleichwohl war die Macht des Kaisers keineswegs so gesichert wie die
des Königs von Frankreich oder auch die des Königs von England. Die
deutschen Herren, groß oder klein, waren ganz richtige Herrscher, die
dauernd zu Aufständen neigten und eine Gewalt über sich nicht anerkennen
wollten. Im Jahre 1450 gab es noch keine deutsche Einigkeit, die größer
gewesen wäre als die französische zu Zeiten Karl Martels fünf Jahr- ^
hunderte zuvor. ^
Doch gelingt es erfreulicherweise auch damals schon dem Geiste des
deutschen Volkes, dessen Wesen zu allen Zeiten in zäher Ausdauer und
mühsamer Arbeit bestanden hat, den feudalen Anmaßungen und Rempe-
leien seiner adligen Herren erfolgreichen Widerstand entgegenzusetzen.
Die Städte legen zu ihrem Schutze feste Wälle an und sichern sich dadurch
vor junkerlichen Überfällen. Sie führen Selbstverwaltung ein, werden freie
Städte und treiben blühenden Handel. Ja, es glückt ihnen, untereinander
einen Bund abzuschließen und damit die bald so einflußreiche Hansa zu
begründen. Lübeck, Hamburg, Köln, Bremen, Danzig erwerben große
Reichtümer durch einen regen Verkehr mit England, Flandern, Schweden
und sogar Rußland.
Auch zeigt sich damals schon ein Anfang von deutscher Literatur. Die
Sprache gewinnt allmählich festere Gestalt. Das Nibelungenlied, dem die
deutsche romantische Schule und später der Genius eines Wagner neues
Leben gegeben haben, ist das große Volksepos aus jener Zeit. Universitäten
erstehen nach dem Muster der Pariser Hochschule, um im deutschen
Leben einen Platz einzunehmen, der im Laufe der Zeit sich noch erheblich
steigern sollte.
England hat, ganz und gar von dem Krieg in Anspruch genommen,
noch immer weder Künstler noch Dichter aufzuweisen. Doch die dereinstige
englische Sprache mit ihrer weiten Herrschaft über die Welt kündet sich
jetzt schon leise in ihren ersten Anfängen an. Aus dem Angelsächsischen
und dem Französischen emporgewachsen, entwickelt sie sich allmählich aus
beiden zu einem einheitUchen Ganzen.
Wie anders Frankreich, das trotz aller Nöte und Leiden des hundert-
jährigen Krieges bereits seine Geschichtschreiber in Villehardouin (1160
10*
M8 Fünftes Buch.
bis 1213) und Froissart (1338— 1404) besitzt, seine entzückenden Dichter
in Charles d'Orl^ans (1391 — 1450?) und Frangois Villon (1431 — 1488?)
und schließlich auch seinen Theologen, der sein unsterbUches Werk in
lateinischer Sprache geschrieben hat — ist es der Franzose Gerson oder
i der Flamländer Thomas a Kempis? — , nämlich die Imitatio Jesu Christi,
ein Werk von seltener Mystik, das aus den Einöden der Thebais zu
kommen scheint 1 Es ist der Lobgesang auf die Vernichtung in Gott
oder auf eine Art himmlisches Nirwana, ein in hoffnungsloser Verzweiflung
am irdischen Leben ausklingendes Werk ! Weder der Prediger Salomo noch
Buddha haben mit beredteren Tönen die Eitelkeit alles Irdischen verkündet!
Aber es war weder Frankreich noch England oder etwa Deutschland,
von wo diese große zivilisatorische Bewegung ausging. Vielmehr hat die
eigentliche Renaissance ihren Ursprung in Italien.
Von mehreren Herrschern gleichzeitig geknechtet, vermag Italien seine
äußere Drangsal zu vergessen und einen Zustand der geistigen Befreiung
herbeizuführen, in dem es seine Künste und Wissenschaften in einem
Maße triumphieren sieht, daß es seinen kulturellen Einfluß bald über
die ganze Welt ausdehnen sollte. Selten gab es eine so große sittliche
Kraft im Verein mit solcher politischen Schwäche.
Wie in dem gesamten übrigen Eiiropa hatte auch auf der Apenninen^
halbinsel der Feudalismus das ganze Land in lauter kleine Teile zerrissen.
Das römische Reich war durch eine Unzahl von untereinander eifersüchtigen
und feindlichen Fürstentümern ersetzt worden. Aber trotz der wahnsinnigen
Kriege, die Provinzen und Städte zerfleischten, trotz der grausigen Seuchen,
die sie heimsuchten, trotz der unmenschlichen Gelüste der deutschen Kaiser
und der normannischen Fürsten Frankreichs und Englands wußten sich
die Bürger der großen Städte ein gewisses Maß Unabhängigkeit zu erringen
und sogar, was noch mehr als die Unabhängigkeit bedeutet, sich eine
staatliche Sicherheitsbehörde zu schaffen. Sie waren auf den so sinnigen
Einfall gekommen, Bandenführer zu unterhalten zu ihrem persönlichen
Schutze (condottieri), gerade wie man in unsern ziviHsierten Stadtgemeinden
eine Polizei unterhält, die die Aufgabe hat, die Ordnvmg in den Straßen
zu wahren.
Venedig, schon immer durch seine örtliche Lage geschützt, war zudem
jetzt eine selbständige Republik geworden. Es hatte durch seinen Handel
im Morgenlande außerordentliche Reichtümer gesammelt und legte eine
geschäftliche Tüchtigkeit an den Tag, in der es damals kein europäisches
Volk mit ihm aufzunehmen vermochte.
Noch reicher allerdings, ja die reichste und bedeutendste Stadt von ganz
Die Kirche. l49
Italien war Florenz. Es hatte den erstaunlichsten Wohlstand entfaltet
dank seiner Tuchfabrikation, seines Bankgeschäftes und seiner Gold-
schmiedekunst. Wie Venedig, hatte sich auch Florenz in eine Republik
verwandelt, in eine recht eigenartige Repubhk, die sich die Herrschaft
despotischer Tyrannen gefallen ließ.
Es kam vor, daß sich solche Tyrannen von Florenz, deren Amt mehr
oder weniger erblich war, durch gleichzeitige Vererbung der dazugehörigen
Eigenschaften von ihren Vorfahren her als fähige Köpfe, feine Politiker
und begeisterte Verehrer für die Erzeugnisse der Kunst und die Werke des
Geistes erwiesen. Sicherlich waren ihre Sitten ebenso grausam wie nicht
allzustreng. Aber sie wurden gleichwohl zu großen Wohltätern.
Dank dieses Reichtums und dank dieser Sicherheit verfeinerte sich
die Zivilisation der Stadt Florenz in immer höherem Maße. Während
des ganzen 14. Jahrhunderts war sie weit mehr als Rom die geistige
Hauptstadt Italiens. Die Sprache, die damals in Florenz gesprochen
wurde (Lingua Toscana), ist bereits die heutige italienische Sprache, eine
würdige Tochter des Lateins, klangreich und geschmeidig, bilderreich und
wohllautend Imd gleich fügsam dem Gebrauche der Gelehrten, der Redner
wie der Dichter.
Unter den letzteren der größte, der sich ihrer für sein Schaffen bediente,
war Dante (1265 — 1321).
Seine Göttliche Komödie (Divina Commedia) ist ein gewaltiges Dicht-
werk, dem er als Voraussetzung zugrunde legt, daß er selbst von Vergil
durch Hölle, Fegefeuer und Paradies geführt werde. Mit Zuhilfenahme
dieser dichterischen Erfindung erzählt Dante die packendsten Zwischen- ^ _ .
fälle der von ihm erlebten Bürgerkriege. Seine Erzählungen bedeuten in <^>-«/
sich nichts, aber in der Dichtung ist es die Form, die alles macht. Nun''^ »--w-^v,.
aber ist in der Schöpfung Dantes, die tief in die menschliche Seeler*-^v,<xi^
dringt, die Form eine ganz wunderbare. Alles in der so herrlichen poeti-
schen Offenbarung ist noch lebend,' noch zuckend, abwechselnd lyrisch,
satirisch und philosophisch, bald heftig, bald zart und immer erhaben 1
Niemand kann die italienische Renaissance so großartig eröffnen wie
Dante. Er ist der älteste, ehrwürdigste und auserwählteste aller Meister
dieser glanzvollen Zeit.
Ihm ist es also zu danken, daß die italienische Sprache schon damals
so gut wie zu ihrer abschließenden Gestaltung gekommen ist. Ebenso
glänzend und fast gleichzeitig trugen zwei andere hervorragende Schrift-
steller zu deren Vollendung bei: Boccaccio (1313 — 1375), vor allem aber / / j/
Petrarca (1304—1374)- —- '■ —
i5o
Fünftes Buch.
Florenz hatte im 14. und noch im 15. Jahrhundert ferner auch Künstler
gehabt, denen sich ebensowenig irgend etwas anderes an die Seite stellen
läßt wie seinen damaligen Dichtern.
In der Malerei unternimmt Giotto (1266 — 1337) zum ersten Male den
entschiedenen Versuch, sich von den steifen und kalten byzantinischen
Sudeleien freizumachen. Orcagna (1329 — 1368) hinterläßt auf dem Campo
Santo von Pisa eine ganz wunderbare Schöpfung. Es ist die Zeit der
Frührenaissance, deren Vertreter nur zu lange geringgeschätzt, aber heute
als vielleicht den erprobten Kunstgenossen der ihnen folgenden Geschlechter
überlegene Meister erkannt worden sind: Fra Angelico (1387 — HSSX
Filippo Lippi (1406 — 1469) und der entzückende BotticelU (1447 — 1510),
dessen liebliche Anmut noch niemand wieder erreicht hat.
Florenz bringt auch die großen Meister der Bildhauerkunst hervor:
Niccolo Pisano (1206 — 1278)» Lorenzo Ghiberti (1378 — 1455) ^^^ besonders
Donatello (1383 — 1466). Anstatt den Versuch zu machen, die lautere Voll-
endung der Kunst des Altertums sklavisch nachzuahmen, schaffen die
Florentiner zwar mühseligere und gekünsteltere, aber dabei auch weit lebens-
vollere Werke, die dem Marmor oder der Bronze eine Beweglichkeit geben,
die die griechische Kunst allerdings gewiß gekannt, sich jedoch bemüht
hatte, unter einer leidenschaftslosen Ruhe zu verbergen.
Überall erstehen herrliche Prachtbauten. In Venedig, wo bereits die
Markuskirche die schönste Leistung byzantinischer Kunst aufwies, ist es
vollends der Dogenpalast, an dem sich später sogar die sarazenische
Arabeske einträchtig zu dem christlichen Spitzbogen gesellte.
Zu Pisa, zu Parma, zu Florenz, zu Siena finden wir Taufkapellen,
Glockentürme, Dome, deren zarte Schönheit kein Baumeister späterer
Jahrhunderte je zu erreichen vermocht hat.
Aber all dieser Glanz der italienischen Kunst blieb dem übrigen Europa
fast unbekannt. Spanien kämpfte gegen die Mauren, Frankreich rang
mit England und England mit Frankreich. Die Deutschen zerfleischten
sich gegenseitig. Die Slawen waren vorläufig noch nichts weiter als Wilde.
Obwohl die christUche Kirche noch immer unangetastet dastand, zeigten
sich doch schon Ansätze zu Bewegungen von mehr oder weniger aufleh-
nendem Charakter. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte der Priester
Johann Hus als Vorläufer der Reformation ganz Böhmen gegen gewisse
katholische Dogmen, besonders auch gegen die päpstliche Autorität, aufge-
wiegelt. Volk und Adel des Landes unterstützten ihn, und die Ketzerei
machte rasende Fortschritte.
Johann Hus wurde vor das Konzil zu Konstanz geladen; er beging die
Die Kirche. i5t
heldenmütige Unvorsichtigkeit, vor dieser größten aller Kirchenversamm-
lungen zu erscheinen. Man hatte ihm ja allerdings Sicherheit des Lebens
zugesagt, aber man hielt sich nicht gezwungen, einem Ketzer das Wort
zu halten. So wurde er eingekerkert und dann gerichtet, wenn anders
man diese heilige Bezeichnung auf die ungerechteste Verurteilung, die es
je gegeben hat, anwenden und dadurch in ihrer Heiligkeit entweihen darf.
Im Jahre 141 5 erlitt er den Feuertod.
Johann Hus eröffnet das Zeitalter der Märtyrer des selbständigen
Denkens.
Nach seinem Tode erhoben sich seine Anhänger. Zwanzig Jahre lang
sollte Böhmen das Opfer eines grauenhaften Religionskrieges werden, ja
einer der blutigsten Kämpfe — und das bedeutet wahrhaftig nicht wenig ! — ,
die überhaupt jemals die Geschichte befleckt haben! Schließlich unter-
lagen die Hussiten, nachdem auch sie unsägliche Greuel begangen hatten.
Man darf aber dafür nicht den so geistvollen und doch so ohnmächtigen
Begründer ihrer Lehre verantwortlich machen (1434).
So beginnt bereits eine sich allerdings nur langsam entwickelnde Gegen-
bewegung gegen die bisher unangefochtene Autorität der Kirche. Die
Streitigkeiten der Päpste mit den Herrschern, die italienische Renaissance,
die Ketzereien der Albigenser, Waldenser und Hussiten bedeuten schon
die ersten Geburtswehen einer neuen 2eit.
Zwei großs Ereignisse von nicht völUg gleicher Bedeutung treten nun ein,
die das Ende des Mittelalters bezeichnen : die Eroberung von Konstantinopel
durch die Türken (1453) und die Erfindung der Buchdruckerkunst (1450).
*
Die Araber hatten zwar noch den Kreuzzügen der Christen standgehalten,
aber sie wußten sich bereits nicht mehr gegen den Völkersturm der Ange-
hörigen der gelben Rasse, der Mongolen, zu schützen. Aus dem asiatischen
Berglande kommend, war ein turkomanischer Stamm lange Zeit in Klein-
asien seßhaft gewesen, hatte sich aber gleichwohl inmitten der blühenden
arabischen Zivilisation seine wilden Sitten und sein völliges Heidentum
bewahrt. Halb Nomaden und halb Räuber, waren sie die Feudalen Asiens.
Einer jener Barbaren, der kühner als alle seine Gefährten war und sich
mit diesem elenden Leben nicht begnügen wollte, Osman, ging an die
Eroberung von ganz Kleinasien und hatte dabei die glänzendsten Erfolge
zu verzeichnen. Er ließ sich Fürst nennen und bekehrte sich zum Islam
(1289).
|52 Fünftes Buch.
Seine Nachfolger setzten seine Eroberungspolitik fort. An die Stelle
der sinnlichen, weichlichen, verfeinerten griechisch-arabischen Zivilisation
setzten sie eine rohe und unerbittliche Militärherrschaft. Sie wußten sich
eine Stütze zu geben in einem starken stehenden Heere, einer Truppe von
Janitscharen, d. h. ihren Familien entrissenen und im Islam erzogenen
Christenkindern. Die Janitscharen waren bald durch ihre Manneszucht
und Unerschrockenheit das zuverlässigste Heer jener Tage und damit
ein blindes und schreckliches Werkzeug für ehrgeizige Eroberer.
Es sind dies die heutigen Ottomanen oder Türken, die sich jetzt an die
Spitze der islamitischen Bewegung stellen. Herren von Syrien, Arabien,
Turkestan und Kleinasien, überschreiten sie den Bosporus und über-
schwemmen mit ihren Horden Griechenland und die Balkanhalbinsel.
Obwohl sie sich bis jetzt noch nicht Konstantinopels zu bemächtigen
vermögen, rücken sie gleichwohl schon bis ins Innere Europas vor und
dringen, nachdem sie Serbien und Bulgarien verheert haben, sogar bereits
in Ungarn ein. Aber dort wurden sie von den Streitmächten des Landes
unter Johann Hunyady und dem Ungarnkönig Wenzel zurückgehalten (1444).
Doch es war das nur ein Waffenstillstand in dem heiligen Kriege. Einige
Jahre später (1453) eröffnete Sultan Mohammed II. die Belagerung von
Konstantinopel.
Mohammed II. ist das Urbild des erobernden Kriegers, der sich kein
Hindernis auch nur vorstellen kann und dessen Wildheit seiner Tapferkeit
gleichkommt. Er ging als unbestrittener Sieger aus dem Kampfe hervor.
Vergebens suchte nun noch der letzte der oströmischen Kaiser Kon-
stantin XIII. Paläologus, den zweihunderttausend türkischen Soldaten
Mohammeds einen Widerstand entgegenzusetzen. Die Griechen von Kon-
stantinopel entbehrten des sittlichen Haltes und der militärischen Kraft.
Konstantin konnte nur eine Handvoll Soldaten ausheben, um gemeinsam
mit ihnen zu kämpfen und zu sterben.
Nun wurde die Stadt Konstantinopel einer Plünderung preisgegeben,
mit der ein ebenso großes Blutbad verbunden war. Es gab über hundert-
tausend Tote. Durch diese herrliche Waffentat erwarben die Türken das
Recht, eine europäische Macht zu werden!
Mehrere Jahrhunderte lang sollten diese Türken bleiben, was sie ur-
sprünglich gewesen waren: ein Heer von ebenso heldenmütigen wie unge-
sitteten, durch Glaubenswut verblendeten Soldaten, das sein Feldlager
mit seinen Pferden, Söldnern, Kanonen inmitten europäischer Kultur auf-
geschlagen hat. ^ n:-
Die Kirche. l 03
Etwa um dieselbe Zeit machte ein bis dahin ziemhch unbekannter Mainzer
Kaufmann, namens Johannes Gutenberg, die Erfindung der Buchdrucker-
kunst, eine Erfindung, die eine allgemeine Umwälzung hervorrufen sollte.
Es gibt in der Geschichte der Menschheit zwei Hauptabschnitte. Der
eine ist der, in dem sich die Gedanken, so fruchtbar und wirksam sie auch
sein mögen, nur mit einer außerordentlichen Langsamkeit über Familie,
Gemeinde und Volk hinaus ausbreiten können. Der Mensch kann den
übrigen Menschen, seinen Brüdern, seine Stimme weder weithin mitteilen
noch vernehmlich machen. Es sind dies die der Buchdruckerkunst vorauf-
gegangenen alten Zeiten.
Aber sobald ein menschlicher Gedanke, durch die Buchdruckerpresse in
Tausenden von Exemplaren vervielfältigt, imstande ist, die Entfernungen
unbehindert zu überwinden, überall einzuziehen, in Hütten wie Paläste,
weithin Anhänger zu gewinnen und sein Licht bis in die ödesten Gegenden
dringen zu lassen, dann kann sogleich das persönlichste Werk auch die
Seelen der übrigen Menschen erreichen und ein ergänzender Wesensteil
der gesamten Menschheit werden. Es ist dies der zweite Hauptabschnitt
in unserer Geschichte: die Neuzeit.
Anfangs Vereinzelung, alsdann Zusammenarbeit.
Fortschritt ist allein auf die letzte Weise mögHch. Auf ihre eignen
Kräfte angewiesen, ist die Geistigkeit eines Menschen entwaffnet. Sie
muß von den Geistigkeiten anderer Menschen unterstützt werden. Die
Eroberung der Wahrheit, dieses höchste Ziel, von dem unser Glück abhängt,
wird nie dem Genie eines einzelnen Menschen zu verdanken sein; was
unentbehrlich ist, ist gemeinschaftliche Arbeit. Getrennt sind wir ohn-
mächtige Geschöpfe ; vereinigen wir unsere Anstrengungen, sind wir unüber-
windliche Wesen.
Nicht etwa sofort hat die Erfindung Gutenbergs die Welt in die neuen
Bahnen geleitet. Dazu, daß aus einer großen Entdeckung die fruchtbaren
Keime aufgehen, die sie in ihrem Schöße birgt, sind natürlich lange,
Jahrhunderte umfassende Zeiträume notwendig, und es sollte noch bis zimi
Ende des neunzehnten Jahrhunderts, d. h. bis zur Thronbesteigung des
triumphierenden Journalismus, dauern, daß uns die Erfindung der Buch-
druckerkunst ihre segensreichen Wirkungen restlos erschloß.
Im Jahre 1454 erscheint in Mainz ein erstes derartiges Werk (Ablaß-
briefe), das mit beweglichen Lettern gedruckt ist. Eine Bibel erscheint
1456, eine andere 1460 in Bamberg, noch eine andere 1462 in Mainz, wo-
selbst auch Ciceros De Officiis im Jahre 1465 gedruckt wird. 1466 gibt
es schon eine Buchdruckerei in Rom. Im Jahre 1470 etabliert sich eine
i54 Fünftes Buch. Die Kirche.
in Paris an einer so hervorragenden Stätte wie der Sorbonne, eine zweite
in Venedig und eine dritte in Bologna.
Im Jahre 1 480 besitzt jede größere europäische Stadt eine Buchdruckerei :
Straßburg, Metz, Poitiers, Cafen und Lyon in Frankreich, Oxford und
London in England, Lerida, Sevilla, Saragossa und Granada in Spanien,
Prag in Böhmen, Haarlem, Antwerpen, Utrecht, Gent und Brüssel in
Flandern, Mailand, Lucca und Neapel in Italien, Basel, Münster (Kanton
Bern) und Genf in der Schweiz, Köln, Speyer, Nürnberg, Ulm, Würzburg,
Eßlingen, Erfurt und Augsburg in Deutschland.
Mit jedem Jahre nimmt die Zahl der gedruckten Werke wie die der
Exemplare von jedem einzelnen zu.
Von nun an sollte der letzte unter den Bürgern eines jeden Landes
in der Lage sein, aus sich selbst heraus verstehen zu lernen, zu lesen und
wiederzulesen — denn das Buch liegt bereit zur Hand, zu Häuptenl — ,
was bedeutende Menschen gedacht oder was bedeutende Dichter geträumt
haben; er wird sich mit der Bibel beschäftigen können, dem Gottesbuche
seiner Religion, das törichte Mönche ihn in einem unverständlichen Latein
herleiern ließen und durch kindische Auslegungen völlig im Sinne ent-
stellten. Was ursprünglich der ausschließliche Besitz einiger weniger
hochgestellten Persönlichkeiten gewesen war, sollte nun das Eigentum
eines jeden Menschen werden, der lesen gelernt hatte. Der geringste
Dorfhandwerker unserer Zeit kann heute eine Büchersammlung besitzen,
die reicher ist, als dereinst die eines Aristoteles oder Cicero gewesen sind.
Seit dem Jahre 1454 sollte die Zunahme der allgemeinen Bildung dank
der Ausbreitung des Geisteslebens durch das Buch eine deutliche Vorwärts-
, entwicklung, ja geradezu eine gewisse Überstürzung zeigen. Durch das
Buch und bald auch durch die Zeitung findet das Denken eines
Menschen überall in dem anderer und das anderer in seinem eignen
Denken einen Widerhall.
Das ist das gewaltige und segensreiche Zusammenarbeiten aller .Menschen-
wesen, die auf unserem winzigen Planeten leben.
Bisher war die Menschheit stets gespalten und darum ohnmächtig
gewesen. Aber von nun an sollte sie sich zu einer gemeinsamen Anstrengung
gegen Unwissenheit und Beschränktheit vereinen.
Sechstes Buch. Das Königtum. l55
SechstesBuch.
Das Königtum. (1450 — 1789).
In den folgenden drei Jahrhunderten (1450— 1789) errang das Königtum
eine unumschränkte Macht. Das monarchische Zeitalter folgt dem feudalen.
Die katholische Kirche sieht ihre Gewalt über die Fürsten, ihre Macht über
die Völker, ihre Herrschaft über die Gewissen schwinden'. Großes, in sich
geschlossene Volkseinheiten treten an die Stelle der zerrissenen Guts-
bezirke. Ein jeden Widerstand überwindender Wille sich auszudehnen
vergrößert die Macht des kleinen Europas, das seine Flotten und Ansiedler
über den ganzen Erdkreis entsendet. Sobald die Menschheit erst die
Herrschaft über sich jn eigne Hände zu nehmen bestrebt ist, beginnt sie die
Eroberung ihrer Freiheit damit, daß sie sich die Materie durch die
Wissenschaft dienstbar zu machen sucht.
Es handelt sich um nicht mehr als drei Jahrhunderte, aber in dieser
für eine derartige Aufgabe fast lächerlich kurzen Zeitspanne ist von dem
Menschen mehr geleistet worden als in allen vorangehenden zwölf Jahr-
hunderten zusammengenommen. Das neunzehnte Jahrhundert insbesondere
sollte für die Ausbreitung der menschlichen Kraft für sich allein
noch einmal ebensoviel leisten, wie schon die drei voraufgegangenen
großen Jahrhunderte bisher gemeinsam geleistet hatten.
Dieses für die Hebung der Menschheit so fruchtbare Zeitalter beginnt mit
der Entdeckung Amerikas und der Erforschung des Erdballs; hierbei hat
keiner eine wichtigere Rolle gespielt als Spanien.
Wie auf dem Boden Frankreichs, Englands, Deutschlands und Italiens,
halten sich auch in den spanischen Landen alle möglichen Stämme und
Völker zusammengefunden und miteinander vermischt. Vielleicht ist in
das Blut von Kelten, Iberern, Römern, Westgoten und Vandalen, die alle
abwechselnd Sieger oder Besiegte gewesen sind, auch etwas Araberblut ge-
drungen. Doch es ist jedenfalls nicht viel gewesen, sind doch .A-raber und
Moslem zwei ganz verschiedene Begriffe, die man nur gewöhnlich nicht ge-
nügend auseinanderzuhalten vermag. So waren bereits im 10. Jahrhundert
l56 Sechstes Buch.
die moslemischen Bevölkerungsklassen des Landes fast immer nur von
alters her eingesessene Spanier, die zum Islam übergegangen waren.
Im 8. Jahrhundert waren die Araber bereits die Herren der gesamten
Halbinsel. Ihr Anführer Abd-ar-Rahmän gründete damals in Cordova ein
spanisch-arabisches Königreich, das zweihundert Jahre lang, vom Glücke
begünstigt, gedieh.
Die Christen nahmen nun zunächst ihre Zuflucht in das nördlich ge-
legene Gebirge und begannen von hier aus einen unerbittlichen, Jahre
dauernden Kampf gegen die Araber; doch der Erfolg blieb lange aus. Als
Herren Andalusiens bebauten die Araber seinen reichen Boden. Große mo-
hammedanische Städte waren emporgewachsen, wie Toledo, Cordova, Gra-
nada, Sevilla, mit blühenden Industrien. Im Gegensatz hierzu waren die in
das steinige Kastilien und das bergige Galizien zurückgedrängten Christen
zwar arm, doch tapfer und bescheiden.
Aber schließlich, wenn auch erst nach langer Zeit, sollten die Christen in
diesen verspäteten Kreuzzügen triumphieren. Die spanische Seele läutertev
sich in ihnen. Indem sie aber auf diese Weise an Stolz und Tapferkeit das
denkbar Äußerste leistete, wurde sie grausam und hart. Kein Volk hat so
viel Heldenmut und zugleich so viel Barbarei gezeigt.
Der volkstümlichste Held war der Cid, der an Sagenhaftigkeit sogar noch
Roland übertrifft (ii. Jahrhundert). Seine halb erfundene Geschichte wurde
in ungekünstelten, doch äußerst schwungvollen Versen in dem Romancero
del Cid (1245?) erzählt, einer Dichtung, die zur Verherrlichung des christ-
lichen Geistes und der: Würde des Rittertums die höchsten Töne anschlägt.
Der Romancero bildet an der spanischen Literatur den Ausgangspunkt.
Die christlichen Königreiche der Pyrenäenhalbinsel waren im 13. Jahr-
hunden Portugal, Aragonien, Kastilien, Navarra, Leon und Katalonien.
Aber die starke Konzentrationsbewegung, die damals in ganz Europa voc
sich ging, dehnte sich auch auf seine südwestliche Halbinsel aus und
schränkte nach imd nach die Zahl dieser Reiche so ein, daß aus ihrer Ger
samtheit das vereinigte Königreich Spanien hervorging. Nur Navarra, das
von den alteingesessenen Pyrenäenstämmen, den Basken, bewohnt war,
sollte lange von dem übrigen Spanien getrennt bleiben und auch später
nur zur Hälfte spanisch, zur Hälfte aber französisch werden. Portugal
allerdings mit seiner besonderen Sprache bewahrte schon damals, wie
ja auch heute noch, seine Selbständigkeit. Doch im übrigen wurde nun
Spanien ein einziges Königreich.
Zuerst kamen die Könige von Kastilien auf den spanischen Thron. Fer-
dinand III. vereinigte die Reiche Kastilien und Leon (i 129— 1252); er ver-
Das Königtum. 1 5^
trieb die Mauren p.usi Sevilla und Cadiz, so daß auf diese .Weise den Moslems
das reiche Königreich Granada blieb.
Ganz ebenso hatten sich die Könige von Aragonien Kataloniens bemäch-
tigt und damit auch Siziliens und Sardiniens.
Der Erbe dieses großen Königreichs Aragonien, Ferdinand V. (1452 bis
15 16), w^urde nun durch seine Heirat mit der Erbin des kastilischen Thrones,
Isabella, im Jahre 1474 der Herr der gesamten spanischen Lande.
Er verjagte auf Nimmerwiedersehen die Moslems aus der ganzen Halb-
insel (Belagerung und Eroberung von Granada 1492). Den Beinamen eines
Katholischen hat sich dieser König durch seinen übermäßigen Eifer wahrlich
verdient; in dem letzten furchtbaren Vernichtungskampfe gegen die Mauren
hat er ebensoviel Treulosigkeit wie Mut gezeigt. Er hatte den Verteidigern
des belagerten Granada für den Fall ihrer Übergabe Gerechtigkeit und
Freiheit versprochen. Doch kaum war er Herr der Stadt, so zwang er die
Besiegten, unter Androhung des Scheiterhaufens oder, für den Fall der Be-
gnadigung, der Verbannung, zur Abschwörung ihres Glaubens. Ganz Anda-
lusien wurde geplündert und entvölkert. Der Sieg war so vollständig, daß
die kastilianischen Heere auch noch über das Meer gingen und in Marokko
eindrangen. Die ganze Berbernküste wurde für einen Augenblick, wenn
nicht untertänig, so doch wenigstens tributpflichtig : Tlemsen, Bougie, Oran,
ja sogar Timis.
Der Kreuzzug Ferdinands V. gegen die Juden war schon weniger rühm-
lich. Die Juden, Handwerker, Wucherer, Händler, manchmal auch Gelehrte,
Künstler und Ärzte und von überlegener Kultur, wehrten sich, als ihren ein-
zigen Verteidigungswaffen, mit Wehklagen. Sie wurden vertrieben, ver-
brannt und zwangsweise bekehrt. Kurz, sie verschwanden aus Spanien so
gut wie ganz. Es blieb nur eine kleine Zahl dieser Unglücklichen übrig, die
von der Inquisition gehetzt und zu einem elenden Schicksale gezwungen,
sich nur nach der arabischen Herrschaft zurücksehnen konnten, die sicher
weniger barbarisch war. i
Die Inquisition, die i^rsprünglich zur Bekämpfung der Mauren und Juden
begründet worden war, hatte eine ganz unglaubliche Gewalt erlangt, ja
war mächtiger als die Könige selbst geworden. In Frankreich, in Italien,
in Deutschland hatten diese herrischen und glaubenswütigen Mönche bei
den Herrschern nur mäßige Gunst gefunden; aber in Spanien fanden sie
kein Hindernis auf ihrem Wege. Was der Großinquisitor auch für Befehle
und Anweisungen geben jnochte, er äußerte sie alle im Namen der Religion,
und so waren sie geheiligt, welche sie auch sein mochten. Der berühmte
i58 Sechstes Buch.
^.Xorquemada, der (aus Spanien ein Trümmerfeld machte, war als zerstörendes
Element tlicht weniger gefürchtet als ein bewaffneter Einfall von Barbaren.
Bis dahin hatte Spanien über die Grenzpfähle seiner Halbinsel hinaus nur
eine sehr verschwindende Rolle gespielt, hatte es doch mit seinen erbitterten
Kämpfen gegen die Mauren vollauf genug zu tun. Mit Ferdinand V. tritt
es nun auch auf den Kampfplatz der europäischen Mächte, um als eine
ebenbürtige Wettbewerberin mit ihnen um die Palme zu ringen. Sein kriegs-
gewohntes Heer sollte von nun an von Eroberung zu Eroberung schreiten
und Spanien im i6. Jahrhundert zur bedeutendsten Militärmacht der Welt
werden lassen. Am Schlüsse seines Lebens sieht sich Ferdinand V. sogar
als Herrn eines Teils von Italien. Er kann als derjenige betrachtet werden,
der den Ruhm Karls V. vorbereitet hat.
Doch nicht bloß auf Europas Grenzen beschränkt sich die Ausdehnung
Spaniens. Sie genügen seinem Volke nicht, und es geht über das Atlantische
Meer und schafft drüben die Grundlage zu einer neuen Welt.
So unglaublich es klingt, die Alten wußten in der Tat auf dem Erdballe
von nichts anderm als von Europa und den Ländern um das Mittelmeer.
Bei dem Periplus des Hanno handelte es sich um eine nur vereinzelte Ent-
deckungsfahrt und bei Piatos Atlantis, jener großen Wunderinsel jenseits
der Säulen des Herkules, wahrscheinlich nur um eine' Sage.
Im lo. und ii. Jahrhundert wagte sich eine kühne Schar normannischer,
dänischei und norwegischer Entdecker aufs Weltmeer hinaus. Einige von
ihnen erreichten auch Grönland; andere drangen sogar ganz sicher schon
damals bis nach Amerika vor. Doch das war von geringer Bedeutung, zogen
doch weder der Handel noch die geographischen Wissenschaften irgend-
welchen Nutzen aus ihren Entdeckungen.
Doch Ehre sei der ungewöhnlichen Waghalsigkeit, Kühnheit und Unter-
nehmungslust, so ohne Führer aufs ungefähre den Küsten den Rücken zu
kehren und sie immer weiter hinter sich zu lassen, um in die einsamen
Fernen unbekannter Weltmeere hinauszusegeln!
Später wurden die Reisen leichter, dank der Erfindung des Kompasses,
eines Magneteisens oder einer Magnetnadel {Kalamit), die sich immer wie-
der einer und derselben Himmelsrichtung zuwenden mußten. Es ist nicht
genau bekannt, ob diese Entdeckung chinesischen oder arabischen Ur-
Das Königtum. 169
Sprungs ist. Jedenfalls war sie schon im 11', JißJirhuadert den Qiristen be-
kannt, so daß bereits bei den Kreuzfahrern auf ihren Biiinenmehrfahrten
der Gebrauch des Kompasses gang und gäbe war.
Ein neapolitanischer Seemann Flavio Gioja kam auf den genialen Ge-
danken, die Magnetnadel auf einem Stift anzubringen und das Ganze in
einem solchen Gehäuse frei schweben zu lassen, das selbst wieder durch
seine eigenartige schwebende Lagie gegen die Schwankungen des Schiffes
geschützt war (1302).
Es waren die Portugiesen, die diesen so sinnreichen Mechanismus zum
ersten Male nutzbar machten. Zu einer Zeit, wo der Venetianer Marco Polo
die Länder des äußersten Ostens, China imd Japan, erforschte (1307), wo
die Genuesen und die Neapolitaner in Handelsverkehr mit Indien traten,
entdeckten die Portugiesen bei ihren afrikanischen Küstenfahrten die nord-
westliche Inselwelt dieses Erdteils und begannen sogleich die Ansiedlung
des neuentdeckten Landes.
Der König von Portugal, Heinrich, mit dem Beinamen der Seefahrer
(1390— 1460), förderte den Unternehmungsgeist seiner Untertanen aufs
kräftigste. Unter seiner Regierung lernten die Portugiesen die Kap Ver-
dischen Inseln mit Sao Vicente, wohin sie zuerst kamen, dann Madeira
(1420) und die Azoren (1431) kennen. Alle wurden Ansiedlungen, die sich
gut fortentwickelten.
Als die Portugiesen ihre afrikanischen Küstenfahrten immer weiter aus-
dehnten, entdeckten sie schließlich Guinea imd den Kongo (1481). Sie
wagten sich nicht 'recht in das unheimliche Innere, vor dessen mannigfaltigen
Gefahren und schädlichen Gesundheitseinflüssen sie sich fürchteten. Aber
sie tauschten mit den Küstennegern einige minderwertige Kurzwarenartikel
igegen Goldstaub aus.
Alle diese Seeleute hatten dieselbe Hoffnung. Indien mit seinen Perlen,
seinen kostbaren Hölzern, seinen prächtigen Stoffen zog sie an. Sie dach-
ten, daß sie, wenn sie an der Küste Afrikas immer weiter entlang führen,
schließlich Indien erreichen müßten. Eine überseeische Entdeckungsfahrt
unter der Leitung von Diaz (i486) kam bis zu der äußersten Südspitze von
Afrika, wobei er das Kap der Guten Hoffnung (Vorgebirge der Stürme)
kennen lernte.
Man schloß hieraus, daß man nicht auf dem richtigen Wege nach Indien
sei. Da nun die Portugiesen mit eigensinniger Hartnäckigkeit immer wieder
den Weg durch das Mittelmeer einschlugen, um ihn, wie sie sich irrtümlich
dachten und wie es heute möglich wäre, dann durch das Rote Meer fortzu-
setzen, aber jedesmal von neuem bei der damals üoch nicht durchstochenen
l6o Sechstes Buch.
Landenge von Suez die ersehnte Verbindung zwischen beiden Meeren ver-
missen mußten, so war auch nun der Seeweg nach Indien noch immer nicht
gefunden. Ohne etwa irgendeinen klaren Begriff von der Kugelgestalt der
Erde zu haben, kam gleichwohl schon damals mancher auf den Gedanken,
daß, wenn man immer weiter nach Westen führe, man schließlich irgendwo
Asien wiederfinden müsse. Es war das nur so eine kindliche Phantasie ohne
jede reale Grundlage! Viele unter den kühnen portugiesischen Seefahrern
halten ohne Zweifel einen solchen Gedanken gehabt, der italienische Geo-
graph Toscanelli zum Beispiel: aber es gab nur einen Mann, der ihn in
die Tat umsetzte : es war Christoph Kolumbus (italienisch Cristoforo Co-
lombo, spanisch Cristobal Colon, 1446 bis 1506).
Kolumbus war in Genua als Sohn armer Weber geboren. In zarter Jugend
kam er schon nach Portugal, verheiratete sich dort, machte Fahrten durchs
Miltelmeer, zu den Azoren und zum Kap Verde und wurde ein erfahrener
Seemann. Da versuchte er, König Johann II. von Portugal für ein
Unternehmen zu gewinnen, das sein Denken und Trachten erfüllte (1488);
doch er wurde zurückgewiesen. Neue Gedanken finden bei den Königen
genau so wenig Verständnis wie bei der großen Masse.
Aber nach vielen Bemühungen gelang es ihm gleichwohl, die Königin
Isabella von Spanien seinem allerdings auf den ersten Blick kaum durch-
führbar erscheinenden Vorhaben geneigt zu machen.
Er segelte von Palos am 3. August 1492 ab mit drei Karavellen, die ihm
Isabella zugestanden hatte (La Capitana, La Pinta, La Nifia). Die Besatzung
war neunzig Mann stark, lauter Spanier bis auf einen Engländer. Am
9. August erreichte er die Kanarischen Inseln, wo er sich fast einen Monat
aufhielt. Am 6. September fuhr er wieder ab und steuerte nach Westen,
d. h. ins vollkommen Unbekannte. Zweiunddreißig Tage ununterbrochen
hintereinander fuhr er kühn und verwegen immer geradeaus und immer
weiter und weiter, ohne sich durch die wiederholt in stürmischer Weise
geäußerten Bedenken in dem sich einmal gesetzten Ziele beirren zu lassen.
Doch sprachen bereits gewisse Zeichen dafür, daß das Land nichlt mehr
allzufern sein könne. Es wurden Vögel und schwimmende Hölzer sichtbar.
Am 12. Oktober 1492 tauchte beim ersten Morgengrauen — man kann sich
die unsägliche Freude denken! — ein Eiland im schmucken Grün auf. Es
war San Salvador, eine der Bahamainseln. Kolumbus ging als erster an
Land\und pflanzte, auf die Knie sinkend, sein nach damaliger Art kreuz-
förmiges Schwert auf dieses unbekannte Land auf, als ein Sinnbild für seine
nunmehrige Besitzergreifung im Namen seines Fürsten und in dem seines
Heilandes, nach dem er die Insel benannte (San Salvador = Heiland).
Das Königtum. i6l
Bei den Wilden, die von allen Seiten nackt, wie sie die Natur geschaffen
halte, herbeiliefen, erkundigte er sich, ob sie nicht Gold hätten, das sie
ihm bringen könnten.
Da er jedoch kein Gold vorfand und immer noch hoffte, auf die fabel-
haften Reichtümer jenes gesuchten Indiens zu stoßen, das er nun ganz nahe
glaubte, machte er sich auf die Weiterfahrt. Nun entdeckte er noch zwei
Inseln, zuerst Cuba und dann Haiti, wo er eine kleine Besatzung zurück-
ließ, um nun nach Europa heimzukehren (15. März, 1493). Er wurde wie
ein Triumphator empfangen. Wenn der spanische Hof auch noch nicht die
Bedeutung des Ereignisses in seiner ganzen Tragweite übersah, so begriff
er doch soviel, daß es keine Kleinigkeit war, was der genuesische Seemann
mit seinen drei erbärmlichen Karavellen geleistet hatte. So wurden ihm
denn für eine zweite Reise auch schon siebzehn Schiffe gewährt und fünf-
zehntausend Mann mitgegeben, die zukünftigen Ansiedler einer neuen Welt.
Schnell war man reisefertig; jeder wollte gern der erste sein, der in den
Gold- und Wunderländern ankam.
Kolumbus verließ nun Spanien zum zweitenmal am 25. September 1493.
Neue Inseln wurden entdeckt, und in Cuba und Haiti eine zukunftsreiche
spanische Besiedlung angebahnt. Kolumbus verblieb dort zwei Jahre und
behandelte die schwächlichen Eingeborenen zwar hart, doch nicht mit der
Roheit, die die andern Europäer gegen sie anwandten, die beutegieriger als
eine Schar Raubvögel sich um ein Wildbret imtereinander rauften, wie ein
Schwärm Geier um ein Aas.
Am Hofe von Madrid regten sich Ränke und Umtriebe. Kolumbus wurde
zurückgerufen, um sich wegen gewisser Handlungen und Äußerungen zu
rechtfertigen; er tat das, so gut er konnte, und fuhr noch einmal aus. Aber
mit den Zeiten seines Ruhmes war es vorüber. Die Antillen waren in
königlichen Besitz übergegangen, und schon machte man dem Kolumbus
seine Vorrechte streitig. Es war das um so eher möglich, als mit der spa-
nischen Herrschaft zugleich Unordnung, Anarchie, Plünderung und Roheit
eingezogen waren. Ein von dem König entsandter Statthalter namens Boba-
dilla beschlagnahmte die Güter des Mannes, der die Neue Welt entdeckt
hatte. Kolumbus wurde ins Gefängnis geworfen und bald wie ein Über-
führter in Ketten nach Europa zurückgeschafft, wo er dann endlich frei-
gelassen wurde. Aber er hatte auch auf dieser Reise neue Länder entdeckt
und das amerikanische Festland aufgefunden (Columbia und Venezuela,
1508). Allein er selbst ließ sich von seinem. Glauben nicht abbringen, daß
er in Indien gewesen sei.
11 Riebet, Geschichte der Menschheit
i62 Sechstes Buch.
Er machte noch eine letzte Reise, die nichts weniger als glücklich war.
Im Jahre 1504 kehrte er nach Spanien zurück, gealtert, entmutigt, verkannt
und auch nur von wenigen erkannt, ein in ein eigenartiges religiöses Schwär-
mertum versunkener phantastischer Projektenmacher. Er erfuhr die Qualen
des Siegers, der seinen Ruhm überlebt, und sah sein Werk der Raubgier der
damaligen Jugend preisgegeben.
Die von ihm entdeckte Welt trägt auch nicht 'den Namen des Kolumbus.
i Durch eine jener vielen Ungerechtigkeiten, deren Urheber unbekannt ge-
I blieben sind und sich so der Verantwortung entzogen haben, trägt Amerika
den Namen eines florentinischen Seefahrers Amerigo Vespucci, der auf sei-
ner ersten Reise in spanischem Auftrage zum zweiten Male nach Kolumbus
■'Miltelamerika (1497) und auf seiner dann folgenden in portugiesischem
Auftrage zum zweiten Male nach Pedro Cabral Brasilien (1503) entdeckte.
Doch darum bleibt der Ruhm des wagemutigen Genuesen ungeschmälert.
Er besitzt — imd das ist das Kennzeichen der größten unter den Menschen 1
1 — Kühnheit im Handeln wie im Denken. Weder haben die Spötteleien an-
derer sein Denken beeinflussen noch ihre Zweifel sein Handeln beeinträch-
tigen können. Niemals (hat jemand vorher oder nachher mit so erbärmlichen
Hilfsmitteln einen so folgenreichen Sieg über entfesselte Elemente und
feindliche Menschen davongetragen.
Während Spanien sich der Antillen und des amerikanischen Festlandes
bemächtigte, wurden von selten Portugals nicht geringere Eroberungen ge-
macht.
Bartholomäus Diaz hatte sich nicht recht über das von ihm entdeckte
gefährliche Kap der Guten Hoffnung, das er selbst wohlweislich Vorgebirge
der Stürme benannte, hinausgetraut. Vasco de Gama unternahm dies Wag-
nis und fuhr weiter die Ostküste Afrikas hinauf, bis er in das Gebiet von
Mozambique kam. Hier fand er, friedlich mit den einheimischen Negern
vereint, Araber, die ihm den Weg nach Indien genau zeigten. Auf seiner
ersten Reise nach Asien (1497) hatte man Vasco beinahe für einen Men-
schenfreund halten können, der es nur nebenbei auf ein paar einträgliche
Geschäfte abgesehen hatte; aber schon fünf Jahre später zeigte er sich in
seiner ganzen grausamen Unbarmherzigkeit. Auf der Reede von Kalkutta,
dem Haupthafen Indiens, erklärte er als den einzig berechtigten Herrscher
dieses so gewaltigen Reiches den König von Portugal. Und da weder die
indischen Rajahs noch die arabischen Kaufleute sich ihm fügen wollten,
beschoß er die Stadt mit den allerneuesten, soeben auf den Schiffen einge-
führten unförmigen Sprengmaschinen. Nun stellte er wie ein richtiger See-
räuber auf die schwachen indischen Fahrzeuge Jagd an, bohrte die Schiffe
Das Königtum. 163
in den Grund, metzelte die Mannschaften nieder und nahm das aus-
schließliche Recht des Handelsverkehrs für Portugal in Anspruch. Von
Furcht und Schrecken gelähmt, gingen die Einheimischen auf alles ein.
Jedes Jahr bewegte sich jetzt von neuem ein portugiesisches Geschwader
die afrikanische Küste entlang, bis es in Indien anlangte und Soldaten und
Statthalter dorthin brachte. Eine dieser Fahrten, die Cabral leitete, verirrte
sich nach Westen und endete an der Küste Brasiliens („Land mit den roten
Hölzern"). Felix culpa 1 Brasilien sollte bald die größte und reichste der
portugiesischen Kolonien werden.
Der Handel der Portugiesen in Indien war streng militärisch geordnet.
Sie sandten Schiffe, ließen sich an irgendeinem abgesonderten imd durch
einen sicheren Hafen geschützten Orte nieder, bauten dort eine Festung
und zwangen die Einwohner der gesamten Umgegend, ihnen die Erzeugnisse
ihres Bodens, Spezereien, Stoffe, ja sogar Sklaven zu verkaufen. Zudem er-
kannten sich, einer auch von den Holländern, Franzosen, ja sogar Englän-
dern treu gewahrten Überlieferung zufolge, die verschiedenen Vizekönige
gegenseitig nicht an. Doch im Anfang ging alles gut. Albuquerque legte
zu Goa einen bedeutenden Kriegshafen an (15 10) und setzte sich in Malakka
und dann auch in Ormus fest (15 15).
Schon damals war das portugiesische Kolonialreich ganz unermeßlich.
Und doch sollte es sich bald noch weiter ausdehnen. Indochina, die Mo-
lukken, Borneo, Sumatra, gar nicht zu sprechen von dem Roten Meer und
dem Persischen Meerbusen, alle diese Gegenden achteten keine andere
Fahne als die portugiesische. Alle Meere, gleichviel, ob asiatisch oder
afrikanisch, waren portugiesisch geworden. Kein Kolonialreich ist so
ausgedehnt, aber auch so gebrechlich gewesen!
Portugals Hauptstadt Lissabon war damals im 16. Jahrhundert eine
der reichsten Städte der Welt. Die von seinem Volke gesprochene Sprache
hatte allmählich ihren Abschluß gefunden und zeichnete sich durch Le-
bendigkeit, Klarheit und Bilderreichtum aus. Ein großer Dichter,
Camöes (ij72J^ feierte die hehren Taten der heldenmütigen Seefahrer,
die auf eine kurze Zeit ihrem so kleinen romanischen Volke das mächtigste
Reich der Welt geschenkt hatten (Lusiaden).
Die Spanier nutzten die Reisen des Kolumbus ebenso gründlich aus
wie die Portugiesen die des Vasco de Gama, Im Jahre 1520 nahm ein
Angehöriger des letzteren Volkes, Magalhaes, dem die ersteren ein Ge-
schwader von fünf Schiffen anvertraut hatten, wieder den alten Gedanken
des Kolumbus auf, daß, wenn man immer nach Westen steure, man
schließlich Indien finden müsse. Er fuhr Südamerikas ganze Küste ent-
11*
l64 Sechstes Buch.
lang, dann durch die nach ihm benannte Magalhaes- Straße und schließlich
in einen bisher unbekannten gewaltigen Ozean ein, den Stillen Ozean. Nach
einer langen, nicht endenwollenden Seefahrt kam er dann auf den Philip-
pinen an, wo er seinen Tod fand. Seine Mannschaft, die immer weiter nach
Westen steuerte, erreichte noch die Molukkeninseln, wo die Portugiesen
bereits einen regelrechten Handel trieben. Einem der Schiffe des Ma-
galhaes gelang es, nach Etiropa zurückzukehren; seit seiner Abfahrt waren
gerade drei Jahre vergangen. Zum ersten Male war nun ein Schiff um
die ganze Erde herumgefahren.
Auf den Antillen hatte Kolumbus nur ganz wilde Stämme gesehen. Es
waren Leute von mittlerem Wüchse mit kleinen und geschlitzten Augen,
vorstehenden Backenknochen und borstigem Haare, Leute, die nicht lesen
und schreiben konnten, wohl aber Feuer anzumachen, Kanoes und Hütten
zu bauen und allerlei Töpferwaren - zu verfertigen wußten. Als aber
I Pedro de Halvaredo im Auftrage des Statthalters von Cuba in Mexiko
i eindrang (15 17), traf er dort völlig zivilisierte Völkerschaften an. Diese
Mexikaner waren von fast gleicher Abstammung wie die Eingeborenen der
Antillen, und doch waren sie keine Wilden mehr.
In bezug auf die Herkunft der Stämme, die den riesigen amerikanischen
Erdteil in dem Augenblicke bewohnten, wo dieser von den Europäern ent-
deckt wurde, ist man auf reine Hypothesen angewiesen. Es sieht fast so
aus, als ob alle diese Rassen einen gleichen mongolischen Ursprung haben
und als ob sie von asiatischen Wanderungen aus über den äußersten
Norden Sibiriens nach Alaska hinübergegangen seien, ohne das Meer allzu-
viel berührt zu haben, und sich von da über ganz Amerika ausgebreitet,
sich hier fortgepflanzt und nach mehreren Arten unterschiedlich geteilt
hätten.
Wer eine ganz oberflächliche ethnographische Einteilung der Mensch-
heit entwerfen wollte, könnte etwa sagen, daß Europa von den Weißen,
Afrika von den Schwarzen, Asien oder zum allermindesten Ostasien von den
Gelben und Amerika von Stämmen bevölkert sei, die den Gelben ganz nahe
stünden und wohl von ihnen stammen müßten, mit olivenbrauner Haut,
spärlichem Bartwuchs und gesträubtem Haar.
Die Hypothese, die die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat, ist die,
daß die Gelben durch die amerikanischen Boden- und Klimaverhältnisse
etwas gewandelt sich in ganz Amerika ausbreiteten. Die einen blieben in
den nordamerikanischen Prärien (Rothäute). Sie führten ein Nomaden-
ieben, waren Fischer oder Jäger und trieben nur höchst selten Ackerbau.
Andere gingen mehr nach Süden. Hier unter dem milderen Himmel wurden
Das Königtum. i65
diese Wilden zivilisierte Menschen und schlössen sich auch zu richtigen
Völkern zusammen. Diese Stämme, die um so kultivierter wurden, je näher
sie dem Äquator kamen, sind wohl früher sehr viel zahlreicher und stärker
als heute gewesen, nach den Spuren zu urteilen, die sie beispielsweise an
den Ufern des Mississippi hinterlassen haben. In dem Maße, wie man
umgekehrt unter den Äquator hinuntergeht, sieht man wieder der Wilden
Lebensweise in die Erscheinung treten. Die Patagonier Südamerikas waren
noch roher und 'Ungebildeter als die Sioux Nordamerikas,
In Mexiko, in Honduras, in Peru war die Zivilisation schon sehr alt.
Es gab dort bereits Könige (Inkakönige) und eine von Priestern bediente
Religion. Majestätische .Gebäude schmückten die größeren Städte, in
denen schon damals Reiche und Arme, Edelleute und Handwerker,
Maler, Bildhauer, Ärzte, Dichter und Soldaten vertreten waren. Die
Mexikaner hatten also, ganz wie Europäer, eine alte Geschichte, die jedoch
etwas dunkel ist und uns nicht so anzieht, weil ihr Stamm uns ganz
fremd ist und in seinem Dasein auch nicht den geringsten Einfluß auf
das unsere gehabt hat.
Auch sie haben die Einfälle fremder Völker und die Eroberungskriegte
gekannt. Zu der Zeit, wo die Spanier hinüberkamen, waren die bisherigen
Mexikaner (Nahuas, Tolteken) unter dem Joch der Azteken, der Eroberer
ihres Landes.
In Peru, in Yukatan, in Mexiko bleiben von der an Glücks- und Un-
glücksfällen wahrscheinlich reichen ganzen langen Vergangenheit nur noch
einige kümmerliche Stämme elender Mischlinge und einige die Spuren alter
Herrlichkeit zeigende Ruinen. So kann eine ganze gewaltige zivilisierte Welt
verschwinden und zugrunde gehen, ohne irgend etwas anderes zu hinter-
lassen als Steintrümmer für Touristen und Sehenswürdigkeiten für Museen.
Es scheint übrigens nicht, als ob die Mexikaner imstande gewesen seien,
irgendeine nennenswerte wissenschaftliche oder sittliche Höhe zu erreichen.
Ihre Kunst war plump, ujid^von^ jhren Schriften ist nichts auf uns ge-
kommen. Sie beteten äußerst blutdürstige Götzen an, und so standen die
Menschenopfer bei ihnen in hoher Gunst. Ihr Hauptgott war eine Art
Moloch mit dem drolligen Namen Huitzilopochtli (Vitzliputzli), zu dessen
Ehren man ab und zu eine Anzahl Kriegsgefangene schlachtete; es sollen
angeblich einmal an einem Tage siebzigtausend gewesen sein. Die sieg-
reichen Azteken wurden von der uransässigen Bevölkerung, die ihnen nur
durch die blutigsten Kriege untertänig geworden war, aufs höchste gehaßt
und verabscheut.
So wenig uns auch alle diese so knechtischen und gleichzeitig so durch-
i66 Sechstes Buch.
triebenen, auf einer so hohen und zugleich so kindlichen Kulturstufe
stehenden Völkerstämme anheimeln mögen, so können wir uns darum
gleichwohl doch nur mit dem höchsten Abscheu von der unglaublich
rohen Grausamkeit abwenden, mit der Fernando Cortez, der spanische
Conquistador, und seine Nachfolger diese Unglücklichen behandelten, und
müssen das — was die Mexikaner betrifft — um so mehr, als diese damals
vollkommen verteidigungsunfähig waren. Mit ihren Schiffen, Haken-
büchsen, Pferden erschienen überdies die Spanier wie übernatürliche Wesen,
gegen die irgend etwas zu wagen vollkommen überflüssig sei. Cortez hatte
nicht mehr als fünfhundertundfünfzig Soldaten bei sich. Diese Handvoll
Leute genügte, um ein unbekanntes, dreimal so großes Land »wie Spanien
mit mehreren Millionen Einwohnern zu unterwerfen. Durch Verrat be-
mächtigte er sich des Königs von Mexiko, Montezuma, und wurde hierauf
innerhalb von vier Jahren Herr des ganzen Landes. Diese vier Jahre
bildeten nur eine herzzerreißende Orgie von Zerstörungen, Gemetzel und
Plünderungen. Die einheimische mexikanische Rasse wurde stark gelichtet,
aber der kleinen spanischen Truppe gelang es, Mexiko, Guatemala und
Honduras zu erobern. Cortez selbst aber kehrte nur wenige Jahre später
nach Spanien zurück, wo er, von den meisten seiner früheren Freunde ver-
lassen, starb (1547).
Alles, was uns bei der Eroberung von Mexiko entgegengetreten war,
wiederholte sich ganz ebenso bei der von Peru. Auch in diesem Lande war
eine uralte Zivilisation heimisch. Nachdem die Inkas, ein Volk, das zur
Hälfte aus Kriegern bestand, die verschiedenen älteren Stämme, die vor
ihnen Peru, Bolivia und Chile innegehabt hatten, zu unterwerfen verstanden
hatten, hatten sie es verschmäht, eine so kindliche Zivilisation, wie sie etwa
die Mexikaner besaßen, nun auch für ihr Volk aufzubauen. Götter aus
reinem Golde, doch weniger blutgierig als die mexikanischen, wenn auch
ganz ebenso stumpfsinnig, wurden in den prunkvollen Tempeln angebetet.
Gold war also, wie man sieht, in solchem Überfluß vorhanden, daß es wahr-
haftig die Raubgier der europäischen Abenteurer heranlocken konnte. Doch
erfolgreich war unter den vielen allein ein Schweinehirt namens Francisco
"IPizarro. Mit zweihundert Soldaten drang er in Peru ein (1532). Die Perua-
ner, uneinig, abgestumpft, ängstlich, wie sie waren, wurden ohne Kampf
besiegt und ohne Widerstand niedergemetzelt. Sie suchten vergeblich sich
durch Gold loszukaufen. Die Spanier nahmen das Gold, was sie aber nicht
hinderte, den Überbringern die Kehle abzuschneiden. Zudem konnten sich
die Plünderer auch nicht untereinander verständigen. Die ganze Geschichte
der Eroberung von Peru hallt von den persönlichen Streitigkeiten der
Das Königtum. 167
beiden triumphierenden großen Räuber Almagro und Pizarro um die
Beute wider.
Diesen blutigen Räubereien, den gemeinsten in der ganzen Geschichte
der Menschheit, trat ein einziger Mann entgegen, ein Priester (von dem
Orden der Dominikaner, Bartolomeo de las Casas (Bartholomäus de Casis).
Unermüdlich in der Verteidigung der unterdrückten Eingeborenen, fuhr er
zwölf mal immer von neuem über das Weltmeer nach Spanien Zurück, um
die Könige seines Heimatlandes zu veranlassen, den maßlosen Erpressungen
und Ausbeutungen jener durch die Ansiedler und Statthalter für 'immer
einen Riegel vorzuschieben. Aber seine Stimme fand nur ßelten Gehör,
und sein Name ist wenig genannt. Es geht .einem nmmer so, wenn man die
Gerechtigkeit anruft.
Fünfzig Jahre waren seit dem Tage verflossen, an dem Kolumbus zum
ersten Male Land von dem neuen Erdteile bemerkt hatte, und schon
war eine ganze Welt erobert worden, erobert, bevor sie noch durchforscht
war. Mexiko, Florida, die Antillen, Mittelamerika, Peru und Chile waren
spanisches Land geworden. Die Eingeborenen kamen nicht mehr in Be-
tracht. Als eine minderwertige Rasse, die dazu verurteilt war, einer lebens-
fähigeren den Platz zu räumen, ließen sie die Plünderungs-, Eroberungs-
und Vernichtungszüge ruhig über sich ergehen. Die, die dem Blutbad
entkamen, flüchteten sich in die Wälder, um hier ein elendes Leben zu
führen und von nun an richtige Wilde zu werden. Ander'e, die in den halb-
zerstörten Städten zurückblieben, mußten sich mit den niedrigsten Be-
rufen, ja meist mit dem Sklavenstande begnügen. Es kamen allerdings auch
häufig Kreuzungen mit den Weißen vor, doch die daraus entstammenden
Mestizen bildeten sowohl in bezug auf die körperlichen Kräfte wie auf die
geistigen Fähigkeiten eine nur höchst mäßige Volksklasse. Zum Glücke
für diese großartigen Länder bringt eine sehr rührige europäische Ein-
wanderung, die auch heute noch nicht ihren Abschluß gefunden hat, be-
ständig frisches Blut hinzu, und es ist mancherlei Aussicht für ein zu-
künftiges Wachstum und Gedeihen dieser jungen Völker vorhanden.
So teilten sich in der Mitte des 16.. Jahrhunderts Portugal und Spanien;
in die weite Welt. Alles amerikanische Land wurde spanisch, allerdings ab-
gesehen von Nordamerika, das noch öde dalag und überhaupt nicht erforscht
war, Argentinien, das völlig unbekannt war, und Brasilien, das portu-
giesischer Besitz wurde. Auch die afrikanischen und asiatischen Gewässer
bildeten samt und sonders portugiesische Besitzsphären.
l68 Sechstes Buch.
Durch diese in der Geschichte einzig dastehenden Eroberungen erbten
Spanien und Portugal die alte römische Macht, und es schien damals
wirklich, daß die Welt lateinisch werden sollte. Weder Frankreich noch
England, noch ganz besonders Deutschland und Italien hatten so ehr-
geizige Absichten, und ihr Gesichtskreis ging nicht über ilir kleines Europa
hinaus.
In Frankreich dachten die Könige nur daran, die Macht der Krone inner-
halb des eignen Landes zu stützen und zu stärken.
Keiner machte sich dies mehr zur Aufgabe als Ludwig XL (146L
bis 1483).
Dieser eigenartige Mann, der so viel für das königliche Ansehen und die
französische Einheit geleistet hat, hatte von einem Ritter rein gar nichts
an sich. Er war ohne jede Vornehmheit und ohne jeden Mut, unerbittlich
gegen seine Feinde, arglistig, knickrig und abergläubisch. Doch sei dem,
wie ihm wolle, er hat in seinem Reich eine vortreffliche Ordnung hergestellt.
Hat er das Volk durch sehr harte Steuern ausgesaugt, so hat er auf der
anderen Seite höchst gesunde Finanzen hinterlassen und den Handel in
wirksamster Weise gefördert. Er hat ein ausgezeichnetes Heer zu bilden
verstanden aus kriegserfahrenen und an Manneszucht gewöhnten Söldnern,
die er aus Schottland und der Schweiz berief, und er hat eine der besten
Artillerien der Zeit geschaffen. Er war ein außerordentlich geschickter
Staatsmann, der seine Ziele mit List und Verschlagenheit verfolgte. Mit
den eigensüchtigen Bestrebungen der Fürsten, die Frankreich zu zerstückeln
drohten, wurde aufgeräumt.
Sein Hauptgegner war Herzog Karl der Kühne von Burgund (i433
bis 1477). Dank ihrer Bündnisse und Kriege waren die Herzöge von
Burgund ebenso mächtig geworden wie die Könige von Frankreich
selbst. Sie besaßen Burgund, ganz Flandern, die Franche-Comt6, die Pi-
kardie, die Champagne, Savoyen und strebten nach der Kaiserkrone. Karl
der Kühne versuchte sogar die Rolle eines Eroberes zu spielen und unter-
nahm so einen Feldzug gegen die Schweiz. Aber er hatte mit rauhen
Bergbewohnern zu tun, die ihre Unabhängigkeit zu verteidigen wußten.
Zu Grausen und Murten (1476) triumphierten ihre Bürgerheere über seine
adligen Ritterscharen. Noch weniger glücklich war Karl im Kampfe gegen
die Lothringer, wo er bei der Belagerung von Nancy fiel (1477).
Damit war Ludwig XL von seinem furchtbarsten Gegner befreit. In
der Tat endigte mit Karl dem Kühnen zugleich auch die Macht der Her-
zöge von Burgund. Die Niederlande wurden unabhängig; Burgund und
die Pikardie fielen an die französische Krone zurück.
Das Königtum. 169
Die Nachfolger Ludwigs XI. setzten seine Politik fort. In Frankreich
wie in Spanien und England, überall zeigt sich dasselbe Streben nach
Zentralisierung und unumschränkter Herrschaft, dasselbe Ringen um die
nationale Einheit unter dem Zepter eines absoluten Monarchen. Im
Jahre 1550 hat sich diese Einheit gebildet nach großen Schwierigkeiten,
aber auf starker Grundlage für Frankreich, England und Spanien; Deutsch-
land und Italien indessen bleiben nach wie vor zerstückfeit und unfähig,
sich zu verteidigen.
Frankreich hätte außerordentlich reich und blühend sein können, wenn
es seine Könige nicht über fünfzig Jahre lang nach Italien in ebenso stumpf-
sinnige wie heldenmütige Kriege geführt hätten (1494 — 1549).
Da war es zunächst das waghalsige Unternehmen Karls VIII., Lud-
wigs XI. Sohn. Unter dem nichtigen Vorwande, daß er der Erbe des
Königreichs Neapel sei, überfällt er Piemont (1494), das Herzogtum
Mailand, die Staaten des Papstes Alexander VI. Borgia und zieht als
triumphierender Sieger in Neapel ein (1495). In fünf Monaten hat er die
ganze Halbinsel unterworfen. Keiner der kleinen Fürsten, die sich damals
in Italien teilten, hat ihm irgendwelchen Widerstand entgegenzusetzen
gewußt.
Diese nicht gerade sehr fest begründete und sehr zuverlässige Eroberung
weckte die Eifersucht der Spanier und den Unabhängigkeitssinn der
Italiener. Venedig, der Papst und Kaiser Maximilian I. vereinigten sich
mit dem König von Spanien, um einen Bund gegen die Franzosen zu
bilden. Karl VIII. mußte seinen Rückzug antreten. Auf demselben stieß
er bei Fomovo auf das Heer der Verbündeten; zwar gelang es ihm noch
einmal, nach Frankreich zurückzukehren, doch brachte er von seinem
Heere nur noch elende Trümmer heim.
Ludwig XII. hatte von seinem Vorgänger wenig gelernt. Er setzte
dieselbe unsinnige Eroberungspolitik fort, besetzte wieder das Herzogtum
Mailand und die ganze Lombardei und rief natürlich ein neues Bündnis
hervor, das noch weit mächtiger war als jenes, durch das es gelungen war,
Karl VI IL zu vertreiben. Papst Julius IL hatte sich an die Spitze der
Verbündeten gestellt. Er war ein rauher Krieger, der den Helm lieber
als die Tiara auf dem Haupte trug und der sich bald mit Frankreich, bald
mit dem Kaiser, bald mit Spanien, ja sogar bald mit dem Sultan verbündete,
je nachdem es die Politik des Augenblicks erforderte. Er tat den König
von Frankreich in den Bann, aber die päpstlichen Bannstrahlen waren
bereits nur noch eine altmodische Waffe. Ludwig XI L antwortete mit der
lyo Sechstes Buch.
Berufung eines Konzils nach Pisa. Er hoffte, die Absetzung des Papstes
durchzusetzen.
Dieser Versuch zur Herbeiführung einer Kirchenspaltung schlug fehl.
Ein Heer aus Spaniern, Venetianern und Päpstlichen zog gegen das Frank-
reichs aus. Dieses wurde von einem zwar noch sehr jugendlichen, aber
ganz hervorragenden Feldherrn Gaston von Foix befehligt, der zu
Ravenna einen glänzenden, aber nutzlosen Sieg davontrug (15 12), wobei
er den Tod fand. Zum zweiten Male verlor mm Frankreich die Ober-
herrschaft über Italien.
Auch Franz I., der nun Ludwig XII. folgte, wiederholte die Irrtümer
seiner beiden Vorgänger und zog sofort wieder in den Krieg mit Italien.
Er fing mit einem glänzenden Sieg über die im Dienste des Papstes, des
Kaisers und Spaniens stehenden Schweizer bei Marignano an (13. Sep-
tember 151 5). Der Sieg war so entschieden, daß der Friede sofort unter-
zeichnet wurde. Das Herzogtum Mailand wurde Frankreich zuerkannt.
Einige Jahre später war dieser vergängliche Besitz schon wieder ver-
loren. So hatten dreißig Jahre des Krieges nur dazu gedient, schließlich
doch die Vertreibung der Franzosen aus ganz Italien, und nun für immer,
herbeizuführen. Noch niemals hatte die Politik der feindlichen Einfälle
und Schlachten so klar ihre Ohnmacht gezeigt.
Aber diese Streif züge des französischen Heeres unter Führung aben-
teuerlicher Herrscher von Mailand nach Pavia, von Florenz nach Neapel,
von Venedig nach Rom zeitigten ganz überraschende Ergebnisse. Frank-
reich kannte bisher Italien überhaupt noch nicht; nun lernte es dasselbe
kennen, also auch, wie man sich denken kann, würdigen xuid bewundern.
Italien, dem Frankreich Plünderimg und Verwüstung brachte, hat um-
gekehrt Frankreich mit Licht und Aufklärung vergolten.
Seit den Kriegen mit Italien verbreitet sich die Kunst dieses Landes
in der ganzen Welt, besonders auch in Frankreich. Vielleicht hätte die Ein-
führung in dieselbe um geringeren Preis als um solche Ströme Blutes
geschehen können!
Nach Erfindung der Buchdruckerkunst waren die ersten g'edruckten
Bücher die Werke der bedeutendsten griechischen und lateinischen Schrift-
steller.
In Italien besonders grub man die Schriften der Klassiker aus, die in
den verschiedenen Klöstern versteckt ruhten, und man machte erstaun-
liche Entdeckungen. Man fand Vergil, Cicero, Aristoteles, Sophokles,
Das Königtum. lyi
Plato, Tacitus, Titus Livius, Äschylus, Homer wieder. Man begeisterte
sich für diese wunderbaren Werke, deren Schönheit in um so hellerem
Glanz erstrahlte, je elender die der Gegenwart waren. Die Bewunderung
für das Altertum war so groß, daß lange Zeit hindurch (bis gegen 1525)
nur sehr schwer Drucker zu finden waren, die bereit gewesein» wären,
irgendein Werkjier Zeitgenossen zu drucken.
Die Schriftsteller machten es also nur so, wie es die Baumeister schon
ein halbes Jahrhundert vorher gemacht hatten, ebenso die Meister der
Plastik und die Maler; sie kehrten nach Athen zurück.
Die Menschen jener Zeit nannten diese Rückkehr zur Kunst- und
Gedankenwelt des Altertums Renaissance (Wiedergeburt), aber die Künstler
und erst recht die Schriftsteller des 13. und 14. Jahrhunderts, die man
heute in der Tat wieder zu Ehren zu bringen sucht, bereiten einem mit
ihren Stümpereien nur eine schmerzliche und niederdrückende Ent-
täuschung. Doch als die Menschheit zur antiken Schönheit zurückkehrte,
genoß sie wirklich den Zaubef ^nes neuen Morgenrots.
In Italien glaubten die Fürsten, Bischöfe und Päpste mit Recht, daß
sie sich selbst durch nichts mehr ehren könnten als dadurch, daß sie
die bedeutenden Künstler wie ihresgleichen behandelten, sie an ihre Tafel
zogen und sie großartig bezahlten. Auf diese Weise wurden alle diese
glänzenden Paläste erbaut imd mit den kostbaren Bildsäulen und Gemälden
ausgestattet, die noch heute Italiens Stolz ausmachen.
Durch ihren umfassenden Geist wie durch ihren ursprünglichen und
schöpferischen gewaltigen Gedankenreichtum versinnbildlichen besonders
zwei Männer dieses ruhmvolle Zeitalter: Leonardo da Vinci (1452 — 15 19)
und Michelangelo Buonarotti (1475 — 1564).
Leonardo da Vinci hat in allem Großes geleistet; er war gleichzeitig
ein gewaltiger und eigenartiger klassischer Maler (die Gioconda, das Heilige
'Abendmahl), ein bedeutender Ingenieur und ein scharfsinniger und gründ-
licher Gelehrter. Mit besonderer Liebe hatte er Anatomie getrieben, derart,
daß sich in seinen Gemälden sittlicher Ausdruck mit anatomischer Rea-
listik paart. Er war Chemiker und Mathematiker. Er suchte durch genaue
und planmäßige Beobachtung den Vogelflug zu erforschen und entwarf
sogar, der Zukunft vorauseilend, eine Flugmaschine. Er sah die Kunst und
die Wissenschaft, das Wahre und das Schöne nicht als zwei widerstreitende
Gottheiten an, hatte er sich doch entschlossen, ihnen beiden sein Leben
zu weihen. In allen Dingen ist sein weiter Geist dem seiner Zeitgenossen
beträchtlich voraus. Als Zeuge des so vielerlei Kummers, den der Krieg
um ihn entfesselte, hat er über die Tollheit des Krieges und der Schlachten
1J2 Sechstes Buch.
die bitterste Entrüstung ausgesprochen. Leonardo da Vinci ist einer der
Männer, die dem Menschengeschlecht zur höchsten Ehre gereichen.
Michelangelo hatte eine Seele, die ebenso stürmisch, wie Leonardo
da Vincis friedlich und heiter war. Er ist der größte unter den Meistern
der Plastik; er gibt dem Marmor Bewegung, Geist, Leben (Moses, die Pietä,
das Grabmal der Medizeer, David). Seine Malerei gibt seiner Bildhauer-
kunst an Großartigkeit nichts nach (Sixtinische Kapelle, Jüngstes Gericht),
Auch als Baumeister ist Michelangelo, der die San Lorenzokirche in Florenz
und die Peterskirche in Rom geschaffen hat, ebenso groß wie als Maler
und Bildhauer. So ist Michelangelo in den drei darstellenden Künsten
der gleiche hervorragende Meister. Doch er war auch Dichter. In seinen
Sonetten erkennt man denselben hohen schwungvollen Geist, aber auch
dieselbe innige Hingebung an das Ewige und Göttliche.
Es ist noch eine große Zahl anderer, fast ebenso erlauchter Namen zu
;. '7 nennen: Raffael Santi (1483— 1520), der trotz eines vorzeitigen Todes
eine ebenso riesenhafte wie erhabene Arbeit geleistet hat, Correggio^
A( () (1494— 1534), Andrea del Sarto (1487— 1553), j' Tizian (1477— 1576), lauter
bewundernswürdige und fruchtbare Künstler, die zu Rom, Parma, Florenz,
Venedig unvergleichliche Malereien hinterlassen haben, die in ihrer Voll-
endung nicht übertroffen, ja vielleicht nicht einmal erreicht worden sind.
Sie haben vor allem auf Bestellung der Bischöfe und der Kirchen
Heiligenbilder gemalt, Madonnen, Heilige Familien. Doch sie waren darum
kaum von einer echten religiösen Idee durchdrungen. Bei diesen Künstlern
hatte das Heidentum mit den zauberischen Reizen seiner Schönheit den
festen Glauben vergangener Tage erstickt, und mit ihnen schickte sich ganz
Italien an, zum Altertum zurückzukehren und seine falschen Gottheiten
anzubeten.
Niemals wohl hat der christliche Glaube weniger schwer auf den Ge-
wissen gelastet. Adlige und Bürgerliche, Arbeiter und Hörige, Künstler und
Soldaten, die einen wie die andern erklärten ihre geistige Mündigkeit.
I Eine allgemeine Ungläubigkeit ergriff die Gemüter, bei den Priestern noch
\ mehr als bei der großen Menge und bei den Päpsten wieder noch mehr
als bei den Priestern.
• Es gab damals ein sonderbares Schauspiel, das so leicht nicht wieder
erlebt werden wird: Päpste, die ungläubiger und ausschweifender waren
als irgendeiner der ungläubigsten und ausschweifendsten unter ihren
Zeitgenossen. Auf einen Sixtus IV. (1471 — 1484) und einen Innocenz VIII.
(1484— 1492) folgte ein Alexander VI. Borgia (1492 — 1503). Dieser war
ein höchst unsauberer und unsittlicher Charakter,"'der die päpstliche Würde
Das Königtum. 173
wahrlich geschändet hätte, wenn man sie nach den Tugenden des höchst2n
Priesters der Kirche zu beurteilen gehabt hätte. Dieser einzigstehende Papst
vergiftete mit derselben Seelenruhe Feinde und Freunde und lebte mit seiner
eigenen Tochter Lucrezia in Blutschande,
~' Da empörte sich der katholische Glaube, so geschwächt er auch war.
Ein Dominikanermönch aus Florenz, Gerolamo Savonarola, erkühnte sich,
gegen das siegreich vordringende Heidentum lauten und stürmischen Ein-
spruch zu erheben. Den alten Propheten in Israel ähnUch, predigte er in
der Stadt Florenz, sagte schwere Mißgeschicke als Züchtigungen für die
allgemeine Verderbnis voraus, donnerte gegen die Adligen, Reichen und
Priester und verband die mönchische Strenge mit einer Art demolcratischem
Kommunismus. Er hatte eine vornehme Seele, die sich frei wußte von
jeder Unlauterkeit und Schändlichkeit. Da ließ ihn Papst Alexander VI.
verbrennen (1498).
Ein seltsames Schauspiel, das wie geschaffen schien, einige Zweifel an
der menschlichen Gerechtigkeit aufkommen zu lassen: ein Borgia zündete
den Scheiterhaufen ' eines Savonarola an. Übrigens war Savonarolas Tod
nichts anderes als ein kurzes, fast unbemerkt vorübergegangenes Zwischen-
spiel in der großen Bewegung, die das gesamte geistige Leben zur Lösung
ganz anderer Aufgaben fortriß, als die waren, die ihm das mystische
Schwärmertum des florentinischen Mönches gestellt hatte.
Frankreich, England und Spanien waren damals die drei miteinander
wetteifernden großen und reichen einheitlichen Monarchien, die in der
Lage waren, wenn es darauf ankam, gewaltige Heere auf den Kampfplatz
zu stellen.
Ein Zufall fügte es, daß im Jahre 15 16 diese drei großen Reiche unter
der unumschränkten Herrschaft dreier noch ganz jugendlicher Fürsten
standen. Der König von England war damals der fünfundzwanzigjährige
Heinrich Vi IL, der König von Frankreich der einundzwanzigjährige
Ffanz I. und der König von Spanien der sechzehnjährige Karl V. Die
Kämpfe um die Macht zwischen diesen drei jungen Nebenbuhlern sollten
nun bald das Geschick Europas bestimmen.
Heinrich VIII. aus dem Hause Tudor, dessen Leben in die Jahre
1491 — 1547 fiel, und der seit 1509 auf dem Throne saß, ein schöner, ver-
führerischer und prächtiger Ritter, der ebenso verschwenderisch, wie sein
Vater Heinrich VII. geizig war, erwies sich bei aller Vergnügungssucht
nicht weniger geschäftseifrig. Als Staatsmann zeigte er sich recht fähig,
174 Sechstes Buch.
aber doch nicht genug, um seinem Despotismus eine Maske aufzusetzen.
Im übrigen war er grausam, eitel, ausschweifend und alles in allem von
emein trotzigen Eigennutze, dem keinerlei Edelmut auch nur irgendwie
Einhalt tun konnte.
Franz I., der von 1495 — 1547 lebte, war ein noch prächtigerer Ritter
als sein englischer Nebenbuhler, schön und verführerisch wie er, auch eitel,
verschwenderisch und ausschweifend. Wie er, ein trotziger Egoist, der
aber seine Laster mit einem vornehmen Edelmute zu erkaufen verstand.
Im übrigen tapfer bis zum Übermaße, unfähig zur Arbeit, unüberlegt in
seinen Handlungen, aber unwillkürlich geneigt, das Schöne zu lieben und
zu bewundern, nichts wissend von Haß und Grausamkeit und ebenso un-
fähig, eine gemeine Tat zu begehen, wie einer seiner königlichen Aufgaben
auch nur eine einzige seiner vielen Vergnügungen zu opfern.
Karl V., der im Jahre 1500 geboren war und im Jahre 1558 starb, war,
wenn das möglich ist, noch eigennütziger als sein französischer und sein
englischer Nebenbuhler, doch umgekehrt auf der einen Seite ebenso tapfer
und auf der andern ebenso ausschweifend wie sie. Ein zügelloser Ehrgeiz
erstickte bei ihm jeden Edelmut, aber er besaß eine wunderbare Zähigkeit
in seinen Plänen, eine außerordentliche Arbeitskraft, ein_ebensq riesig;es wie
sicheres Gedächtnis und alle Eigenschaften eines fähigen Staatsmannes.
Er war der einzige imter den dreien, der religiös war, tief und aufrichtfg
tieli'giös. Di© Sorge um die katholische Religion ist immer die Richtschnur
für all sein Tun gewesen.
Diese drei Fürsten nahmen alle ein trauriges Ende im besten Mannes-
alter an den verzehrenden Folgen ihrer Ausschweifungen. Franz I. starb
zuerst, von der scheußlichen Krankheit niedergestreckt, die bisher in
Europa völlig unbekannt gewesen war. Heinrich VIII., der durch seinen
Schmerbauch immer unkenntlicher und von unheilbaren Geschwüren ganz
zerfressen war, starb unter gräßlichen Qualen. Der gichtische und gebrech-
liche Karl V. wurde noch an seinem Lebensabend von einem heftigen
Trübsinnsanfall ergriffen. Dieser Mann, der der mächtigste Herrscher
der Welt gewesen war, erkannte nun das Nichtige aller Macht. Er
dankte ab und schloß sich in das Kloster Saint-Just ein, um hier ein
Jahr später in gottseligem Glauben zu sterben.
Sie führten alle drei miteinander Krieg, einen Krieg, der aber trotz
aller der Schlachten, die sie sich gegenseitig lieferten, unentschieden
blieb. Ein Triumph des europäischen Gleichgewichts I Die drei Reiche
standen sich so an Kräften gleich, daß auch dreißig Kriegsjahre keinem
von ihnen einen nennenswerten Vorsprung verschaffen konnten.
Das Königtum. jrr5
Über einen einzigen Punkt jedoch schienen sie sich verständigt zu
haben: die furchtbare Vermehrung der Steuern und der Heere. Schon
entspannen sich zwischen den Fürsten auf Kosten der Völker jene Über-
bietungen an Geld und Soldaten, die zuletzt in der heutigen wider-
sinnigen Politik wirrster Gesetzlosigkeit und tollster Kriegslust enden
sollten.
Schließlich wußten die drei großen Fürsten jeden Widerstand gegen
ihre königliche Gewalt zu brechen. Dabei taten sie außerordentlich viel
für die Pflege edler Geselligkeit. So waren Despotismus und Egoismus
bei ihnen gleich groß.
Dreißig Jahre lang setzte sich das Ringen (zwischen Franz I, und
Karl V.) mir buntem Wechsel des Glückes fort. Heinrich VHI. pendelte
von einer Seite zur andern, allein darauf bedacht, daß nicht einer seiner
beiden Nebenbuhler zu mächtig wurde.
Nach dem glänzenden Siege bei Marignano schien die Überlegenheit
Frankreichs erwiesen. Aber Karl V. wurde zum deutschen Kaiser aus-
gerufen (15 19), wodurch er sofort Ehre und Einfluß gewann. Sein Reich
war so unermeßlich, daß die Sonne in seinen Landen nicht unterging, j
Er besaß Nord- und Südamerika, Deutschland, Flandern, Sardinien, '
Sizilien, Neapel, die Franche-Comte, Ungarn, Böhmen und Spanien.
Nachdem er sich die Unterstützung Heinrichs VHI. gesichert hatte,
wollte er von den Franzosen wieder Mailand zurückgewinnen. Nach drei
Jahre langem Ringen blieb ihm schließlich der Sieg. Franz I., ein ebenso
trefflicher Ritter wie schlechter Feldherr, wurde in der Schlacht bei Pavia
vollständig geschlagen und gefangen genommen (1525). Zwar besaß er
ein schönes Heer und eine starke Artillerie, aber er glaubte sich in der
Schlacht wie in einem Turniere und mißachtete jede neuere Waffen-
gattung.
Als Gefangener nach Madrid gebracht, versprach hier Franz I. alles,
was sein Besieger verlangte: das Herzogtum Mailand, Burgund und eine
schwere Summe Geldes.
Da wurde die Macht Karls V. gar zu groß. Und so wandte sich das
Bündnis, das sich im Jahre 1525 gegen Frankreich gebildet hatte, jetzt
ohne die geringsten Bedenken gegen den Kaiser. Papst Clemens VH., der
König von England und Sultan Soliman taten sich nun mit Franz I. gegen
Karl V. zusammen, und wieder war das unglückliche Italien, wie immer,
Kriegsschauplatz und Kampfespreis. Die kaiserlichen Heere drangen in
Rom ein, das nun der Plünderung preisgegeben war. Aber von den Türken
bedroht, die bis vor die Tore Wiens vorgerückt waren, mußte der Kaiser
IjG Sechstes Buch.
das Spiel aufgeben. Aber auch der König von Frankreich zog seit der
unglücklichen Schlacht bei Pavia dem Kriegsleben bei weitem sein Jäger-
leben vor und den Nachtlagern auf der Pritsche den Aufenthalt in
seinem Schlosse Fontainebleau. So wurde der Friede zu Cambrai unter-
zeichnet (1529).
Inzwischen hatten Luther und seine ketzerischen Genossen Kirche und
Königtum in ihrem Bestand und in ihren bisherigen Daseinsformen bedroht I
Dem gemeinsamen Feinde gegenüber versöhnten sich die beiden katho-
lischen Herrscher anscheinend wenigstens für einige Zeit. Um zu beweisen,
daß er ein rechtmäßiger Nachfolger Karls des Großen sei, eröffnete
Karl V. einen Kreuzzug gegen die Türken und die seeräuberischen
Berber, womit er sich den Anschein eines Kämpfers für 'die Christen-
heit gab.
Diesen Augenblick hielt nun Franz I. günstig für den Angriff, und
so erklärte er dem Kaiser von neuem den Krieg. Karl V. antwortete durch
eine Herausforderung seines Nebenbuhlers zu einem ritterlichen Lanzen-
stechen, die folgenden Wortlaut hatte: ^^Wenn der König den Krieg will,
wäre es schon das beste, Mann gegen Mann persönlich zu kämpfen.''
Es hätte eine glückliche Neuerung bedeutet, die an die vergangenen
Tage des epischen Heldenzeitalters zurückerinnert hätte, wenn damals für
die Schlachten zwischen den Völkern wirklich die Zweikämpfe zwischen
ihren Königen eingetreten wären. Aber Franz L nahm den wunderlichen
Fehdebrief nicht an, sondern ging nun zum offenen Kriege über. Es gab
wieder feindliche Einfälle und dann wieder friedliche Versöhnungen und
dann abermals feindliche Einfälle. Endlich wurde der Friede geschlossen.
Der Tod Franz' L und die Abdankung Karls V. hatten der Kampfeslust
ihrer beiden Völker keinen Einhalt getan. Ihre Söhne und Nachfolger,
Heinrich I. und Philipp IL, schlugen sich auch jetzt noch einige Zeit
miteinander, um allerdings dann bald den Vertrag zu Cateau-Cambresis
zu unterzeichnen. Spanien behielt seinen Besitz in Italien auch jetzt noch.
So hatten fünfundsechzig Kriegsjahre (1495 — 1559) den Spaniern und
Franzosen keine andern Lorbeeren als ausschließlich solche des Kampfes
gebracht.
Doch Franz I. ist nicht etwa bloß einseitig unter diesem Gesichtspunkt
aufzufassen. Unter seiner Herrschaft und auch ein wenig dank seiner
Bemühungen verschaffte uns die italienische Renaissance, die im Gegensatz
zu den Waffen Italiens einen glänzenden Siegeszug durch Frankreich hielt,
Das Königtum. i'j'j
auch eine eigne französische Renaissance, die geradezu bezaubernde
Leistungen aufzuweisen hatte.
Vor allem zog die Architektur aus der italienischen Kunst Nutzen.
Um einen wirklich neuen Stil hervorzubringen, mußte sie sich noch von
Grund aus umbilden! W9hin auch der Blick fiel, überall in Frankreich,
besonders aber an den aller einseitigen Mystik und Symbolik so abholden
lieblichen Loireufern, erhoben sich Schlösser von einem ganz auserlesenen
Reize und in einem halb griechischen und halb gotischen Stile, der aber
von allem, was man damals als griechisch kannte, vollkommen abwich,
wie Chambord, Amboise, Blois und Chenonceaux. Für die Ausschmückung
seines Palastes zu Fontainebleau beruft Franz I. aus Italien Maler sowie
Bildhauer. In Paris erbaut ein italienischer Baumeister das Rathaus
und beginnt ein Franzose, Pierre Lescot, im Jahre 1546 den Louvre, jenes
Wunderwerk, zu dem noch eine jede Kunstepoche Frankreichs einen
neuen Beitrag liefern sollte.
Die französische Malerei läßt sich, so geschmackvolle Künstler die
beiden Clouet, Vater und Sohn (Jean und Frangois), auch sein mögen,
doch nicht mit der der großen italienischen Meister auf eine Linie stellen,
ebensowenig wie die französische Plastik. Trotz alledem bringt ein so
köstlicher Meister der Bildhauerkunst wie Jean Goujon Werke von einer
Zartheit hervor, die der des von Franz I. aus Florenz geholten Italieners
Benvenuto Cellini zum mindesten gleichkommt.
Die französische Sprache hat noch nicht ihren endgültigen Abschluß
gefunden. Aber es ist ihr ein genialer Mann erstanden, Frangois Rabelais,
der unter ganz tollen Albernheiten die ernstesten Dinge der Welt einzu-
streuen weiß (1483 — 1553). Rabelais ist ein sehr gelehrter, sehr skeptischer
und sehr kühner Possenreißer, der unter seiner Possenreißerei die Seele
eines ganz verwegenen Reformators birgt. Er fürchtet sich vor nichts
und lacht über alles, derart, daß sein Buch eine allgemeine Satire ist.
Übrigens hat er niemanden nachgeahmt, und niemand hat ihn nach-
geahmt. Das alberne Epos vom Gargantua, Pantagruel und Panurge nimmt
in seiner glänzenden Schalkhaftigkeit in der Weltliteratur aller Zeiten
eine ganz eigenartige Sonderstellung ein (1523).
Wie die Künstler Frankreichs, kehren auch seine Schriftsteller zu
dem griechischen und römischen Altertum zurück. Es sind die Humanisten,
die der König von Frankreich durch Jahresgehälter und sonstigen Schutz
hegt und pflegt. Für sie gründet er, in der Absicht, damit der Sorbonne
ein Gegengewicht zu geben, das College royal, das spä.tere College de
France^ eine ausgezeichnete und großzügige Anstalt, die neben der Univer-
12 Richet, Geschichte der Menschheit
178 Sechstes Buch.
sität ersteht, ohne mit ihr zu verschmelzen, und die durch die Neuheit ihres
Unterrichts die oft ebenso klassischen wie nichtsnutzigen Vorlesungen
der Professoren an ^r Sorbonne mit ihren pedantischen Methoden zu
verbessern sucht.
Weder England noch Spanien scheinen aus der Renaissance einen
unmittelbaren Nutzen gezogen zu haben. Deutschland hingegen hat zu
jener Zeit ganz außergewöhnliche Maler hervorgebracht: Hans Holbein
(1497 — 1543), Lukas Cranach (1472 — 1553), tiefe Beobachter und natur-
getreue Porträtmaler, und besonders Albrecht Dürer zu Nürnberg (1471
bis 1523). Die Fruchtbarkeit dieses Meisters war eine ganz außer-
gewöhnliche. Seine Zeichnungen, die immer neues Interesse zu wecken
wissen, sind nicht zu zählen. Wie alle großen Künstler dieses schönen
Zeitalters, war er Maler, Kupferstecher und Bildhauer in einer Person,
zeigte sich aber in allen seinen Schöpfungen stets von einer überraschenden
Selbständigkeit. Seine von Gleichnissen und Sagen erfüllte schwärmende
dichterische Einbildungskraft geht niemals so weit, in ihm das Ver-
ständnis für die lebendige Wirkhchkeit zu ertöten, das den Künstler im
letzten Grund allein beraten darf. Albrecht Dürer ist gleichzeitig ein in
Sinnbildern redender Dichter, doch darum nicht weniger leidenschaft-
licher Vertreter der Wirklichkeit. Er ist der größte Maler Deutschlands
und auf einer Stufe mit Raffael, Velasquez und Rembrandt.
Doch das größte Ereignis dieses Jahrhunderts, weit größer noch als
die Renaissance, ist die Reformation.
In der ganzen Christenwelt murrte seit einiger Zeit ein Geist des
Aufstandes gegen die Mißbräuche der Kirche, in Frankreich, in England,
aber ganz besonders in Deutschland. Mehj als jedes andere Land hatte
Deutschland unter der Allmacht der Päpste gelitten, die ihnen in den
habgierigen und gewalttätigen Bischöfen Gebieter von einem oft unerträg-
lichen Herrentume einsetzten. Die deutschen Priester und Mönche, die
in Armut und Gebet lebten, unterwarfen sich zunächst, doch allmählich
wurden auch sie von Unwillen erfüllt. Dieser Mangel an Unterwerfung
schloß nicht etwa einen Mangel an Glauben in sich. Gerade im Gegenteil 1
Alle Meutereien dieser Zeit richteten sich nicht sowohl gegen die christ-
liche Lehre als gegen Rom. Weder Wiclef in England noch die Wal-
denser in Frankreich, noch die Hussiten in Böhmen, noch Savonarola zu
Floren«, noch Ulrich von Hütten in Deutschland haben sich gleichzeitig
mit ihrer Erhebung gegen den Papst auch etwa gegen die Religion
Das Köniertum.
179
erheben wollen; sie hatten weit mehr religiösen Sinn als ihre Gegner.
Die Zeiten waren reif für eine Kirchenspaltung.
Was sie herbeiführte und ihr sogleich einen Anstoß und ein Leben von
einer ganz wunderbaren Kraft gab, war das gewaltige Genie des deutschen
Mönches Martin Luther (1483 — 1546).
Obwohl einer armen B ergmann sfamilie entstammend, hatte er es doch
erreicht, gründliche Rechts- und Theologiestudien machen zu können.
Mit zweiundzwanzig Jahren trat er ins Kloster, und seine schwärmerische
Einbildungskraft fand allein in dem glutvollen Feuer Ruhe, das er in seine
leidenschaftlichen Predigten goß. An der Universität zu Wittenberg, wo
er Vorlesungen hielt, gewann ihm die Wucht seines Wortes die Studenten
und die Gläubigen.
Seinen alten Wunsch, eine Romfahrt zu machen, hatte er im Jahre 1511
zu befriedigen Gelegenheit gehabt, als er von seinem Orden mit Aufträgen
nach Rom geschickt worden war. Aber er war von den Frechheiten des
triumphierenden Heidentums aufs höchste im Innern entrüstet nach Hause
zurückgekehrt. Papst Leo X. schätzte theologische Streitigkeiten und
mönchische Askese weit wenfger als die Umrisse einer antiken ßüste, und
der Nachfolger des heiligen Petrus kannte keine andere Sorge als
Reichtümer aufzuhäufen, um seine Paläste mit altertümlichen Bildsäulen
zu schmücken oder eine monumentale Kirche als den Dom für die ganze
Welt zu bauen.
Da nahm Leo X. seine Zuflucht zu dem Ablaß vertriebe ; es war
dies ein außerordentlich einfaches und sinniges, übrigens schon längere
Zeit bestehendes System, auf Grund dessen für eine bestimmte zum
Schatze St. Peters beigetragene Geldsumme jeder Sünder Vergebung
seiner Sünden erhielt (Peterspfennig). Luther entrüstete sich aufrichtig.
Um ihn scharten sich einige Jünglinge, die sich nicht weniger entrüsteten
als er, Studenten, Adlige, Leute aus dem Volke. Auch Fürst Friedrich
von Sachsen, der Gründer der Universität Wittenberg, nahm )für ihn
Partei. VergebUch schickte der Papst eine Bulle, die die Ketzerei gleich
in ihrem ersten Keime verdammte. Sie wurde zu Wittenberg feierlich
verbrannt (1520).
Nun kam Luther in den Bann und wurde von Kaiser Karl V. vor
den Reichstag zu Worms geladen (1521). Nach einigem Bedenken erklärte
er laut und vernehmlich, daß er nichts zurücknehmen könne. Das war
der endgültige Bruch mit den beiden großen Mächten jener Zeit: der
Kirche und dem ICaiser.
1 8o Sechstes Buch.
Ein großes, für immer denkwürdiges Datum, das Morgenrot einer
neuen Zeit!
Nachdem Luther in der zum Besitze des Kurfürsten von Sachsen
gehörigen Wartburg Zuflucht gefunden hatte, verbrachte er liier fast ein
volles Jahr in Einsamkeit und ernster Sammlung. Dann konnte er seine
Predigertätigkeit fortsetzen, und von allen Seiten strömten ihm Anhänger
zu, Bauern, Adlige und Priester,
Mit den Bauern gewinnt die Reformation den Anschein eines Stände-,
mit den Adligen eines Raubritterkrieges (Sickingep), mit den Priestern
eines theologischen Glaubensstreites.
Im Jahre 1530 wurde das Bekenntnis der neuen christlichen Lehre in
aller Öffentlichkeit und Feierlichkeit verlesen (Augsburgische Konfession).
Bis auf einige wenige Zugeständnisse bedeutete das einen vollständigen
Bruch mit dem katholischen Dogma, weigerten sich doch die Lutheraner
gerade das anzuerkennen, was so ziemlich die gesamte Grundlage des
Katholizismus ausmacht: die Unterordnung unter die päpstUche Allgewalt,
die Ehelosigkeit der Priester und die wirkliche Gegenwart des Leibes
Christi bei dem heiligen Abendmahl.
Diese kühne Erklärung hatte auch die persönliche Anwesenheit Karls V.
zu Augsburg nicht zu unterdrücken vermocht. Er war darüber empört;
aber von den Türken bedroht und in Furcht und Besorgnis vor dem König
von Frankreich verschob er die festbeschlossene Ausrottung der Ketzerei
lieber auf günstigere Zeiten.
Doch diese günstigeren Zeiten kamen nicht. Anstatt zu verschwinden,
verbreitete sich die neue Lehre immer weiter. Ganz Norddeutschland wird
lutherisch (Pommern, Württemberg, Hamburg, Hannover, Brandenburg).
Auch in der Schweiz triumphiert sie dank den Bemühungen Zwingiis.
Kalvin ließ sich in Genf nieder (1536). In Dänemark, in Norwegen und in
Schweden bemächtigten sich die Könige der Güter der katholischen Geist-
lichkeit und gingen zur lutherischen Kirche über.
Als Luther im Jahre 1546 starb, war die Reformation bereits zu mächtig,
als daß sie noch hätte vernichtet werden können. Wohl hatte die katholische
Kirche einst die Arianer niederzuwerfen vermocht; sie hatte noch eben
die Wiedertäufer (1535) und die Waldenser (1542) ausgerottet. Gegen
den Protestantismus jedoch sollte sie nichts vermögen.
Das Werk Luthers bezeichnet gleichzeitig den Abbau einer alten und
den Aufbau einer neuen Religion. Aber der Aufbau ist nur schwach,
i während die Befreivmgstat ein Kraftwerk ersten Ranges ist.
Das Königtum. röi
Bei aller seiner Größe ist dieser gewaltige Mann aus den anscheinend
unvereinbarsten Widersprüchen zusammengesetzt. Er hat die Allgewalt
der Päpste angefochten, was ihn aber nicht hinderte, für seine Person
fest an einen leibhaftigen Teufel zu glauben. Er hat Duldsamkeit gepredigt
und doch im Leben manchmal eine geradezu leidenschaftliche Unduldsam-
keit bewiesen. Wie alle Religionsstifter, hat auch er nicht ahnen können,
was seine Anhänger und Nachfolger noch einmal alles aus seiner Lehre
machen würden. Sicher ist der Triumph des Protestantismus Luther zu
danken, aber seit seinem Dahinscheiden ist eine solche Menge protestan-
tischer Sekten entstanden, die gleichzeitig so viele Anhänger haben und
doch alle hinwiederum so stark voneinander abweichen, daß diesen so
vielen und so mannigfaltigen Glaubensabarten einfach jede gemeinsame
Einheit fehlt. Unter den Protestanten unterscheidet sich ein Teil von den
Katholiken nur durch ganz unbedeutende Kleinigkeiten, andere hin-
wiederum erkennen nicht einmal die Gottheit Christi an.
Mag dem sein, wie ihm wolle, dank Luthers Großtat war es eine
gewaltige Religion, die man damals in die Welt treten sehen konnte, wenn
anders man den Namen Religion einer Lehre geben kann, die weder eine
Offenbarung kennte noch einen vorgeschriebenen rituellen Kult, noch
geweihte Priester.
Luther selbst, der von den einen als Heiliger und von den andern
als Betrüger angesehen wurde, war von beiden, einem Betrüger wie einem
Heiligen, gleich weit entfernt. Rücksichtslos offen gegen jedermann,
bieder, natürlich und keusch starb er arm und ohne daß er jemals auch
nur einen einzigen Andersdenkenden auf den Scheiterhaufen gebracht
hätte. Trotz seines kindlichen Aberglaubens, seiner etwas wunderlichen
Glaubenslehre und seiner wütenden Streitsucht ist und bleibt er ein wahrhaft
großer Mann. Er zählt zu den heldenmütigsten Kriegern "des Geistes.
Mag er selbst an die Freiheit geglaubt haben oder nicht, jedenfalls wurde
er zu einem Befreier.
Wenn die Reformation in Deutschland demokratisch war, war sie in
Frankreich aristokratisch und in England monarchisch.
In Frankreich hatten die Vertreter der Geisteswissenschaften oder,
wie man sie damals nannte, die Humanisten, zu denen sich auch eine
Anzahl Adliger rechnen durfte, zu Anfang des i6. Jahrhunderts ein Maß
von geistiger Unabhängigkeit, wie es die große Masse nicht kannte. Noch
vor Luther wagte ein hochbetagter Professor der Universität Paris,
Lef^vre d'Etaples (im Jahre 1512), einen Kommentar zu den Paulinischen
Briefen zu veröffentlichen. Es war dies ein sehr kühnes Buch, wird doch
102 Sechstes Buch.
darin ausschließlich der Heiligen Schrift irgendwelche Autorität zuge-
standen. Derselbe Lef^vre d'Etaples übersetzte das Neue Testament (1523)
wie auch das Alte (1528) zu einer Zeit ins Französische, wo auch Luther die
I Bibel noch nicht ins Deutsche übersetzt hatte. Und die Bekanntmachung
I des Volkes mit den Heiligen Büchern, das gerade ist ja die Grundlage
\ der Reformation.
Als die Schriften und Predigten Luthers in Frankreich bekannt wurden,
fanden sie alsbald einen freudigen Widerhall, doch nicht sowohl gleich
in den breiten Massen des Volkes als vorläufig noch allein in dem Adel,
der damals die Blüte des Landes darstellte; Des Königs Schwester selbst,
Königin Margarete von Navarra, der volkstümliche Dichter Marot, der
ehrwürdige Bischof von Meaux, Brigonnet, der Hellenist Budäus, sie alle
neigten zur Reformation, ohne ihr ausdrücklich anzugehören. Lange
Zeit war auch Franz L unentschieden. Auf der einen Seite sah er den
Papst, die Sorbonne und die ganze große Masse des Volkes, aber daneben
Karl V., seinen verhaßten Nebenbuhler, auf der andern einige aufgeklärte
Forscher, Adlige, Buchdrucker, Gelehrte, Künstler und Freigeister, lauter
Elemente, die Franz I. im Grunde seines Herzens bevorzugte.
Groß war die Versuchung, diesen zu folgen, und eine Zeitlang schwankte
auch der König und sah es nur widerwillig mit an, als Jobert, Doullon und
Berquin den Feuertod erleiden mußten. Aber gegen Ende seiner Regierung
ließ er, siech und durch sein Siechtum auch geistig gebrochen, alles gehen,
wie es ging, genehmigte die Verbrennung des Etienne Dolet (1543) sowie
das Blutbad unter den Waldensern und trat nun ganz entschieden zur
I Partei Karls V. über, um mit Nachdruck gegen die noch im Entstehen
I begriffene Ketzerei zu kämpfen. Er hätte nur zu wollen brauchen, und
! Frankreich wäre damals protestantisch geworden.
So aber hatte Jean Calvin, um sich seinen Verfolgern zu entziehen,
nun schon seit mehreren Jahren (1553) Frankreich verlassen. Jean Kalvin
(1509 — 1565) ist jemand, der nach Luther und auch so ziemlich in den-
selben Grenzen wie Luther den Protestantismus zum zweitenmal be-
gründet hat.
In noch verhältnismäßig früher Jugend hatte er in lateinischer Sprache
eine Abhandlung verfaßt : Institutio christianae religionis (Institution
chretienne, 1536), eine kühne Schutz- und Trutzschrift zugunsten der
Reformation, die, schon im Jahre 1540 von ihm selbst ins Französische
> übersetzt, bald den maßgebenden Wegweiser für den französischen Pro-
testantismus bildete.
Das Königtum. 1R3
Die Stadt Genf hatte den reformierten Glauben angenommen. Hier
lebte Kalvin, von seinem beredten und feurigen Freunde Guillaume Farel
berufen, von 1536 bis zu seinem Tode. Er war zuerst Professor "der
Theologie, dann Professor des Konsistoriums. Da er allmächtig war,
übte er schließlich eine richtige Diktatur aus, die ihn zu ganz abscheulichen
Übertreibungen verleitete. Die Theologen, die nicht genau so dachten wie
er, wurden auf Grund eines Scheingerichtsverfahrens dem Feuertode
überliefert. Es fielen verhältnismäßig nur wenig Opfer, sah man doch
im ganzen nicht mehr als sechzig Scheiterhaufen lodern, was für jene Zeit
nicht viel ist. Doch unglücklicherweise war unter den Märtyrern auch
ein besonders hervorragender Mann; es war dies der Spanier Miguel
Servet, der soeben den Blutumlauf entdeckt hatte (1555).
Kalvin starb zehn Jahre nach der Gewalttat an Servet (1564). Schon
hatte sich seine Lehre über ganz Frankreich verbreitet und zahlreiche
Anhänger gewonnen. Eine düstere und kalte Lehre, die nur von einer
einzigen schwärmerischen Vorstellung belebt war: der Vorherbestimmung
(Prädestination) ! Und in der Tat, Kalvin leugnete ganz wie Luther den
freien Willen, Diese beiden Männer, deren gesamtes Wirken der Freiheit I
gegolten hat, konnten dieselbe im menschlichen Gewissen nicht finden.
Die Entgegnung der Katholiken fiel ebenso reichlich aus, wie sie sich auf
armseligen Spitzfindigkeiten aufbaute. Dieses ganze Theologengeschwätz,
um dessentwillen sich an hundert edle Menschen verabscheuen, verbrennen \
und hinschlachten ließen, wog nicht eine einzige Seite des Epiktet oder
auch nur ein einziges Gleichnis des Evangeliums auf.
Kalvin hat einen ganz wunderbaren Einfluß ausgeübt. Er hat die
Reformation nach Schulmeisterart zu lehren verstanden, da wo Luther
nur geträumt und gepredigt hatte. In der rauhen Schule Kalvins erzogen,
sollten die französischen Protestanten bald allen ihren Verfolgern mit so
vielem Heldenmut und so segensreichen Wirkungen für ihre Sache die
Stirn bieten können, wie man sie nur einst an den ersten Christen unter
Nero bewundert hatte.
Von allen Seiten erschienen nun kühne Bücher, die sich an solche
Dinge heranwagten, die bisher als die heiligsten angesehen worden waren,
Thomas Morus zu Oxford veröffentlicht im Jahre 151 5 eine Schilderung
der Republik Utopia, die dem Lob der Narrheit des Erasmus und den
Faicts et Dicts de Pantagruel (Taten und Worte des Pantagruel) von ^
Rabelais an die Seite zu stellen ist. Rabelais, Erasmus und Morus sind '
keineswegs offene Protestanten, die sich als solche zu erkennen gegeben '
haben. Sie haben nicht gerade ein besonderes Verlangen danach, geächtet
t84 Sechstes Buch.
und verfolgt zu werden, und so bekennen sie sich zur alleinseligmachenden
Kirche. Gleichwohl denken sie frei und haben dadurch, vielleicht unbeab-
sichtigt, der Reformation die Bahn geebnet. Sie hatten sich hinter die
Maske des Possenreißers versteckt, ein bequemes Mittel, die Wahrheit sagen
zu können, ohne das Martyrium auf sich nehmen zu brauchen.
Ganz anders verlief die Reformation in England. Heinrich VIII.
verstand in religiösen Dingen keinen Spaß. Er hielt sich für einen Theo-
logen, und so unterließ er nicht, ganz wie seine erlauchten Freunde
Franz I. und Karl V., die Reformation zu bekämpfen. Aber in "der
gleichen Zeit, wo er die Protestanten verfolgte, brach er mit dem Papste
und eröffnete so in England, wenn auch nicht die Ketzerei selbst, aber
doch ihre Vorbotin, die Kirchenspaltung.
Eine Frauenfrage war es, um derentwillen er sich von der Kirche
trennte. Ebenso selbstherrlich in seiner Liebe wie in seiner Theologie,
beanspruchte er, ganz nach freiem Ermessen eine Ehe eingehen und sie
auch wieder trennen zu dürfen. Doch solchen Ehescheidungen von Herr-
schern sind die Päpste schon immer wenig entgegenkommend gewesen.
Diesmal wollte es Clemens VII. um so weniger sein, als die erste Frau
des Königs von England, Katharina von Anjou, die Tante Karls V., des
zuverlässigsten Beschützers des Papsttums, war. So gab es zwischen dem
Papst und dem König von England einen empfindlichen Bruch.
Die Güter der Klöster waren beträchtliche. Sie wurden beschlagnahmt
(Augmentation Act). Es bildete das eine Quelle unermeßlicher Ein-
nahmen für den König und seine Günstlinge. Die Mönche wurden verjagt,
die katholischen Heiligenbilder den Flammen überliefert. Das Parlament,
knechtselig, wie es war, ging auf alles ein und erklärte, daß das Oberhaupt
der englischen Staatskirche der König sei.
So kam es auch, daß Heinrich VIII. sich ebensowenig ein Gewissen
daraus machte, sich seiner Minister auf dem kürzesten Wege zu entledigen,
wie er es mit seinen Frauen getan hatte. Zu der Zeit, wo er noch dejn
Katholizismus angehörte, führte er die Regierung zuerst mit Kardinal
Wolsey, der, wenn nicht eine tödliche Krankheit seiner Verurteilung
vorausgegangen wäre, ohne Zweifel auf dem Schafott geendet hätte, und
dann mit Sir Thomas More, der in der Tat enthauptet wurde. Sein Bruch
mit der Kirche wurde durch Verhandlungen herbeigeführt, mit denen er
Thomas Cromwell beauftragt hatte (1530). Im Jahre 1540 wurde auch
schon dieser enthauptet.
f
' Nun aber erst seine Frauen I Das ist erst ein wenig erbauliches Kapitel I
Das Königtum. i85
Im Jahre 1531 verstößt er Katharina und heiratet Anna Boleyn. Im Jahre
1536 wird Anna Boleyn enthauptet, und schon am folgenden Tage heiratet
er Johanna Seymour, dann Katharina Howard, die ebenfalls enthauptet
wurde, und dann Katharina Parr, die sicher demselben Schicksal anheim-
gefallen wäre, wenn den König nicht rechtzeitig der Tod ereilt hätte.
Grausam, ausschweifend, eitel, ist Heinrich VIII. einer von jenen
eigensinnigen Tyrannen, deren unsterbliches Urbild Nero ist. Scheiter-
haufen und Schafott waren das Argument, das er stets in Bereitschaft
hielt, um eine Erörterung abzuwehren oder auch eine seiner vielen Lieb-
schaften zur Eingehung einer neuen zu lösen.
Sein Sohn Eduard VI. (1547 — 1553) war erst zehn Jahr alt, als er
König wurde. Anstatt seiner führte sein Oheim, der Herzog von Somerset,
die Regierung. Mit ihm trat die englische Monarchie ganz offen zum
Kalvinismus über.
Eine eigens für englische Verhältnisse eingerichtete Gottesdienstordnung,
die auch Kalvins Beifall fand, wurde nunmehr eingeführt. Die königliche
Regierung ließ die letzten noch übriggebliebenen katholischen Andacht-
gegenstände verbrennen und die letzten Kirchenverbände und Klöster
zerstören. Somerset hatte so viel Haß gegen sich aufgehäuft, daß auch
er schließlich angeklagt, verurteilt und enthauptet wurde (1552).
Auf Eduard VI. folgte seine Tochter Maria Tudor (1553— 1558). Sie
war katholisch, und so mußten auch die amtlichen Kreise Englands
wieder die Religion wechseln. Und wieder gab es Märtyrer, die mutig
starben, wie man denn überhaupt in jenen Zeiten zu sterben verstand.
Im Jahre 1558 kommt Elisabeth, Anna Boleyns und Heinrichs VIII.
Tochter, zur Herrschaft. Unter ihrer langen Regierung (1558 — 1603)
bekam die Reformierte Kirche ihren endgültigen Abschluß in ihrem Reiche
(in Gestalt der Anglikanischen Hochkirche).
In Spanien kann von der Reformationsbewegung nicht recht die Rede
sein, aus dem einfachen Grunde, weil sie dort so gut wie gar nicht vor-
handen war. Das Volk blieb hier nicht nur der römischen Religion an
und für sich treu, sondern es wahrte sogar auch die Inquisition, die
nicht gezögert hätte, die Protestanten wie die jüdischen Scheinchristen
oder die Araber zu behandeln und ihnen, wie diesen, Massenautodafes
anzuzünden. Aber der spanische Glaube wankte nicht.
In Italien war der Protestantismus ebenso ohnmächtig wie in »Spanien;
war es aber in Spanien Gläubigkeit, die ihn nicht aufkommen ließ, so war
es in Italien Gleichgültigkeit.
i86 Sechstes Buch.
Doch in halb Nordeuropa hatte die Ketzerei triumphiert. Die Kathohken
begriffen jetzt die Notwendigkeit einer Abwehr, die sie nun mutig in die
Hand nahmen, indem sie zunächst damit anfingen, bei sich selbst einzu-
kehren.
So zeitigte die Reformation das sonderbare Ergebnis, daß sie die
römische Kirche, die sie anfangs bedrohte, schließlich ebenfalls reformierte,
und zwar sowohl in bezug auf die Unumstößlichkeit ihrer Dogmen wie
in bezug auf die Strenge ihrer Sittenlehren. Am Ende des 15. und zu Anfang
des 16, Jahrhunderts, also bis zu Luther und Kalvin, war keine von den
mancherlei Vorschriften, die die Lehre oder die Sitten betrafen, wirklich
scharf und bestimmt abgefaßt. Die Mönche waren ohne jedes Ansehen,
die Priester unwissend, die Bischöfe habgierig und die Päpste ungläubig.
I In den oberen kirchlichen Kreisen hatte an Stelle des tiefen Glaubens
^ und der Überzeugungstreue der ersten Jahrhunderte ein vornehmer Skepti-
/ zismus Platz gegriffen.
I Alles in der Religion war damals strittig und schwankend: Gottesdienst-
ordnung und Dogma. Die Ehelosigkeit (der Zölibat) der Priester war
ein Gegenstand beständiger Meinungsverschiedenheit. Die Kirchenversamm-
lungen oder Konzilien zu Konstanz und Basel hatten sich nur mit großer
Mühe über die Wahl eines Priesters zu verständigen gewußt. Wenn die
Borgia und die Medici auf den päpstlichen Stuhl gelangten, hatten sie
immer nur Vergnügungs-, Geld-, Kunst- oder Kriegssorgen. Nach der
Reformation wird plötzlich alles anders, gleich anfangs mit dem bejahrten
Paul in. (1534 — 1549), besonders aber mit der Inquisition, die ihren Be-
schlüssen Geltung zu verschaffen weiß. Die Päpste werden jetzt streng,
ja geradezu düster. Sie verstatten den Priestern keine Freiheiten mehr,
sei es in ihrem Privatleben oder in ihren theologischen Anschauungen,
und sobald sich erst bei den Priestern der Glaube gehoben hatte, sollten
von nun an immer dann, wenn die Päpste nicht mehr die Priester zur
Tugend anhielten, dies umgekehrt die Priester den Päpsten gegenüber tun.
Einem Mönch, Ignatius von Loyola (1491 — 1556), gebührt das Verdienst,
i eine derartige Läuterung der Kirche unternommen zu haben.
' Es war dies ein junger spanischer Edelmann, der den Feldzug mit-
\}^ gemacht hatte. Er wollte die strenge Manneszucht, die das Wesen aller
Heere im Kriege ausmacht, nun auch auf die religiösen Dinge übertragen.
Die Priester seines Ordens oder, wie er es nannte, seiner Gesellschaft
(Jesuiten) sind vor allem zum unbedingten Gehorsam verpflichtet. Anstatt
jenes asketische Leben der Einkehr und Schwärmerei zu führen, in dem
sich bisweilen die Mönche der andern Orden verloren, um gänzlich darin
tw
Das Königtum. jQj
unterzugehen, mußten die Jesuiten mitten in das Getümmel des Lebens (das
weltliche Leben), Irrlehren bekämpfen, die Jugend vmterweisen, unerlaubte
Lastor zur Anzeige bringen und, zwar den allgemeinen priesteilichen
Vorschriften treu bleiben, aber als höchste Autorität das Gebot ihres
Generals anerkennen.
Gleich von ihrer Gründung im Jahre_£54o an machte die Gesellschaft
Jesu rasende Fortschritte. In Spanien, Portugal und Deutschland konnte
man an den verschiedensten Punkten Jesuitengymnasien erstehen sehen.
Die Jesuiten waren mit geringen Ausnahmen fromme und leidenschaft-
liche Christen, die als glühende Verteidiger ihrer Kirche gegen die herein-
brechende Ketzerei in die Schranken traten und das Christentum bis an
das Endo der Welt unter Wilden und Ungläubigen zu verbreiten strebten.
Durch ihre Bedeutung auf geistigem Gebiete und ihre strengen Sitten haben
sie sich unter den Vorkämpfern des katholischen Glaubens für alle Zeiten
den ersten Platz erobert. Die monarchischen Regierungen haben sie freilich
immer nur mit einigem Mißfallen gesehen als unabhängige Männer, die
kein anderes Gesetz als das ihres Ordens kannten. Man hat sie verfolgt
und verleumdet, was sie übrigens nicht gehindert hat, gelegentlich selbst
die Verfolger und Verleumder zu spielen.
Unter dem Eindruck dieser neuaufblühenden katholischen Begeisterung
führten die Päpste die Geistlichkeit wieder zur strengsten Innehaltung
der Glaubenssätze und kirchlichen Sitten zurück.
Das Konzil zu Trient (1545 — 1563), eines der bedeutendsten in der
gesamten Kirchengeschichte, faßte die römisch-kathoHsche Lehre klipp und
klar in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zusammen. Im Gegen-
satz zu dem bunten Durcheinander der Ansichten der dem Katholizismus
abtrünnigen Christen bestand die große Macht der römischen Kirche
darin, den vielfachen und verschiedenartigen Sekten, in die der Protestan-
tismus zerfiel, eine einzige einheitliche Lehre von einer ganz wunderbaren
Geschlossenheit und Folgerichtigkeit entgegenzusetzen. Die Tridentiner
Kirchenversammlung stellt in allen Einzelheiten die wesentlichsten Grund-
sätze des Katholizismus fest, Grundsätze, die noch heute eine unumstößliche
Herrschaft ausüben. Es sind dies die sieben Sakramente, die heilige Messe
mit der wirklichen Gegenwart, die alleinige Autorität der Kirche für die
Auslegung der Heiligen Schrift, der Zölibat der Priester. Es war das alles
zwar nichts Neues, aber etwas, das bisher noch niemals in so bestimmter
Weise gesagt und gefordert worden war.
Die feurige Sprache Luthers hatte das Christentum aus seiner Betäubung
geweckt. Jetzt galt es für jeden Christenmenschen, Farbe zu bekennen.
t88 Sechstes Buch.
Es gab nicht ein Gemüt, das nicht von einem gewissen Zustand der Er-
regung ergriffen worden wäre. In Frankreich, in Deutschland, in England,
überall ging man mit wahrem Feuereifer an die Erörterung der schwierigsten
. religiösen Streitfragen. Wo man sich aber nicht durch Vernunftgründe
' hatte überzeugen können, nahm man seine Zuflucht zur Gewalt. Es hieß
entweder zum Pastor in die Predigt oder zum Priester in die Messe, wenn
man nicht als ein Abgesandter des Teufels gelten wollte! Dazu war die
noch nicht hundert Jahre alte Buchdruckerkunst zu einer gefürchteten
neuen Macht geworden, die das Feuer schürte. Die polemischen Schriften
verbreiteten sich überall und säten Zweifel, Zwietracht und Haß.
Wie schon einmal vor langen Zeiten in Byzanz, so herrschte auch jetzt
wieder in der Christenwelt ein Pfaffengezänk und eine religiöse Fehde,
durch die alles menschliche Streben zum Schönen und Wahren in öder
und nichtiger Unfruchtbarkeit unterging, jenes Streben, das die Renais-
sance so herrlich hatte anbrechen sehen.
! Das i6. Jahrhundert, das mit einem Christoph Kolumbus, einem Michel-
angelo und einem Kopernikus eingeläutet worden war, sollte in unseligen
Religionskriegen ausklingen. Sicher haben diese Kriege manche glän-
zenden Waffentaten gezeitigt; viele Glaubenszeugen haben in ihnen die
Gelegenheit gefunden, ihren Heldenmut zu beweisen und ihre Überzeugungs-
treue mit Blut zu besiegeln; manche Seelen haben sich in diesem Kampfe
I gestählt. Aber das war nicht mehr ein Reich Gottes zu nennen, und
i Christus, für den man sich zu schlagen vorgab, war in Wirklichkeit
völlig in Vergessenheit geraten.
Doch wer wollte behaupten, daß die wesentliche Voraussetzung aller
Freiheit — Gewissensfreiheit, persönlicher Freiheit, nationaler Unabhängig-
keit — nicht darin bestehe, sie sich erst durch Blut erkaufen zu müssen?
Die religiösen Kämpfe in Frankreich, vom Tode Heinrichs H. bis
zur Thronbesteigung Heinrichs IV., haben von den Königen Frankreichs
wohl kaum eine nennenswerte Einwirkung erfahren. Von den drei Söhnen
Heinrichs II., den drei letzten Valois, Franz II. (1559 — 1560), Karl IX.
(1560 — 1574) und Heinrich III. (1574 — 1589) starb der erste in dem jugend-
lichen Alter von siebzehn Jahren nach einer nur einjährigen Regierung,
war der zweite ebenso unfähig wie verkommen, der dritte vielleicht noch
unfähiger und verkommener als der zweite! Aber sie wurden unter der
Vormundschaft ihrer Mutter Katharina von Medici gehalten; es war dies
eine ränkesüchtige und abergläubische Italienerin, die aus den Lehren
eines Macchiavelli keine anderen Herrschertugenden als Doppelzüngigkeit
und gemeine Hinterlist herauszuholen gewußt hatte.
Das Königtum. l8g
Ein Volk verzeiht seinem Könige alles, wenn er nur recht tapfer und
bieder ist. Karl IX. und Heinrich III. waren keines von beiden, daher
wurden sie auch sehr schnell unvolkstümlich. Die Franzosen hatten sich
zudem in ihrer Mehrzahl zu höchst aufrichtigen und äußerst fanatischen
Katholiken entwickelt. Sie rechneten also für die beabsichtigte große
Hugenottenhetze weniger auf die Person des Königs als auf gewisse adHge
HeiTcn, die sehr tapfer und ebenso ehrgeizig wie tapfer waren, nämlich
die Guisen. Die bekannte Maria Stuart stammte mütterlicherseits gleich-
falls aus dem Hause der Guisen, die" sich lange vergeblich weigerten, die
so unglückliche Prinzessin König Franz II., diesem halben Kinde, zur
Frau zu geben.
Auch die Kalvinisten hatten an der Spitze ihrer Partei Männer aus dem
höchsten Adel, deren Ehrgeiz an sich nicht geringer als der der Guisen
war, aber doch durch die kalvinistische Sittenstrenge in gewissen Schranken
gehalten wurde, so einen Admiral von Coligny, einen Montmorency und
einen Conde.
In jenem Zeitalter war das Nationalgefühl viel weniger stark ausgeprägt
als das religiöse. Keiner der damaligen Franzosen hatte auch nur das
leiseste Bedenken, Geld oder militärische Unterstützungen vom Auslande
anzunehmen; die Guisen suchten ihre Anlehnung an Spanien, die Kal-
vinisten an England.
Aber wenn einer Spanien fürchtete, war es Katharina von Medici,
war doch dieses Land die mächtigste und habgierigste der Monarchien der
Zeit. So konnte auch Katharina, mochte sie auch die Kalvinisten noch
so sehr bekämpfen und verfolgen, die Guisen ebensowenig ausstehen.
Im Jahre 1562 brach nun zwischen Hugenotten und Katholiken der
offene Krieg aus, und er fand die schon längst ersehnte endgültige
Erledigung erst im Jahre 1594, wo Heinrich IV. in Paris einzog. Wenn
Bürgerkriege stets an Unbarmherzigkeit noch die andern Kriege über-
bieten, so hat dieser unter denen aller Zeiten das Höchstmaß daran geleistet 1
Und innerhalb desselben hinwiederum waren es imter den beiden Parteien
die Katholiken, deren Unmenschlichkeiten besonders furchtbar waren.
Der Massenmord der Bartholomäusnacht ist das erschreckende Sinnbild
des Zeitalters. Durch königlichen Erlaß (Vertrag von Saint-Germain
1570) beruhigt, waren die kalvinistischen Führer Cond^, Coligny und der
noch ganz jugendliche König Heinrich von Navarra nach Paris zur Hochzeit
Margaretes, der Schwester des französischen Königs, mit dem König von
Navarra gekommen. In der Nacht des 24. August 1572 stürzte sich der
von den Soldaten des Herzogs von Guise aufgehetzte, geführte und ge-
igo Sechstes Buch.
schützte Pariser Pöbel auf die Hugenotten. Auch der greise CoHgny fiel
einem Bubenstreiche zum Opfer. Die Zahl der Mordtaten ist nicht genau
bekannt, aber sicher waren es in der einen Nacht mehr als zweitausend.
Die Blüte von ganz Frankreich mußte damals in Paris ihr Leben lassen.
Der große protestantische Dichter Agrippa d'Aubigne hat gegen den König
Karl IX. die furchtbare Anklage erhoben, daß er, der nicht einmal den
traurigen Mut gehabt hätte, der Anstifter dieses heimtückischen Überfalls
sein zu wollen, zum Spaße mit einer Hakenbüchse hinter den Hugenotten
hergeschossen habe, die die vom Morden berauschte Menge auf den
Straßen verfolgte oder auch in die Seine warf.
Der neue Papst Gregor XHI. hieß die Tat des französischen Königs noch
nachträglich gut, ja König Philipp H. von Spanien beglückwünschte ihn.
Auch in der Provinz fand das "Beispiel von Paris Nachahmung. Es
wurden zusammengenommen in Paris wie in Troyes, Orleans, Toulouse
und anderen Städten etwa achttausend Menschen dahingeschlachtet. Doch
mit Ziffern lassen sich die großen Verbrechen der Weltgeschichte über-
haupt nicht bemessen! Die Bluthochzeit in der Bartholomäusnacht ist
in der Volksseele für alle Zeiten lebendig geblieben als eine der furcht-
barsten Erinnerungen an Grausamkeit und Verrat.
Zwar waren die Reihen der Hugenotten erschreckend gelichtet, aber
gleichwohl gaben sie sich noch nicht besiegt. Mit dem Mute der Verzweif-
lung nahmen sie den Krieg noch einmal auf, sie sammelten sich in
einigen Städten, besonders in La Rochelle, das sie befestigten.
Zwei Jahre später starb Karl IX. Der Thronerbe war sein Bruder
Heinrich, der, soeben zum König von Polen ernannt, nun schleunigst nach
Paris heimkehrte, um sich die ihm zugefallene französische Krone aufs
Haupt zu setzen.
Er fand Frankreich durch den Bürgerkrieg in zwei Hälften zerrissen
und die königliche Gewalt alles Ansehens und Einflusses beraubt. Die
Guisen, die der traurige Ruhm der Bartholomäusnacht dem Pöbel nur
noch teurer gemacht hatte, strebten ganz offen nach der französischen
Krone, als die einzigen wahrhaften Verteidiger des katholischen Glaubens,
wie sie angaben. Da riefen sie, von Spanien unterstützt, die Ligue ins
Leben, ein eigenartiges Gemisch von kirchlichem Eifer und Demagogie, das
sich im Grunde ebenso gegen Heinrich IIL, diese Xammergestalt von König,
wie umgekehrt gegen die Hugenotten richtete. Natürlich war vor der
Das Königtum. igr
Öffentlichkeit die Liga dem König nicht feindhch gesinnt, war dieser doch
sogar anfangs wenigstens dem Namen nach ihr Anführer.
Der Mittelpunkt dieser sogenannten Heiligen Liga war Paris. Paris
ist^ immer die Stadt blindester Entzückungsgefühle und unbedachtester
Haßanwandlungen gewesen. Die Seele seiner spottsüchtigen, wetterwen-
dischen und bisweilen etwas oberflächlichen, gleichzeitig skeptischen wie
leichtgläubigen, an allem, was Überlieferung ist, ebenso zäh hängenden
wie zu jedem Umsturz geneigten, der edelsten Regungen nicht weniger
als der feigsten Ausschreitungen fähigen Bevölkerung kennzeichnet sich also
mit einem Wort am besten als das, was man „Massenseele" nennt. Nun
aber war im Jahre 1580 Paris für Heinrich von Guise, mit dem Beinamen
„der Benarbte", von einer ganz wahnsinnigen Leidenschaft ergriffen;
dies ging so weit, daß er schließlich der Person des Königs durch seine
Großsprecherei und seine Anmaßungen unerträglich wurde. Es erfolgte
zwischen beiden eine Auseinandersetzung und darauf ein derartiger Bruch,
daß der König Heinrich III. Paris verlassen mußte, um sich nach
Blois zu flüchten, während die Pariser, nicht wenig stolz darauf, diesen
gekrönten politischen Kuppler hinausgeworfen zu haben, nunmehr das
Recht der Selbstverwaltung in Anspruch nahmen (Sechzehnerausschuß).
Nun trat Knappheit an Geld ein. Die Landstände (Generalstaaten),
die letzte Hilfe der französischen Könige, wenn die Finanzen verzweifelt
sind, wurden nach Blois berufen. Heinrich von Guise fand den Mut,
sich ebenfalls dorthin zu begeben und dem Könige Vorhaltungen zu
machen. Heinrich III. beantwortete diese Offenheit mit der Treulosigkeit,
ihn heimlich in seinem Schlosse ermorden zu lassen (1588).
Der Bürgerkrieg begann von neuem, heftiger denn je. Die Pariser und
auch ein Teil des gesamten Frankreichs erklärten ihren Abfall vom König.
Eine Truppe spanischer Soldaten quartierte sich in Paris ein, um die Liga
und die Religion zu verteidigen. Da blieben dem Throne als einzige Stützen
die Hugenotten übrig. Und so verband sich der junge König von Navarra,
ein Protestant und zugleich der nächste Erbe der französischen Krone,
nunmehr ganz offen mit Heinrich III., mit dem er an der Spitze der ver-
einten Heere der Hugenotten und Anhänger des Königtums gegen das auf-
rührerische Paris vorrückte.
Vjerzigtausend Mann, ein buntes Durcheinander von Hugenotten»
königslreuen Katholiken und schweizerischen Söldnerscharen, gingen nun
unter Führung der beiden Könige Heinrich, des von Frankreich und des
von Navarra, an die Belagerung von Paris. Die Erregung der Pariser war
aufs höchste gestiegen; Universitätsprofessoren, Studenten, Leute aus dem
r92 Sechstes Buch.
Volke, Mönche, Edelleute vom Anhange der Guisen, alle brachen in er-
bitterte Schmähreden gegen Heinrich III. aus, den sie als den schlimmsten
aller Tyrannen bezeichneten und mit Herodes und Sardanapal verglichen.
j Ein halb blödsinniger junger Mönch, Jacques Clement, machte sich zum
,' Vollstrecker dieser Wutausbrüche. Er lauerte König Heinrich III. in Saint-
Cloud auf und erdolchte ihn (1589).
Der König von Navarra, Heinrich von Bourbon, der Hugenotte, war
nun von Gesetzes wegen französischer König unter dem Namen ,, Hein-
rich IV., des Königs von Frankreich allerchristlichste Majestät".
Zunächst war er noch ein König ohne Königreich und besonders ohne
Geld, der nichts als ein ganz kleines, aber ebenso tapferes Heer zu seiner
Verfügung hatte. Er hatte gegen die Spanier zu kämpfen und auch gegen
die Liga, der so viele französische Katholiken beigetreten waren. Aber er
ersetzte das Fehlende reichlich durch seinen Mut, seine Besonnenheit,
seine Tatkraft und seine vornehme Gesinnung. Nach seinen Siegen bei
Arques und Ivry ging er von neuem an die Belagerung von Paris,
das jetzt ein spanisches Heer innehatte, nicht etwa in der Absicht, den dort
bedrohten römisch-katholischen Glauben zu schützen, sonder vielmehr zu
dem Zwecke, die Rechte ihrer Infantin auf den französischen Thron v/ahr-
zunehmen.
Es war nicht mehr die Zeit eines Franz I., wo Frankreich nicht recht
wußte, wofür es sich entscheiden sollte, und zwischen der Reformation und
der katholischen Kirche wie ein Pendel hin- und herschwankte. Fünfzig
Kampfesjahre hatten schließlich jedem einzelnen Franzosen eine bestimmte
Überzeugung aufgenötigt. Jetzt waren sie in ihrer großen Mehrheit ent-
schiedenf. Katholiken. Heinrich IV., der sich darüber klar wurde, daß sie
jnie einen hugenottischen König wollen würden, dachte, daß „Paris eine
/ Messe wert sei", und entsagte dem Protestantismus. Was ihm den Übertritt
so schwer machte, war nicht sowohl seine treue Gläubigkeit als reformierter
Christ, mit der es sich halten ließ, als vielmehr die stille Mißbilligung seiner
Getreuen. Doch es half alles nichts! Inmitten aller Kampfesarbeiten bei
der Belagerung von Paris schwor er zu Saint-Denis am 25. Juli 1593 seinen
kalvinistischen Glauben ab.
Bald zog er nun auch in die französische Hauptstadt ein (22. März 1594),
von denselben Parisern, die ihn noch vor kurzem so sehr verhöhnt hatten,
jetzt aufs freudigste willkommen geheißen. Paris bedeutete ja die ganze
Hälfte Frankreichs, und nun erst war Heinrich IV. wirklicher König.
Der neue Papst Clemens VIII. sah ein, daß es unverständig von ihm
Das Königtum. 193
sein würde, die einseitige spanische Politik seiner Vorgänger fortzusetzen,
und so fand er sich mit der vollendeten Tatsache ab und gab seinen Segen.
Allmählich unterwarfen sich auch, zum Gehorsam zurückgeführt, die
Anhänger der Liga. Die Spanier wurden aus dem Lande gewiesen (Vertrag
zu Vervins 1598).
Die schwerste aller Fragen war die Religionsfrage. Aber auch sie fand
nun ihre geschickte und friedliche Regelung durch das Edikt von Nantes
(13. April 1598). Die Kalvinisten bekamen das Recht zur Eröffnung von
Kirchen und Schulen und freien Zutritt zu jedem Staatsamt; der Grund-
satz der Gewissensfreiheit wurde verkündet, als von nun an durchzuführen.
Leider hatte man für diese so große und doch so einfache Sache noch
nicht das rechte Verständnis. Hugenotten wie Katholiken gaben nur nach,
weil sie des ewigen Bürgerkrieges müde waren, aber im Innern blieb der
Glaubenshaß auf beiden Seiten lebendig. Ludwig XIV., der ein Jahr-
hundert später durch einen Beschluß höchster Unduldsamkeit das große
.Werk seines Ahnen vernichtete, sollte von seinen Zeitgenossen besser ver-
standen werden als Heinrich IV., der im Jahre 1598 auf rehgiösem Gebiete
Gewissensfreiheit erklärte.
Damit endeteti in Frankreich jene schrecklichen Religionskriege, die
nahezu ein halbes Jahrhundert gedauert hatten. Frankreich verarmt und
fast ein Trümmerhaufen! Die besten seiner Söhne heimtückisch ermordet
oder auf dem Schlachtfelde gefallen I Keine Möglichkeit, sich auf den neuen
großen Gebieten zu betätigen, die sich soeben der Welt eröffnet hatten!
Sollte das der so freudig begrüßten Reformation letztes Ende sein? Es
hätte einen wirklich jammern können, wenn nicht aus allen nebelgrauen
Wolken der Zeit das Morgenrot der Freiheit hervorgeleuchtet hätte!
Die fünfzehn Jahre der Regierung Heinrichs IV. waren für Frankreich
äußerst glückliche. Die Finanzen hatten sich dank der weisen Sparsamkeit
Sullys ganz wesentlich gehoben, Ackerbau und Gewerbe hatten neuen Mut
gewonnen, das Heer sich verjüngt und ergänzt. Jetzt konnte das neu-
erstarkte und geeinigte Frankreich über ganz Europa herrschen imd ihm
den Frieden aufnötigen. In seinen Denkwürdigkeiten hat SuUy Heinrich IV.
den Gedanken an eine Art europäischen Staatenbundes zugeschrieben,
dessen Oberhaupt der König von Frankreich sein sollte und durch den
ein dauernder Friede zwischen den Mächten gesichert worden wäre. Dieser
große Plan paßt jedenfalls, ob er geschichtlich verbürgt ist oder nicht, ganz
vortreffUch in den Kreis der Vorstellungen von Duldsamkeit und Ge-
rechtigkeit, wie sie der König hatte vuid sie seinem Jahrhundert so weit
13 Riebet, Geschichte der Menschheit
ig4 Sechstes Buch.
voraus sind, daß er damit zum Vorboten und Vorverkünder eines noch
heute erwarteten neuen Zeitalters wird.
Aber das mit Spanien verschwägerte Haus Österreich, das auch in den
Niederlanden herrschte, bildete vorläufig noch ein schlimmes Hindernis für
die Unabhängigkeit des gesamten Europas. So riefen die deutschen und
niederländischen Protestanten zu ihrem Schutze den König von Frankreich
herbei. Während er noch mit den Rüstungen zu diesem großen Kriege
beschäftigt war, wurde der Nichtsahnehde nach einer Fahrt durch die
Straßen von Paris, von der ihn so liebenden Bevölkerung stürmisch be-
« grüßt, plötzlich in der Nähe des Louvre von einem heimtückischen Messer-
stoß des Fanatikers Ravaillac getroffen, der ihn jäh aus dem Leben
1 riß (14. Mai 1610),
i Heinrich IV. ist in der Erinnerung des Volkes nicht erloschen, ja es
hat sich seiner Persönlichkeit sogar die Sage bemächtigt. Er lebt fort als
„der gute König Heinrich". U;nd in der Tat, er war gut und edel, weder
f nachtragend noch rachsüchtig. Gewiß, die Frauen sind seine große
■ Schwäche gewesen, und er hat wahrlich nicht bloß ei'ne Geliebte besessen;
\ aber sein unheilbares Rittertum, das indessen niemals in schmutzige Ge-
meinheit ausartete, ist seinem guten Rufe nicht etwa im Wege gewesen,
sondern hat vielmehr noch zu demselben sehr viel beigetragen. Un-
erschrocken und geistvoll, bewahrte er auch in der Gefahr, ja zu einem
guten Teil noch im schwersten Unglück die so echt französische
höchste Tugend, nie seine frohe Laune zu verlieren. Soweit es sein kräftiger,
aber mit anmutiger Sorglosigkeit gepaarter Eigennutz nur irgendwie ge-
stattete, liebte er sein Volk aufs herzlichste, und so sehr er auch -auf seine
königlichen Vorrechte hielt, waren ihm doch Prunksucht und Prahlerei
stets ein Greuel. Er hat schwere Prüfungen durchmachen müssen und hat
dank seines Mutes und seiner Fähigkeit alle siegreich bestanden. Er war
j kühn und vorsichtig; in seinem Kopfe hat er viele große Ideen gestaltet,
■ deren Verwirklichung ihm auch zu einem großen Teile gelungen ist. Mit
einem Worte; Heinrich IV. nimmt unter den Königen Frankreichs den
I allerersten Ehrenplatz ein.
Das Zeitalter der inneren Wirren ist zwar im allgemeinen der Wissen-
^ Schaft und Kunst nicht gerade günstig gewesen, aber doch dasjenige,
i in dem Michel de Montaigne (1533 — 1592) seine köstlichen Werke ge-
' schrieben hat. Sie sind die Arbeit eines Skeptikers, verfeinerten Egoisten
imd tiefen Beobachters, der für die törichten religiösen Streitigkeiten, an
Das Königtum. ig5
denen seine Zeitgenossen ein so unsinniges Gefallen finden, nur ein ihn
beschämendes Gefühl des Mitleids übrig hat. Der Stil seiner unvergleich-
lichen Essays ist hinreißend, lebendig und anmutig, das ist schon das voll-
kommene richtige moderne Französisch.
Bernard de Palissy (1500 — 1589), ein eifriger Hugenotte, starb im Ge-
fängnis in Armut und Acht. Er war mehr als bloß ein recht befähigtea*
Töpfer. Er hat mit weit vorausschauendem Blicke die heutige vorgeschicht-
liche Forschung (Paläontologie) vorweggenommen. Als erster oder einer der
ersten (nach Fabio Colonna) hat er den Mut gehabt, zu behaupten, daß
die hl der Erde gefvmdenen versteinerten (fossilen) Formen die Überreste
der Wesen sind, die in den frühesten Zeitaltern der Erde lebten.
Der große Gelehrte auf exaktem Gebiete ist Vi'ete, mit seinem latei-
nischen Schriftstellernamen Vieta * (1540 — 1603), der die Algebra geschaffen
hat, jene allerdings schon von den arabischen Meistern der Rechenkunst,
wenn auch noch ganz unbestimmt, geahnte, so einfache, planvolle, gemein-
verständliche und wirksame Sprache, ohne die jeder weitere Fortschritt in
der mathematischen Analyse unmöglich gewesen wäre. Nun ist auch für
einen Descartes und einen Leibniz Raum da, die erst eine Sprache haben
mußten, in der sie sich ausdrücken konnten.
In einer Zeit, wo Frankreich an gegenseitiger Zerfleischung verblutete,
hat Spanien zwar von eigentlichen Bürgerkriegen nichts erfahren, doch
darum nicht etwa weniger unter dem langen Religionsstreite leiden biüssen,
ja vielleicht noch grausamer als Frankreich. In der Tat ist dieses Land
von seinem Könige Philipp II. in einen Krieg mit der Reformation hinein-
gezogen worden, der für dasselbe von Anfang bis zu Ende von den
schwersten Mißgeschicken begleitet gewesen ist.
Philipp II. (1559— 1598), der Nachfolger Karls V., hatte eine Macht ge-
erbt, deren Umfang ganz bedrohliche Formen angenommen hatte. Die
spanische Infanterie, die als eine der besten von ganz Europa galt, bestand
aus alten erprobten Kriegern, die zwar im heißen Schlachtgetümmel, wenn
nötig, bis in die sinkende Nacht hinein ihre Manneszucht wahrten, aber
schon am nächsten Morgen sich als das denkbar tollste Raubgesindel
entpuppten — es ist diese vom sittlichen Standpunkt als höchst ver-
* Seine einschlägigen Werke sind, wie damals noch alle fachwissenschaftlichen
Werke, nicht etwa in seiner Muttersprache, dem Französischen, sondern lateinisch
geschrieben.
13»
igö Sechstes Buch.
brecherisch zu verdammende Eigenschaft für den kriegerischen Sinn von
Soldaten etwa keineswegs ungünstig I — , die im übrigen nüchtern und
tapfer, ebensowenig zu Furcht wie zu Mitleid geneigt und fanatische
Katholiken waren, die sich teils von Berufs wegen, teils aus Überzeugimg
und auch teils zum Vergnügen schlugen. Dieses Heer verfügte auch über
die genügende Menge Goldes. Von Peru, von Mexiko, von den Antillen
und von den sämtlichen übrigen so unbarmherzig ausgesogenen damaligen
spanischen Besitzungen in Amerika strömten die Edelmetalle herbei, ohne
etwa der ewigen Leere der durch die Luxus- und Militärausgaben völlig
erschöpften königlichen Schatzkammer vorbeugen zu können. Um irgend-
welche inneren Unruhen brauchte man sich nicht etwa Sorge zu machen!
Die Cortes waren ja gefügig, das Volk schwieg, und die Inquisition, die
eigentliche Herrin und Meisterin der Krone, stand natürlich mit Philipp H.
unter einer Decke, teilte er doch alle ihre Bestrebungen.
Diese Bestrebungen, die den begeisternden Ausgangspunkt für alle seine
Handlungen während seiner langen Regierung bildeten, fanden ihren ge-
meinsamen Mittelpunkt in dem Gedanken, daß ihm von Gott selbst die
große Aufgabe gestellt sei, allüberall die weltliche Herrschaft der katho-
lischen Kirche wiederherzustellen. Für ihn bildeten Spanien, die Monarchie
und die Religion das einzige Glaubensbekenntnis, das ihm unter drei ver-
schiedenen Formen immer dasselbe zu sagen hatte.
I Zunächst unterdrückte er noch den kleinen Rest von Protestanten,
|der der Inquisition entgangen war. Aber es war auch noch immer eine
ganz kleine Zahl Moriskos (übergetretene Mauren) im Lande verblieben;
sie wurden, nicht ohne erheblicheren Widerstand, verbrannt und nieder-
gemetzelt. Angesichts solcher entschiedenen Maßregeln ist es schließlich
kein Wunder, daß sich der ganzen Pyrenäenhalbinsel die völligste religiöse
und monarchische Einheit bemächtigte.
So war es keineswegs in der reichsten spanischen Besitzung, den Nieder-
landen. Und in der Tat, vermöge wiederholter Akte einer bei der Diplo-
matie ja gewohnten Willkür hingen die Niederlande damals von der
spanischen Krone ab. Es war das das Ergebnis einer Reihe von Fürsten-
ehen gewesen, mit dem weder Sitten noch Abstammung, noch auch geo-
graphische Rücksichten irgend etwas zu tun hatten, waren doch die Nieder-
lande von den Herzögen von Flandern an die Herzöge von Burgund, von
da an die Habsburger und von da wieder an die Könige von Spanien
übergegangen.
Die flandrischen Lande verfügten über unermeßliche Reichtümer, be-
sonders auch in ihren so schönen imd großen Städten, wie Gent, Löwen,
Das Königtum. igy
Brügge und Brüssel. Die ihnen von Spanien auferlegten Steuern waren
drückend, waren es doch diese rührigen und gewerbefleißigen städtischen
Gemeinwesen, aus denen die spanische Schatzkammer ihre Haupt-
einnahmen bezog. Gleichwohl hatte Karl V. keinen Augenblick Bedenken
getragen, zu der dort überall in die Erscheinung tretenden Härte des
Fiskus nun auch noch die der Inquisition hinzuzufügen. Und die Inquisition
war äußerst blutig. Es ist wohl übertrieben, aber es wird von fünfzig-
tausend Opfern gesprochen, die ihr damals gebracht worden seien. Jeden-
falls schien bereits, als Karl V. abdankte, in den Niederlanden sich ein
Aufstand anzukündigen.
Und er sollte nicht lange auf sich warten lassen.
Für alle Flamländer, Adel sowie Volk, waren die Spanier die ver-
wünschten Ausländer. Zu den Grausamkeiten der Priester gesellten sich
die Gewalttätigkeiten und Ausbeutungen seitens der Beamten. In
einigen Städten, besonders in Antwerpen, nahm der Aufstand sogleich den
Charakter einer umfänglichen Volkserhebung an. Die Antwerpener Kirche
wurde gestürmt und verwüstet (1566); Kaufleute, Adlige und Kalvinisten,
alleo bildete eine einheitliche und geschlossene Masse gegen den gemein-
samen Feind aus dem Auslande.
Sogleich trat der König von Spanien dem Sturme mit Entschiedenheit
entgegen und suchte ihm die Stirn zu bieten. Er schickte deshalb in die
Niederlande ein Heer von zwanzigtausend kriegstüchtigen Soldaten unter
dem Oberbefehl des Herzogs von Alba. Und nun ging die Unterdrückung
des Aufstandes mit unheimlicher Entschiedenheit vor sich; das Blut floß
in Strömen, dem Wasser gleich. Graf Egmont wurde enthauptet; der vor-
'"sirhtige Graf Wilhelm I. von Nassau, Prinz von Oranien, mit dem Beinamen
der Schweigsame, hatte jedoch rechtzeitig die Flucht ergriffen und sich
mit einigen Tausend Flamländern in den beiden nördlichsten Provinzen
Zeeland und Holland gesammelt.
Die Flüchtlinge, die in einem Landkriege den Soldaten des Herzogs
von Alba doch nicht gewachsen gewesen wären, rüsteten mm einige Schiffe
aus (W assergeiisen). Sie hatten sogleich einige Erfolge zu verzeichnen; aber
auch der Prinz von Oranien behauptete im äußersten Norden mit seiner
kleinen Schar von Getreuen das Feld. Acht Jahre lang (1568— 1576)
v.'aren die unglücklichen beiden Provinzen den schlimmsten Verheerungen
ausgesetzt. Antwerpen erholte sich erst zwei Jahrhunderte später Avieder
von jener Einäscherung und Plünderung, durch die diese vorher so schöne
Stadt damals einem Schutthaufen gleichgemacht worden war.
198 Sechstes Büfch.
Vergeblich suchte der Prinz von Oranien zwischen Protestanten und
Katholiken zu vermitteln (Religionsfriede zu Marche-en-Fam^ne 12. Februar
1577) durch Vorschlag des sogen. Ewigen Ediktes, das genau so, wie es
später das Edikt von Nantes tat, die Gewissensfreiheit sichern sollte. Doch
niemand hatte das richtige Verständnis für das, was Graf Wilhelm damit
bezweckte. Anstatt sich unter dem Zepter eines nationalen Herrschers
zu vereinen, löste sich die damalige niederländische Bevölkerung vielmehr
in ihre beiden Teile auf: den Norden, wo die Protestanten, und den Süden,
wo die Katholiken vorherrschten. Der Süden söhnte sich mit Spanien aus,
während sich die übrigen mehr protestantischen Provinzen zur Utrechter
Union vereinigten und unabhängig erklärten (1579). Dort trat ein illegi-
timer Enkel Karls V., Prinz Alexander Farnese von Parma, an die Spitze,
hier der Prinz von Oranien, und noch dauerte der Kampf zwischen beiden
Teilen mit wechselndem Erfolge fort, als Wilhelm von Nassau imerwartet
durch Meuchelmord fiel (1587).
Jetzt war die Sache der Unabhängigkeit Flanderns anscheinend so gut
wie besiegt. Bei allen ihren Zwistigkeiten mit dem Könige von Spanien
schickten weder Frankreich noch England den Anhängern des Hauses
Oranien Hilfe. Farnese gewann nach und nach alle aufrührerischen Städte
wieder.
Aber Philipp IL, in dessen Gedanken der gewaltige Vernichtungs kämpf,
in den er sich soeben mit England eingelassen hatte, jetzt alles andere be-
herrschte, rief Farnese und einen Teil seiner Soldaten zurück. Infolge-
dessen gelang es den Kalvinisten unter der Führung des jungen Moritz von
Nassau aus dem Hause Oranien, auch wieder die Oberhand zu gewinnen.
Ja, Moritz von Nassau wußte ein kleines Heer aufzubringen und seinem
teuren Holland, das nunmehr (1598) den Namen Vereinigte Provinzen der
Niederlande erhielt, Anerkennung der Unabhängigkeit bei Frankreich und
England zu verschaffen. Noch zehn Jahre wurde der Krieg zwischen
Spanien und dem neuen Staatswesen fortgesetzt, ohne daß eine der beiden
Mächte sich dafür besonders ins Feuer gelegt hätte. Schließlich stellte ein
zwölfjähriger Waffenstillstand (1609) Frieden her.
So spalteten sich die Flandrischen Lande in zwei Teile. Der nördliche,
der etwa mit dem heutigen Holland zusammenfällt und der vorwiegend
kalvinistisch war, wurde eine Art unabhängiger Bundesrepublik, der süd-
liche, in dem die Katholiken in der Mehrheit waren (Brabant und Henne-
gau, d. h. etwa das heutige Belgien), blieb spanische Provinz.
Aber das Land, soweit es in spanischen Händen blieb, hatte sich in ein
Trünmierfeld verwandelt. Die erlesenste Bevölkerung war nach Holland
Das Königtum. igg
ausgewandert und hatte dorthin seine Kunst, seinen Gewerbefleiß und be-
sonders auch seine rege und emsige Tatkraft mitgenommen. Antwerpen,
Brüssel, Gent und Brügge, die einst so blühenden Städte, waren sämtlich
nur noch solche einzelnen Trümmerhaufen. Gerade im Gegensatz hierzu
gelangten die holländischen Städte, die eine zahlreiche Bevölkerung von
Auswanderern aus den südlichen Niederlanden, aber auch aus allen nur
möglichen sonstigen Gegenden bereitwillig aufnahmen, zu einer ganz
wunderbaren Blüte. Antwerpen wurde von Amsterdam, Brügge von Leyden
vollkommen überflügelt und in den Schatten gestellt.
Es war das ein wichtiges Ereignis, die Gründung eines so wackeren
kleinen demokratischen freien Staates inmitten des damals so ganz und
gar monarchischen Europas! Ein kräftiger und arbeitsfreudiger Menschen-
schlag! Unglück und Verfolgung hatten bei ihm von jeher eine ungewöhn-
Uche Tatkraft entwickelt und sollten es in Zukunft noch mehr! Ja, im
i3. Jahrhundert sollte dieses Völkchen durch seine Tüchtigkeit auf kriege-
rischem und Handels-, wissenschaftlichem und künstlerischem Gebiete die
Bewunderung der ganzen Welt erregen!
Die Hauptsorge Philipps II. war, wie bereits angedeutet, der Vernich-
tungskampf mit England.
Ehe er aber gegen England und seine Protestanten zu Felde zog, gab
Philipp II. den Anstoß zu einem Kreuzzuge gegen den alten Feind der
Christenheit, die Türken. .
Seit der Einnahme von Byzanz hatten die Türken ihre bisherigen
Vernichtungs- und Eroberungskriege ununterbrochen weiter fortgesstzt.
Selim (i 512— 1520) entriß den Mamelucken Syrien (1513) und \gypten
(1517), Die Macht des Islams war damals in Osteuropa, Nordafrika imd
Vorderasien eine nahezu grenzenlose; sie erreichte ihren Höhepunkt mit
SöUman. Soliman der Große, der Nachfolger Selims (1520 — 1566), war ein
begabter, hochherziger und von den besten Absichten beseelter Fürst.
Während seine Vorgänger wie Nachfolger nur eine lange Reihe toll ge-
wordener Bluthunde darstellten, zeigte umgekehrt er ein gewisses Maß von
einem sich bei seinen Umtrieben, Aufstandsunterdrückungen und Kriegs-
unternehmungen allerdings noch recht ungesittet äußernden Edelmute, so
gut, wie er sich eben bei einem Sultan nur finden kann.
Er hatte seine See- und Landmacht zeitentsprechend umgestaltet. Mit
dieser kämpfte er gegen Ungarn, mit seinen Kriegsschiffen gegen Venedig.
Als im Jahre 1569 sein Nachfolger SeUm II. das Arsenal von Venedig,
seine Reederei und Schiffswerft in Brand gesteckt hatte, sandte Philipp II.
um der christlichen StädterepubUk für diese Missetat Genugtuung zu ver-
200 Sechstes Buch.
schaffen, dem Dogen Andrea Doria fünfzig Galeeren zu Hilfe. Gleichwohl
mußte dieser es ruhig mitansehen, daß Cypern in die Hände der Un-
gläubigen fiel (1570).
Im folgenden Jahre wollten Papst Pius V., der Doge Doria und König
Philipp n. Cypern zurückerobern. Der Generalissimus des christlichen
Heeres war der noch ganz jugendliche, aber ebenso heldenmütige wie be-
geisterte und fähige Don Juan d'Austria, ein natürlicher Sohn Karls V.
und folglich ein Bruder Philipps 11. Am 7. Oktober 1571 stießen die beiden
feindlichen Flotten bei Lepanto zusammen. Um ein anschauliches Bild
von der Grausamkeit der Zeit zu gewähren, mag nur an die eine Tatsache
erinnert werden, daß zwölftausend Gefangene von selten der Christen auf
den türkischen Galeeren und ebensoviele von selten der Türken auf den
christlichen Galeeren als Sträflinge ruderten. Der Sieg der Christen war
ein glänzender, wenn auch mit herben Verlusten erkaufter. Er wurde in
Rom mit großem Gepränge gefeiert.
Karl V. hatte seinen Sohn und Nachfolger Philipp II. gezwungen,
eine Frau zu heiraten, die zwölf Jahre älter und obendrein sehr häßlich war;
aber es war Maria Tudor, die gewaltige katholische Königin Englands.
Nach den Vermählungsfeierlichkeiten in London (1554) kehrte er nach
Spanien zu seinen Regierungsgeschäften zurück, um Maria Tudor in ihrem
Inselreiche zu belassen. Doch sie starb schon bald darauf. Da suchte er
das seinen weiten Plänen so nützliche, entsprechende Ehebündnis mit
Elisabeth, der Nachfolgerin von Maria Tudor, zu erneuern. Aber die
junge englische Königin legte keinen sonderlichen Wert darauf, sich an
einen Herrn und Gebieter zu fesseln, und wäre er selbst, wie dieser, durch
das Weltmeer von ihr getrennt.
Diese beiden Reiche, das Philipps II. (1559 — 1598) und das Elisabeths
(1558 — 1603) bildeten fast ein halbes Jahrhundert lang zwei Seitenstücke,
die ihr Gepräge durch einen blutigen Wettstreit erhielten, der sich mit
dem zwischen Karl V. und Franz I. vergleichen ließ. Philipp war der Ver-
fechter des Katholizismus, Elisabeth die Verfechterin der Reformation.
Die Geschichte, deren Unparteilichkeit in ihren Urteilen nicht größer ist
als die einer erregten Masse, hat Philipp gebrandmarkt und Elisabeth
verherrlicht. Doch vielleicht hat die unerbittliche Überzeugung des spa-
nischen Königs mehr Größe an sich als die heuchlerische Eigennützigkeit
» und Selbstsucht Elisabeths. Allerdings ist der Baum nach seinen Früchten
\ zu beurteilen, und da muß ohne weiteres zugegeben werden, daß Philij)ps
■ blinde Schwärmerei in Glaubenssachen Spaniens Verfall, Elisabeths Zweifel-
j süchtigkeit auf diesem Gebiete hingegen Englands Größe herbeigeführt hat.
Das Königtum. 201
Der Seesieg bei Lepanto wurde nicht weiter verfolgt und ausgenutzt.
Philipp kannte noch andere Feinde, die bedenklicher waren als die Türken,
und auch Venedig fand zu viel Nutzen in dem Handelsverkehr mit den-
selben, um sich nicht zu beeilen, mit ihnen Frieden zu schließen.
Doch durch seinen großen Erfolg ermutigt und gekräftigt, glaubte
der spanische König gegen das unter Elisabeth vom Katholizismus mit
Entschiedenheit abgerückte England mit einer noch umfänglicheren Unter-
nehmung, als die türkische war, vorgehen zu können.
Einige unbedeutende Streitigkeiten auf dem Gebiete des Seehandels-
rechts waren des Krieges äußere Veranlassung, natürlich nicht seine tiefere
Ursache. Seit 1580 hatte Philipp seinem Reiche auch noch Portugal
unter dem Namen Lusitanien einverleibt und gleichzeitig damit alle die
zahlreichen portugiesischen Besitzungen in Asien und Afrika. Den Haupt-
handel der Zeit aber, und den allereinträglichsten, den merkwürdigerweise
alle europäischen Seeleute trieben, bildete der Fleischmarkt mit schwarzer
Ebenholzware, d. h. mit andern Worten : die Negerausfuhr. Die U'nglück-
lichen, die in Afrika zu den niedrigsten Preisen erstanden waren, wurden
in den Antillen, in Mexiko, in Brasilien, in Florida gegen Gold weiter-
verkauft. Elisabeth, der alle Vorteile galten, streckte sogar einem der
Sklavenschiffe, das bereits von den Spaniern mit Beschlag belegt worden
war, Geld vor, um an seinen Geschäften Anteil nehmen zu können. Und
in der Tat betrachteten die Mutterstaaten ihre Kolonien als ihr ausschheß-
liches Eigentum, so daß innerhalb der spanischen Kolonien der Handel
natürlich allein den Schiffen Spaniens vorbehalten wurde. Und bei einer
solchen Rechtslage ließ nun Elisabeth in den englischen Häfen nicht bloß
jenes eine Mal die spanischen Schiffe mit Beschlag belegen.
Einen Augenblick zögerte jedoch noch Philipp H., das große Kriegs-
unternehmen zu wagen. Zur festen Entscheidung in dieser nun schon so
lange gehegten Absicht brachte ihn jedoch erst die Hinrichtung der
Maria Stuart (1587).
Ein unermeßliches Geschwader wurde ausgerüstet (hundertdreißig Schiffe
mit zweitausendsechshundertundvierzig Geschützen und fünfunddreißig-
tausend Mann). Es war die furchtbarste Flotte, die bis dahin jemals
die Meere gesehen hatten. In dem Augenblick, wo sie auf das offene
Meer hinausging (22. Juli 1588), wurde sie etwas vorzeitig mit dem stolzen
Namen ^^die unüberwindliche Armada" bezeichnet, sollte ihr doch noch
dieser Name zum bittersten Hohne werden.
Lange nachher ward ja noch einmal der Versuch einer Landung an
Englands Gestaden von dem bei Boulogne bezogenen Küstenlager aus durch
202 Sechstes Buch.
einen Eroberer versucht, der noch ein ganz anderer als Philipp II.
war! Aber beide Male ist England dem großen Unheil, das ihm wahr-
scheinlich hieraus erwachsen wäre, durch sein gütiges Geschick und den
Heldenmut seiner Marine entronnen!
Die spanischen Schiffe waren ungeschickt und bewegten sich langsam
und schwerfällig; sie waren vollgepfropft mit Soldaten, die in dieser
Überzahl zum hinderlichen und unnützen Ballast wurden, sobald die
Elemente feindlich waren. Die kleinen englischen Fahrzeuge waren leicht
und beweglich und wurden von einer verhältnismäßig geringen Zahl
erfahrener und entschlossener Seemänner bedient, die jedenfalls groß
genug war, um mit dem spanischen plumpen Riesengeschwader, das nicht
von der Stelle zu kommen schien, ohne allzu große Schwierigkeit fertig
zu werden. Ein verschmitzter englischer Führer Drake, der seit vielen
Jahren als Kapitän von Kaperschiffen alle Meere der Welt durchsegelt
hatte, kam auf eine sinnreiche Erfindung. Er Heß Branderschiffe vom
Stapel, die die feindliche Flotte in Flammen zu setzen drohten. Erschreckt
ergriffen die Spanier die Flucht und trieben, von einem wütenden Sturme
zerstreut, ohne jede Ordnung dahin, um an den Felsenküsten Schottlands
oder Irlands ihren Untergang zu finden. Die spanischen Schiffe gingen
mit zwanzigtausend Mann ihrer tüchtigsten Soldaten fast ausnahmslos
elendiglich zugrunde (August 1588),
So hatte Spanien seine gesamte Marine verloren. Die Herrschaft auf
den Meeren sollte nun an England übergehen, und zwar so nachhaltig
und unbestritten, daß weder Holland noch Frankreich in einem darauf-
folgenden ganzen Jahrhundert fortgesetzter ruhmreicher Kämpfe ein ge-
nügendes Maß von Beharrlichkeit und Stärke besessen haben, um sie ihm
entreißen zu können.
Die letzten Lebensjahre Philipps, der überall, mochte es nun auf dem
Ozean oder auch in den Niederlanden sein, besiegt und in seinen Hoff-
nungen getäuscht war, waren düstere. Mehr als je zuvor zog er sich in das
von ihm erbaute unheimliche und verlassene Escurial zurück. Er hatte
einen Sohn gehabt, Don Carlos, der durch Schiller unverdienterweise
berühmt geworden ist. Don Carlos war in Wirklichkeit ein bereits erblich
belasteter Geisteskranker und eine schwächliche Frühgeburt, den sein
Vater, anstatt ihn wie einen Verbrecher ins Gefängnis zu stecken, lieber
als einen Verrückten ins Irrenhaus hätte sperren lassen sollen. Philipp II.
wurde vom Unglück geradezu verfolgt. Er war von seiner eignen Ge-
liebten, der Prinzessin von . Eboli, verraten worden. Er sah den altehr-
würdigen spanischen Thron, dem er sein ganzes Leben geopfert hatte,
Das Königtum. 203
dazu verurteilt, in die Hände eines ohnmächtigen Schwächlings, seines
zweiten Sohnes Philipp, überzugehen. Er fühlte, daß auch sein Volk,
so fanatisch es sein mochte, allmählich der Folterstrafe müde war. Viel-
leicht machte er sich, wenn auch leider zu spät, jetzt endlich klar, daß das
Blut kein guter Tau ist, und daß für ein Volk die landwirtschaftliche
Arbeit mehr sittliche Förderung und sogar auch mehr wirtschaftlichen
Nutzen bringt als die Ausbeutung von Goldbergwerken in Ländern mit \
Sklavenarbeit.
Und in der Tat war das Spanien, das vordem mit so viel Glanz auf
der Weltbühne aufgetreten war, durch und durch in Verfall geraten. Und
es scheint sogar, als ob mit diesem gänzlichen Verfall auch die geistige
Fruchtbarkeit Spaniens verarmt sei; ein langer Zeitraum der Öde folgte
der großen Epoche, in der Spanien das erste Volk der Welt gewesen war.
Als der in der Abgeschlossenheit seines Eskurials fast völlig ver-
einsamte und verlassene Sohn Karls V. sein nahes Ende fühlte, ließ er
sich einen Menschenschädel, mit einer goldenen Krone darauf, bringen und
hauchte, mit starrem Blicke auf diesem Sinnbild der Vergänglichkeit und |
der Königswürde verweilend, sein Leben aus.
In demselben Augenblick, in dem sich Spanien auf der Höhe seines
militärischen Könnens fühlte, stand es auch auf der seines literarischen
Schaffens. Besonders genial waren seine Leistungen auf dramatischem
Gebiete. Was könnte auch wunderbarer für das Drama gestimmt sein,
als die hohe, stolze und heldenmütige spanische Seele, die vielleicht eine
gewisse Herbheit haben mag, aber aller Leidenschaften der Liebe wie
aller Regungen der Ehre, die man sich nur vorstellen kann, fähig ist.
Das Drama und das Lustspiel eines Lope de Vega und Calderon sollten
noch den französischen Schriftstellern des 17. Jahrhunderts als Muster
dienen.
Doch es trat ein noch Größerer auf im Reiche des Geistes und der
Feder, Cervantes (1547 — 1616).
Er hat eine jener damaligen unruhigen romantischen Existenzen geführt,
die unsere heutigen ruheliebenden Schriftsteller überraschen würden. In
der Schlacht bei Lepanto verwundet und gefangen genommen, mußte er
auf den türkischen Galeeren rudern. Er hat eins der schönsten Werke
menschlicher Phantasie hinterlassen (1605). Don Quixote ist tief und
zart und zugleich entzückend komisch. Die Satire des Cervantes ist
weniger grob, aber ebenso tief wie die des Rabelais und des Aristophanes.
Die Geschichte dieses Ritters von der traurigen Gestalt ist ein Meisterwerk
unter den Meisterwerken.
2o4 Sechstes Buch.
Und als ob damals in der so eigenartigen Zeit Spaniens und Englands
Geschicke immer parallel laufen sollten, stirbt Shakespeare an demselben
Tage wie Cervantes.
Unter der langen Regierung Elisabeths hat England ebenso geblüht,
wie Spanien verarmt ist. Die Engländer haben ihrer Königin den Ehren-
namen der großen Elisabeth gegeben, weil sie bei aller Inschutznahme
des Protestantismus ihrem Reiche den schrecklichen Religionskrieg, der
damals Frankreich und Deutschland zerfleischte, zu ersparen, dem Par-
lamente einige Freiheiten zu gewähren, der unwiderstehlichen Armada die
Spitze zu bieten und die Finanzen zu kräftigen gewußt hat. Zu einem solchen
Erfolge hat es eines eindringenden, klugen und geschmeidigen Verständ-
nisses bedurft, das auch durch eine lächerliche Eitelkeit nicht beeinträchtigt
werden konnte. Elisabeth läßt sich in mancher Beziehung mit Ludwig XI.
vergleichen, der mit den kleinen Mitteln der List, der Geduld und eines
schmutzigen Geistes, der Schöpfer der Größe des französischen Königtums
wurde.
Ein tragisches und romantisches Abenteuer zieht sich durch 'die ganze
Regierungszeit der Königin EHsabeth hindurch. Ihre Nebenbuhlerschaft
mit Maria Stuart ist vielleicht rührender als ihr Vemichtungskampf mit
Philipp II.
Schon lange war das mit England um sein Dasein ringende schottische
Volk in freundschaftliche Beziehungen zu Frankreich getreten (die Schotten
hatten an der Universität Paris schon seit dem Mittelalter eine sehr besuchte
besondere Stiftung). Die Stuarts hatten sich als Könige von Schottland
mit den Königen wie den Herren vom Hochadel in Frankreich verbündet.
Jakob V. Stuart hatte eine Prinzessin von Guise, Maria von Lothringen,
geheiratet. Ihre Tochter Maria (Maria Stuart), die Königin von Schottland,
wurde nun durch ihre Ehe mit Franz II. auch Königin von Frankreich,
Aber Franz II. starb mit achtzehn Jahren, und Maria Stuart kehrte nach
dem Tode ihres jungen Gatten nach Schottland zurück, um hier die
Regierung zu übernehmen (1560).
Unglück und Dichtung haben dieser ebenso leichtfertigen wie an-
ziehenden Frauengestalt auf dem Herrscherthrone zu ihrer Königskrone
noch einen Glorienschein ums Haupt gewunden. Aber von Herzen Katho-
likin und Französin, hatte sie für die glühenden religiösen Leidenschaften
des schottischen Volkes kein rechtes Verständnis. In der Tat war damals
Schottland, wie das ganze übrige Großbritannien, in zwei Lager gespalten:
Kalvinisten und Katholiken. Zu diesem religiösen Gegensatze traten noch
Das Königtum. 2o5
dynastische Ansprüche hinzu. Maria Stuart glaubte Rechte auf den eng-
lischen Thron zu haben, wie andererseits Elisabeth auf den schottischen.
Aber Maria Stuart beging die Torheit, einen schottischen Edelmann
namens Darnley zu heiraten, einen ziemlich kläglichen Menschen. Da
entrollten sich die Wechselfälle eines wirren Liebesepos, das verwickelter
war als das beliebigste Bühnendrama. Zuerst läßt Darnley den Italiener
Riccio^ den Geheimschreiber der Maria, der vielleicht auch ihr Geliebter
war, meuchlings ermorden ; dann versöhnt sich Maria scheinbar mit Darnley,
dann sprengt Bothwell durch ein Pulverfaß das Haus, in dem Darnley
wohnte, in die Luft. Bothwell wird auf Grund eines gerichthchen Schein-
verfahrens freigesprochen, und nun heiratet Maria Stuart schließlich
noch Bothwell.
Da erhob sich ganz Schottland. Maria Stuart mußte flüchten und
suchte Schutz in England. Mit herablassender Hochachtung gab ihr
Elisabeth ein Gefängnis zum Obdach. Es mußte der englischen Königin
ein wahrer Triumph sein, sie, die verhaßte Nebenbuhlerin, die Neben-
buhlerin in Schönheit und Königskrone, achtzehn Jahre lang unter Schloß
und Riegel halten zu dürfen.
Erst im Jahre 1587 stellte sie die Gefangene unter dem Vorwande, daß
diese mit den Katholiken und Spaniern Ränke spönne, vor Gericht und
setzte ihre Hinrichtung durch.
Im folgenden Jahre verschaffte die Vernichtung der unüberwindlichen
Armada Elisabeth Ruhm und Macht. Sie starb gefeiert, angebetet und
bewundert, nachdem sie noch vorher über einige vergebliche Aufstände sieg-
reich geblieben war. Sie hinterließ ein unabhängiges und starkes England.
Wie in Spanien, hatte auch in England das Theater die Gunst von
hoch und niedrig erobert. Mochte es sich nun wie in Italien um Possen-
reißereien handeln, in denen die Inhaber von Rollen eines ganz bestimmten,
von langher feststehenden überlieferten typischen Charakters die Zuhörer-
schaft erheiterten oder, wie im alten Griechenland, um Heldendramen, die
die gewaltigsten Leidenschaften der Seele auf die Bühne brachten. Solch
ein Gemisch von beidem. Lachen und Grauen, wie es sich ja auch in der
Welt der Wirklichkeit nur allzu häufig zusammenfindet, ist es, worin in der
denkbar höchsten Steigerung die wundervolle Eigenart Shakespeares be-
steht. Er hat alles : die Anmut eines Homer, die Ironie eines Aristophanes,
die Erhabenheit eines Äschylus, die durchschauende Unerbittlichkeit eines
Tacitus, Hamlet, Macbeth, der Sommernachtstraum sind nicht eigentümlich
2o6 Sechstes Buch.
englische, sondern allgemein menschliche Werke, die alle Zeitalter und alle
Völker in Bewunderung und Entzücken versetzen. Nur zu lange war
Shakespeare, besonders auch in England selbst, ein Verkannter, ja teilweise
völlig Unbekannter. Doch heute steht er an erster Stelle, und die Nachwelt
hat ihm eine, wenn auch späte Gerechtigkeit widerfahren lassen (1564
bis 161 6).
* *
*
Noch im Jahre seiner Abdankung hatte Karl V. den protestantischen
Fürsten Deutschlands ein bescheidenes Maß von Religionsfreiheit bewilligen
müssen (Augsburg 1555), das will sagen: er verUeh jedem einzelnen von
ihnen das Recht, die Religion seiner Untertanen selbst zu bestimmen.
Dieser Versuch einer Beilegung des religiösen Zwistes in Deutschland
dauerte, so gut es eben ging, "fast ein halbes Jahrhundert an, auch noch in
den Stunden, wo in Frankreich bereits die schmerzlichste Zerfleischung
stattfand. Aber auch in Deutschland wollten damals die Völker noch nicht
ihren religiösen Leidenschaften, besonders aber auch die Fürsten noch nicht
ihren ehrgeizigen politischen Bestrebungen völlig entsagen. So sollte auch
Deutschland, ebenso wie Frankreich, noch die Religionskriege kennen
lernen ; was sie dort später eintraten, das mußten sie um so drückender sein.
Fünfzig Jahre nach Luthers Tode war das in Protestanten und Katho-
liken ungefähr gleichmäßig geteilte Deutschland dem Namen nach einem
und demselben deutschen Kaiser untertänig. Nxm war dieser Kaiser damals
immer ein Habsburger, d. h. ein glühender Katholik, wodurch die Katho-
liken natürlich ein Übergewicht bekamen.
Die Protestanten hatten den Norden, die Katholiken den Süden inne.
An der Grenze zwischen Nord und Süd lag das damals vorwiegend protestan-
tische Böhmen. Im Jahre 1597 leitete der spätere Kaiser Ferdinand IL, der
vorher auch noch Erzherzog von Österreich werden sollte, eine große Ver-
folgung der österreichischen Protestanten damit ein, daß er diejenigen
unter ihnen, die ihren Glauben nicht abschwören wollten, verbannte.
Im Jahre 161 7 wurde er zum König von Böhmen ernannt und glaubte
nun die Böhmen ebenso wie die Österreicher behandeln zu können; aber
die Böhmen lehnten sich hiergegen auf. In der Hauptstadt Prag stürzten
die gegen den Kaiser aufständischen protestantischen Edelleute nach
einem eigenartigen Landesbrauche, der schon öfter bei politischen Wort-
wechseln in die Erscheinung getreten war, zwei von Ferdinands Statt-
haltern, ohne ihnen übrigens nennenswerten Schaden zu tun, zum Fenster
hinaus {Exfenestratio Pragensis, Prager Fenstersturz 161 8). Da wuchs die
Das Königtum. 207
Auflehnung" zur offenen Empörung. Nach Abstammung und Sprache
Slawen, haben die Böhmen ebensoviel Freimut, größere Lebhaftigkeit und
geringere Überlegung als die Germanen. So ergriff der Aufstand bald ganz
Böhmen. Die Landstände wurden zusammenberufen; sie sprachen die
Absetzung Ferdinands aus und beriefen den jungen Kurfürsten Friedrich
von der Pfalz zum König von Böhmen. Friedrich, ein eifriger Kalvinist,
erregte schon lange die Unzufriedenheit der Lutheraner, die ihn auch jetzt
nicht unterstützten. Nun waren ohne die Unterstützung der lutherischen
Fürsten die Aufständischen Böhmens, jeder Manneszucht " und Erfahrung
bar, nicht imstande, den kaiserlichen Streitkräften genügenden Widerstand
zu leisten. Diese wurden von l'illy, einem ebenso tüchtigen General
wie glühenden _und aufrichtigen Katholiken, befehligt. In der Schlacht
am Weißen Berge (8. November 1620) wurden die Böhmen vollständig
geschlagen. Diese Schlacht entschied das Schicksal eines ganzen Volkes,
gingen doch die slawischen Böhmen an jenem Tage ihrer nationalen p
Unabhängigkeit für immer verlustig. /
Die katholischen Sieger verstanden ihren Sieg auszunutzen. Die böh-
mischen Adligen wurden gehenkt oder landesverwiesen, die Bauern zum
Übertritt oder zur Auswanderung gezwungen. Wenn die Bevölkerung
ihren Glauben nicht abschwören wollte, wurde zu wiederholten Malen
eine Massenschlächterei unter ihr vorgenommen. Die irgendwie in Betracht
kommenden Güter der Protestanten wurden sämtlich eingezogen und an
die gutkatholischen österreichischen Adügen verteilt. Die tschechischen
Bücher wurden verbrannt. Vierzigtausend Familien mußten ins Ausland
fliehen, und in wenigen Monaten waren zwei Drittel des böhmischen Volkes
verschwunden.
Aber diese traurige Niederwerfung eines ganzen Volkstums war nicht
ohne Folgen. Böhmen wurde damals katholisch und blieb es ein für allemal.
Dies waren die Anfänge des Dreißigjährigen Krieges.
Dieser war nicht nur ein religiöser, sondern auch, und zwar vorwiegend,
ein Eroberungskrieg zugunsten der Habsburger. Stolz darauf, die Nach-
folger Karls des Großen zu sein, strebten sie nach der unbedingten Vor-
herrschaft im Reiche. Weil sie diese Bestrebungen ihres kaiserlichen Ehr-
geizes und ihren katholischen Glauben nicht genügend auseinander halten
konnten, wollten sie aus ganz Deutschland ein ihnen untertäniges einheit-
liches katholisches Gebiet machen, so wie es die französischen Könige aus
Frankreich zu machen gewußt hatten. Sie fanden sich hierin im Gegensatz
zu den Protestanten Deutschlands und des Auslandes, dem auf seine uralten
verbrieften Rechte sehr eifersüchtigen deutschen Lehnsadel und sämtlichen
2o8 Sechstes Buch.
europäischen Herrschern, die die unersätthchen Gelüste des Hauses Öster-
reich nicht wenig in Schrecken setzten.
Da in jenen Tagen die Schlachten und die feindlichen Einfälle mehr
noch als heute zum Vorwand für einträgliche Plünderung herhalten mußten,
strömten die Soldaten oder richtiger die Raubgesellen von allen Seiten
herbei. Die schlimmsten Abenteurer Europas kamen, um sich, einer zu-
fälligen Eingebung folgend, in dies oder jenes Heer einreihen zu lassen,
um Söldner in der schlimmsten Bedeutung des Wortes zu werden —
Abenteurer ohne Treu und Glauben! Das unglückliche Deutschland wurde
dreißig Jahre lang von Kriegerbanden gebrandschatzt, die im Grunde
nichts weiter waren als ganz gemeine Räuberbanden. Das Gewerbe war
gewinnbringend, ohne ernstere Gefahren, überhob jeder Arbeit und gab
einen Schein von Ruhm.
Gleichzeitig mit den Protestanten Böhmens wurden auch die der Pfalz
vom Kaiser" niedergeworfen (1624). Jetzt fingen sich Frankreich und
Holland zu beunruhigen an und stifteten, ohne sich selbst unmittelbar in
den Krieg einzumischen, zuerst den König von Dänemark und dann den
König von Schweden an, dazwischenzutreten.
Nach einigen, wenn auch nur teilweisen Erfolgen erlitten die dänischen
und protestantischen Truppen eine völlige Niederlage von dem kaiserlichen
Heere unter dem Befehle eines kühnen und erprobten Generals namens
Waldstein oder Wallenstein.
Es war das ein böhmischer Edelmann, der, von Geburt ein Protestant,
in früher Jugend zum Katholizismus übergetreten war. Übrigens gehörte
alles, was religiöser Glaube heißt, zu seinen geringsten Sorgen, glaubte
er doch ausschließlich an die Astrologie *. Seine einzige Leidenschaft war
eine ziemlich gemeine Käuflichkeit, Er führte Krieg, um Gebiet, Gold und
Titel zu erwerben.
Er begriff sehr schnell, daß der Sieg immer nur dem Heere folgt,
in dem Manneszucht herrscht, und es gelang ihm wirklich, der Herde von
Abenteurern, die er zu führen hatte, eine gewisse Einheit zu geben. Dank
seines Feldherrntalents wurde aus dieser Menschenmasse ein wirkliches
Pleer. So wurde es ihm nicht schwer, bei Dessau über den mit dem König
Christian IV. von Dänemark verbündeten Söldnerführer Grafen von Mans-
feld Sieger zu bleiben.
Die protestantische Partei schien verzweifelt, hatte doch der Kaiser
* über Astrologie im Verhältnis zu Astronomie vgl. Wilhelm Foerster in der
hier S. 12 angeführten Abhandlung S. 4. 10 — 18.
Das Königtum. 209
durch diesen Sieg seine ganze frühere Allmacht wiedererlangt. Ja, dieser
hielt sich sogar stark genug, Wallenstein beiseite zu schieben, dessen Ehr-
geiz natürlich mit den geleisteten Diensten wuchs. Es bekommt nun einmal
einem Günstling nicht, sich gar zuviel Ruhm zu erwerben.
In diesem Augenblick erschien König Gustav Adolf von Schweden auf
dem Kriegsschauplatz.
Wie Dänemark, hatte sich auch Schweden bis zu jenem Tage niemals
in die europäischen Händel eingemischt. Weder Frankreich noch Deutsch-
land noch auch Italien hatten bisher seine Soldaten gesehen. Gleichwohl
hatte es schon eine lange Geschichte hinter sich. Im 15, Jahrhundert
bildeten Dänemark und Schweden nur ein einziges Königreich. Da er-
klärten im Jahre 1550 die Schweden, die das dänische Joch nur widerwillig
ertrugen, ihre Unabhängigkeit und nahmen sich einen König aus dem
eignen Volke. Es war das Gustav Wasa. Das schwedische Volk und Gustav
Wasa wurden nun lutherisch. ^
Schweden war dünn bevölkert und arm, der Boden unergiebig, das
Klima rauh, der Handel unbedeutend und der Großbetrieb noch ganz un-
bekannt. Aber die Schweden, bieder, kernig und stark, waren auch kriege-
risch, wie es die Normannen, ihre Voreltern, gewesen waren. Ernst und
feurig zugleich neigten sie ganz ebenso zu stillem Schwärmen wie
kräftigem Handeln. Luthers Lehre wurde sogleich mit einer Begeisterung
angenommen, die ebenso kühl wie zu jedem Opfer bereit war. Aber das
Volk wollte, so sehr es auch seinen Königen ergeben war, sich seine Frei-
heilen wahren, und so war der königliche Wille durch einen aus Wahlen
hervorgegangenen Landtag eingeschränkt.
Gustav Adolf kann auf den Ehrentitel eines der größten Feldherren
der Neuzeit Anspruch machen nicht sowohl wegen seiner hervorragenden
Tapferkeit und Entschlossenheit auf dem Schlachtfeld als vielmehr, weil
er zu den hervorragendsten Neuschöpfern von Taktik und Strategie gehört.
Wie Cäsar und Hannibal, wußte auch er, daß die Infanterie, wenn sie
leicht und beweglich ist, ein gefügiges Werkzeug in der Hand des Feld-
herrn bildet und die Königin der Schlachten ist. Nun setzt die Infanterie
eine tadellose Bewaffnung voraus. Die Muskete der Infanteristen war ein
schwerfälliges Werkzeug. Er entlastete sie und machte daraus eine hand-
liche, verhältnismäßig leichte Feuerwaffe, die, von guten Schützen geführt,
Spießen und Speeren trotzt.
Seine Leute, schwedische Bauern, die sich erst auf den Schlachtfeldern
Deutschlands zu Soldaten entwickelt hatten, waren von einer spröden luthe-
14 Riebet, Geschichte der Menschheit
aio Sechstes Buch.
rischen Frömmigkeit und beteten ihn an, bereit ihm zu folgen, wohin es
auch sei.
Schweden war zu arm, um sie allein bezahlen zu können. So über-
nahm es Richelieu, den die Fortschritte des Kaisers beunruhigten, das
nötige Geld für ihre Löhnung zu liefern (1631).
1 Die deutschen protestantischen Fürsten hatten bisher gezögert, zu den
beiden Parteien eine bestimmte Stellung zu nehmen, übte doch noch immer
der Name des Kaisers seinen unwiderstehlichen Zauber aus. Aber das
kaiserliche Heer bemächtigte sich unter der Führung Tillys der Stadt
; Magdeburg. Diese Hochburg norddeutschen Protestantentums wurde
nach der Erstürmung eingeäschert, geplündert und durch eine jener blutigen
Massenschlächtereien befleckt, wie man sie nur in alten Zeiten hätte für
möglich halten sollen, und die ein Schandmal in der Geschichte eines
I Volkes bilden.
Das ganze protestantische Deutschland empörte sich jetzt und trat
helfend Gustav Adolf zur Seite. Da ging dieser seinerseits zum Angriff
über, trat bei Breitenfeld unweit Leipzig Tillys Heer entgegen und schlug
es vollständig. Nun drang er in Württemberg und Bayern ein und trug
einen zweiten großen Sieg über Tilly davon, der eine tödliche Wunde er-
hielt (Schlacht am Lech). Er selbst fiel einige Monate später bei Lützen
(1632) auf dem Schlachtfelde, als er sich in seinem feurigen Ungestüm
Jr ^ zu weil vorwagte. Er war erst achtunddreißig Jahre alt.
Gustav Adolf war mehr Soldat als Herrscher und hat seine Landeskinder
ohne greifbaren Vorteil zu blutigen Kriegsabenteuern in die Fremde ent-
führt. Aber er war frei von Prahlerei, Grausamkeit und Haß. Er hat
Deutschland die religiöse Gewissensfreiheit gerettet und Brandenburg, der
Pfalz und Sachsen das Schicksal des unglücklichen Böhmens erspart.
Wallenstein war vom Kaiser zurückgerufen worden; aber anstatt sich nun
ehrlich der kaiserlichen Sache wieder anzuschließen, unterhandelte er ins-
geheim mit den protestantischen Fürsten, einzig und allein darauf bedacht,
am Kaiser Verrat zu üben. Dieser kam ihm zuvor und ließ ihn zu Eger
meuchlings ermorden (1634). «
Wallensteins Tod nützte der kaiserlichen Sache fast ebenso wie der
Gustav Adolfs. Vergebens suchten die Schweden wieder die Oberhand zu
gewinnen; sie wurden bei Nördlingen völlig geschlagen (1634). Die meisten
protestantischen Fürsten nahmen den ihnen vom Kaiser angebotenen
Frieden an (Prager Friede 1635). Die freie Ausübung ihrer Religion wurde
ihnen gewährleistet.
So hatte das Reich nacheinander über die Böhmen, die Dänen vmd
Das Königtum.
die Schweden zu triumphieren vermocht. Es hatte nur noch einen F^mnf
3U bestehen, in dem es aber besiegt wurde, „ämhch gegen Fanteir'
Rtcheheu. der als Minister Ludwigs XIII. in Wahrheit der ^ che,
über Frankrcch, und zwar der unumschränkte Herrscher war, beunr^hil !
steh etwa mch. tm genngsten um religiöse Fragen, wenn es sich dar™
handelte em Bündnis zu schließen oder einen Krieg zu unternehmen e"
betrachtete aUe die als Feinde Frankreichs, die solche GebTerinne
hatten. d,e er als französische ansah, so den König von Spanien der Is
T: "f t/"'^^^^'"^^' ^"^"^ (Franche-cLte), u'n d den Kait
der das Elsaß besetzt hielt. Er erklärte also Spanien Jd dem Kaiser din
Kneg und verbündete sich mit den gemeinsamen Feinden b Mer ^ h 2
Z s""' " ^"'"'^'^" "™^'"^^" '- ^'^'■-'-^^ -0 <^em HerzT;
Diese beiden Kriege zogen sich über eine lange Reihe von I,^ ,,•
und überdauerten auch noch den Mann, der sieTfranfaßf hal i r".
keineswegs ihr F„j. ■. j . veranlaßt hatte. Sie fanden
wilw Jf '^'" Augenblick, wo auf Ludwig XIII Lud-
w.g XIV. und damit auf Richelieu Mazarin gefokt war Sn l\ 7
Kneg Frankreichs mit Deutschland volle zwölf Ihfe M-\ .e.sf . T
Frankreichs t^t Spanien nicht weniger als .. i (^TS^ ""' '"
Anfangs erfuhr Frankreich nur Nackenschlä^e Fin V „
überschwemmte vom Artois aus die Piferd" Eta; , JTt"' "'='
drang sogar einmal bis unmittelbar an 2 t p ^^"^"^"^
.m folgenden Jahre, und sein Heer trat Tn tln • t ^' "" "'^'"'
Die guten Erfolee rfi. = l ^ '" französische Dienste.
bald aus Z llponuZ 'TT T""^' ™ verzeichnen hatte, blieben
Truppen au Frankrd h „a'h f f "" "'°''^"' ■""'"= " ^-^« --
gegen die M.IT, '"yrenäenhalbinsel zurückberufen, um
gInK ntpflrer'urd 'f- ^^ '"""^ >'^°'='' "->> »"•- -en
Jahre fang luf a> "''": ' "'''" ^°'^"'^" zurücklassen, die zwanzig
fe^mpft baten Docrn"^"'*'" europäischen Schlachtfeldern mi^
Schlaf hl p unvergleichliche Infanterie wurde in der
u es e' :',^:::°^ «■> -"-»t« (,643), u„d der Glanz eines I
wigs x!v begfnn I" l T"'"' °™ '^"- °'^ ^^Sierung Lud-
danken war. Es war di« 7» h 2' jahngen Jünglings zu ver-
von Cond^. "'™^ ™" ^»^''i»' der spätere Prin.
14*
212 Sechstes Buch.
In Deutschland brachte das von Turenne geschickt und sachkundig
geleitete französische Heer bei Nördlingen den Kaiserlichen, die elf Jahre
vorher an derselben Stelle so glänzend über die Schweden gesiegt hatten,
eine völlige Niederlage bei (1645).
Turenne bei Nördlingen und Cond6 bei Rocroy haben nicht nur Frank-
reich, sondern das von der alles beherrschenden Übermacht Spaniens
und Österreichs bedrohte Europa gerettet, hatten sich doch diese beiden
'Mächte in dem ihnen gemeinsamen imversöhnlichen Katholizismus zur Aus-
rottung der Volks- und Gewissensfreiheit auf dem ganzen Erdteil geeinigt.
Jetzt wurden die kaiserlichen Heere überall geschlagen. Die vereinigten
Franzosen und Schweden fielen in Böhmen und Bayern ein; es gelang
ihnen sogar, bis an die Tore von Wien vorzurücken.
Da endlich bat Kaiser Ferdinand III., ohne sich um das ihm verbündete
Spanien zu kümmern, um Frieden (der Westfälische Friede 1648).
Die Abmachungen dieses Friedens sind das große diplomatische Er-
eignis des 17, Jahrhunderts. Sie haben auf lange hin die Gebietsgrenzen
der europäischen Staaten festgelegt.
Die Schweiz und Holland wurden als unabhängige Staaten anerkannt.
Schweden gewann den nördlichen Teil Pommerns, d. h. Vorpommern und
von Hinterpommern das rechte Oderufer. Der Kurfürst von Brandenburg
bekam den südlichen Teil Pommerns, d. h. Hinterpommern mit dem Bistum
Cammin; das war der unbedeutende Anfang zu der späteren mächtigen
preußischen Monarchie. Frankreich behielt einen Teil des Elsaß, der
also von nun an nicht mehr Reichsland war. Österreich blieb im Besitze
von Böhmen und Ungarn; dem Kaiser verblieb sein kaiserlicher Titel.
Aber auch den deutschen Fürsten wurde die Landeshoheit in ihren Einzel-
gebieten nicht geschmälert.
Die religiöse Freiheit der lutherischen wie der katholischen Bevölkerungs-
kreise wurde bestätigt, blieb aber der Religion ihrer Fürsten untergeordnet.
Cuius regio, eius religio.
Die Beschlüsse des Westfälischen Friedens drücken der Vorherrschaft
Frankreichs in Europa das feierliche Siegel endgültiger Bestätigung auf.
In der Tat hatte allein Frankreich den Ehrgeiz Österreichs in Schach zu
halten und in die gebührenden Schranken zurückzuweisen gewußt. Wenn
es auch Ungarn und Böhmen bekam, so war das Haus Habsburg doch
gegen Schluß dieses langen Krieges geschwächt, gedemütigt und ge-
zwungen, den einzelnen Fürsten ihre Landesherrlichkeit und den einzelnen
Völkern ihre Religion unangetastet zu lassen.
Das Königtum. 213
Doch der eigentliche Besiegte war das unglückliche Deutschland.
Dreißig Jahre lang war es der Schauplatz wahnsinniger Zerstörungswut
gewesen. Die Fluren verwüstet, die Städte niedergebrannt, der Handel ver-^
nichtet, die Freiheiten der einzelnen Gemeinden aufgehoben und ihre
Bürgerschaften verhungert und verängstet! Überall Trümmer, Wehklagen
und Jammer! Noch nie hatte der Krieg, der häßliche Krieg Unglück und
Mißgeschick dermaßen gehäuft. Dreißig Jahre hatten genügt, um jenes
edle Deutschland des 16. Jahrhunderts, das zu einem Mittelpunkt der Ge-
sittung und des Wohlstandes bestimmt schien, in eine Wüste zu verwandeln,
die von nichts anderem als Flüchen widerhallte. In manchen deutschen
Städten war die Bevölkerung auf die Hälfte zusammengeschrumpft. Es ist
gut, wenn die Deutschen diese dreißrg unseligen Jahre ihrer Geschichte
recht gründlich überdenken. Sie sollen daraus alle wesentlichen Voraus-
setzungen entnehmen, um einen unüberwindlichen Abscheu gegen den Krieg
überhaupt zu fassen!
Zu ■ derselben Zeit, wo sich Deutschland in ein Trümmerfeld ver-
wandelte, erholte sich umgekehrt Frankreich von seinen Religionskriegen
so weit, daß es sich sogar zu einer gewissen Blüte erhob. Diese ist aber
nicht etwa dem Verdienste von König Heinrichs IV. Sohn, Ludwig XIII.,
zuzuschreiben, sondern ausschließlich dessen Minister Kardinal von Richelieu,
hat er doch achtzehn Jahre für den König ganz allein regiert (1624 — 1642).
So ist Ludwig XIII., wenn für nichts anderes, schon jedenfalls dafür
Dank zu wissen, daß er es über sich gewonnen hat, fast seine ganze könig-
liche Gewalt an seinen großen und überlegenen Minister abzutreten.
Die ersten Regierungsjahre Ludwigs XIII. waren unruhige. Die Königin-
Mutter Maria von Medici, die für den noch minderjährigen König die Re-
gierung führte, berief, als sie Geld brauchte, die Landstände (General-
staaten) (161 4). Doch das gewünschte Einvernehmen blieb aus, so daß die
Stände wieder entlassen werden mußten. Sie gingen auseinander, ohne be-
sonderen Widerstand zu leisten.
Die Königin-Mutter hatte ihre ganze Gunst einer ihrer Landsmänninnen,
ihrer Milchschwester Leonora Galligai und deren Gatten Concino Concini,
zugewendet, der ein aus den untersten Volksklassen hervorgegangener,
höchst ehrgeiziger Streber war und von ihr zu einem Marquis von Ancre
und französischen Marschall ernannt wurde. Aber obwohl Ludwig XIII.
noch ganz jugendlich war, ließ er ihn, auf seinen Einfluß eifersüchtig,
2l4 Sechstes Buch.
ermorden. Concinis Frau aber wurde der Zauberei angeklagt und ver-
brannt.
Nach Concini suchte sich Ludwig XIII., der nun einmal kein selbstän-
diger Herrscher war, einen neuen Günstling und fand ihn in Albert
de Luynes, der alles kurz und klein regierte. Glücklicherweise starb
de Luynes im Jahre 1623 und wurde nun durch Richelieu ersetzt.
Dieser hervorragende und durch die Schwäche seines Königs allmächtig
gewordene Mann bildete sich eine ebenso einf..:he wie bestimmte Ansicht,
die er dank einer ihm innewohnenden außerordentlichen Zähigkeit und
Geschicklichkeit durchzuführen wußte; er wollte, daß der König von Frank-
reich im gesamten Lande unumschränkter Herr sei und daß sich vor seinem
königlichen Willen alles ohne Widerrede beuge. Aber es hieß dies die lang-
jährige Überlieferung der sämtlichen französischen Herrscher seit Lud-
wig XL verleugnen.
Es verfügten nämlich die Protestanten kraft des Ediktes von Nantes
über sogenannte Freistädte, wodurch es ihnen ermöglicht wurde, gewisser-
maßen einen Staat im Staate zu bilden. Sie hatten das Recht, sich zu-
sammenzuschließen und von den Ihrigen Beiträge für ihre Unternehmungen
zu erheben. Sicher waren die französischen Hugenotten am Morgen* nach
einer jener einstigen so grausamen Verfolgungen in ihrem guten Recht,
wenn sie Mißtrauen hegten und Bürgschaften verlangten. Aber jetzt, nach
etwa 25 Jahren, war dasselbe ein Mißbrauch des Rechtes und eine An-
maßung und sogar Unduldsamkeit ihrerseits, wenigstens in denjenigen
Städten, in denen sie die Mehrheit hatten. So konnte Richelieu in dem,
was bei den Hugenotten hochgespannter Unabhängigkeitssinn war, eine
Übertretung ihrer Rechte sehen. Sie aber wollten nicht nachgeben, hatten
sich vielmehr in La Rochelle gesammelt, wo sie unter dem Beistande der
englischen Flotte, die ihnen Lebensmittel brachte, den sie belagernden
Streitmächten des Königs einen langen und ruhmvollen Widerstand ent-
gegensetzten. Trotz alles ihres Mutes wurden sie schließlich von Hungers-
not überwältigt und zur Übergabe gezwungen (1628). Es waren bereits
16000 Mann Hunger und Krankheit erlegen.
Doch Richelieu mißbrauchte diesen Sieg nicht, und das Edikt von
Nantes stand damals noch immer in Achtung. Die Kalvinisten wahrten
sich auch ferner das Recht der freien Ausübung ihres Kultus. Allerdings
hatten sie schon damals keine Sicherheitsplätze mehr, auf daß nur die
politische Einheit des Reiches keinen Schaden litt.
Wie die Protestanten, mußten sich auch die adligen Herren der Recht-
sprechung in des Königs Namen unterwerfen. Sie bekamen als alleinige
Das Königtum. 21 5
Vorrechte nur solche, die ihnen die königliche Gunst aufzuzwingen geruhte.
Nicht alle ließen sich ein derartiges halbes Diener Verhältnis gefallen; einige
empörten sich. Nun kannte Richelieu keine Gnade mehr. Todesstrafen
ereilten die Aufsässigen, bis sich überall der unerbittliche Wille des Königs
durchsetzte.
Der Kampf, den Richelieu gegen Spanien und Österreich unternommen
hatte, erschöpfte den Staatsschatz vollständig. Selbst wenn sie siegreich
endigen, sind Kriege kostspielig; die, die Richelieu auf allen Seiten anfing,
schlugen dem armen Frankreich Wunden, an denen es fast verblutete.
Steuern mußten erhöht, Anleihen gemacht, ja sogar schließlich von Staats
wegen die Zahlungen eingestellt werden. Das Elend war überall in Frank-
reich, in Stadt und Land, ein furchtbares. Die Einnehmer (Geldleute, die
die Einziehung der Steuern gepachtet hatten) saugten das Volk erbarmungs-
los aus, und die Sendlinge des Königs konnten die Steuerpflichtigen nur
dadurch zur Zahlung bewegen, daß sie ihnen Vollstreckungsbeamte in die
Dörfer schickten. So wurde denn auch die Nachricht von Richelieus Tode
mit allgemeiner Freude aufgenommen. Es war das vielleicht nicht gerecht,
hatte er doch im Grimde alles in allem nicht so viel Schaden angerichtet
als Gutes gestiftet.
Er hatte ohne Frage große Leistungen aufzuweisen; wenn die unum-
schränkte Gewalt einem Menschen von überlegener Befähigung zufällt, ist
sie zum mindesten für eine vorübergehende Zeit von einem ganz wunder-
baren Segen. Es ist keine Kleinigkeit, dem Richterstande die über-
wiegendste Stellung in der ganzen Beamtenschaft errungen und so ziemlich
im ganzen Reich eine einheitliche Rechtsprechung durchgeführt zu haben!
Es ist keine Kleinigkeit, große Schiffahrtsgesellschaften ins Leben gerufen
zu haben, wie die Gesellschaft Neu-F rankreich, die in Kanada unter Cham-
plain eröffnet wurde, die Amerikanische Inselgesellschaft, die Martinique,
Guadeloupe und Dominique umfaßt, die Senegal- imd die Madagaskar-
gesellschaft. Leider mißglückten diese Versuche; schon in dieser Zeit fehlte
es in den französischen Ansiedlungen an Ansiedlern. Während die Hol-
länder und besonders die Engländer und Spanier Ostasien und Amerika
bevölkern, können sich die Franzosen, von einigen nicht gerade allzuhäufig
vorkommenden Ansiedlern abgesehen, nicht dazu entschließen, das liebliche
Frankreich zu verlassen.
Überall verlangte Richelieu unbedingte Unterwerfung und Einheitlichkeit.
Das war es, was er ins Heer einführte, wenn er ein Kriegsministerium
schuf, das den Generälen, die bisher vollkommen nach eigner Willkür
handelten, ganz bestimmt abgegrenzte Aufträge gab. Er regelte die Aus-
21 ß Sechstes Buch.
hebung der Rekruten, die bisher gänzlich dem Zilfall überlassen blieb. Er
verschaffte der militärischen Stufenleiter einen Vorrang vor der des Adels.
Ebenso konnten aus der Zivilbeamtenschaft die königlichen Verwaltungs-
beamten und die Richter ihre Entscheidungen im Namen des Königs den
entrüsteten Edelleuten als Verbindliche auferlegen.
Er erstrebte sogar die Einheitlichkeit der französischen Sprache durch
Verfügungen herzustellen und begründete dazu die französische Akademie,
die die überlieferten Gesetze der Grammatik und des guten Geschmacks
möghchst unversehrt erhalten sollte.
Unter seiner Regierung, wenn auch von ihm unabhängig, tmd sicher,
ohne daß irgend jemand die ihr bestimmte glänzende Zukunft voraussehen
konnte, wurde auch die erste in regelmäßigen Zwischenräumen wieder-
kehrende Zeitung begründet. Ein im übrigen unbekannt gebliebener Arzt,
der jedoch zweifellos einer der kühnsten und erfinderischsten Köpfe war,
die Frankreich jemals hervorgebracht hat, Theophraste Renaudot, be-
gründete die Gazette de France (1631). Es war nur ein kleines imd auch
nur alle acht Tage herausgegebenes Blatt von vier Seiten. Ein damals
fast unbemerkt gebliebener bescheidener Anfang zu der gegenwärtigen
modernen Presse, d. h. zu jener Großmacht, die heute alle Hoheitsrechte,
die es nur geben kann, an sich gerissen hat.
Aber eine andere Macht, die vielleicht noch größer als die Presse war,
trat in jener ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in die Erscheinung. Es
war die Wissenschaft.
Sie nahm nun sogleich den ihr wesentlichen Charakter an, nämlich
den internationalen. Zu einer Zeit, wo noch die wilden Gelüste der Fürsten
die religiösen Verblendungen der Völker ausbeuten und Heere dazu treiben,
sich gegenseitig zu vernichten, verfolgen bereits die Gelehrten mit der
größten Geduld ihr mühseliges und segensreiches Werk bis zu Ende, ein
wahrhaft erhabenes Ziel, zu dessen Erreichung sie sich vereinigen nicht
nur in Gedanken-, sondern auch in Sprachgemeinschaft! Das Lateinische
bleibt noch immer die wissenschaftliche Sprache. Lehrer und Studenten
! ziehen von einem Ende Europas zum andern, von Universität zu Universität,
um zu studieren, zu lehren, zu forschen und die Grundlagen für jene große
Republik der Wissenschaften vorzubereiten, die eines Tages dem Menschen
die Befreiung dadurch bringen soll, daß sie ihn die Wahrheit kennen lehrt.
Die Kunst hatte bereits das 16. Jahrhundert vollkommen umgestaltet.
Das Königtum. 217
Das 17. Jahrhundert hat die Wissenschaft erneuert, und die großen wissen-
schaftlichen Wahrheiten der Neuzeit stammen von damals her.
Kepler in Deutschland, Harvey in England, Galilei in Italien, Descartes
in Frankreich sind es, die das Morgenrot dieses neuen Zeitalters herb'ei-
führeji.
Schon Kopernikus (1473— 1543), ein Pole, hatte die Sonne als den
Mittelpunkt der Welt angesehen, und Tycho de Brahe, ein Däne (1546
bis 1601), hatte sogar bereits dank seiner vollkommenen Instrumente wert-
volle astronomische Beobachtungen zu machen gewußt. Aber der eigent-
liche Neuschöpfer der Astronomie war erst der Deutsche Johann Kepler
(1571 — 1630), der, auf seines Vorgängers an der Prager Sternwarte, Tycho
de Brahe, aufgezeichneten Wahrnehmungen weiterbauend, für diese Wissen-
schaft grundlegende Gesetze ableitete und eine Theorie des Sonnensystems
aufstellte, an der auch die Neueren^ nichts Wesentliches mehr geändert
haben *.
Die Entdeckungen dieser großen Astronomen eignete sich Galileo Galilei
an, um sie beträchtlich zu erweitern und zu ergänzen (1564— 1642). Zu-
nächst erfindet Galilei das Himmelsfernrohr (1610), das die Gegenstände
dreißigfach vergrößert und die Mondgebirge, Sonnenflecken und in ihren
Achsen rechnerisch zu bestimmenden kreisförmigen Planetenbewegungen
sichtbar macht. Ferner gibt er die mathematische Theorie des Pendels und
stellt er das Gesetz von der beschleunigten Bewegung der Himmelskörper
auf, um schließlich kühn und offen in Anlehnung an Kopernikus den Satz
zu verfechten, daß sich auch die Erde um die Sonne als den Mittelpunkt
der Welt drehe. Nichts fehlt zu Galileis Ruhme, nicht einmal die Ver-
folgung. Vor das heilige Ketzergericht der Inquisition geladen wird dieser
gefeierte Greis, der der ganzen Menschheit zur Ehre gereicht, aufgefordert,
seine Irrlehren abzuschwören und als Schuldbeladener in die Knie zu
sinken. Die Verirrung war in der Tat schlimmer Artl Die Erde war ja
dann nui noch einer von vielen Planeten und nicht mehr die in der
Mitte befindliche Achse, um die sich das weite Weltall gruppiert und dreht.
Auch Frankreich hat seinen Geisteshelden gehabt; es war das Ren6
Descartes. (1596— 1650). Keiner ist ihm überlegen, und er ist den Größten
im Reiche des Wissens ebenbürtig. Philosoph, Mathematiker, Physiker,
Physiologe, belebt er alles, war er anfaßt, und erneuert er alle Wissen-
schaften. Als Philosoph zerstört er durch seine unerbittliche Logik alle
Widersinnigkeiten der Scholastik, des Aristotelismus und der Theologie.
* Vgl. Wilhelm Foerster in der hier S. 208 angeführten Abhandlung S. 14—19-
21 8 Sechstes Buch.
In seiner Abhandlung über die Methode nimmt er in erneuerter Gestalt die
alte sokratische Theorie von der Erkenntnis wieder auf und beweist,
daß es keine andern Wahrheiten gibt als die erwiesenen oder an sich
augenscheinlichen. Es ist dies ein gewagter, vielleicht allzu gewagter Satz,
bedeutete er doch nahezu eine gänzliche Leugnung der religiösen Autorität I
Als Physiker gibt er eine klare und bestimmte Theorie vom Licht und
seiner Brechung. Als Mathematiker schlägt er in einer unsterblichen
kleinen Schrift einen völlig neuen Weg ein mit der Begründung der
analytischen Geometrie (1637). Als Physiologe gibt er ein ebenso knappes
wie einleuchtendes Bild von der Reflexwirkung als das alle Theorie der
Nervenbewegung Beherrschende und erfindet er das wunderbare System
von den Lebensgeisterchen der Menschen und den belebten Maschinen
der Tiere, das man verspottet hat, anstatt sich lieber zu bemühen, es
zu verstehen. ♦
Descartes ist ebenso genial in seinen Entdeckungen wie in seinen
Methoden, und so bedeutend auch die Gelehrten sein mögen, die ihm
vorangegangen, wie die, die ihm gefolgt sind, er überragt sie alle. Auch
ihm hat die Verfolgung nicht gefehlt, und er hat sich nur dadurch vor ihr
gerettet, daß er freiwillig in die Verbannung ging, zuerst nach Holland
und dann nach Schweden, wo er in jungen Jahren starb.
Descartes war nicht der einzige, der gegen das drückende Joch der
Scholastik ankämpfte. Der Engländer Francis Bacon, gen. Baco von
Verulam, (1561 — 1628) behauptete in seinem Novum Organon (1620) mit
großem Nachdruck, daß man, um die Naturgesetze kennen zu lernen, selber
forschen und experimentieren müsse, anstatt die Wahrheit in dem Sum-
marium des heihgen Thomas von Aquino oder in den Schriften des Aristo-
teles zu suchen.
Ein anderer berühmter Engländer WilHam Harvey (1578— 1658) ent-
deckte damals im Jahre 1628 den Blutkreislauf, so wie ihn schon fast ein
halbes Jahrhundert zuvor im Jahre 1543 der unglückliche Miguel Servet
(Michael Servetus) mit ziemlicher Klarheit vorausgesehen hatte. Man
erkannte damals, die wunderbare Erscheinung von dem Herzen, das das
Blut in die Lungen treibt, von dem Blute, das zum Herzen zurück-
kehrt — welches letztere es selbst wieder in die einzelnen Körperteile ver-
teilt — und das, nachdem es die einzelnen Organe durchrieselt hat, wieder
durch die Adern ins Herz zurückkehrt, um dann von neuem in die
Lunge zurückgetrieben zu werden. Es war etwa keine logische Geistes-
verrichtung oder Gelehrsamkeit, durch die Harvey diese großartige Wahr-
heit erkannt hat, sondern einzig und allein der feste Wille, die Erschei-
Das Königtum. 3ig
nungen der Natur durch ihre unmittelbare Beobachtung zu erschauen, ohne
sich seinen Blick durch etwaige später als irrig erkannte Ansichten
seiner Lehrer trüben zu lassen. Harvey zeigte so durch sein lebendes
Beispiel, welches die Bahnen seien, die in Zukunft einzuschlagen wären,
um eine neue Wahrheit zu erobern; es waren dies die Beobachtung und
das Experiment.
In diesem denkwürdigen Zeitalter sind weiter tmter den großen
Namen zu nennen: Pierre de Fermat, ein Franzose (1601 — 1655), der die
von Viete eben erst geschaffene Algebra schon nach kurzer Zeit auf eine
ganz gewaltige Höhe brachte, Blaise Pascal, ebenfalls ein Franzose (1623
bis 1662), der die Wahrscheinlichkeitsrechnung ersann, Evangelista Torri-
celli, ein Italiener (1608 — 1647), der nachwies, daß die Luft eine Schwere
wie jeder sinnlich wahrnehmbare Körper habe, und der das Barometer
erfand, das die Schwere der Luft mißt.
Auch die Herrscher zeigten für die Wissenschaft Verständnis. Ein
Harvey machte Vivisektionen in Gegenwart von König Karl I. Hein-
rich IV. begründete den Königsgarten (Jardin du Roi), den nachmaligen
Botanischen Garten (Jardin des Plantes), zu dem er sich unter Ludwig XV.
ausgestaltete. Schwedens Königin Christine nahm sich eines Descartes
an. Ein Cosimo di Medici rettete einen Galilei aus dem Gefängnis.
Nun bilden sich auch gelehrte Gesellschaften; es werden Laboratorien
eröffnet, besonders in Italien; es werden Sternwarten begründet, besonders
in Deutschland. Die endgültige Thronerhebung der Wissenschaft kündigt
sich an.
* *
*
Die imumschränkte Herrschaft, die die Könige von Spanien und Frank-
reich sowie der Kaiser von Deutschland ihren Untertanen aufzuzwingen so
trefflich verstanden hatten, ließ sich nicht etwa ebenso einfach dem eng-
lischen Volke mundgerecht machen. Mit jener weisen und stolzen Zähig-
keit, von der dieses der Welt so manchesmal ein Beispiel gegeben hat, wußte
es dem reaktionären Absolutismus erfolgreich zu widerstehen. Seine Ge-
schichte in den Jahren zwischen 1603 und 1688, d. h. vom Tode der
Königin Elisabeth bis zur Thronbesteigimg Wilhelms III., ist der be-
ständige Kampf zwischen einem Volke, das frei sein will, und Herrschern,
die es knechten wollen. Was dieses Ringen so sehr verlängert hat, ist
nicht sowohl die Fähigkeit der angestammten Könige, die nur mäßig war,
220 Sechstes Buch.
als vielmehr die treue Gesinnung der so fest an ihrem altehrwürdigen
Herrscherhause hängenden Engländer.
Die religiöse Frage beherrschte alles. Die Engländer, besonders aber
auch die Schotten, waren mit ihrer ganzen Person für die Reformation ein-
getreten. Aber die Könige aus dem Hause Stuart zeigten für die allgemeine
Volksstimmung nun einmal kein Verständnis. Heimlich oder offen neigten
sie zum Katholizismus, der sich mit einem absoluten Regimente stets gut
zu stellen gewußt hat. Aber die Engländer des 17. Jahrhunderts hatten
sich zu leidenschaftlichen Reformierten entwickelt und ließen sich in ihrem
Glauben zu einer solchen blinden Unduldsamkeit hinreißen, daß sie ihrem
Herrscher seine Hingebung zu der verwünschten papistischen (katholischen)
Sekte nicht verzeihen konnten. Sie verlangten nach Verfolgungen, Abschwö-
rungen, Verbannungen. Und so entwickelte sich ein langjähriger, drei Viertel
eines ganzen Jahrhunderts währender hartnäckiger Widerstand gegen den
König. Er war in erster Reihe das Werk der in ihrer kalten Verblendung
so rücksichtslos aufrichtigen Puritaner. Doch im Grunde stand das ganze
Volk hinter ihnen.
Auf Elisabeth war der Sohn der Maria Stuart, Jakob I., gefolgt (1603).
Wie alle Könige jener Zeit, ließ er ausschließlich das göttliche Recht gelten,
wonach die Völker um der Könige willen und nicht die Könige um der*
Völker willen da seien. Ja, da er ein großer Redner und ein scharfsinniger
Theologe war, schwatzte er gern von der Lehre von den königlichen Vor-
rechten und ereiferte er sich den schottischen Presbyterianern gegenüber,
wenn sich diese nicht seiner Ansicht beugen wollten.
Um von ihrem Volke gewisse Geldmittel zu erlangen, hatte schon Maria
von Medici in Frankreich die Landstände einberufen müssen; aus demselben
Grunde berief in demselben Jahre (161 4) auch Jakob I. sein Parlament;
aber das englische Parlament zeigte sich widerspenstiger als die franzö-
sischen Landstände. Es legte feierliche Verwahrung ein, aus der sich aber
der König nicht das geringste machte. Schon im Jahre 1621 erfolgte eine
neue Berufung des Parlaments; diesmal handelte es sich um eine ganz
andere Angelegenheit. Jakob wollte seinen Sohn Karl an die Infantin von
Spanien verheiraten. Auch diesmal legte das Parlament Verwahrung ein,
aber es wurde aufgelöst.
Diese Ehe kam allerdings nicht zustande. Doch Karl heiratete dem
Parlament und der öffentlichen Meinung zum Trotz eine andere Katholikin:
Henriette von Frankreich, die Schwester Ludwigs XIII. Bald darauf starb
sein Vater, und nun wurde er König von England (1625).
Dieser Fürst, dessen Geschick ein so tragisches war, ist wirklich ebenso-
Das Königtum. 221
wenig ein Bösewicht wie ein Narr gewesen. Aber wenn es galt, fest zu
bleiben, besaß er keine Widerstandskraft, und wenn es hinwiederum darauf
ankam, Zugeständisse zu machen, wußte er umgekehrt nicht rechtzeitig
nachzugeben. Er glaubte seine englischen Untertanen nicht besser be-
handeln zu brauchen, als es Philipp II. mit seinen spanischen getan hatte.
Eingebildet auf sein königliches Geblüt verharrte er gern in hochmütigem
Schweigen, um andererseits, wenn er einmal sprach, ganz schamlos zu lügen.
Jedesmal, wenn das Parlament einberufen war, erhob es sogleich zahl-
reiche Einsprüche gegen die verschiedensten Regierungshandlungen des
Königs und besonders auch seines leitenden Ministers und bevorzugten
Günstlings, des jüngeren George Villiers, Herzogs von Buckingham. Zwei-
mal verlangte das Parlament seine Entlassung, doch erfolglos. Der Gegen-
satz hätte noch lange bestehen können, wenn nicht Buckingham durch die
Hand eines Meuchelmörders gefallen wäre.
Die Parlamentssitzungen des Jahres 1629 verliefen sehr stürmisch. Da
entschloß sich Karl kurz und bündig, das Parlament überhaupt nicht mehr
zusammenzurufen in der Voraussetzung, daß dies das einfachste Mittel sei,
jeden Widerstand desselben zu brechen. Das Haupt der Opposition, Jones
Elliot, ein bedeutender und gewaltiger Redner, wurde ins Gefängnis ge-
worfen, wo er bald starb. An Stelle von Buckingham wurde nun der dem
Könige treu ergebene Thomas Wentworth, Herzog von Strafford, Minister.
Da versuchte der König, ohne deshalb einen förmlichen Übertritt zum
Katholizismus zu vollziehen, eine Versöhnung oder vielmehr eine Wieder-
versöhnung mit der römischen Kirche. Eine derartige Duldsamkeit empörte
die Puritaner dermaßen, daß sie sich durch Verbreitung einer Unzahl
Tieftiger Schmähschriften über den König an diesem bitter rächten. Sie
taten das allerdings nicht ohne alle Gefahr; denn sie wurden dafür sofort
an den Pranger gestellt, sie selbst mitsamt den Schmähschriften. In den
Jahren 1629 und 1630 schnürten zweitausend Menschen ihr Bündel, um in
der Neuen Welt, und zwar in Massachusetts, ein zweites Heim zu begründen.
Nächst einigen Auswanderern, die bereits zur Zeit der Königin Elisabeth
über das Weltmeer gefahren waren, wurden diese die ältesten Bestandteile
des schon in kurzem so gewaltigen stolzen Amerikanervolkes. In ihrer
heißen Frömmigkeit und blinden Gläubigkeit gingen sie nach Amerika
hinüber, nicht nur, um frei zu sein, sondern auch, um ihre Lehre auszu-
breiten. Von diesen freiwilligen Verbannten mochte damals wohl keiner
die ungeheure Macht ahnen, die ihre Urenkel dermaleinst entfalten sollten.
Karls I. Unvolkstümhchkeit wuchs immer mehr. Da die von ihm ver-
fügten neuen Steuern nicht von dem Parlament bewilligt worden waren,
222 Sechstes Buch.
konnten sie als ungesetzmäßig angesehen werden. John Hampden, ein
Freund von Elliot, sträubte sich, sie zu bezahlen. Er wurde zwar von den
Richtern verurteilt, aber das Volk jauchzte ihm zu. Andere folgten, um
dieselbe Behandlung wie Hampden zu erfahren. Doch jede neue Ver-
urteilung wurde von einer neuen Volksbewegung begleitet. Jedesmal,
wenn ein Schmähschriftenschreiber an den Pranger geschleppt wurde,
wurde er zum Gegenstand einer Huldigung. Doch brach zunächst noch
keine offene Empörung aus, weil die Achtung vor den gesetzlichen Formen,
sogar Ungesetzmäßigkeit gegenüber, vorläufig noch alles beherrschte.
Der wirkliche Aufruhr begann in Schottland aus einem ganz gering-
fügigen Anlasse. Es stand nicht etwa ein ernstes theologisches Interesse
auf dem Spiele, sondern es handelte sich allein um eine einfache Frage
der äußeren Gottesdienstordnung. Der Erzbischof von Canterbury, William
Laud, der_die ganze königliche Gunst besaß, beabsichtigte, den schottischen
Presbyterianern die englische Liturgie aufzuzwingen. Der Bischof von
Edinburg, der die Neuerung einzuführen wagte, wurde ausgezischt. Ein
Weib, Jenny Geddes, gab im Gotteshause selbst den ersten Anstoß zur
Auflehnung. Die Masse rottete sich zusammen. Eine Art Volksregierung
aus Adligen und Priestern wurde ernarmt. Sie faßte eine grundsätzliche
Erklärung ab (Covenant 1638). Die Covenanters beschränkten sich aber
hierauf nicht, sondern brachten auch noch ein Heer von 20000 Mann zu-
sammen, um, wenn es sein mußte, ihr Recht auch mit Gewalt verteidigen
zu können. Karl verfügte über keine Soldaten, die er ihnen hätte entgegen-
stellen können; so berief er das Parlament zusammen (Mai 1640). Dieses
Parlament, das schon nach wenigen Tagen wieder aufgelöst wurde, mußte
dann noch einmal einberufen werden (November 1640). Es war das Lange
Parlament, das eine langwierige und denkwürdige Staatsgewalt ausüben
sollte.
Es bemächtigte sich ihrer auf der Stelle, und gleich in der ersten
Sitzung beschloß es nach eingehender Erörterung die Erhebung der An-
klage gegen Strafford. Stolz und trotzig hattd er noch das Oberhaus
betreten, aber schon nach vier Stunden mußte er bereits niederknien und
sein Schwert aushändigen, um sich als Gefangener abführen zu lassen.
Diesmal beging das um die gesetzlichen Formen sonst so besorgte englische
Parlament einen wirklichen Rechtsbruch; denn die beratende Gewalt soll
nicht gleichzeitig die vollziehende sein. Aber die ganze Londoner Bevölke-
rung stand auf selten ihres Parlaments, und der König verfügte nicht mehr
über die geringsten Streitkräfte.
Straf ford wurde gerichtet, verurteilt und mit dem Tode bestraft. Ebenso
Das Königtum. 223
Laud. Zwar hatte der König auch keinen Schatten von Macht mehr, aber
er erfreute sich noch immer des altehrwürdigen Nimbus, mit dem er nun
einmal als König umgeben war, und so trug das Parlament ein gewisses
Bedenken, bis an die äußersten Grenzen seiner Macht zu gehen.
Karl zeigte sich nun in der Tat den Ereignissen vollkommen im-
gewachsen. Anstatt sich wieder frischweg rückhaltlos mit den gemäßigten
Dissenters zu verbinden, täuschte er sie, die ihn sicher unterstützt haben
würden, wenn er auch nur einige wenige ehrliche Zugeständnisse gemacht
hätte. Zwar nahm er sie zu Ministern, verlangte aber dann ohne sie und
sogar gegen sie zu regieren. Am 4. Januar 1642 drang er mit seinen Leib-
truppen und einigen ihm treu gebliebenen Edelleuten in den Parlamentssaal
ein und machte fünf Mitglieder der Opposition namhaft, die ihm ausge-
liefert werden sollten; aber diese waren rechtzeitig gewarnt worden und
nicht erschienen. Sie hatten sich in irgendeinem Winkel Londons ver-
borgen und die Scherifs (Gaurichter) verweigerten ihre Ausüeferung.
Es blieb nichts übrig, als sich dem Zwange der Notwendigkeit zu fügen,
war doch die Londoner Bevölkerung in offenem Aufruhr. So verließ der
König nun seine Residenzstadt in der Hoffnung, bald wieder als Sieger an
der Spitze eines gefügigen Heeres einziehen zu können.
Zunächst hatte er allerdings einige militärische Erfolge zu verzeichnen.
Auch fand er in England und Irland einige Anhänger. Um sich einen
Anschein von Gesetzmäßigkeit zu geben, berief er aus der Menge der
Parlamentsmitglieder diejenigen, die zu einem offenen Aufstand ihre Mit-
hilfe versagt hatten, nach Oxford.
Aber schon erhob sich ganz Schottland gegen ihn. An der Spitze der
gesamten puritanischen Streitmächte stand eines der jüngeren Mitglieder
einer kleinen Adelsfamilie, Oliver Cromwell, ein trotziger Puritaner, be-
geistert von Gottesfurcht und Tapferkeit, schrecklich durch seine kalte Ent-
schlossenheit und seinen unbezähmbaren Tatendrang. Er kannte keine
Nachsicht, keine Gnade, kein Erbarmen, eine Art soldatischer Robespierre,
ein Freund von Kampf und Kanzel, ein demokratischer Edelmann, der
sich mit Theologen und Soldaten umgab, ohne sie nach ihrem Prüfungs-
zeugnis oder Wappenschild zu 'fragen. Er scharte so Männer um sich,
die ebenso leidenschaftliche Schwärmer wie ihr Führer waren, aber für
niemanden leidenschaftlicher schwärmten als für ihren Führer selbst.
Nach einigen anfänglichen Erfolgen ließ er sich zum Generalleutnant
der Parlamentstruppen ernennen (1644).
Diese auf ihren Feldherm wie auf ihr gutes Recht vertrauende be-
geisterte demokratische Streitmacht wurde mit den in sich so gespaltenen.
224 Sechstes Buch.
hohlen und vollkommen abgestumpften Royalisten aufs leichteste fertig.
So erlitt denn auch Karl bei Naseby (1645) ^i^^ vollkommene Niederlage,
bei der er siebentausend seiner besten Soldaten verlor.
Nun begann für den unglücklichen Herrscher eine ebenso lange wie
schmerzliche Leidenszeit. Er flüchtete sich nach Schottland; aber die
Schotten lieferten ihn dem Parlament aus, und dieses hielt ihn in einem
Schlosse derartig in Haft, daß man nicht recht wußte, ob er eigentlich
König sei oder Kriegsgefangener. Noch einige Monate lang versuchte er
es damit, unter seine Feinde Uneinigkeit bringen, ja auch einen Cromwell
durch schöne Versprechungen locken zu wollen. Selbst aus den kleinen
Meinungsverschiedenheiten, die zwischen Parlament und Heer entstanden
waren, glaubte er Vorteil ziehen und damit vielleicht doch noch die Ober-
hand gewinnen zu können. So ging es noch einmal in den Kampf.
Doch Cromwells Heer war unbesieglich !
Gleichwohl begann sein Führer, als ob er an dem endgültigen Erfolge
zu zweifeln schien, bereits einige Verhandlungen anzuknüpfen, als ein auf-
gefangener Brief Karls T. ihm die Doppelzüngigkeit seines Gegners bewies.
Da zögerte er nicht länger. Der gefangene Karl wiu-de nunmehr nach
London geschafft, und als sich das Parlament weigerte, ihn in Anklage-
zustand zu setzen, trat Oberst Pride in den Sitzungssaal und verfügte mili-
tärisch oder mit anderen Worten ohne Recht und Gesetz die Ausschließung
der Opposition (Pride s purgation). Selbst nach dieser gründlichen Säube-
rung ergab sich das Parlament nur ungern darein, seinen König als schuldig
zu erkennen. Von hundertfünfzig Mitgliedern waren nur vierundsechzig
anwesend, und im Augenblick der Abstimmung über die Schuldfrage des
Hochverrats waren nur vierundvierzig Stimmen für Verurteilung zum Tode
gegenüber achtundzwanzig von anderer Ansicht. Die Todesstrafe wurde
mit noch nicht einem Drittel der Stimmen des Hauses beschlossen. Es war
das eine so schamlose Ungesetzmäßigkeit, daß im Grunde nicht sowohl
von einem richterlichen Urteil die Rede sein konnte als vielmehr von einem
begangenen Verbrechen.
So wurde Karl L am 31. Januar 1649 in den Mauern des Whitehall-
gebäudes enthauptet; er starb mutig und zeigte sich in seiner Todesstunde
zum erstenmal als wirklicher König.
Nun rief das Parlament die Republik aus (Commonwealth). Das Ober-
haus wurde abgeschafft, und es blieb ausschließlich das Haus der Ge-
meinen bestehen. Ein von ihm ernannter Rat von vierzig Mitgliedern stellte
die Regierungsgewalt dar.
Das Königtum. 225
Dies war der Abschluß einer großen Umwälzung, die durch ein Ge-
misch von Gewalt und Recht die Herrschaft der Völker über die Könige
herstellte. Indessen war jene Umwälzung, die es sich zur Aufgabe gemacht
hatte, England, wenn nicht die vollkommene politische Freiheit, so
doch wenigstens sichere Bürgschaften gegen die königliche Übermacht zu
erringen, eigentlich nur ein Triumph religiöser Unduldsamkeit.
Sie blieb ausschließlich auf England beschränkt. Für die Verkündung
der allgemeinen Menschenrechte war die Zeit noch nicht reif.
Wer hätte denn auch schon in dem Europa des Jahres 1650 an die
Menschenrechte denken sollen? Frankreich, Spanien, Deutschland, Italien
waren sämtlich leidenschaftlich monarchisch und absolutistisch. Aber auch
England kannte noch nicht die wahre Freiheit. Selbst Oliver Cromwell,
der rauhe Gründer der englischen Republik vom Jahre 1649, war nur ein
sektiererischer Soldat, der für einen Unabhängigkeitskampf der Völker kein
Verständnis gehabt hätte.
Er hatte auch schon damals nur zu bald Gelegenheit, es zu zeigen. Als
sich das Parlament immer wieder aus eigner Machtvollkommenheit von
Jahr zu Jahr vertagte in dem Bestreben, dadurch sein Dasein künstlich
hinauszuschieben und seinen Willen dauernd zu diktieren, trat Cromwell
eines Tages stolz mit dem Hut auf dem Kopf in die Sitzung und kündigte
den Parlamentsmitgliedern an, daß es nun endlich Zeit sei, den Platz zu
verlassen (1653). Die lange Anstrengung der Engländer zur Erringung
der Freiheit endigte so in der fluchwürdigsten Regierungsform, die es nur
geben kann, nämlich einer militärischen und zugleich religiösen Diktatur,
die beide so abscheuliche Formen der Tyrannei in sich vereinigte.
Cromwell hatte Macht imd Ruhm. Da stieg in ihm der Wunsch auf,
daß diese Macht und dieser Ruhm auch in seinem Titel zum erkennbaren
Ausdruck kämen, und so ließ er sich zum Protektor ausrufen. Er dachte
sogar einen Augenblick daran, den Namen eines Königs anzunehmen, aber,
als ihm seine Freunde dann wirklich die Krone anboten, wies er sie zurück,
ganz, wie es einst Cäsar im Senate getan hatte.
Man erlebte damals, was man eines Tages mit einem andern sieg-
reichen Soldaten wieder erleben sollte, der noch größer als Cromwell war:
die stolzesten europäischen Monarchien, Spanien, Frankreich, Österreich
und Schweden, stritten sich um seine Unterstützung. Die Könige ver-
gaßen offenbar bei beiden, daß sie Königsmörder waren.
15 Richet, Geschichte der Menschheit
226 Sechstes Buch.
Die westfälischen Friedensverhandlungen, die den Krieg zwischen Frank-
reich und dem Reiche beendet hatten, hatten nicht in gleicher Weise ver-
mocht, den Krieg zwischen Frankreich und Spanien in seinem Fortgange
zu stören. Cromwell fühlte sich von den geschickten Liebeswerbungen
Mazarins geschmeichelt und nahm für Frankreich Partei. Infolge der
Schlacht bei den Dünen, in der die vereinigten Franzosen und Engländer
siegreich waren, bemächtigte er sich Dünkirchens und brachte es in
dauernden Besitz seines Landes (1658). Die enghsche Flotte nahm
den Spaniern Jamaika ab und brachte es ebenfalls in englischen Besitz.
Als Cromwell starb (1658), war er allmächtig nicht nur in England,
son"3ern in der ganzen Welt.
Zwar hatte sich England für Cromwell begeistert, keineswegs aber
für seine mihtärische Regierung. Ein Jahr nach dem Tode des Protektors
wurde daher ein Konvent gewählt, der den Sohn Karls L zurückrief.
General Monk, der das eine der beiden puritanischen Heere befehligte,
stellte sich auf die Seite der Anhänger des Königs. Karl IL kehrte
nach London zurück, von demselben Pöbel angejauchzt, der sich um
das Schafott seines Vaters gedrängt hatte.
Der neue König (1660 — 1685) war einsichtig genug, zu erkennen, daß
der Papismus jedem Engländer in der Seele zuwider sei. Da er nun
nicht gerade wünschte, den Weg in die Verbannung zurückzumachen,
zeigte er sich äußerlich als guter Anglikaner, so sehr er im Innern als
echter Stuart noch immer den Katholiken zugetan sein mochte. Den
Presbyterianern war er anderseits gar nicht hold, fand er sie doch lang-
weilig geschwätzig, lehrhaft überhebend, von Sittenstrenge triefend, mucke-
risch und scheinheilig, und so benutzte er jede gute Gelegenheit, ihnen
etwas Ordentliches am Zeuge zu flicken. Aber die Sitten hatten sich
gemildert, und es gingen auch die Plackereien gegen sie nicht über Haft
und Geldstrafen hinaus.
Das erste von Karl II. einberufene Parlament hing noch an ihm mit
treuer Ergebenheit. Karl hütete sich wohlweislich, es nach Hause zurück-
zuschicken. Aber die allmählich erforderlichen Ergänzungswahlen änderten
nach und nach den dort herrschenden Geist in einer Weise, daß es
schließlich sogar wagte, dem König offenen Widerstand zu zeigen.
Was Karls IL Untertanen am meisten ärgerte, war seine nur schlecht
verhehlte geheime Neigung für die Katholiken. Nachdem er sich mit
Ludwig XIV. verbunden hatte, wollte er im Jahre 1672 den englischen
Katholiken des Recht der freien Ausübung ihrer Religion verleihen
(Declaration of Indulgence). Das -Parlament antwortete mit dem Vor-
Das Königtum. 227
schlag eines gehässigen Gesetzes, der Test bill (1663), die einem Katholiken
jedes Staatsamt verschloß. Karl gab nach.
Er war entschlossen, alles über sich ergehen zu lassen, um nur den '^^>**^
Thron zu halten. So willigte er in die Heirat seiner Nichte, der mutmaß-
lichen Thronerbin, mit dem Prinzen Wilhelm III. von Oranien, und v/eigerte
sich auch ferner nicht, mit Ludwig XIV. Krieg zu führen. Ja, er erhob
die Habeas corpus bill zum Gesetz, die die persönliche Freiheit eines jeden
Bürgers gegen alle willkürliche Verhaftung schützte. Die regelmäßig
wiederkehrenden Zeitungen hatten sich inzwischen ins unermeßliche ver-
mehrt, waren aber bisher der Zensur unterworfen gewesen. Nun wurde
auch diese abgeschafft. So entriß das geduldige und beharrliche englische
Volk der Monarchie Schritt für Schritt und Stück für Stück die sämt-
lichen Freiheiten, die es brauchte.
Bei aller Nachgiebigkeit suchte Karl noch immer ein paar Brocken
der persönlichen Gewalt zurückzugewinnen. Er weigerte sich, dieses uner-
trägliche Parlament einzuberufen, das sich herausnahm, seine privatesten
Luxusausgaben nachprüfen zu wollen. Er wurde von den Tories (abhorrers
= Verächter) unterstützt und von den Whigs (petitioners = Bittsteller)
bekämpft. Von diesem Zeitabschnitt schreibt sich die Bildung der beiden
großen politischen Parteien Englands her, nämlich der Tories, der An-
hänger der Überlieferung, die mit Nachdruck die Vorrechte des Königs
und der anglikanischen Hochkirche vertraten, und der Whigs, meist
Presbyterianer, die weit mehr um Volksrechte als um Vergünstigungen
für den Herrscher besorgt waren.
Die letzten vier Regierungsjahre Karls II. waren die eines unum-
schränkten Alleinherrschers. Das Volk war der Bürgerkriege müde und
wurde wieder mehr und mehr den monarchischen Überlieferungen treu.
Obwohl Karl im Grunde eher ein Wollüstling als ein Tyrann zu nennen
war, ließ er gleichwohl seine Widersacher gegen alles Recht verurteilen
und hinrichten, unter andern Rüssel und den heldenmütigen Algernon
Sidney. Als er schließlich starb (1685), bekannte er sich noch auf seinem
Sterbebette zum katholischen Glauben, dem er im Grunde seiner Seele
ja niemals untreu geworden war.
Sein Bruder Jakob II. (1685 — 1688) erklärte sich ziemlich unverhohlen
für den Katholizismus. In demselben Augenblick aber entstanden Putsche
und Aufstände, die streng geahndet wurden. Ein so hervorragender Richter
wie der berüchtigte George Jeffreys überließ sich einer wahren Orgie von
Hinrichtungen, die ein blutiger Hohn auf alle Rechtsprechung waren.
Jetzt fühlte sich Jakob seines Heeres sicher und trug seine Vorhebe für
15*
)28 Sechstes Buch.
die katholische Religion ganz offen zur Schau. Das Beispiel Ludwigs XIV.,
dem es gelungen war, in Frankreich die unumschränkte monarchische
Regierung für lange Zeit fest zu begründen, blendete ihn. Er veröffent-
lichte eine Declaration of Indulgence (Duldsamkeitserklärung), d. h. er
sprach den Katholiken das Recht zu, wieder Katholiken werden zu dürfen.
An sich kann gar nichts gerechter sein, aber in Wirklichkeit bedeutete
das nichts anderes als die Rückkehr zu einer verabscheuten Religion!
Da gaben die Bischöfe, die Edelleute, der Pöbel, ja sogar auch die Soldaten
die königliche Sache preis. Alle diese unzufriedenen Elemente riefen, in
dem Bestreben, den Grundsatz der erblichen Monarchie, und wäre es auch
nur in der Einbildung, aufrechtzuerhalten, Wilhelm von Oranien, den
Schwiegersohn des Königs, aus den Niederlanden hinüber. Höchsterfreut
leistete dieser ihnen bereitwilligst Folge. Er schiffte sich mit einem
holländischen Heere von vierzehntausend Mann nach England ein (5. No-
vember 1688). Doch es bedurfte keiner Gewalt. Die königlichen Truppen
gaben jeden Widerstand auf und zerstreuten sich ohne Zucht und Ordnung.
Jakob ergriff die Flucht und warf, als er an der Themse vorbeikam, sein
königliches Siegel in den Fluß, gleich als ob er hoffte, durch diese Kinderei
die Regierungsakte des Mannes, der ihn vom Throne verdrängt hatte,
dadurch in ihrer Gesamtheit ungültig machen zu können.
Er flüchtete sich nach Frankreich zu Ludwig XIV., den er unbedachter-
weise zum Muster genommen hatte. Mit ihm stirbt das Haus der Stuarts
aus. Trotz glänzender und bisweilen außerordentlich einnehmender Eigen-
schaften waren sie nicht nur ohnmächtige Schwächlinge, sondern auch
kurzsichtige Toren.
iDamit, daß England Wilhelm III. von Oranien zum Herrscher wählte,
setzte es die monarchische Überlieferung fort. Aber der neue König
mußte auf die Bedingungen eingehen, die ihm bei seiner Krönung auf-
erlegt wurden. Keine Truppen können ausgehoben, keine Steuern verein-
nahmt werden ohne ein von beiden Kammern angenommenes Gesetz;
jeder Bürger hat das Recht, von ordentlichen Gerichten abgeurteilt zu
werden. Das Parlament ist immer wieder zusammenzuberufen, und die
Wahlen müssen freie sein (Bill of Rights = Verzeichnis der Rechte 1688).
In der Tat auf allen Seiten von einem unerbittlich monarchischen
Europa umgeben, erkämpfte das englische Inselvolk gleichwohl seine
Freiheiten. Es hatte sie durch seine zähe und unwiderstehliche Ausdauer
wohlverdient (13. Februar 1689).
Das Königtum. 229
Wohl war noch vor England ein anderes Land, ein kleines Ländchen,
das sich selbst in manchen Gefahren und schweren Nöten bewährt hatte,
die Zuflucht und das Obdach des freien Gedankens geworden. Republi-
kanisch in dem despotischen Europa, war das holländische Volk durch
die beiden wichtigsten Tugenden, die ein Volk haben kann, durch Unab-
hängigkeit und Beharrlichkeit, zu einer glänzenden Blüte auf wirtschaft-
lichem wie auf geistigem Gebiete gelangt.
Die Utrechter Union (1579) hatte eine Bundesrepublik unter dem
Namen „Die Vereinigten Provinzen der Niederlande" geschaffen, die
aus sieben Staaten bestanden: Holland, Zeeland, Geldern, Utrecht, Fries-
land, Oberyssel und Groningen. Holland war für sich allein ebenso reich
und auch ebenso bevölkert wie alle andern Provinzen zusammengenommen;
es umfaßte die Städte Amsterdam, Rotterdam, Leyden, Haarlem und Delft.
So entstana gleich von Anfang an ein Gegensatz zwischen dem Regierungs-
vertreter Hollands (Ratspensionär) und denen der andern Staaten {Stad-
houders).
Die Stadhouders, die immer aus der Familie Oranien oder Nassau zu
wählen waren, bildeten das aristokratische, in Religionssachen unduldsame,
dem Einheitsstaate zustrebende und militärische Element, die Vertreter
von Holland, die anderseits wenig Verlangen nach Krieg trugen, sondern
weit mehr um den nationalen Wohlstand besorgt waren und an den Frei-
heiten und Rechten der einzelnen Gemeinwesen hingen, das republikanische
und bundesstaatliche, politisch duldsame Element. Aus so hervorragenden
Männern sie auch beiderseits bestanden, und so warm sie auch beiderseits
ihr Vaterland liebten, so konnten sie doch untereinander zu keiner rechten
Verständigung kommen. Moritz von Nassau, der Stadhouder, und Barne-
velt, der Ratspensionär von Holland, die vordem in dem rühmlichen Kampfe
der Niederlande gegen die spanische Zwingherrschaft so einig zusammen-
gehalten hatten, bekämpften sich schon nach dem Siege gegenseitig, wobei
sich ein Akt schmählichster Ehrlosigkeit abspielte. Nach einem scheinbaren
Bürgerkriege wurde Barneveit das Opfer eines Justizmordes durch Moritz
von Nassau (161 9).
Dieses Verbrechen hob die Macht der Moritz von Nassau folgenden
Stadhouders noch um ein beträchtliches. Sie wurden zu halben Herrschern
(1620 — 1650).
Beim Tode Wilhelms H. von Nassau, der nur ein einziges Kind in
zartestem Alter hinterließ, schöpfte die holländische Partei neuen Mut,
und die Gewalt ging in die Hände des Jan de Witt, des Ratspensionärs
von Holland, über. Jan de Witt war ein rechtschaffener, fähiger und
230 Sechstes Buch.
arbeitsfreudiger Staatsmann. Er wollte sowohl für die eigene Person
wie für das ganze Land von allem, was nur im entferntesten einem fürst-
lichen Hofgepränge ähnlich sah, nichts wissen. Er suchte seine Volks-
genossen nicht in die großen Kriege hineinzuziehen und auch nicht Heere
für militärische Unternehmungen, seien sie, welche sie wollen, zu sammeln.
Er liebte Freiheit und Gerechtigkeit. Er paßte noch nicht in seine Zeit
und wohl auch noch nicht in die unsere.
Von räuberischen Nachbarn umgeben, verfügte er auf diese Weise
über keine bewaffnete Macht zu seinem Schutze. Als daher Ludwig XIV.
im Jahre 1672 das traurige Verbrechen, aber gleichzeitig den schweren
Fehler beging, die Vereinigten Provinzen der Niederlande feindlich zu
überfallen, war das feindliche Land vollkommen wehrlos. Der Pöbel,
der im Haag gerade ebenso erbärmlich ist wie irgendwo sonst in der
Welt, machte Jan de Witt für den Überfall verantwortlich und riß ihn
mitsamt seinem Bruder Cornelius bei einem Straßenauflauf buchstäblich
in Stücke.
Nun wurde in Holland der alleinige Herr der Lage Wilhelm III. von
Oranien-Nassau. Da es aber jetzt die wichtigste Aufgabe war, dem feind-
lichen Überfall aus dem Auslande mit Erfolg entgegentreten zu können,
ließ er sich die Machtvollkommenheiten eines Herrschers und eine Militär-
diktatur übertragen.
Die Holländer zeigten sich wahrhaft heldenmütig. Ehe sie sich ergaben,
setzten sie lieber ihr ganzes Land unter Wasser. Die Deiche, durch die
das Meer zurückgehalten wurde, wurden nunmehr geöffnet, und Holland
versank in den überschwemmenden Fluten. Wie Napoleon I. später vor dem
hereinbrechenden Winter, so mußte Ludwig XIV. damals vor dem herein-
brechenden Meere zurückweichen (1673).
Europa raffte sich nun gemeinsam auf, war doch ein Herrscher da,
den alle Völker fürchteten. Ein gewaltiges Bündnis wuchs bedrohlich
empor gegen den König von Frankreich. Es verbanden sich gegen Lud-
wig XIV. Kaiser Leopold I., Spanien, England, Dänemark. Aber die Seele
dieses Bundes war Wilhelm III. von Nassau. Nach Verlauf von sechs
Jahren wurde schließlich der Friede von Nymwegen geschlossen (1678). Die
Vereinigten Provinzen der Niederlande erlitten an ihrem Gebiet auch nicht
den geringsten Verlust.
Jetzt wurde die Volkstümlichkeit Wilhelms eine so große, daß er bis
zu seinem Tode (1702) in dieser Bundesrepublik auch in den nun folgenden
Friedenszeiten weiter gerade so der unumschränkte Herrscher blieb, wie
er es während des Krieges gewesen war. Ja, auch noch als er zum König
Das Königtum. 23 1
von England berufen wurde (1688), fuhr er ruhig fort, Holland wie ein erb-
licher König zu regieren, zu einer Zeit, wo umgekehrt seine Gewalt über das
englische Volk im Grunde nicht größer als die eines Stadhouder war.
Aber die Geschichte der Vereinigten Provinzen der Niederlande liegt
nicht sowohl in den Kriegen als in der großartigen kolonialen Entwicklung
des holländischen Volkes.
Wir hatten gesehen, daß die Portugiesen die ersten waren, die das
Kap der Guten Hoffnung umfahren und in Ostindien Handelsnieder-
lassungen begründet hatten. Als nun Portugal Spanien untertänig wurde,
hielten es die Könige von Spanien unter ihrer Würde, sich um diese
Faktoreien zu kümmern, und so kam es, daß sie sie schließUch fast ganz
vergaßen. Da bemächtigten sich ihrer die Holländer, die mit den Spaniern
in beständigem Kriege lebten. Sie gründeten eine ostindische Gesellschaft,
die ohne jeden Schwertstreich die Handelshäfen für sich mit Beschlag
belegte und das Kap der Guten Hoffnung besiedelte. Die biederen süd-
afrikanischen Buren sind die Nachkommen dieser ersten Ansiedler. Sie
besetzten auch die Insel Ceylon, die sie später an England abtreten
mußten, und ließen sich auf den Sundainseln und Java nieder, die zu
den reichsten Strichen der Erde gehören, und die sie noch heute besitzen.
Jetzt riefen sie auch noch eine westindische Gesellschaft ins Leben, die
Neu-Amsterdam begründete, aus dem später New York hervorging, und
einen Teil von Guyana und einige der Antilleninseln besiedelte. Zum
Schutz für ihre riesige Handelsflotte rüsteten sie zwar langsam, aber beharr-
lich, so recht ihrer ruhigen und zähen Art entsprechend, eine prächtige
Kriegsflotte aus, die im 17. Jahrhundert vorübergehend die erste der
Welt war; es war dies zu der Zeit, wo die Große Armada Spaniens als ein
Opfer des Sturmes in den Wellen untergegangen war und die englische
Seemacht kaum in ihren ersten Anfängen stand.
Daraus erwuchs natürlich den Niederlanden ein großer Reichtum. Zu
gleicher Zeit entwickelten sich dort blühende Industrien. Die Vertreibung
der Kalvinisten aus Brüssel und Antwerpen und später nach der Wider-
rufung des Ediktes von Nantes die der französischen Protestanten aus
ihrem Vaterlande zog eine Auswahl von schöngeistigen Gelehrten und
Edelleuten und auch von Handwerkern und Künstlern heran.
Mit Reichtum und Freiheit verfeinerte sich weiter die geistige Kultur
des Landes. An Druckereien gab es unzählige und glänzende. Leyden
ist im 17. Jahrhundert einer der Hauptmittelpunkte der Erzeugung von
literarischen und wissenschaftlichen Gütern gewesen. Viele französische
Werke, die in Paris nicht hätten zur Ausgabe kommen dürfen, sind dort
232 Sechstes Buch.
erschienen. An die liolländischen Universitäten bekamen die hervorragenden
Gelehrten aller Länder Rufe. Alle die Männer, die sich ihre Freiheit im
Denken und Schreiben bewahren wollten, kamen nach Holland. Descartes
hat dort mehrere Jahre zugebracht. Der portugiesische Jude Spinoza
lebte in Amsterdam (1632— 1677). Pierre Bayle (1647 — 1706), der kühne
Apostel der Duldsamkeit und Vorläufer der Enzyklopädie, flüchtete sich
nach Rotterdam. Die Optiker von Amsterdam können auf den Ruhm
Anspruch machen, die Linsengläser ersonnen zu haben. Huyghens, der
große Physiker (1629 — 1695), und Leuwenhoeck (1632 — 1723), der die
ersten mikroskopischen Beobachtungen machte, waren Holländer.
Besonders aber in der Malerei nehmen die Holländer den ersten Platz
ein. Das Land eines van Eyck (1375 — 1440), des Vaters der modernen
Malerei, war das so mancher gewaltiger Künstler, deren Namen keinen
geringeren Klang haben als die eines Raffael, Tizian, Velasquez. Die Maler
der flämischen Schule des 17. Jahrhunderts sind nicht zu zählen und ganz
auserlesene. Rubens (1577 — 1640) ist der große Farbenkünstler. Er hat
sich auf allen Gebieten der Malerei ausgezeichnet, und seine Fruchtbarkeit
war eine so erstaunliche, daß es in Europa auch nicht ein einziges Museum
gibt, das nicht von diesem Künstler eine Reihe fesselnder Gemälde, ja
sogar einzelne Meisterwerke besäße. Rembrandt (1606 — 1669), der vielleicht
noch höher als Rubens steht, ist unter den Malern der gewaltigste
und tiefste; seine Personen haben alle eine wirkliche Seele, und er ist nicht
bloß glänzender Farbenkünstler, sondern auch eindringender Psychologe.
Auch Meister, wie van Dyck, Ruysdael, Franz Hals, Teniers, Potter,
Jordaens, Jan Steen, Snyders, Metzu, Hobbema, sind aus dieser die all-
gemeine Bewunderung erregenden und im hellsten Lichte erstrahlenden
Schule hervorgegangen. Das kleine niederländische Völkchen hat in jenem
Jahrhundert für die Malerei mehr geleistet als alle übrigen europäischen
Völker zusammengenommen. Wenn, was trotz alledem nicht ausgeschlossen
ist, die Malkunst eines Tages neue Verfahrungsweisen erfinden sollte,
so ist gleichwohl nicht recht einzusehen, wie die Maler der Zukunft mehr
Poesie mit ebensoviel Wahrheit zu vereinen imstande sein werden.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts überragt unter der Regierung
Ludwigs XIV. das geistige Leben Frankreichs das aller übrigen euro-
päischen Völker, das sich in allen seinen Verzweigungen bald innig
jenem vereinen und in ihm aufgehen sollte. Die Vorherrschaft, die bisher
Das Königtum. 233
Karl V. und seine Nachfolger für Spanien erstrebt und beinahe eroTjert
hatten, sollte jetzt Frankreich antreten und festhalten.
Die glänzende Regierung Ludwigs XIV, (1643 — ^7^5)> eine der längsten,
die in der Geschichte zu verzeichnen sind, ist für das französische Volk
gleichzeitig eine der ruhmreichsten und der traurigsten, eine der frucht-
barsten und der schändlichsten.
Beim Tode Ludwigs Xlll. war sein Sohn Ludwig XIV. noch nicht fünf
Jahre alt. Die Regentschaft wurde durch das Parlament zu Paris an die
Mutter des erst so jugendlichen Königs, Anna von Österreich, übertragen,
die auch nicht die geringsten staatsmännischen Fähigkeiten hatte. Nebenbei
gesagt sind alle diese aus dem Auslande stammenden Fürstinnen von Frank-
reich, von Isabella von Bayern an bis zur Gemahlin Napoleons III., Eugenie
von Montijo, der Politik ihres Gatten bzw. Sohnes ausnahmslos verhängnis-
voll gewesen. Erfreulicherweise ahmte Anna von Österreich keiner der
beiden Mediceerinnen, weder Katharina noch Maria, nach; sie nahm sich
als Ratgeber und Minister einen der fähigsten Männer, die die Geschäfte
eines großen Landes geführt haben, denselben, den der sterbende Richelieu
Ludwig XIII. empfohlen hatte: den Kardinal von Mazarin.
Diese gleichzeitige Regierung von zwei Ausländern, einem Italiener
und einer Österreicherin, war natürlich sofort sehr unvolkstümlich; doch
das kümmerte Mazarin wenig. Er liebte die Macht in ihren greifbaren
persönlichen Vorteilen viel zu sehr, um sich nicht über die kleinen Stiche-
leien, Spottlieder und Schmähschriften, die vollständig an ihm abprallten,
hinwegzusetzen. So benutzte er seine Stellung, um auf Kosten der Staats-
kasse seine eigne Person zu bereichern und seine Nichten verschwenderisch
auszustatten. Aber so schwach auch sein Gefühl für persönliche Würde
entwickelt war, ebenso stark war auch seine Sorge für die Würde des ge-
samten Frankreichs. Er hat in der Tat den Ruhm: allen Hindernissen
zum Trotze, die ihm Menschen und Dinge in den Weg legten, das große
Werk Richelieus fortgesetzt zu haben (1643 — 1661).
Die ersten Jahre dieser Regierung wurden durch nicht endenwollende
Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Minister des Königs und dem
Parlamente gestört. In diesem Streite sah sich Mazarin nach und nach
von aller Welt verlassen; die Parlamentarier erhoben Einwendungen; die
Bürger wollten nicht fortwährend neue Steuern bezahlen, in deren Ersin-
nung die fruchtbare Erfindungskunst des Kardinals, ohne auch nur irgend-
welche Anstandsfrist zu gewähren, unerschöpflich war; das Volk litt
Hunger; die Edelleute dürsteten nach Rache für die Abhängigkeit, in
der sie bereits RicheUeu gehalten hatte; die vornehmen Damen des Hofes
234 Sechstes Buch.
und des Adels waren feindlich gesinnt, und die Entwicklung der Literatur
wie das Eindringen spanischer Ritterlichkeit verlieh ihnen eine wachsende,
bisweilen etwas übertriebene Bedeutung. Aus dem Zusammenwirken aller
dieser Mißstimmungen entstand die Fronde (1648).
Der Augenblick war schlecht gewählt; denn Cond6 hatte eben über
die Spanier den Sieg bei Lens davongetragen (1648). Die Pariser Bevöl-
kerung baute Barrikaden, und der kleine König mußte nach Saint-Germain
fortgebracht werden.
Kurze Zeit nachher unterzeichnete Mazarin die Westfälischen Friedens-
verhandlungen, die Frankreich das Elsaß und einen Teil Lothringens
einbrachten. Doch dieser diplomatische Sieg kümmerte die Fürsten wenig.
Die heilige Vorstellung vom Vaterlande, wie wir sie uns heute bilden,
war damals noch etwas vollkommen Unbekanntes, ganz besonders auch
beim Adel. Das wird so recht deutlich an Conde, dem glänzenden Sieger
von Rocroy und Lens, der den französischen königlichen Dienst verließ,
um den Oberbefehl über das spanische Heer zu übernehmen (1651).
Ihm schlössen sich der Kardinal von Retz, ein ebenso aufrührerischer
Hetzer wie prächtiger, wenn auch stellenweise nur allzuleicht mißverständ-
licher Schriftsteller, der Herzog von Nemours, der Herzog von La Roche-
foucauld, der Herzog von Rohan, Frau von Longueville an, lauter Namen,
die zu den ersten Frankreichs gehören. Die Fronde dieser hohen Herr-
schaften verband sich mit der Fronde des Volkes.
Doch eine so eigenartige Verbindung konnte keinen langen Bestand
haben. Die Pariser wurden schnell Cond6s müde und riefen schließhch den
König zurück (1652).
Ohne die Unterstützung von Paris konnte sich Conde nicht halten.
Er wurde bei Stenay von einem Feldherrn besiegt, der ebenso bedeutend
wie er, aber der Partei des Königs treugeblieben war, nämlich Turenne.
Das Bündnis mit Cromwell verschaffte Mazarin neuen Einfluß. In
der Schlacht bei den Dünen (1658) wurde das spanische Heer, das jetzt
unter dem Oberbefehl Condes stand, völlig vernichtet, so daß Spanien
um Frieden bitten mußte; der Pyrenäische Friedensvertrag (1658) war
Frankieich sehr günstig; es gewann das Artois und Roussillon wiedsr.
Der junge König von Frankreich wurde dazu verurteilt, die Tochter des
Königs von Spanien zu heiraten. Diesmal hatte Mazarin einmal wirkliche
Seelengröße bewiesen, wenn er sich der Ehe seiner Nichte Maria Mancini
mit Ludwig XIV., der sie liebte, widersetzte.
Bald nachher starb der große Staatsmann (1661). Es ist ihm schon
zu verzeihen, wenn er für sich im Dienste Frankreichs so märchenhafte
Das Königtum. 236
Reichtümer aufgehäuft hat — er hat sie übrigens mit seinem Tode dem
Lande zurückerstattet — , hat er doch umgekehrt Frankreich durch den
Westfälischen und den Pyrenäischen Friedensschluß seine natürlichen
Grenzen zu verschaffen und Spanien und Österreich, jene beiden unver-
söhnlichen Gegner des französischen Volkes, die bei allen sonstigen Gegen-
sätzen gegen dieses stets einig gewesen waren, zu trennen verstanden.
Machen wir uns klar, welches in dem Augenblick, wo das Frankreich
Ludwigs XIV. in die Erscheinung tritt, die Lage der verschiedenen euro-
päischen Völker gewesen ist.
Das durch fortwährende Kriege zerrüttete Spanien war entvölkert und
in kläglichem Zustande, seine Seemacht fast völlig vernichtet, sein Handel
zerstört, und allein obenauf — seine Inquisition. Es hatte auch schon
Portugal wieder verloren, das sich erhoben und endgültig von ihm getrennt
hatte. Sein ausschweifender, fauler imd verschwendungssüchtiger König
Philipp IV. sah dem Sturze seines Reiches von der Höhe seiner Weltstellung
lächelnd zu (1621 — 1665). Sein verkrüppelter, anfälliger und schwächlicher
Nachfolger Karl sollte auch nicht glücklicher oder fähiger sein.
Italien war zerstückelt; aber schon die Herzöge von Savoyen gründeten
sich dank ihrer militärischen und politischen Fähigkeiten in Oberitahen
eine Macht. Alle Regierungen erstrebten ein Bündnis mit ihnen; sie aber
stellten sich je nach ihren einseitigsten dynastischen Interessen einmal
auf die Seite der Franzosen und dann wieder auf die Seite der Kaiserlichen
oder auch der Spanier. Die Republiken Genua und Venedig, so mächtig
sie auch noch immer sein mochten, fühlten gleichwohl schon ihre Kräfte
etwas erlahmen, beherrschten doch jetzt die englischen, französischen
und besonders auch holländischen Schiffe ganz überwiegend die Meere,
die früher fast ausschließlich sie allein beherrscht hatten. Das ganze
übrige Italien war in einem wahren Jammerzustande. Die spanische
Herrschaft lastete schwer auf Neapel, Sizilien, Sardinien und der Lombardei.
In den Kirchenstaaten war die Räuberei ganz an der Tagesordnung und
wurde von vornehmen Herren betrieben, wie den Orsini, den Colonna,
den Sciarra, die noch räuberischer waren als die Landstreicher, die die
Fluren beunruhigten. Die Herzöge von Toskana, Mantua und Ferrara
waren traurige Herren, die, genußsüchtig und goldgierig, ganz und gar
auf die spanische Politik eingeschworen waren.
Deutschland war kaum glücklicher. Kaiser Leopold L, ein schwankender
und schlaffer Charakter (1658 — 1705), besaß kaum noch eine nennenswerte
Macht über die nichtösterreichischen deutschen Staaten. Unter ihnen
schien Brandenburg mittlerweile der mächtigste werden zu sollen. Friedrich
236 Sechstes Buch.
Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst benannt (1640 — 1688),
bewährte sich in Friedens- wie in Kriegszeiten als ein äußerst fähiger
Fürst, Nach einem gemeinschaftlichen glänzenden Siege über die polnischen
Heere hielt er im Jahre 1656 zusammen mit dem Schwedenkönig Karl X.
einen feierhchen Einzug in Warschau und erlangte im Jahre 1657 in dem
Vertrage von Wehlau das Herzogtum Preußen, das er bis dahin vom
König von Polen Johann Kasimir (Wasa) nur als ein Lehen gehabt hatte, als
selbständiges, vollkommen lehnsfreies Land.
Das war der Anfang zu der künftigen Größe der Hohenzollern. Eine
ununterbrochene Reihe von Taten persönlicher Tüchtigkeit, Ränkespielen
und kriegerischen Unternehmungen sollte ihnen 'im Verlauf von nur zwei
Jahrhunderten eine ganz gewaltige Macht bringen.
In Schweden war Gustav Adolfs Tochter Christine ihrem Vater auf dem
Throne gefolgt (1632 — 1654), Diese merkwürdige Frau, die zwar über
einen hohen und scharfen Verstand verfügte, jedoch ebensowenig sich
selbst wie ihr Königreich beherrschen konnte, vergeudete die von ihrem
Vater aufgehäuften Schätze in den törichtesten Ausgaben und häufte statt
jener lieber eine kostspielige Kuriosität nach der andern auf. Unter
ihren willkürlichen und launenhaften Einfällen war ihr letzter Schweden
wirklich einmal zum Glücke: sie dankte ab. Nach ihrer Abdankung
kehrte sie Schweden den Rücken, um von nun an die auswärtigen Höfe
durch ihre Überspanntheiten und ausschweifenden Zügellosigkeiten zu
beglücken. Ihr Vetter und Nachfolger, der Neffe Gustav Adolfs, Karl X.
(1654 — 1660), regierte nur eine ganz kurze Zeit, die ihn vollständig für
den Krieg mit Polen und Dänemark in Anspruch nahm, wütete doch auch
die Kriegsfurie bei den nordischen Völkern. Er nahm den Dänen Schonen
und den Polen Livland ab, um damit Schweden zum Herrn über die
ganze Ostsee zu machen und ihm durch kräftigen militärischen Ausbau
eine Macht zu geben, mit der es nunmehr kaum noch hinter irgendeiner
großen Macht Europas zurückstand.
Auch Polen war beständig vom Kriege zerfleischt worden; es führte mit
den Russen, den Türken, den Schweden und den Kaiserlichen Krieg.
Obwohl es sich nicht zum Luthertum hatte bekehren lassen, hatte es
gleichwohl auch unter religiösen Meinungsverschiedenheiten leiden müssen,
waren doch viele Polen römisch-katholisch geblieben, während andere
griechisch-orthodox wurden. Im übrigen herrschte die wildeste Anarchie.
Der König wurde auf Grund einer Wahl ausgerufen; die Bauern wurden
wie Sklaven behandelt von Herren, die ebenso unwissend wie tapfer,
ebenso freigebig wie habgierig waren. Ein Artikel der polnischen Ver-
Das Königtum. 237
fassung bestimmte, daß alle Beschlüsse der Landtage einstimmig gefaßt
werden müßten (liberum Veto), und diese sonderbare Maßregel machte
jedes Regieren unmöglich. So war das polnische Königreich nur ein uner-
meßliches und buntgewürfeltes Gemisch von Kosaken, Litauern und
Deutschen, in dem die eigentlichen Polen die Minderheit bildeten, so daß
der langsame Zerfall unvermeidUch schien. Eine große Meuterei von ortho-
doxen Kosaken schloß mit der Unabhängigkeit derselben oder vielmehr
mit einem Wechsel ihres Herrschers. Sie begaben sich unter die Herrschaft
des Zaren, der orthodox, wie sie, war. Die Geschichte der unglückseligen
Polen besteht in einer endlosen Reihe von mit verzweifeltem Heldenmut
geführten, aber darum nicht weniger verhängnisvollen Kriegen mit den
Russen.
Während Polen immer schwächer wurde, erstarkte Rußland immer
mehr. Im 13. Jahrhundert hatte der Fürst von Moskau ein gewisses Über-
gewicht über die andern russischen Großen erlangt. Im 16. Jahrhundert
nahm ein solcher Fürst von Moskau, der noch kühner, grausamer und ver-
schmitzter als seine Vorgänger war, Iwan IV., genannt der Schreckliche
(1533 — 1584), den Titel Cäsar (Zar) an. In dem barlDarischen Moskowien
flößte Iwan mit seiner furchtbaren Unmenschlichkeit Bewunderung ein.
Er sparte nicht mit Hinrichtungen und Foltern, tötete in einer Zornes-
aufwallung seinen eignen Sohn und mischte in seine Grausamkeit noch
höhnischen Spott, in seinen Despotismus noch Grillen und Launen. Schließ-
lich setzte er seine blutige Gewaltherrschaft durch ganz Rußland durch
bis nach Sibirien, dessen Eroberung er mit Erfolg betrieb.
Nach seinem Tode zerstörte eine wirre Zeit, in der Rußlands Einheit
beinahe unterging, sein ganzes Werk. Ein gewisser Demetrius ließ sich
für den echten Zarewitsch (Sohn des Zaren) ausgeben, entthronte den
rechtmäßigen Sohn und bezog den Kreml der zum Mittelpunkte des
Reiches gewordenen Stadt Moskau. Doch Demetrius, der die Polen
herbeigerufen hatte, verlor bald alle Zuneigung. Die Bojaren verschworen
sich gegen ihn und metzelten ihn nieder. Da eilten die Schweden, Polen
und Kosaken von allen Seiten herbei, um die allgemeine Verwirrung zu
benutzen, die damals das wehrlose Rußland befiel.
Ein russischer Fürst Michael Romanow wurde zum Zaren gewählt,
um die bedrohte Unabhängigkeit des Reiches zu verteidigen (1613 — 1645).
Es gelang ihm, die Polen aus Rußland zu verjagen und sie nach Polen
zurückzudrängen. Er und sein Sohn Alexei (1645 — 1676) legten zu der
späteren russischen Macht die Grundlage.
238 Sechstes Buch.
Die Russen waren noch immer ein barbarisches Volk, das von europä-
ischen Verhältnissen keine Ahnung hatte. Allerdings hatte schon Iwan
der Schreckliche, der die Bedeutung Westeuropas zu würdigen verstand,
bei diesen von ihm in so grausamem Joche gebeugten europäischen Wilden
einige französische, deutsche und englische Einrichtungen und Sitten ein-
geführt. Michael und Alexei verfuhren ebenso und wurden dadurch
die Schrittmacher für Peter den Großen. Doch die Zivilisation brach
sich nur langsam Bahn und führte mehr scheinbare als wirkliche Fort-
schritte herbei, so daß Rußland sogar noch im 17. Jahrhundert zwar
wohl in den Stand gesetzt war, an den Grenzen seines Reiches zu kämpfen
und das Land zu verteidigen, darüber hinaus aber nichts vermochte und
auch nichts erstrebte.
Ungarn war in Parteiungen gespalten und ohnmächtig.
In der damaligen Türkei schließlich war allerdings die militärische
Organisation noch sehr stark, aber die Sultane vergaßen unter ihren
blutigen Haremsintrigen sowohl den Islam wie Europa.
So war sowohl die größte Militärmacht wie auch die größte Geistes-
macht .der Welt im Jahre 1 660 kein anderes Land als Frankreich, das gerade
zu dieser Zeit ausschließlich dem Winke eines einzigen Mannes folgte,
der dort ein halbes Jahrhundert lang über die unumschränkteste Macht
verfügte. Ja, eine unumschränktere Macht gab es wohl nie, war doch
die einmütige Unterwerfung nicht etwa eine durch rohe Gewalt auf-
gezwungene, sondern eine von aufrichtiger Bewunderung eingegebene.
Als unmittelbar nach Mazarins Tode der Erzbischof von Rohan an
Ludwig XIV. mit der Frage herantrat, an wen man sich nun in Zukunft
wenden solle, antwortete er kurz: „An michl" Er erstrebte in der Tat
während seiner langen Regierung alle Angelegenheiten persönlich zu
leiten, mochte es sich um solche Frankreichs oder auch um solche ganz
Europas handeln. Er glaubte von einem Könige, daß er ein außerordent-
licher Mensch, ein unbeflecktes und von Gott selbst mit der höchsten
und unbeschränktesten Gewalt ausgestattetes höheres Wesen sei. Lud-
wig XIV. ist der Vertreter göttlichen Rechtes in seiner ganzen Schauer-
lichkeit. Die französischen Schriftsteller der Zeit, Bossuet an der Spitze,
formulierten die darauf bezügliche Lehre, die sogleich auch von den
übrigen europäischen Herrschern bereitwillig angenommen wurde.
Ludwig XIV. war tapfer, freigebig, arbeitswillig bis zum äußersten und
im Besitze einer Tugend, die er so weit trieb, bis sie ihm zum unseligsten
Das Königtum. 239
Laster wurde. Es war das der Stolz, — ein Stolz von einer ganz wunder-
baren und übermenschlichen Pomphaftigkeit, dem er sein eignes Glück
und, was weit mehr ins Gewicht fiel, das Glück seiner Untertanen opferte.
Seine Eitelkeit stellte alles in den Schatten, und in ihr beging er Fehler
auf Fehler, ja machte er sich sogar unter Umständen lächerlich.
Der Kultus, den er mit seiner königlichen Person trieb, war in ihm
so mächtig, daß er dabei alles vergessen konnte, sogar seine Frömmigkeit,
die gewiß eine tiefe war. Es ging das so weit, daß er dem Papst Ale-
xander VII. Widerstand zu bieten wagte. Um einer unbedeutenden Beleidi-
gung willen, die seinem Botschafter zu Rom widerfahren war, verlangte
er eine ausdrückliche Entschuldigungserklärung; hätte der Papst nicht nach-
gegeben, es wäre durch Ludwig XIV. über die älteste Tochter der römi-
schen Kirche eine Kirchenspaltung gekommen (1664).
Er hatte die Weisheit und das Glück, hervorragende Männer in seinen
Dienst zu ziehen: de Lyonne, Vauban, Colbert und Louvois, die ihm vor
allem auch das brachten, was die beiden wesentlichen Bestandteile jeder
Macht bildet: Mannschaften und Mittel. Louvois verschaffte ihm ein
starkes Heer, Colbert geordnete Finanzen. Als diese beiden fähigen Köpfe
von der Weltbühne abtraten, ging nichts mehr, wie es sollte.
Colbert (1619 — 1683) war inmitten dieses so aristokratischen und hoch-
mütigen Hofes nur ein Kleinbürger aus dem Mittelstande. Ebenso gern,
wie Ludwig XIV. die Adligen an seinen Hof Heß, schickte er die
Bürgerlichen in seine Ministerien. Vor keiner Mühe zurückschreckend,
sorgfältig, gewissenhaft und unerbittlich, verwaltete Colbert die Finanzen
mit Strenge und Härte. Der gute Stand der Staatskasse ist keineswegs
etwas Leichtes unter einem Fürsten, der für seine Vergnügungen, seinen
Luxus und seine Kriege stets Geld braucht. Als Handelsminister brachte
Colbert ein strenges Schutzzollsystem zur Herrschaft; er ging sogar so
weit, in gewissen Jahren die Ausführung von Getreide zu untersagen.
Er suchte alle Gewerbszweige zu reglementieren und in ihre kleinsten
Einzelheiten einzudringen, wobei er dann manchmal private Anregungen
förderte und manchmal lähmte. Diese Maßregeln für den Handelsschutz,
die zunächst einige glückliche Wirkungen hatten, wurden schließlich
verhängnisvoll. Er schuf staatliche Gewerbezweige (die staatlichen Gobelin-
fabriken zu Beauvais und zu Saint-Gobain), die in Frankreich ein bis dahin
dort unbekanntes Kunstgewerbe verbreiteten.
Doch neben der Wiederherstellung der Finanzen bildete Colberts Haupt-
tätigkeit die Fürsorge für die Marine. Hier war er in der Tat rührig
und erfolgreich. Er schuf eine Kriegsmarine dadurch, daß er das Aus-
240 Sechstes Buch.
hebungsgeschäft der Matrosen durcih Eintragung in die Seedienstrolle
sicherte. Im Jahre 1664 gab es nicht mehr als fünfzehn Kriegsfahrzeuge;
beim Tode Colberts waren es bereits zweihundertsechsundsiebzig. Schiff-
fahrtsgesellschaften wurden begründet; zur Förderung der Handelsmarine
wurden die Häfen ausgebaut und befestigt, sowie Kanäle entworfen.
Im Languedoc entstand ein Kanal, der Canal du Midi, der dem Genie
und der Opferwilligkeit von Pierre-Paul Riquet de Caraman (1604 bis
1680) zu verdanken war und vom Mittelmeer bis zum Ozean ging (1680).
Louvois (1641 — 1691), bürgerlichen Ursprungs wie Colbert, war der
Erneuerer des Heeres, in dem er eine strenge Ständeordnung nach den
verschiedensten Rangstufen einrichtete. Er zwang alle Offiziere, gleich-
viel, ob sie von hohem oder niederem Adel waren, zu einer unerbitt-
lichen Manneszucht. Er schaffte viele Mißbräuche ab, für die sich
allerdings auch wieder andere einschlichen; aber alles in allem konnte
er Ludwig XIV. das geben, was dieser von ihm verlangte: ein gediegenes,
starkes und wohlgezogenes Heer, das beste von ganz Europa.
Vauban (1633 — 1707) hatte zwar keinen so bedeutsamen Anteil an der
Staatsleitung wie Colbert und Louvois, war aber immerhin ein sehr
großer und schöpferischer Geist. In diesem an französischen Genies so
fruchtbaren Zeitalter war Vauban eines der gewaltigsten, hat er doch die
Kriegskunst von Grund aus umgestaltet, ein neues Befestigungssystem
«rfunden, das zum Teil noch heute besteht, und als Ersatzstück für den
einstigen Spieß das Bajonett erdacht, das den Infanteristen (Musketieren)
zugleich als Wurfwaffe wie Hieb- und Stoßgewehr diente. Dieser Soldat
verstand die Leiden des Krieges und hatte als Diener des größten aller
Despoten den Mut, seinen Herrn über die Schmerzenswirkungen des
Despotismus aufzuklären.
Die ersten Jahre der selbständigen Regierung Ludwigs XIV. verliefen
äußerst glücklich (1661 — 1678). Er zwang ganz Europa Frankreichs Gewalt
und Gesetz auf; der erste Krieg, den er mit Spanien führte, brachte ihm
mühelos in wenigen Monaten Flandern und die Freigrafschaft Burgund,
die er beide eroberte (1667). Da verbanden sich Holland, Schweden
und England, um dem Vordringen der Franzosen Halt zu gebieten. Dies-
mal gab Ludwig noch aus Klugheit nach und mäßigte seine Ansprüche.
Er verzichtete auf die Freigrafschaft und behielt Flandern (Friede zu
Aachen 1668).
Aber in seinem Innern vergaß er es Holland nicht, daß es ihm in
4en Rücken gefallen war. Nachdem er einen Bündnisvertrag mit Schweden
iind England abgeschlossen hatte, überfiel er unter irgendeinem beliebigen
Das Königtum. 241
Verwände die Vereinigten Provinzen der Niederlande und überschritt
den Rhein (1672), ohne auch nur den geringsten Widerstand zu finden.
Die Holländer, die ohne Heer waren, baten um Frieden; aber ein
Eroberer, der eine Rolle auf der Bühne der Welt spielen will, wird niemals
nachgeben. So wies auch Ludwig XIV. die ihm angebotenen vorteilhaften
Bedingungen zurück (die Abtretung von ganz Brabant), um selbst ganz
unannehmbare Gegenvorschläge zu machen.
Den Erfolgen Frankreichs gegenüber bildete sich ein neues Bündnis.
Die Holländer einten sich mit den Kaiserlichen und Spaniern. Nun über-
fiel ein französisches Heer die Freigrafschaft Burgund, ein anderes von
Turenne befehligtes überschritt den Rhein, um in das Elsaß einen Feldzug
zu unternehmen, dessen Ruhm nur ein vergänglicher war. Doch bald
sah sich Turenne gezwungen, das Zeichen zum Rückzuge zu geben, einem
Rückzuge, der sich dem plötzlich so viel stärker gewordenen Feinde
gegenüber in aller Ordnung und mit einer wunderbaren Kaltblütigkeit
und Kühnheit vollzog. Zum Unglück wurde Turenne selbst bei Saßbach
von einer feindlichen Kugel dahingerafft (1675).
Kurz darauf kam der Friede von Nymwegen zum Abschluß. Frankreich
erhielt die Freigrafschaft Burgund (von nun als Provinz unter dem
Namen Franche-Comt6) und das Elsaß 1678,
Dieser Zeitpunkt bezeichnet den höchsten Gipfel der Macht Ludwigs XIV.
und vielleicht auch Frankreichs überhaupt.
Alle Länder französischer Zunge waren nun an die Krone Frankreichs
zurückgekommen. Der Handel blühte. Die Heere galten als unbesieglich.
Der kränkliche und sieche König von Spanien war ebenso ohnmächtig
wie der abgestumpfte und gleichgültige Kaiser von Österreich, während der
König von England ein geheimer Gönner war. Ja, selbst der Doge von
Genua sollte sich bald in Versailles demütigen (1685). Auch Algier und
Sizilien hatten französische Kriegsschiffe zu sehen bekommen^
Angesichts aller dieser von der gesamten Schmeichlerwelt gefeierten
Triumphe kam schließlich auch Ludwigs XIV. Vernunft ins Wanken.
Zwar hatte er auch schon bisher Fehler begangen, doch war keiner von
ihnen unheilbar. Im Jahre 1685 aber beging er den schwersten Irrtum
seiner an Irrtümern so reichen Regierung überhaupt : die Widerrufung
des Ediktes von Nantes.
Die Frömmigkeit Ludwigs XIV. war aufrichtig, aber engherzig. Zwar
wohnte er täglich der Messe bei, indessen seine Gottesfürchtigkeit ging
nie bis zum Verzicht auf irgendeines seiner königlichen Rechte, hielt er
sich doch für den Vertreter der göttlichen Macht; er ließ in keinem
16 Richet, Geschichte der Menschheit
242 Sechstes Buch.
Stadium die Einmischung des Papstes in seine Landesangelegenheiten
oder auch nur in die äußere Verwaltung der einzelnen Kirchensprengel
zu. Die Geistlichkeit von Frankreich unterstützte Ludwig in der festen
Überzeugung: dem göttlichen Willen größere Treue im Gehorsam gegen
den König als in dem gegen den obersten Priester zu erweisen. Ja, eine
allgemeine Versammlung der französischen Geistlichkeit beschloß, daß
die Könige in bezug auf welthche Dinge keiner kirchlichen Macht unter-
tänig seien- es sind das die sogenannten Freiheiten der Gallikanischen
Kirche (1682). Papst Innocenz XI. legte hiergegen entschieden Ver^
Wahrung ein.
Zum Beweise, daß er gleichwohl ein guter Katholik sei, beschloß
Ludwig XIV, nun einen Schlag gegen die Protestanten. Er hätte das
noch zehn Jahre zuvor nicht über sich gebracht; aber das Alter hatte^
aus ihm einen völlig andern gemacht. Er war nicht mehr der junge,
blühende Fürst, der bei den Balletten des Hofes selbst mittanzte, der
Liebhaber der sanften La Valli^re oder der schönen Montespan, der
kühne Ritter, der, angesichts des Rheines in seiner ganzen Herrlichkeit,
darüber mit den Zähnen knirschte, daß er an das eine Ufer dieses so
prächtigen Stromes gebannt und von dem andern ausgeschlossen bleiben
sollte. Vielmehr war er zum ödesten Spießbürger geworden und hatte
in geheimer Ehe eine alte Intrigantin, die Witwe des Dichters "Scarron,
Frau von Maintenon, geheiratet. Diese Enkelin eines mit Heinrich IV.
befreundet gewesenen großen französischen Protestanten, des edlen Dichters
Agrippa d'Aubign6, war im Alter fromm geworden und verfolgte, um
Vergebung für ihre Jugendsünden zu erlangen, den Protestantismus, in
denT sie einst erzogen worden war, mit ihrem tödlichsten Hasse. Sie
übte auf die Seele des nach und nach nur allzu gefügig gewordenen
Königs einen höchst verhängnisvollen Einfluß. Das Edikt von Nantes
wurde widerrufen und die Protestanten des Landes verwiesen (1685).
Im stillen hatte die Verfolgung schon einige Jahre früher begonnen.
Von 1685 an erreichte aber die Grausamkeit, mit der sie betriebÄi wurde,
ihren Höhepunkt. Anderthalb Millionen Protestanten, d. h. ein Zwölftel
der gesamten französischen Bevölkerung, sahen sich einer Entscheidung
zwischen Zwangsarbeit auf den Galeeren, Abschwörung ihres Glaubens
oder auch Auswanderung gegenübergestellt. Und wirklich schwor eine
große Zahl, die weniger mutigen, ihren Glauben ab. Wer seinem Glauben
treu blieb, wurde Märtyrer. Ein Teil, wie die Sevennenbauern, also die
einfachen kleinen Leute, wurden gehenkt, nachdem sie von den Dragonern,
die Louvois als Folterknechte aufs Land schickte, als Gefangene mitge-
Das Königtum. 243
schleppt worden waren (Dragonades). Die noch übrigen, also über vier-
hunderttausend, gingen außer Landes.
Diese stellten nach Begabung und sonstigen Vorzügen gewiß die Aus-
lese des gesamten Franzosentums dar. Nun hörten sie auf Franzosen
zu sein. Sie wandten sich nach Genf, Zürich, Leyden und besonders auch
Berlin, das zehntausend von ihnen aufnahm. Sie brachten den Heldenmut,
die Industrie und das geistige Leben Frankreichs ins Ausland mit. So
schändlich die Pariser Bluthochzeit . in der Bartholomäusnacht gewesen
sein mochte, sie bleibt ein harmloses Kinderspiel im Vergleich zu der
Widerrufung des Ediktes von Nantes. Weder Ludwig XIV. noch Frank-
reich haben sich jemals von diesem Schlage zu erholen vermocht.
Und doch war ganz Frankreich mitschuldig. Ein so bedeutender Redner,
ein so hervorragender schöner Schriftsteller der französischen Literatur,
ein so kühner und gewaltiger Geist wie Bossuet gab seinen Segen. Ja,
er suchte in einem ebenso wahnsinnigen wie wunderschönen Werke
zu zeigen;, daß bei der außerordentlichen Verschiedenheit der protestan-
Tischen Sekten es zur Herstellung der Einheit des Glaubens unumgänglich
sei, ausnahmslos eine jede dieser Sekten_auszurotten. Zur Rechtfertigung
des großen Verbrechens mußte schon etwas derartiges von einem der
tiefsten Denker der Zeit ausfindig gemacht werden.
Auch für die äußere Politik hatte die Widerrufung des Ediktes von
Nantes allerhand Unheil in unmittelbarem Gefolge. Ludwig XIV. hatte
schon vorher Österreich und Spanien zu Feinden. Seit 1685 bekam er
nun aber noch, ohne sich übrigens mit Spanien oder Deutschland ausgesöhnt
zu haben, Schweden und die sämtlichen protestantischen Regierungen
Deutschlands zu Gegnern. Die englische Revolution ging ihrem Ende
entgegen, und der erbittertste Feind Frankreichs, Wilhelm III. von Oranien,
wurde König von England (1688).
Ein zweites Bündnis kam zustande (1689). Ganz Europa verband
sich gegen Ludwig XIV. Die französischen Heere überschritten den
Rhein. Louvois gab den Befehl, die Pfalz einzuäschern, die schon einmal
vor fünfzehn Jahren von Turenne gebrandschatzt worden war. Diesmal
war die Verwüstung noch schrecklicher. Es gab Einäscherungen, Hin-
richtungen, Plünderungen ganz abscheulicher Art. Ja gewiß, ganz ab-
scheulicher Art 1 Doch warum hat das unglückliche Deutschland gerade
daran die Erinnerung so treu bewahrt ? Tragen nicht die Kriege ohne jede
Ausnahme das Brandmal von Verwüstungen und Metzeleien? Und ist
etwa, weil dieser Feldzug in der Tat ein grausamer gewesen ist, das
16*
244 Sechstes Buch.
ein Grund, auch jetzt noch nach einer nun schon zwei Jahrhunderte währen-
den Geistes- und Sittengemeinschaft neue, noch grausamere vorzubereiten?
Um allen Feinden die Stirn bieten zu können, brauchte Frankreich
gewaltige Truppenmassen. Eine große Anstrengung wurde gemacht. Zwei-
hunderttausend Franzosen traten unter Waffen, und an den Grenzen
wüteten auf allen Seiten die blutigsten Kämpfe. Während ein Heer in
Deutschland eine Schlacht nach der anderen lieferte, rückte ein zweites
in Savoyen, ein drittes in die Niederlande und noch ein weiteres in
Piemont ein. Eine Heeresabteilung wurde nach Irland geschickt, um, wenn
auch ohne Erfolg, den entthronten König Jakob H. zu unterstützen.
Auf dem Festlande trugen Catinat und Luxemburg glänzende, doch
so gut wie vergebliche Siege davon; zur See hingegen wurde die fran-
zösische Flotte nach der ruhmvollen Schlacht bei La Hougue vernichtet
und vollkommen niedergebrannt (1692). Damit wurde die englische Flotte
die erste und auf lange nahezu die einzige Flotte der Welt. Sie hat
dieses Übergewicht zu wahren gewußt.
Frankreich, das durch seine Siege wie durch seine Niederlagen gleich-
mäßig erschöpft war, mußte sich nun schließlich auf den Frieden ver-
stehen (Friede von Ryswijk 1697). Frankreich verlor seine eben gemachten
Eroberungen; Luxemburg kam an Spanien zurück, Lothringen an den
Herzog von Lothringen und ein Teil des Elsaß an das Reich. Wilhelm III.
von Oranien erhielt die endgültige Anerkennung als König von England.
Am besten kam der Herzog von Savoyen Victor Amadeus II. fort. Seine
Tochter heiratete den Herzog von Burgund, einen Enkel Ludwigs XIV., und
er selbst fand einen Platz unter den größeren europäischen Herrschern
durch Erlangung eines Teiles von Piemont (Susa), Savoyens, Nizzas und der
Festung Pinerolo.
Der Ryswijker Friedensschluß bedeutete für den großen König_mehr
als den Verlust des Krieges; er bedeutete für ihn die vollständige De-
mütigung.
Frankreich war so verarmt, erschöpft und verelendet, daß überhaupt
keine größere Verarmung, Erschöpfung und Verelendung denkbar war.
Und doch sollte die Wahnsinnstat eines neuen Krieges ihm noch weitere
verhängnisvolle Verluste bringen.
Von jeher ist Frankreich von Spanien Unglück gebracht worden.
Es scheint, als ob das Schicksal jeder französischen Einmischung in die
spanischen Verhältnisse nicht wieder gutzumachende Mißerfolge vorbehalten
habe. Ludwig XIV. und die beiden Napoleons haben Frankreich, dafür
den schmerzlichen Beweis geliefert.
Das Königtum. 2 45
Der kränkliche und gebrechliche König Karl II. von Spanien war
kinderlos. Ihn zu beerben war also das Ziel allgemeiner Begehrlichkeit.
Es handelte sich um eine ganze Welt: die gesamte Pyrenäenhalbinsel
bis auf Portugal, Italien in seiner ganzen Ausdehnung bis auf den Kirchen-
staat, Piemont und Venedig, Südamerika, Mittelamerika und von Nord-
amerika Florida, Kalifornien, Mexiko, die Antillen, Cuba sowie schließlich
von Ostasien die Philippinen und die Karolinen.
Auf diesen Riesenbesitz machten zwei Erben von Gesetzes wegen
den gleichen Anspruch, hatte doch von den beiden Schwestern Karls II.
die eine Ludwig XIV. und die andere Kaiser Leopold von Österreich ge-
heiratet. Sollte das gewaltige Reich den Kindern Ludwigs XIV. oder
denen des Kaisers in die Hände fallen?
König Karl II. hatte noch auf dem Sterbebette den Enkel Ludwigs XIV.
zu seinem Nachfolger bestimmt. England und Holland hingegen schlugen
eine derartige Teilung der spanischen Erbschaft vor, daß Frankreich,
auch wenn dadurch Ludwigs XIV. Enkel vom spanischen Thron aus-
geschlossen worden wäre, dabei noch immer einen Machtzuwachs erfahren
hätte. Doch Ludwig XIV. wollte nicht sowohl für Frankreich einen Macht-
zuwachs als vielmehr für seine Familie. So wurde einer seiner Enkel, Herzog
Philipp von Anjou, König von Spanien unter dem Namen Philipp V. Lud-
wig XIV. schien sich wirklich einzubilden, daß er damit, daß er einen
Bourbonen und seinen Enkel auf den Thron Karls V. gesetzt hatte, auch
die Pyrenäen beseitigt hätte.
Dieser schwere Fehler wurde noch um einen anderen fast ebenso
schlimmen vermehrt. Beim Tode König Wilhelms von England glaubte
Ludwig XIV. im Gegensatze zu dem, was im Frieden von Ryswijk be-
schlossen war, Jakobs II. Sohn, der eine Zuflucht in Saint- Germain gefunden
hatte, als neuen König von England begrüßen zu dürfen. Hiergegen
aber empörte sich das ganze britische Volk.
Da war nun schon wieder ein Krieg da, der sich über das gesamte
Europa erstreckte und an allen Landesgrenzen blutig und unerbittlich
wütete. Die verbündeten Heere waren unter dem Oberbefehle zweier
hervorragenden Feldherren; an der Spitze der kaiserlichen Truppen stand
Prinz Eugen von Savoyen, an der Spitze der vereinten Heere Englands
und Hollands Lord Marlborough. Die Franzosen hingegen verfügten
damals nicht mehr über Feldherren wie Turenne, Cond6 oder auch
Catinat, und die Stimme eines Vauban, der alt geworden war und allen
Mut verloren hatte, wurde nicht gehört. Die Generäle Villeroy und
La Feuillade waren der Sachlage nicht gewachsen; es blieb höchstens
246 Sechstes Buch.
der Herzog von Vendome übrig, der wirklich ein Heer zu leiten wußte.
So gab es denn einen Mißerfolg nach dem andern, zuerst bei Höchstädt *
(13. August 1704) und dann bei Ramillies (23. Mai 1706).
In Spanien leistete der neue König Phiüpp V., der nun der Bundesgenosse
Frankreichs geworden war, den Engländern nur schwachen Widerstand.
So konnte es allein geschehen, daß die englische Flotte Gibraltar nahm,
eine nach der geographischen Lage dieses Ortes höchst gewagte und eigen-
artige Eroberung, die England nun schon seit zwei Jahrhunderten behauptet.
Jetzt bat Ludwig XIV. um Frieden; aber die vorgeschlagenen Bedin-
gungen waren derartig hart, daß sie unannehmbar waren, und der Krieg
begann von neuem. Nie ist Frankreich so an Menschen, Geld und Hoff-
nungen erschöpft worden. In dem verödeten Versailles konnte man
damals Ludwigs XIV. Majestät zwar traurig, aber in einem Schaugepränge
umherwandeln sehen, mit dem er bei aller feindUchen Schicksalstücke, die
er selbst durch seine Irrtümer — oder wohl richtiger durch seine Ver-
brechen — hervorgerufen hatte, noch immer seine ganze königliche
Größe wahrte.
Endlich gelang es der aufopfernden Tätigkeit des Marschalls von Villars,
den Franzosen einige allerdings teuer erkaufte Erfolge zu erringen :
bei Malplaquet (1709) und bei Denain (1712).
Zwar bedeutete das auch keine Rettung, aber es war das einzige Mittel,
einen weniger unheilvollen Frieden zu erlangen. Mit England wurde er
zu Utrecht unterzeichnet (17 13). In Österreich aber geruhte Kaiser Leo-
polds Nachfolger, Joseph L, erst im folgenden Jahre in Verhandlungen
zu treten; es war das zu Rastatt (17 14).
Die Abmachungen des Utrechter Friedens haben bis zur großen fran-
zösischen Revolution eine der hauptsächlichsten Rechtsgrundlagen der
europäischen Diplomatie gebildet.
In Europa erlitt Frankreich weiter keine Gebietsverluste; in Amerika
büßte es auch nur Neufundland und Neuschottland (von jden Franzosen
Akadien genannt) ein. Aber die spanische Erbschaft wurde völlig zer-
stückelt. So hatte der Enkel des französischen Königs damit, daß er König
von Spanien wurde, ebensowenig Frankreich wie Spanien Glück gebracht.
Jetzt kam ganz Italien wieder zum Reiche zurück. — Unglückseliges
Italien, das vom Schicksal verdammt schien, nach den Launen der Diplo-
maten dauernd zwischen Österreich und Spanien zu wechseln! — Der
* Von den Engländern Schlacht bei Blenheim nach dem unweit des bayerischen
Donaustädtchens Höchstädt gelegenen Dorfe Blindheim, genannt.
Das Königtum. 247
Herzog von Savoyen, Victor Amadeus II., wurde nun König und erhielt
Sizilien. In Deutschland wurde der Kurfürst von Brandenburg, Friedrich III.,
als Friedrich I. König von Preußen. — Der Kurfürst von Brandenburg
und der Herzog von Savoyen sollten die Ahnen jener Männer werden, die
annähernd zwei Jahrhunderte später die italienische und die deutsche Ein-
heit schufen.
England behielt kaum mehr als Gibraltar; aber es hatte gezeigt, was
seine Seemacht und sogar auch seine Landmacht vermöchte. Jetzt wußte
es, daß es durch seine unvergleichliche Flotte, deren Stärke jeder neue
Krieg nur noch vergrößern konnte, imstande war, im Widerstreite mit
Frankreich bei allen großen Weltfragen eine entscheidende Rolle zu
spielen.
Im folgenden Jahre starb Ludwig XIV., ohne sich bis zum letzten
Tage etwas in seiner Herrscherwürde zu vergeben, die er immer gleich-
mäßig wahrte (i. September 171 5). Der Tod dieses Königs, der bei allen
seinen Irrtümern wahrhaft groß war, rief eine im Grunde wenig vornehme
allgemeine Freude hervor. Frau von Maintenon wartete nicht erst seinen
letzten Atemzug ab, sondern ließ ihn schon vorher allein und zog sich in
ein Kloster zurück.
Die lange Regierung Ludwigs XIV. war wirklich nicht bloß eine fort-
laufende Kriegsgeschichte. Sie bezeichnet vielmehr den höchsten Triumph
französischen Geisteslebens. Französisch war die Sprache aller Höfe :
Italiens, Deutschlands, Englands. Es gab kein noch so kleines Fürstchen,
das nicht mit der Anmäßung hervortrat, einen Palast nach dem Geschmack
von Versailles und einen Hof nach dem bisweilen so wunderlichen und
stets so prunkvollen Zeremoniell des französischen Königshofes haben
zu wollen.
In derselben Zeit galten auch die französischen Schriftsteller in bezug
auf die Klarheit ihres Stils, die Schärfe ihrer Logik, die ebenso nüchterne
wie einschmeichelnde Sauberkeit in ihrem Ausdruck in aller Welt mit
vollem Recht als nachzuahmende Muster.
Die französische Gesellschaft hatte tiefe Wandlungen erfahren. Der
Adel, der noch mit Richelieu um seine letzten Vorrechte kämpfte, der
zur Zeit der Fronde eine Art von Volksauflehnung ins Leben gerufen hatte,
bewarb sich jetzt nur noch um die Sklavenehre: den Morgen- und Abend-
aufwartungen des Königs beiwohnen zu dürfen. Bürgerliche, die irgendein
Verdienst zu verzeichnen hatten, besonders auch solche, die, ehrlich oder
248 Sechstes Buch.
nicht, ein gewisses Vermögen zu erwerben verstanden hatten, erlangten jetzt
zu den höchsten Stellungen Zugang. Das Geld begann der wesentlichste
Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens zu werden. Unter dieser unum-
schränkten Monarchie, die noch immer eine glänzende Aristokratie umgab,
wurde die Gesellschaft demokratisch, und zwar vermöge der demokrati-
sierenden Macht des Geldes.
Sicher übten auch die Kämpfe und Heere Ludwigs XIV. zu einem
gewissen Teile einen zauberhaften französischen Einfluß aus, doch die
eigentlichen Urheber des französischen Übergewichtes, das sind die ge-
feierten Schriftsteller, die damals in den Jahren 1635 — 1690, also über
ein volles halbes Jahrhundert hindurch, in die Erscheinung traten.
Bis zu dieser Zeit gab es eine GesamtHteratur im strengen Sinne des
Wortes eigentlich nur bei den Griechen und Römern. Es genügt kein
einzelner Schriftsteller, mag er auch noch so bedeutend sein, eine ganze
Literatur zu bilden. Trotz des Genies eines Dante, eines Shakespeare,
eines Cervantes, trotz der köstlichen Phantasien eines Rabelais und Mon-
taigne hatte keine der neueren Sprachen Meister beschert, die alle Literatur-
l gattungen in erwählten Formen vertraten. Jetzt, im 17. Jahrhundert,
! wird Frankreich mit seinen Prosaikern und seinen gleichzeitigen Dichtern
i Griechenland und Rom ebenbürtig.
Das französische Theater hat jetzt Anspruch auf den ersten Platz
in der Welt mit drei so gewaltigen und tiefgründigen Geistern, wie Pierre
Corneille (1606 — 1680), Jean Racine (1639 — 1699) und Mohäre (1622 — 1673).
Es geht nicht gut an, zu sagen, daß sie Shakespeare, Äschylus und Aristo-
phanes überragen, aber es genügt vollständig für ihren Ruhm, daß sie mit
ihnen nahezu auf die gleiche Stufe gestellt werden können. Sie haben das
Charakteristische des französischen Geistes und besonders auch des fran-
zösischen Geistes des 17. Jahrhunderts, eine durch Geschmack, Ordnung
und Wohlklang gelenkte starke und nüchterne Beredsamkeit. Corneille
ist der erste mit seinem Cid (1635), dessen jugendliches und hinreißendes
Feuer er bis zu dieser Gewalt in seinem Alter nicht mehr erreichte.
Später folgt Racine, der in einigen seiner Meisterwerke, wie Andromache
(1667), Britanniens (1669) und besonders auch Phädra (1677), eine tiefe
EmpfängHchkeit mit einer oft verkannten gewaltigen tragischen Wirkung
zu vereinen weiß. Nachher hat er noch Esther und Athalie (1685) ge-
schrieben, religiöse Bühnenwerke, in denen sich der Stil noch immer
mehr geläutert hat. Vielleicht noch größer als die beiden Trauerspiel-
dichter ist Moli^re. Er ist die personifizierte komische Kraft in ihrer
ganzen unerschöpflichen, frischen, bilderreichen, phantasievollen und kühnen
Das Königtum. 249
Ausdrucksweise. Er gehört wie Shakespeare allen Zeitaltern und allen
Völkern.
Pascal ist nicht nur ein genialer Mathematiker und hervorragende!
Physiker, er ist auch noch ein ebenso kräftiger wie bitterer erstklassiger
Satiriker (Provinciales = Briefe aus der Provinz 1656), ein eindringender
Moralist (Pensees = Gedanken). Zwischen Pascal (161 3 — 1662), LaBruy^re
(1645 — 1698) und La Rochefoucauld (1613 — 1680) ist wirklich kaum eine
Entscheidung möglich: alle drei sind schöpferische Kräfte gewesen, denen
die französische Sprache ihre wesentlichen Eigenschaften zu verdanken
hat: die Bestimmtheit und Genauigkeit des Bildes sowie die Klarheit,
die den echten Ideen soviel Kraft gibt.
La Fontaine (1621 — 1696) ist ein verehrungswerter Dichter, der auch
allzeit verehrt worden ist und in der Weltliteratur einzig dasteht. Bossuet
endlich (1627 — 1704) spiegelt aus seinen Schriften dieselbe erhabene Bered-
samkeit wieder, die er in seinen Reden gezeigt hat.
Diesen gegenüber sind alle übrigen nur zweiten Ranges, aber jenes
Zeitalter ist so fruchtbar, daß auch schon diese zweitklassigen Schrift-
steller in jeder anderen Zeit zu ihrer Verherrlichung genügen würden:
Bourdaloue (1632 — 1704), Frau von Sevigne (1626 — 1696), F^nelon (1651
bis 1715), Boileau (1636 — 171 1), Regnard (1655 — 1709).
Nur das Zeitalter des Perikles ist in dem geradezu mit Blitzesschnelle
erfolgten gleichzeitigen Emporblühen so vieler schöner literarischer Talente
dem damaligen vergleichbar, das daher wohl mit einem gewissen Recht
als das Zeitalter Ludwigs XIV. bezeichnet wird. Denn wenn auch aner-
kannt werden muß, daß weder Corneille noch La Rochefoucauld noch
Pascal Ludwig XIV. irgend etwas zu verdanken haben, so ist doch immerhin
der Einfluß dieses Königs auf die andern (Moli^re, Racine, Bossuet) so
stark gewesen, daß es nicht ungerecht ist, das Aufblühen der französischen
Literatur mit dem Namen des großen Königs zu verknüpfen.
Aber so sehr auch die Literatur alles bis dahin Dagewesene überragt
hat, die Kunst dieser Zeit ist nur mittelmäßig gewesen. Wie arm sind doch
die künstlerischen Entwürfe eines Charles Lebrun (1619 — 1690) und eines
Nicolas Poussin (1594 — 1665) neben denen der flämischen und italienischen
Schule! Wie kalt die Baukunst von Versailles neben der der gotischen
Kirchen oder der der wunderbaren Schlösser der Renaissance!
Die Wissenschaften machen keine sehr großen Fortschritte. Descartes,
Fermat, Pascal stehen außerhalb dieses Zeitalters. Literarische Bestre-
bungen übten ein drückendes Übergewicht über alles übrige geistige
Leben aus.
25o Sechstes Buch.
Außerhalb Frankreichs ist in der zweiten Hälfte des 17, Jahrhunderts
überhaupt keine hervorragende Leistung auf dem Gebiete der Malerei
zu verzeichnen, gehören doch Rubens, Rembrandt, Hals, van Dyck einer
andern Zeit an. Auch ist hier die Literatur kaum glänzender. Wohl
aber können hier auf dem Gebiete der Wissenschaft drei große Namen
genannt werden : der Deutsche Leibniz, der Engländer Newton und der
Holländer Huyghens.
Gottfried Leibniz (1646— 1716) und Isaac Newton (1642 — 1729) streiten
sich um die Ehre, die Integralrechnung erdacht zu haben (1700). Diese
wunderbare Methode, die das unendlich Kleine im Räume wie in der Zeit
der Berechnung unterwirft, eröffnet der Algebra und der Geometrie
ungeahnte Hilfsquellen. Doch es hat nach allem den Anschein, als ob die
zeitliche Priorität für die Erfindung der Integralrechnung Leibniz gebühre.
Dieser Mathematiker von Genie war zu gleicher Zeit ein ebenso gewaltiger
wie selbständiger Philosoph. Ja, er war seiner Zeit so weit voraus, daß
er den Gedanken an eine einheitliche Weltsprache und den dauernden
Frieden zwischen den Völkern zu fassen und weiterzubilden wagte.
Newton baute die Lehre von der reinen Bewegung vollkommen neu
auf und faßte in klarer und einfacher Weise das große Grundgesetz der
allgemeinen Schwerkraft. Es ist dies die Kraft, die den Fall der Körper
zustande bringt, und auch die gleiche, die unsern Planeten um die Sonne
und hinwiederum den Mond um unsere Erde im schwebenden Gleichgewicht
erhält *. Derselbe Newton hat weiter durch das Prisma das Sonnenlicht
in seine einfachsten Bestandteile zu zerlegen gewußt und in einer pracht-
vollen Schrift die Grundgesetze der Optik aufs genaueste und bündigste
bestimmt.
Neben Leibniz und Newton gebührt auch noch ein nahezu ebenbürtiger
Platz dem Holländer Christian Huyghens (1629 — 1695), der, ohne gerade
grundlegende Entdeckungen zu machen, doch durch sein glänzendes Genie
die schwierigsten Fragen aus dem Gebiete der Mathematik, der Optik
und der Mechanik untersuchte und der von Newton aufgestellten, für die
Dauer unhaltbaren Ausströmungstheorie (Emanationstheorie, Emissions-
theorie) mit Erfolg die Wellentheorie (Undulationstheorie) gegenüber-
stellte, die noch in der allerjüngsten Vergangenheit die alleinige Anerken-
nung fand.
Doch trotz alledem, trotz Newton, trotz Leibniz, trotz Huyghens, trotz
der Gründung einer Akademie der exakten Wissenschaften {Academie
* Vgl. Wilhelm Foerster in der hier S. 12 angeführten Abhandlung S. 18.
Das Königtum. a5i
des Sciences) zu Paris, einer Akademie zu Leipzig, der Royal Society zu
London, trotz des Journal des Savants (Paris), der Acta eruditorum
(Leipzig), der Philosophical Transactions (London), hat das 17. Jahrhundert
in seiner zweiten Hälfte gleichwohl weniger wissenschaftlichen Glanz
gezeigt als in dem ersten Teile seines Verlaufs, wo es Namen wie Galilei,
Bacon, Pascal, Descartes und Harvey zierten.
Während noch der europäische Bund Ludwig XIV. einige Fetzen
seiner ältesten Eroberungen zu entreißen suchte, ging es in Nordeuropa
durch die Launen zweier trotz eines ihnen gemeinsamen hohen Maßes
angeborener Roheit im übrigen sehr unähnlicher Herrscher drunter und
drüber; es waren das der König Karl XII. von Schweden und der Kaiser
von Rußland, Peter der Große. Von diesen beiden Nebenbuhlern hat der
eme ein dauerndes Werk hinterlassen, während der andere umgekehrt das
Unglück seines Landes gewesen ist. Peter der Große ist der Begründer
und Karl XII. der Zerstörer seines Reiches geworden.
In dem Augenblick, wo Karl auf den Thron kam (1697), war Schweden
in einem blühenden Zustande. Gustav Adolf, der große Feldherr, hatte
ihm ein Heer und Karl XI. (1660 — 1697) gesunde Finanzen geschaffen.
Im Besitze von Livland und ungestört in der Herrschaft über die gesamte
Ostsee, durch die starken Bande glühender Religiosität und treuer Anhäng-
lichkeit zur Monarchie seitens seiner wackeren Landeskinder geeint, war
Schweden eine Macht ersten Ranges.
Karl XII. erregte fast den Anschein, mit einer gewissen Absicht seine
ganze Kraft auf die Schwächung seines Landes zu setzen. Er begann mit
Dänemark und Rußland Krieg zu führen und trug zunächst mühelose
Triumphe davon. Dänemark streckte sogleich die Waffen, und auch
die Russen wurden bei Narwa vollständig besiegt (1700). Diese setzten
aber den Krieg fort.
Doch nun warf sich der über die Russen siegreich gebliebene Karl XII.
zunächst auf die Polen, und auch da ging er vorläufig noch als Sieger
hervor. Trotz eines aus Sachsen, Polen und Russen bunt zusammen-
gewürfelten starken Heeres wurde August von Sachsen, der zugleich König
von Polen war, bei Riga besiegt (1701). Das schwedische Heer
drang nun in Warschau ein, ebenso, nach einem Siege bei Klissow, in
Krakau (1702), und, nach einem Sieg bei Pultusk, in Posen und Thorn
(1703). Da setzte der nun allmächtig gewordene König von Schweden an
Stelle Augusts von Sachsen Stanislaus Leszczynski zum Könige von Polen
>52 Sechstes Buch.
ein. Hierauf zog er in immer weiterer Siegeslaufbahn nach Sachsen, dessen
erschrecktem König er den Frieden diktierte (1707). Es war die Zeit,
wo sich ganz Europa zum Kampfe gegen Ludwig XIV. verbunden hatte.
So war Karl XII., der unbesieglich schien, der Schiedsrichter des in
zwei Teile gespaltenen Europas geworden. Solche Antrittsvorstellungen
von Eroberern haben noch immer durch ihren eigentümlichen Glanz
geblendet 1
Karl XII. hielt sich für einen zweiten Alexander. Anstatt erst seine
Eroberungen zu sichern, wollte er nun gleich wieder neue unternehmen
und das weite und öde Rußland unterwerfen. Er setzte über den Njemen
und überwand den schwierigen Beresinastrom, aber ebenso wie später
über einen anderen Eroberer triumphierte auch hier russische Beharr-
lichkeit im Verein mit ihren beiden mitverschworenen Kampfgefährtinnen,
der Kälte und der Entfernung. Trotz der Unterstützung durch die Kosaken
der Ukraine und ihres Hetmans Mazeppa wurde Karls XII. durch die
gewaltigen Eilmärsche und einen strengen Winter geschwächtes Heer
bei Pultawa bis auf die letzten Reste vernichtet (1709). Das militärische
Übergewicht Schwedens, das Europa einen Augenblick in Erstaunen
gesetzt hatte, war endgültig beseitigt.
Lange noch, d. h. volle fünf Jahre, hielt sich Karl XII. als Flüchtling
ohne alle Soldaten und Geldmittel bei den Türken im Verborgenen auf
und versuchte von hier aus zunächst seine Niederlage möglichst wieder
gutzumachen und dann, so recht seiner politischen Unbeständigkeit ent-
sprechend, sich sogar mit dem Zaren wieder auszusöhnen. Doch plötzlich
kehrte er in seine Länder zurück und wandte sich von hier aus gegen
Norwegen und Dänemark, um bei der Belagerung von Bergen sein
Ende zu finden (17 18). Auch noch nach seinem Tode mußten die Schweden
über ihr armes Land einen verheerenden Einfall der Russen ergehen lassen
und diese bis nach Stockholm vordringen sehen, worauf ihnen nichts
weiter übrig blieb als Frieden zu schließen und um diesen Preis bei den
Verhandlungen zu Nystädt ihre Ostseeprovinzen aufzugeben (1721).
Karl XII. gehört zu jenen offenen, ja geradezu kindlichen Naturen,
die so leicht zu verstehen sind. Er liebte den Krieg um des Krieges willen;
der Krieg war die Zerstreuung, die er suchte, ohne sich viel darum zu
kümmern, welche Leiden ein solcher auch im Gefolge haben müsse. Er
war tapfer, starrköpfig und jemand, der blindlings in sein Unglück rannte.
In den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts entwickelte sich Rußland
zu einem großen zivilisierten Volke: ein außergewöhnlich rasches Empor-
steigen eines bis dahin gespaltenen, ungesitteten und ohnmächtigen ge-
Das Königtum. 263
samten Volkes. Zar Alexei (1645 — 1676) und seine Tochter Sophie, die
erst später auf den Thron kam (1682 — 1689), hatten wohl schon bisweilen
flüchtig daran gedacht, in Moskau westeuropäische Einrichtung3n und
Sitten einzuführen. Aber so etwas blieb doch ganz bedeutungslos neben dem
von ihrem genialen Nachfolger Peter dem Großen (1689— 1725) geleisteten
Werke.
Peter Alexejewitsch Romanow war erst zehn Jahre alt (geb. 1672), als
sein ältester Bruder Zar Feodor III. (1675 — 1682) starb. Er war von Hause
aus nicht zur Regierung bestimmt, hatte er doch noch zwischen sich und
Feodor einen älteren Bruder Iwan. Nun war Sophie, die gemeinsame Schwe-
ster aller dieser drei, nicht etwa gesonnen, sich so einfach von der Regie-
rungsgewalt ausschließen zu lassen. So mußte Peter seine Jugend fern vom
Thron im Auslande verleben, wo er Deutsch und Holländisch lernte, sich für
die Marine und Kriegsangelegenheiten begeisterte und alles Neue kennen zu
lernen und zu erfahren strebte, schon damals grob, roh und auffahrend. Um
sich den Kaiserthron zu erhalten, war das erste, was er nach seinem Regie-
rungsantritt tat, daß er sich der Treue seiner Soldaten versicherte und seine
Schwester Sophie einsperren ließ (1689), Als bald darauf einige Be-
schwerden laut wurden, erstickte er dieselben, noch ehe es zu einem wirk-
lichen Aufstande kam, in Strömen Blutes (1697). Von diesem Augenblick an
bis zu seinem Tode gab es in dem gewaltigen Zarenreiche niemanden,
der mit einem Worte oder auch nur mit einer Gebärde seinem Willen
oder auch nur seiner Laune zu widersprechen gewagt hätte.
Das damalige Moskowien hatte eine weit geringere Ausdehnung als das
heutige Rußland. Es war im Westen von Polen, im Nordwesten von
dem damals Schweden untertänigen und von deutschen Lutheranern be-
wohnten Livland begrenzt. Im Süden wohnten unabhängig die unkulti-
vierten Kosaken und die Türken als Herren der Krim.
Gegen alle diese Nachbarn unternahm Peter Kriege, die zwar im Anfang
nicht recht glücklich verlaufen wollten, doch später dank seiner unbeug-
samen Beharrlichkeit eine günstige Wendung nahmen. Nach seiner Nieder-
lage bei Narwa hatte er ja schon, wie wir gesehen haben, über Karl XII.
bei Pultawa jenen glänzenden Sieg davongetragen, der ihm die Ostsee-
provinzen eintrug. Darauf wandte er sich gegen die Türken und drang
in die Donauländer ein, wo Moldauer, Serben, Rumänen unter der Ober-
hoheit der Ottomanen standen, ohne ihnen unmittelbar untertänig zu sein.
Tollkühn rückte er gegen Jassy vor. Aber sein an sich schon kleines Heer,
das durch den überwältigenden Sieg des gewaltigen Türkenheeres noch
immer stärker zusammengeschmolzen war, wurde nun vollständig einge-
schlossen (1711). Es wäre das sicher Peters Untergang gewesen, wäre nicht
2^4 Sechstes Buch.
seine Gemahlin Katharina mit ihrer außergewöhnlichen Kaltblütigkeit auf
den guten Einfall gekommen, den Großwesir Baltadji, der das türkische
Heer befehligte, mit ihren Kleinodien zu bestechen und dadurch von ihm
den Frieden zu erkaufen, der nun am Pruth unterzeichnet wurde. Auf
Grund desselben wurde dem Zaren mit seinem besiegten Heere freier
Abzug mit kriegerischen Ehren bewilligt und kam ferner Asow an die
Türkei zurück. Es bedeutete das den vollkommenen Verlust des Krieges,
war aber die einzig mögliche Rettung.
In Wirklichkeit gab dann Peter, als er erst einmal seine Freiheit wieder-
erlangt hatte, keineswegs Asow heraus, und die nun mit der Eroberung
Moreas beschäftigten Türken versuchten auch nicht etwa die Krim wieder-
zuerlangen.
Da kam er, jeder Sorge um die Feinde enthoben, auf den glück-
lichen Gedanken, sein Reich zu befestigen. Mit dem Weißen Meere bei
Archangelsk, mit der Ostsee bei Livland, mit dem Asowschen Meere bei
Asow hatte er genügend Küstengebiete und Häfen, um sich eine gewaltige
Seemacht schaffen zu können. Aber das genügte ihm noch nicht, und so
faßte er den Plan, an der Ostsee eine große Stadt zu gründen, die gleich-
zeitig ein Handels- und Kriegshafen wie eine Hauptstadt sein sollte.
Als Platz für diese Neugründung wählte er das Sumpf gebiet an der Newa,
das dieser Strom bildet, wenn er den Ladogasee verlassen hat, um sich in
die Ostsee zu ergießen, eine bde und schmutzige Gegend, deren Wahl für
den gerade hier so schwierigen Aufbau der Stadt nicht recht erklärlich ist.
' Mag dem sein wie ihm wolle, sie wurde gebaut, und es erstand die Stadt
Petersburg. Aus allen Teilen Rußlands wurden Tausende und aber Tau-
sende herbeigeholt, Leibeigene, Soldaten, Kosaken, Kalmücken, die alle
meist schon unmittelbar nach ihrer Ankunft vor Kälte oder Not starben.
Aber da die Einwanderung darum nicht weniger weiterging, wuchs die
Stadt gleichwohl immer höher empor mit ihren großen granitenen Ufer-
stegen, die den Strom eindämmten und die prächtigen Bauten vor Über-
schwemmungen schützten.
Mit demselben Zwange, mit dem die Stadt erbaut war, wurde sie
auch bevölkert. Es wurden einfach dreißigtausend Bauern auf einen Schlag
dorthin verbannt. Bauten und Bevölkerung, alles war willkürlich und
gewaltsam. Petersburg entspringt ganz ebenso wie Alexandria der Laune
eines Menschen und nicht der Notwendigkeit der Verhältnisse.
In den ersten Zeiten seiner Regierung hatte Peter eine lange Reise
durch Europa gemacht; er hatte Deutschland, Österreich und Frankreich
aufgesucht, sich aber besonders in Holland und England aufgehalten.
Das Königtum. 255
Von hier aus kehrte er zu seinen Wilden zurück, um ihnen gegen ihren
Willen als ihr Herr und Gebieter grundlegende Reformen aufzunötigen.
Rußland war bis dahin völlig ohne Heer, ohne Finanzen, ohne Marine,
kurz ohne irgend etwas. Die Unwissenheit bei allen war grenzenlos. Das
Volk, abergläubisch und verblendet, wie es war, wollte keine Neuerung
annehmen. Doch es mußte sie gezwungenermaßen über sich ergehen
lassen. Alles war ständisch geordnet und durch Verfügung geregelt :
Polizei, Gericht und Finanzen. Die ZentraUsierung wurde hier noch
schlimmer betrieben als im Westen. Das Heer wurde nach europäischem
Zuschnitt eingerichtet; die bis dahin unabhängigen, in den Reihen der
Opposition stehenden Popen mußten sich jetzt den Entschlüssen des
Herrn und Gebieters unterwerfen. Die Adligen mußten der Reihe nach,,
ganz wie in Paris, London und Wien, Empfänge von einer in die Augen
fallenden Pracht veranstalten. Sie hatten kaum noch ein anderes Vorrecht
mehr als höchstens die Ehrenpflicht des Militärdienstes, der schwerer
war als bisher.
Zur selben Zeit läßt Peter weiter Fabriken bauen, Bergwerke graben
und Wege anlegen. Er beschäftigt sich mit dem Ackerbau, und seine
Ukase gehen auf die geringfügigsten Einzelheiten zur Unterweisung in
den verschiedenen Arten des Säens und Beackerns ein. Ausländer, die
fachkundiger und erfahrener als die Russen sind, werden zur Leitung der
Kriegs- und Navigationsschulen berufen. Unermüdlich, alles überwachend,
an alles denkend, schafft Peter eine Münze, Krankenhäuser, Druckereien,
Museen, eine Akademie der Wissenschaften. Alles ist neu. Er will Ruß-
land in einem Vierteljahrhundert Wegstrecken durchlaufen lassen, zu deren
Bewältigung Westeuropa vier volle Jahrhunderte gebraucht hatte.
Natürlich entrüsteten sich alle älteren Russen. Diese Einrichtungen,
die sie deutsche nannten, erregten ihr Entsetzen, Die Entrüstung stieg aber
aufs höchste, als sie die Ausländer, wie beispielsweise Lefort, einen Genfer,
alle bedeutenden Staatsstellen einnehmen sahen. Doch unerschütterUch
in dem einmal gefaßten Gedanken ging Peter unbeirrt seinen schnur-
geraden Weg weiter. Wenn etwa einmal die Ausstellungen zu lärmend
wurden, so brachte; er sie durch Knute, Landesverweisung oder Verurteilung
zum Tode zum Schweigen, wobei es ihn ebenso gleichgültig ließ, wenn die
Widerspenstigen sogar aus seiner eignen Familie waren. So ließ er seinen
Sohn Alexei zu Tode peitschen und unterdrückte grausam die unbedeutende
Verschwörung, die die den Reformen abholden Freunde seines Sohnes
angezettelt hatten. Mit Roheit allein hat er seinen Untertanen Bildung
und Gesittung beigebracht, aber er hat sie ihnen immerhin beigebracht.
256 Sechstes Buch.
Auch die Kaiserinnen und die Kaiser, die Peter gefolgt sind, haben
stets, sogar noch zu unserer Zeit, dieselbe Staatsweisheit beobachtet; sie
sind alle große Reformatoren gewesen, die in den Dienst des Fortschritts
alle Hilfsquellen eines erdrückenden Despotismus stellten.
Zunächst nun folgte Peter dem Großen Katharina I. (1725 — 1727).
Diese kleine, hübsche, kecke und verschmitzte deutsche Dienstmagd hatte,
ehe sie Kaiserin wurde, die allerverschiedenartigsten galanten Abenteuer
zu bestehen gehabt, wobei sie abwechselnd und von Stufe zu Stufe
emporsteigend von einem gemeinen Soldaten an einen Leutnant, von einem
Leutnant an einen General und von diesem General an den leitenden
Minister Menschikow kam, der sie schließlich dem Zaren abtreten mußte.
Sie starb kurze Zeit nach ihrem kaiserlichen Gemahl. Ihr folgte
Peter II., der Sohn Alexeis (1727 — 1730). Menschikow wurde nach Sibirien
verbannt. Schon im Jahre 1730 kam wieder eine Frau auf den Thron.
Dies Jahrhundert wurde für Rußland das Jahrhundert des Weiberregiments.
Die Niahte Peters des Großen, Anna Iwanowna, die Herzogin von
Kurland, setzte die deutsche Überlieferung fort und bevölkerte den
Hof mit Deutschen, aber vermehrte gleichzeitig die Zahl der Todesstrafen,
der Foltern und der Verbannungen. Sie starb und hinterließ die Regent-
schaft ihrem Günstling, einem deutschen Stallknecht namens Biron. Um
einer Palastintrige willen stürzte der dumme Kerl. Nun wandte sich
Peters des Großen Tochter Elisabeth an die Soldaten, um sich als Kaiserin
ausrufen zu lassen. Es war dies genau so- wie fünfzehnhundert Jahre
i früher, wo es die Prätorianer waren, aus deren Händen einem Cäsar
die Kaiserwürde zuteil wurde.
In Frankreich war dem König Ludwig XIV. sein Urenkel Ludwig XV.
gefolgt, ein Knabe von fünf Jahren. Die Regentschaft wurde dem Herzog.
Philipp von Orleans überlassen, der sich als glänzender Offizier bewährt
hatte. Er war ein Mann von 42 Jahren, geistreich, zweifelsüchtig, duldsam,
nachsichtig, ausschweifend, gleichgültig gegen alles, sogar seine eigenen
Vergnügungen.
Von der religiösen Bedrückung und den Kriegssorgen, die die letzten
Jahre des Großen Königs verdüstert hatten, befreit, bekannten sich Bürger-
tum wie Adel in Frankreich in Nachahmung des Regenten ganz offen als
freidenkerisch und religionslos. Das Verfangen nach Prunk und Vergnügen
wuchs immer mehr. Ein Schotte namens John Law war auf den Gedanken
gekommen, eine Ausgabe von Banknoten oder Kassenscheinen als Schuld-
Das Königtum. 267
verschreibungen auf Ländereien in Amerika, Kanada und Mississippi zu
veranstalten. Eine zügellose Spekulation, die Abenteurer aus aller Herren
Länder nach Paris herbeilockte, trieb die Kurse dieser unseligen Aktien auf
eine schwindelhafte Höhe, auf der sie sich natürlich auf die Dauer nicht
halten konnten. Law und sein System erlitten einen entsetzlichen Zu-
sammenbruch (1720).
Kurze Zeit hierauf erreichte Ludwig XV. seine Großjährigkeit (1723).
Dieser lässige junge Mann fand auch nicht den mindesten Geschmack
an dem königlichen Beruf, für den sich noch sein Urahn so leidenschaftlich
begeistert hatte. Während des ganzen Verlaufs seiner Regierung (1723
bis 1774) ließ er seine Minister für sich regieren. In schamloser Selbstsucht
sah er allen Nöten und Bedrängnissen gleichgültig zu, die sich mit immer
lastenderem Druck auf die Monarchie und Frankreich legten. Im Alter
verfiel er auf wüste Ausschweifung. Er war zwar noch nicht der schlimmste,
aber jedenfalls der verächtlichste unter allen Königen Frankreichs,
Die Anfänge seiner Regierung waren nicht einmal so unglücklich.
Kardinal von Fleury, der ihm sechzehn Jahre ununterbrochen als Minister
diente (1726 — 1743), wollte den Frieden. Nun ist der Friede ein so kostbares
Gut, daß selbst jene von einem so gewissenlosen Wüstling wie Philipp von
Orleans und einem so unbedeutenden Greise wie Kardinal von Fleury ge-
leitete Regierung durch diese ihre Friedensliebe alles in allem für Frank-
reich eine glückliche gewesen ist.
Es hat darum etwa nicht an wiederholten Gelegenheiten gefehlt, wo
der Friede bedenklich gefährdet gewesen ist. Ludwig XIV. hatte sich ja
jene sonderbare Vorstellung gebildet, daß, um Frankreich das spanische
Bündnis zu sichern, es schon genüge, auf der andern Seite der Pyrenäen
einen Bourbonen auf dem Thron zu haben. Nun spann Herzog Philipp
von Anjou, sobald er unter dem Namen eines Philipp V. auf Spaniens
Königsthron gekommen war, anstatt sich auf Frankreich zu stützen, gegen
dasselbe die schlimmsten Ränke. So nahm er zum Minister Alberoni, einen
verschlagenen Italiener, den Königin Elisabeth von Spanien aus dem Hause
Farnese aus ihrer Heimat nach Madrid mitgebracht hatte. Im Grunde
war dieser allem französischen Einflüsse feindhch gesinnte Alberoni der
wirkliche Herr und Gebieter Spaniens.
In England hatten Georg I, aus dem Hause Hannover, dem erst noch
Königin Anna vorangegangen war (1714 — 1727), und Georg II. (1727
bis 1760) nicht die Macht und vielleicht auch nicht einmal den Wunsch, einen
persönlichen Einfluß auszuüben. Es geschah dies nicht etwa, wie in Frank-
reich und in Spanien, weil sich ein leitender Minister an den Platz des Königs
17 Richet, Geschichte der Menschheit
258 Sechstes Buch.
gestellt hätte, sondern vielmehr, weil jetzt die englische Revolution so
recht ihre Früchte trug. Das Haus der Gemeinen hielt die Macht fest
in seinen Händen, hatte sich doch in England der für das parlamentarische
Regierungssystem wesentlichste Grundsatz, die Ministerverantwortlichkeit,
so langsam eingebürgert und gerade durch diese Langsamkeit eine uner-
schütterliche Festigkeit erlangt. Nun war es also einem Minister nicht
mehr möglich, ohne Zustimmung der Kammern zu regieren.
Georg I. und Georg II. ließen demzufolge die Whigs, d. h. die Partei
der Presbyterianer, Kaufleute, Geldmänner, Gewerbetreibenden, die die
Mehrheit hatte, die Leitung der Geschäfte übernehmen und auch für die
Dauer behalten. Der von den Whigs im Parlamente gewählte leitende
Minister war nun Walpole, der die Regierungsgewalt volle zwanzig Jahre
innehatte (1721 — 1741).
Weder die Whigs noch der Regent noch auch Walpole oder Fleury
wollten den Krieg. Doch sie wurden dazu gezwungen. Im Jahre 17 18 waren
die Spanier in Sizihen gelandet und hatten sich der Insel bemächtigt. Das
duldete England nicht. Unter der Leitung von Admiral Byng sprengte
die englische Flotte die der Spanier leicht auseinander, um sie gänzlich
zu vernichten. Der Regent, der nur zwischen dem Bündnis mit Spanien
und dem mit England zu wählen hatte, entschied sich nun für England.
Sogleich bat Philipp V. um Frieden und entließ Alberoni.
Zehn Jahre später wurde Fleury fast gegen seinen Willen in den soge-
nannten Polnischen Thronfolgekrieg hineingezogen. Der Kurfürst von
Sachsen und König von Polen August II. war im Jahre 1733 gestorben.
Die französische Regierung schlug als seinen Nachfolger Stanislaus Le-
szczynski vor, jenen entthronten König, dessen Tochter Maria Leszczynska
inzwischen die Gemahlin Ludwigs XV. geworden war. Österreich und
Rußland unterstützten August III. von Sachsen. Spanien ging mit Frank-
reich zusammen. Aber der Krieg wurde auf beiden Seiten nur lässig
geführt. Im Jahre 1736 wurde in Wien der Friede unterzeichnet. Ein
Sohn des Königs von Spanien bekam das Königreich der beiden Sizilien,
der Herzog von Savoyen, Victor Amadeus IL, behielt Sardinien, das er im
}, Jahre 1720 erlangt hatte. Toskana fiel dem Herzog Franz Stefan von
Lothringen als Großherzogtum zu, dem 'zukünftigen Gemahl der ispäteren
Kaiserin von Österreich, Maria Theresia. August III. bheb König von Polen,
König Stanislaus wurde Herzog von Lothringen mit der ausdrücklichen Be-
stimmung, daß nach seinem Tode Lothringen an Frankreich fallen solle.
Österreich, das durch diesen Frieden nichts als Demütigungen emp-
fangen hatte, wandte sich nun gegen die Türkei (1737). Aber trotz seines
Das Königtum. 25g
Bündnisses mit Rußland hatte es auch nicht den geringsten Erfolg. Da
spielte Frankreich den Friedensvermittler. Der französische Botschafter
Villeneuve wurde zu Konstantinopel im Triumph empfangen, um hier die
Erneuerung aller bisherigen Staatenverträge mit der Türkei durchzusetzen
(1740).
Das Jahr 1740 ist ein bedeutungsvolles für die Geschichte der verschie-
densten Staaten des 18. Jahrhunderts. Es gibt unter ihnen keinen in ganz
Europa, in dem nicht ein Regierungswechsel eingetreten wäre. In Österreich
folgt auf Karl VI.: Maria Theresia (1740 — 1780), in Rußland auf Anna:
Elisabeth (1740— 1762), in Preußen auf Friedrich Wilhelm I.: Friedrich II.
(1740 — 1786). In England werden die Whigs von den kriegslustigen
Tories verdrängt, und auf Walpole folgt Pitt. Daher vermag auch in Frank-
reich der hochbetagte Fleury den Krieg nicht mehr zu hintertreiben. Er
stirbt im Jahre 1743, und die Regierung Ludwigs XV, steht nun im
Begriff, einen Fehler nach dem andern zu begehen.
Im Jahre 1740 hinterließ der deutsche Kaiser Karl VI. seiner Tochter
Maria Theresia, der Gemahlin Herzogs Franz Stefan von Lothringen, ein
weites Ländergebiet (Österreich, Ungarn, die einstigen Herzogtümer Mai-
land, Parma und Mantua sowie Belgien). Doch die Kurfürsten Karl Albrecht
von Bayern und Friedrich August II. von Sachsen und noch andere Fürsten
(die Könige Philipp V. von Spanien und Karl Emanuel I. von Sardinien)
legten dagegen Verwahrung ein und erhoben selber Erbansprüche, gleich
als ob die Völker tote Güter wären, die sich, wie ein Sack mit Talern, von
einem Besitzer auf den andern übertragen lassen.
Es war von vornherein völlig klar, daß eine Regelung der Erbfolge
nur durch Waffengewalt zustande kommen werde. Doch Maria Theresia,
die gesetzmäßige Erbin, bot dem Unwetter die Stirn. Sie war kühn, ent-
schlossen und wurde von fähigen Ministern unterstützt. Allerdings fand
sie einen ihrer würdigen Gegner in dem jungen Preußenkönig Friedrich IL,
der gleichzeitig mit ihr auf den Thron gekommen war. Sie war 23,
Friedrich 22 Jahre alt.
Friedrich IL ist eine der anziehendsten Gestalten der Weltgeschichte.
Er war wirklich ein sehr großer König und als solcher unter den Königen
der Einzige, nicht bloß diesem Ehrennamen nach.
Noch im Jahre 1648 war sein Ahn Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg nur ein unbedeutender kleiner deutscher Fürst. Erst seit
dem Westfälischen Frieden konnte dieser seinem Lande Pommern hinzu-
fügen, sich mit einem Hof umgeben und ein Heer und Finanzen schaffen.
Derselben vorsichtig abwägenden Politik folgte auch dessen Sohn
17*
26o Sechstes Buch.
Friedrich III. (1688 — 1713). Er erhielt vom Kaiser Leopold 1. den Titel
eines „Königs in Preußen" und nannte sich nun Friedrich I., König von
Preußen (1701 — 1713).
Sein Sohn Friedrich Wilhelm I, (1713— 1740), war ein sehr eigenartiger
Mann, Grob und barsch, dabei fromm, war er von zwei einfachen und
richtigen Vorstellungen geleitet, nämlich erstens, daß für einen Herrscher
das wesentlichste ist, ein gewaltiges Heer zu seiner Verfügung zu haben,
und ferner, daß, um ein gewaltiges Heer zu haben, vor allen Dingen
Geld da sein muß. So war er denn auch von einem schmutzigen Geize und
sah nur, wenn es sich um seine Soldaten handelte, nicht auf den Kosten-
punkt.
Dieser Soldatenkönig war, so vernarrt er auch in sein Heer war, gleich-
wohl kein kriegslustiger König. Er glich jenen Kindern, die ein von ihnen
bewundertes Spielzeug nicht zu berühren wagen und stets in Furcht sind,
es zu beschädigen, und so brachte er seine Zeit damit hin, zwar die Aus-
hebung, die Bewaffnung, die Bekleidung und die Manöver seiner Truppen
immer mehr zu vervollkommnen, ohne diese aber gleichwohl in wirkliche
Schlachten zu führen.
Im übrigen rührig, auf alle Angelegenheiten seines Königreiches bis
ins kleinste aufmerksam, aber Frauen, Beamten, Gelehrten, Künstlern
und allem gram, was kein Militär war, war er der Hauptbegründer der
preußischen Monarchie.
Dieser König, der, wie einst Philipp dem Alexander, seinem Sohne
blühende Finanzen und ein starkes Heer zu hinterlassen verstand, war
aber auch neben den vielen andern diesem seinem eignen Sohne gram. Er
schalt ihn, ließ ihn einsperren, schlug ihn und drohte ihm mit dem Tode.
Zwar hat der große Friedrich an sich seinem Vater so mancherlei zu ver-
danken, doch hat natürlich seine Dankbarkeit durch die Festungsjahre
und Stockschläge erheblichen Abbruch gelitten.
Der Gegensatz zwischen Vater und Sohn war wirklich außerordentlich
groß. Friedrich II. war nichts weniger als der fromme und gottesfürchtige
Haudegen, der sein Vater war. Er liebte die Künste, die Musik und den
Umgang mit Philosophen und hatte eine Verehrung für alles, was fran-
zösisch war. Geistreich, von beißendem Spott, spaßlustig und, wenn er
wollte, bezaubernd, glaubte er an nichts und bekannte sich zum Atheismus.
Mit einer hohen und leichten Auffassungskraft begabt, huldigte er für
seinen ureigensten Privatgebrauch einer realistischen Auffassung, ohne sich
in seiner außerordentlichen Zurückhaltung andern gegenüber aus den
Aussprüchen seiner -Lieblingsphilosophen auch nur einen menschenfreund-
Das Königtum. 26 1
liehen Gesichtsausdruck, ja auch nur eine menschenfreundhche Hand-
bewegung anzueignen. Er verachtete die Menschen und ganz besonders
die Frauen. Irgendein Bedenken war ihm ebenso fremd wie irgendein
Laster. Ein sehr großer König von unbeugsamer Arbeitskraft und eiserner
Beharrlichkeit, den weder Schicksalsschläge entmutigen noch Erfolge ver-
wirren konnten! Kein zweiter Eroberer aber hat sich so wie dieser auf
seinem Eroberungszuge zu beherrschen und kein zweiter absoluter Herr-
scher so wie dieser die Fehler des Absolutismus zu vermeiden verstanden!
Damit hing auch seine Stellung zu Krieg und Frieden zusammen ; sie bildete
einen der wenigen Züge seines Wesens, in denen er seinem Vater glich; auch
er war Soldatenkönig und doch nicht einseitig kriegslustig * I
Für Wissenschaft und Kunst gleichmäßig eingenommen, gründete er
Akademien und Museen. Er führte in Preußen die allgemeine Schulpflicht
ein. Ein ebenso neues wie kühnes Unterfangen ! Obwohl aus innerster Seele
eine Soldaten- und Kriegernatur, hat er doch niemals wesentliche Interessen
des Bürgertums irgendwelchen militärischen Anmaßungen geopfert! Eine
besondere Liebe empfand er ebensowenig für das Volk wie für den Adel
oder sonst jemanden! Sein Handeln wurde ausschließlich von Verstandes-
rücksichten bestimmt, und sein ausgetrocknetes und mitleidloses Herz war
keinerlei Illusion fähig! Manchmal vermißt man wohl bei ihm ein
wenig Weichheit und Wohlwollen, Aber mit Weichheit und Wohlwollen
wäre sicher der Bau, den er aufgeführt hat, nicht so stark geworden und
nicht jenes lebenskräftige, kernige, steifnackige und unerbittliche Preußen
entstanden.
So sah der Herrscher aus, der keinen Geringeren als Kaiserin Maria
Theresia als feindliches Hindernis auf seinem Wege finden sollte. Er
zögerte nicht lange sie anzugreifen; ohne etwa weiter groß nichtige Vor-
wände geltend zu machen, rückte er, bevor irgend jemand etwas ahnen
konnte, in Schlesien ein, das damals noch in seinem ganzen Umfange eine
österreichische Provinz war (1741). Die französische Regierung hatte
sich, von jeher ihrem alten Schlendrian getreu, gegen Maria Theresia
erklärt, Spanien nicht anders. England und Sardinien hingegen nahmen
für Österreich Partei, und so wurde der Krieg ein allgemeiner. Walpole und
Fleury lebten nicht mehr, um friedlichen Vergleichen größeren Nachdruck
zu verschaffen.
Der Krieg beschränkte sich nicht etwa bloß auf das Festland; es gab
auch auf dem Meere kaum ein Gebiet, wo er sich nicht abspielte. Mit
♦ Vgl. S. 292 Nachtrag.
262 Sechstes Buch.
ihrer Bewunderung und Schrecken einflößenden Zähigkeit gab die enghsche
Seemacht schon damals ein würdiges Vorspiel zu jenem jahrelangen,
ununterbrochenen, unerbittlichen Ringen mit ihrer französischen Mit-
bewerberin um die Oberherrschaft auf der See, einem Ringen, das schließ-
lich mit der dauernden Überlegenheit Englands endigen sollte.
Auf dem Festlande hingegen waren die Engländer weniger glücklich.
Sie wurden bei Fontenoy in Belgien geschlagen (1745). Kurfürst Moritz von
Sachsen, der fähige Feldherr des französischen Heeres, gewann noch
manche Schlacht. Friedrich führte in Böhmen und Sachsen einen höchst
sachgemäßen Feldzug, ohne jedoch ein greifbares militärisches Ergebnis zu
erreichen. Ludwig XV., dessen schwankenden Willen bereits Frau von
Pompadoui leitete, ließ es sich nicht weiter angelegen sein, den Krieg un-
nütz in die Länge zu ziehen. Es kam daher bald der Friede zu Aachen zu-
stande: Preußen, das eigentlich im Grunde das besiegte war, behielt Schle-
sien, Frankreich aber, obwohl überall siegreich, gewann in den Niederlanden
ebensowenig wie in Italien auch nur das geringste (1748).
So war nach diesem traurigen Kriege und diesem noch traurigeren Frie-
den der einzige Triumphator König Friedrich von Preußen. Er behauptete
Schlesien; er hatte sich eine für die Geschicke Europas entscheidende
Stellung errungen; er war in Deutschland volkstümlich und in Frankreich
berühmt geworden. Insbesondere hatte er gelernt, bei der Beurteilung der
Heere, die ihm die beiden mit ihm wetteifernden Monarchien im gegebenen
Falle entgegenstellen konnten, der unheilbaren Schwäche eines jeden von
ihnen beiden einen ausschlaggebenden Platz anzuweisen; er entdeckte in
dem österreichischen Heere jene Abenteurer, die jeder Mannszucht ent-
behrten und stets je nach den Umständen zur Fahnenflucht oder zur Plün-
derung bereit waren, in dem französischen jene noch weniger an Manns-
zucht gewohnten Soldaten unter dem Oberbefehl von Hofschranzen, die es
allein ein paar der Frau von Pompadour gewidmeten galanten Versen zu
verdanken hatten, wenn sie Generale geworden waren.
König Ludwig XV., der bisher mit Friedrich verbündet gewesen war,
um Maria Theresia zu bekämpfen, verband sich nun umgekehrt mit Maria
Theresia gegen Friedrich. So entstand der Siebenjährige Krieg (1756 bis
1763).
Niemals war ein Herrscher mehr Gefahren ausgesetzt als Friedrich im
Anfang dieses Krieges. Gegen ihn Frankreich, Österreich, Rußland, Sach-
sen, Schweden und Spanien. Sein einziger Verbündeter war England. Aber,
so leidenschaftlich auch die hannoversche Frage den englischen König
Georg II. interessierte, so kümmerte sich doch sein Volk nicht allzuviel
Das Königtum. 263
darum, welche Wendungen der Festlandkrieg nehmen würde. Es begnügte
sich vielmehr damit, Frankreichs und ebenso Spaniens Seemacht und An-
siedelungen planmäßig zugrvmde zu richten.
Auf dem Festlande blieb also Friedrich allein, hatte es aber umgekehrt
selbst mit drei Gegnern auf einmal zu tun, die durch eine bittere
Ironie des Schicksals wie ihm zum Hohne nun auch noch alle drei ohne
Ausnahme Frauen sein mußten, nämlich mit Maria Theresia, Elisabeth von
Rußland und der durch des Königs Spottgedichte beleidigten Frau von
Pompadour. Den drei Heeren der Verbündeten hatte er nur ein einziges
entgegenzustellen! Aber da die Verbündeten sich nicht genügend zu ver-
ständigen wußten, konnte er jeden einzeln angreifen und sie so insgesamt
schlagen !
Trotz alledem blieb der Kampf ein ungleicher. Und so nützte es Friedrich
auch wenig, daß er fortwährend neue Verstärkungen erhielt und, wenn ihn
der Feind schon zu umzingeln geglaubt hatte, sich abwechselnd demselben
entzog und ihn dann wieder nach kühnen Märschen unversehens angriff.
Die Kriegsgeschichte dieses sieben Jahre währenden Feldzuges hallt überall
von der Kühnheit, Kaltblütigkeit und Besonnenheit des Königs wider! Auch
im wildesten Schlachtgetümmel, wenn er von vier großen Heeren beunruhigt
wird und im Begriffe steht, nicht bloß eine Provinz, sondern Thron und
Leben zu verlieren, scherzt, berät und erwägt er noch. Ganz wie einst Cäsar,
ist auch er in den Augenblicken größter Entscheidungen gleichermaßen
Schriftsteller, Feldherr sowie Herrscher.
So kann es nicht überraschen, daß er in diesem ganz besonders schweren
Kriege ebenso große Siege wie schmerzliche Verluste erlebt hat.
Im Jahre 1756 besetzt er Sachsen, und ehe sich noch die Sachsen mit den
Österreichern zu vereinen vermocht haben, schließt er bei Pirna das ge-
samte sächsische Heer ein.
Im Jahre 1757 wirft er sich auf Böhmen. Nach seinem Siege bei Prag wird
er von den Österreichern bei Kolin und von den Russen bei Groß-Jägersdorf
besiegt. Diese beiden Niederlagen hinderten ihn nicht, zwei Monate später
bei Roßbach zu triumphieren (5. November). Roßbach war mehr ein Schein-
gefecht als eine wirkliche Schlacht; weder die Franzosen noch die Öster-
reicher hatten sich ernstlich verteidigt. Ein zweiter glänzender Sieg bei
Leuiben besiegelte Friedrichs Kriegsruhm. Das protestantische Deutsch-
land spendete dieser völligen Vernichtung der beiden verbündeten katho-
Uschen großen Mächte seinen reichen Beifall. In Paris nahm man sogar
diese Niederlage von der heiteren Seite, sei doch dieselbe allenfalls als
eine alberne Schlappe, aber nicht gleich als ein nationales Unglück zu be-
a64 Sechstes Buch.
zeichnen, und dichtete man Spottlieder auf Soubise, den tölpelhaften und
gutmütigen General, der sich von Friedrich bei Roßbach so gründlich
foppen ließ.
Das russische Heer war schon gefährlicher. In den Jahren 1759 und
1760 errangen die vereinigten Österreicher und Russen die größten Erfolge,
so bei Kunersdorf, wo die Preußen nicht weniger als zwanzigtausend Mann
verloren, und bei Maxen, wo sich ein ganzes Armeekorps von zehntausend
Mann ergeben mußte.
Doch Friedrich behauptete das Feld trotz alledem. Selbst als die Russen
in Berlin eingezogen waren, verzweifelte er nicht. Einer Taktik getreu, die
dereinst ein Napoleon ganz trefflich nachzuahmen verstehen sollte, warf er
sich mit seinen sämtlichen vereinigten Streitkräften der Reihe nach auf jeden
einzelnen seiner verstreuten und voneinander getrennten Gegner. So ge-
lang es ihm bei Torgau über die Österreicher einen glänzenden Sieg davon-
zutragen (1760).
Den von unfähigen und aufeinander beständig eifersüchtigen Generalen
in den Kampf geführten Franzosen brauchte Friedrich bloß seine Leutnants
entgegenzustellen, und so konnte sein preußisches Heer trotz weit geringerer
Stärke seine Angriffsstellung bewahren.
Maria Theresia und Elisabeth waren entschlossen, den Krieg bis zur Er-
schlaffung zu führen und sich in die Beutestücke zu teilen, die dem König
von Preußen abgenommen wären, dessen erschöpftes Heer sich nur noch
äußerst mühsam ergänzen ließ.
Da starb Elisabeth (1762). Der neue Zar Peter HI., ein warmer Be-
wunderer Deutschlands, wollte die Politik seiner Mutter nicht fortsetzen. Er
schloß sogleich mit Friedrich Frieden und gab ihm Ostpreußen wieder.
Auch Schweden zog sich von dem Bündnis zurück. Endlich wünschte auch
Choiseul, Ludwigs XV. neuer Minister, Frieden. Die nun vereinsamte Maria
Theresia mußte infolgedessen auf die Wiedereroberung Schlesiens ver-
zichten.
So wurde denn im Jahre 1763 endgültig Friede geschlossen (Hubertus'
hurger * und Pariser Friede). Der Gewinn, den dieser dem Könige von Preu-
ßen brachte, entsprach seinem neuerworbenen Kriegsruhme. Schweden, das
Pommern, Österreich, das Schlesien, Rußland, das Posen gewollt hatte,
sie mußten sämtlich auf ihre Wünsche verzichten. Auch Frankreich mußte
alle seine Kolonien an England abtreten.
Diese Friedensverhandlungen bilden die Voraussetzung für die Ereignisse
* Anm. Friede zu Schloß Hubertusburg zwischen Leipzig und Dresden
Das Königtum. 205
des 19. Jahrhunderts. Durch sie wird ein für allemal Preußen als die große
Militär- und England als die große Kolonialmacht bestätigt.
Wir müssen unsere Blicke noch einmal rückwärts lenken und auf die Ge-
schichte der Besiedelung Nordamerikas zurückkommen.
Erst lange Zeit nach der Erschließung Mittel- und Südamerikas wurde
auch Nordamerika erforscht, erobert und besiedelt. Ausschheßlich Fran-
zosen und Engländer schickten Forscher und Ansiedler hinüber. Aber eine
ununterbrochene Folge unverzeihlicher Unterlassungssünden hat die ver-
hängnisvolle Wirkung gezeitigt, daß alle aufopferungsvolle Tätigkeit der
Franzosen in Amerika für ihren dortigen Einfluß umsonst gewesen ist. Bei
ihrem heißen Ringen in Europa während des Siebenjährigen Krieges haben
die Franzosen versäumt, sich den ihnen gebührenden Platz jenseits des
Atlantischen Weltmeeres zu sichern. Auf dem gewaltigen Erdteile wird
heute im Norden die englische, im Süden die spanische und portugiesische
Sprache gesprochen. Die Franzosen haben sich auch nicht das kleinste
Stückchen Erde in diesem Weltteil zu sichern verstanden.
Und doch war es ein Franzose, Jacques Cartier, der Kanada entdeckt
hatte (1534 — 1543). Zunächst allerdings bheb die einzige Folge dieser Ent-
deckung, daß Cartiers Neffen, die Kaufleute waren, ihren Handel bis
Kanada ausdehnten. Aber schon Heinrich IV. ernannte einen gewissen
Marquis de la Roche zum Generalstatthalter und Vizekönig von Neufund-
land (1595). Einige Jahre später gründete Samuel Champlain, der das von
Cartier entdeckte Kanada erst zu einem wirklichen Staatswesen erhob, dort
die Stadt Quebec (1608). Einige französische Bauern hatten sich bereits
vorher in dem damaligen Akadien, dem heutigen Neuschottland, und einige
französische Fischer in Neufundland niedergelassen. Im Jahre 1632 gelang
es Richelieu, bei England die Anerkennung der Rechte dieses Neufrankreich
durchzusetzen. Es wäre das der Ausgangspunkt für eine gewaltige Kolonie
gewesen, wenn die Franzosen in Frankreich dafür zu haben gewesen wären,
dorthin auszuwandern; aber damals, sowie heute, waren selten Franzosen
zu finden, die sich zu einer Auswanderung bereit erklärten; die Uransiedler
blieben allein auf sich angewiesen, und niemand kam, um sich zu ihnen zu
gesellen und sie zu unterstützen. Nun ist aber der dortige Lebensunterhalt
sehr schwer zu gewinnen; zwar ist das Land ziemlich fruchtbar, aber die
Winter sind dort von einer erschreckenden Strenge; dazu kam noch, daß
es damals galt, vor den unaufhörlichen Überfällen der Irokesen oder Rot-
häute fortwährend auf der Hut zu sein. Im Jahre 1663 waren in Kanada
206 Sechstes Buch.
nicht mehr als zweitausendfünfhundert Franzosen. Die Protestanten, die
gern dorthin auswandern wollten, hatte Richelieu daran zu hindern gewußt.
In einem weit rascheren Tempo und zu einer weit höheren Blüte ent-
wickelten sich die englischen Niederlassungen. Im Jahre 1608 landeten
einige Ansiedler in einer Gegend, die sie Virginia nannten. Das Khma ist
milder und der Boden leichter zu bebauen als in Kanada. Bald sah man sich
weite Tabak- und Zuckerrohranpflanzungen hinstrecken. Die Zufuhr von
Negern brachte Sklaven, die die Bearbeitung erleichterten. Die Einge-
borenen aber, die weniger kriegstüchtig waren als die Rothäute des Nordens,
wurden nach und nach von den im Jahre 1670 etwa fünfzehntausend Seelen
zählenden Europäern verdrängt.
Im Jahre 1620 kamen an hundert Separatisten (eine protestantische Son-
dergemeinschaft) in New Plymouth an. Sie taten sich zu einer selbständigen
Republik zusammen und zählten im Jahre 1640 dreitausend Seelen.
Aber die Hauptmasse der englischen Ansiedler bildeten die Puritaner,
die Massachusetts gründeten (1629). Sie brachten in dieses noch vollkom-
men unberührte Land ein hohes Maß von Religiosität* und Liebe zur Frei-
heit mit. Die in dem Mutterlande zurückgebliebenen Engländer verfolgten
nun ihre ganz anderen Pläne ruhig weiter, ohne sich etwa noch um diese
Handvoll in dem fernen Weltteil verstreuter Volksgenossen irgendwie zu
kümmern. Doch der sich selbst überlassene Staat Massachusetts blühte er-
staunlich schnell auf. So hatte schon im Jahre 1675 4^^ ^^ i^^ gelegene
Stadt Boston siebentausend Einwohner, und Massachusetts selbst zählte
damals bereits siebenundsechzigtausend Seelen.
Die Holländer hatten Neu-Amsterdam an England abtreten müssen, das
dieser Stadt nun den Namen New York gab (1664). Auch New York
wuchs, aber weniger schnell als Boston. Im Augenblick des Friedens-
schlusses von Utrecht (17 13) hatte es fünftausendachthundert Einwohner.
Eine von William Penn geführte Gesellschaft von Quäkern gründete
Pennsylvanien, das bald eines der reichsten Gebiete Amerikas wurde. Im
Jahre 171 5 zählte es bereits fünf und vierzigtausend Einwohner.
Bei allen diesen Ansiedlern herrschten eine warme Religiosität xmd die
lautersten Sitten. Die Einwanderung brachte damals noch keine solche
Abenteurer jeden Gelichters, wie später, in die Neue Welt, Die Ansiedler
blieben ohne Ausnahme Loyalists, d. h. Anhänger der Königlichen britischen
Regierung; doch sie hatten gleichzeitig den festen Willen, ihre Verwaltung
selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht etwa von irgendwelchen Statt-
halterlaunen oder gewinnsüchtigen Absichten des Mutterlandes belästigen
Das Königtum. 267
zu lassen. Sie hatten bereits die allgemeine Volksschule und kannten weder
Adel noch erbliche Pairschaft. Sie waren, obgleich noch Untertanen der
Könige von England, auch damals schon Republikaner und Demokraten.
Diesen so urkräftigen englischen Niederlassungen vermögen die Fran-
zosen in dem Augenblick, wo sich der Gegensatz zwischen Franzosen und
Engländern zuzuspitzen beginnt, allein Kanada und Louisiana entgegen-
zustellen.
Im Jahre 1673 war der Franzose CaveHer de Lasalle in Kanada als Statt-
halter des Ontarioseegebiets ansässig geworden. Cavelier unternahm eine
große Forschungsreise in südlicher Richtung; dabei entdeckte er den Lauf
des Mississippi und gründete eine französische Niederlassung, die sich aller-
dings etwas langsam entwickelte und den Namen Louisiana bekam (17 12).
Indessen alles in allem nahmen es Louisiana, Akadien, Neufundland,
Kanada in bezug auf die Volkszahl, obwohl es sich doch dabei um riesige
Gebiete handelte, insgesamt gleich wenig mit den englischen Kolonien auf.
Im Jahre 1750 standen in ganz Amerika zwölf hunderttausend Engländern
nur sechzigtausend Franzosen gegenüber.
So wurden denn auch während des Siebenjährigen Krieges die Fran-
zosen in Kanada, da sie von Frankreich ohne Hilfe gelassen worden waren,
trotz aller von ihnen verrichteten Wunder der Tapferkeit vollständig besiegt.
Der heldenmütige Montcalm, der die Franzosen befehligte, wurde in der
Schlacht bei Abraham in der Nähe von Quebec tödlich verwundet (1759).
Die Stadt Quebec ergab sich kurze Zeit darauf.
Auf Grund des Pariser Friedens mußte Frankreich seinen gesamten
Besitz in Amerika an die Engländer abtreten: weiter nichts als „viele
Morgen von Schneefeldern", wie einmal Voltaire recht beschränkt meinte;
neben der Stadt Neu-Orleans und einigen Inseln der Antillen behielt es
nichts. Häufig ist für diesen Verlust das scheußliche Regierungssystem
Ludwigs XV. verantwortlich gemacht worden. Doch wird damit ihm allein
ein Fehler zur Last gelegt, an dem das ganze Frankreich mitschuldig war.
Wären mehr Franzosen bereit gewesen als Ansiedler nach Amerika hinüber-
zugehen, anstatt ihr kostbares Blut in törichten europäischen Kriegen zu
verspritzen, so würde heute der ganze nordamerikanische Erdteil französisch
sprechen.
Allerdings haben diese Franko-Kanadier, die das Mutterland im Stich
ließ, rein gar nichts unter der englischen Herrschaft zu leiden gehabt. Sie
haben ihre Sprache, ihre katholische Religion und ihre Gesetze bewahren
dürfen. Diese kleine, aber edle Franzosenschar ist im gegenwärtigen Augen-
blick zu einer zahlreichen Bevölkerung angewachsen, die aber französisch
268 Sechstes Buch.
geblieben und dabei gleichzeitig der englischen Monarchie treu ergeben ist,
derart, daß sie ihr einstiges französisches Banner und ihr heutiges englisdhes
in gleicher Verehrung für beide stets in unzertrennlicher Vereinigung zu-
sammenstellt.
Der Pariser Friede hat Frankreich den endgültigen Verlust seiner
Kolonialherrschaft nicht nur in Amerika, sondern auch in Indien bestätigt.
Um die Mitte des i6. Jahrhunderts (1556) hatte Akbar, ein Nachkomme
Tamerlans, dessen so schreckliches bewaffnetes Apostelamt, wie es ja der
Islam zu fast allen Zeiten hervorgebracht hat, fortgesetzt und seine Herr-
schaft in Hindostan begründet. Die lässigen und friedhchen indischen
Volksmassen beugten sich auch unter sein Joch; zwar waren der Bekeh-
rungen zum Islam nicht wenige, doch blieben auch viele Hindus der alten
Brahmareligion getreu.
Wenn auch die Sittenlehre des Brahmanismus leidlich rein ist, so ist er
' doch nur mit einer ziemlich armen Metaphysik ausgestattet, die von lächer-
lichen Fabeln wimmelt, wie sie höchstens auf Völker in ihrer zartesten
Kindheit Eindruck machen können. E^ zerfällt in fast ebenso viele ver-
schiedenartige Sekten, wie es unzählige auf der ganzen Halbinsel verstreute
Völkerarten gibt. Dem starren Monotheismus Mohammeds und dem über-
wältigenden Nihilismus Buddhas schien die Verehrung Brahmas nur schwa-
chen Widerstand entgegensetzen zu können. Aber die Völker bewahren die
Religionen, in denen sie geboren sind, stets treu, mögen diese auch noch
so lächerlich sein. Indien blieb also teilweise der brahmanischen Lehre treu
und wurde nur mit einem gewissen Teile durch seine Eroberer, die Groß-
moguls, moslemisch.
Es waren das sehr strenge, ausschweifende, blutdürstige und arglistige
Herrscher! Nach Tamerlan und Akbar wurde Aurengzeb (1660 — 1707) der
große Eroberer und Staatengründer. Doch nach seinem Tode zerfiel dies
gewaltige Reich wieder, die Mahratten und die Sikhs gewannen ihre Unab-
hängigkeit wieder, und es kam in die Hände der Europäer, die sich nun
die Trümmer des so gebrechlichen Riesenreiches gegenseitig streitig
machten.
Zunächst waren es Portugiesen, dann Holländer. Aber als sowohl die
portugiesische wie die holländische Marine im 18. Jahrhundert ihr Über-
gewicht zur See eingebüßt hatte, blieben allein noch Engländer i-nd Fran-
zosen vertreten.
Privilegien, die großen Handelsgesellschaften gegeben wurden, bildeten
den Ausgangspunkt für die Eroberung und Besiedelung Indiens. Im Jahre
1641 hatte Richelieu einer französischen Morgenländischen und Madagaskar-
Das Königtum. 26g
gesellschaft (Compagnie de l'Orient et de Madagascar) das Handelsmonopol
für Indien gegeben. Es wurden nun die Inseln Bourbon und Madagaskar
besetzt. Im Jahre 1674 nahm und kaufte ein Pariser Frangois Martin die
Stadt Pondichery. Sie blühte, solange Martin lebte, und entwickelte sich zu
einem bedeutenden Verkehrspunkt. In allernächster Nähe von Pondichery
hatte sich kurz zuvor eine schon im Jahre 1599 gegründete englische Ge-
sellschaft zu Madras niedergelassen (1639).
Die beiden Gesellschaften lebten bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts-
ziemlich friedlich nebeneinander. Damals faßte ein Mann, der es verdient,
daß sein Name nicht der Vergessenheit anheimfalle, dem aber Frankreich
mit bösem Undanke gelohnt hat, Joseph Dupleix (1697 — 1763), den später
von dem modernen England auch verwirklichten großartigen Gedanken,
Gebietserweiterungen unter gewerbliche Gesichtspunkte zu stellen und
zu deren Erreichung statt mit Händeln lieber mit Handeln anzufangen. Auf
diese Weise wollte er Indien den Hindus wie den Engländern gleich-
zeitig entreißen, waren doch zu jener Zeit die Engländer im Besitze von
Bombay, Madras und Kalkutta, die Franzosen von Pondichery, Chander-
nagor und Mah6, und so ihre Kräfte ungefähr gleich, die zehntausendmal
stärkeren Inder aber unter sich gespalten und gebrechlich.
Die Aussichten schienen zunächst für Dupleix günstig. Nach Antritt
seiner Statthalterschaft in Indien rief er sogleich eine Abteilung von Seapoys
(Spahis) zur Verstärkung seines kleinen französischen Heeres ins Leben,
mit denen ihm nun die Einnahme von Madras gelang (1746). Durch den
Frieden zu Aachen allerdings kam diese Stadt schon wieder an die Eng-
länder zurück (1749).
Doch der unfreiwillige Verzicht verdoppelte nur Dupleix' Anstrengung.
Er befestigte Pondichery, besetzte Dekhan und unterhandelte so geschickt
mit den indischen Häuptlingen, daß er einen Augenblick lang sich als Herr
des gesamten Indiens ansehen konnte. Obwohl nun aber nach außen
zwischen Frankreich und England vollständiger Friede herrschte, so hatten
darum die Engländer etwa noch lange nicht abgerüstet; sie hielten die
indischen Hilfstruppen noch immer und verlangten nun von der französi-
schen Regierung Dupleix' Heimberufung. Da gab Ludwig XV. feig nach.
Dupleix mußte nach Frankreich zurück, wo er verlassen, elend und ver-
gessen starb. j
Der Siebenjährige Krieg gab der so vergänglichen franzQsischen Vor-
herrschaft in Indien noch den allerletzten Rest. Zwar hatte Ludwig XV.
einen Irländer namens Lally-Tollendal zur Übernahme und Leitung der
Verteidigung geschickt, aber dieser wußte sich nicht recht mit den Bevoll-
270 Sechstes Buch.
mächtigten der französischen Gesellschaft zu stellen. Er wurde in Pon-
dichery eingeschlossen, und so mußte er die Waffen strecken (1761); nun
wurde er in Frankreich des Verrats beschuldigt, angeklagt und zum Tode
verurteilt (1766). Die Geschichte kennt wenig so traurige Ungerechtig-
keiten !
Der Pariser Friede ließ Frankreich in dem unermeßlichen Indien nur
einen traurigen Rest früherer Macht, im ganzen nur drei Städte, die noch
•dazu weit auseinander lagen: Chandernagor, Mah^ und Pondichery,
Die Engländer hatten die Franzosen in Indien zu gar keinem andern
Zwecke bekämpft, als um sich selbst an ihre Stelle zu setzen.
Der tatkräftige Robert Clive (1725 — 1774), der neuernannte Leiter der
englischen Gesellschaft, wurde nun der Eroberer und Verwalter Hindostans
für England, dem er dieses Land für immer verschaffte. In Bengalen näm-
lich, mitten im Feindeslande, hatten die Engländer Kalkutta befestigt. Dem
über Bengalen herrschenden Nabob aber gelang es, diese Stadt zu nehmen,
wobei er die Engländer, die er in derselben fand, mit den grausamsten
Foltern zu Tode marterte. Hieraus schaffte sich Clive einen guten Vor-
wand, um sich Bengalens zu bemächtigen. Der leichte und entscheidende
Sieg bei Plassey lieferte ihm die bevölkertste und reichste Provinz von ganz
Hindostan aus. Von nun an werden ganz allmählich auch die andern
indischen Herrscher entweder vollständig besiegt oder durch Bestechung
gekauft und so zur Ohnmacht verurteilt. Von seinen Lehnsfürsten verraten,
verhandelte schließlich auch der Großmogul Alam IL mit der englischen
Gesellschaft, um von ihr nur noch im Besitz einer reinen Scheinherrschaft
belassen zu werden (1765).
Zwar kehrte Clive mit weit mehr Ruhm als Schätzen nach England
zurück, aber gleichwohl wurde er wegen veruntreuter öffentlicher Gelder
und wiederholter Erpressungsversuche angeklagt. Wenn auch diese An-
klagen nicht in ihrem vollen Umfange auf bloßer Verleumdung beruht
haben mögen, so erlangte er doch jedenfalls ein freisprechendes Urteil.
Gleichwohl glaubte er sich in seiner Ehre gekränkt und nahm sich un-
mittelbar nach der Verkündung des Urteilsspruchs das Leben (1774).
Die Engländer hatten jetzt in Indien keinen europäischen Neben-
buhler mehr zu fürchten. Sie besaßen die Gangesebene, Bengalen, Dekhan
und Audh. Die mehr oder weniger nahe Aussicht auf die völlige Unter-
werfung von Hindostan wirkte verhängnisvo.11, obwohl wahrhaftig nicht be-
hauptet werden kann, daß ihr tatsächlicher Eintritt jemals irgendwelche
verderblichen Wirkungen im Gefolge gehabt hat. Die indischen Volks-
kreise, die bei ihrer Verweichlichung und Natürlichkeit an unserer abend-
Das Königtum. 27 1
ländischen Bildung, die für sie vor allen Dingen viel zu schnell wuchs,
augenscheinlich nicht teilnehmen konnten, lebten bis zur Ankunft der Eng-
länder unter dem drückenden Joche grausamer Zwangsherrscher. Sie
waren zudem derartig zum Sklavenleben geschaffen, daß keinerlei Sklaverei
denkbar war, der sie sich nicht gefügt hätten. England hat doch wenigstens,
mochte seine Habgier auch noch so groß sein, überall auf der weiten in-
dischen Halbinsel an Stelle der bisherigen Willkür die Gerechtigkeit gesetzt.
Wenn ein gebildetes Volk sich der verhaßten Fremdherrschaft unter-
werfen muß, ist die Entrüstung vollkommen am Platze; wenn aber zu
einem unwissenden Volke, das dauernd den fluchwürdigsten Hungers-
nöten, Seuchen und Tyranneien zum Opfer fällt, Ausländer kommen, um ihm
Ordnung, Wohlergehen, Fortschritt und ein gut Teil Freiheit zu bringen,
dann werden diese Ausländer zu Wohltätern.
Aber die eigentliche Ruhmesgeschichte des 18. Jahrhunderts bilden
weder Schlachten, noch diplomatische Kämpfe, noch auch selbst ferne
Ansiedlungen. Ebensowenig etwa die Kunst, hat doch das sonst
so große Jahrhundert weder einen Cervantes oder einen Shakespeare noch
einen Leonardo da Vinci oder einen Michelangelo noch etwa gar einen
Moli^re hervorgebracht! Auch nicht die Wissenschaft, gehört doch Newton
mehr dem 17. als dem 18. Jahrhundert und Lavoisier zwar nach seinem
äußeren Leben noch ganz diesem Jahrhundert, nach der Art seines Genies
und der Natur seiner Schriften aber eigentlich erst dem 19. Jahrhundert
anl — Nein! Wenn das 18. Jahrhundert mit Recht als das große Jahr-
hundert gilt, so ist das deshalb, wHresinit'der''runcslchtsIös¥sten Kühnheit
alle politischen, religiösen und sozialen Probleme aufgeworfen und den
menschlichen Geist von dem Joche der Überlieferung befreit hat! Gewiß,
gelöst ist damals kein einziges "von diesen Problemen worden ! Aber noch
nie ist der menschliche Geist mit den ersten Versuchen gleich zu endgültigen
Ergebnissen gekommen! Doch es sind immerhin die grundlegenden Fragen
aufgestellt, und es ist doch wenigstens ein schüchterner Versuch angestrebt
worden, auf dem Wege zu einer besseren Zukunft der Menschheit einen
kleinen Schritt vorwärts zu kommen! Die Worte „Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit!" sind doch nun einmal gefallen, und man kann sie ja viel-'
leicht auf Münzen und Mauern auslöschen, womit sie ja auch im Grunde
nichts zu tun haben, aber man wird sie darum nie in den Gewissen der
Völker und der Einzelwesen auslöschen können! Welchen bisher offenbar
noch unbekannten Bestimmungen wird die Erfüllung dieser drei Worte die
272 Sechstes Buch.
Menschen noch entgegenführen? Werden sie ihnen eine vollkommene
religiöse Befreiung oder etwa ganz neue Religionen oder vielleicht auch
mir eine Neugestaltung der alten bringen? Werden sie ihnen die Mon-
archie, die Anarchie oder vielleicht auch den Sozialismus bringen? G&-
nossenschaftliches oder Einzelleben? Was tut's! Jedenfalls ist es das 18.
Jahrhundert gewesen, das alle diese so edlen Probleme angeregt imd damit
sein Werk getan hat!
Es scheint das aber eher das Werk eines Abbaues als das eines Aufbaues
zu sein! Und mit Recht! War doch die Errichtung eines Neubaues eine
späteren Geschlechtern vorbehaltene Aufgabe, und mußte zunächst vorher
das altersschwache Gebäude der Gesellschaft, das fünfzehn volle Jahr-
hunderte der Unwissenheit aufgerichtet hatten und das so vielen Irrtümern
Schutz und Obdach gewährt, bis aiif den Grund niedergerissen werden!
Diese Aufgabe sollte nun den französischen Schriftstellern zufallen. Die
großen klassischen Meister des 17. Jahrhunderts hatten durch die erhabene
Schönheit und wunderbare Reinheit ihrer Schöpfungen jenen so herrlichen
Aufschwung der französischen Sprache herbeigeführt, vermöge dessen sie
unter einem Ludwig XIV. noch weit mehr als die französische Staatskunst
und unter seinem Nachfolger Ludwig XV. wieder noch mehr als unter
Ludwig XIV. triumphierte. Mögen, besonders unter dem letzteren, sich
Frankreichs Heere besiegen, seine Diplomaten verspotten, seine Ansiedler
aus Asien und aus Amerika vertreiben lassen, so herrscht doch überall der
französische Geist, ob das nun an dem preußischen Hofe ist, wo ihn Leute
wie Voltaire, d'Holbach, Maupertuis, Helvdtius vertreten, an dem rus-
sischen, wo ein Diderot und d'Alembert leben, an dem österreichischen,
wo Kaiser Josef II., der Sohn Maria Theresias, als Philosoph auf
einem Kaiserthrone sitzt (1780 — 1790), an dem Hofe von Turin, wo
alles französisch ist, in Holland, in Schweden, in Spanien, kurz in allen
Kulturländern der Erde. Im Jahre 1675 beherrscht die französische Litera-
tur bereits die Welt, um sich im Jahre 1775 noch immer derselben
Stellung zu erfreuen. Im Jahre 1675 verdankte sie das der Schönheit
ihrer Form, im Jahre 1775 der Schönheit ihres Gedankens.
Allerdings war diese friedliche Durchdringung nicht ganz ausschließlich
ein französisches Werk. Sie war ein Ergebnis wohltätigen Zusammen-
arbeitens französischen Geistes mit englischem.
Die Engländer hatten sich, wie wir gesehen haben, die volle politische
Freiheit und eine fast uneingeschränkte Preßfreiheit erkämpft. Für die
Preßprozesse waren die Geschworenen zuständig, und, kamen diese wirk-
lich einmal zu einer Verurteilung, so erhöhte diese nur noch die Volks-
Das Königtum. 273
tümlichkeit des angeklagten Schriftstellers. Die parlamentarische Regie-
rung wurde von verantwortlichen Ministern unter der beständigen scharfen
Aufsicht eines aus Wahlen hervorgegangenen Parlaments ausgeübt. So
war dank der Preßfreiheit, vermöge deren sich jede Ableugnung und jede
Einwendung an das volle Licht der Öffentlichkeit wagen konnte, und dank
dem parlamentarischen Regierungssystem, das der Politik ihre ganze Rich-
tung gab, in England die öffentliche Meinung überall die unumschränkte
Herrin.
Gleich zu Beginn des 18. Jahrhunderts sind zwei Geisteshelden von sel-
tener Kühnheit des Denkens die Förderer der philosophischen Bewegung
gewesen: der Franzose Bayle und der Engländer Locke. Bayle, einer von
jenen zahlreichen französischen Flüchtlingen in Holland, die der Aufhebung
des Ediktes von Nantes zum Opfer gefallen waren, schrieb hier ein Wörter-
buch, das das Urbild der späteren Enzyklopädie gewesen ist (1700). Locke,
ein großer Psychologe und scharfsinniger Theologe, wagte im Widerspruch
mit der allgemeinen Auffassung die grundsätzliche Forderung der Duld-_
samkeit mit Nachdruck zu verfechten (1690).
Hierbei ist nicht zu vergessen, daß sich sogar auch schon in Frankreich
ein gewisser Gegensatz zum absolutistischen und beinahe auch zum reli-
giösen Denken mit Fenelon und Vauban zu erkennen gegeben hatte.
Im 18. Jahrhundert nimmt dieser Gegensatz immer verwegenere Formen
an, bis er schließlich Schranken findet, über die auch unser Jahrhundert
noch kaum hinweggekommen ist. Er verkörpert sich in einem Manne;
es ist dies Voltaire, der sein Jahrhimdert erfüllte (1694 — 1778).
Das Leben Voltaires ist nicht gerade sehr erbaulich. Prahlerisch, miß-
günstig, den Großen dienerisch, schmeichelnd, jähzornig, rachsüchtig hat
er stets das nötige Maß an Würde, Mut und Offenheit vermissen lassen.
Er hat erbärmliche Lustspiele und mäßige Trauerspiele geschrieben und der
Nachwelt nur e i n Meisterwerk hinterlassen. Doch als Schriftsteller war er
unvergleichHch durch die Klarheit und Knappheit seines Stils, der ;für die
französische Ausdrucksweise als vorbildlich gilt. Mit einer unbeugsamen
Kjraft hat er die Duldsamkeit verteidigt und gleich so verteidigt, daß er sie
auch durchgesetzt hat. Ihni, jawohl, ihm allein, verdanken wir diese große
sittliche Lehre, die heute so einleuchtend klar und allgemein verbreitet ist,
daß man nur über die vielen alle staunen kann, die in der Vergangenheit
der entgegengesetzten Denkweise zum Opfer gefallen sind; er war les,
der mit ausdauernder Hartnäckigkeit verkündet hat, daß ein Mensch Inicht
strafbar ist, weil er sich zu einer von der lunsrigen abweichenden Meinung
bekennt. Er hat die barbarischen Gerichtsbräuche bekämpft: Folter, Ver-
ls Riebet, Geschichte der Menschheit
274
Sechstes Buch.
mögenseinziehung und geheimen Verhaftsbefehl. Endlich hat er mit einer
Begeisterung, die geradezu eine vernarrte zu nennen war, einer durch-
dringenden Dialektik, einer beißenden Ironie, einer fruchtbaren Phantasie
und einer unerbittlichen Logik volle sechs Jahrzehnte hindurch die Ein-
mischung alles Übernatürlichen, Wunderbaren und Göttlichen in die Ange-
legenheiten der Menschen geleugnet und den blinden Glauben an eine
nicht beweisbare Religion leidenschaftlich verspottet. Er war auf diesem
Gebiete ein König, der die Welt beherrschte! Sein Einfluß ist erstaunlich,
ja unvergleichlich gewesen. Er dauert noch heute in einer zwar immerk-
lichen, doch wirksamen Gestalt fort, und diese Tatsache ist um so eigen-
artiger, als man ihn kaum noch liest, und von ihm nur noch seine Gedanken
fortleben.
Wie Voltaire, hat auch Montesquieu (1689— 1755), der tiefe und geistreiche
Philosoph der Staatskunde, des Rechts und der Geschichte, den starken
Einfluß des englischen Denkens erfahren. Er ist wirklich in dem, was er
verwirft, nicht weniger kühn als Voltaire.
Im Jahre 1751 beginnt jene schon erwähnte Enzyklopädie zu erscheinen,
die einer neuen Weltanschauung die feierliche Weihe gibt. Der phrasen-
haften Deklamation und falschen Logik mittelalterlicher Scholastik, dem
theologischen überlieferten Glauben stellten die Verfasser der Enzyklopädie
die bestimmte Tatsache moderner Technik gegenüber. Man kann den Geist
der Enzyklopädie mit einem einzigen Wort zusammenfassen: sie ist ein
streng wissenschaftliches Buch. Ja, es ist etwas ganz Neues, auch noch
Im Jahre 1751: alles und jedes der streng wissenschaftlichen Lehre zu
unterwerfen und infolgedessen nur das als wahr zuzulassen, was bewiesen
ist. Zwar hatte das schon einmal Pascal gesagt, doch nahm dieser noch
immer das religiöse Denken aus. Diderot und seine Mitarbeiter d'Alembert,
Duclos, Buffon, Helv^tius, d'Holbach schlössen nun auch die Religion
mit einl
Noch ein Mann hat einen beträchtlichen Einfluß ausgeübt, der fast dem
Voltaires gleichkommt. Es ist Jean-Jacques Rousseau (17 12 — 1778), der
Genfer Bürger. In seinem Privatleben war er ein ziemlich armseliger, auf
seine Laster dummstolzer Tropf, und sein berauschendes Genie ist im
Grunde ein unheilvolles gewesen. Er hat jenen außerordentlich wunder-
lichen Gedanken entwickelt, daß der Mensch von Natur gut sei, und daß
ihn erst die Gesellschaft verderbe, was die Wahrheit gerade in ihr Gegen-
teil umkehrt und jeden Gedanken an einen Fortschritt, jede Hoffnung auf
eine Mitarbeit aller Menschen an der Eroberung der Natur durch die
Wissenschaften lähmen muß. In seinem Gesellschaftsvertrag, den die Jako-
Das Königtum. ayS
biner aus dem Zeitalter der großen französischen Revolution unglück-
licherweise zu ihrem Evangelium gemacht haben, verherrlicht er einen
erdrückenden sozialen Despotismus. Sein schwülstiger und hochtrabender
Stil nimmt sich neben dem scharfen und nüchternen eines Voltaire recht
jämmerlich aus; imd doch hat Rousseau bis tief ins 19. Jahrhundert hinein
Verehrer und Nachahmer gefunden. Aber unter dem Gesichtspunkte des
Stils wie der Lehre war er für das 18. und 19. Jahrhundert ein gar schäd-
licher Berater.
Was die unwiderstehliche Gewalt dieser großen Erneuerungszeit aus-
macht, ist, daß der von Männern wie Montesquieu, Voltaire, Diderot, Jean-
Jacques Rousseau geführte Feldzug bei unzähligen unbekannten, ja bei-
nahe namenlos gebliebenen Mitarbeitern Unterstützung findet. Man leistet
der Bewegung in ganz Europa Folge. In Italien veröffentlicht Beccaria im
Jahre 1761 seine wunderbare Abhandlung über die Vergehen und die Stra-
fen, die die Todesstrafe abgeschafft wissen will und; die Grundsätze des
Anrechts auf die menschliche Verantwortlichkeit festlegt. In England
schreiben Jonathan Swift und Daniel de Foe Bücher, von denen die des
einen zu den kühnsten der Welt gehören, während der andere ein Werk
geschrieben hat, das jedermann entzücken muß; doch der ver-
jüngende Geist des Jahrhunderts tritt ebenso in Gullivers Reisen
wie in den Abenteuern Robinson Crusoes hervor. Gibbon, der große eng-
Usche Geschichtsschreiber, Lessing, der große deutsche Kritiker, zeigen die
gleiche Verehrung für die Vernunft, die gleiche Mißachtung für die re-
ligiösen Überlieferungen.
Die Vorstellungen, die in dem Geist der großen Männer, die sie nieder-
schreiben, zusammengesetzte sind, werden zu einfachen, sobald sie in die
Volksseele eindringen. Jene mit so leidenschaftlichem Eifer betriebene ge-
samte Werbearbeit läßt sich schließhch in folgenden wenigen kurzen Sätzen
zusammenfassen :
„Der Mensch ist etwas für den Menschen Heiliges!" — Homo sacra res
homini, hatte schon Seneca gesagt, der offenbar der Vergessenheit an-
heimgefallen ist — I
Die verschiedenen Einzelwesen eines Volkes haben alle gleichen An-
spruch auf Gerechtigkeit!
Der Fortschritt liegt vor uns und nicht hinter uns!
Nur der Wissenschaft werden wir dereinst unsere Befreiung zu verdanken
haben I
Es sind das Wahrheiten einfachster Art, in denen heute in der ganzen
Welt schon die kleinen Kinder von zwölf Jahren unterwiesen werden. Trotz
18*
276 Sechstes Buch.
aller hoffnungslosen Bekämpfungen durch einige ehrwürdige Vertreter der
■^ ■ höchsten Altersstufen sind es derartig alltägliche Wahrheiten, daß sie sich
^ ■ , nur mit einem gewissen Maß von Beschämung niederschreiben lassen.
1 Doch im Jahre 1760 waren sie noch keineswegs alltäghch, und es ist jenes
französische, aber durch den englischen Geist aufgeklärte große 18. Jahr-
hundert, das diese so gesunden und kernigen Leitsätze in der ganzen Welt
verbreitet hat.
Die neuen Auffassungen drangen überallhin, selbst nach Rußland: zwar
nocli nicht ins Volk, das noch immer sehr ungebildet blieb, aber an
den Hof bis in den Palast der damaligen Kaiserin Katharina (1763 bis
1796) hinein.
Katharina war eine Prinzessin aus einem kleinen deutschen Fürsten-
hause, die den Großfürsten-Thronfolger Peter geheiratet hatte. Sie wurde
Zarin, als ihr Gemahl Peter III. Elisabeth folgte (1762). Sie war so durch-
trieben, gleich von Anfang an mit ihrer Geringschätzung alles Deutschen,
ihrem orthodoxen Glauben und ihrer Bewunderung für das russische Heer
zu prahlen. Im Gegensatz zu ihr brüstete sich ihr bedauernswürdiger Ge-
mahl, ein kleiner, schwächlicher, schlapper und halb blödsinniger Kerl, dar
sich Abend für Abend zu betrinken pflegte, mit seiner Mißachtung alles
Russischen. Hieraus erwuchs ihm eine von Tag zu Tag steigende Unvolks-
tümlichkeit.
Da geschah es, daß er Katharina öffentlich beleidigte. Jetzt wandte
sie sich an die Soldaten, überzeugte sie von der Notwendigkeit, einen so
kläglichen Zaren, wie es ihr Gatte sei, zu stürzen und ließ sich nun als
Selbstherrscherin aller Reußen ausrufen. Peter dankte ab und wurde ins
Gefängnis geworfen. Er starb hier — ob wohl zufällig ? — schon nach vier
Tagen. ^
Wenig Frauen haben eine weitere und auch tiefere geistige Tätigkeit
entfaltet als Katharina II. Sie liebte Kunst und Wissenschaft, gründete
Museen und Akademien, berief die besten französischen und italienischen
Künstler nach Petersburg, schrieb selbst Schauspiele und Lustspiele, die
übrigens sehr mäßig waren, und Briefe in französischer Sprache, die um-
gekehrt schon damals die Bewunderung aller erregten und ebenso beach-
tenswert sind wie des großen Friedrich Denkwürdigkeiten. Mit derselben
Leidenschaft wie dieser hatte sie sich für die französischen Philosophen
wie Montesquieu, Voltaire und besonders auch Diderot begeistert.
Aber ganz ebensowenig, wie Friedrich IL, ließ sie sich etwa von den
Das Königtum. 277
ihr befreundeten Philosophen in ihrer PoUtik leiten. Sie hat durch eine
Reihe fortgesetzter Gewalttätigkeiten und Spitzbübereien, in denen sie
sich von keinerlei Gewissensbedenken beirren ließ, ein System dauernder
Eroberungen verfolgt. Ihre menschenfreundlichen Anschauungen haben •
sie nicht einen einzigen Tag davon zurückzuhalten vermocht, einen jeden, ;
der sich bei ihr mißliebig gemacht hatte, mochte es sein, wer es wolle, i
unbesehen außer Landes zu schaffen, seiner Güter zu berauben oder hin- /
richten zu lassen. '
Im Gegensatz zu Friedrich, der sich mit Geliebten nicht aufhielt, hatte
Katharina eine Unzahl von Günstlingen. Sie wechselte häufig mit großer
Freiheit und einer Leichtigkeit, die selbst mit ihrem höheren Alter nichts
einbüßte. Zum Glück für das Zarenreich mußten sich Günstlinge, wie
Orlow, Ermelow, Zombow und noch sehr viele andere mehr damit be-
gnügen, sei es im Augenblick höchster Gunst oder auch in dem einer Ab-
reise, einige prächtige Angebinde zu empfangen, aber sie durften sich
niemals auch nur im allergeringsten an den Staatsgeschäften beteiligen.
Der einzige, der hierauf einen wirklichen Einfluß ausgeübt hat, war Gregori
Potemkin (1774 — 1791), der so klug war, der Zarin ganz ruhig vorüber- j
gehend auch andere Liebhaber zu gönnen, wenn er nur für sich selbst die
eigentliche Macht mit ihren Vorrechten behielt.
Friedrichs und Katharinas Staatskunst hatten zuviel Ähnlichkeit mit-
einander, um nicht an irgendeiner Stelle in Widerspruch geraten zu müssen.
Es schien anfangs bei Polen, doch schon sehr bald erfolgte hierüber zwischen
ihnen beiden eine Verständigung, auf Grund deren sie ein unerbittliches
gemeinsames Vorgehen gegen dies unglückliche Land ins Auge faßten.
Polen entbehrte, um als ein wirkliches Staatswesen gelten zu können,
sowohl der Landesgrenzen wie eines Heeres und einer Regierung. Es
blieb ihm nur zur Wahrung seines einheitlichen Volkstums seine ein-
heimische Sprache, die die unzerstörbare Macht bleiben sollte, die auch
bis zur gegenwärtigen Stunde anderthalb Jahrhunderte der Unterdrückimg
und Vergewaltigung nicht auszurotten vermocht haben. Ein aus einer
Wahl hervorgegangener König, ein starker, tapferer armer Adel, der sich
weder irgendwelcher Ordnung fügen noch irgendwelcher Politik unter-
werfen wollte, verhungerte und ungebildete Bauern, die zu einer Leib-
eigenschaft verdammt waren, die vielmehr eine Sklaverei zu nennen war,
zahllose Juden, die noch sklavischer als die Bauern waren und noch mehr
heruntergekommen, aberjcein Bürgerstand 1 Der Adel dachte allein daran,
seine Vorrechte gegen den König zu behaupten, xmd die Bauern allein
278 Sechstes Buch.
daran, nicht zu verhungern. Weder lutherische noch orthodoxe Religion
hatten den Katholizismus der Polen ins Wanken zu bringen vermocht.
Nach dem Tode Augusts III. aus dem sächsischen Kurfürst sn-
hause (1763) einigte sich Katharina mit Friedrich auf Stanislaus Poni-
atowski als den beiden genehmen zukünftigen König von Polen (1765).
Um seine Wahl durchzusetzen, rückte das russische Heer in Polen ein
und besetzte Warschau, Weder Österreich noch Frankreich widersprachen.
I Von Katharinas Gesandten Repnin unterstützt, herrschte Poniatowski über
I Polen als König mit etwa der Autorität, über die heute ein indischer Fürst
neben dem englischen Residenten verfügt.
Aber das polnische Volk fügte sich diesem nur schlecht verhehlten Joch
der Fremdherrschaft nicht.
Es brach ein Aufstand aus, für den die Religion als Vorwand herhalten
mußte (1768). Volle vier Jahre behaupteten die Verbündeten das Feld in
einem Kriege, den sie mit Freischärlern zu führen hatten, die wiederholt
besiegt und zersprengt wurden, doch dann bald wieder siegreich waren,
sich stets von neuem erholten und niemals zu fassen waren. Dazu kam,
daß gerade damals Rußlands Hauptkräfte für den Türkenkrieg gebraucht
wurden. So wurde es Katharina immer klarer, daß sie für sich allein mit
den Aufständischen nicht fertig werden würde. Nun trat sie mit Friedrich
und Maria Theresia in Verhandlungen und machte ihnen den Vorschlag,
Polen zu teilen. Zwar hatte die österreichische Kaiserin zunächst noch
einige Bedenken, um aber gar bald auf den Vorschlag einzugehen, doch
nur unter der Bedingung, daß auch sie einen Teil der Beute bekäme.
Friedrich bekam den polnischen Teil des alten Ordenslandes Preußen
als Ergänzung der heutigen Provinz Westpreußen (achthunderttausend
Seelen); an Österreich fiel Galizien (zwei Millionen sechshunderttausend)
und an Rußland Litauen und Weißrußland (eine Million sechshundert-
tausend) {Erste Teilung Polens, 1772). Nur noch wenig Land blieb übrig;
dieses behielt vorläufig noch seinen König und ebenso, wenn auch nur dem
Namen nach, seine Unabhängigkeit.
Gewiß, wir haben im vorausgegangenen schon wiederholt die empörendsten
Länderdiebstähle durch fremde Staaten gesehen und werden es auch noch
im folgenden; es ist das die Geschichte aller großen Reiche; aber was
diesmal das Verbrechen besonders empörend und haarsträubend machte,
I war, daß die Unglücklichen, die auf diese Weise Untertanen Rußlands,
' Preußens und Österreichs wurden, selbst weder Russen noch auch Preußen
noch auch Österreicher waren, ferner, daß die schamlose Plünderung sich
' hinter einer noch viel schamloseren Heuchelei versteckte, und schließlich.
Das Königtum. 27g
daß diese erste Zerstückelung nur das Vorspiel einer JFür später doch
vorbehaltenen und bloß für den Augenblick hinausgeschobenen völligen
Unterwerfung unter die erbarmungslose und verhaßte Fremdherrschaft
war! Doch wann einmal hätte die Erfolgsanbetung, gleichviel ob bei den
Großen oder den Kleinen, nicht jede Gewissensregung erstickt, und warum
sollte es hier anders sein? So halfen keinerlei Einwände, weder Bitten
noch Beschwörungen.
Die Türkei, mit der Katharina damals gleichfalls im Kriege lag, machte
ihr kaum viel mehr Schwierigkeiten als Polen. Das türkische Heer hatte
schon lange jenen sieghaften Fanatismus und jene unbeugsame Wider-
standskraft verloren, die einst die Janitscharen so furchtbar gemacht
hatten; jetzt war es schwach, schlecht geleitet und stets im Aufstande
gegen Wesire, die sich durch ihre ewigen Eifersüchteleien um den Vorrang
lächerlich machten.
Zunächst allerdings schlug sich das kleine russische Heer ganze vier
Jahre hindurch in den Sümpfen des Dnjestr recht unrühmlich, allerdings
mehr durch Krankheit als durch feindliches Feuer aufgerieben, wie es
ja etwa noch ein Jahrhundert später in demselben Gelände den vereinigten
englischen und französischen Heeren gehen sollte. Die einzige große
Schlacht war eine Seeschlacht, bei Tschesme (1770); hier bekam die von
Peter dem Großen neuerbaute Flotte ihre Feuertaufe. Ein glänzender Sieg
für die Russen 1 Die ganze türkische Flotte (sechzehn große Schiffe) wurde
eingeäschert, zersprengt und vernichtet.
Nun wurde die Krim angegriffen, und so schloß Sultan Abd-ul-Hamid,
der nach Mustaphas HI. Tode sein Nachfolger geworden war, bald nach
seinem Regierungsantritt Frieden (1774). Österreich hatte die Vermittelung
gemacht, die es sich nun mit der Bukowina bezahlen ließ, einem Lande,
dessen Bewohner Rumänen sind.
Aber der Friede hatte keinen langen Bestand. Konstantinopel war
noch immer, ebenso wie Polen, Katharinas großer Ehrgeiz, wie es der
aller Zaren war*. Im Jahre 1784 rückte ein russisches Heer in die Krim ein,
die von nun an für immer an Rußland fiel; doch das war nur ein Anfang.
Katharina hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, die Türkei gerade
so zu zerstückeln, wie sie es mit Polen gemacht hatte. Nun war sie bereits
so weit, Österreich auch die Teilung dieses Landes vorzuschlagen; doch
hier war eben auf Maria Theresia Josef IL gefolgt, und er .-ögerte (1781).
So begann denn Katharina den Krieg auf eigene Faust; sie schickte den
Sogen. Testament Peters des Großen.
28o Sechstes Buch.
Feindseligkeiten die bühnenhafte Kundgebung eines bloßen Drohungs-
streifzuges nach Südrußland voraus. Es waren Triumphbögen aufgerichtet
worden, auf denen die Inschrift prangte: „Wegr nach Byzanz". Es war das
ein wenig zu früh geschrien I (1787).
Endlich gelang es Katharina, den Kaiser von Österreich zu überreden,
der nun ihr Bundesgenosse gegen die Türken wurde. Doch die ihr im
geheimen feindlich gesinnten Mächte England und Preußen drängten König
Gustav III. von Schweden, die Russen auf der Ostsee anzugreifen. Die
Schweden hatten noch immer nicht die ihnen durch den Frieden zu Nystädt
entrissenen Osfseeprovinzen vergessen, und so erklärten sie an Rußland
den Krieg. Nun konnten die russischen Heere, da sie einen Teil ihrer
Kraft auf die Verteidigung der bedrohten Hauptstadt Petersburg ver-
wenden mußten, nicht mehr mit der bisherigen Entschiedenheit den Feldzug
am Dnjestr und Don führen.
So dauerte weder mit der Türkei noch mit Schweden der Krieg länger
fort. Der Friede mit Schweden wurde zu Weselowo unterzeichnet, nachdem
die Schweden einen glänzenden Sieg zur See erfochten hatten (1790).
Mit den Türken aber schloß Josefs II. Nachfolger, Leopold IL, den Frieden
zu Sistow (1790), und zwei Jahre darauf Katharina IL zu Jassy (1792).
Obgleich die Türken sowohl bei den Belagerungen wie in den regeürechten
Feldschlachten von dem unbesieg liehen Suworow nahezu ständig geschlagen
worden waren, ging ihnen trotz alledem durch den Frieden von Jassy kaum
das geringste Stück Land verloren; die Krim und die Tatarei freilich
blieben endgültig bei Rußland.
Es entwickelte sich in Osteuropa das russische Zarenreich allmählich
zu einer europäischen Großmacht.
Mittlerweile erstand im Westen, jenseits des Atlantischen Weltmeeres,
eine andere Großmacht, die bei ihrer Entstehung sehr bescheidene Anfänge
aufzuweisen hatte. Rußland stützte sich auf den Despotismus, Amerika auf
die Freiheit.
■ "Seit dem Pariser Frieden im Jahre 1763 besaß England in Nordamerika
eine Kolonie mit etwa zwölfhunderttausend Einwohnern, die verstreut an
der ganzen Küste wohnten, während das Innere weder bevölkert noch
auch nur erforscht war. So grenzten damals ans Meer von Norden nach
Süden Neufundland, Akadien und Neuengland als die nördlichen, Massa-
chusetts und Pennsylvanien als die mittleren, Maryland, Virginia, die
Karolinen und Georgia als die südlichen Kolonien. Florida gehörte noch
Das Königtum. 281
Spanien, Louisiana mit einer kleinen französischen Bevölkerung ebenso
Frankreich.
Die hauptsächlichsten Städte waren Boston, der eigentHche geistige
Mittelpunkt (fünfzehntausend Einwohner), New York, schon damals ein
bedeutender Handelsverkehrsplatz (fünfundzwanzigtausend Einwohner) und
Philadelphia (zwanzigtausend Einwohner).
Die Ansiedler waren überwiegend Bauern und Landwirte, in den Städten
Kaufleute, Richter, Pastoren und Ärzte. Die Schulbildung war weit ent-
wickelter als in irgendeinem europäischen Lande. Alle Amerikaner konnten
lesen, und alle lasen eifrig in ihrer Bibel. Bereits in jeder Stadt gab es
Zeitungen,
Die Kolonien verwalteten sich selbst ohne allzu große Kosten. . Das
hauptsächlichste oder besser gesagt das einzige Band, das sie an das
Mutterland fesselte, war der von England gesandte Statthalter, der die
Aufgabe hatte, die englischen Gesetze zur Durchführung zu bringen und
die Steuern zu erheben.
Alle Auswanderer waren mit einem berechtigten Stolze von ihrem Werte
und ihrer Unabhängigkeit durchdrungen. Was an liberalen Anschauungen
England, was an demokratischen Frankreich durchbebte, fand damals einen
lebhaften Widerhall in den Herzen aller jungen Amerikaner. Allerdings
waren diese noch immer bis ins Innerste ihrer Seele monarchisch und
wünschten sich in jenen Tagen noch keineswegs von ihrem Mutterlande
zu trennen.
Zehn Jahre lang (1765 — 1775) bildeten den ausschließlichen Reibungs-
stoff zwischen Kolonie und Mutterland unbedeutende Streitigkeiten um
Rechts- und Zuständigkeitsfragen. Die Körperschaften einer jeden Provinz
fochten die Berechtigung ihres Statthalters auf die Erhebung der einen
oder der anderen Steuer an. Die damalige Toryregierung Englands unter
Lord North begriff nach mehreren Zusammenstößen, von denen einige
sogar einen blutigen Ausgang nahmen, schließlich, daß die Einziehung
dieser Abgaben mehr kostete als sie einbrachte, und so entschloß sie sich,
dieselben sämtlich aufzuheben bis auf den Teezoll, den sie wegen der
grundsätzlichen Natur der Sache beibehalten wollte (1770).
Aber gerade auch um des Grundsatzes willen weigerte sich die Bevöl-
kerung von Boston, den so willkürlich angesetzten Zoll zu zahlen. So
warf sie eine neuangekommene Sendung Tee der Ostindischen Gesellschaft
kurzer Hand ins Meer (Dezember 1773).
Mit Genehmigung des britischen Parlaments und des Königs Georg HL
(1760 — 1820) sandte Lord North als Antwort auf dieses Verhalten den
202 Sechstes Buch.
General Gage nach Boston 'unter Aufhebung aller Freiheiten, üdie der Staat
Massachusetts genoß.
Die angesehensten Bürger von Boston, unter anderen Samuel Adam
und Warren, beantworteten diese Gewaltmaßregel mit Berufung einer
Versammlung von Vertretern sämtlicher nordamerikanischer Provinzen
(eines sogenannten kontinentalen Kongresses) nach Philadelphia zur Wahrung
der Rechte der Kolonie. Der Kongreß trat zusammen (5 . September 1 774).
Er bestand aus den Vertretern der sämtlichen damaligen zwölf Kolonien,
an Zahl fünfundfünfzig. Es war das erste Mal, daß sich die bisher über
ein unendliches Gebiet verstreuten amerikanischen Ansiedler zu einem
einheitlichen Schritte und Beschlüsse zusammenfanden. Der 5. September
1774 ist in den Kalender der Weltgeschichte als ein denkwürdiger Tag
eingezeichnet. „Die Tyrannei hat die Grenzen ausgelöscht!" rief Patrick
Henry, „jetzt bin ich nicht mehr Virginier, jetzt bin ich allein Amerikaner!"
Nun drängen sich die Ereignisse rasch und entscheidend. Mit jeder
neuen Tatsache rückt die Trennung einen Schritt näher. Im April 1775
liefern die englischen Truppen unter Gage den Bürgerwehrmännern des
Staates Massachusetts eine regelrechte Schlacht bei Lexington. Schon im
Mai tritt der zweite Kongreß zusammen, der diesmal ein Heer zu werben
und Papiergeld auszugeben beschließt. Im Juni ernennt der noch immer
tagende Kongreß George Washington zum Oberbefehlshaber sämtlicher
Bürgerwehrmannschaften. Zwei Tage darauf bezeichnet eine heiße Schlacht
unmittelbar vor den Toren von Boston, bei Jankeshill, den ersten großen
Sieg des so gefeierten amerikanischen Freiheitshelden.
. Im folgenden Jahre beschloß der in Philadelphia zusammengetretene
Kongreß die feierliche Erklärung seiner Unabhängigkeit in dem von Jeffer-
son, dem Vertreter von Virginia, abgefaßten Wortlaute (4. Juli iJjQ;
Diese Unabhängigkeitserklärung war für den Staat Virginia von einer
Erklärung der Rechte begleitet, die das Vorbild für die nicht lange nachher
niedergeschriebene, fast wörtlich gleichlautende, von derselben Begeisterung
eingegebene, aber in der europäischen Welt noch berühmter gewordene
j' französische Erklärung der Menschenrechte liefern sollte: „Alle Menschen
sind von Natur frei und unabhängig; jede Regierungsgewalt gehört allein
dem Volke; die Behörden sind weiter nichts als die Bevollmächtigten
und Diener desselben und ihm zu jeder Zeit verantwortlich. Kein Amt darf
] erblich sein ; die beiden Gewalten der Gesetzgebung und der Vollziehung
sind von der richterlichen Gewalt zu trennen."
Die Amerikaner feiern den 4. Juli 1776 mit Recht als einen nationalen
Gedenktag, den sie alljährlich festlich begehen, haben sie sich doch an
Das Königtum. 283
jenem Tage zum Volke zusammengeschlossen, und sollte doch dieses junge
Volk mit seiner Vaterlandsliebe, seinen Gesetzen und seinen Sitten der
herrlichsten Zukunft entgegengehen I Dieses so plötzlich emporgekommene
Volk, das im Jahre 1775 nicht mehr als zwei Millionen Einwohner zählte,
wird voraussichtUch im Jahre 191 5 die hundertste Million vollgemacht
haben 1
Der Krieg dauerte sechs Jahre und zeigte die verschiedensten Wand-
lungen. Zunächst wurde Washington, dessen Bürgerwehrmänner zwar
höchst tapfer, aber ebenso unerfahren waren, von dem ausgezeichneten
englischen Heere im Jahre 1776 bei Brooklyn und im Jahre 1777 bei
Brandywine geschlagen. Doch schon bald gab eine denkwürdige Waffentat
den Aufständischen die Hoffnung wieder. In Saratoga mußte der englische
General Burgoyne die Waffen strecken und sich mit sechstausend Mann
dem amerikanischen (General Gates ergeben (16. Oktober 1777).
Doch allem Heldenmute der Bürgerwehrmänner zum Trotze waren
die Kräfte noch immer ungleich. Vor allem fehlte es an Geld. Auch machten
die Kälte und die Entfernungen den Krieg für die mit Kleidern und Lebens-
mitteln schlecht ausgerüsteten Amerikaner sehr hart, jedenfalls viel härter
als für die britischen Soldaten, die von den die Küsten entlang kreuzenden
Schiffen immer wieder im Überflusse neu verproviantiert wurden. Aber
Washington stand noch immer ungebrochen da.
Erst Frankreichs Dazwischentreten entschied den Sieg der Freiheit.
Die französische öffentliche Meinung hatte sich, besonders in Paris,
für die amerikanischen Unabhängigkeitskämpfer wahrhaft leidenschaftlich
begeistert. Benjamin Franklin, der nach Europa gekommen war, tun die
Sache seiner Landsleute zu vertreten und für sie Stimmung zu machen,
wurde vom ersten Augenblick seiner Ankunft in Paris mit einer ganz un-
gewöhnlichen Wärme aufgenommen. Alle bewunderten seine Biederkeit,
sein Zartgefühl, seinen Scharfsinn; alle rühmten seine wissenschaftUchen
Entdeckungen. Dem einheitlichen Zuge der öffentlichen Meinung folgend,
erkannte daher Ludwigs XVI. Regierung den Vereinigten Staaten Amerikas
ihre Unabhängigkeit an (6. Februar 1778). Das bedeutete den Krieg
mit England.
Die französische Marine hatte sich allmählich wieder erholt. Trotz
Ludwigs XV. ablehnenden Verhaltens hatte sich schon Choiseul nicht von
dem Versuche abschrecken lassen, Frankreich die Flotte wiederzugeben,
um die es seit la Hougue die wiederholtesten Mißerfolge gebracht hatten,
ein Versuch, der recht glücklich verlief. Vergennes setzte dieses Erneue-
rungswerk nun weiter mit solchem Erfolge fort, daß bereits unter
284 Sechstes Buch.
Ludwig XVI. im Jahre 1779 die mit den spanischen vereinten französischen
Schiffe der enghschen Flotte die Spitze bieten konnten. Die Wieder-
eroberung Gibraltars gelang allerdings nicht. Auch war der englische
Admiral bei Saintes siegreich (1782). Doch dieser Erfolg war nicht ent-
scheidend, hatte doch die französische Flotte ihren ganzen alten' Mut
wiedergewonnen und unter Suffren, d'Orvilliers und d'Estaing gezeigt, daß
sie noch immer zu siegen vermochte.
In der Tat ist auch ihr zu einem guten Teil der glänzende Sieg zu
verdanken, den Washington bei Thornton davontrug (19. Oktober 1781),
und der für den Ausgang des englisch-amerikanischen Krieges entscheidend
wurde.
Frankreich hatte eine kleine Heeresabteilung von sechstausend Mann
unter der Führung von Rochambeau gerade in jenem bedenklichen Augen-
blicke geschickt, wo Washington trotz wahrer Wunder von Ausdauer und
Umsicht schon so gut wie verloren schien. Nun konnte er in Virginia im
Verein mit Rochambeau gegen das englische Hauptheer unter Cornwallis
vorrücken. Dieser hoffte die mehr und mehr schwindenden Lebensmittel
seines Heeres durch die englischen Schiffe ergänzt zu bekommen, die jedoch
durch eine Blockade der französischen Flotte so von ihm abgeschnitten
wurden, daß er sich bei Yorktown mit siebentausend Mann, den besten
Soldaten Englands, gefangen geben mußte.
Nun war das englische Parlament und das ganze englische Volk endlich
des Krieges müde. Im Jahre 1782 wurde der Friede mit Amerika und
im Jahre 1783 der Friede mit Frankreich und Spanien unterzeichnet (Friede
zu Versailles).
Den Vereinigten Staaten Amerikas wurde ihre Unabhängigkeit bestätigt.
Frankreich, das nun auch vom Senegal wieder Besitz nahm, trug aus
diesem Frieden jedoch keinen anderen Gewinn davon als ausschließUch
das stolze Gefühl : für eine gerechte Sache siegreich und ruhmvoll gekämpft
zu haben.
Aber auch in Frankreich bereiteten sich große Ereignisse vor, die,
ebenso wie die Revolution in Amerika, einen umgestaltenden Einfluß auf
die ganze Welt haben sollten.
Ludwig XIV, war, von allen verabscheut, gestorben, Ludwig XV. starb
nicht weniger von allen verachtet. Seine letzten Regierungsjahre waren der
reine Jammer. Zwar hatte noch ein Minister von einer so bemerkens-
werten politischen Weitsichtigkeit wie Choiseul (1758— 1770) einige erfolg-
Das Königtum. 205
reiche Bemühungen gemacht, den Verfall des Königtums hinzuhalten.
Aber er wurde durch eine Palastintrige gestürzt, hatte er doch das Miß-
fallen von Frau du Barry, einer kleinen Hofdame, erregt, die über den alt
gewordenen König jeden nur denkbaren Einfluß gewonnen hatte.
Die Verschwendung und Mißwirtschaft gestaltete sich allmählich derartig,
daß schließhch der Ausbruch des Staatsbankrotts nicht mehr zu umgehen
war. Ludwig XV. hinterließ seinem Nachfolger verzweifelte Finanzen imd
eine vollständig heruntergekommene Monarchie (i774)-
Und doch hatte Frankreich auch jetzt noch nicht seinen Glauben
an die Monarchie verloren. Über die Mißbräuche nicht sowohl von Ent-
rüstung beherrscht, als vielmehr ihren ernsthchen Besserungsversuchen
zugeneigt, hoffte es viel von dem neuen König. Ehe es sich über die Ver-
gangenheit ereiferte, wiegte es sich lieber in schöne Zukunftsträume. Es
war ein Augenblick der edelsten Selbsttäuschungen und der phantastischsten
Einfälle. Der Zorn sollte erst später kommen.
Die Sehnsucht nach verbessernden Umgestaltungen zeigte sich überall;
Volk, Geistlichkeit, Adel, alle fühlten, daß ein Wandel nötig sei ; alle sehnten
mit heißen Wünschen die neue Zeit herbei, die sie als das Ende aller Leiden
und Irrungen ahnungsvoll vorausschauten.
Ludwig XVL war erst zwanzig Jahre alt. Die hochherzigsten und
edelsten Absichten beseelten ihn. Er war weder irgendwie eigennützig /
noch ausschweifend noch auch arglistig. Er wäre wahrhaft gut gewesen, '
wenn anders ein schwacher Mensch gut seih könnte. Doch s'eine Begabung ' *
"war nur mäßig, und noch mäßiger seine Charakterstärke. Um den Kräften,
die sich bald entfesseln sollten, erfolgreich zu widerstehen, hätte es eines
sehr großen Mannes bedurft, und er war nur ein ganz gewöhnliches
Menschenkind.
Seine Schwäche, ja sein Verderben war seine Gemahlin Marie Antoinette.
Die herben Schicksalsschläge dieser unseligen Österreicherin dürfen uns
nicht in unserm Urteil über sie irremachen. Sie wurde der französischen
Monarchie zum Verhängnis, weil sie ihre Leichtfertigkeit bis zur Dummhejt
und ihre Eitelkeit bis zur Schamlosigkeit trieb. Inmitten einer Gesellschaft,
fuFdie sie^kein Verständnis hatte, hat sie, als sie erst einmal auf Irrwege
geraten war, auch nicht einen einzigen Fehler zu vermeiden gewußt, ja,
wenn es gar keinen zu begehen gab, machte sie es möglich, solche eigens
zu ersinnen. Die so anmaßende, verschwenderische und oberflächliche
Königin behandelte Frankreich wie ein erobertes Land, und, so sehr Lud-
wig XVI. auch von dem Unrecht der Königin überzeugt war, er gab ihr
doch immer nach, nicht sowohl aus Liebe wie aus Mangel an Widerstands-
206 Sechstes Buch.
kraft. Besonders, weil ihm die unglückliche Kunst eigen war, sich nie zur
rechten Zeit zu fügen und, wie König Karl I. von England, gleich unge-
schickt im Versagen wie im Bewilligen zu sein.
Die Regierung Ludwigs XVI. feierte ihre Einweihung mit dem Mini-
sterium Turgot. Und Turgot war wirklich ein großer Minister. Er suchte
etwas Ordnung in die Finanzen zu bringen und Freiheit auf wirtschaftlichem
Gebiete, besonders auch im Getreidehandel, einzuführen. Sein Streben
ging auf Beseitigung aller amtlichen Übergriffe und Plackereien. Sogleich
erhoben alle, die hieraus bis dahin Nutzen gezogen hatten — es waren
das unzählige ebenso einflußreiche wie gewissenlose Leute — Einspruch.
Da außerdem diese Neuerungen hundertjährigen Vorurteilen begegnen
mußten, vereinigten sich alle, die an Überlieferung und Herkommen
hingen, mit den Verärgerten, und bald hatte Turgot alle Welt gegen sich.
Nicht einmal die, denen er seinen Schutz lieh, traten für ihn ein, ja
wußten ihn vielleicht gar nicht richtig zu würdigen.
Als im Jahre 1774 wegen des schlechten Ausfalls der Getreideernte die
Kornpreise gestiegen waren, redete sich das Volk ein, daß dies kein anderer
als Turgot verschuldet hätte. Es gab Aufstände und Krawalle; es floß
sogar Blut, und die Schmähschriften mehrten sich. Vielleicht wollte der
große Staatsmann zuviel Neuerungen auf einmal versuchen; Tatsache ist,
daß man nicht auf ihn hören wollte. Vergebens äußerte Ludwig XVL :
„Nur wir beiden, Turgot und ich, liebten das Volkl", er mußte dieses ihm
so teure Volk schließlich doch den Ränken seiner Gemahlin überlassen
(Mai 1776). Jede Hoffnung, die Monarchie durch friedliche Reformen
zu heben, schwand dahin.
Doch sollte nach Turgots Abgang die Hofpartei zunächst noch nicht
gleich triumphieren. Vielmehr wurde Necker, ein Genfer Bankherr, der
Vater der Frau von Stael, mit der Leitung der Finanzen beauftragt. Nun
gibt es für eine Regierung, wenn die Staatskasse erschöpft ist, keine wesent-
lichere Aufgabe als eine sachgemäße Finanzverwaltung. Da machte Necker
einige schüchterne Reformvorschläge. Obgleich oder vielleicht gerade,
weil seine Pläne nicht so kühn waren, wie die Turgots, und die von ihm
eingeschlagenen Wege nicht so gerade auf das Ziel führten, wie die jenes,
erfreute er sich großer Volkstümlichkeit; aber die Königin und der Hof
verziehen ihm nie, den traurigen Zustand der Finanzen vor aller Augen
enthüllt und der Öffentlichkeit die Summe mitgeteilt zu haben, auf die sich
die Luxusausgaben des Königs, der Königin und ihrer Günstlingsschar
belief; sie war bis auf achtundzwanzig Millionen angewachsen!
Obwohl die öffentliche Meinung schon damals sehr mächtig war,
Das Königtum. 287
fühlte sich der König noch mächtiger. Ohne sich also viel um sie zu
kümmern, hörte er allein auf die Königin, entließ Necker imd ersetzte
ihn durch Calonne.
Es galt nun Geld heranzuschaffen. Da schritt Calonne zu einer Anleihe.
Es ist das ein bequemes Verfahren, das zu Anfang immer gelingt, sich aber
bald erschöpft. Nach Verlauf von drei Jahren war die Staatskasse leer.
Jetzt nun kam Calonne auf den Gedanken, sich nicht etwa an die alten
Reichsstände, die Generalstaaten und auch nicht an das Parlament,
sondern vielmehr an eine Sonderversammlung, die auf einer sehr undemo-
kratischen Grundlage beruhte, nämlich an die Notabeinversammlung (1787)
zu wenden. Die Notabein, d. h. die angeseheneren Elemente des Bürger-
tums, ließen Calonne im Stich, und so blieb ihm nichts übrig, als nunmehr
die öffentliche Meinung anzurufen; hierdurch wurde er aber beiden gleich
unleidlich, dem Könige wie dem ganzen Lande. Nun trat Brienne an
seine Stelle (April 1787). Von Turgot zu Necker, von Necker zu Calonne,
von Calonne zu Brienne; mit jedem Wechsel wurde es mit dem Mini-
sterium immer ärger.
Da machte sich die Opposition in einer Weise geltend, daß sie mm gar
nicht überhört werden konnte. Jetzt handelte es sich nicht mehr bloß
um die bittere Verhöhnung durch irgendeinen Flugblattschreiber oder
Schmähschriftverfasser oder etwa auch um ein beißendes Spottgedicht,
das Salonerzeugnis irgendeines Marquis, jetzt begann das ganze französische
Volk aufzustehen. Man belästigte die Steuerbeamten, ja, man plünderte
hier und da die Schlösser. Die Königin wurde beinahe öffentlich als eine
Abenteuerin und die Minister als Schurken bezeichnet. Alle alten Ein-
richtungen der Monarchie wurden lächerlich gemacht. Ganz Paris war in
Gärung. Die Hochzeit des Figaro von Beaumarchais, das Meisterwerk der
französischen Lustspieldichtung, das mit allen Überlieferungen der Ver-
gangenheit beherzt und kühn gebrochen hatte, wiirde mit begeistertem Bei-
fall aufgenommen (1784). Das Heer zitterte vor Erregung und Lust zum
Meutern, besonders seit Segurs letzter Verfügung, die einem Offizier, der
nicht mindestens vier Ahnen alten Adels nachweisen konnte, von der Be-
förderung zu allen höheren Rangstufen ausschloß. Das Parlament selbst
wurde aufständisch und sandte Protestadressen ab, in denen es die Ab-
schaffung der geheimen Königlichen Verhaftsbefehle und die Einberufung
der Generalstaaten forderte (Juli 1787).
Zuerst kam es zum Zusammenstoß zwischen Parlament und Hof. Die
Pariser Bevölkerung wie auch die Provinz nahm für das Parlament Partei;
es entstanden Volksaufläufe, deren Zerstreuung Schwierigkeiten machte.
288 Sechstes Buch.
Im Mai 1788 ließ der König zwei Parlamentsmitglieder verhaften und
löste mehrere Kammern des Pariser Parlaments auf; doch nun legten die
Parlamente gewisser Provinzen Verwahrung ein und weigerten sich, von
den Verfügungen Vermerk zu nehmen. Da traten die Provinzialkammern,
auch ohne einberufen worden zu sein, zusammen. Einige Adlige und einige
Priester machten gemeinsame Sache mit dem Volke. Im Dauphine zu
Grenoble, wo das Parlament aufgelöst worden war, entbot nunmehr der
Adel den dritten Stand zu einer brüderlichen Verständigungsversammlung
und sagte ihm die doppelt so starke Vertretung zu oder mit andern Worten :
es sollten in Zukunft zwei Abgeordnete des dritten Standes auf je einen
Abgeordneten des Adels und einen der Geistlichkeit kommen. Wenige
Tage nachher verkündeten zu Vizille sechshundert Abgeordnete aus allen
drei Ständen die Unerläßlichkeit der Einberufung der Generalstaaten mit
der Versicherung, daß jede Steuer, die nicht von den Bevollmächtigten
des französischen Volkes gutgeheißen sei, verweigert werden solle. — So
hatte auch gerade die englische Revolution und der Unabhängigkeits-
kampf der amerikanischen Kolonien angefangen.
Der König mußte nachgeben, Brienne entlassen und Necker zurück-
berufen werden. Die Verwirrung war allgemein; niemand gehorchte;
jedermann hatte etwas auszusetzen. Jeden Augenblick drohte der Staats-
bankrott. Das allgemeine Elend reizte immer weitere Kreise zum Aufruhr,
der nun in Stadt und Land tobte. Da blieb nichts weiter übrig, als sich
zur Einberufung der Generalstaaten zu entschheßen. Sie sollte das allge-
meine Heilmittel, die Arznei für sämtliche Krankheiten bilden.
Es verflossen nun über vier Monate (27. Dezember 1788 — 5. Mai 1789),
in denen die Wähler, Adlige, Priester, Bürger und Bauern, ihre Vertreter
bestimmten und jene berühmten Hefte abfaßten, in denen sie Reformen
verlangten und ihre Beschwerden auseinandersetzten. Diese Sammlungen
von Urkunden volkstümlichen Denkens sind uns erhalten geblieben;
sie sind schlicht, rührend, stellenweise salbungsvoll und stellenweise lächer-
lich, doch nirgends roh. Das Volk ist der monarchischen Anschauung
noch treu, aber es fühlt sich durch die Vorrechte der Adligen erdrückt und
durch die himmelschreienden Ungerechtigkeiten der Königlichen Steuer-
behörde ausgebeutet. Es will die Freiheit des einzelnen; es verabscheut
die Mißbräuche, unter denen es leidet. Hierbei mischt es Wohl in das Ver-
zeichnis der gegenwärtigen Mißstände manche phantastischen Zukunfts-
hoffnungen ein und ahnt unbestimmt die politische Freiheit. Es muß einer
schon sehr beschränkt sein, der hieraus Anlaß zur Entrüstung oder
zum Spotte nimmt.
Das Königtum. 289
Die Zusammenkunft der Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit
und des dritten Standes fand am 4. Mai 1789 zu Versailles statt.
Eine Frage war es, die vor allem zu lösen und besonders schwer-
wiegender Natur war : Sollten die drei Stände gesondert oder gemeinsam
beraten ? Der Adel erklärte sich für die Sonderung, der dritte Stand für
Gemeinsamkeit; die Geistlichkeit war geteilter Meinung. Am 19. Juni be-
schließt der dritte Stand, sich als Nationalversammlung zu erklären, mit
der Aufgabe, die Höhe der Steuern zu beschließen. Es bedeutete das den
ersten Schritt des Volkes zur Unabhängigkeit, ja fast zur Selbstbestimmung.
Der Hof antwortete mit Schließung des Saales, in dem die Abgeordneten
zusammentreten sollten. Doch die Sitzung wurde nichtsdestoweniger abge-
halten; am 20. Juni leisteten die Mitglieder der Versammlung unter dem
Vorsitz des Astronomen Bailly im Saale des Versailler Ballspielhauses
(Jeu de Paume) den feierlichen Eid: nicht eher auseinanderzugehen, als bis
sie Frankreich eine Verfassung gegeben hätten.
Von den Fluten der allgemeinen Erregung, denen nichts widerstehen
kann, werden alle Dämme fortgerissen. Der redegewaltige Mirabeau setzt
einen Beschluß durch, daß die Person der Abgeordneten unverletzlich sei
(20. Juni). Am 24. Juni gesellen sich ein Teil des Adels und auch der
GeistUchkeit zu dem dritten Stand und treten der Versammlung bei.
Anstatt nun, wie es allein vernünftig gewesen wäre, sich dem Willen
des Volkes zu fügen, macht vielmehr Ludwig XVI. für alles Necker ver-
antwortlich und entläßt ihn (11. Juli). Gleichzeitig hiermit bestellt er, da
auf die Treue des französischen Heeres kein rechter Verlaß mehr war, ein
ausländisches Regiment vor Paris, die deutschen Dragoner eines bayerischen
Garnisonstädtchens.
Das rief bei den Parisern einen wahren Sturm hervor. Es gab nur
einen Schrei der Entrüstung und nichts als Krawalle und Schlägereien.
Waffenlager wurden gestürmt (13. Juli). Und nun stürzte sich ohne jeden
zuvor vereinbarten Plan die erregte Masse auf die Bastille (14. Juli 1789).
Der Platzhalter Delaunay verfügte gerade nur über eine sehr schwache
Besatzung zu seiner Verteidigung. Von allen Seiten stürmten die Angreifer
heran; herbeigelaufen kamen Bürger, Arbeiter, Leibgardisten, Frauen und
Kinder; sie führten die seltsamsten Waffen bei sich, schrien und tobten.
Delaunay verlor seine ganze Kaltblütigkeit. Zwar ließ er zunächst auf
die Parlamentarier schießen; das war aber auch alles. Nach einem ganz
kurzen Scheingefecht ergab er sich; die Masse drang in freudigem Triumph
in die alte Festung. Grausam wie alle Massen, metzelte sie nun noch den
19 Riebet. Geschichte der Menschheit
2go Sechstes Buch.
Mann nieder, der sie bis dahin zurückgehalten hatte, und spießte sein
Haupt auf.
Der Sturm auf die Bastille ist vom ausschließlich militärischen Stand-
punkte nur eine ganz mäßige Leistung: Ein verängsteter Platzhalter öffnet
einer rasenden Menge die Tore eines Gefängnisses; das ist eine weder für
den Platzhalter noch für die Masse besonders rühmliche Heldentat.
Gleichwohl ist der Bastillesturm ein Ereignis von weltgeschichtlicher
Bedeutung, sind doch stets im Leben alle wahrnehmbaren Gegenstände
nur Sinnbilder und alle Tatsachen nur durch die ihnen zugrunde liegenden
Vorstellungen wertvoll, und ist es doch auch hier nicht anders. Was
bedeutet die Bastillefestung weiter als die altersschwach gewordene Welt
mittelalterlicher Lehnsherrschaft, als die Hochburg aller gesetzlosen Über-
griffe und tyrannischen Vergewaltigungen, als das Gefängnis für alle freien
Geister, die dort in Fesseln schmachten müssen ? Kurz, was bedeutet
sie mit ihren Geschützrohren, ihren Kerkerlöchern und ihren feilen und
käuflichen Söldnerseelen weiter als die unumschränkte Macht der alten
Könige ?
Das haben die Könige verstanden; nicht ohne Grund verschwören sie
sich alle gegen die Sieger vom 14. Juli. Sie wissen, daß der Fall der Pariser
Bastille den Fall aller andern Bastillen in der Welt nach sich ziehen wird!
Und darin liegt der Grund, weshalb der 14. Juli einer der großen Tage
in den Jahrbüchern der Menschheitsgeschichte ist. Er bezeichnet das Ende
der uneingeschränkten Allgewalt der Könige; er ist der Krönungs- imd
Thronbesteigungstag der Völker.
Da aber die Völker ihre Kraft weder wie die Kirche aus einer Offen-
barung, noch wie die Könige aus einem göttlichen Rechte, noch wie die
Eroberer aus einer auf roher Waffengewalt begründeten Zwangsherrschaft
2u ziehen vermögen, so werden sie eine andere Macht brauchen, um sich
an sie zu wenden und sie anrufen zu können, und es war dem 19. xmd
dem 20. Jahrhundert beschieden, ihnen dieselbe auch wirklich zu geben.
Es ist die ehrfurchtgebietende Macht der Wissenschaft.
« *
*
In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts war die Wissenschaft einen
ganz unglaublichen Schritt vorwärts gekommen; es war dies dem Genie
eines Mannes zu verdanken, der einer der Größ'ten unter den Großen
war: Antoine Lavoisier (1743 — 1794).
Mit einigen in einem geradezu bewundernswerten Stil beschriebenen,
aufs gewissenhafteste ausgeführten feinsten Experimenten hat er mit einem*
Das Königtum. 29 1
Schlage in vollkommen selbständiger Stellung zueinander zwei Wissen-
schaften geschaffen, die bis dahin nur im Zustande unfertiger Versuche
vorhanden waren: die Chemie und die Physiologie (1776 — 1788).
Es haben ihm zwölf Jahre genügt, um zu den glänzenden Ergebnissen
zu kommen, daß die Wärme eine unwägbare Kraft ist, daß die Materie aus
unzerstörbaren Atomen besteht, und daß trotz des beständigen Wechsels
ihrer Formen von ihr nichts verloren geht und sich umgekehrt an ihr
nichts neubildet. Er hat den Sauerstoff in der Luft aufgefunden und dar-
getan, daß der Verbrennungsprozeß auf einer Verbindung von Sauerstoff
mit den Körpern beruht. Er hat nachgewiesen, daß die Lebewesen den
Sauerstoff der Luft verbrauchen, und daß folglich das Leben nichts weiter
als eine Verbrennung, ein Feuer, also ein chemisches Phänomen ist. Bis
zu diesen Entdeckungen hatte man sowohl von Chemie wie auch von Physio-
logie rein gar nichts verstanden. Aber von diesem Augenblick an werden
die beiden Wissenschaften plötzlich in allen ihren Rätseln von dem hellsten
Lichte bestrahlt; die Bahn zu den späteren großen Entdeckungen ist bereits
vollkommen vorgezeichnet.
Lavoisier ist ferner auch der Schöpfer der allgemeinen Physik, war
doch bis zu ihm der Begriff des Gleichgewichts der Kräfte, das am
Stützpunkt hergestellt wird, völlig unbekannt, und beherrscht doch dieser
Begriff die ganze neuere Wissenschaft.
Seit jener Zeit können erst die Chemie, die Physiologie und die allgemeine
Physik die Wege einschlagen, die zu ihrer heutigen Entwicklung geführt
haben. Deshalb dürfen sie nicht undankbar sein, sondern sollten sich
stets gegenwärtig halten, daß ihre rasenden Fortschritte und gewaltigen
Eroberungen im 19. Jahrhundert von keinem andern als Lavoisier ein-
geleitet worden sind.
Zu einer Zeit mit Lavoisier lebten auch die beiden berühmten Männer,
ein Engländer und ein Italiener, die jene beiden mechanischen Großmächte
vorausahnten, die die ganze Welt beherrschen sollten: die Dampfkraft
und die Elektrizität.
Galyani entdeckte zu Bologna, ohne sie noch richtig erfassen zu können,
jene geheimnisvolle Kraft, die wenige Jahre später sich in den Händen
Voltas als die elektrische Säule offenbaren sollte, und James Watt baute
planmäßig jene Dampfmaschinen, die bereits ein Jahrhundert früher Denis
Papin entworfen und beinahe auch zur Ausführung gebracht hätte.
Chemie, Physiologie, elektrische und Dampfmaschinen, das Morgenrot
einer besseren Zeitl Das 18. Jahrhundert ging ruhmvoll- zur Neige I
19*
292 Sechstes Buch. Das Königtum.
Amerika war frei und die Bastille gestürmt; die Materie aber sollte von
nun an die Dienerin des Menschengeistes werden!
Nachtrag des Herausgebers zu Seite 26r.
In seinen „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg", in
dem Kapitel, das die Regierungszeit des ersten preußischen Königs, Friedrichs I.,
behandelt, schildert Friedrich der Große den Verlauf des Spanischen Erbfolge-
krieges und erwähnt ein Friedensangebot, das Frankreich i. J. 1709, also vier Jahre
vor Beendigung des Krieges gemacht hatte. Der königliche Historiker schreibt:
„Die Franzosen, entmutigt durch den Mißerfolg ihrer Waffen und den Verlust
von drei großen Feldschlachten, machten im Haag Friedensvorschläge; aber die
Gärung der Geister war' noch zu groß, und die Hoffnungen der beiden Parteien
und ihre Ansprüche noch zu hoch gespannt, als daß man zu einer Verständigung
hätte gelangen können. Ich frage: „Wenn die Menschen vernünftiger Überlegung
fähig wären, würden sie wohl so lange, so erbitterte und so kostspielige Kriege
führen, um schließlich früher oder später doch auf Friedensbedingungen zurück-
zukommen, die ihnen unerträglich nur in den Augenblicken scheinen, in denen die
Leidenschaft sie beherrscht oder das Kriegsglück sie begünstigt?"
Auch an einer anderen Stelle desselben Werkes hebt Friedrich der Große hervor,
wie sehr eine Politik der Verständigung einem Appell an die Waffen vorzuziehen
sei. I. J. 1729 droht ein Krieg zwischen England und Preußen auszubrechen,
zwischen deren beiden damalig'en Herrschern Friedrich Wilhelm I. und Georg II.
eine starke, persönliche Antipathie bestand. Der König von Preußen beruft einen
Ministerrat, und die Räte der, Krone empfehlen auf das dringendste, den Krieg
durch einen Ausgleich zu vermeiden. Friedrich Wilhelm I. befolgt diesen Rat,
die Verständigung gelingt, und Friedrich der Große schreibt: Gütliche Ausgleiche
solcher Art sind um so weiser, als die Fürsten, auch nach den glücklichsten
Kriegen, imm^r wieder genötigt sind, auf sie zurückzukommen, ohne größere Vor-
teile zu erringen. — In der gleichen historischen Schrift, wie alle prosaischen und
poetischen Werke des Königs in französischer Sprache abgefaßt., rühmt Fried-
rich der Große seinen Vater, daß er beim Abschluß eines Friedens auf alle
Annexionen und sonstigen materiellen Vorteile verzichtet habe. Es handelt sich um
den Frieden, über den 1720 zu Stockholm verhandelt wurde. Während "der Ver-
handlungen, so schreibt Friedrich der Große, ließ von Ilge, wie es so bei den
Ministern Brauch ist, nicht ab, dem König vorzustellen, daß er seine günstige Lage
ausnützen müsse und daß, wenn er eine noch festere Haltung einnähme, Schweden
gezwungen sein würde, ihm die Insel Rügen und die Stadt "Wolgast abzutreten,
sowie daß er in gleicher Weise bei den Dänen die Aufhebung der Zölle auf dem
Sund durchsetzen würde. Die Antwort des Königs befindet sich in den Archiven,
eigenhändig geschrieben: „Ich bin zufrieden mit dem Geschick, das mir durch die
Gnade des Himmels beschieden worden ist, und ich will mich niemals
auf Kosten meiner Nachbarn vergrößern."
Ein Wort, an das sich der königliche Verfasser dann selbst freilich nicht
gehalten hat.
MünAner Budigewerbchaus M. Müller 'S) Sohn.
RICHET / KULTURGESCHICHTE
ZWEITE VERBESSERTE UND VERMEHRTE AUFLAGE
(2.-5. TAUSEND)
BAND II
ALLGEMEINE
KULTURGESCHICHTE
VERSUCH EINER GESCHICHTE DER MENSCHHEIT
VON DEN ÄLTESTEN TAGEN BIS ZUR GEGENWART
VON
CHARLES RICHET
IN DEUTSCHER BEARBEITUNG
MIT EINLEITUNG UND ERLÄUTERNDEN ANMERKUNGEN VON
DR RUDOLF BERGER (BERLIN)
(KORR. MITG. D. FRANZ. AK AD. D. WISSENSCH. U. KÜNSTE ZU ARRAS)
1 9 .2 0
VERLAG FÜR KULTURPOLITIK
MÜNCHEN-BERLIN
ALLGEMEINE
KULTURGESCHICHTE
VERSUCH EINER GESCHICHTE DER MENSCHHEIT
VON DEN ÄLTESTEN TAGEN BIS ZUR GEGENWART
VON
CHARLES RICHET
BAND II
DIE HERRSCHAFT DER
WISSENSCHAFT
(1789—1914)
19 2 0
VERLAG FÜR KULTURPOLITIK
MÜNCHEN-BERLIN
Einzig bereditlgte deutsche Bearbeitung
Alle Rechte vorbehalten
Copyright 1919 by Verlag für Kulturpolitik
Mündien-Berlin
Weltgeschichte
Von August Heinrich Hoffmann von Fallersieben.
Die Weltgeschichte, wie sie wird gelehrt
In unsem Schulen, ist am Ende nur
Nichts weiter als ein langer Kriegsbericht.
Der Menschheit ganzer Jammer wird erzählt I
Nur Mord und Totschlag ist das Heldentum,
Als gab es weiter keine Ehre mehr
Und weiter kein Verdienst als Schlachtensieg I
Die Fürsten, welche nur durch Krieg der Welt
Gezeigt, daß sie gewesen in der Welt,
Verdienen nicht, daß ihre Namen noch
Auswendig lernen muß ein edles Volk,
Das nur durch Friedenswerke sinnt und sinnt
Gott wohlgefällig, gut und brav zu sein
Und seinen wärmsten Dank nur zollen will
Den Helden, die zu Recht und Freiheit ihm
Und hoher Bildung und Gesittung einst
Den Weg gezeigt, den selbst sie wandelten!
O Trauerspiel, daß Krieg noch immer . treibt
Die Weltgeschichte bis zum heut'gen Tag,
Als müßte sein und bleiben der Soldat
Der Menschheit würdigster Repräsentant!
IX
Inhalts-Übersicht des II. Bandös
Siebentes Buch: DIE HERRSCHAFT DER WISSEN-
SCHAFT (1789—1912)
I. Die französische Revolution ....
Endgültige Aufteilung Polens 305 — 307
II. Napoleon .......
Mathematik und Naturwissenschaft (Gauß, Laplace, Lamarck
u. a.) 348 — 350. Deutsche klassische Literatur 350 — 351.
Immanuel Kant 351 — 352.
III. Von 1815 bis 1848
Physik (besonders Elektrizität) und Physiologie 373—377
Deutsche, russische, französische, italienische Literatur und
Kunst, besonders Musik (Bach, Mozart, Beethoven, Schubert,
- V. Weber, Mendelssohn, Schumann, Verdi u. a.) 377 — 382.
IV. Von 1848 bis 1870
Französische, nordische, russische Literatur 431 — 432. Deutsche
Musik (Richard Wagner) 432 — 433. Naturwissenschaft (Darwin,
Helmholtz, Kirchhoff) 426 — 431.
V. Von 1870 bis 1914 ......
Geschichte der Kolonisation 434 — 473 (Buddhismus 460 bis
462). Geschichte des Balkans 474 — 483.
Geschichte der modernen Friedensbewegung ....
Geschichte der modernen Kriegführung .....
Geschichte der modernen Gesellschaftsentwicklung in Verfassung,
Volksbildung, Literatur, Presse ......
Geschichte der modernen Arbeiterbewegung in Land und Stadt
Geschichte der modernen Völker-, Rassen-, Sprachen- und Re-
ligionsbewegung ........
Geschichte der modernen Handels-, Finanz- und Steuerwirtschaft
Geschichte der modernen Verkehrsmittel
Eisenbahnen und Dampfschiffahrt ....
Automobilverkehr ......
Luftverkehr .......
Telegraphie, Femsprecher, Telegraphie ohne Draht .
Internationale Organisationen .....
Telegraphenverein, Weltpostverein, Internationales Maß-
und Gewichtsbureau, Zentralbureau der internationalen Erd
messung. Internationale Vereinigung für den Schutz des
künstlerischen und literarischen Eigentums, Bureau zur
Unterdrückung des Sklavenhandels, Internationales Eisen-
bahnvefkehrsbureau. — Mitteleuropäische Zdt
Seite
293— 54 i
293—316
316—352
352—386
386-434
434-483
483-488
488—490
490—492
493—497
497—504
504—509
509—515
509—512
512
512—515
5»5— 517
517— 519
Siebentes Buch.
Die Herrschaft der Wissenschaft.
1789 — 1912.
I. Die Französische Revolution.
Für einen Zeitraum von fast genau einem Vierteljahrhundert, nämlich
vom 14. Juli 1789 bis zum 18. Juni 181 5, d. h. von dem Bastillesturm bis
zur Schlachc bei Belle-Alliance, fällt nunmehr die gesamte europäische
Geschichte mit der französischen bis zum restlosen Aufgehen in derselben
zusammen. Niemals erlebte die Welt sowohl auf realem wie auf idealem
Gebiete in einem so kurzen Zeitraum einen tieferen Umschwung und einen
rascheren Aufschwung. In nur fünfundzwanzig Jahren fallen Jahrhunderte
alte Einrichtungen und steigen völlig ungeahnte und ganz neue Ideen aus
dem bisherigen Dunkel empor. Der Begriff des Vaterlandes erwacht bei
allen Völkern und der der persönlichen Würde bei allen Staatsbürgern
vom ersten bis zum letzten. Auf einer altgewordenen Welt baut sich eine
neue auf, die sich auch noch heute in alle Zukunft umbildet, sich entwickelt
und wächst.
Unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Bastillesturmes erhoben
sich die Bauern in den Dörfern Frankreichs, zogen rotten weise verwüstend
und verheerend im Lande umher und plünderten, sengten und brannten
Schlösser und Burgen; hierdurch aber wurden sie der Ordnung gefährlich,
die die konstituierende Versammlung fest entschlossen war, aufrecht-
zuerhalten.
Es gab keinen Franzosen, auf den das Unabhängigkeitsfieber nicht
ansteckend wirkte. Die neue Volksvertretung selbst verspürte es am eigenen
Leibe. In der berühmten Nacht vom 4. zum 5. August schaffte sie alle
sogenannten feudalen Vorrechte unter eingehender feierlicher Begründung
ab. Die Vertreter des Adels und der Geistlichkeit sprachen selbst ihre
Bereitwilligkeit zu diesem Opfer auf dem Altar des Vaterlandes aus.
Einige Zeit darauf stimmte die Versammlung für die Erklärung der
Menschenrechte. Wenn auch diese Urkunde, ein getreuer Abklatsch der
amerikanischen Erklärvmg vom Jahre 1778, in ihrem schwer verständlichen
1 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
2g4 Siebentes Buch.
Stile voll dunkler Abstraktionen und hochtrabenden Schwulstes einen
nicht mehr ganz modernen Eindruck für unsere Tage macht, so hat sie
doch das unbestreitbare Verdienst, ein für allemal mit der bisherigen Will-
kür und Privilegien Wirtschaft aufgeräumt zu haben, um Gesetzmäßigkeit
und Gleichheit an ihre Stelle treten zu lassen. Trotz der mancherlei
billigen Spaße, die über dieselbe zu machen so leicht ist, liegt sie gleichwohl
allen neuzeitlichen staatlichen Einrichtimgen und aller sozialen Gerechtig-
keit zugrunde.
Schlag auf Schlag folgten die weiteren Erklärungen und Gesetzes-
vorschläge, um schließlich das ganze monarchische Gebäude zu unter-
graben.
Im Grunde seines Herzens war der König mit nichts von alledem
einverstanden, doch er gab sich den Anschein, als ob ihm alles recht wäre.
Die Königin und ihre Freunde hofften auf dem Wege der Gewalt Widerstand
leisten zu können; das Schlimme war nur, daß ihnen diese Gewalt fehlte.
Am 5. und 6. Oktober zog ein lärmender Haufe von Pariser Bürgern
und besonders auch Bürgerinnen nach Versailles, holte Ludwig XVI,
aus seinem Palast heraus und brachte ihn nach Paris zurück, in einer Weise,
daß er mehr ihr Gefangener als ihr König zu sein schien. Schon wurden
alle Ereignisse von dem hauptstädtischen Pöbel beherrscht, nach dessen
Laune die schwankende Versammlung und der noch schwankendere
Herrscher tanzen mußten. '
Im folgenden Jahre wurde die allgemeine Erregung ruhiger. Eine Ver-
fassung wurde verkündet, die die Lehre von der Selbstbestimmung des
Volkes zu ihrer wichtigsten Grundlage machte. Am 14. Juli 1790 vereinte
eine große Feierlichkeit auf dem Marsfelde Abgeordnete aus allen Wind-
richtungen Frankreichs, die sich eingefunden hatten, um ihre Zustimmung
zu dem neuen Regierungssystem auszusprechen. Es war das Fest der
Verbrüderung. Feierlich schwor der König der Verfassung und dem
Gesetze Treue. Die begeisterte Menge jauchzte ihm bei der Eidesleistung
zu; auch sie fühlte sich an diesem Tage wirklich der Monarchie treu.
Doch die Klubs, Zeitungen und Flugblätter hielten alle Geister in einem
Zustande dauernder Erregung. Ohne sich durch das Geschrei beirren
zu lassen, setzte die Versammlung in ihrem durch nichts zu trübenden
Idealismus ruhig ihr friedliches Einigungswerk fort unter voller Achtung
der königlichen Gewalt, die sich nunmehr allerdings dem über ihr stehenden
Gesetze unterwerfen mußte (Staatsverfassung von 1791).
Viele Adlige, die ihrer Vorrechte sowie Titel verlustig gingen und
sich in ihren eigenen Schlössern nicht meht sicher fühlten, ergriffen damals
Die Herrschaft der Wissenschaft. '2()5
den Wanderstab und gingen als ^ßmigranteri' außer Landes. Des Königs
jüngerer Bruder, Graf von Artois, war einer der ersten, der so Frankreich
den Rücken kehrte. Da bildete der Prinz von Conde am Rheinufer eine
Freischar aus solchen Auswanderern, die, leichtfertig und tapfer, wie
sie waren, die Entschlossenheit besaßen, gegen die eigene Volksvertretung
wie auch sogar das eigene Volk die Waffen zu ergreifen, um sich als
Verteidiger des Königs aufzuspielen; als Grund machten sie die Unfreiheit
geltend, unter der der König zu leiden habe. Nun, gewissermaßen hatten
sie da ja ganz recht. Fraglos hatte die Staatsverfassung von 1791 die
unumschränkte Gewalt des Königs beseitigt; aber mit seiner persönlichen
Unabhängigkeit hatte doch wahrhaftig die Willkürherrschaft des bisherigen
Gottesgnadentums kaum etwas zu schaffen!
Trotz aller Erklärungen und auch seines Eides konnte der König sich
nicht darein finden, eine Verfassimg mitansehen zu müssen, die jene höchste
Gewalt, mit der doch seine Ahnen soviel Mißbrauch getrieben hatten,
jetzt so erheblich beschränkte. Im Stich gelassen von seinen Freunden,
die sich an den Grenzen zu schaffen machten, verhetzt von der Königin,
die ihm Widerstand riet, beargwöhnt von den Ministern, die ihm die
Nationalversammlung aufnötigte, ins Lächerliche gezogen in den Klubs, die
ihn mit Schmähungen überhäuften, wußte er wirklich nicht, welcher Partei
er sich anschließen sollte. Zu feige, um den Kampf offen aufzunehmen,
suchte er heimlich mit einem der führenden Männer der Revolution,
dem gewaltigen Redner Mirabeau, zu verhandeln.
Mirabeau, der in den ersten Tagen der Revolution die ganze Gewalt
seines Wortes und die ganze Überredungskunst seiner Logik in ihren Dienst
gestellt hatte, bemühte sich jetzt, ihr, soweit es nur irgend angängig war,
Einhalt zu tun. Er war von der unbestimmten Vorstellung erfüllt, daß
ihm eine große vaterländische Aufgabe vorbehalten sei, die seine ganze
Geisteskraft erfordere. Er sah sich im Geiste wie einen Richelieu, wie
einen Colbert, als den ersten Minister eines angesehenen und selbständigen
Herrschers, und so riet er zum Bürgerkrieg; aber er starb, ehe er noch
irgendeinen entscheidenden Schritt getan hatte (April 1791), was jeden,
der nur noch irgend monarchisch . fühlte, mit der tiefsten Trauer erfüllen
mußte.
Vielleicht hätte Ludwig XVI. schHeßlich die doch noch immer höchst
ehrenvolle Rolle eines konstitutionellen Königs der Franzosen angenommen,
wenn nicht die Nationalversammlung für die Stellung der GeistUchkeit
eine bürgerliche Rechtsgrundlage beschlossen hätte (12. Juh 1790). Nicht
etwa, als ob sich irgend etwas am katholischen Dogma ändern sollte. Es
1*
2g6 Siebentes Buch.
handelte sich ausschUeßlich um eine bloße verwaltungsrechtliche Maßregel
für die Amtseinsetzung, insofern als die Pfarrer und Geistlichen von nun
an zur Wahl zu stellen waren, anstatt, wie bisher, vom Papste bestimmt
zu werden. Den so gewählten Pfarrern und Bischöfen wurde der staats-
bürgerliche Eidschwur auf die Verfassung abverlangt. Eine große Zahl
von Priestern ging auch darauf ein, eine größere freilich weigerte sich.
Es war eine vollständige Spaltung zwischen den beiden Gruppen der
Geistlichkeit, der der Eidesverweigerer auf der einen und der der Ver-
fassungsfreunde auf der anderen Seite. Der Papst weigerte sich, auf
eine solche Verringerung seiner Macht einzugehen, in der er eine greulichere
Feindseligkeit gegen die Kirche als in einer Ketzerei sah.
Auch Ludwig XVI. wurde von allen den unzähligen Gewissensqualen
einer leicht erregbaren katholischen Seele hin- und hergeworfen; die
Prinzen forderten ihn auf, zu ihnen nach Koblenz zu kommen; ebenso
drängte die Königin jetzt dazu, und zwar von Tag zu Tag heftiger, bald mit
rührseligen Bitten, bald mit leidenschaftlichen Drohungen, stand ihr doch
das Gespenst Karls I. von England vor Augen. Nur schweren Herzens
gab diesmal der König nach und entschloß sich zu dem letzten Schritt:
er wollte sein Land verlassen. Aber auch bei dieser Flucht zeigte er
dasselbe Unglück und dieselbe Ungeschicklichkeit wie bei allen früheren
Anlässen, mußte er es doch erleben, noch vor Erreichung der Landesgrenze
in Varennes erkannt und angehalten und nun in die Hauptstadt zurück-
gebracht zu werden (Juni 1791). Jetzt war der Beweis erbracht, wie alle
die Beteuerungen seiner Treue gegen die Staatspflicht doch nicht auf-
richtig waren. Doch vorläufig trug noch eine imonarchiefreundliche Legenden-
bildung den Sieg davon. Die Freunde des Königs suchten den Schein
zu erwecken, als ob er sich nicht freiwillig seinen Pflichten entzogen
hätte, sondern von den revolutionsfeindlichen Parteien gewaltsam ent-
führt worden wäre.
So wurde nun doch die konstitutionelle Monarchie verkündet. Am
14. September 1791 begab sich Ludwig XVI. in die konstituierende
Nationalversammlung und schwur einen feierlichen Treueid auf die Ver-
fassung.
Wenige Tage nachher erklärte sich die konstituierende Nationalversamm-
lung aufgelöst.
Sie ließ ein ganz eigen- und neuartiges Werk zurück, das zur Hebung
des Staatslebens dienen sollte. Gemeint ist etwa weder die hochtrabende
Erklärung der Menschenrechte, noch die lückenhafte Staatsverfassung
von 1791 ; es handelt sich um etwas weit Wichtigeres: um Frankreichs un-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 297
mittelbare innere Einrichtung im Gerichts-, Verwaltungs- und Gemeinde-
leben. Hieran sollten auch wohlweislich die vielen nachfolgenden Regie-
rungen Frankreichs nichts Wesentliches mehr zu ändern haben, und auch
alle übrigen Völker für ihre eigenen Staatseinrichtungen das vollendetste
Muster finden, dessen bloße Erreichung stets ihr höchstes Ziel sein muß.
Die so bunt zusammengewürfelten Schöpfer der Verfassung, in denen
jedes Alter, jeder Beruf und jede Parteistellung vertreten war, und die
natürlich von Haus aus unter einer despotischen Regierung noch keinerlei
politische Erziehung genossen hatten, haben eine Verwegenheit gezeigt,
die nahezu an Tollkühnheit, und einen neuen Geist, der nahezu an
Phantastik grenzte. Aber gerade durch solche Leute kann ja die Mensch-
heit allein vorwärtskommen! Diese Phantasten von 1789 haben den Mut
gehabt, auf den Trümmern des baufälligen und wurmstichigen alten Ge-
mäuers aus einem Stück ein tadellos vollendetes neues Gebäude aufführen zu
wollen, das ihrem Ideal, soweit es nur irgend ausführbar war, entsprach.
Sie haben sich das hohe Ziel gesteckt, an Stelle der Überlieferung die
Gerechtigkeit und an Stelle des Vorurteils die Vernunft zu setzen. Sie
haben geglaubt, daß man, um dem Guten zum Triumphe zu verhelfen,
weiter nichts als es nur zu wollen brauche. Sie sind edle und reine
Schwärmerseelen gewesen. So steht das von ihnen aufgerichtete Denkmal
in seinen großen Umrissen noch heute, und zwar nicht etwa in Frankreich
allein, sondern weit darüber hinaus im ganzen übrigen Europa.
Die nun folgende gesetzgebende Nationalversammlung (i. Oktober 1791
bis 20. September 1792) hat eine nicht weniger schwierige Aufgabe
zu bewältigen gehabt. Von Tag zu Tag werden jetzt die Klubs stürmischer ;
überall toben Aufstände; mit ihrem revolutionären Gemeinderat bedrohen
die Pariser die Unabhängigkeit der Versammlung und sind in dauerndem
Empörungszustand ; der König, der dem Anschein nach in Übereinstimmung
mit seinen Ministern regiert, zettelt in Wahrheit heimliche Verschwörungen
gegen sie an und setzt sich mit den Emigranten und den auswärtigen
Mächten in Verbindung; die Geistlichkeit, soweit sie den Verfassungseid
verweigert hat, predigt den Widerstand, die Staatskasse ist leer; in
Österreich, Preußen und Rußland, überall in Europa beginnen sich die
Monarchien zu beunruhigen, und die Emigranten, die immer zahlreicher
werden, häufen sich an den Grenzen zu feindlichen Rotten an.
Da erklärte Österreich, das damals von Franz II., Marie Antoinettes
Oheim, regiert wurde, ohne noch lange hin- und herzureden, einfach
Frankreich den Krieg, zwar vorwiegend in dem Bestreben, eine habs-
burgische Prinzessin und damit die monarchischen Grundsätze zu ver-
2g8 Siebentes Buch.
teidigen, doch auch mit der kleinen Nebenabsicht, mit den Waffen ein
kleines Ländergeschäft zu machen. Ohne irgendwelche Erwägungen oder
Bedenken nahmen die Franzosen mit dem mutigen Eifer Neubekehrter den
Kampf frischen Mutes an, ja forderten ihn sogar durch trotzige Antworten
noch mehi' heraus (April 1792). Nun schloß sich auch noch Preußen
an Österreich an. Das französische Heer war aber durch die Auswan-
derung der Generäle und die Zuchtlosigkeit der Soldaten nahezu zur
Untätigkeit verurteilt. So konnten die beiden vereinigten Heere der
Österreicher und Preußen in französisches Gebiet einrücken, ohne irgendein
Hindernis zu finden.
Da stand das Pariser Volk auf. Und nun begab sich etwas, was sich
noch oft im Laufe dieser Revolution wiederholen sollte: ein militärischer
Mißerfolg zieht in der hauptstädtischen Bevölkerung zunächst eine allge-
meine Erregung der Gemüter nach sich, die dann bald in einen regelrechten
Aufstand übergeht. So stürmt auch jetzt die Menge die Nationalversamm-
lung, die in ihrer Ohnmacht alles bewilligt, was jene von ihr verlangt:
gleichviel, ob es weise oder tolle, gerechte oder blutige Maßregeln sind,
sie beschließt alles, was ihr nur ein Pöbel auflegt, der sie vergewaltigt.
An demselben 20. Juni, an dem der Pöbel in die Nationalversammlung
einbrach, erstürmte er auch noch die Tuilerien, um an seinem König in
einer bald ehrfürchtigen, bald drohenden Haltung vorbeizuziehen und
Männer als Minister zu fordern, die Vaterlandsliebe genug besäßen, um die
Gesamtheit zu dem Werke der Volksverteidigung heranzuziehen.
Wenige Tage darauf (11. Juli) erklärte die Versammlung das Vaterland
in Gefahl' und beschloß eine Aushebung Freiwilliger im ganzen Lande,
ganz wie das alte Rom, als die Gallier anrückten.
Die Antwort der aus Emigranten, Preußen und Österreichern ge-
mischten Verbündeten war das berüchtigte Manifest des Herzogs Karl Wil-
helm Ferdinand von Braunschweig (25. Juli). Es waren höchst sonderbare
Ausdrücke, die diese Erklärung enthielt. Es hieß da beispielsweise, daß
jeder Franzose, der es wagen sollte, sich gegen die Koalitionstruppen zu
verteidigen, als Rebell bestraft werden würde.
Das mußte Frankreich empören. Das große französische Volk, das
sich noch eben an seiner jungen Freiheit und dem Bewußtsein seiner
Stärke berauschte, zitterte — zitterte nicht etwa vor Schrecken, sondern
vielmehr vor Zorn — und faßte den Beschluß zu siegen. So ist es
niemand anders als der Braunschweiger gewesen, der die französischen
Revolutionsheere geschaffen hat, und allein dies unselige Manifest, dem
ihr Dasein zu verdanken ist.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 2gg
Mit derselben Handlung, mit der der Herzog von Braunschweig die
Franzosen verhöhnte, warf er sich zum Verteidiger ihres Königs auf.
So mußte das Pariser Volk an das zum mindesten stillschweigende Ein-
verständnis Ludwigs XVI. glauben. In einer Entrüstung und einer Wut,
wie es sie bisher noch nie, auch nicht bei jener ersten Erstürmung am
20. Juni, gezeigt hatte, stürmte es nun die Tuilerien am 10. August.
Zwischen den Schweizern, die den König heldenmütig verteidigten, und dem
aufgeregten Pöbel entspann sich eine regelrechte blutige Schlacht, die
noch nach dem Siege mit dem Makel des Verrats befleckt wurde. Die
Ohnmacht der Versammlung wie des Königs zeigte sich in erschreckender
Deutlichkeit. Entschlossen riß die bhnde Masse alle Regierungsbefugnisse
an sich.
Nun wurde aus der Umsturzpartei ein Ausschuß gewählt, der alle
Wünsche, die ihr nur irgendwie in den Sinn kommen mochten, mit Gewalt
erzwang. Die Versammlung fügte sich in alles und sprach nun Ludwigs XVI.
Absetzung aus. Es wurde ein Ministerium eingesetzt, dessen eigentliches
Haupt der besonders durch seine donnernden Klubreden gefürchtete
schreckliche Revolutionsmann Danton war.
Die Ereignisse des 10. August bestimmten die Verbündeten sich zu
beeilen. Vierzigtausend Preußen *, vierzigtausend Österreicher und zehn-
tausend Emigranten und Abenteurer in buntestem Durcheinander über-
schritten die Mosel und bemächtigten sich der Festungen Longwy und
Verdun (2. September).
Sobald die Nachricht von dem Anrücken des feindüchen Heeres in
Paris bekannt wurde, drang der Pöbel in die Gefängnisse ein und schlachtete
Tausende von Leuten hin, die seit dem 10. August als angebliche Hoch-
verräter und Helfershelfer des Auslandes verhaftet worden waren. Wenn
auch zugegeben werden muß, daß Danton möglicherweise diese ebenso
unnütze wie unmenschlich rohe Tat, die unter dem Namen der September-
morde berüchtigt worden ist, nicht ausdrücklich angeordnet hat, so liat er
doch in jedem Falle bis zu ihrem Geschehen nichts getan, um sie zu ver-
hindern, und sie nach ihrem Geschehen mit keinem Worte verurteilt.
Nun rückten die Preußen in die Champagne ein. So wenig erprobt
auch das junge französische Heer war, gelang es ihm gleichwohl, den Feind
bei Valmy festzuhalten (20. September). Die Überraschung und Bestürzung
* Unter ihnen befand sich auch im Gefolge des Herzogs Karl August von
Weimar der dreiundvierzigjährige Goethe, der diesen Feldzug u. d. T. „Kampagne
in Frankreich" beschrieben hat.
300 Siebentes Buch.
Europas war eine allgemeine. Und doch konnte keine Rede von einer
großen Schlacht oder einem entscheidenden Siege bei Valmy sein. Aber
die sittliche Wirkung war eine ganz wunderbare; die von den Preußen
erträumte Triumphstraße zwischen dem Rhein und den Tuilerien schien
äußerst gefährdet. Diese in aller Eile eingekleideten Soldaten waren doch
mehr als bloß meuternde Bauern.
Die Österreicher, die Lille belagerten, mußten einen geordneten Rückzug
antreten; sie stießen während desselben auf die Truppen von Dumouriez
bei Jemappes (3. November), welche einen zweiten Sieg für die Sache der
Freiheit erfochten.
Dieser ganze erste Anfang des Feldzuges war überraschend glücklich:
anstatt von den Feinden wurde die Grenze von den Franzosen selbst
überschritten, und die auf den ersten Blick anscheinend Überfallenen und
angegriffenen Völker begrüßten die EindringUnge und Angreifer freudig
als solche, die im Grunde ihre Wohltäter waren, wurde doch der Krieg
von allen befreiten Völkern als ein Freiheitskrieg begrüßt. Nun wurde die
Republik ausgerufen (22. September 1792),
Sogleich erklärte Savoyen seinen Beitritt zu Frankreich, ebenso Nizza.
General Custine rückte, von den rheinischen Deutschen gerufen, nach
einem erfolgreichen, gewagten Feldzuge in die Festung Mainz ein. Dumou-
riez, der durch den Sieg bei Jemappes Herr über das ganze Belgien ge-
worden war, rückte bis zur Scheide vor. Frankreich hatte seine natürlichen
Grenzen, den Rhein \md die Alpen, fast ohne einen Tropfen Blut zu ver-
gießen, allein durch die begeisterte Zustimmung der befreiten Völker-
schaften erobert (November 1792).
Doch diese Triumphe, diese Hoffnungen dauerten nicht lange. In
wenigen Monaten hatte sich alles geändert; der schöne Traum endete in
einer düsteren Wirklichkeit. Die feindlichen Heere erholten sich wieder,
und Frankreich löste sich in Parteien auf.
Die gesetzgebende Nationalversammlung war inzwischen durch eine
neue Volksvertretung, den sogenannten Nationalkonvent, ersetzt worden.
Hier gab es zwei Parteien oder, besser gesagt, feindliche Rotten: auf der
Rechten die Girondisten, auf der Linken der Berg oder die Bergpartei.
Zwischen beiden saß die Mittelpartei der sogenannten Ebene, eine ge-
mäßigte Partei Eingeschüchterter und Zögernder. Überall herrschte
Anarchie, griff doch der Pariser Umsturzausschuß, der hinter der Bergpartei
unter Robespierre, Danton und Marat stand, in alle Verhandlungen der
Versammlung gewaltsam ein unter Ausübung aller Regierungsbefugnisse,
Die Herrschaft der Wissenschaft. 30 i
die er bald durch Veranstaltung irgendwelcher Putsche, bald durch will-
kürliche Verfügungen an sich riß.
Da beschloß der Nationalkonvent ein Massenaufgebot, das auch Land-
wehr und Landsturm nicht verschonte. Eine allgemeine Bewegung der
Begeisterung bemächtigte sich der gesamten Jugend. Über zweihundert-
tausend Soldaten (vierzehn Armeekorps) strömten an die Grenze.
England, Spanien und Holland hatten sich mit Preußen und Österreich
verbunden (sogen. Erste Koalition gegen Frankreich), und so sah sich
Frankreich einer ganzen Welt von Feinden gegenüber.
Es scheint, als ob in diesem Augenblick der Nationalkonvent von einer
Art wütendem Wahnsinnsanfalle gepackt worden sei. Anstatt einmal erst
irgendwelchen Versuch zu Verhandlungen zu machen, verdoppelt er noch
seine Verwegenheit und Gewalttätigkeit. Dies wird zunächst deutlich an
der Hinrichtung Ludwigs XVL (21. Januar 1793} auf Grund eines feier-
lichen Gerichtsverfahrens, in dem er mit dreihundertsiebenundachtzig gegen
dreihundertvierunddreißig Stimmen zum Tode verurteilt wurde : ein schwerer
Fehler, der jenen gutmütigen König in einem Augenblick zum Märtyrer
stempelte, wo ihn eine unheilbare Schwäche bereits dahin gebracht hatte,
sich als Doppelzüngigen, ja geradezu als Volksverräter zu zeigen.
Dieselbe Erscheinung wird weiter deuthch durch einen in nichts ge-
rechtfertigten Staatsstreich (20. Juni). Die Girondisten werden verhaftet
und nach einem Schein verfahren durch das Fallbeil (Guillotine) hingerichtet.
Die Pariser Umsturzpartei, die schon lange im Grunde den Willen des
Nationalkonvents leitet, bestimmt hierauf einen Staatswohlfahrtsausschuß
und einen Revolutionsgerichtshof, die nun eine blutige Gewaltherrschaft
ausüben.
Niemals befand sich ein Volk in einer bedenklicheren Lage als Frankreich
im Juli 1793.
Korsika hat sich England ergeben; Lyon hat sich erhoben und die
Truppen des Königs Victor Amadeus III. von Sardinien zu seiner Hilfe her-
beigerufen; ebenso hat Toulon die englische Flotte um ihre Unterstützung
gebeten. Nun fangen auch noch die durch das Zivilstandsgesetz für die
Geistlichkeit und auch durch das Massenaufgebot zum Kriege erbitterten
Bauern der Vend^e einen wütenden Aufstand an, zu dem sie gleichfalls die
Engländer heranrufen. Sie bilden eine starke Schar heldenmütiger Schwär-
mer vmd treten zu bewaffneten Banden zusammen, die sich mit einer Todes-
verachtung, die einer besseren Sache würdig wäre, zu schlagen wissen.
Nun begannen auch noch die Lebensmittel auszugehen. Die ver-
schwenderisch ausgegebenen Assignaten (staatliche Bodenkreditaktien)
"502 Siebentes Buch.
waren bald weiter nichts mehr als ganz gemeine Papierfetzen ohne jeden
weiteren Wert. An den Grenzen folgten den anfänglichen Siegen bald
Verluste, durch die Frankreich dem einfallenden Feinde offen stand. So
erlitt Dumouriez bei Neerwinden eine derartige Niederlage, daß er sich
aus Belgien zurückziehen mußte (5. März) und schließlich zum Feinde
überging (5. April). Auch General Custine, der in Mainz eingeschlossen
wurde, mußte nach einer rühmlichen Verteidigung die Waffen strecken
und diese deutsche Reichsfestung zurückgeben (23. Juli). Auch Valen-
ciennes wurde von den Feinden erobert (28. Juli).
Diese_ schweren Verluste_uiid_31ißerfolge beantwortete der National-
konvent mit einer gleichzeitig übermenschlichen wie unmenschlichen Tätig-
keit ; es war die Zeit der Schreckensherrschaft. Überall herrschte Angeberei,
überall der Revolutionsgerichtshof und die Guillotine. Der Staats Wohl-
fahrtsausschuß verfügte einfach den Sieg, und so wurde jeder besiegte
General vor ein Gericht gestellt und zur Todesstrafe verurteilt, wie Custine,
wie Houchard und manche andere. In die Städte und zu den Heeren
wurden Abgesandte geschickt, um dort Schafotte zu errichten. Zu Nantes,
zu Angers, zu Caen, zu Lyon, überall wurden solche Bluturteile vollstreckt,
zum Teil noch grausamer als in Paris. Dem Fallbeil fielen in dem einen
Jahre, vom Juli 1793 bis zum Juli 1794, über ganz Frankreich an 5000
Menschen zum Opfer — 2596 allein in Paris — , fast ebensoviele wie in der
Bartholomäusnacht ! ~ "
Und was für Opfer ! Der größte unter allen Franzosen : Antoine.Layoisier I
Der angebetete lyrische und epische Dichter Andr6_ Chenierj Unbekannte
und Erlauchte aus allen Parteien, von Danton, Hubert, Camille Desmoulins
bis zu Marie Antoinette, Rolland, Bailly und Malesherbes ! Unter der Ge-
waltherrschaft Robespierres und des Staatswohlfahrtsausschusses wurde eine
wahre Orgie von Justizmorden gefeiert! Es ist diese unselige Zeit als die
der Schreckensherrschaft bezeichnet worden, und es war wahrlich eine
doppelte Schreckenszeit, für die unglücklichen Märtyrer selbst vielldcht
noch weniger als für jene von Grauen erfüllten Armen, die ihre Richter
und Henker in einer Person sein mußten.
Aber es sollte auch noch in gröbster Weise das Komische zum Entsetz-
lichen treten und hieraus ein Zerrbild voll bitteren Hohnes machen!
In seiner unklaren deistischen Vernunftreligion ersann Robespierre, durch
seinen Lieblingsschriftsteller Jean-Jacques Rousseau angeregt, in dessen
Lektüre er sich vertieft hatte, einen Kultus für sein sogenanntes höchstes
Wesen, die Gottheit der Vernunft, als ob ein höheres Verbrechen gegen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 303
die Vernunft denkbar wäre als der wahnsinnige Gedanke : der Vernunft
einen Kultus errichten zu wollen!
Die DiktaJaiJL__Robespierr£SL_dauerte lange, volle acht Monate» vom
Girondistenprozeß (24. Oktober 1793) bis zum 9. Thermidor* '(27. Juli)
1794, Am 9. Thermidor kamen die Konventsmitglieder, wie sie ihre Zahl
durch Robespierre sich immer mehr lichten sahen, zu der späten Einsicht,
daß dieser weiter nichts als ein blutiger Tyrann sei, ja sogar noch ein
ziemlich einfältiger, und so machten sie auf dem Schafott, auf dem er j
selbst so viele hingeschlachtet hatte, nun auch seinem unseligen Dasein/
ein Ende.
Aber diese in Paris so unrühmliche Regierung konnte beim Heere nur
die höchste Bewunderung erregen. Von dem großen Camot begeistert,
hatte der Staatswohlfahrtsausschuß eine unglaubliche Tatkraft imd Ge-
schicklichkeit für eine planmäßige Vorbereitung des Sieges aufzubieten
gewußt. „Die Republik bildete nur noch eine einzige große belagerte
Stadt und Frankreich ein weites Feldlager." Frankreichs ganze Volks-
seele war in seiner Jugend verkörpert, die, wenn sie auch zunächst bloß
für die Befreiung des Vaterlandes dem Tode trotzte, doch damit zugleich die
ganze Menschheit zu befreien glaubte.
Sie stand gut geschulten und in Mannszucht geübten Truppen gegen-
über, die jedoch von altergrauten, ebenso schulmeisterlichen wie unfähigen
Generalen befehligt waren, berufsmäßigen Soldaten und Feldherren, die aber
ihrerseits ohne Begeisterung und Glauben an ihre gute Sache weiter-
marschierten. Im Gegensatz zu ihnen die Franzosen, die, obwohl zerlumpt
und verhungert, unter der Führung von bisweilen noch nicht fünfundzwanzig-
jährigen Generalen, die aber noch gestern ihresgleichen gewesen "waren,
ausnahmslos wußten, für welche edle Sache sie in den Kampf zogen! /
Das war der Triumpji der .Bej^eisterung über die Gleichgültigkeit, und ^
so waren die französischen Truppen nunmehr überall siegreich.
Lyon wurde von Kellermann wiedererobert (9. Oktober); das Vendee-
heer wurde bei Savenay von dem jugendlichen Marceau vernichtet (12. De-
zember); der ebenso jugendliche Napoleon Bonaparte eroberte Toulon
zurück; im Norden war Jourdan Sieger bei Wattignies (16. Oktober),
der gleichfalls noch so jugendliche Hoche bei Weißenburg (26. Dezember).
Im Jahre 1794 waren die Erfolge nicht weniger glänzend. Niemals war
ein Heer freudiger oder heldenmütiger als dieses : ,,£"« schien der Sonne
gleich, wenn sie an einem schönen Tage im hellen Morgenrot aufgeht /"
Der Hitzemonat, ein Monat im neuen republikanischen Kalender.
3o4 Siebentes Buch.
Der großen Anstrengung des Nationalkonvents war ein Ersatz von
fünf hunderttausend Mann zu verdanken, und von neuem wurde auf allen
Seiten die Grenze überschritten. Jourdan errang bei Fleurus einen glän-
zenden Sieg, durch den das ganze Belgien schonungslos den feindlichen
Angriffen preisgegeben war (26. Juni); im folgenden Jahre drang Pichegru
in Holland ein, und Husaren bemächtigten sich der in den Eisschollen
festgefrorenen holländischen Flotte (20. Januar 1795). Gleichzeitig rückte
das Heer von dem damaligen Departement Sambre-et-Meuse bis zum
Rhein vor (Januar 1795). Auch die Pyrenäen wurden von den französischen
Truppen überschritten ; Miollis drang in Navarra und Moncey in Biscaya ein.
Da baten die Verbündeten um Frieden.
Er wurde zu Basel geschlossen (5. April 1795), und zwar mit Spanien,
Preußen und Holland. Spanien trat die Insel San Domingo (das spätere
Haiti) ab; Holland (die Batavische Republik) wurde Frankreichs Ver-
bündeter und trat die Scheidemündungen ab; Preußen fand sich endgültig
mit der Eroberung des linken Rheinufers ab. Mit Ausnahme von England
und Österreich erkannten nunmehr alle europäischen Staaten die junge
Republik an, die Frankreich bis zum Rhein, den Alpen und den Pyrenäen
ausgedehnt hatte, seinen natürlichen Grenzen, die zehn Jahrhunderte der
Monarchie ihm nicht zu verschaffen gewußt hatten. Die Bevölkerungen
Belgiens und des Rheins, die nun den französischen neuen Gesetzen imter-
worfen wurden, begrüßten es mit Freuden, zu einem so gerechten und
mächtigen Lande wie Frankreich gehören zu dürfen. In Italien und in
Deutschland wurden die Franzosen als Befreier angesehen.
Um aus einer so stolzen Lage schon nach zwanzig Jahren bei den de-
mütigenden Friedensverträgen von 181 5 anzugelangen, wieviel Begehungs-
und Unterlassungssünden müssen da wohl inzwischen geschehen sein!
Seit dem 9. Thermidor regierte wieder der Nationalkonvent, doch
nur auf die kurze Frist eines Jahres. Es kamen in demselben wohl einige
unvermutete Vorstöße vor, sei es von den Revolutionsparteien, sei es
auch von den treugebliebenen Anhängern des Königs, die der 9. Thermidor
wieder mit einigen Hoffnungen belebt hatte. Aber beide wurden der Reihe
nach unschädlich gemacht : die Jakobiner am i . Prairial * durch Pichegru,
die Royalisten am 13. Vendömiaire ** durch Bonaparte.
* Wiesenmonat (etwa Mitte Mai bis Mitte Juni), ein Monat im neuen republi-
kanischen Kalender.
** Weinmonat, desgleichen.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 3o5
Jetzt hatte der Konvent seine Aufgabe erfüllt und sich das einzige
fragwürdige Recht als letztes vorbehalten, sich aufzulösen mit dem Rufe :
„Es lebe die Republik!" (26. Oktober 1795). Er hatte über die schreck-
lichsten Gefahren triumphiert, um sich nun selbst das Leben auszublasen;
aber er hatte Frankreich gerettet.
Nicht etwa bloß die Bekämpfung der sich befehdenden Parteien und
der Sieg über die verschiedensten Völkerbündnisse ist ihm zu danken.
Von ihm stammt auch so manche wohltätige Einrichtung, die sich bis
heute bewährt hat. Es gibt keine neuere Gesetzgebung, zu der er nicht
die Grundlage gelegt hätte! Auch Napoleons Bürgerliches Gesetzbuch
Ist nichts anderes als eine bloße Ergänzung und Erweiterung seiner
Entwürfe. Er hat den allgemeinen Schulzwang beschlossen und das natur-
wissenschaftliche Museum, die Lehrerbildungsanstalt, das Polytechnikum,
das Institut, das Erdmessungsamt, das Landesarchiv und das Louvre-
museum geschaffen. E r hat die alten Maße abgeschafft und jenes glän-
zende dezimale Maß- und Gewichtssystem begründet^ das in dem bis-
herigen Wirrwarr zum erstenmal eine wirkliche Ordnung hergestellt hat,
indem es erst einmal zunächst für alle Gebiete menschlicher Erkenntnis
eine Kunstsprache von einheitlichen Fachausdrücken zum Gebrauche für
den Verkehr zwischen den Völkern aufgebaut hat.
Durch den bereits von der konstituierenden Nationalversammlung in
die Hand genommenen Verkauf der zum Staatseigentum gewordenen
eingezogenen Ländereien der Geistlichkeit, der Ordensgesellschaften und
der Emigranten hat er ein Volk besitzloser Enterljter in ein Volk besitzen-
der Eigentümer verwandelt. Seit der Revolution ist der Grund und Boden
Frankreichs mehr als der jeden andern Landes verteilt und zerstückelt.
Allerdings hat dieser Verkauf der Staatsgüter die Schuldenwirtschaft, ja
sogar den allgemeinen Bankrott des Staates zu hindern vermocht. Aber
trotz alledem sind die Ereignisse ihren Gang ruhig weitergegangen.
Das von den Königen begonnene Werk der Einigung des französischen
Vaterlandes ist erst von den Konventsmitgliedern zum Abschluß gebracht
worden. Wenn diese sich zugegebenermaßen auch häufig nur recht mittel-
mäßig, bisweilen sogar feige gezeigt haben, so haben sie doch niemals,
wenn die Lage noch so verzweifelt war, sei es an Frankreich oder auch an
der Menschheit verzweifelt.
Wenn Rußland nicht dazwischengetreten war und wenn Preußen so
leicht in den Frieden eingewilUgt hatte, so hatte das seinen guten Grund
3o6 Siebentes Buch.
darin, daß sie beide gemeinsam an einer ebenso verdammenswerten wie
! einträglichen Unternehmung beteiligt waren: der nunmehr endgültigen
i Aufteilung Polens.
Seit 1772 hatte Polen unter der Regierung von Stanislaus Poniatowski
jede Unabhängigkeit verloren, um zu einem bloßen Vasallenstaate Rußlands
herabzusinken. Doch das polnische Volk bekam langsam das Gefühl für
sein so wankendes Volkstum wieder. Es fanden französische und englische
Anschauungen bei ihm Eingang, und es wurden schüchterne Versuche
gemacht, dem Heer einigen Zusammenhalt zu ^eben.
Im Jahre 1788 erklärte sich der polnische Reichstag als eine konstituie-
rende Körperschaft und verkündete eine Verfassung (1791), eine parlamen-
tarische monarchische Verfassung mit zwei Kammern und verantwortlichen
Ministern. Das liberum veto, d. h. die Notwendigkeit der Einstimmigkeit
eines Beschlusses, ein dauernder Anlaß zur Anarchie, der mit einer ordent-
lichen Staatsleitung völlig unvereinbar ist, wurde abgeschafft. Die persön-
liche Freiheit der Bauern, die bis dahin einer harten und drückenden
Leibeigenschaft unterworfen waren, wurde gesetzlich gesichert.
Das Volk spendete Beifall, und der König stimmte zu.
Aber Katharina II. von Rußland erhob einen Einwand, der ganz aus-
schließlich formaler Natur war. Sie hatte eben zwei große Kriege
beendigt : im Norden mit Schweden, im Süden mit der Türkei. Sie
besaß die Macht, also nützte sie sie auch aus. Die russischen Heere
drangen in Litauen und in Warschau ein. Einige Polen wurden durch
Bestechung gekauft, die russischen Ansprüche zu unterstützen (Targowitzaer
Konföderation im Mai 1792). Der König von Preußen nun, der dem
polnischen Reichstag urkundlich seine Unterstützung versprochen hatte,
hielt die Gelegenheit für zu günstig, um sich nicht dabei einige Landesteile
anzueignen, und so rückte auch er mit seinem Heere in Polen ein. Ein
Widerstand des Volkes war ausgeschlossen, und so durften Rußland und
Preußen ihre Bedingungen diktieren (1793). Sie konnten gar nicht ein-
facher sein: Preußen sollte das Großherzogtum Posen mit Danzig und
Thorn nehmen und Rußland Litauen (Zweite Teilung Polens). Die Ver-
fassung von 1791 aber sollte ohne alle weiteren Umschweife abgeschafft
werden.
Ein Reichstag trat nun zu Grodno zusammen unter dem Schutze rus-
sischer Grenadiere, ein russischer General nahm neben dem König Platz,
und so wurde der Vertrag mit Rußland und Preußen von Polen unter-
zeichnet.
Die polnische Volkspartei fügte sich diesem Schimpfe nicht, ohne
Die Herrschaft der Wissenschaft. 307
irgendeinen Widerstand zu versuchen. Die Ungerechtigkeit war so
schreiend, daß sie eine allgemeine Volkserhebung herbeiführte. Mit Sensen
bewaffnete Bauern rückten gegen die russische Infanterie aus. Bei Krakau
richteten die meuterischen Polen unter den russischen Soldaten ein Blutbad
an. Es bildete sich eine Volksregierung, deren Seele ein Adliger, Thaddäus
Kosciusko, war. Sogar der so schwache polnische König Stanislaus
Poniatowski sollte sich den Verwahrungen seiner Untertanen gegen diesen
schnöden Länderraub anschließen !
Die polnischen Vaterlandsverteidiger hatten keine geeigneten Waffen
und Führer und waren in verschwindender Minderzahl. Auch hatte sich
die polnische Volksseele noch nicht genügend aus ihren Fesseln befreit,
wie sie es später nach einem Jahrhundert der Unterdrückung vermochte.
So erlitten die armen polnischen Freiheitskämpfer trotz wahrer Wunder
von Heldenmut von den Russen bei Maciejowice eine vernichtende Nieder-
lage (24. September 1794). Kosciusko wurde auf dem Schlachtfelde
verwundet, fiel vom Pferde und geriet in Gefangenschaft. Das russische
Heer drang nun unter Führung des Feldmarschalls Suworow in Praga-
W^arschau ein (4. November). Alle Bewohner wurden niedergemetzelt.
Es war ein grauenhaftes Blutbad, an das wohl jeder Pole die Erinnerung
bewahren wird, solange sein Land nicht wieder frei ist.
Angesichts solcher Erfolge erklärte Österreich, auch seinerseits, wenn
es Rußland und Preußen nichts in den Weg legen sollte, etwas von der
Kriegsbeute haben zu wollen, selbst wenn es nicht unmittelbar an der
Schlacht teilgenommen habe; so brachte es Kleinpolen und Krakau
an sich; Preußen bekam Warschau, und Rußland behielt endgültig das
ganze Litauen in seinem Besitze (Dritte Teilung Polens, Oktober 1795).
Das ist noch lange nicht für alle Zukunft das Ende Polens (^^Finis
Poloniae" ), das damals so höhnisches Frohlocken hervorrief und, wie im
allgemeinen noch heute, ein für allemal als gesichert angesehen wurde!
Ein Volk von fünfzehn Millionen Menschen, das seine Sprache, sein Wesen/
und seinen Stolz bewahrt, geht nicht so leicht, wie man wohl denken'
könnte, zugrunde I
* *
*
Frankreich, das so heiß nach dem schweren Kriege den Frieden, nach
der blutigen Anarchie die Ordnung herbeisehnte, machte auch nicht die
geringste Bemühung, die Zerstückelung Polens zu verhindern.
Unter der neuen Regierung, die auf den Konvent gefolgt war, hatte
die neue konstituierende Versammlung vom Jahre III (1795) ^^^ Zwei-
3o8 Siebentes Buch.
kammersystem (Rat der Alten und Rat der Fünfhundert) beschlossen
und daneben eine vollziehende Behörde, das aus fünf Mitgliedern (Direk-
toren) bestehende Direktorium. Die Auserwählten der beiden Kammern
zeigten sich jedoch nicht imstande, die Parteien zu versöhnen, die Finanzen
wiederherzustellen und die bedrohten Grenzen zu verteidigen. Gleichwohl
hätte die Verfassung vom Jahre III, so manches sie auch noch zu wünschen
übrig ließ, wahrscheinlich einer weisen Regierung immerhin ermöglicht,
ihre schwierigen Aufgaben zu einem guten Ende zu führen; doch die
Direktoren waren mit vielleicht alleiniger Ausnahme des großen Carnot
in bezug auf Rechtschaffenheit wie Befähigung nur von äußerster Mittel-
mäßigkeit, Gegen die beiden sich gegenseitig so heftig befehdenden
Gruppen der Royalisten und Terroristen ging das Direktorium, um seine
Macht zu behaupten, mit Staatsstreichen unter schamloser Mißachtung
aller Gesetze vor, so daß es sich eigentlich gar nicht wundern konnte,
daß es schon so bald selbst von dem so gesetzwidrigen vernichtenden
Anschlage getroffen werden sollte! Am i8. Fruktidor * (4. September) 1797
unternahm das Direktorium den Staatsstreich gegen die Royalisten und
schon am 22. Floreal ** (11. Mai) 1798 gegen die Jakobiner.
Trotz des ruhmvollen Friedens, den Frankreich geschlossen hatte, durfte
es sich noch immer nicht Ruhe vom Kampfe gönnen, hatten sich doch
weder Österreich noch England bewegen lassen, auch ihrerseits, wie
die anderen Mächte, die Waffen niederzulegen.
Am Rhein erlitten die Franzosen zunächst einige Verluste, die nicht
sowohl vernichtende Niederlagen wie unbedeutende Schlappen zu nennen
w^aren. Pichegru, der Sieger von Fleurus, übte Verrat (Dezember 1795),
wie es Dumouriez und Lafayette getan hatten. Ein fähiger General,
Erzherzog Karl von Österreich, der Bruder von Kaiser Franz IL, ein junger
Mann von sechsundzwanzig Jahren, befehligte die Kaiserlichen. Er trug
einige Erfolge davon, besonders nach dem Tode von Marceau (20. September
1796) und von Hoche (19. September 1797), zwei jugendlichen glänzenden
Feldherrengenies, die nur zu früh für Frankreich dahingegangen waren.
So blieb der Feldzug des französischen Rheinheeres unentschieden,
aber um so triumphreicher und glanzvoller verlief der des französischen
Heeres in Italien. Hier erschien die Kriegsbefähigung des jungen Napoleon
in ihrem vollen Lichte.
Im Jahre 1796 stand Napoleon Bonaparte in einem Alter von nur sieben-
* Fruchtmonat, der letzte Monat im neuen republikanischen Kalender.
** Blütenmonat, der zweite Frühlingsmonat im neuen Kalender.
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^og
undzwanzig Jahren. Er war in Korsika geboren, am Tage nach der Ein-
verleibung Korsikas in Frankreich, mithin so zur richtigen Zeit, um noch
gerade als Franzose gelten zu können (1769). Er verließ die Kriegsschule
als Artillerieleutnant, aber, da er fand, daß seine, Beförderung nicht schnell
genug vor sich ging, brauchte er in der Lage, wo die Korsen zwischen der
von Paoli vertretenen Nationalpartei und der französischen Partei hin-
und herschwankten, eine gewisse Zeit, ehe er zum festen Entschlüsse kam.
Erst nach vielem Zögern entschied er sich für Frankreich und trat nun den •
großen Grundsätzen der Revolution bei, um der Freund des Bruders von
Robespierre zu werden, der ihn in seinen persönlichen Schutz nahm. Als
Artillerieoffizier bei der Belagerung von Toulon mit einem Auftrage
betraut, gab er einen genialen Rat, der für die Einnahme der Stadt ent-
scheidend wurde (1793).
Nach seiner Ernennung zum General und Rückkehr nach Paris (1794)
sucht er mit den leitenden Männern des Tages in Fühlung zu treten, wobei
er die Unterstützung von Barras gewinnt, der ihm am 13. Vendemiaire den
bereits erwähnten Auftrag gibt, die in der St. Rochuskirche zusammen-
gedrängten Royalisten durch Geschützfeuer auseinanderzujagen, wahrlich
ein nicht übermäßig schwieriger Sieg, durch den aber der erst fünfund-
zwanzigjährige General den Ruf eines hervorragenden Republikaners er-
warb. I
Ins Direktorium berufen und unter seinen Mitgliedern allmächtig ge-
worden, jtat Barras für den jungen korsischen Offizier noch ein weiteres.
Er ließ Napoleon Bonaparte zum kommandierenden General des Heeres
in Italien wählen (1796). Noch zwei Tage vor seinem Abgange dorthin hatte
Bonaparte die Witwe des Generals Alexandre de Beauharnais, Josephine^ ,
geheiratet, die ebenso entzückende wie leichtfertige bisherige Geliebte C/t
von Barras, in die sich der Korse unsterblich verhebt hatte und für die
er in allen Lebenslagen und auch noch in seinen spätesten Tagen eine zärt-
liche Anhänglichkeit bewahren sollte.
Von einem glühenden Vertrauen zur Republik beseelt, sind die Soldaten
des französischen Heeres in Italien ganz prachtvoll in ihrer Art, und so
kann Bonaparte von ihnen wahre Wunder von Heldenmütigkeit und
Ausdauer verlangen. Da die österreichischen Truppen den seinigen an
Zahl überlegen sind, bringt er ein ebenso einfaches wie geniales mihtä-
risches System zur Anwendung, dem er auch noch während seiner ganzen
bevorstehenden überwältigenden kriegerischen Heldenlaufbahn treu bleiben
soll. Er zieht alle seine Kräfte auf einen Punkt zusammen, ohne sich weiter
darum zu kümmern, was sonstwo vorgehen mag; an dem bestimmten
2 Richet, Geschichte der Menschheit, II.
3IO Siebentes Buch.
Punkte hat er dann auf jeden Fall die numerische Überlegenheit auf seiner
Seite und bei den Vorzügen seiner Soldaten auch stets den Sieg.
In noch nicht einem Monat, vom 25. März bis zum 23. April 1796,
bringt er es fertig, die Piemontesen von den Österreichern abzuschneiden
(Siege bei Montenotte und Mondovi) und unterzeichnet einen Vertrag
mit König Victor Amadeus III. von Sardinien zu Cherasco.
Nachdem er so mit den Piemontesen fertig geworden ist, wendet er
sich nun gegen die Österreicher, schlägt sie bei Lodi, zieht im Triumphe
in Mailand ein, schlägt dann wieder bei Arcole (15. November 1796) und
bei Rivoli (14. Januar 1797) die beiden Heere, die ihm Österreich entgegen-
stellt, und trifft schon seine Vorbereitvmgen dafür, auf Wien loszu-
marschieren. Doch erbietet er sich nach noch einigen glücklichen, seinen
Gegner, den Erzherzog Karl, beunruhigenden Kämpfen zum Frieden (Vor-
verhandlungen zu Leoben am 7. April 1797, endgültiger Friedensschluß
zu Campo Formio am 17. Oktober 1797).
Glänzende Siege, jeder Müdigkeit spottende Märsche, entscheidende
Erfolge, die ebenso dem Genie des Feldherrn wie dem Mute der Soldaten
und der Fähigkeit der Offiziere zu verdanken waren! Aber der Geist der
republikanischen Kriegführung ist mittlerweile ein vollkommen anderer
geworden I „Soldaten 1" redete Bonaparte seine Truppen an, „Ihr seid
arm, nackt und schlecht genährt; Schätze breiten sich vor euren Augen
aus; ihr braucht nur zuzugreifen! Marschiert, und ihr werdet in diesen
Städten und Ebenen Ehre, Ruhm und Reichtum finden !" Es ist also schon
damals nicht mehr die Verteidigung des Vaterlandes, der Triumph der
Freiheit, die Mündigkeitserklärung der Menschen, die Bonaparte anruft,
es ist vielmehr schon damals die roheste Plünderungssucht, an_^ie er
slcli wendet.
Und auch in seinen Unterhandlungen mit dem zu Boden gestreckten
Österreich und dem von Schrecken gelähmten Italien zeigt sich das Plün-
derungsbedürfnis als das alles Überwuchernde. Man sage und schreibe:
fünfzehn Millionen verlangt Bonaparte von Genua, zehn Millionen von
' Parma, je zwanzig von Modena, vom Papste, von Mailand und Venedig,
dreißig von Bologna, Ferrara und Ravenna. Er läßt nach Paris Gemälde,
Bildhauereien und andere kostbare Kunstschätze bringen. So muß der
Krieg zur Bereicherung des Siegers herhalten I
' Doch schon tut sich Bonaparte etwas darauf zugute, die Anweisungen
des Direktoriums zu mißachten. Er spricht zu den eigenen Amtsgenossen,
als ob er ihr Vorgesetzter wäre, in tadelndem und gebietendem Tone. Er
verteilt an seine Umgebung nicht bloß Beute, die er seinen Besiegten,
Die Herrschaft der Wissenschaft. 3 1 1
sondern auch solche, die er seinen Verbündeten, den armen Italienern,
abgenommen hat, als deren Retter er sich rühmt.
Als der Nationalkonvent die gesamte wehrfähige Bevölkerung zu den
Waffen rief, hatte er <iamit der Herrschaft der großen Volksheere die Weihe
gegeben. Aber das war für die Verteidigung heimischen Bodens geschehen.
Waren unter der Königsherrschaft jene aus Freiwilligen, Abenteurern und
Söldnern zusammengebrachten Heere noch nicht aus dem Volke selbst
emporgewachsen, so ändert sich das alles mit den großen Aufgeboten von
1794 und 1795 wie mit einem Schlägel Zu den Waffen muß jetzt die
gesamte französische Jugend vom ersten bis zum letzten Manne, und das
Heer ist damit nichts anderes als das gesamte waffenfähige Volk.
Und so bleibt es von nun an auch für die weitere Zukunft! Durch
eine verhängnisvolle Verkettung der Geschicke sollten auch die anderen
Völker in die Notlage kommen, ihren letzten Mann in den Krieg schicken
zu müssen, so daß auch sie zu Volksheeren kamen. Wenn aber ein
Volksheer erst das blinde und gefügige Werkzeug eines durch den
Zauber seiner Persönlichkeit überwältigenden Feldherrn oder Kaisers ge-
worden ist, wird es auch von defti Augenblicke an den Krieg nur noch als
eine einzige große Plünderungstätigkeit ansehen, und die Wildheit wird in
ihrer ganzen Roheit entfesselt wüten.
Das Übel, unter dem heute die gesittete Welt so furchtbar leidet,
jene ungeheuren Heere, die sogar im Frieden die Ursache so vielen Elends
und so vieler Tränen sind, ist die zwingende Folge der Massenaufgebote
der Jahre 1793 — 1796.
Von dem großen europäischen Völkerbunde angegriffen, mußte Frank-
reich sich auch einem solchen gegenüber in genügenden Verteidigungs-
zustand setzen. So beschloß es das Massenaufgebot. Bonaparte aber paßte
jene jungen Leute, die die Vaterlandsliebe zu Soldaten gemacht hatte,
seinem System der Plünderungen und Eroberungen an. Er ist der große
Schuldige. Die von ihm herausgeforderten europäischen Herrscher haben
die Völker zur Verteidigung und später als seine Nachahmer zum Angriff
gerüstet. Von all dem vielen Unglück, das wir Napoleon Bonaparte
zu verdanken haben, ist dieses nicht das geringste.
Gleichzeitig mit I tauen stellte auch Deutschland den Krieg ein. Öster-
reich bewilligte nun Frankreich endgültig das von ihm eroberte linke Rhein-
ufer; die Lombardei wurde ein unabhängiger Freistaat (Cisalpinische
RepubUk). Dafür aber wurde Venedig an Österreich hingegeben, um
von ihm als Provinz einverleibt zu werden. Im Grunde erlangte Frankreich
2'
312 Siebentes Buch.
nichts weiter als das, was ihm schon durch den Baseler Friedensvertrag
im Jahre 1795 zuerkannt worden war.
Der Friede mit Österreich schloß noch nicht den Frieden mit England
in sich. Der große Staatsmann, der damals die englischen Geschicke leitete,
verfolgte Frankreich mit seiner grimmigsten Feindschaft, weil er die Größe
seines Vaterlandes ohne die Demütigung dieser Macht für die Dauer un-
möglich hielt. Bereits sein Vater William Pittl. hatte eine recht bedeutende
politische Rolle gespielt; aber William Pitt II. übte seine Macht noch
länger und in noch entscheidensreicheren Lagen aus. Durch seine staats-
männische Befähigung und Hartnäckigkeit, durch die Logik seiner feurigen
Beredsamkeit und durch die Glut seiner unbeugsamen Vaterlandsliebe
gewann er, obwohl er doch nur eines verfassungsmäßigen Königs Minister
war, allmählich ganz das Ansehen eines unumschränkten Herrschers. Trotz
der Wühlereien bei dem Volke, die manchmal bis in Putsche ausarteten,
trotz der täglichen Schmähschriften und Flugblätter, die voller Beleidi-
gimgen für ihn waren, und trotz der Kammerreden, in denen er fortgesetzt
verhöhnt wurde, wußte er nichtsdestoweniger seinen Willen sowohl dem
Könige wie der Parlamentsmehrheit beständig aufzudrängen. Tatsächlich
ist England volle dreißig Jahre lang von keinem anderen als von ihm
regiert worden. Sein großes, um nicht zu sagen, einzig dastehendes
Werk war der Krieg gegen Frankreich. Und wenn England schließlich
über dieses Land triumphiert hat, so hat es das keinem mehr als Pitt zu
verdanken, vielleicht ihm sogar noch mehr als Nelson und Wellington.
Der Kampf zwischen England und Frankreich, der sich durch zwei
ganze Jahrzehnte zog, beschränkte sich in dem ersten Jahrzehnt fast aus-
schließlich auf die See. Es kamen wohl einige Landungsversuche vor,
von den Engländern in Frankreich (zunächst bei Toulon und später bei
<Quiberon in der Vend^e) und von den Franzosen in Irland (Hoche 1797).
Aber die einen wie die anderen scheiterten. Die See wurde der Schau-
platz einiger sogar für die Besiegten rühmlicher Kämpfe, doch die fran-
zösischen, holländischen und spanischen Schiffe waren alle zusammen
nicht imstande, den noch zahlreicheren, besser ausgerüsteten imd beson-
ders auch besser befehligten englischen Schiffen dauernden Widerstand zu
leisten. England nutzte die Siege seiner Flotte aus, um sich der hollän-
dischen Kolonialbesitzungen zu bemächtigen, vor allem der Kapkolonie,
die es auch in der weiteren Zukunft zu wahren gewußt hat, und die dann
die Grundlage für sein gegenwärtiges, großes afrikanisches Reich gewor-
den ist.
Nach dem Friedensschluß von Campo Formio schlug Bonaparte, so-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 313
bald er nach Paris heimgekehrt war, zur Eröffnung seiner ebenso glänzen-
den wie abenteuerlichen Erobererlaufbahn, die ihn ebenso rasch berühmt
machen wie verderben sollte, dem Direktorium ein Unternehmen von einer
geradezu wahnsinnigen Kühnheit vor. Es handelte sich um eine Landung
in Ägypten. Das Direktorium hieß den Vorschlag sogleich gut, vielleicht
in der geheimen Hoffnung, die von Tag zu Tag größere und bedrohUchers
Volkstümlichkeit des Siegers von Rivoli durch seine Gefangennahme oder
Niederlage mit einem Schlage dahinschwinden zu sehen.
Am I. Mai 1798 ging Bonaparte von Toulon aus mit fünfhundertfünfzehn
Linienschiffen, zehntausend Matrosen, fünfunddreißigtausend ausgezeichneten
Landsoldaten und mit Offizieren wie Kldber, Desaix, Lannes, Davout und
Murat in See.
Die Seefestung Malta ergab sich ohne Widerstand, und am 30. Juni
landete das französische Heer in Alexandria, trotz der Wachsamkeit von.
Nelsons Schiffen, die es gründlich zu täuschen' verstand,
Ägypten war zwar im Grunde ein unabhängiges Staatswesen unter den
Mamehiken, aber dem Namen nach ein Vasallenstaat des Sultans von
Konstantinopel. So zog sich Bonaparte durch diesen Überfall auf eine
wenigstens zum Scheine türkische Provinz die Feindschaft der Türkei zu,
die sich in ihrem Staatsleben nun schon seit zwei Jahrhunderten immer
treu an Frankreich angeschlossen hatte; aber eitle Bedenken der Dank-
barkeit oder auch nur der einfachsten Anstandspflicht haben Napoleon
niemals zurückgehalten.
Zunächst ging alles ganz leicht von statten. Die so glänzende Reiterei
der Mameluken konnte gleichwohl nicht die geschlossenen quadratischen
Abteilungen der französischen Fußsoldaten durchbrechen und wurde nach
Schluß der siegreichen Schlacht bei den Pyramiden völlig auseinander-
gesprengt. Ganz Ägypten unterwarf sich jetzt bis Theben völlig wider-
standslos, wie es schon einst in grauen Zeiten getan und noch später
wieder tun sollte.
Doch ein großer Seeverlust machte diesen Sieg und diese Eroberung
sogleich wieder wett. Bei Abukir in der Nähe von Alexandria stießen
nämlich die französische und die englische Flotte zusammen (i. August
1798). Die Seeschlachten sind immer entscheidender als die Landschlachten.
Die französische Flotte wurde völlig vernichtet. Die Schlacht bei Abukir
bedeutet den endgültigen Sieg der englischen Weltherrschaft.
Obwohl durch die siegreiche Feindesflotte von Frankreich abge-
schnitten, steifte sich Bonaparte gleichwohl darauf, seine abenteuerliche
Fahrt fortzusetzen und ging nun an die Eroberung von Syrien. Vielleicht
3l4 Siebentes Buch.
hoffte er die Heldentaten Alexanders des Großen erneuern und sich mit
Tippo Sahib vereinigen zu können, der in Indien den britischen Eroberungs-
gelüslen einigermaßen erfolgreich zu widerstehen wußte.
Doch gleichviel, diese Wahnsinnstat endete, wie eine solche notwen-
digerweise enden mußte: mit einer schmachvollen Schlappe. Die Stadt
Saini-Jean-d'Acre erwies sich als uneinnehmbar, und die Pest richtete in
dem schon an sich so kleinen französischen Heere noch dermaßen grau-
I same Verheerungen an, daß den Franzosen nach ebenso grauenhaften wie
\ vollkommen nutzlosen Blutbädern nichts übrig blieb, als gänzlich unverrich-
' teter Sache nach Ägypten zurückzukehren.
Jetzt war der unglückliche Ausgang des ägyptischen Feldzuges nicht mehr
('zweifelhaft. Sogleich ließ Bonaparte ohne jedes Bedenken sein Heer im
I Stich. Er war ihm nur im Siege treu. Er kam nach Frankreich zurück
I (i6. Oktober 1799), nachdem es ihm nur durch ein wahres Wunder gelungen
war, den im Mittelmeer kreuzenden englischen Schiffen zu entkommen.
Es war ihm ein leichtes gewesen, das Heer hinzuopfem, das er nach
Ägypten ja nur von vornherein in den Untergang geführt hatte». Was
tut's, was nun aus diesem werden mag! Es ist ja jetzt doch bloß noch ein
nutzloses Werkzeug, das man froh ist so schnell wie möglich loszuwerden.
Menou, der nach der heimtückischen Ermordung des von Bonaparte bei
seinem Scheiden mit dem Oberbefehl betrauten Generals K16ber durch einen
fanalischen Moslem (14. Juni 1800) dessen Nachfolger in Ägypten ge-
worden war, mußte sich schließlich doch den Engländern ergeben (August
1801).
Doch war bei diesem unsinnigen Unternehmen wenigstens nicht alles
beklagenswert. Gelehrte, Ingenieure, Künstler, ja auch Philologen waren
den Soldaten zugesellt worden (Ägyptologisches Institut), und festgesetzt
hatte sich in Ägypten trotz der Niederlage — der zivilisatorische Einfluß
Frankreichs ! ^ ^
*
In Europa riefen die Direktoriumsmitglieder, die eine zwar weniger
ruhmvolle, aber ebenso angriffslustige Politik als ihr großer Kollege Bona-
parie befolgten, ein neues Völkerbündnis hervor (Zweite Koalition), hatten
sie doch Genf, das zur Schweiz, Mülhausen, das zum Elsaß, und Piemont,
das zu Savoyen gehörte, durch eine einfache Verfügung ihrem Lande einver-
leibt, hatten doch weiter in Rom französische Truppen Papst Pius VI. ver-
trieben, um darauf hier eine römische Republik ausrufen zu lassen, wie ja
auch etwa gleichzeitig auf demselben Wege in Genua eine Ligurische, in
Neapel eine Parthenopäische, in Holland eine Batavische und in der
Die Herrschaft der Wissenschaft. 3 1 5
Schweiz eine Helvetische Republik entstanden waren. Anstatt sich nun
diese neuen Staatswesen frei entwickeln zu lassen, war das Direktorium
gegen sie vielmehr wie gegen eroberte Provinzen vorgegangen und hatte
ihnen Truppen mit den hierbei unvermeidlichen Begleiterscheinungen v/ie
Requisitionen, Konfiskationen, Deportationen und anderen Plackereien auf
den Hals geladen, dermaßen, daß die Franzosen, die einst überall als Be-/
freier begrüßt wurden, sich jetzt als richtige Plünderer erwiesen. Das Ver-,'
fahren Bonapartes hatte Schule gemacht.
In Rußland war Katharina II. gestorben, von hohem Ruhme umstrahlt,
geht doch der _Ruhlii--^ets_mehr nach äußerem Erfolge als nach wahrer
Tugend (17, November 1796). Ihr Sohn Paul (1796 — 1801) hatte sich der j
französischen Republik gleich von vornherein feindlich gezeigt und sich
mit England und Österreich verbunden. So kam die Zweite Koalition zu-
stande (März 1799). Sie empfing gleich zu Anfang ihre Weihe durch den
Mord der französischen Kongreßbevollmächtigten zu Rastatt, ein ebenso
fluchwürdiges wie nutzloses Verbrechen, das den bevorstehenden Krieg in
Frankreich volkstümlich machte.
Doch gleichwohl zeigte sich dieser Krieg für die französischen Heere
zunächst unheilvoll. Da sich die Grenzen seit den letzten Siegen ganz über
alles Maß ausgedehnt hatten, stellten sich die Soldaten trotz aller neuen
Aushebungen ihrer Zahl nach als ganz unzulänglich für den Schutz aller
dieser Grenzen heraus. So mußte im Norden wie im Süden bereits er-
obertes Land wieder aufgegeben werden. Italien ging verloren. Suworow,
ein alter russischer General, der hier niemals anderes als Siege erlebt hatte,
mochte es an der Trebbia oder bei Novi (15. August 1799) sein, drang nun
auch noch in die Schweiz ein, um von hier aus Frankreich zu überfallen. In
Deutschland hatte Erzherzog Karl nach dem Siege bei Stockach Jourdan
wieder über den Rhein zurückgedrängt. Schließlich waren auch noch die
Engländer und Russen in Holland gelandet (August 1799).
Die Lage war gefährlich. Aber Frankreich wurde durch zwei große
Siege gerettet. Massdna vernichtete das Heer Suworows in mehreren
schweren Gefechten bei ZüricTi (25. September 1799). Im Norden zwang
Bruno das vereinigte englisch-russische Heer, das Holland besetzte, bei
Bergen zur Übergabe (19. September 1799). Nun zog der Zar seine Truppen
vom Kriegsschauplatze zurück.
So war Frankreich gar nicht mehr in Gefahr, als Bonaparte heim-
kehrte.
Er wurde mit einer seltenen Begeisterung empfangen, die er sogleich aufs
gewissenloseste auszunutzen verstand. Aber gleichwohl "hätte er bei aller
ll
3' 6 Siebentes Buch,
seiner Beliebtheit den von langer Hand vorbereiteten Staatsstreich nicht
ausführen können, wenn er nicht in der Regierung selbst Stützen gefunden
hätte. Die fünf Mitglieder des Direktoriums waren: Sieyes, ein ebenso
ehrgeiziger wie trotz seiner Ansprüche nur recht mittelmäßiger und ziem-
lich platter Phrasenmacher, ferner Roger-Ducos, Gohier und Moulin, alle
drei solche Nullen, daß über sie nichts weiter zu sagen ist, und schließlich
j '(Barras, ein ebenso ränkesüchtiger wie verschlagener Wüstling, ein ganz
' verächtliches Subjekt. So sah damals die Regierung Frankreichs aus.
* Roger-Ducos, Sieyes und Barras waren Mitwisser Bonapartes. Gohier und
Moulin aber haben ebensowenig vorher etwas gewußt wie nachher, und
das ist ihre einzige Entschuldigung.
Am i8. Brumaire * (9. November) dringt Bonaparte mit seinen Sol-
daten in den Rat der Fünfhundert, um zu erklären, daß eine Verfassungs-
änderung nötig sei. Auf die Empörungsrüfe der Versammlung antwortet
/er mit einer Festnahme der Abgeordneten durch seine Grenadiere. Noch
am Abend läßt er sich neben seinen beiden Helfershelfern (Sieyes und
Roger-Ducos) bis auf weiteres zum Konsul wählen. Das ist der Staats-
i streich vom 18. Brumaire,
' Der 18. Brumaire ist ein verhängnisvolles Datum I Vielleicht das un-
: glücklichste nicht bloß in der Geschichte Frankreichs, nein, in der gesamten
; Weltgeschichte.
/Es handelt sich hierbei nicht etwa um die zehn Millionen junger Leute,
idie Napoleon alsbald zur Befriedigung seines Ehrgeizes auf den Schlacht-
jfeldern opfern sollte. Dieses wirtschaftliche Leid bedeutet wenig neben
all dem von ihm ausgegangenen sittlichen Leide. Erst durch Napoleon ist
Europa das geworden, was es noch heute ist: ein bewaffnetes IKriegslager!
Durch ihn sind die Begriffe der Freiheit und Gerechtigkeit zugrunde ge-
gangen! Durch ihn sollten sich auch die Völker des 19. Jahrhunderts,
anstatt sich für die Eroberung der Wahrheit zu vereinen, gegenseitig zu
Tode zerfleischen, nur, um sich einige Fetzen Landes zu entreißen 1
II. Napoleon.
Der Staatsstreich vom 18. Brumaire (Novemberstaatsstreich) wurde
in Frankreich überall in blindem Freudentaumel gefeiert. Eine auf der Zer-
setzung der Gesellschaft und der allgemeinen Notlage sich aufbauende
allgemeine traurige Ermüdung hatte die schöne Glaubensfreudigkeit des
* Nebelmonat, zweiter Monat der neuen republikanischen Zeitrechnung, mit Ende
Oktober beginnend.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 317
neuen Heldenzeitalters abgelöst. Es war eine allgemeine Charakterlosigkeit
eingerissen. Ganz Frankreich bildete nur noch eine einzige große Masse
von Schmeichlern, die aufs verschwenderischste das Lob ihres Herrn und
Meisters verkündeten und ihm wie einem Gotte mit unwürdigster Selbst-
erniedrigung Weihrauch spendeten; bei einigen wenigen mochte es ja ein
wirkliches Gefühl der Hingezogenheit sein, doch bei anderen war es der
blödeste Schrecken, bei manchen auch Überzeugungssache, bei den meisten
aber ganz gemeine Liebedienereil Ganz gewiß, Napoleon hat die Franzosen
in den tiefsten Abgrund des Verderbens gestürzt. Aber die Franzosen, die
sich dazu hergegeben haben, ihren eigenen Henker in solcher Verehrung
anzubeten, haben ihr Schicksal reichlich verdient und sich ganz allein selbst
die Verantwortung für alle seine Schläge, von denen sie getroffen worden
sind, zuzuschreiben.
Der Erste Konsul ist nun bald alleiniger Herrscher, sind doch die beiden
anderen, der zweite und dritte, nur noch der Form wegen da. Ihre einzige
Befugnis ist noch, die Erlasse ihres Vorgesetzten gegenzuzeichnen als
Beweis ihrer Billigung, und auch dann, wenn sie sie unerwarteterweise
mißbilligen sollten, ist es ihnen nur erlaubt, ihre Mißbilligung zu Protokoll
zu geben.
Zunächst ist Bonaparte Konsul ohne jede Verbindlichkeit in bezug auf
die Amtsdauer, darauf wird ihm diese höchste Würde auf zehn Jahre ver-
längert, nach deren Verlauf er alsdann Konsul auf Lebenszeit wird. Im
Jahre 1804 läßt er sich bereits den Kaisertitel zuerkennen. Doch was tut
die Bezeichnung? Mit dem Tage nach dem 18. Brumaire ist Bonaparte,
so oder so, in Wahrheit der unumschränkte Alleinherrscher Frankreichs,
von dem ausschließlich vor allem auch der Senat bestimmt wird. Die
von unter dem Druck der Präfekten gewählten Wahlmännern bezeichnete
gesetzgebende Versammlung besitzt nur noch einen Schatten ihrer früheren
Macht. Es ersteht eine starke und rührige, gut besoldete Polizei, die sich
mit lästigen Scherereien in die Privatangelegenheiten von solchen Per-
sonen einzudrängen weiß, die nur der geringsten Opposition verdächtig
sind. Die Freiheit der Presse ist jedenfalls tatsächlich, aber auch so gut
wie grundsätzUch unterdrückt. Auf eine einfache Polizeianzeige hin kann
jemand ins Gefängnis kommen, landesverwiesen oder sogar auch straf-
verscbickt werden. Alle von der Regierung ernannten Beamten haben
bei Strafe, selbst bis zur Amtsentsetzung einfach blindlings zu gehorchen,
tmd die übrigen sind wieder ihnen Untertan. Die Universität und die
Geistlichkeit werden von einem Beamtentume regiert, das so stufen-
förmig gegliedert, so streng und so rücksichtslos ist, wie der Stab eines
31 8 Siebentes Buch.
Regiments. Jede auch nur mittelbare Ausstellung irgendwelcher Art an
einem Erlasse des Kaisers wird als Beleidigung, ja geradezu als Gottes-
lästerung angesehen. Kein Lob ist zu hochtrabend, keine Schmeichelei zu
niedrig! Das von Cäsars Nachfolgern auf dem Boden Roms gestiftete
Kaisertum hat hier eine allen Fortschritten moderner Zivilisation ent-
sprechende Entwickelung genommen. Der höfische Despotismus eines
JLudwigs XIV. ist die wahre Wohltat gegenüber der gewalttätigen und will-
kürhchen Tyrannenwirtschaft Napoleons. Wir müssen schon bis auf
AuguKtus oder noch besser auf Tiberius zurückgehen, um einen gleichen
Seelenzustand, sei es in den Sklaven, sei es in ihrem Herrn, zu entdecken.
Aber auch die Tyrannei eines Mannes ist unter Umständen fruchtbar,
wenn sie von einem bedeutenden hellen und klaren Geiste eingegeben ist.
Das Werk Napoleons ist von einer geradezu bewundernswerten Stärke
gewesen. Er hat ein festes und sicheres Finanzsystem, ein gewaltiges Heer
und eine ordentliche Verwaltung geschaffen. Keine unter den Kräften
Frankreichs bleibt unausgenutzt, und alle fügen sich unter der zielbewußten
und sachgemäßen Leitung durch die wahrhaft hexende Hand ihres mäch-
tigen Meisters in guter Ordnung in das Ganze. Die vom Konvent nur als
eine Art erster schüchterner Versuch angestrebte Zentralisierung kommt
jetzt zu ihrer kühnsten Verwirklichung. Das Bürgerliche Gesetzbuch gibt
den gegenseitigen Beziehungen auf privatrechtlichem Gebiete die end-
gültige gesetzliche Gestalt. Wohin man blickt, werden Straßen angelegt,
auch die Wissenschaften werden gefördert und in den Provinzen Museen
gegründet. Neue Gewerbszweige genießen ermutigende Unterstützungen.
Die zahlreichen und mannigfaltigen großzügigen Bestrebungen, an die der
Konvent und die ihm folgende Zweite Nationalversammlung mit rühm-
lichem Eifer herangegangen war, um sie bald ganz liegen zu lassen,
werden sämtlich von der Kaiserlichen Regierung wieder aufgenommen, ver-
vollkommnet und zum letzten Abschluß geführt. Eine mustergültige Ord-
nung folgt der Anarchie und verschafft dem Herrscher ein gefügiges und
machtvolles Werkzeug.
In ganz ähnlicher Weise wie Frankreich, sollten sich auch die Völker,
die sich Napoleon untertänig machte, allen anderen voran Italien und
Holland, aber auch Deutschland und Spanien dieser vorausschauenden und
weitsichtigen Verwaltung unterwerfen, die sich auf alles erstreckte und in
alles mischte. Allein die schweren Leiden, die die napoleonische Fremd-
herrschaft diesen unglücklichen Ländern gebracht hat, haben ganz natür-
licherweise diese gewichtigen Wohltaten in den Hintergrund gedrängt.
Zwischen der Gewaltherrschaft in der Zeit des Konsulats und der in der
Die Herrschaft der Wissenschaft. 31g
Zeit des Kaisertums bestehen nur kleine, kaum merkliche Unterschiede
und lediglich eine Art zarter Abstufungen und Schattierungen. Die einzige
wesentlichere Verschiedenheit beschränkt sich darauf, daß noch unter dem
Konsulat etliche vereinzelte Meutereien und etliche sogleich im Keime er-
stickte Versuche zum Widerstände ausbrechen, während in der Kaiserzeit
auch die nicht mehr vorkommen.
Bonaparte war der unangefochtene Gebieter Frankreichs geworden. Nur
Österreich und England setzten den Krieg noch fort. Die englische
Flotte beherrschte das Weltmeer. Österreich verfügte über zwei gewaltige
Heere von zusammen hundertzwanzigtausend Mann: das eine am Rhein
unter dem Oberbefehl des Freiherrn Kray von Krajowo, das andere in
Italien unter dem des Freiherrn von Melas.
Auf französischer Seite blieb General Moreau weiter an der Spitze des
Rheinheeres mit hunderttausend erprobten Soldaten. Massdna wurde mit
fünfundzwanzigtausend Mann nach Italien geschickt. Der Erste Konsul
jedoch behielt sich persönlich den Oberbefehl über ein zu Dijon in aller
Stille von ihm selbst gesammeltes und unter seiner eigenen Leitung aus-
gebildetes Korps von fünfzigtausend Mann vor.
In Deutschland erfocht Moreau eine Reihe von Siegen (Stockach 3. Mai
1800, Höchstädt und Oberhausen), die so glänzend waren, daß er in
München einzudringen und über ganz Bayern Herr zu werden vermochte
(15. JuU 1800).
Massdna, der nur ein schwaches Heer hatte, sah sich genötigt, sich in
die Mauern Genuas zurückzuziehen, wo er trotz heldenmütiger Verteidigung
schließlich doch die Waffen strecken mußte (4. Juni 1800).
Doch nun führt Bonaparte unter Überwindung ungeahnter und bisher
durch Jahrhunderte nicht gekannter Schwierigkeiten sein Heer über die
Alpen nach Italien, rückt mit ihm in Mailand ein und gewinnt zu Marengo
durch^§_aufapfernde Tätigkeit eines Desaix, der auf dem Schlachtfelde
bleibt, einen großartigen Sieg, der ihm ganz Italien ausliefert (14. Juni 1800).
Kurze Zeit darauf triumphierte Moreau bei Hohenlinden (3. Dezember
1800). Es war dies ein glänzender und entscheidender Sieg, der der vollen-
deten Feldherrnkunst Moreaus und dem Heldenmute seines Heeres zu
verdanken war.
Überall, in Deutschland wie in Italien, völlig aufs Haupt geschlagen,
bat nun Österreich endlich um Frieden (Friede zu Lundville, 9. Februar
320 Siebentes Buch.
i8oi). Die Bedingungen des Friedensschlusses von Campo Formio wurden
auf rechterh alten.
Damit war nun zwar das europäische Festland zur Ruhe gebracht und
unterworfen, aber England setzte auch jetzt noch den Kampf fort. Zar
Paul, der schon seit längerer Zeit der große Freund Frankreichs und
der Bewunderer Bonapartes geworden war, hatte eine sogenannte Liga der
Neutralen ins Leben gerufen, die sich in Wahrheit gegen England richtete
1 (Dänemark, Preußen und Schweden). Dieser Bund blieb ganz wirkungs-
j los, von der- einzigen Tatsache abgesehen, daß um seinetwillen der eng-
I lische Admiral Nelson Kopenhagen beschießen ließ (2. April 1801).
I Aber das englische Volk lechzte nach Frieden. Pitt war gestürzt und
durch Addington ersetzt worden (1801), der einer Annäherung an Frankreich
weniger feindlich gegenüberstand als sein Vorgänger. Im Oktober 1801 be-
gannen Verhandlungen, die mit dem Frieden von Amiens endigten (25. März
1802). England mußte die Neugestaltung Europas ganz so hinnehmen,
wie sie Frankreich geordnet hatte. Außerhalb Europas behielt nur die
Kapkolonie ihre Unabhängigkeit; Ägypten fiel an die Türkei zurück und
Malta an die Malteser Ritter. Von den spanischen Kolonien behielt Eng-
land Trinidad und von den batavischen Ceylon für sich.
Wer weiß, was aus der Wohlfahrt Englands, der Größe Frankreichs,
dem Glücke der Welt und dem Ruhme Napoleons geworden sein würde,
wenn der Friede von Amiens erhalten geblieben wäre! Ahet die Unter-
zeichner des Vertrages hatten den Frieden nur in der ausdrücklichen Ab-
sicht angenommen, seine Bedingungen doch nicht auszuführen. Zu dieser
Einsicht bedurfte es wahrhaftig keiner großen Überlegung!
Die beiden Völker verlangten gebieterisch nach Frieden, aber die beiden
Regierungen noch gebieterischer nach Krieg, dermaßen, daß sie in dem
Zeiträume vom 25. März 1802 bis zum 12. Mai 1803 einen förmlichen Wett-
eifer an Treulosigkeiten zu entfalten schienen. Es kann also unter den bei-
den Regierungen keine herausgegriffen werden, um als alleinige beschuldigt,
noch viel weniger allerdings, um gerechtfertigt zu werden.
Das erste, was geschieht, ist, daß Napoleon die Einverleibung Piemonts
in Frankreich verfügt (11. September 1802). Dann erklärt er seine Bereit-
willigkeit zur Einnahme einer Vermittlerstellung gegenüber der helvetischen
Republik imd versammelt die deutschen Fürsten nach Regensburg, um über
den Besitzanteil jedes einzelnen im Reiche selbstherrlich zu entscheiden
{Reichsdeputationshauptschluß 23. Februar 1803) oder mit anderen Worten,
um bei der Verhandlung über eine Verteilung Deutschlands selbst den Vor-
sitz zu führen.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 321
Auf der anderen Seite ist es hinwiederum England, das sich weigert,
die indischen Städte und die Insel Malta nun auch wirklich abzutreten.
Und, als diese Macht dann treulos allerhand schlechte Ausflüchte gebraucht,
antwortet der Erste Konsul nun wieder seinerseits mit der Ergreifung der
strengsten Zollmaßnahmen, durch die die französischen Häfen für die Ein-
fuhr englischer Güter gesperrt werden. Damals wird England mit einem
wahren Regen von beleidigenden Flugschriften gegen Bonaparte über-
schüttet, und unter Berufung auf ihre Preßfreiheit tut die englische Regie-
rimg nichts, ihr Erscheinen zu verhindern.
Da wurde es schließlich dem Ersten Konsul zu bunt, und er verlangte
erbittert die sofortige Zurückgabe Maltas.
Nun Heß England die französischen und holländischen Schiffe in Be-
schlag nehmen. Vergeltende Gegenmaßregeln ließen nicht auf sich warten,
und alle englischen Untertanen, die sich gerade in Frankreich befanden,
wurden als Gefangene angesehen.
Der Krieg mit England begann von neuem, erbitterter als je zuvor
(12. Mai 1803).
Den erschrockenen Festlandsmächten ersparte nun Napoleon keinen
nur irgend denkbaren Schimpf; gegen den Willen Königs Friedrich Wil-
helm III. von Preußen (1797 — 1840) rückte er in Hannover ein (Juni 1803);
femer bemächtigte er sich des Herzogs^vxm Enghien imd ließ ihn auf
"Grund eines Gerichtsverfahrens erschießen, das weiter nichts als ein ganz
gemeiner Mord war (21. März 1804); endlich verleibte er auch noch Genua
und Ligurien seiner Herrschaft ein (4. Juni 1805) imd ließ sich alsdann
zum König von Italien krönen (15. März 1805).
Mittlerweile hatte er den Titel eines Kaisers der Franzosen angenommen
(18. Mai 1804}. Hierzu hatte er Papst Pius VII. nach Paris geholt und im
feierlichsten Augenblicke der päpstlichen Salbung in der Notre-Dame-
Kirche sich eigenhändig die Kaiserkrone aufgesetzt (2. Dezember 1804).
Napoleon hatte gehofft, auf dem englischen Inselreich einen Landkrieg
führen zu können. Zu diesem Zwecke wurde ein gewaltiges Heer in Bou-
lognc gesammelt, wo '•ein Geschwader von kleinen Schiffen zum Versuch
einer Truppenlandung bereitlag. Es ist schwer zu sagen, wieweit Na-
poleon die Verwirklichung dieses waghalsigen Unternehmens ernstlich an-
gestrebt hat. So unmöglich das wegen der damit verbundenen Fülle von
schier unüberwindlichen Gefahren auch erscheinen mag, so ist es seiner
kein Hindernis kennenden genialen Abenteuerlichkeit schon zuzutrauen I In
jedem Fall blieb das Boulogner Unternehmen in dem Bau einiger Trans-
portschiffe und der Bildung eines gewaltigen Feldlagers stecken.
322 Siebentes Buch.
Wenn nicht furchtbares Unglück hätte heraufbeschworen werden sollen,
wäre zur Ermöglichung der Landung eines Armeekorps in England eine
Flotte nötig gewesen, die das Meer gegen die englischen Kriegsschiffe
zu halten imstande gewesen wärel Aber eine solche Flotte hätte Napoleon
niemals zusammengebracht! So war er denn auch hocherfreut, den anfäng-
lichen Seekrieg bald ganz und gar durch einen Festlandskrieg ersetzen zu
können 1
j In diesem Seekriege nämlich wurde von englischer Seite mit der Schlacht
!am Vorgebirge Trafalgar unweit Cadiz (20. Oktober 1805) das Werk voll-
endet, das mit der Schlacht bei Abukir seinen Anfang genommen hatte,
das Werk der gänzlichen Zerstörung der französischen Flotte, die sich im
Verein mit der spanischen sehr lange wacker gehalten hatte, aber schließ-
lich mit ihr gemeinsam so vollständig vernichtet wurde, daß auch nicht
einmal mehr die geringste Hoffnung auf die Möglichkeit einer Vergeltung
übrigblieb. Der englische Admiral Nelson fand in dieser Schlacht seinen
Heldentod mit der gleichzeitigen Erringung des Sieges, den England nicht
weniger als den Sieg der Schlacht bei Belle-Alliance feiert. Mindestens
für ein Jahrhundert, wenn nicht möglicherweise sogar noch viel länger,
sollte England die einzige Seemacht der Welt bleiben!
Auf dem Festlande bäumte sich Österreich voll Scham und Entrüstung
gegen die vernichtenden Niederlagen und die unheilvollen Friedensverträge
auf. In Rußland war seinem ermordeten Vater Paul Kaiser Alexander I.
(1801 — 1825) auf dem Throne gefolgt, der von ganz anderen Anschauungen
beseelt war als jener. So konnte England ebenso leicht Österreich wie Ruß-
land zu einer Dritten Koalition bestimmen, zu der das Britische Reich, wie
immer, die erforderlichen Geldmittel beschaffen mußte.
Seit dem Sommer des Jahres 1805 hatte Napoleon den neuen Krieg
vorausgesehen. In wenigen Wochen wird Frankreich sowie Deutschland
von dem gesamten Boulogner Heere durchzogen, einem Heere, das von
einem wunderbaren Kriegersinne, von einer glühenden Leidenschaft für
seinen Kaiser und sogar ausnahmsweise noch mehr von Ruhmsucht als
Beutegier beseelt ist. Ehe noch die Russen zu den Österreichern stoßen
können, werden diese schon besiegt. Bis auf den letzten Mann ergibt sich
ihr Heer bei Ulm (19. Oktober 1805), gerade am Vorabend der Schlacht
bei Trafalgar, und Napoleon rückt in Wien ein. Einige Tage darauf wurde
das russische Heer, das bis dahin immer noch nicht gekämpft hatte, nun-
mehr bei Austerlitz vernichtet (2. Dezember 1805). Noch nie in der Welt-
geschichte ist einem so mächtigen militärischen Genie ein so mächtiges,
unwiderstehliches und unbesiegliches Heer dienstbar gewesen!
Die Herrschaft der Wissenschaf t. 323
Nun bat Österreich um Frieden. Es trat Venetien an Italien ab, erkannte
die sämtlichen Einverleibungen Napoleons an und mußte sich die Bildung
des Rheinbundes gefallen lassen. Diesem trat ganz Deutschland mit Aus-
nahme von Preußen bei. Napoleon führte den Vorsitz, d. h. er konnte wie
ein Herr und Gebieter schalten und walten (Friede zu Preßburg 26. De-
zember 1806).
Schon kennt Napoleon für seinen Hochmut und seine Macht keine
Schranken mehr. Für einen seiner Brüder, Joseph, schafft er das König-
reich Neapel, für einen andern, Ludwig, das Königreich Holland.
Doch Rußland setzte den Krieg noch immer fort, wiewohl es sein Heer
bei Austerlitz verloren hatte. Nur Preußen ließ alle jene Siege, von denen
jeder ohne Ausnahme für dasselbe eine Demütigung bedeutete, still-
schweigend über sich ergehen.
Da bat nun auch England, wenn auch nur zum Scheine, um Frieden.
William Pitt war verzweifelt gestorben (23. Januar 1806), konnte er doch
den Tag von Austerlitz, der die Karte Europas so gründhch umgestaltet
hatte, so wenig verwinden, daß er das Eintreffen der Nachricht von dem
schicksalsschweren Ereignis in England nur kurze Zeit überlebte. Fox,
der sein Nachfolger wurde, wünschte den Frieden mit Frankreich aufrichtig.
Aber Napoleon legte auf den Frieden kein Gewicht und zeigte sich in der
hannoverschen Frage unbeugsam. So trugen diese Verhandlungen höch-
stens dazu bei, nun auch noch Preußen in die Koalition hineinzuziehen.
Dieses hatte sich bisher dem Willen Napoleons stets knechtisch gefügt.
Allerdings gab es in Berlin eine Kriegspartei, deren Einfluß in gleichem
Maße mit den übermütigen Forderungen des Kaisers stieg. Zu ihr gehörte
auch die in der Blüte ihrer Jugendkraft stehende und kampfesfreudige
Königin Luise von Preußen, die die einzige Möglichkeit der Rettung ihres
Volkes und Vaterlandes und des Auswegs aus der Schande in einer Ent-
scheidung durch die Schlachten sah. Endhch entschloß sich nun auch
König Priedrich Wilhelm HL zum Handeln, allerdings nur durch die
Kriegspartei bei Hofe und im Heere gedrängt, wenn nicht gezwungen.
Er stellte an Napoleon als unerläßUche Bedingung ihrer weiteren Be-
ziehungen die gebieterische Forderung: vom Rheinbund zurückzutreten.
Das hieß nichts anderes als die Entscheidung für den Krieg (September
1806).
Und dieser Krieg war zermalmend. Schon nach Verlauf eines Monats
rückte Napoleon nach dem glänzenden Doppelsiege bei Jena (durch ihn
selbst) und bei Auerstädt (durch Davout) (14. Oktober 1806) in Berhn ein.
Mit Preußen schien es zu Ende zu gehen!
.924 ^ Siebentes Buch,
Aber noch nicht zu Ende war es mit dem russischen Heerl Es hatte
sich ganz allmählich wieder erholt und wußte sich tapfer zu schlagen. Es
mußte jedoch nach der trotz zweitägiger Dauer ziemlich unentschieden ge-
bliebenen blutigen Schlacht bei Preußisch-Eylau südlich von Königsberg
zurückweichen, obgleich diese im Grunde trotz ihrer Unentschiedenheit
einen Mißerfolg für die Franzosen bedeutete (7. und 8. Februar 1807). E&
war ein entsetzliches Gemetzel, in dem vierzigtausend Mann fielen. Nun
konnten beide Heere vor Erschöpfung den Feldzug erst wieder einige
Monate später aufnehmen. Doch Napoleon siegte jetzt vollständig in der
großen und entscheidenden Schlacht bei Friedland an der Alle, einem
gleichfalls ostpreußischen Städtchen (14. Juni 1807).
Nun bat Zar Alexander um Frieden. Napoleon hatte nicht umsonst
die Stärke des russischen Heeres, wenn auch nur für einen Augenblick,
kennen gelernt, und so suchte er seinen Gegner, anstatt ihn zu vernichten,
sich selbst zum Bundesgenossen zu machen. Der Friede wurde zu Tilsit
unterzeichnet (8, Juli 1807). In der berühmten Zusammenkunft teilten sich
die beiden Herrscher die Welt. Österreich sowie Preußen wurden ausge-
schaltet. Sie galten allein noch als gute Ausbeutungsgegenstände. Die
Provinz Warschau und ein Teil Polens wurde Preußen wieder genommen
und dafür ein Großherzogtum Polen hergestellt mit dem König Friedrich
August I. von Sachsen, dem bisherigen Kurfürsten Friedrich August III.,
an der Spitze. Finnland mußte dem Zaren überlassen werden, ebenso Per-
sien und scheinbar auch die Türkei. Von England aber, dem in seiner
Abgeschlossenheit unbesieglichen,. hofften Napoleon und Alexander als
Herren des europäischen Festlandes, daß es schließlich durch den all-
gemeinen wirtschaftlichen Verfall mürbe werden würde.
So hatte im Juli 1807 Kaiser Napoleon, von seinem wunderbaren Genie
und seinem noch wunderbareren Glücke unterstützt, über seine so zahl-
reichen eigenen Fehler triumphiert, und er hätte nun ruhig abwarten
können !
Aber ein Mann wie Napoleon konnte nicht eher rasten, als bis sein
völliger Zusammenbruch eintrat; er war wie ein Stein, der, in einen Ab-
grund geworfen, erst zu fallen aufhört, wenn er gegen einen Felsen schlägt.
Zunächst wurde er noch von den Ereignissen selbst begünstigt. Eng-
land beging nämlich einen schweren Fehler; es beschoß Kopenhagen, und
zwar im Gegensatz zu allen kriegsrechtlichen Bestimmungen, da Däne-
mark neutral war (5. September 1807). Alexander, der bisher immer noch
gezögert hatte, entschied sich nun für das Bündnis mit Frankreich, um
Die Herrschaft der Wissenschaft. 326
sich sogleich seiner seit dem 21. November 1806 über England verhängten
Festlandsperre (sogenannten Kontinentalsperre) anzuschließen.
Diese so entsetzliche Kriegserfindung hätte England sicher zugrunde
gerichtet, wenn sie in ihrem vollen Umfange hätte durchgeführt werden
können. Der Berliner Erlaß setzt fest, daß kein englisches Schiff
an einem Hafen des Festlandes anlegen dürfe, und daß alle englischen
Güter zu sperren seien. Als Antwort hierauf ordnen die Engländer ihrer-
seits an, daß jedes neutrale Schiff, das an einem englischen Hafen vorbei-
fährt, dort einen Zoll bezahlen muß. Napoleon erklärt nun seinerseits,
daß jedes Fahrzeug, das über sich die englische Besichtigung ergehen ließe
und den Zoll bezahlte, als englisches Schiff angesehen und als feindliches
behandelt werden sollte. Das hieß in der Tat den Handel Europas mit
England, also auch, da dieses auf den Meeren zu gebieten hatte, mit der
gesamten übrigen Welt völlig zugrunde richten. So schienen von nun an
die neutralen Völker ebenso dazu bestimmt, unter dem Kriege zu leiden,
wie die kriegführenden selbst.
Zu schwach, um sich diesem so verhängnisvollen Zwange mit Waffen-
gewalt entgegenzustellen, mußten die neutralen Mächte schon ganz zu-
frieden sein, wenn es ihnen gelang, ihn zu umgehen.
Portugal, dessen Handel fast in seinem gesamten Umfange ein See-
handel war, leistete vor allen übrigen Ländern Widerstand. Napoleon
mußte es zur Vernunft bringen, koste es, was es wolle. Zunächst rückte
ein kleines Heer unter dem Oberbefehl von Junot, ohne einen Schwert-
streich tun zu brauchen, in Lissabon ein, so daß König Johann VL von
Portugal, damals Prinzregent, sich in seiner Bestürzung auf ein englisches
Kriegsschiff flüchtete (1807).
Aber um seinen Heeren die Möglichkeit des Durchzugs durch Spanien
zu verschaffen, hatte Napoleon dem kläglichen Könige dieses Landes,
Karl IV„ als Verbündeten der Franzosen den portugiesischen Thron zu
seinem spanischen hinzuversprechen müssen. Der Ärmste wurde von der
Königin (Maria Luisa) beherrscht, die einen Günstling namens Manuel de
Godoy hatte, der im tiefsten Grunde der Gebieter Spaniens war.
So hatten unter dem Vorwande eines Krieges mit Portugal die fran-
zösischen Heere die ganze Halbinsel besetzt. Murat war in Madrid ein-
gezogen unter Verbreitung des Gerüchtes, daß Karl IV. zugunsten Na-
poleons abgedankt habe. Empört legte die Madrider Bevölkerung hier-
gegen Verwahrung ein (2. Mai 1808). Als nun im ganzen Lande eine Er-
hebung ausbrach, suchte sie Murat durch die blutigsten Strafen zu unter-
drücken, die der spanischen Vaterlandsliebe die schmerzlichsten Wunden
3 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
326 Siebentes Buch.
schlugen. Der Haß war entfesselt, und der Tod von dreihunderttausend
französischen Soldaten war das Lösegeld für das Verbrechen des Dos de
Mayo *.
Karls IV. Sohn, der spätere König Ferdinand VII., der, wenn möglich,
noch verächtlicher als sein edles Elternpaar mitsamt seinem Günstling
war, hatte sich in einem Briefe an Napoleon über seinen eigenen Vater
beklagt. So spielte sich damals zwischen Vater, Sohn, Königin und deren
Liebhaber eine recht dunkle Tragikomödie ab, in die sich Napoleon als
Schiedsrichter einmengte, um selbst eine noch viel widrigere Rolle zu
spielen, als sie schon diese vier widrigen Personen gespielt hatten.
Nachdem der korsische Eroberer teils durch Drohung, teils durch List,
deren er sich abwechselnd bediente, zuerst Karls IV. und gleich hinterher
auch P^rdinands Abdankung erreicht hatte, ließ er seinen Bruder Joseph
Bonaparte zum König von Spanien ausrufen (7. Juli 1808:). Das war
das Zeichen zum Kriege mit Spanien.
Und es wurde ein furchtbarer Krieg! Die Erhebung gegen die fran-
zösische Gewaltherrschaft war eine allgemeine. Es trat in Cadiz eine Junta
nacional ** zusammen, die alle kriegstüchtigen Männer zu den Waffen
rief und England um seine Unterstützung anging. Einige Regimenter des
bisherigen regelrechten königlichen Heeres mischten sich mit den auf-
ständischen Volksmassen, und England half mit Geldbeiträgen.
Gleichwohl gelang es Joseph, seinen Einzug in Madrid zu halten und hier
seine Anerkennung als König bei einer Volksvertretung (Cortes) oder etwas,
was wenigstens so aussah, durchzusetzen (20. Juli 1808). Aber schon acht
Tage später mußte er es verlassen, hatte doch inzwischen ein französisches
Armeekorps unter dem Oberbefehl des Generals Dupont de l'Etang bei
Bayl^n sich mit Mann und Maus ergeben müssen (23. Juli 1808). Es war
der erste schwere Schicksalsschlag, der bisher die kaiserlichen Heere
getroffen hatte. Seit Roßbach hatte Frankreich niemals wieder eine der-
artige Niederlage erlitten. Siebzehntausend Mann hatten vor einer Schar
schlichter Bauern ihre Waffen strecken müssen.
Von diesem Augenblick an ist Napoleons Stern im Erbleichen. Die
Schicksalsschläge sollen den Gott um so furchtbarer treffen, als sie bis-
weilen das Aussehen eines Triumphes annehmen, und bei jeder neuen
schweren Niederlage wie auch bei jedem scheinbaren neuen Siege soll
Napoleon, als ob er sich gar nicht fassen könnte, seine Fehler nur noch
* Spanisch = Zweiter Mai.
** Spanisch = Volksausschuß.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 327
in verstärktem Maße wiederholen, indem er immer von neuem kopfüber
in einer Orgie von Blut und Trümmern untertaucht.
Einen Monat, nachdem sich Dupont bei Bayl6n hatte ergeben müssen,
erfuhr Junot dasselbe Schicksal bei Cintra (30. August 1808); er sah sich
genötigt, vor einem englischen Heere unter dem Oberbefehl von Sir Arthur
Wellesley, dem späteren Lord iWellington, die Waffen zu strecken. Damit
haben die Engländer auch einmal auf dem festen Lande Stellung genom-
men, und sie sollen diese Stellung erst wieder nach der Schlacht bei Belle-
AUiance aufgeben.
Um dem Kriege mit dem kleinen Spanien, der nachgerade lange genug
währte, nunmehr ein möglichst rasches Ende zu machen, rückte jetzt auch
Napoleon selbst, nachdem er sich noch vorher zu Erfurt des nicht ganz
zuverlässigen Bündnisses mit Rußland versichert hatte (27. September
bis 12. Oktober 1808), mit einem Heer von zweihunderttausend Mann in
die Pyrenäenhalbinsel ein, voll zuversichtlichen Vertrauens da, wo seine
Generäle gescheitert wären, selbst um so sicherer das Ziel zu erreichen.
Und in der Tat schien Napoleon schon nach wenigen Wochen die alte
Ordnung in vollem Umfange wiederhergestellt zu haben. Joseph konnte
nun wieder in Madrid einziehen (22. Januar 1809). Ein englisches Armee-
korps mußte zum Rückzug blasen und entkam nur durch schleunige Ein-
schiffung nach La Coruna. Portugal und Andalusien waren allerdings
noch nicht unterworfen, doch würde Napoleon, wenn er nur den Krieg
mit allen seinen Truppen fortgesetzt hätte, auch diesen letzten Wider-
stand ganz gewiß gebrochen haben. Allein bei all seinem Genie war ihm
gleichwohl jene eigensinnige Beharrlichkeit unbekannt, die nicht eher
aufhört, bis sie alle Schwierigkeiten überwunden hat. So nur konnte es
kommen, daß er Spanien schon bald wieder verließ, um statt dessen gegen
Österreich Sturm zu laufen.
Wieder ein neuer heilloser Fehler I In den Schluchten und Tälern der
Pyrenäenhalbinsel sollen sich nun auf Jahre die von Napoleon im Stich
gelassenen französischen Heere verirren, um hier lauter kleine, ganz nutz-
lose und ziemlich ruhmlose Scharmützel zu bestehen I Eine Bevölkerung,
die von leidenschafthcher Feindseligkeit erfüllt ist, Guerilleros *, die Nach-
zügler, wo sie sich nur zeigen mögen, niedermachen und Postwagen und
Trainkolonnen angreifen, englische Soldaten, die hinter ihren Verschan-
zungen unbesieglich sind und von den Häfen aus immer wieder mit frischen
Lebensmitteln versorgt werden, eine Junta, die in Liebe zum Vaterlande
* Freischärler des Kleinkrieges.
3*
328 Siebentes Buch.
erglüht und englisches Gold bekommt, um alle ihre Ausgaben zu bestreiten,
Berge, die im Winter vor Eis starren und im Sommjer vor Hitze dörren,
und demgegenüber zur Überwindung aller dieser feindlichen Mächte:
Generäle, die aufeinander eifersüchtig sind, nur gegen ihren eigenen Willen
einen solchen Krieg führen, ausschließlich die Feldzugspläne ihrer
Kameraden zu durchkreuzen bedacht sind, den Befehlen Widerstand
leisten, vor allem an Plünderung denken und sich über den König von
Spanien lustig machen, jenen armen Joseph, dessen ganze Autorität sich
höchstens noch auf einen Schatten davon bei jenen heißhungrigen Nimmer-
satten von Hidalgos beschränkt, aus denen sein trauriger Hof besteht!
Napoleon hatte bereits an England einen unerbittlichen und schlimmen
Feind gehabt. Jetzt erhebt sich nun auch Spanien weit unerbittlicher
und schlimmer nochl Und vereint sollen alle beide des Kaiserreiches beste
Heere verschlingen!
Zu Erfurt hatte Napoleon Rußlands Mithilfe gewollt, aber ihm dafür
keine ausreichende Entschädigung bieten können. Zar Alexander, der bei
aller Vornehmheit äußerst ländergierig war, erklärte sich von den ihm
gemachten Bedingungen nicht befriedigt. Er hatte bereits Finnland und
die südliche Donaugrenze erlangt, aber er wollte mehr: Konstantinopel
und Polen. Aber auch Napoleon hatte noch immer nicht alle Hoffnung auf-
gegeben, sich in Konstantinopel krönen zu lassen und die beiden Kronen
des ost- und weströmischen Reiches auf seinem Haupte zu vereinen. „Kon-
stantinopel", sagte er wohl, „bedeutet die Herrschaft über die ganze Welt!"
Polen aber wollte er nicht vollständig im Stiche lassen, nicht etwa aus
Dankbarkeit, war ihm doch dieses Gefühl gänzlich fremd, wohl aber, weil
die polnischen Legionen die kühnsten und widerstandsfähigsten seines
Heeres waren. So bekam denn der Zar für Konstantinbpel und Warschau
nur unbestimmte Zusagen, gewährte aber auch dafür seinem furchtbaren
Freunde nur ein Scheinbündnis, das sich als der reinste Hohn heraus-
stellte, und blieb, obwohl er tatsächlich seine Unterstützung versprochen
hatte, Gewehr bei Fuß, ohne sich zu führen, in einer Zeit, wo Frankreich
wieder einmal — es war das im Verlaufe von zwölf Jahren nun schon das
sechste Mal! — gegen Österreich in einem diesmal ihm selbst erklärten
Kriege kämpfen mußte.
Der Feldzug vom Jahre 1809 wurde zum Schlüsse durch einen Sieg
der Franzosen entschieden : den schweren Sieg in der Schlacht bei Wagram
(5. und 6. Juli 1809). Zwar sah Wien den Kaiser der Franzosen wieder,
aber um den Sieg, den Napoleon endlich davongetragen hatte, war doch
von beiden Seiten so heiß gerungen worden, daß der Erfolg dieses Krieges
Die Herrschaft der Wissenschaft. 329
einen Augenblick schwankend schien. _Er_kostete__Ströme von Blut, und
sfiine—Schlachten wurden immer mörderischer. Die Österreicher wendeten
jetzt unter der Leitung eines in seinen Fähigkeiten Napoleon ebenbürtigen
Generals, des Erzherzogs Karl, dieselbe Taktik wie ihr Gegner an. Sie
hatten von Napoleon die Kriegskunst gelernt.
Zu Schönbrunn bei Wien kam der Friede zustande (der sogenannte
Wiener Friede, 14. Oktober 1809). Und hier zeigt sich wieder einmal so
recht die ganze alberne Verworrenheit der Napoleonischen Politik. Na-
poleon hatte doch bei Beginn des Krieges das Bündnis mit Rußland er-
strebt, um nun jetzt mit einem Male dies solange verfolgte Ziel im Stich
zu lassen und sich statt dessen blindlings und unvermittelt in ein Bündnis
mit Österreich zu stürzen.
Aber in diesem Falle hätte er sich doch wenigstens den Kaiser von
Österreich durch ein wenig Großmut verbinden müssen. Allein die Be-
dingungen des Friedens sind so hart, daß es eigenthch unverständlich
ist, wie Napoleon von einem so grausam um seinen Besitz gebrachten
Fürsten noch ein treues Bündnis hat erwarten können. Österreich muß
die Festungswerke der Stadt Wien schleifen, Galizien an das Großherzog-
tum Polen überlassen und Frankreich die Illyrischen Provinzen (Dal-
matien und Kroatien) und seine Länder am Adriatischen Meer (Graf-
schaft Görz, Triest xmd Istrien) abtreten. Zur Entschädigung für seine
Räubereien ging Napoleon auf seine Vermählung mit der Tochter des
Kaisers von Österreich, Marie Luise, ein. Es war das ein unbedeutendes
und zartes junges Mädchen in dem jugendlichen Alter von nur zwanzig
Jahren. Auch hierin lag eine recht empfindliche Kränkung für den Zaren
Alexander, der daran gedacht hatte, dem Kaiser der Franzosen, der sich
nach einer kinderlosen Ehe von Josephine Beauharnais hatte scheiden
lassen, seine eigene jüngere Schwester zur Gemahlin zu geben (April 1810).
Aber diese zusammenhanglose Zickzackpolitik hatte " gleichwohl all-
mählich die Form eines rauschenden und unwiderstehlichen Triumphes
angenommen.
England schickte allerdings noch immer seine siegreiche Flotte unstet
von einem Meer zum andern; Banden von Soldaten und Patrioten hielten
noch immer die Straßen imd Gebirgshöhen von ganz Spanien be-
setzt. Aber das gesamte übrige Europa sah dem schweigend zu, in einer
von Schrecken imd Bewundenmg gemischten Unterwürfigkeit. Frankreich
hatte hundertzehn Departements und achtzig Milhonen Untertanen. Deutsch-
land, die Schweiz,, Polen, Italien und Holland waren nicht viel anderes
als französische Provinzen, die die drückendsten Steuern zahlen und ohne
330 Siebentes Buch.
Unterlaß dem unersättlichen Hunger ihres Herrn neue Soldaten zuführen
mußten I Nirgends wagte sich auch nur ein schüchterner Widerspruch
hervor. Das Geklirre der Sklavenkette und die Stimme des Angebers
waren die beiden einzigen Töne, die man damals noch in Europa vernahm 1
Österreich gedemütigt und verbündet, Preußen ohnmächtig und gefügig
imd Rußland nicht viel anders I Napoleon schien den Gipfel des Ruhmes
und der Macht erreicht zu haben und auch nichts von der Zukunft fürchten
zu brauchen 1
Auch hätte sich der große Kaiser, wenn er nur dne Spur seiner
Vernunft bewahrt hätte, noch lange auf den Höhen der Macht halten
können! Vielleicht hätte er dann auch den Sohn, der ihm soeben ge-
boren worden war (20. März 181 1), unter seinen Augen in den Tuilerien
heranwachsen sehen, ihn, den König von Rom, den Erben der Habsburger
wie der Bonapartes*! Statt dessen verdoppelt er Hoffart und Hochmut,
als ob ein böser Geist von ihm Besitz ergriffen hätte.
Voller eigensinniger Launen duldet er nicht mehr den geringsten Wider-
spruch; wer immer ihm einen solchen zu leisten versucht, möge es sein,
wer es wolle, wird in demselben Augenblick zu seinem Feinde und als
solcher behandelt.
Zunächst ist es Papst Pius VH,, der Heihge Vater, dessen Kirchen-
staaten von französischen Truppen besetzt werden und der als Gefangener
nach Savona abgeführt wird (5. Juli 1809). Verfügungen unterwerfen
die Bischöfe den Präfekten, um sie zu ihren Untergebenen zu machen. Im
Februar 18 10 wird eine sogenannte gallikanische Erklärimg auf Aller-
höchsten Befehl in sämtlichen Kirchen des Kaiserreiches verlesen. Zur Ver-
öffentlichung kommt ein Katechismus, in dem der Ungehorsam gegen die
kaiserlichen Gesetze als Todsünde betrachtet wird. Der Kaiser hat sogar
die sonderbare Anmaßung, zu einer Durchsicht der geltenden päpstlichen
Entscheidungen ein Konzil nach Paris zu berufen (17. Juni 181 1).
Als sein Bruder, der König Ludwig von Holland, gewisse Anwandlungen
von Unabhängigkeitsgelüsten gezeigt hat, muß er abdanken (i. Juü 18 10),
und auch Holland wird in das französische Kaiserreich aufgenommen.
Als weiter sein anderer Bruder, der König Joseph von Spanien, sich
einige schüchterne Bemerkungen erlaubt hat, mit denen er sich über die
von den französischen Offizieren schriftlich niedergelegten Forderungen
zu beschweren beabsichtigt, antwortet ihm Napoleon barsch und verfügt,
daß Spanien fürderhin in Provinzen aufzuteilen sei, deren jede einem
* Edmond Rostand hat ihn zum Helden seines Dramas Aiglon (Adler) gemacht.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 33 1
französischen General zu unterstehen habe, der keinem anderen als allein
dem Kaiser verantwortlich sein solle.
Noch ein anderer Bruder Napoleons, König J6r6me von Westfalen,
muß es ruhig mitansehen, wie ein Teil seines Königreiches zugleich mit dem
Großherzogtum Berg einfach dem französischen Kaiserreich einverleibt
wird (18. Februar 181 1). Auch die drei deutschen Hansastädte werden
einverleibt unter dem nichtigen Vorwande, daß sie nicht genug Eifer im
Betriebe der Kontinentalsperre entfalteten.
Für die Einverleibung war eben jeder Vorwand recht. So wurde Etrurien
gar einverleibt, weil durch seine Wegnahme angeblich die Gestalt der
italienischen Halbinsel an Gleichmäßigkeit gewönne.
Seine letzte, noch unverzeihlichere Einverleibung war die des Groß-
herzogtums Oldenburg (18. Februar 181 1). Das Gebiet war nicht gerade
umfänglich und die Erwerbung von nicht allzu großem Werte, aber es
ergaben sich die ernstesten Folgen daraus. Der Großherzog von Oldenburg
hatte nämlich eine Schwester des Zaren Alexander geheiratet, und nun
betrachtete der Zar diesen Raub als eine persönliche Beleidigung.
Auf solche Weise erstrebte Napoleon ein Bündnis mit Alexander, ohne
ihm jedoch irgendeins von den erbetenen Zugeständnissen machen zu
wollen, mochte es mm das Polen oder das die Kontinentalsperre oder
das Konstantinopel angehende sein. Und da wagte er es, seinem an sich
schon in so befehlendem Tone gehaltenen Verlangen noch derartige
unnütze Herausforderimgen hinzuzufügen! Er hatte nie für die ritterliche
und schwärmerische Veranlagung Alexanders Verständnis gezeigt und
so auch nicht erkannt, daß der Zar leichter eine Schädigung seiner Inter-
essen als eine Beleidigung seiner Empfindlichkeit verzeihen würde.
Aber, wie Napoleon selbst sagte, der Krieg war nun einmal sein Element.
So nahm er denn nun auch den Kampf mit Rußland freudig und ver-
trauensvoll auf. Er war als Triumphator in Kairo, Wien, Berhn, Mailand
und Madrid eingezogen. Da wollte er es auch in Moskau! Noch einmal
mußte er die Welt in Erstaunen setzen!
Alexanders Politik bewährte sich jetzt als eine recht geschickte. Durch
den Frieden von Tilsit war ihm vollkommen freie Hand für den Versuch
einer Einnahme Finnlands geworden, und er machte von dieser Vollmacht
ebenso bedenkenlos Gebrauch, wie sie ihm von Napoleon erteilt worden war.
Aber damit, daß Alexander Herr von Finnland wurde, wurde er nicht
etwa zugleich der Feind Schwedens. Der alte und kinderlose König
Karl XIII. von Schweden hatte nämlich beschlossen, sich einen gesetz-
mäßigen Erben und Thronfolger anzunehmen. Ein Reichstag wurde
332 Siebentes Buch.
berufen, und die Wahl fiel, man weiß nicht recht, warum, auf einen der
Marschälle Napoleons, einen tapferen Soldaten, reich an Verstand, doch
arm an Charakter, Bernadotte, der als Schwedens König nicht nur seine
eigene Zugehörigkeit zu Frankreich, sondern auch die Finnlands zu
Schweden schnell vergessen und sich, anstatt Finnland zu verteidigen,
alsbald mit seinem Eroberer, dem Zaren, verbündet hatte (5. April 181 2).
I^ach dem Freundschaftsbündnis mit Schweden sicherte sich Alexander
nun auch ein gleiches mit der Türkei. Es geschah dies durch den Vertrag
von Bukarest (18. Juni 181 2). Alle Kräfte des russischen Reiches konnten
sich nun gegen den einen drohenden Feind wenden.
Preußen und Österreich sahen diesem riesenhaften Ringen untätig in
stillem Entsetzen zu.
Es war eine Völkerwanderung, die überall Grauen erregte. Vor dem
Übergang über den N Jemen am 23. Juni hatte sich an diesem Flusse ein
Riesenheer zusammengefunden (sechshundertachtundsiebzigtausend Mann,
von denen dreihundertsechsundfünfzigtausend Franzosen und dreihundert-
zweiundzwanzigtausend Verbündete waren). Wohl noch niemals seit Xerxes
und Attila war eine derartige Kriegsmacht in der Hand eines einzigen
Mannes vereinigt gewesen. Das war wirklich die ^firoße Armee'' I Es
wurden in ihr alle Sprachen gesprochen: Deutsch, Italienisch, Polnisch,
Holländisch. Aber diese ausländischen Soldaten, die eine unbarmherzige
Ausschreibung unter die französische Fahne schleppte, waren wenig ge-
schult, wenig an Manneszucht gewöhnt, dagegen zu Fahnenflucht und
Plünderung geneigt.
Die besten waren noch immer die Polen. Doch, sei es, um nicht unnütze
Volkserregungen hervorzurufen, vor denen er sogar in einem Lande
wie Polen ein Grauen empfand, oder vielleicht auch, um sich nicht die
Preußen oder auch die Österreicher noch mehr zu entfremden, hatte
Napoleon, stets unberechenbar, wie er war, nicht den Mut gehabt, das
alte Königreich Polen in seinem ungeschmälerten ursprünglichen Bestände
wiederherzustellen und damit der polnischen Vaterlandsliebe ihre ganze
einstige glühende Leidenschaft wiederzugeben. Und doch wäre ein begei-
stertes Polen, das er bis auf den letzten Mann gegen den alten Erbfeind
Rußland ins Feld geschickt hätte, ein ungemein nützlicher Bundesgenosse
geworden 1 I
Die russischen Truppen übten zunächst die Vorsicht, sich vor dem
Anmarsch der Feinde zurückzuziehen, ohne ihrerseits den Kampf heraus-
zufordern. Die Große Armee schwächte sich umgekehrt, ohne irgendeine
Schlacht zu liefern, durch diesen bloßen Anmarsch, In den wenigen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 333
Sommerwochen vom 23. Juni bis zum 14, August, d. h. vom Übergang
über den Njemen bis zur Ankunft vor Smolensk, waren bereits durch
Seuchen, Krankheiten, Fahnenfluchtversuche, unbedeutendere Vorhut-
gefechte hundertfünfzigtausend Menschen dahingerafft worden.
Bei Smolensk wäre es noch Zeit gewesen, einzuhalten, ehe man sich
in die Tiefen des weiten Reiches verlor. Aber einhalten, das hieß ja auf
den Sieg verzichten, und Napoleon glaubte trotz allem zuverlässig an
den Sieg. So marschierte er weiter auf Moskau zu.
Am 7. September stießen das russische und das französische Heer an
der Moskwa aufeinander. Die Schlacht war wahnsinnig erbittert, eines
der blutigsten unter den damaligen an Menschenschlächtereien so reichen
Kriegsdramen. Es blieben Napoleon noch nicht hunderttausend Mann.
Dieser furchtbare Verlust bildete den Wucherpreis in des Wortes ver-
wegenster Bedeutung, um den Napoleon seinen alten phantastischen Traum
verwirklichen und. seinen Einzug in die Mauern Moskaus halten konnte
(14. September).
Aber Moskau zeigte nicht die Knechtseligkeit von Berlin und Wien.
Die Bewohner hatten ihre Häuser verlassen, die Armen ihre Hütten und
die Vornehmen ihre Schlösser. Der heldenmütige Gouverneur der Stadt
Rostoptschin hatte angeordnet, sie in Brand zu stecken, und er selbst legte
das erste Feuer an seinen eigenen Palast an.
Es war kaum ein paar Stunden seit Napoleons Einquartierung, da
schlugen schon die Flammen über den Dächern zusammen und zerstörten
die unermeßlichen Lebensmittel Vorräte ; der Sieger fand sein Grab in
seinem eigenen Siege.
"Zwar tiätte TJapoleon auch bisher schon mancherlei Fehler begangen,
doch noch niemals bis zu diesem Tage hatten sie auf militärischem Gebiete
gelegen. Von jetzt ab aber sollten,, als ob sich mit einem Male sein Genie
zu erschöpfen anfinge, auch noch die strategischen Verstöße zu seinen
staatsmännischen Fehlern und Sünden hinzukommen. Am 15. September
181 2 war er vor die Entscheidimg gestellt: entweder den ganzen Winter
über in Moskau zu bleiben oder im AugenbHck den Rückzug anzutreten.
Aber er schwankte zwischen den beiden Entschlüssen hin und her, um
schließlich die Entscheidung doch wieder hinauszuschieben. Erst am
19. Oktober entschloß er sich, nachdem er in den Zwischentagen die un-
sinnigsten Pläne in seiner Seele hin und her erwogen hatte, schweren
Herzens dazu, seine Eroberung preiszugeben und auf demselben Wege,
auf dem er hergekommen war, zurückzukehren. So hatte er einen Monat
in Untätigkeit verloren, und nun war es selbst für die Flucht zu spät.
334 Siebentes Buch.
Am 19. Oktober verließ die auf noch nicht hunderttausend, vielfach
nur halbtaugliche Krieger herabgesunkene, einst so stolze Große Armee
Moskau, unter Zurücklassung ihrer Kranken und Verwundeten. Vor sich
ein russisches Heer, das im Notfalle stets zu entschwinden wußte, um
gleich hinterher immer wieder aufzutauchen und die auf dem Rückzug
Befindlichen dauernd zu beunruhigen, vor sich die unendliche Schneefläche,
die ein vorzeitiger und entsetzlicher Winter für den Verkehr geradezu
unmöglich machte I
Der Rückzug der Großen Armee ist eines jener furchtbaren Welt-
gerichte, die man der heranwachsenden Jugend erzählen und immer wieder
erzählen sollte, um ihr einen unauslöschlichen Haß gegen Krieg und länder-
gierige Eroberer jedesmal tiefer in die Seele zu pflanzen!
Keine Lebensmittel, keine Pferde mehrl Eine schreckliche Kälte und
kein Schutzdach ! Die Wege sind mit Leichen und Trümmern bezeichnet !
Und in all diesem Hunger und dieser Not gilt es, sich noch gegen die
Kosaken Kutusows zu verteidigen. Von den hunderttausend Mann, die
aus Moskau aufgebrochen waren, kamen nicht mehr als fünfzigtausend
auch nur bis Smolensk, wo sie wieder nichts fanden. Dann ging die Tem-
peratur noch weiter herunter. An zehntausend erlagen den furchtbaren
Strapazen, und beim Übergang über die Beresina fanden zwanzigtausend
als Opfer des Frostes oder der feindlichen Kugeln ihr Grab (26. — 29. No-
vember).
Als am 12. Dezember die letzten kläglichen Reste der einstigen Großen
Armee wieder über den Njemen zurückkehrten, waren es nur noch einige
wenige spärliche Trümmer: achtzehntausend abgemagerte, blutleere
Schatten, die sich stieren Blickes mit Mühe dahinschleppten und nur dazu
da zu sein schienen, um den entsetzlichen Zusammenbruch in einer Gestalt
zur Anschauung zu bringen, die so grauenhaft wirkte, wie es selbst der
Tod nicht vermag!
Aber Napoleon war nicht mehr bei ihnen. Er hatte sie, wie ihm das
so recht ähnlich sah, schnöde im Stich gelassen und sich für sich allein
in raschem Schlitten auf die Heimreise nach Paris gemacht, um einen neuen
Feldzug vorzubereiten (5. Dezember 1812). „Die Gesundheit Sr. Majestät
sei niemals besser gewesen", so hieß es am Schluß des berühmten Bulletins
vom 3. Dezember, in dem ihm nichts übrig geblieben war, als den völligen
Untergang seiner Großen Armee mehr oder weniger gewunden eingestehen
zu müssen. Doch auch dieses Unglück war noch nicht imstande, Napoleons
unerschöpfliche Tatkraft irgendwie zu lähmen und ihn mürbe oder müde
werden zu lassen.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 336
Aber das französische Volk fing jetzt ganz langsam und unmerklich an,
dieser verhängnisvollen Ruhmesherrlichkeit müde zu werden. Doch zunächst
stimmte noch der Senat für alles nur Erdenkliche, was immer der
Herr und Gebieter verlangen konnte, ob es sich nun um neue Rekruten oder
um neue Steuererhebungen handeln mochte. Da alle nur einigermaßen
tauglichen Männer ins Heer getreten waren^ lagen die Felder brach und die
Fluren verödet. Nur auf diese Weise wurde es ermöglicht, ein neues Heer
von fünfhunderttausend Mann auszuheben, die allerdings zum größten
Teil fast noch im Kindesalter standen 1 In alten Zeiten wurden zu
Karthago in den Tagen großer Heimsuchungen eben erst neu Geborene
in den Rachen eines gewaltigen bronzenen Molochs geworfen, der von der
in ihm entfachten Ofenhitze rot glühte, Frankreich hat in jenen Tagen
diesen Opferdienst erneuert und die eigenen Kinder dem von ihm ver-
ehrten Gotte Napoleon zum Schlachtopfer gebracht.
Es war die Zeit, wo sich Deutschland wieder zu erheben begann. Die
bis dahin stets so gehorsamen Preußen wurden jetzt mit einem Male von
einem kriegerischen Feuer ergriffen, das durch die nunmehrige große
Niederlage des Unterdrückers nur noch stärker angefacht wurde. Die
deutsche Jugend, in der ein bisher an ihr unbekanntes vaterländisches
Gefühl erwacht war, ließ herzerhebende Kriegsgesänge, die aus der Feder
zeitgenössischer Dichter, wie eines Theodor Körner, flössen, ertönen und
griff überall zum Schwerte. Die große Flamme nationaler Begeisterung,
die das Jahr 1793 in Frankreich entzündet hatte, verzehrte heute Deutsch-
land in Feindschaft gegen Frankreich. Auch der König von Preußen
mußte der öffentlichen Meinung nachgeben und ein Bündnis mit Ruß-
land schließen.
Auf der Pyrenäenhalbinsel hatten nach einigen in die Augen springenden
Erfolgen die französischen Truppen langsam vor Wellington und den
Spaniern zurückweichen müssen. Massena, Soult und Suchet hatten durch
ihre Zwiespältigkeiten dem vereinigten Heere der Engländer und Spanier
den Sieg außerordentlich erleichtert. Im Jahre 181 1 war Massena aus
Portugal, im Jahre 181 2 Soult aus Andalusien und schließUch im März
1813 nun auch noch der klägliche König Joseph aus Madrid abgezogen.
Dieser versuchte mit den ihm übriggebliebenen Truppen nach Frankreich
zurückzugelangen. Aber noch auf dem Rückzuge befindlich wurde er bei
Vittoria geschlagen (21. Juni 1813). Über die Bidassoa* zurückgedrängt,
mußte nun auch noch das Heer der Franzosen zum größten Teile das Land
* Bekannt als Grenzflüßchen zwischen Spanien und Frankreich.
336 Siebentes Buch.
räumen; Spanien war für Frankreich ein für allemal verloren, ja es ging
sogar noch zum Angriff gegen den in Spanien verbliebenen Rest der fran-
zösischen Truppen über.
Nun blieb immer noch Österreich, das Napoleon sich durch seine neue
Eheschließung zum Verbündeten hatte gewinnen wollen. Aber der eigent-
liche Herrscher von Österreich war damals gar nicht der Kaiser, sondern der
leitende Minister Fürst von Metternich, ein der französischen Macht sehr
feindlich gesinnter, ebenso schamloser wie befähigter Diplomat. Trotz dieser
Feindseligkeit machte dieser Staatsmann gleichwohl einen ganz ehrlichen
Versuch, mit dem erlauchten Schwiegersohne seines Herrschers ein paar ver-
nünftige Worte zu sprechen. Es war das zu Dresden, wo er Napoleon eine
Vermittlung Österreichs zwischen seinen Verbündeten und Frankreich vor-
schlug; freilich verlangte er dafür zum Entgelt die Räumung Hollands,
der Schweiz, Italiens und Deutschlands, doch so, daß Frankreich seine
bisherigen Rheingrenzen behalten sollte.
Damals hat Napoleon seinen letzten und schwersten Fehler begangen,
mit dem sich keiner seiner zahllosen früheren auch nur im entferntesten
vergleichen läßt. Er wies Metternichs Vorschläge ab, hatte er doch noch
eben zwei Schlachten gewonnen, die eine bei dem südlich von dem durch
den Sieg und Tod Gustav Adolfs denkwürdigen Städtchen Lützen ge-
legenen Dorfe Großgörschen * (2. Mai 1813), die andere bei Bautzen
(20. und 21. Mai 1813).^ Wie ein Spieler, der immer wieder einen letzten
Einsatz wagt, um die bisherigen hohen Verluste wieder auszugleichen, so gab
auch er sich immer wieder den tollsten Selbsttäuschungen über die Wahr-
scheinlichkeit, doch noch zu gewinnen, hin. Trotz aller schwerer Heim-
suchungen hatte er noch nicht den Teufel des Hochmuts aufgegeben. Er
j schien offenbar zu vergessen, daß bereits eine Million seiner besten Soldaten
' dahingegangen seien, daß unter seinen Generalen der ihm so nahe stehende
Murat, der beinahe so käuflich wie stumpfsinnig war, vielleicht schon auf
Abfall sinne, daß Bernadotte anstatt der französischen Heere vielmehr die
feindlichen befehlige, daß Desaix, Kleber, Lannes, Veyssieres, Rapp, Gudin,
Duroc nun auch schon alle dahin seien, und vor allem, daß er in diesem
furchtbarsten aller seiner Kämpfe, den er gegen die gewaltigste Koahtion
zu bestehen haben sollte, die ihm bisher jemals gegenübergetreten war,
einesteils nur über ausländische Truppen verfüge, die jeden Augenblick
* Von den Franzosen wird auch diese Schlacht, nicht anders als die große
Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, „Schlacht bei Lützen" genannt.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 33^
zum Verrate bereit seien, und andernteils von französischen Truppen aus-
schließlich über solche, die allein aus milchbärtigen Rekruten beständen.
Und doch erfolgte schon so bald das entscheidende Ereignis : die blutige,
volle drei Tage währende Völkerschlacht bei Leipzig, die mit einem end-
gültigen Sieg über den Korsen schloß (16., 18. und 19. Oktober 181 3),
und in der hundertdreißigtausend Mann fielen. Die Schlachten werden
immer wilder und die Kriegsfurie immer wütender.
Unter dem Geschützdonner von Leipzig stürzte das Riesengebäude,
das Napoleon mit so vielen Opfern aufgebaut hatte, überall in Trümmer
zusammen.
Nach Süden waren die Engländer unter Wellington bis nach Frankreich
vorgedrungen und mit der Belagerung von Bayonne beschäftigt (November
1813). Im Norden waren sie in Holland eingerückt, um* hier eine vorläufige
Statthalterschaft einzuführen.
Ganz Italien war in Aufruhr. Prinz Eugen hatte nur ein kleines Heer,
mit dem er dem vereinigten Ansturm der von Norden vorrückenden
Österreicher, der über Venedig kommenden Engländer und des von Süden
vorrückenden Murat, der den Verbündeten das neapolitanische Heer zu
Hilfe zuführte, zu begegnen hatte. Der Rheinbund aber löste sich als
solcher auf, um sich mit seinen einzelnen Staaten der deutschen Gesamtheit
anzuschließen. Die Sachsen waren bereits in Leipzig während des Verlaufs
der Schlacht zu den Verbündeten übergetreten; auch die Bayern, Württem-
berger und Hessen schlössen sich der deutschen Volksgemeinschaft an; das
bis dahin zerstückelte und gespaltene Deutschland begann jetzt ein einheit-
liches Volk werden zu wollen. Der leichtsinnige König Jerome von West-
falen, Napoleons jüngster Bruder, mußte seine in den Aufstand getretenen
Staaten als Flüchtling verlassen, und Österreich verband die eigene Sache
rückhaltlos mit der der übrigen Fürsten.
Es blieb Napoleon nun nur noch Frankreich, jenes arm'e Frankreich, das
er selbst zugrunde gerichtet, durch Schrecken regiert und zur Ader
gelassen hatte.
In Frankfurt zum Staatsrat versammelt, richteten die Verbündeten
an Napoleon neue Friedensvorschläge, die im wesentlichen mit den bereits
in Dresden gemachten übereinstimmten (25. November 1813). Daß sie
aufrichtig waren, verschlug ebensowenig wie damals; Napoleon wies sie
auch diesmal zurück oder verhielt sich zum mindesten abwartend. Als
erst nach Verstreichung einer Reihe von Tagen des Kaisers Antwort ein-
lief, erklärte Metternich, daß es nun zu spät sei, und die Koalition gab die
Erklärung ab: „Frankreich den Frieden und Napoleon den Krieg!"
338 Siebentes Buch.
Nun aber konnte ein Krieg mit Napoleon unmöglich etwas anderes als
den Einmarsch in Frankreich bedeuten, einen Einmarsch, der natürlich
von der grausamsten Erbitterung begleitet war, konnten doch jetzt endlich
diese Preußen, Österreicher und Russen mit dem Betreten des französischen
Bodens für all die furchtbaren Nöte, Demütigungen und Schrecken, die
sie nun schon ganze zehn Jahre lang hatten erdulden müssen, ihre Rache
nehmen 1 Ja, Haß muß immer wieder Haß, und Blut immer wieder Blut
heraufbeschwören! Die Franzosen konnten sich jetzt bei Napoleon be-
danken, wenn sie nun auch ihrerseits erfahren mußten, wie schwer jene
Massenaufgebote von Truppen, Einäscherungen von Dörfern, Plünderungs-
züge von Reitern und gesetzwidrige Strafvollstreckungen vollgetrunkener
Soldatenschinder auf den Völkern lasten mochten ! Bei solchen Einmärschen
stellt sich die angebliche Schönheit des Krieges in einem recht traurigen
Lichte darl 1
Dem ihn von allen Seiten umstellenden Feinde die Stirne bieten zu
können, einem Bernadotte im Norden, einem Blücher in der Champagne,
einem Schwarzenberg in Burgund, hatte Napoleon ein Heer von nur fünfzig-
tausend Mann, und dabei waren die Rüstkammern leer, und es entzogen
sich von den Ausgeschriebenen mehr als sich stellten! Bei dieser allge-
meinen Müdigkeit wagte nun auch die gesetzgebende Körperschaft, die
bisher nichts als elendeste Knechtseligkeit gezeigt hatte, angesichts der
französischen Niederlagen endlich wieder einmal einigen Unabhängigkeits-
sinn zu betätigen.
Aber Napoleon flößte den Verbündeten noch immer so viel Schrecken
ein, daß sie nun abermals Friedensvorschläge machten (Friedenskongreß
zu Chätillon 4. Februar bis 19. März 18 14). Sie waren jetzt allerdings
schon anspruchsvoller als in Frankfurt und verlangten Frankreichs Be-
schränkung auf die Grenzen von 1792. Der Friedenskongreß konnte seiner
ganzen Natur nach nur eine gewisse Komödie sein; denn es unterlag ja
wohl von vornherein kaum einem Zweifel, daß sich die Verbündeten doch
einmal entschließen müßten, mit jenem abenteuerlichen Krieger, der sie
auch nun schon wieder wie die ganzen Jahre so hart mitgenommen
hatte, noch eine letzte gründliche Abrechnung zu halten. So befreite sie
Napoleon nur aus einer gewissen Verlegenheit, als er die Vorschläge von
Chätillon zurückwies.
Napoleon glaubte noch immer an seinen Stern und sein Genie. „Ich
bin Wien näher," sprach er, „als sie Paris sind!", und in der Tat gelang es
ihm, durch außerordentliche Kühnheit und Wunder der Feldherrnkunst
mit seinem so kleinen Heere einige blutige, aber glänzende Siege davon-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 339
zutragen, indem er sich bald auf Blücher, bald auf Schwarzenberg warf,
um es schließlich, durch die Übermacht erdrückt, doch nicht verhindern
zu können, daß die Verbündeten Paris einschlössen (28. März 181 4).
Paris war damals eine offene Stadt, aber gleichwohl verteidigte sie
sich. Es fand eine richtige, höchst blutige Schlacht statt. Die National-
gardisten (Bürgerwehrmänner), ja die Arbeiter verbanden sich mit den
zehntausend Soldaten von Marmont, und nun leisteten sie einen ganzen
Tag lang (30. März) den hunderttausend Mann des verbündeten Heeres
Widerstand. Am 31. März hielten der König von Preußen und der Zar
ihren Einzug in Paris.
Der Despotismus des Kaisers hatte auch bei den eigenen Landeskindern
einen solchen Berg von Jammer erregt, daß der Schluß dieses leider nur
allzu langen Trauerspiels von der ungeheuren Mehrheit der Pariser Be-
völkerung mit dem Gefühle tiefer Erleichterung aufgenommen wurde.
Die Royalisten wurden von Talleyrand unterstützt, der bisher der Minister
Napoleons gewesen war und ihn jetzt selbst verriet, wie er jdnst die
Republik verraten hatte, doch so, daß der so schlaue, in allen Ränken er-
fahrene Staatsmann es mit einer wahren Meisterschaft verstand, den Namen
der Bourbonen zu verschweigen. Doch zunächst wünschte der Zar die
Abdankung Napoleons mit der Regentschaft des Königs von Rom. Bis
zur festen Entschlußfassung wurde nun mal erst Napoleons Abdankimg
abgewartet. Für jeden Fall sprach der Senat und die gesetzgebende Körper-
Schaft ohne weitere Erörterung seine Absetzung aus und verkündete eine
vorläufige Regierung.
Napoleon hatte noch immer ein Heer von sechzigtausend Mann in
der nächsten Nähe von Paris, zu Fontainebleau. In seiijer Selbstverblen-
dung wollte er die Wirklichkeit nicht sehen, die ihn in ihre eisernen Fesseln
schloß, und sprach er noch immer von weiteren Menschenopfern und der
Fortsetzung eines doch nur unfruchtbaren Kampfes gegen die vierhundert-
tausend Mann des Koalitionsheeres. Ihm fehlte völlig die Fassungskraft
für seine Ohnmacht. Doch die Marschälle seiner Umgebung, die allmähHch
des Krieges müde geworden waren, wie Ney, Berthier, Oudinot, Macdonald,
Lefevre, beschworen ihn, nachzugeben. Lange widerstand er. Aber in der
Erkenntnis, daß er jetzt doch ganz allein stünde, entschloß er sich zuletzt
gleichwohl zur Abdankung (11. April 181 4), und zwar zugunsten seines
Sohnes, des Königs von Rom, die aber die Verbündeten in dieser Gestalt
nun nicht mehr annahmen. Sie kamen vielmehr überein, die Bourbonen
zurückzurufen und Napoleon nach der Insel Elba zu schicken, über die er
jetzt die Oberherrlichkeit mit dem höhnischen Titel eines Fürsten von
34o Siebentes Buch.
Elba erhielt, damit er gewissermaßen nicht um alle Fürstenherrlichkeit
gekommen -sei.
Am 20. April 181 4 nahm der Kaiser von seinem Heere im Schloßhofe
zu Fontainebleau Abschied. Während der schmerzlichen Reise, zu der er
sich nun anschickte, um sich in sein neues Fürstentum zu begeben, hatten
die ihn begleitenden Offiziere der fremden Mächte die größte Mühe, ihn
vor den feigsten Wutausbrüchen des französischen Pöbels zu schützen,
und es gibt vielleicht für die Vergänglichkeit alles Irdischen kein furcht-
bareres Sinnbild, als den traurigen Anblick des einst so vergötterten Na-
poleon, der sich jetzt in seinem eigenen Lande unter den Federbusch eines
österreichischen Offiziers flüchten muß.
Die verbündeten Monarchen verabscheuten zwar auch Napoleon, doch
noch weit mehr die Republik. In dem Augenblick aber, wo sie weder
von Napoleon noch von der Republik etwas wissen wollten, bestand die
einzig mögliche Lösung in der Rückberufung der Bourbonen. Gewiß, diese
Dynastie wurzelte wahrlich nicht tief in den Herzen des französischen
Volkes und genoß wirklich nicht dessen besondere Zuneigung. Aber
andererseits ist noch jede neue Regierung, zum mindesten für die ersten
Tage, einiger Volkstümlichkeit sicher gewesen. Es war ein Bruder Lud-
wigs XVI., der Graf der Provence, der jetzt auf Grund des den verbündeten
Herrschern und nun auch Talleyrand, dem durchtriebenen Anstifter aller
dieser Ränke, so teuren Prinzips der erblichen Monarchie auf den Thron
berufen wurde. Mit einer den Tatsachen widersprechenden willkürlichen
Annahme, .als ob das nur zehn Jahre alt gewordene, in der Gefängniszelle
des Pariser Tempelturmes elend zugrunde gegangene unglückliche Söhnlein
Ludwigs XVI. unter dem Namen eines Ludwig XVII. wirkhch regiert hätte,
nahm der neue König den Namen Ludwig XVIII. an.
Ludwig entbehrte jedweden Glanzes, wie ihn andere Könige um sich
verbreiten können. In seiner kleinen Gestalt, seiner Wohlbeleibtheit,
seiner Gicht, seiner gutmütigen Art, mit den Leuten zu verkehren, sah er
gar nicht nach einem Militär oder König aus. Aber er hatte Geist, Würde
und Urteil und zeigte mehr Verständnis für die politische Auffassungs-
weise, wie sie bei den Franzosen im Jahre 181 4 herrschte, als jene adligen
Emigranten, die seinen Hofstaat bildeten.
In jener kurzen Frist (26. April 1814 bis 19. März 1815) von nicht ganz
einei^ Jahre, die von der ersten Wiederherstellung der Königsherrschaft
bis zu dem Anbruch der Herrschaft der Hundert Tage verstrich, bekam
Die Herrschaft der Wissenschaft. 341
er es bei aller seiner Umsicht gleichwohl fertig, sich nach Abschluß
des Friedens (sogen. Erster Pariser Friede) allmählich so ziemlich
bei allen Parteien gleich mißliebig zu machen. Als ihm nichts übrig
blieb, als die parlamentarische Regierungsform zu bewilligen, reizte
er die strengen Royalisten; als er aber behauptete, daß die Verfassungs-
urkunde (Charte constitutionnelle) dem Volke aufgezwungen worden sei^
reizte er hinwiederum die Liberalen. Die gleichzeitig mit ihm und, wie er,
in Packwagen über die Grenze heimgekehrten adligen Emigranten ver-
langten die Zurückerstattung ihrer inzwischen Nationaleigentum gewordenen
großen Besitzungen, was einem allgemeinen wirtschaftlichen Zusammen-
bruch gleichgekommen wäre*. Auch das Heer stand feindselig beiseite; die
auf halbe Löhnung gesetzten Offiziere murrten; die Soldaten, die ge-
zwungen wurden, die weiße Kokarde der Bourbonen aufzustecken, ver-
bargen die dreifarbige des Revolutions- und napoleonischen Zeitalters,
die sie bisher getragen hatten, liebevoll in ihrer Patronentasche als ein
teures Erinnerungszeichen an jene Zeit, in der sich Jammer und Ruhm
so innig mischten, und auf die sie ein gewisses Recht hatten, stolz zu sein.
Während noch die verbündeten Monarchen auf dem Wiener Kongreß
(i. November 181 4 bis 9. Juli 181 5) die Napoleon abgenommene Sieges-
beute untereinander verteilten, erfuhren sie mit Entsetzen, daß der Kaiser,
vor dem man in seiner Abgeschlossenheit von aller Welt auf der Insel
Elba für ewige Zeiten gesichert zu sein hoffte, sich heimlich davongemacht
und nach Frankreich zurückgekehrt sei.
Am I. März 181 5 landete er an der französischen Südküste, am Golfe
de Juan, zwischen Cannes und Antibes. Er hatte zweihundert Getreue
von seiner alten Garde bei sich, die ihm zu seiner Gesellschaft auf die
Insel Elba mitzunehmen erlaubt worden war.
Einen Augenblick hoffte die Regierung Ludwigs XVIII., den frechen
Usurpator durch Entgegenstellung von Streitkräften zurückzuhalten; aber
sobald die sich nunmehr Königliche nennenden Truppen auf einmal Na-
poleons ansichtig werden, stimmen sie, wie von ihres alten Feldherrn
Anblick gebannt, den Ruf an: „Es lebe der Kaiser I" und verstärken seine
kleine Schar, anstatt sie ihrem Befehle gemäß zu bekämpfen. Umsonst
rufen Ney, Mass6na, Macdonald, Soult, Jourdan ihre dem König ge-
schworene Treue an, die an der jedes Bedenken überwindenden allgemeinen
Begeisterung, die auch sie mit fortreißt, zuschanden wird. Napoleons
Vormarsch ist unwiderstehlich. Er triumphiert überall, und diesmal zuerst,
* Anm. des Herausgebers. Sandeau behandelt das in seinem berühmten Lustspiel
Mademoiselle de la Seigliere.
4 Riebet, Geschichte der Menschheit, II
342 Siebentes Buch.
ohne Ströme Blutes zu vergießen. Blut sollte ja zwar allerdings auch jetzt
noch genug bei Belle-AUiance fließen, aber auf dem Triumphzuge von
Cannes nach Paris vom i. März bis zum 20. März 181 5 fiel auch nicht
ein einziger Flintenschuß; der Adler mit den Nationalfarben flog von
Kirchturm zu Kirchturm bis zu den Türmen von Notre-Dame.
Am 20. März frühmorgens kommt Napoleon in Fontainebleau an, und
noch am Abend ist er in den Tuilerien, denen Ludwig XVI IL, um zum
zweitenmal den schon einmal betretenen Weg der Verbannung zurück-
zulegen, am Tage vorher den Rücken gekehrt hatte.
Napoleons Rückkehr rief weder besondere Begeisterung noch besonderen
Widerstand hervor. Keine Freunde, aber auch keine Meuterei, doch
eine au? Erschöpfung und Entmutigung gemischte entsagungsvolle Er-
gebung. Frankreich war mit der Zeit der vielen Kriege müde geworden,
mochten sie sein, welcher Art sie wollten, den Bürgerkrieg nicht ausge-
schlossen.
Es nützte auch nichts, daß Napoleon nunmehr sich durch die Zusatzakte
der Verfassung den Anstrich eines liberalen Herrschers zu geben suchte
(i. Juni 181 5). Diese verspätete Rückkehr zu den Anschauungen der
großen Revolution gewann dem Kaisertum auch nicht einen Republikaner
zutück. Frankreich hatte kein Vertrauen mehr zu dem Götzen, den es
sich unbesonnenerweise selbst vor fünfzehn Jahren gegeben hatte. So
gebot Napoleon nur noch über sein Heer. Da verlangte er von ihm,
auch wenn es nicht mehr an den schließlichen Erfolg glauben sollte, ein
letztes Opfer, „Was aber machte ihm selbst" — so hat er sich wörtlich
ausgedrückt — „der Tod von hunderttausend Mann aus ?"
Die Verbündeten müssen wirklich gedacht haben, daß Napoleon sich
mit seinem Schicksal abfinden und damit begnügen würde, ewig ehrwürdig,
als väterlicher kleiner Fürst auf seiner weltvergessenen, einsamen Felsen-
insel Elba, unter den ihm bis zuletzt treugebliebenen zweihundert Veteranen
Hof zu halten, sonst hätten sie unmöglich so starr über die Nachricht
von seiner Rückkehr sein können. Nun verstummten plötzlich alle ihre
Meinungsverschiedenheiten, und sie sträubten sich gegen jede Unterhand-
lung mit dem gemeinsamen Feinde. Ja, sie gaben nicht einmal zu, daß
Marie Luise ihren kaiserlichen Gemahl wiedersehen durfte. Das arme
Geschöpf vergaß zu Wien im vertraulichen Verkehr mit dem Grafen von
Neipperg, der ihr zu persönlichen Dienstleistungen beigegeben und dann
von ihr selbst bald mit der Vertretung ihrer Interessen bevollmächtigt
worden war, nur zu bald ganz und gar, was sie ihrer einstigen Stellung auch
nach deren Verluste noch schuldete. Jedenfalls erlaubte der Kaiser von
Die Herrschaft der Wissenschaft. 343
Österreich weder seiner Tochter noch seinem Enkel, dem bei der Geburt
so viel versprechenden König von Rom, die österreichische Hauptstadt
zu verlassen, wo er die beiden nach ihrer Mitnahme von Paris fast wie
Gefangene eingesperrt hielt.
Die Koalition verfügte zusammen über siebenhunderttausend kriegs-
erprobte und besonders auf ihre letzten Siege stolze Soldaten; in Brüssel
stand ein aus Engländern und Holländern gemischtes Heer von hundert-
tausend Mann, die sich alle bereits als Krieger ausgezeichnet hatten; in
Belgien standen zweihundertfünfzigtausend Deutsche unter dem greisen
Helden Jüngling Blücher und am Rhein dreihundertfünfzigtausend Öster-
reicher unter Schwarzenberg. Außerdem bildeten noch zweihunderttausend
Russen für alle Fälle ein Ersatzkorps.
Napoleon hatte nun seinerseits die Nationalgardisten, die sich damals
noch in der ursprünglich gerade zu seiner Bekämpfung bestimmten feld-
dienstmäßigen Ausrüstung befanden, unter die eigenen Fahnen zu rufen
gewußt und durch Vereinigung der in den verschiedenen Garnisonen ver-
streuten Soldaten mit den freigelassenen Kriegsgefangenen es verstanden,
ein zweihunderttausend Mann starkes Heer aus zwar von Hause recht
verschiedenartigen Elementen zu schaffen, die aber alle eines Sinnes waren
in der Liebe und Begeisterung für ihren großen Feldherm.
Die entscheidende Begegnung der beiden feindlichen Mächte spielte
sich in Belgien bei Belle-Alliance * ab (18. Juni 181 5). Das französische
Heer opferte sich dort unnütz in der heldenmütigsten Weise auf; es gelang
ihm nicht, die englische Infanterie zu durchbrechen, die unter dem Ober-
befehle des Eisernen Herzogs von Wellington, so oft sie auch durch die
unermüdlich wiederholten Angriffe der französischen Kavallerie auseinander-
gesprengt werden mochte, immer wieder ihre alte geschlossene Stellung
gewann, bis, als es bereits dunkel zu werden begann, endlich auf dem
Schlachtfelde das von Blücher geführte preußische Heer erschien, das zwei
Tage vorher in der Schlacht bei Ligny in die Flucht geschlagen worden,
aber dem nachsetzenden französischen General Marquis von Grouchy ent-
kommen war. Jetzt konnte die alte Garde des Kaisers trotz ihrer mit dem
verzweifeltsten Heldenmut immer wieder erneuerten Vorstöße schließlich
dodh nicht mehr die wilde Flucht aufhalten, der sich alles ergab und zuletzt
auch sie.
Anm. des Herausj'ebers. Die Engländer und Franzosen nennen diese denkwürdige
Schlacht, die in der deutschen Geschichte nach dem Meierhofe La Belle-Alliance, wo
sich Wellington und Blücher trafen, bezeichnet wird, bekanntlich nach dem belgischen
Dorfe selbst: Schlacht bei Waterloo.
4*
344 Siebentes Buch.
Nachdem Napoleon bei Belle-Alliance den Untergang seines letzten
Heeres hatte beklagen müssen, sollte ihm nun auch die Trauer um den
Verlust seines Thrones nicht mehr lange erspart bleiben.
Aber auch ohne diesen Ausgang der Schlacht hätte er niemals einen
endgültigen Sieg für sich erhoffen können. Selbst wenn Wellington und
Blücher am i8, Juni' 1815 geschlagen worden wären, hätten gleichwohl die
nächsten Schlachten und Verluste den Kaiser gezwungen, der großen
Übermacht der Feinde über seine immer mehr zusammenschrumpfenden
Truppen doch schließlich zu weichen. So aber war das französische Heer
schon gleich bei Belle-Alliance bis zur Erschöpfung geschlagen worden,
so daß an die Möglichkeit einer nochmaligen Erholung desselben auch
jeder Gedanke ausgeschlossen war. Napoleon kehrte nach Paris fast allein
zurück und fand hier nur noch Gegner vor.
Die Kammern hatten seine Absetzung beschlossen und eine einstweilige
Regierung eingesetzt, bis schließlich die Verbündeten in Paris einrückten.
In diesem Augenblicke suchte sich Napoleon nach Amerika einzu-
schiffen. Als er sich aber von allen verlassen sah, faßte er, noch im fran-
zösischen Hafen, den verzweifelten Entschluß, auf einem englischen Kriegs-
schiffe Zuflucht zu suchen und sich dem Schutze der englischen Regierung
anzuvertrauen. Von dieser aber wurde er als Kriegsgefangener angesehen
und im Einverständnis mit den anderen Mächten in die Verbannung nach
der westlich von Afrika gelegenen, meerumspülten, einsamen Felseninsel
St. Helena verwiesen.
Hier lebte er an dem dürren Klippengestade, dessen Nebel ihm selbst
den Blick auf das weite Meer entzogen, weltentrückt noch volle sechs Jahre
(gest. 5. Mai 1821). Die mit der Aufsicht über den erlauchten Gefangenen
betrauten Kommandanten störten ihn, der unter den unsäglichsten Schmerzen
jahrelang mit dem Tode kämpfte, um sich von ihm ein Glied nach dem
anderen abringen zu lassen, dabei unablässig durch die kleinlichsten und
unnützesten Überwachungen, und doch wäre es unbillig, den Engländern
Vorwjirfe daraus zu machen, daß sie immer wieder dafür sorgten, daß
Napoleon auch wirklich endgültig unschädlich blieb. Wäre er auch jetzt
wieder auf solche Insel wie Elba verwiesen worden, er hätte ohne Zweifel
sein Glück zum zweiten Male in einem zweiten Belle-Alliance oder sonst
an einem ähnlichen schrecklichen Abenteuer versucht, in dem dann wieder
fünfzigtausend brave Menschen ihr verzweifeltes Ende gefunden hätten.
Er hätte auf die von ihm bereits aufgehäuften alten Trümmer wieder neue
aufgehäuft. So gebührt den Verbündeten das Verdienst: durch St. Helena
Frankreich einen dritten feindlichen Einfall erspart zu haben I
Die Herrschaft der Wissenschaft. 345
Einige wenige ihm treugebliebene Freunde wie Bertrand, Montholon und
Graf von Las Cases hatten ihn in die Verbannung begleitet. Mit ihnen
schrieb er seine Denkwürdigkeiten, ein Werk voller Lügen, aber doch der
Bewunderung wert, in dem er von eigenen Versehen nichts wissen will,
hingegen die Verdienste seiner Leutnants schmälert und all das, was aus-'
schließlich er selbst verschuldet hat, auf den Verrat anderer und sein "^* "
eigenes böses Schicksal schiebt.
Die Nachwelt und beinahe auch die Geschichte haben ihm gegenüber
Gnade geübt, ja sind in ihrem milden Urteil gegen ihn vielleicht so weit
gegangen, ihn ungerechterweise zu gnädig zu behandeln. Durch die Lieder
Berangers hat sich sogar eine eigene Napoleonlegende gebildet. Er, der in
seinen sporenklingenden Reiterstiefeln alle bürgerlichen Freiheiten mit
Füßen trat, der harte Kriegsmann, der unerbittliche Despot, ist in den
Liedern des unsterblichen französischen Volksdichters zu einem väterlichen
und gutmütigen Herrscher mit dem langen grauen Gehrock und dem
niedrigen Dreimaster geworden, der mit den kleinen Leuten wie seines-
gleichen verkehrt und ihre Hütten von lästigem Pfaffenjoche befreit. Andere
haben in ihm den Helden gesehen, der die Farben der französischen
Revolution zu den fernsten Völkern trägt und den alten französischen
Kriegsruhm durch glänzende Siege bereichert. Andere wieder, denen mehr
eine gute Verwaltung und eine soziale Ausgleichung bestehender Klassen-
gegensätze am Herzen liegt, bewundern den allmächtigen Kaiser, wenn er
an der Arbeit ist, die verschiedenen Gesetze und Verfügungen der einzelnen
Landschaften aufzuzeichnen, zu sammeln und einheitlich zu gestalten.
Diese so verschiedenen Arten von Beurteilern gehorchen alle nur jenem dem
Menschen anhaftenden Triebe der Knechtseligkeit, vermöge dessen er die
Macht anbetet, selbst wenn sie ihm den größten Schaden zufügt, einfach ^ -
deshalb, weil sie eben die Macht ist. Der Hund leckt dem Herrn,jder
ihn "schlägt, dafür noch seine züchtigende Hand. <
Wer aber über genügende Vornehmheit der Seele verfügt, um sich über die
allerniedrigsten Empfindungen zu erheben, der wird sich ganz unparteiisch
sagen müssen, daß Napoleon einfach ein Scheusal war, ja vielleicht
unter allen Sterblichen das denkbar größte. Durch ihn ist die Herrschaft
der Freiheit, die die französische Revolution bereits daran gewesen war,
der Welt zu schenken, mindestens um sechzig Jahre verzögert worden.
Durch ihn ist Europa gezwungen worden, sich ausschUeßlich mit Krieg
zu beschäftigen und eine so gewaltige Heereslast zu übernehmen, daß
es noch heute von den ungeheuren Steuern und den noch ungeheureren
Truppenmassen geradezu erdrückt wird! Durch ihn hat die Entwicklung
346 Siebentes Buch.
der Völker ihren Weg anstatt zu Frieden, Brüderlichkeit und Unabhängig-
keit vielmehr zu Krieg, Haß und Knechtschaft genommen! Durch ihn
sind zehn Millionen der kräftigsten, der mutigsten und der edelsten Jüng-
linge in der Blüte ihrer Jahre zugrunde gegangen, und das Menschen-
geschlecht verkümmert I
Gewiß, Napoleon war von Hause aus weder verderbt noch bösartig; aber
er hat dann zehnmal soviel Unheü angestiftet, als irgendeiner unter den
verderbtesten und bösartigsten Despoten ältesten Geschlechtes, mehr als
ein Tiberius im römischen Kaiserreich, mehr als ein Ludwig XI. von
Frankreich und mehr als ein Heinrich VIII. von England. Die Selbstsucht
der Menschen ist sicher immer eine große und lastet auf ihnen wie ein
schweres Gewicht; doch noch zu keiner Zeit hat es eine Selbstsucht ge-
geben, die der Napoleons vergleichbar gewesen wäre! Er hatte sich in
die Einbildung verrannt, daß alles für ihn da sei und ihm gehöre,
dermaßen, daß Frankreich nur noch die einzige Aufgabe hätte, ihn
mit Soldaten und Geld auszustatten ! Die in der Welt verstreuten Menschen-
kinder haben nur noch eine einzige Daseinsberechtigung, nämlich die,
sein Lob zu verkünden und seine Launen auszuführen I Den letzten
Zweck der Schöpfung bildet ganz allein Er!
Durch ihn, ganz allein durch ihn, der mit einem bisher geradezu uner-
hörten Feldherrngenie seine Heere von Sieg zu Sieg führte, ist Frankreich
zweimal verwüstet, verstümmelt und geschändet worden. Durch ihn
hat es die natürlichen Grenzen verloren, die ihm die Republik gegeben hatte.
Durch ihn ist es, nachdem es die Liebe aller Völker gewesen war, einem
jeden von ihnen zum Fluche geworden! Und doch hat es etwa kein Recht,
sich darüber zu beklagen: es hat seinen Napoleon nicht besser verdient,
ist es ihm doch gleich bei dessen erstem Auftreten demütig zu Füßen
gesunken! Kann sich der Sklave über seinen Herrn entrüsten, wenn er
sich diesen Herrn selbst aus eigener Machtvollkommenheit gegeben hat?
Napoleons staatsmännische Fehler sind ebenso ins Maßlose gegangen,
wie seine staatsmännischen Fähigkeiten, und jeder einzelne dieser seiner
Fehler hat wieder unheilbare Folgen gezeitigt! Wie konnte er den Frieden
von Amiens brechen und sich nicht darüber klar werden, daß er mit Eng-
land niemals ohne Seeschlacht fertig werden würde? Wie konnte er mit
Spanien Krieg führen und seine Krieger in den Schluchten dieses Landes
gleichsam lebendig begraben? Wenn er aber einmal diesen Feldzug an-
gefangen -hatte, ihn nun nicht erst hintereinander unwiederbringlich zu Ende
führen? Wie konnte er aus seinem Bündnis mit Rußland ausscheiden imd
seinen bisherigen Verbündeten durch kleinliche Plackereien reizen, derart,
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^^j
daß es den Anschein hatte, als ob er den Krieg mit Rußland geradezu mit
Gewalt herbeiführen wollte, einen Krieg, in dem sein Heer und sein An-
sehen in der Welt zugrunde gingen? Wie konnte er schließlich zu Dresden
die ihm damals noch von den Verbündeten angebotenen verhältnismäßig
günstigen Bedingungen zurückweisen, um sich durch die große Völker-
schlacht bei Leipzig ein für allemal zugrunde richten zu lassen?
Selbst auf dem ihm eigensten Gebiete der Kriegskunst hat Napoleon
einzelne verhängnisvolle Fehler gemacht, so bei Wagram, von Anfang bis
zu Ende in Rußland und bei Belle-Alliance in einem Augenblicke, wo
bereits seine physischen Kräfte zu wanken begannen. Aber er bleibt
hichtsdestoweniger der größte Feldherr aller Zeiten, der geradezu un-
fehlbare General, der der Strategie und Taktik vollkommen neue Bahnen
eröffnet hat, die jedes Heer, das siegreich sein will, kennen und ein-
schlagen muß. Darauf beruht sein größter und hervorragendster Ruhm,
den er nicht erworben haben würde, hätten sich nicht Frankreich wie
die gesamte Menschheit für ihn geopfert.
Die verbündeten Herrscher nutzten ihren glänzenden Sieg bei Belle-
Alliance dazu aus, diesmal schwere Friedensbedingungen zu stellen (Ab-
schließung des Zweiten Pariser Friedens, 20. November 1815). Sie er-
dreisteten sich, die reaktionäre Ordnung der Dinge auf Grund der
Beschlüsse des Wiener Kongresses in ihrem ganzen Umfange wieder-
herzustellen und so alle Ereignisse, die sich zwischen den Jahren
1789 und 181 5 abgespielt hatten, als nicht vorhanden anzusehen.
Nicht vorhanden die große Revolution! Nicht vorhanden die deutlich zu
Gehör gekommenen Wünsche des Volkes I Kurz, alles das nicht vor-
handen, was irgendwie nicht in völligem Einklang mit den Grundsätzen
der erblichen Monarchie und des Gottesgnadentums stand! Als totes
Eigentum der Herrscher sind die Völker gut genug dazu, sich wie
Hammelherden teilen zu lassen! Überlieferung, Geschichte, Sprache, all
das fällt nicht mehr ins Gewicht! Die Völker sind einfach für die
Könige da, anstatt, wie es sein sollte, die Könige für die Völker!
Die Teilung vollzog sich ohne irgendwelche Bedenken, die nur lächerlich
ausgesehen hätten. Venedig kam an den Kaiser von Österreich, Genua an
den König von Sardinien imd Belgien an den König von Holland. Große
Siege, noch größere Siegesfrüchte, bis über die Grenze des Denkbaren!
England nahm sich Ceylon, das Kap der Guten Hoffnung und die Jonischen
Inseln. ' Rußland bekam Finnland und Polen, Preußen nun auch das
348 Siebentes Buch.
Rheinland und sogar Schweden das ihm benachbarte Norwegen. Anstatt
wie in den Jahren zwischen 1800 und 181 5 von der willkürlichen
Laune eines einzigen Eroberers, wurde die europäische Staatenkarte
nunmehr durch das Spiel der verschiedenen Launen eines ganzen
Dutzends von Diplomaten umgestaltet, die zwar über viel weniger Geist,
doch darum über nicht weniger Habsucht als jener eine verfügten.
Die Friedensverhandlungen des Jahres 181 5 richteten sich also nicht
bloß gegen Frankreich, sondern ebenso gegen die Unabhängigkeit der ver-
schiedensten anderen europäischen Völker, gegen die Freiheit der Deut-
schen, der Italiener und der Polen. Es war die schon lange erwartete Ver-
geltung für den 14. Juli 1789. Wie in Frankreich den Bourbonenthron,
so stellte auch in dem ganzen übrigen Europa die Heilige Allianz die alte
Ordnung der Dinge wieder her.
So rückschrittlich die Politik sein mag, die seit dem Zweiten Pariser
Frieden von den verschiedenen europäischen Regierungen ausgeht, sie ist
gleichwohl nicht imstande, die Gedanken in ihrem Fluge zu hemmen, die
im 18. Jahrhundert in die Welt gesetzt worden sind, hat doch bereits die
Wissenschaft ihren siegreichen Vormarsch begonnen. Alle bisherigen Wis-
senszweige werden erneuert, und neue treten hinzu.
In der Mathematik werden aus den so fruchtbaren geistigen Großtaten
eines Descartes, eines Leibniz und eines Newton die letzten Folgerungen
gezogen: es geschieht das durch Lagrange (1736— 1812), Lazare Carnot
(1753 — 1823) — den nämlichen großen Carnot, den wir aus den Helden-
kämpfen des Revolutionszeitalters als den Organisator des Sieges kennen — ,
Laplace (1749— 1827) und Gauss (1777 — 1855).
Laplace gebührt auch der Ruhm, die Lehre von der Bewegung der Him-
melskörper aufgestellt und Newtons Hypothesen auf alle nur erdenk-
lichen Fälle ihrer Anwendbarkeit geprüft zu haben. Französische Physiker
wie Delambre (1748— 1822), Mechain (1744 — 1805), Biot (1774— 1862),
Arago (1786 — 1853) stellen die genaue Länge des Erdmeridians durch
Messung fest und bestimmen die Abplattung der Erde an den Polen.
Die Physik erscheint als eine ganz neue Wissenschaft, so ergiebig sind
die in ihr gemachten Entdeckungen. Galvani (1737 — 1798) hatte eigent-
lich nur durch Zufall um das Jahr 1785 die von lebenden Wesen hervor-
gebrachte Elektrizität entdeckt. Volta (1749— 1827) machte um das Jahr
1800 eine andere Entdeckung, die noch wichtiger werden sollte; er wies
nach, daß durch die Berührung zweier Metalle, die eine gegenseitige che-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 349
mische Wirkung ausüben, Elektrizität erzeugt werden kann. Es war das
selbsttätige oder dynamische Elektrizität, jene ebenso lenksame wie ge-
waltige Kraft, die die Wissenschaft in die Hände des Menschen legt, um
ihre Gewalt bald zu zügeln und ihre Gesetze zum großen Teil zu ergründen.
Auf der anderen Seite gestaltet sich die Lehre vom Licht mit der Ent-
deckung der Polarisation (1809 durch Malus, 181 1 durch Arago und 1815
durch Biot) vollkommen um.
Die von Lavoisier damals soeben erst neu geschaffene Chemie nahm
eine geradezu überraschende Entwickelung. Es werden mehrere chemisch
einfache Körper, Urstoffe oder Elemente, entdeckt, so von Scheele (1742
bis 1786) das Mangan im Jahre 1774, von Courtois (1777— 1830) das Jod im
Jahre 1812, von Gay-Lussac (1778 — 1850) das Bor (1808) und das Fluor
(181 1), von Wollaston (1766— 1826) das Palladium (1803), von Berzelius
(1779— 1848) das Selen und das Silicium (Kieselstoff) (1817). Humphry
Dav>'^ (1778— 1829) zerlegt eine unterchlorigsaure Natronlösung durch An-
wendung des galvanischen Stromes, entdeckt das Kaliumoxyd oder kohlen-
saure Kali (1807). Er beweist, daß die alkalischen Erden Kalk, Baryt,
Natron Sauerstoffverbindungen (Oxyde) eines Metalles seien, das sich
daraus ausscheiden lasse. Gay-Lussac, Dalton (1766— 1840) und Davy be-
stätigen, was Lavoisier vorausgesehen hatte, daß nämlich die chemischen
Elemente sich in ganz bestimmten Verhältnissen miteinander verbinden,
imd daß folglich jedes einfache Element ein Aggregat von Atomen ist,
von denen jedes einzelne ein je nach der Natur dieses Körpers ganz ver-
schiedenes Gewicht hat. In der Tat war die ganze Chemie eigentlich schon
stillschweigend in Lavoisiers genialer Schöpfung enthalten, und die großen
Chemiker der ersten Jahre des 19. Jahrhunderts tun eigentUch nichts
anderes, als die Gedanken ihres Meisters weiter auszubauen und zu ver-
tiefen.
Die Zoologie, die vergleichende wie auch die allgemeine Anatomie
werden unter Männern wie Jean Lamarck (1744— 1829), Cuvier (1769 — 1832)
und Bichat (1770— 1802) völlig umgestaltet, wenn nicht neugeschaffen.
Lamarck entwickelt die so einleuchtende und großartige Idee, daß alle
Lebewesen von den gleichen einfachsten Grundformen abstammen, die sich
nur je nach ihren Lebensbedingungen allmählich verschieden gestalten.
Wenn man aber eine stufenweise Entwickelung der Lebewesen vermöge
ihrer auf Grund der jedesmaligen Umgebung — „der natürlichen Zucht-
wahl" würde Darwin sagen — aufeinanderfolgenden verschiedenen Um-
bildungen gelten läßt, so heißt das die Annahme einer von einem Gott-
schöpfer vorbedachten einmaligen Schöpfungstätigkeit zerstören. Im Gegen-
35o Siebentes Buch.
5/
salz zu Lamarck und Geoffroy Saint-Hilaire (1772 — 1844) tritt Cuvier
für die Vorstellung eines unvermittelten und plötzlichen Auftauchens der
Lebewesen an der Erdoberfläche ein. Aber nicht etwa auf diesem offen-
baren Irrtume beruht sein Ruhmestitel, sondern vielmehr darauf, daß er es
vermöge seiner gründlichen Vertrautheit mit der Skelettkunde verstanden
hat, die verschiedenen Arten der ausgestorbenen vorsintflutlichen Tiere,
von denen er nur ziemlich unkenntliche Reste zu Gesicht bekommen hatte,
wieder in ihrer vollständigen Gestalt deutlich vor Augen zu führen. Er
ist der Gründer der vergleichenden Vorweltgeschichte. Bichat, der nur
einunddreißig Jahre alt geworden ist, hat trotz seines kurzen Lebens die
Zeit gefunden, die Gesetze der allgemeinen Anatomie aufzustellen und den
Nachweis zu führen, daß es in einem jeden Körperteile eines jeden Tieres
gleichartige Gewebe gibt, die nur besondere eigentümliche Merkmale teils
anatomischer, teils physiologischer Art mit im Grunde einheitlichen Funk-
tionen und Formen bei aller scheinbaren Mannigfaltigkeit besitzen.
So lieferte das Genie dieser großen Männer ein Vorspiel zu dem wunder-
baren Gebäude der Wissenschaften, das das 19. Jahrhundert errichtet hat.
Schon zeigt sich auch von ferne, was später so deutlich in die Erschei-
nung treten sollte: nämlich, daß eine Wissenschaft nicht mehr wie zu
Aristoteles' Zeit noch auch der Descartes' noch auch erst gar der Lavoisiers
das bloße Werk eines einzelnen genialen Denkers sein kann. Sie fängt an
sich auszubreiten, beweglicher und, wie die menschlichen Gesellschaften
selbst, demokratischer zu werden. Hunderte von Arbeitern tragen zu ge-
meinsamen Werke ihr bescheiden Teil bei, derart, daß der Gelehrte, anstatt
eine lange überlegte Entdeckung still in seinem Busen zu bewahren und
erst nach einer Reihe von Jahren in einer epochemachenden Schrift zu
veröffentlichen, lieber im Rahmen und Maß seiner noch unfertigen Ent-
deckungen die wissenschaftliche Welt in seine Versuche einweihen soll,
um wenigstens anderen zu ermöglichen, das Werk zu Ende zu führen, das
er soeben angefangen und von dem er nur die ersten Grundzüge zu geben
vermocht hat.
Dieser für die Wissenschaften so fruchtbare Zeitraum von 1789 bis
181 5 ist für Literatur und Kunst ziemlich arm an schöpferischem Geist
gewesen. "^
Nur für Deutschland hat dieser verhältnismäßig so kurze Zeitraum die
große, ja so ziemlich die einzige klassische Blüte der Literatur dargestellt.
Gewiß, es hatten auch schon unmittelbar vor wie noch unmittelbar nach
Die Herrschaft der Wissenschaft. 361
dieser Zeit einige mehr oder minder bedeutende deutsche Dichter gelebt,
wie Wieland (1733— 1813), Bürger (1747 — 1794), Klopstock (1724 — 1803),
Geßner (1730 — 1788), ein so scharfsinniger Kunstkritiker wie Lessing
(1729 — 1781), ein so vielversprechender Dichter wie Theodor Körner (1791
bis 1813), der trotz seines frühen Todes auf dem Schlachtfelde als noch nicht
Zweiundzwanzigjähriger manches bewundernswerte Gedicht verfaßt hatte,
ein so anerkannter und schaffensfreudiger Dramatiker wie Kotzebue (1761
bis 1819). Doch zwei Meister der deutschen Literatur sind es, die über
alle hervorragen: Schiller (1759 — 1805), ein ebenso erhabener Lyriker wie
bewundernswerter Dramatiker (Wallenstein, Don Carlos, Wilhelm Teil),
und vielleicht noch über ihn hinausragend und die gesamte deutsche Lite-
ratur beherrschend Goethe (1749 — 1832), ein ebenso abgeklärtes wie leuch-
tendes Genie, das durch die Reinheit, den Wohlklang und die Sauberkeit
seines Stils der deutschen Sprache ihre endgültige klassische Gestalt ge-
geben hat. Auf allen Gebieten hat er Hervorragendes geschaffen und
würde sogar in der Weltliteratur den Ruhmestitel des Schöpfers des mo-
dernen Romans für sich in Anspruch nehmen können, wenn nicht zufällig
seinem Werther Jean-Jacques Rousseaus Neue Heloise imd Manon Les-
caut von Antoine-Frangois Pr^vost d'Exiles zeitlich voraufgingen. Ein
auserlesener Lyriker, hat er sich darum nicht weniger groß als Dra-
matiker gezeigt imd als solcher mit seinem Egmont, seiner Iphigenie, seinem
Götz von Berlichingen, besonders aber mit seinem Faust Unsterbhches
geleistet. Es ist diese letztgenannte Bühnendichtung ein wahrhaft episches
Werk, das ebenso gewaltig wie tief ist und in seiner stil- und stimmungs-
vollen Schönheit einzig dasteht. Wie Voltaire, war auch er Enzyklopädist,
der die Dichtung niemals von der von ihm nicht weniger hochgehaltenen
Wissenschaft schied, für die er sich ebenso leidenschaftlich begeisterte wie
für die Kunst.
In derselben Zeit hat auch Deutschland der Welt einen großen Philo-
sophen beschert. Es war dies Immanuel Kant (1724— 1804), der, wie Des-
cartes, versucht hat, derjenigen unter den Wissenschaften, die noch immer
von dem geheimnisvollsten Wolkendunkel umgeben wird, nämlich der
Metaphysik, einen gewissen festen Boden zu geben (Kritik der reinen Ver-
nunft, 1781), Vor allem hat aber auch Kant in seinen edlen und gehalt-
vollen Schriften aufs genaueste die Bedingungen des Sittengesetzes fest-
gestellt. Er nimmt den Begriff der Pflicht, den großartigen kategorischen
Imperativ zur Grundlage der gesamten philosophischen Auffassung von
Mensch und Welt. Kant ist der große Philosoph, der mit dem Anbruch
unseres Zeitalters erscheint, um als ein Bahnbrecher in die Tiefen des
3^2 • Siebentes Buch.
menschlichen Gewissens hineinzuleuchten. Als ein Augenzeuge der Schrek-
ken, die der Krieg entfesselte, hat dieser Weltweise den Gedanken eines
ewigen Friedens unter den Menschen gefaßt und sich dem holden Wahn
hingegeben, daß diese eines Tages weniger unvernünftig sein würden als zu
seiner Zeit.
Es war das übrigens nicht ganz und gar bloß ein holder Wahn. Zwar
haben auch noch das folgende Jahrhundert manche schreckliche und nutz-
lose Kriege mit Blut befleckt. Aber solche blutrünstigen Rasereien, wie sie
in den Jahren 1800 — 181 5 vorgekommen waren, sollten die Völker nicht
wiedererleben I
Die größte geistige Leistung des Jahrhunderts ist die Begründung der
modernen Forschung gewesen.
Seine größte soziale und politische Leistung aber sollte die wirksame
Bekämpfung der Fürstenverträge von 181 5 und damit des absolutistischen
Regierungssystems bilden.
m. Von 1815 bis 1848.
Nirgends erstarkte die liberale Bewegung mehr als in Frankreich.
Mochten auch die Worte ^^Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit /" von den
Mauern und Münzen entfernt worden sein, so hatten sie doch in den
Herzen noch sehr lebendige Spuren hinterlassen, die Ludwigs XVIII. Re-
gierung nicht ebenso leicht auszulöschen vermochte.
Zu Beginn der Wiederherstellung der Königsherrschaft begingen die
Royalisten einige Ausschreitungen, den sogenannten Weißen Schrecken,
dem manch edles Opfer fiel, so Marschall Brune durch Meuchelmord zu
Avignon (181 5) und auch, was noch schmerzlicher berühren muß, der
heloenmütige Ney, der von den Mitgliedern der Ersten Kammer verurteilt
und von französischen Soldaten standrechtlich erschossen wurde.
Aber der König war nicht verblendet genug, das despotische Regie-
rungssystem seiner Ahnen wiedereinzuführen. Er hatte lange genug in der
Verbannung gelebt, um nicht sehr wohl zu wiäsen, daß es eine französische
Revolution gegeben hatte. Daher regierte er auch als völlig verfassungs-
treuer König nach dem Wortlaut der Charte und ließ noch immer der
Presse einige Freiheit und selbst der Zweiten Kammer noch einige Macht.
Dank der umsichtigen Finanzverwaltung, bei der er die tatkräftige
Unterstützung von Baron Louis und Herzog von Richelieu, dem Ange-
hörigen einer Nebenlinie des als Staatsmann berühmten gleichnamigen Kar-
dinales, fand, vermochte er auch die erforderlichen Einnahmequellen zur
Deckung der von den Verbündeten auferlegten Kriegsentschädigungs-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 363
summen ausfindig zu machen. So räumten denn auch im Jahre i8i8 die
fremden Truppen den französischen Boden. Es hat schon eines zweiten
Napoleon bedurft, um sie wiederkommen zu sehen; es war bis dahin nicht
viel mehr als ein halbes Jahrhundert verstrichen.
So trat denn zu jener Zeit eine wirkliche Wiedergeburt des Verständ-
nisses für das öffentliche Leben in die Erscheinung. Abgeordnete, Anwälte,
Zeilungsschriftsteller, Studenten, Künstler, Arbeiter nahmen jetzt mit leiden-
schaftlichem Eifer die Erörterung politischer Angelegenheiten von neuem
auf. Gleichzeitig aber kam ein bald recht verhängnisvolles Mißverständnis
eigner Art zur Herrschaft, vermöge dessen die liberalen Anschauungen
und das alte kaiserliche Regierungssystem miteinander vermengt wurden.
Es fehlte die Einsicht, daß die verfassungsmäßige Monarchie eines Lud-
wig XVII L, so kirchenfreundlich sie auch scheinbar sein mochte, J2den-
falls der Freiheit um vieles näher stand als die militärische Tyrannei
eines Napoleon. Die angeblich Liberalen klatschten den Liedern eines
Beranger Beifall, und ihre Opposition nahm mehr und mehr die Gestalt
des Bonapartismus an.
Doch wurden Ludwigs XVIII. letzte Regierungsjahre auch nicht durch
irgendwelche Volksbewegungen, selbst die geringsten, beunruhigt; so war,
als ihm sein Bruder Karl X. auf dem Throne folgte (1824), wohl die Hoff-
nung berechtigt, daß mit den Bourbonen in Frankreich von jetzt ab ein
für allemal eine liberale Monarchie aufkommen würde.
Doch dem König Karl X. stand nicht jene politische Schlauheit zu
Gebole, über die sein Bruder in so reichem Maße verfügte. Er glaubte
nicht bloß die französische Regierung, sondern auch den Gesamtwillen des
französischen Volkes nach seinem Gutdünken lenken und leiten zu können.
So berief er denn in die maßgebenden Stellungen einige von den einstigen
adligen Emigranten und sogar einige aus der Zahl derjenigen Generale,
die Napoleon verraten hatten. Eine strenge und ungeschickte Zensur
wütete gegen die Zeitungen, ohne ihnen im Grunde doch den Mund völlig
verschließen zu können. Die mittlerweile zu hohem Einflüsse gelangten
Priester setzten allerlei Maßregeln durch, die für die Gewissensfreiheit
nachgerade bedrohlich zu werden anfingen, jene Gewissensfreiheit, die
Frankreich durch ein Jahrhundert von Kämpfen erobert hatte und die es
nicht wieder unterdrückt sehen wollte. Die Besorgnis vor einer despotischen
und klerikalen Regierung ergriff das ganze Volk, ja sogar trotz seiner ein-
seitigen Klassenzugehörigkeit und vornehmen Abgeschlossenheit den Wahl-
männerkörper. So wagte denn auch die zweite Kammer gegen das streng
354 Siebentes Buch.
royalistische Ministerium Polignac und Bourmont Verwahrung einzulegen
{Adresse der Zweihunderteinundzwanzig).
Die Charte räumte dem König das Recht ein, die Kammer aufzulösen.
Er machte von seinem^ Rechte Gebrauch, und die Kammer wurde aufgelöst;
aber alle zweihunderteinundzwanzig kamen wieder hinein. Sie waren übri-
gens nicht im entferntesten Revolutionäre und verlangten von dem Könige
nur ein liberales Ministerium.
Da machte Karl X., unnachgiebig, wie er war, einen Staatsstreich. Doch
Staatsstreiche können immer nur gelingen, wenn ihr Begünstiger im Not-
falle die äußerste Gewalt anzuwenden entschlossen ist, und alle Vorsichts-
maßregeln dafür getroffen sind.
Die Verordnungen vom 26. Juli 1830 (die sogenannten Juliordonnanzen)
bestimmten die zeitweilige Aufhebung der Preßfreiheit, die Auflösung der
neuen Kammer und die Bildung einer andern Kammer nach einem andern
Wahlsystem. Das war das Zeichen zu einem von den Zeitungsschrei-
bern hervorgerufenen Pariser Aufstande. Den äußeren Vorwand lieferte
die Preßfreiheit, doch die tiefere Ursache bildete die allgemeine Verstim-
mung. Barrikaden schienen in den Straßen von Paris von allen Seiten
emporzuwachsen. Kopflos, zögernd und von unfähij^en Führern geleitet,
die dauernd in Furcht waren sich bloßzustellen, vermochte weder die
Truppenmacht ihre ganze Gewalt zu gebrauchen noch wagte sie es. Nach
drei Tagen heißer Kämpfe {den drei Ruhmestagen 27. — 29. Juli 1830) hatte
die Volkserhebung endgültig triumphiert. Karl X. mußte nach England
flüchten, gemeinsam mit seinem Enkel Grafen Heinrich von Chambord.
dem letzten Vertreter des Hauses Bourbon.
Mit der Julirevolution vom Jahre 1830 ist den Fürstenabmachungen
vom Jahre 181 5 der erste Schlag versetzt. Das Königtum von Gottes
Gnaden mit allen den Ausartungen, zu denen das Gottesgnadentum ver-
führt, war von nun an, wenigstens in Frankreich, für immer abgetan. Frank-
reich war noch immer keine Republik, aber es war doch nun eine liberale
und volkstümliche Monarchie, die sehr zu ihren Gunsten von den Staats-
gebilden abstach, die die Unterzeichner des Wiener Kongresses erträumt
hatten.
Übrigens hatten sogar schon bis 1830 die Grundsätze der Heiligen Allianz
auch tvohl sonst in Europa schwere Angriffe erfahren, wie in Deutsch-
land, Spanien, Italien und Griechenland. Die von dem 18. Jahrhundert
und der französischen Großen Revolution hervorgerufene geistige Bewegung
trug jetzt ihre Früchte: Die Völker ergaben sich nicht mehr, wie früher,
ruhig in die Knechtschaft.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 355
Die österreichische Regierung vertrat mehr als jede andere die Ortho-
doxie und die alte Ordnung der Dinge. Als Schirmherr des Deutschen
Bundes gönnte der Kaiser von Österreich den Herzögen, Großherzögen,
Königen, Fürstlein jeden Grades, die Deutschland unterdrückten, noch
weniger Freiheit als das schon so bescheidene Maß, das diese wieder ihren
Untertanen gönnten: Es erfolgte nun bei der großen Geduld des deutschen
Volkes damals zunächst weder eine Empörung noch ein Aufstand, aber es
nistete sich ein heimlicher Haß gegen das Österreich ein, das so gern seiner
kaiserlichen Tyrannei noch die religiöse katholische Tyrannei hinzufügte.
Preußen, eine protestantische Macht, die ebenfalls nach der Führung
in Deutschland strebte und sich schon damals auf die ihm bestimmte Zu-
kunft unbewußt vorbereitete, nutzte solche feindseligen Stimmungen gegen
Österreich aus, um den Zollverein zu begründen. Er bedeutete eine Zoll-
vereinigung zwischen den deutschen Einzelstaaten.
Ihren Ausgang nahm die gesamte Umsturzbewegung Europas von
Spanien. Sein König Ferdinand VH. war allerdings eine traurige Gestalt,
die wie von den verbündeten Mächten eigens auserwählt zu sein schien,
eine monarchische Regierung verächtlich zu machen. Es erfolgte eine
Meuterei, und angesichts der Meuterei ließ ihn sein ganzes Heer im Stich,
derart, daß er nunmehr notgedrungen den Eid auf die Verfassung leisten
imußte (i2. März 1820). Aber er tat dies nur, um alsbald Verrat zu üben.
Seit den Ereignissen von Bayonne, bei denen sich seine Erbärmlichkeit in
vollem Lichte gezeigt hatte, schwamm er förmlich in Verrat als seinem
natürlichen Elemente.
In Italien geriet das Volk in Aufruhr, sobald es von den Ereignissen
in Spanien erfuhr. Bei den Italienern hatte die französische Ideenwelt
einen noch weit tieferen Eindruck als bei den Deutschen hinterlassen. Es
hatten sich Geheimbünde gebildet (die Carbonari); es entstanden Ver-
schwörungen"" und Volksauf stände. In Neapel schien der Umsturz auf
einen Augenblick zu triumphieren, und so sah sich der unfähige König
der beiden SiziUen Ferdinand I.* genötigt, eine Verfassung zu geben, der
er feierlich Treue gelobte (6. Juli 1820). Schon einige Monate später erbat
er bei den Österreichern deren Unterstützung gegen seine eigenen Unter-
tanen und kehrte an der Spitze eines österreichischen Heeres nach Italien
zurück, um nunmehr seinem Volke seinen Despotismus durch die Gewalt
der Waffen aufzuerlegen.
Die Piemontesen machten es geradeso wie die Neapolitaner: sie er-
• Anm. des Herausgebers Als Könij von Neapel Ferdinand IV.
356 Siebentes Buch.
hoben sich. Aber sie wurden schnell von den Österreichern niedergeworfen.
Es war ein schöner Augenblick für Österreich. Metternich war der Herr
von ganz Europa, und die kaiserlichen Heere gingen überall hin, wo eine
murrende Völkerschaft zu unterdrücken war. Die Italiener, die die große
Schuld auf sich geladen hatten, für ihr Vaterland die Unabhängigkeit zu
erstreben, erfuhren nun eine harte Behandlung (1820 — 1821). Einer von
diesen, Silvio Pellico (i788-;--i854), hat von seiner zehnjährigen Gefangen-
schaft in Österreich eine rührend schlichte Schilderung in seinem berühmten
ßuche Le mie prigioni (Meine Gefängniszeit) (1833), einem Meisterwerke
erzählender Kunst, gegeben.
Die Unterwerfung Spaniens machte größere Schwierigkeiten. Dieses
unglückliche Land, das vom Jahre 1808 bis zum Jahre 181 3 dank seinem
gleichzeitigen Freundschaftsbündnisse mit England und Fremdenjoche
imter Frankreich so viele Qualen erduldet hatte, hatte nun auch jetzt
wieder unter einem durch einen hineinspielenden auswärtigen Krieg er-
schwerten Bürgerkriege zu leiden (1820— 1825). Die fremden Regierungen
spielten hierbei eine traurige Rolle, ganz besonders auch die Frankreichs.
Auf dem Kongreß zu Verona (Oktober 1822) kam ein Beschluß zustande,
den König von Spanien in seinem Bestreben, die Liberalen wegzujagen,
kräftig zu unterstützen. Es war das französische Heer, dem diese unselige
Aufgabe von dem Kongresse zugewiesen wurde. Aber jede französische
Einmischung in die spanischen Angelegenheiten war entschieden ein Un-
glück oder eine Schande.
Die einheimischen Spanier wurden nun von ihrem König ohne großen
Widerstand durch das fremde französische Heer unter dem Herzog von
Angouleme besiegt. Die Einnahme des Trocadero (31. August 1823) be-
schloß diesen Scheinkrieg, und Ferdinand VH., der nun wieder ebenso
unumschränkt zu herrschen begann wie vorher, ließ alle, die sich nur irgend-
wie an der liberalen Bewegung beteiligt hatten, außer Landes verweisen,
einkerkern oder standrechtlich erschießen.
Damals war es auch, wo die Spanier aus der Höhe ihrer bisherigen
weltbeherrschenden Kolonialmacht jählings in die Tiefe stürzten.
Die in Süd- und Mittelamerika verstreuten spanischen Ansiedler hatten
sich nicht ganz so klug wie die englischen in Nordamerika erwiesen. Hier
waren die Vereinigungen zwischen den Einheimischen und den Weißen
niemals zu häufig gewesen, und die unberührte weiße Bevölkerung hatte
sich, so gut es nur irgend ging, fast ganz und gar von der Gemeinschaft
mit den schwarzen oder roten Stämmen ferngehalten. Bald wurden auch
Die Herrschaft der Wissenschaft. 3 67
mehr durch die Wirkung der Sitten als die der Gesetze die Neger und die
Mulalten von der weißen Bevölkerung als minderwertige Wesen behandelt.
Aber unglücklicherweise war das in Mexiko, der südamerikanischen Re-
publik Colombia (damals Neugranada genanntj, Peru_und Brasilien ganz
anders gewesen. Die Weißen von einer von jeder Mischung mit Indianern
oder Negern unberührten rein weißen Abstammung bildeten nur noch
einen verschwindenden Bruchteil der Bevölkerung. Zahlreiche Mischlinge
(Mestizen) kamen zur Welt, Erzeugnisse der Kreuzung zwischen Weißen
und Indianern, Weißen und Negern, ja bisweilen auch Indianern und
Negern, derart, daß es schließlich kaum mehr gelang, sie voneinander zu
unterscheiden, und das Ganze eine Bevölkerung bildete, die gegen die Arbeit
widerspenstig, zuchtlos, lärmend und, den Kindern gleich, ebenso leicht
begeistert wie entmutigt war. Doch das Mutterland behandelte sie hart,
schickte ihnen blutgierige und habsüchtige Statthalter, die ausschließlich
auf die eigne Bereicherung bedacht waren und ihren Übergang in den
Kolonialdienst als das wirksamste Mittel betrachteten, recht rasch Gold
und Ehren zu erwerben.
Schon seit dem Jahre 18 10 fanden während des spanischen Unab-
hängigkeitskrieges gegen Frankreich allerlei Erhebungen statt. In Vene-
zuela rief ein Kreole, der wahrscheinlich nur ein Mestize war, namens
Simon Bolivar, einen Aufstand hervor, der zunächst einige schnelle und
leichte Erfolge zu verzeichnen hatte. Aber in den Jahren 1814 bis 1818
vermochten die durch den Schluß des Krieges mit Frankreich frei geworde-
nen spanischen Heere ganz allmählich die sämtlichen aufrührerischen
Länder zurückzuerobern. Bolivar flüchtete sich nach Jamaika (10. Mai
181 5), und es schien fast, als ob Spanien sein trotz seiner Strenge so schwan-
kendes [Ansehen auf dem weiten Erdteil, auf dem die spanische Sprache
die herrschende war, völlig wiederhergestellt hätte.
Aber schon bald sollte hierin ein Wandel eintreten! Die große Nord-
amerikanische Republik vmter dem Präsidenten Monroe begann die Lehre
zu verleidigen, die sich zu einer Hauptgrundlage~seiner Politik entwickelt
hat, daß nämlich die Regierungen Europas für die Dauer kein ameri-
kanisches Land besitzen dürfen. „Amerika den Amerikanern!" ist die ein-
fache und verständliche Formel, die diese Monroedoktrin am besten zu-
sammenfaßt. England aber sah natürUch für seinen Handel wie für seine
Wellmachtstellung weit lieber eine Menge auseinandergerissener schwacher
Kleinstaaten als die eine einheitliche übergewaltige spanische Großmacht.
So fanden denn die Aufständischen von Mexiko, Neugranada (der heutigen
5 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
358 Siebentes Buch.
südamerikanischen Republik Colombia), Buenos Aires *, Chile, Peru bald
im geheimen, bald ganz zugestandenermaßen Unterstützung bei den Mäch-
ten, die zu der Zeit allein noch über einigen Einfluß in Amerika verfügten,
nämlich England und den Vereinigten Staaten.
Jetzt rissen sich Spaniens sämtliche Kolonien so schnell vom Mutter-
lande los, wie es wohl kaum irgend jemand erwartet hatte. Doch ging es
nicht ohne langwierige Kriegswirren ab, in denen beide Teile, obwohl sie
doch durch eine gemeinsame Sprache verbunden waren, an Grausamkeit
gegenseitig wetteiferten.
Bolivar gelang es bald wieder, sich etwas Geld zu verschaffen und einige
Menschen um sich zu sammeln. Mit diesen landete er an der Mündung des
Orinoko (1817). Er entfaltete nun abermals eine außerordentliche Tat-
kraft, stellte ein kleines Heer auf und hatte bereits nach Verlauf von zwei
Jahren Neugranada und Venezuela wiedererobert. Jetzt verkündete er die
unabhängige Republik Colombia (Dezember 18 19).
In Argentinien und Chile blieb der Führer der aufrührerischen Heere,
General San Martin, überall siegreich, Chile wurde unabhängig erklärt
(Januar 1818), worauf dann auch bald Peru folgte (1819 — 1820).
In Nordamerika hatten sich die Vereinigten Staaten Floridas bemäch-
tigt (1818).
Mexikos Unabhängigkeitserklärung ließ länger auf sich warten. Don
Augustin de Iturbide, ein General, der dazu ausersehen war, die Aufrührer
zu bekämpfen, ließ sich von ihnen zum Kaiser ausrufen (1821); aber drei
Jahre später wurde er standrechtlich erschossen und nun auch in Mexiko
die Republik ausgerufen (1824).
Von den spanischen Truppen blieb in ganz Amerika nur noch ein
kleines Heer zurück, das das Hochland im Nordosten von Chile besetzt
hielt; Bolivar, der zum Generalissimus ernannt wurde, rückte gegen diese
letzten Soldaten aus dem Mutterlande vor und trug über sie einen ent-
scheidenden Sieg bei Ayacucho davon (9. Dezember 1824).
So brach das imposante Reich Karls V. in der Neuen Welt zusammen.
Doch Spanien kann sich über den in diesen Bürgerkriegen erlittenen
gewaltigen Länderverlust in Amerika trösten. Bei allen Fehlern und
Sünden, die es sich gegen diesen riesigen Weltteil hat zuschulden
kommen lassen, hat es ihm gleichwohl seine Sprache, seine Sitten, ja so
ziemlich auch seine Stammeszugehörigkeit aufzuerlegen gewußt. Wer weiß,
* Bis 1859 selbständiger Freistaat, seitdem südlichste Provinz der Argentinischen
Republik mit gleichnamiger Hauptstadt.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 369
welche glänzende Zukunft dem spanischen Amerika noch einmal bevor-
steht ?
Aus Bolivar war mittlerweile einer der volkstümlichsten Männer der
Neuen Welt geworden. Da faßte er einen glänzenden Plan, der für den
Fall seines Gelingens den Ländern, die sich soeben befreit hatten, sehr
viel Leid erspart hätte. Er hoffte nämlich eine große Bundesrepublik zu
gründen, die alle Völker des spanischen Amerikas in sich schließen sollte,
imd damit ganz ebensolche Vereinigte Staaten von Südamerika schaffen
zu können, wie es sie bereits von Nordamerika gab. Er berief zu diesem
Zweck einen amerikanischen Kongreß nach Panama (Juni 1826). Aber die
Zeit war für diesen großen Gedanken noch nicht reif. Sie ist es vielleicht
noch heute nicht. Die spanischsprechenden Amerikaner haben noch immer
nicht ein genügendes Verständnis dafür, daß das Bundessystem letzten
Endes auf einer mit Unabhängigkeit verbundenen Ordnung beruht, und
daß es genügt, nur ein ganz klein wenig von seiner Eitelkeit, Eifersucht
und Eigenbrötelei zu opfern, um dieses doppelte Ideal gleichzeitigen
Besitzes von Freiheit und Macht verwirklichen zu können. Doch Bolivar
war dieser Aufgabe noch nicht gewachsen. Als er sah, wie unverstanden
er blieb, strebte er nach der Diktatur und wurde nun in demselben Maße
un volkstümlich, wie er vorher verehrt gewesen war. Er starb, ohne jene
von ihm so ersehnte Vereinigung der sämtlichen spanischsprechenden
Amerikaner erreicht zu haben (17. Dezember 1830).
Im Jahre 1830 sahen die südamerikanischen unabhängigen Republiken
in bezug auf die sie umschließenden Grenzen kaum viel anders als heute
aus. Aber in einer andern Beziehung kommen sie entschieden vorwärts
trotz aller Pronunciamentos, Meutereien, Aufstände, Diktaturen und Staats-
streiche, trotz aller abenteuerlichen Generale und zweifelhaften Geld-
männer: sie streben allmählich dahin, sich von ihrem Erbübel zu befreien,
das in der Mischimg der weißen Rasse mit den Urbewohnern und den
Schwarzen besteht. Die Auswanderungstätigkeit von Weißen hat mit dem
Fortschritte des Aussterbens von Mestizen, Mulatten, Negern und Indianern
im Laufe der Zeit fast gleichen Schritt gehalten. In der Berührung mit
dem verfeinerten abendländischen Leben, von dem sie sich ausschließlich
den Lastern mit einer wahren Tollheit hingeben, büßen diese Mitglieder
einer minderwertigen Menschenrasse ihre ganze Widerstandsfähigkeit ein,
um den sie dann ganz besonders grausam heimsuchenden Geißeln der
Menschheit, dem Alkoholismus und der Tuberkulose, nunmehr noch in
einem unvergleichlich ausgedehnteren Maße als die weiße Bevölkerung
zum Opfer zu fallen. Träge und verständnislos, wie sie diesen Dingen gegen-
360 Siebentes Buch.
überstehen, verkommen sie schließlich in Siechtum und Elend, bis sie aus-
sterben, während anderseits in derselben Zeit eine beständige europäische
Einwanderung, deren Ende auch für die Zukunft noch gar nicht abzusehen
ist, täglich neues, frisches Blut zuführt.
Colombia, Venezuela, Argentinien, Peru, Honduras, Chile, Mexiko, Gua-
temala, Nikaragua, Bolivia, Uruguay, Ekuador und Panama bilden auf-
strebende Republiken, die in raschem Wachstum begriffen und noch sicher
eine bedeutende Rolle in der Zivilisation der Zukunft zu spielen bestimmt
sind.
Brasilien, die Ansiedlung Portugals, hatte schon weniger harte Prüfungen
zu bestehen als die spanischen Kolonien. In dem Augenblick, als Napo-
leons französische Heeresmacht in Lissabon eingerückt war (1808), hatte
sich, wie wir gesehen haben, König Johann VI. von Portugal nach der Haupt-
stadt Brasiliens geflüchtet. Sein Aufenthalt hierselbst währte eine lange
Zeit. Erst im Jahre 1820 fuhr er wieder nach Portugal heim, nachdem er
seinen Sohn Don Pedro an der Spitze der brasilianischen Geschäfte zurück-
gelassen hatte. Aber die Brasilianer zwangen Don Pedro unter Auf-
hebung jedes Untertanenverhältnisses zu Portugal, dessen König sein Vater
Johann VI. war, dauernd in Brasilien zu bleiben. Als Johanii VI. starb
(11. März 1826), folgte ihm auf den Königsthron von Portugal kein an-
derer als seine Tochter Donna Maria, während sein Sohn Don Pedro
auch nun weiter in Brasilien blieb, um hier als Kaiser zu herrschen.
So bedeutungsvoll es für Europa sein mochte, wenn nun auch noch
die südliche Hälfte des amerikanischen Weltteils nach dem Vorgang der
nördlichen seine staatliche Selbständigkeit ausgesprochen hatte, so rief
doch dieses weltbewegende Ereignis zum mindesten im Augenblick in
Europa weniger Erregung hervor als der damalige von Erfolg gekrönte
Aufstand der Hellenen gegen die Türken, der ebenfalls mit der Unab-
hängigkeitserklärung Griechenlands endete.
Als sich auf dem Wiener Kongreß die Verbündeten in die Frankreich
abgenommene Beute teilten, wurden aller Länder Schicksale entschieden
bis auf das der Türkei, das lieber der Zukunft vorbehalten bleiben sollte.
Ein kluger Vorbehalt, hätte doch jede Teilung des Ottomanischen Kaiser-
reichs Reibungen schwerster Art zwischen den Teilenden, besonders zwischen
Zar Alexander und England, hervorgerufen. Eine Täuschung über den
Zustand dieses „kranken Mannes", unter welchem Namen das Ottoma-
nische Reich bezeichnet wurde, war aber nicht möglich. Völkerschaften aller
Zungen, die sich in Religion und Sitten voneinander unterschieden und
gegenseitig befehdeten und die in denselben Städten und Dörfern neben-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 361
einander saßen, ertrugen nur unwillig die Herrschaft einer habgierigen
Regierung, die selbst wieder von einer Truppe von Janitscharen abhängig
war, die ihrerseits feiger und käuflicher waren als es jemals die Prätorianer
des alten Rom oder irgendeines ähnlichen Landes gewesen waren. In Ser-
bien, Bosnien, in der Walachei und Moldau, in Montenegro, überall ent-
standen von Tag zu Tag neue Aufstände, die die Regierung des Sultans
mit äußerster Grausamkeit unterdrückte. Allein, um sich die Freiheit zu
erkämpfen, nahmen diese kriegerischen und heldenmütigen Völker jedes
nur erdenkliche Opfer an Gut und Blut gern auf sich.
Die Meuterei nahm ihren Ausgangspunkt in Rumänien (1821). Doch
ließ der Zar Alexander, der zwischen der Mystik des Absolutismus und der
des Liberalismus ewig wie ein Pendel hin- und herschwankte, die Ru-
mänen vollständig im Stich. Gleichwohl fühlten die Griechen, daß dies
der geeignete Augenblick für ihre Befreiung sei. Schon lange suchten Ge-
heimbünde (sogenannte Helarien) die Griechen zu einer allgemeinen Er-
hebung zu begeistern, indem sie sie an die alten ruhmvollen Tage von
Marathon und den Thermopylen erinnerten. Als Kinder des Gebirges
waren diese Griechen alle geborene Soldaten, auch gaben sie kühne und
fähige Seeleute ab. Bald loderte der Aufruhr in ganz Griechenland, und
noch ehe es den türkischen Truppen gelungen war, einzutreffen, trat ein
hellenischer Kongreß in Epidaurus zusammen (Januar 1822), auf dem die
griechische Unabhängigkeit verkündet wurde. Wie die Türkei es bei ähn-
lichen Anlässen immer getan hatte, -antwortete sie auch hierauf " mit einer
Reihe von Kämpfen, die fast stets siegreich und von .den blutigsten Metze-
leien begleitet waren. Die Insel Chios wurde zurückerobert (April 1822), und
ihre Bewohner niedergemacht (dreiundzwanzigtausend) oder als Sklaven
verkauft (siebenundvierzigtausend). Es war ein VS.ehrei des Entsetzens in
dem ganzen gesitteten Europa; doch das amtliche Europa der Herrscher
oder, mit andern Worten, ihrer zu Verona versammelten Diplomaten verhielt
sieh dazu stillschweigend. • "
Die Regierungen- konnten dieses Stillschweigen jedoch nicht beliebig
verlängern, durchzitterte doch das ganze Abendland die einmütigste Er-
regung; Engländer, wie der gefeierte Dichter Lord Byron, Franzosen, wie
der General Fabvier, Deutsche, wie der Oberst Heideck, eilten herbei, um
mit den Hellenen gemeinsam in Reih und Glied zu kämpfen. In London
war der neue Minister Ganning (1822), obwohl ein Tory, immerhin so
liberal, die Grundsätze eines Castlereagh, dessen Nachfolger er geworden
war, eines Wellington und, der HeiUgen Alhanz nicht ^sklavisch nachzubeten,
li^ Rußland hatte nach , dem Tode des Zaren Alexander I. nunmehr sein ener-
362 Siebentes Buch.
gischer Bruder Nikolaus I. (1825 — 1855) den Thron bestiegen und, sogleich
von unbestimmten panslawistischen Anwandlungen beherrscht, nichts so
sehr als die Schwächung der Türkei gewünscht.
Die Einnahme von Missolunghi durch die Türken (23. April 1826) be-
stimmte Rußland, England und Frankreich einzuschreiten, trotz Öster-
reichs, das den Überlieferungen des Despotismus noch immer treu war
und die Erhaltung des staatlichen und monarchischen Zustandes für alle
Länder auf der Grundlage des Friedens von 181 5 noch immer unerschütter-
lich vertrat. Bei Navarino vernichteten die vereinigten Flotten von Eng-
land, Frankreich und Rußland die türkische Flotte (18. Oktober 1827).
Weder England noch Prankreich setzte den Krieg fort, doch der Zar
beabsichtigte nicht, so kurz vor Konstantinopel umzukehren. Da sich der
Sultan Mahmud II. (1808— 1839) dem Frieden gegenüber ablehnend ver-
hielt, marschierte ein russisches Heer auf Stambul. Erst als es bis nach
Adrianopel gelangt war, ließ sich Mahmud auf Verhandlungen ein (Sep-
tember 1829). Der Friede von Adrianopel bestätigte gleichzeitig die Un-
abhängigkeit Griechenlands wie die führende Stellung Rußlands auf der
Balkanhalbinsel. Die russischen Kriegsschiffe erlangten freie Durchfahrt
durch die Dardanellen, und die russischen Soldaten durften wenigstens
bis auf weiteres Bulgarien besetzen. Der Moldau und Walachei aber wurde
eine Art halbe Unabhängigkeit bewiüigt,. In der Tat bedeutete das den
! ersten Anfang der Zerstückelung des Türkischen Reiches mit allen den
auch bis heute noch nicht befriedigten Begehrlichkeiten, die diese Teilung
entfesseln sollte.
Für das befreite Griechenland und sein neues selbständiges Staats-
gebilde wurde nun ein König gesucht, der sich auch bald in der Person
des Prinzen Otto von Bayern fand (7. Mai 1832). Athen wurde nun wiedc;r,
wie in den einstigen Tagen hellenischer Größe, die Hauptstadt des kleinen
griechischen Königreichs.
Weniger glücklich war Polen in einem Aufstande gegen Rußland, in
dem es, im Gegensatz zu Griechenland in dem seinen gegen die Türkei,
schließlich unterliegen sollte.
Trotz mancher selbstherrlicher Anwandlungen war gleichwohl Zar Alex-
ander I. im allgemeinen von vornehmer imd menschlicher Gesinnung.
Aber sein Nachfolger, der noch ganz jugendliche Nikolaus I., war von
einer unerbittlichen Grausamkeit und erbarmungslosen Härte. Er hatte
seine Thronfolge lediglich den ziemlich eigenartigen Umständen des Aus-
bruches der Revolution der Dekabristen (Dezembermänner) zu verdanken
(26. [14.] Dezember 1825) und seit jenen unruhigen Tagen einen tiefen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 363
Haß gegen alles bewahrt, was nur irgendwie mit Umsturz zusammen-
hing, wobei es ihm ganz gleichgültig war, wie sich der Umsturz äußerte,
ob, wie er sich auszudrücken pflegte, in jakobinischer oder in polnischer
Gestalt.
Doch fürs erste gab er sich den heuchlerischen Anschein, als ob er
Polen einige Selbständigkeit unter seinem Zepter lassen wollte. Auf
Grund der Abmachungen von 181 5 war er König von Polen und Kaiser
von Rußland. Doch die Nachrichten aus Paris von den verschiedenen in
Frankreich und den anderen europäischen Ländern gelungenen Revolu-
tionen ermunterten auch die Polen sich zu erheben (29, November 1830),
Die polnischen Soldaten, die damals mit den russischen gemeinsam in Reih
und Glied ins Heer eingestellt wurden, traten sofort auf die Seite der Auf-
ständischen, die die Absetzung des Zaren Nikolaus verkündeten.
Doch nur zu bald war die Ordnung im russischen Heer wiederherge-
stellt, das nun zu erfolgreichem Angriff überging.
So außerordentlich volkstümlich auch die Sache der Polen in England
und ganz besonders in Frankreich war, so wagten doch weder Frankreich
noch England dazwischenzutreten.
Die Polen kämpften äußerst heldenmütig. Ja, zu Anfang dieses blu-
tigen Krieges errangen sie sogar in der einen Woche vom 19. bis 25. Februar
1831 nicht weniger als vier wirklich große Siege unter den Generalen Chlo-
picki, Dwernicki, Skrzynecki und Krukowiecki, deren Namen damals in
ganz Europa gefeiert wurden. Doch dieser Erfolg war nur von kurzer
Dauer! Nach einem für beide Seiten äußerst blutigen Siege über die Polen
unter ihrem General Skrzynecki (26. Mai 1831) rückte das russische Heer,
das nur durch seine überlegene Artillerie gesiegt hatte, bis Warschau vor,
das es trotz hartnäckigen Widerstandes doch schließUch zur Übergabe
zwaiig (7. September 1831). Von dem besiegten heldenmütigen Heere
konnten sich nur einige ärmliche Trümmer retten, die in Österreich und
Preußen Aufnahme fanden.
Das war das Ende der polnischen Unabhängigkeit, aber nicht das
Ende Polens. Vergebens sollte die Regierung des Zaren mit Verbannungen
in die sibirischen Einöden, Hinrichtungen und Gütereinziehungen um sich
werfen, vergebens sollte sie den Gebrauch der polnischen Sprache ächten
und statt dessen den Polen die Sprache, die Münzen, die Gerichte und
die Sitten Rußlands aufzuzwingen suchen: es sollte ihr doch nicht ge-
lingen, das Volkstum von fünfzehn Millionen Menschen zu vernichten.
Gesetzt den Fall, sie könnte zu irgendeiner Zeit selbst Preußens und Öster-
reichs Einverständnis erhalten, wie sollte sie es auch dann nur zustande
364 Siebentes Buch.
bringen, eine Nation daran hindern zu wollen, ihre Künstler und ihre Dichter
zu besitzen und die Erinnerung an ihre Helden in alle Ewigkeit lebendig zu
bewahren.
Aber auch Rußland selbst wurde der augenscheinliche Russifizierungs-
versuch Polens verhängnisvoll. Es vollzog sich nun, besonders nach Frank-
reich, eine Auswanderungsbewegung polnischer Flüchtlinge, die überall
in der Welt einen heiligen Haß gegen Rußland und russischen Despotismus
predigten. Die Polen bildeten damals unter den Slawen bei weitem die
auserlesensten Elemente, wie es einstens unter den Franzosen jene durch
die Widerrufung des Ediktes von Nantes verbannten und in den verschie-
denen deutschen Staaten, besonders in Preußen gastfreundlich aufgenom-
menen Hugenotten gebildet hatten. Dadurch, daß der Zar die Polen da-
mals so grausam behandelte, hat er nicht nur diese ausgezeichnetsten unter
seinen Untertanen verloren, sondern sich sogar aus ihnen allen die unver-
söhnlichsten Feinde gemacht.
Auch mit dem Polnischen Aufstande sind noch nicht alle Wirkungen
der Pariser Julitage des Jahres 1830 auf das weitere Europa erschöpft; sie
erstrecken sich bis nach Belgien, das damals dazu kam, sich von Holland
zu trennen. Belgien war schon in jenen Tagen, ganz wie noch heute, zu
gleichen Teilen zwischen den flämischsprechenden Flamländern und den
französischsprechenden Wallonen geteilt. Aber trotz ihrer gleichen Sprache
neigten doch die flämischen Belgier, die glühende Katholiken waren, nur
wenig zu ihren holländischen Stammesgenossen hin, die in der Mehrzahl
Protestanten sind. Andererseits wollten auch nicht die großen wallonischen
Städte wie Lüttich und Brüssel die flämische Sprache bei sich einfach
durch Zwang einführen lassen. So erhob sich im August 1830 ganz Belgien ;
in dem aus Belgiern und Holländern gemischten Heere trat eine Spaltung
.ein; die belgischen Offiziere und Soldaten machten die nationale Sache
zu der ihrigen derart, daß jede Unterdrückung dieser Bewegung von vorn-
herein unmöglich war. Eine einstweilige Regierung beschloß Belgiens
Selbständigkeit (4. Oktober 1830).
Ehe nun die Belgier und Holländer die Entscheidung über ihr Schicksal
durch einen Krieg herbeiführten, waren sie so verständig, sich dahin zu
einigen, sich lieber der Entscheidung der Mächte anzuvertrauen (Londoner
Konferenz 1831). Es kam eine Verständigung zustande, der zufolge Belgien
ein , selbständiges Königreich mit einer von den Großniächten gewähr-
leisteten Neutralität bilden sollte. Ein deutscher Prinz aus dem herzog-
lichen Hause Sachsen- Koburg war dazu ausersehen, unter dem Namen
Leopold 1.^(18514-1865), die Reihe der belgischen "Könfgef zu eröffnen.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 365
Ein Jahr lang wollte sich allerdings noch König Wilhelm I. von Holland
(1815 — 1840) diese Abtretung eines Teiles seines Königreiches nicht ge-
fallen lassen, so daß erst ein französisches Heer und die enghsche Flotte
zu seiner Hilfe kommen mußten, um die Holländer zum Verlassen der von
ihnen besetzten Stadt Antwerpen zu zwingen.
So führte die ursprünglich ausschließlich auf französischen Boden be-
schränkte Julirevolution des Jahres 1830 in allen nur möglichen Ländern
eine starke liberale Bewegung herbei, besonders auch in England. Bei
seinem so weisen Volke, in dem sich so viel edler Idealismus mit so viel
praktischer Klugheit vereint, vollzog sich auch damals eine Bewegung ohne
jede Erregung und ein Aufschwung ohne jeden Umschwung, eine friedliche
Neugestaltung ohne gewaltsame Umgestaltung, ein Aufstieg ohne Umsturz.
Es hatte sich ja auch in dem Britischen Inselreich schon volle zwei
Jahrhunderte das parlamentarische Regierungssystem eingeführt, aber es
wurde, wenn auch nicht gerade grundsätzlich, so doch jedenfalls tatsächlich
durch ein so mangelhaftes Wahlsystem gefälscht, wie man es sich heute
kaum vorstellen kann. Gewisse Abgeordnete wurden von nicht mehr als
etwa zwanzig Wählern ins Parlament gesandt; in anderen Wahlkreisen
hatten Großstädte wie Manchester und Liverpool nicht einen einzigen
Abgeordneten für sich allein.
Die größte Sprge der englischen Liberalen (Whigs) bildete die Reform
dieses Wahlsystems. Im Gegensatz^ zu/ ihnen' hingen die Tories an ..der
Aufrechterhaltung der Überlieferungen. Aber als wahrhafte Staatsmänner
Kaben weder die Whigs noch die Tories jemals ihren Eigensinn oder ihre
Macht auf die äußerste Spitze getrieben, und die Tories, die im Parlamente
bisher stets, die Mehrheit hätten, daher auch nieinals eines von beide»
mißbraucht. Sie gaben auch mal nach. Ein so hervorfagehder Tory-
minister wie Canning ging, auf jeden nur irgend vorgebrachten Reform-
vorschlag verständnisvoll eiti, sein Nachfolger Sir Robert Peel desgleichen;
. Das Unterhaus {'//oüse 0/ Common« j des Jahres 1832, das zum ersten Male
•nach dem neuen Wahlsysteme gewählt worden war und den Volksvvillen
so treu widerspiegelte wie noch nie zuvor, trat nunmehr für die Whigs , statt
der bisherigen Tori6s ein, oder^ w^ dasselbe ist, wur<ie Uberal. Vierzig
' Jahre lang hatten die Tories die Macht behauptet, und nun sollte die .Partei
der Whigs auch gerade wieder vierzig Jahre die Mehrheit haben. ' ...
So beseitigten aus der altehrwürdigen englischen Verfassung bald die
Tories, bald die Whigs ganz allmählich all die mancherlei Bestimmungen,
die an jener irgendwie veraltet waren oder den Stempel irgendwelcher
Härte oder Unduldsamkeit trugen, ^ögen in England die .Minister
366 Siebentes Buch.
liberal oder konservativ sein, sie beobachten stets das gleiche poHtische
Verhalten, vermöge dessen sie niemals die notwendig gewordenen Re-
formen zurückzuweisen wagen, sondern vielmehr stets verstehen werden,
die altvertrauten Gewohnheitsrechte und die bisweilen schon Jahrhunderte
bestehenden Gesetzgebungen, ohne sie deshalb völlig umzustürzen, doch der
Neuzeit gemäß zu gestalten.
Diese Nachgiebigkeit, diese Besonnenheit, diese Weisheit waren den
politischen Parteien Frankreichs völlig unbekannte Dinge. Auch dort
wäre eine Wahlreform nötig gewesen; doch die Regierung eines Ludwig
Philipp war weder verständig genug, sie aus eigenem Antrieb vorzu-
sehlagen noch auch von den Parteien anzunehmen. Und die Opposition
hinwiederum, anstatt mit einer Wahlreform vorlieb zu nehmen, machte
sogleich Revolution (24. Februar 1848).
In den Jahren 181 5 — 1848 hatte sich die wirtschaftliche und gesell-
schaftliche Lage Europas von Grund aus umgestaltet. Es war die Groß-
industrie entstanden, und eine völlig neue Gesellschaftsklasse war in die
Erscheinung getreten; es war das die Arbeiterklasse, die die alte Gesell-
schaftsordnung entweder überhaupt gar nicht oder doch so gut wie gar
nicht kannte.
Es war die Dampfmaschine, die damals in der Tat die Bedingungen
des menschlichen Lebens gänzlich verschoben hatte.
Sie führte sich zunächst nur langsam ein und breitete sich kaum merklich
aus; doch dann um 1825 herum nahm sie mit einem Male einen raschen,
ungewöhnlichen, ja geradezu glänzenden Aufschwung.
Schon im Jahre 1699 war der Franzose Denis Papin (1647 — 171 1) zu der
Erkenntnis gekommen, daß das in einem geschlossenen Gefäß erwärmte
Wasser eine, man kann wohl sagen, unbeschränkte Dehnbarkeit besitze.
Er hatte auch schon eine Feuermaschine, wie er sie nannte, d. h. einen mit
Wasser gefüllten und durch eine Flamme erhitzten Kessel ersonnen. Ein
Schiff, das mit dieser Maschine ausgestattet war, wurde von ihr in Be-
wegung gesetzt und vorwärts getrieben, ohne daß, was damals etwas ganz
Unerhörtes war, die Hilfe des Windes oder der Ruder in Anspruch ge-
nommen zu werden brauchte. James Watt (1736 — 1819) hatte im Jahre
1769 eine erste derartige Dampfmaschine für verschiedene industrielle
Zwecke gebaut. Im Jahre 1803 stellte ein Amerikaner Robert Fulton (1765
bis 181 5) einen Schaufelraddampfer her, den er dem Ersten Konsul der
französischen Republik für seine Seeunternehmungen vergeblich anbot.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 367
Doch darum verzagte Fulton nicht, sondern fertigte vielmehr immer neue
steamers an, so daß es im Jahre 181 5 im Gegensatz zum damahgen euro-
päischen Kriegsschauplatze in Amerika bereits einige Dampfschiffe gab.
Etwa um dieselbe Zeit begann auch die Verwendung der Steinkohle
zu Heizzwecken. Die Steinkohlenlager, an denen "England, Belgien, West-
falen und das nördliche Frankreich so reiche Bodenschätze besitzen, be-
gannen damals ausgebeutet zu werden.
Im Jahre 1814 erbaute der Engländer George Stephenson (1781 — 1848)
zum erstenmal eine Lokomotive, die schwere Lasten auf einem Eisen-
geleise zu Newcastle mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Kilometern
in der Stunde fortzuschaffen vermochte. Bald wurden überall Eisenbahnen
mit mehr oder weniger vollkommenen Lokomotiven angelegt. Im Jahre
1829 ging bereits eine Eisenbahn von Liverpool nach Manchester und eine
zweite in Frankreich von Saint-Etienne nach Andrdzieux, die 1832 bis
Lyon erweitert wurde, und im Jahre 1835 eine dritte von Paris nach
Saint-Germain. In demselben Jahre wurde auch in Deutschland die erste
Eisenbahn auf der Strecke zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet, in den
Jahren 1837 — 1839 die Eisenbahnverbindung zwischen Leipzig und Dresden
vollendet, aber erst 1838 eine Eisenbahn in Preußen bei Berlin für die
kurze Strecke zwischen Zehlendorf und Potsdam angelegt. Aber schon
im Jahre 1845 war ganz Europa von Eisenbahnen durchfurcht, und ebenso
die Meere von Steamers durchlaufen. Werkstätten zum Bau dieser ge-
flügelten Kraftmaschinen erstanden überall, imd das Antlitz der Welt hatte
sich nun mit einem Schlage verändert.
Diese dreifache Neuerung, Steinkohle, Eisenbahn und Dampfschiff,
bedeutet geradezu die Welt der Gegenwart, und, wenn es natürlich auch
unmöglich ist, dieser sich nur schrittweise vollziehenden Umwälzung ein
bestimmtes Datum zuzuweisen, so steht doch soviel fest, daß um das
Jahr 1848 die heutige industrielle Welt bereits in ihrer vollen Jugendkraft
steht.
Durch die Eisenbahnen werden die Verkehrsmöglichkeiten zwischen
den Menschen leichter, bequemer, weniger kostspielig und demzufolge auch
zahlreicher. Man fährt von Berlin nach Madrid nur drei Tage, wozu man
früher einen ganzen Monat brauchte, von New York nach Peking nicht
mehr als drei Wochen, wozu man einst ein halbes Jahr gebraucht hatte.
Zwischen den einzelnen Städten innerhalb unserer im Vergleich zu Amerika
verhältnismäßig so kleinen europäischen Staaten gibt es überhaupt keine
Entfernungen mehr. Es ist heut leichter, von Paris nach Ronen zu fahren,
als einstens von Paris nach Versailles. Manchester Hegt heute vor den Toren
36Ö Siebentes Buch.
xU
Londons, Florenz vor denen Roms, Trouville vor denen von Paris und
Heringsdorf vor denen von Berlin. Die vereinsamten Provinzen entwickeln
sich zu den Vororten der Hauptstädte,
Dieses Näherrücken der Entfernungen zeigt sich bei dem Güterverkehr
vielleicht noch deutlicher, als es schon bei dem Personenverkehr der Fall
ist. Die Erzeugnisse der fernsten Länderstriche und die fremdesten Lebens-
mittelwaren kann der Käufer ganz mühe- und kostenlos in den Waren-
häusern in Augenschein nehmen. Mit dem Verkehr wächst auch Wohlstand
und Wohlbehagen. Was einst nur einigen wenigen glücklichen Begüterten
vorbehalten war, ist heute den Ärmsten der Armen zugänglich.
^ Mit der Ausdehnung des Welthandels und der Erleichterung des Reise-
verkehrs erfolgt auch eine Umbildung aller Anschauungen und eine Er-
weiterung aller geistigen Gesichtskreise. Der einzelne Mensch kann nirgends
mehr, wie einst, in seine kleinere oder größere Heimatstadt eingeschlossen.
Tag um Tag in denselben veralteten Überlieferungen verbauern und ver-
sauern. Jeder einzelne ist genötigt, den von draußen überall widerhallenden
Nachrichten ein Ohr zu leihen. Jeder einzelne, er mag wollen oder nicht,
ist einfach gezwungen, zu den großen Meinungskriegen, mö^en sie sogar
nur in der Ferne wüten, auch persönliche Stellung zu nehmen und die
großen Fragen, die die übrigen Menschen erregen, auch selbst kennen
zu lernen, besonders aber sich auch ein wenig mit den Naturwissenschaften
vertraut zu machen, die überall hindringen, alles umgestalten und durch
die täglich neueroberten Wahrheiten auch täglich neue Aussichten eröffnen.
Das Weltbürgertiim oder der Kosmopolitismus, den das Griechentum trotz
seiner vielen überseeischen Unternehmungen so gar nitht und das Mittel-
alter noch viel weniger kannte und den selbst die Künstler der Renaissance
und die Enzyklopädisten des Jahres 1760 nur einer kleinen, auserlesenen
Schar zugute kommen zu lassen sich gedrungen fühlten, wird ein? Alltäg-
lichkeit, die sich auch den kleinsten Leuten in jedem Augenblick ihres
"Daseins von selbst, auf drängt.
i Mit den Eisenbahnen, den elektrischen Telegraphen und der Tagespresse
bildet die Menschenwelt in der heutigen Zeit ein gegliedertes Ganzes, dessen
einzelne Teile ohne Ausnahme sämtlich bewußt miternpfiadend ineinander-
, greifen. \
' Dieses. Gegenseitigkeits- und Gemeinschaftsgefühl ^uhter den Menschen,
das noch der Traum des 18. Jahrhunderts war, ist nun eine Wirklichkeit
geworden^ die • sich weniger kraft irgendeines Grundsatzes als der Gewalt
einer bestimmten Tatsache durchgesetzt hat. Durch keinem -abstrakten
Vernünfteleien, nein,, vielmehr durch die •Allherrschaft- ^er- Naturwissen-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 36g
Schäften hat es sich in unsere Welt eingeführt. Das gegenseitige Gemein-
schaftsgefühl zwischen zwei beliebigen Europäern ist heute größer, als es
noch zur Zeit Ludwigs XIV. auch nur zwischen einem Bretonen und einem
Provenzalen war. Ein gemeinsames Band verbindet die gesamte gesittete
Menschheit, und das Band ist so stark, daß ein Krieg zwischen den Völkern
auch die sämtlichen furchtbaren Merkmale eines Bürgerkrieges haben würde.
Bereits vierhundert Jahre vor unserer Zeit hatte die Erfindung der ,__
Buchdruckerkunst, wie wir gesehen haben, bewirkt, daß der einzelne Mensch
seine Gedanken durch Niederschrift allen Menschen mitzuteilen vermochte.
Heute aber kann jeder Bürger der Welt dank der Einrichtungen der Eisen-
bahnen auch bei der größten Entfernung andere Weltbürger sogar mit
leibhaftigen Augen sehen, verstehen und kennen lernen, ja in wenigen
Tagen den ganzen europäischen Erdteil durcheilen. „Es gibt zwei große
Abschnitte in der Weltgeschichte," pflegte der große Geschichtschreiber|^,^i/^
Victor Duruy zu sagen, ,,den einen bis zur und den anderen seit -rp-
der Einführung der Eisenbahnen." -""^
Die Ausnutzung der Dampfkraft hat noch unzählig viele weitere Folgen
mit sich geführt. Zunächst ist sie eine Quelle des Reichtums für die
Länder geworden, deren Untergrund kohlenhaltig ist, besonders also .
für England. Der Wohlstand der Völker, die in der glücklichen Lage
waren, den kostbarsten Heizstoff zu besitzen, hat sich in einem ung-eahnten
Maße gehoben. Es hat sich in der Tat herausgestellt, daß die Ausbeutung
der Kohlengruben ersprießlicher gewesen ist als die Förderung des Goldes,
ja auch als der Getreidebau. Auf den Steinkohlengeländen haben Volks-
massen, dicht aneinandergedrängt, trotz engen Raumes in großer Zahl
zu leben und sogar Ersparnisse zu machen gewußt. Früher stand die Volks-
dichtigkeit im engen Verhältnis zu der Menge des Brotes, die der Boden
hervorzubringen vermochte; jetzt kennt sie keine Beschränkung mehr,
da die Steinkohlenlager ohne Übertreibung unerschöpflich sind. So haben
Sachsen, Belgien und England trotz der verhältnismäßig geringen Um-
fänglichkeit ihres Gebietes bedeutende Völkerschaften zu werden verstanden
und sind es auch tatsächlich geworden.
Die Gewinnung der Steinkohlen und die Verwendung der Maschinen
haben als unmittelbares Ergebnis eine sehr folgenschwere Erscheinung
gehabt, nämlich die, daß die Fluren mehr oder weniger verlassen worden,
die Städte aber iils Maßlose gewachsen sind. Vor Jahr und Tag, beispiels-
weise noch 1789, unterschied man Adlige, Priester, Bürger und Bauern.
Jetzt nun taucht mit einem Male eine neue Gesellschaftsklasse auf, die
eine gewisse Mittelstellung zwischen Bauern und Bürgern einnimmt, aber
370 Siebentes Buch.
sich von beiden unterscheidet: die Arbeiter. Sie sind keine Bauern; denn
sie bebauen nicht den Boden. Sie sind keine Bürger; den sie leben von der
Arbeit ihrer Hände. Zwar sind sie aufgeklärter als die Bauern, doch
haben sie weder deren sprichwörtliche Klugheit, noch deren Gefügigkeit.
Ihr Leben und Denken ist ein gemeinschaftliches; gemeinschaftlich lassen
'sie sich von plötzlichen Antrieben hinreißen, die sich oft gar nicht erklären
lassen, aber sie so begeistern, wie sich eben nur Massen begeistern lassen.
An den alten Sitten hängen sie nicht, sondern sind vielmehr veränderungs-
süchtig, voll Vertrauensseligkeit zu allen neuen Ideen, voll Glauben an einen
unbestimmten idealen Fortschritt und zu allen möglichen Traum Vorstel-
lungen bereit, um nur zu bald aus ihren zauberhaften Gaukelspielen um
so ernüchterter aufzuwachen, bei allem ihrem Hunger nach Gerechtigkeit
selber ungerecht, doch darum nicht weniger bedauernswert, wird doch ihr
Kampf ums Dasein von Tag zu Tag erbitterter.
Was wohl noch weiter den besonderen Geist des Arbeiters charakterisiert,
so wie er um 1848 hervorzutreten beginnt, ist jenes den Bauern noch voll-
kommen unbekannte Zusammengehörigkeitsgefühl. Der Landmann klebt
an dem Stück Erde, das er beackert hat, und besucht höchstens seine
nächsten Nachbarn, und auch sie nur selten und mißgünstig. Sein schwei-
fender Blick geht nicht über den Turm seiner Dorfkirche, seine Sorge über
seine Scholle und der Kreis seiner Vorstellungen über seine Ortschaft
hinaus. Im Gegensatz hierzu kennt der Arbeiter etwas von der großen
.Welt draußen; er liest, er begreift, er findet Geschmack; er betrachtet sich
als den Bruder der Menschen, die sich mit ihm gemeinsam quälen, und
verteidigt ihre Interessen, die ganz ebenso die seinen sind, mit allen nur
erdenklichen Mitteln, als da sind Arbeitseinstellimgen, Versammlungen,
Vereine, Genossenschaften und Gewerkschaften.
Ehemals, als noch nicht die großen Werkstätten und Fabriken bestanden,
gab es Handwerker, die da arbeiteten, um zu leben, nur in kleiner Zahl
und vereinzelt; sie waren also machtlos. Aber vom Jahre 1820 und
besonders vom Jahre 1840 ab sollte sich reichlich Gelegenheit bieten,
gewaltige Fabrikstädte aus der Erde emporwachsen zu sehen, wie Man-
chester oder Birmingham, wo eine gewaltige Arbeiterb evölkerung, also
eine ganz neue Gesellschaftsklasse, mit einer glühenden Leidenschaft alle
nur irgend schwebenden Fragen aus dem Wirtschafts- und Staatsleben
erörtern sollte, dermaßen, daß die Regierungen, wenn sie sich nicht
der Gefahr aussetzen wollten, zu unterliegen, auf die Interessen und Be-
strebungen der Arbeiter Rücksicht nehmen mußten.
Die Entstehung einer ganz neuen Gesellschaftsklasse, nämlich der
Die Herrschaft der Wissenschaft. 371
Arbeiterklasse, gibt dem 19, Jahrhundert sein wesentUches Gepräge; sie
ist eins von den großen Ereignissen der Geschichte.
Wie alle menschlichen Einrichtungen, war also auch das Eindringen
der Maschinen etwas Gutes und etwas Schlechtes zugleich. Etwas Gutes,
ist doch die Kraft des Menschen verzehnfacht und verhundertfacht worden,
ja noch weit mehr, da doch ein Arbeiter, der beispielsweise eine Webe-
maschine bedient, in einem Tage eine größere und bessere Leistung zu-
stande bringen kann als ehemals zweihundert Handweber. Gegenstände,
die einstens zu den seltensten und kostbarsten gehört haben, werden heute
in Massen erzeugt; Stoffe, Eisenwaren, Porzellanwaren, ja Bücher werden
heute mit so geringen Kosten hergestellt, daß sie zu wohlfeilem Preise
verkauft werden, und daß heutzutage der ärmste Handwerker ein Wohl-
leben genießt, wie es in vergangenen Zeiten noch dem reichsten Herrn
unbekannt war. Aber es hat auch alles seine Schattenseite. Sobald die
Löhne unauskömmlich sind, sobald Arbeitslosigkeit oder Niederlegung der
Arbeit eintritt, dann ist nun gleich eine ganze Bevölkerung in drückendste
Not geraten. Ja bisweilen kommt es vor, daß in einer blühenden Industrie
die Arbeiter, die doch selbst die Schöpfer dieser Blüte sind, in elenden und
schmutzigen Löchern von Wohnungen dahinsiechen und nicht satt zu
essen haben.
Gleichviel, ob sie nun glückhch oder verhängnisvoll zu nennen sind,
in jedem Falle wurden diese Folgen des Maschinenwesens zuerst in England
sichtbar. Nach der schrecklichen Krise, die die englische Industrie gleich
bei ihrem Entstehen durchzumachen hatte (1793 — 181 5), erholte sie sich
auch ebenso schnell wieder. Die durch die Kontinentalsperre gehemmte
Ausfuhr nahm seit 181 5 eine unerwartete Entwicklung: Schiffswerften,
Webereien, Hüttenwerke, Hochöfen erstanden im ganzen Lande, so daß die
Industriearbeit förmUch aus der Erde schoß. Aber, da keine Arbeiterschutz-
gesetzgebung vorhanden war, um unvorhergesehenen Mißbräuchen steuern
zu können, machten sich große Mißstände geltend, die bald noch viel
schlimmer wurden. Da viele Bauern die Feldarbeit im Stiche gelassen
hatten, um Arbeiter zu werden, stieg auch der Preis des Brotes. Die oft
von der traurigsten Not heimgesuchten Bedürftigen mehrten sich in Stadt
und Land. Das Oberhaus (House of Lords), das ausschließUch aus Grund-
besitzern bestand, weigerte sich jedoch, die Einfuhrzölle abzuschaffen, die
auf ausländischem Getreide ruhten und damit das Brot verteuerten.
Da trat im Jahre 1837 ein Mann auf, dessen großzügige und hochherzige
Wirksamkeit zum Reichtum und zur Größe Englands gewaltig beigetragen
hat: Richard Cobden (1804— 1865).
372 Siebentes Buch.
I I
Cobden erkannte als einer der ersten etwas, was doch an sich so klar
und einleuchtend ist, daß nämlich einen Zoll auf das Getreide legen nichts
anderes heiße, als das Brot teurer liiachen. Er erkannte, was doch an
sich nicht weniger klar und einleuchtend ist, daß auch einen Zoll auf die
ausländischen Waren legen wieder nichts anderes heiße, als das tägliche
Leben für jedermann kostspieliger machen und ein Dutzend Produzenten
zum Nachteil von hunderttausend Konsumenten begünstigen; er erkannte
weiter, was ebenfalls klar und einleuchtend ist, daß ein Land ein Interesse
hat, seine Steinkohle und sein Gewebe zu verkaufen, um dafür wieder
Getreide einkaufen zu können, anstatt mit Gewalt minderwertiges Getreide
hervorzubringen zu suchen. Er zog daraus den Schluß, daß man die
Schranken jeglicher Art weit öffnen müsse, um die einheimischen Erzeug-
nisse bequem ausführen und die ausländischen frei einführen zu können.
So setzte Cobden das Freihandelssystem oder mit anderen Worten das
j I System des wohlfeilen Lebens dem Schutzzollsystem gegenüber, das das
teure Leben bedeutet. Er brauchte beinahe volle zehn Jahre, seine Lands-
leute zu überzeugen (1837 — 1847).
Der englische Thron wurde damals gerade von einer noch ganz jugend-
lichen, kaum achtzehnjährigen, durch ihre Tugenden, aber noch mehr
durch ihren Scharfsinn bewundernswürdigen Frau besetzt, der Königin
Victoria, deren Regierung von nun an so rühmhch werden sollte (1837
bis 1903). Diese Frau bewahrte ihr ganzes Leben hindurch ihrer Aufgabe
einer parlamentarischen Königin die gewissenhafteste Treue; so war sie
zunächst der Annahme des Freihandels darum weniger zugeneigt, weil das
Parlament Cobdens Beschwörungen Widerstand entgegensetzte.
Doch die Not des Landes wuchs immer mehr, und die Unruhe des.
Volkes wurde immer allgemeiner. Der leitende Minister Sir Robert Peel
ließ sich schließlich überreden und schlug die Abschaffung der Getreide-
zölle, also den Freihandel, vor.
England ist diesem großen Grundsatze auch noch zu einer Zeit treu
geblieben, wo die andern Völker, als ob sie wirklich nicht sähen, daß
England gerade dadurch unter allen Ländern der Welt das reichste und
blühendste geworden ist, ein Schutzzollsystem aufrecht erhalten, durch das
die Menschen verrohen und verarmen.
Einstens ließ* sich allerdings der Zollschutz wohl noch rechtfertigen,
brachte doch noch jedes einzelne Land all das, was zum Dasein gehört,
selbst hervor, wie etwa Brot, Wein, Vieh, Futter, Holz. Doch die Bedürf-
nisse des Lebens haben sich inzwischen vermehrt. Ein Aufwand, wie er
unseren Vätern noch unbekannt war, ist allmählich schlechterdings uner-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 373
läßlich geworden. Allerhand Neuheiten und bisher unbekannte Gebrauchs-
gegenstände sind etwas Unentbehrliches geworden, und, da jedes einzelne
Land unmöglich alles erzeugen kann, vermögen die Bürger eines Landes
mit Wohlleben und Luxus nur dann vertraut zu sein, wenn ihnen Gelegen-
heit gegeben ist, bei den anderen Völkern der Welt diejenigen Gegenstände
des Wohllebens und des Luxus zu besichtigen, die ausschließlich imd
allein Sonderbetriebe bilüg herstellen können.
Auch auf diesem Gebiete wieder ist ebenso wie auf dem der persön-
lichen Freiheit und des parlamentarischen Systems England an der Spitze
der Zivilisation marschiert.
* *
Was sich schon damals in jenem industriellen Zeitabschnitt von 181 5
bis 1848 offenbarte, war, daß die Industrie immer nur dann Fortschritte
macht, wenn sie sich an die Wissenschaft anlehnt. Schon wird es augen-
scheinlich, daß die Wissenschaft dem Menschen allein die Bewältigung
der Materie zu ermöglichen vermag. Die uns umgebende so stumpfe Materie
soll dank der Wissenschaft von nun an die Sklavin desselben Menschen
werden, dessen Tyrannin sie noch eben gewesen ist. Schon haben endlich
die Gelehrten begriffen, daß das sicherste Mittel, der Industrie neue Bahnen
zu eröffnen und die wissenschaftlichen Eroberungen nutzbar zu machen,
das ist : die Wissenschaft ganz ausschheßlich um ihrer selbst willen zu
studieren. O über jene unverständigen Gelehrten, die, anstatt zunächst
einzig und allein die Wahrheit zu suchen, noch ehe sie sie kennen, irgend-
eine nützliche Entdeckung unmittelbar verwirklichen woUen!
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts etwa beginnt die Elektrizität in
ihren wesentlichen Grundgesetzen bekannt zu werden. Alle Völker haben
zu dieser glänzenden Errungenschaft jhr Teil beigetragen. Die Italiener
Galvani (1737 — 1798) und Volta (1745 — 1827) hatten schon früher in den
Jahren 1789 und 1801, wie wir bereits gesehen haben, die Berührungs-
elektrizität (dynamische Elektrizität) entdeckt; der Däne Hans Christian
Örsted (1777 — 1851) zeigt im Jahre 1820, daß der elektrische Strom eine
Magnetnadel ablenkt. Der Franzose Andre-Marie Ampere (1775 — 1835)
nimmt diese Beobachtung wieder auf, verallgemeinert sie, bringt sie in ein
mathematisches Gesetz und entdeckt die Induktion (1828). Der Engländer
Michael Faraday (1794 — 1867) entdeckt das Wesen der elektrodynamischen
Maschinen und baut Apparate, die mit einigen unbedeutenden Abwei-
chungen diejenigen sind, die die Industrie noch heute benutzt. Der große
deutsche Mathematiker Karl Friedrich Gauß (1777 — 1855) macht sich
Amperes Entdeckung zunutze, um den elektrischen Telegraphen zu er-
6 Riebet, Geschichte der Menschheit, IL
374 Siebentes Buch.
sinnen (1833), Der russische Physiker Moritz Hermann Jacobi, ein ge-
borener Deutscher und älterer Bruder des epochemachenden Mathematikers
(i 801— 1874) wendet hinwiederum Faradays Entdeckungen auf die Elektro-
lyse an, um die Galvanoplastik zu ersinnen (1837 — 1840).
Welche Rolle diese großen Gelehrten in der Geschichte der elektrischen
Kraft gespielt haben, macht uns so recht die Tatsache deutlich, daß eine
dahin gehende Verständigung stattgefunden hat: die elektromotorische
Kraft oder das elektrische Potential nach seinen Maßeinheiten Volt (nach
dem Namen des eben erwähnten Physikers Volta), den elektrischen
Leitungswiderstand ebenso Ohm (nach dem großen deutschen Physiker
Georg Simon Ohm, 1787 — 1854), die Stromstärke ebenso Ampere, die
Elektrizitätsmenge ebenso Coulomb (nach dem französischen Physiker
Charles-Augustin de Coulomb, 1736 — 1806), die elektrische Kapazität ebenso
Farad (nach dem Namen des erwähnten Faraday) zu benennen. Das
Produkt aus einem Volt und einem Ampere ergibt einen Watt (nach James
Watt), so daß die Formel gilt: i volt X i amp^re = i watt; die Maßeinheit
eines Watt, das eine Sekunde lang arbeitet, trägt als Bezeichnung der
elektrischen Arbeitseinheit den Namen Joule (nach dem englischen Phy-
siker James Prescott Joule) oder auch Voltcoulomb. Aufs bequemste
fügen sich alle diese Maßeinheiten in das gesamte Maßsystem ein.
So trugen die sämtlichen Völker Europas durch ihre erlauchtesten
Gelehrten zu immer tieferer Ergründung der neuen geheimnisvollen Kraft
beil Ein gewaltiges Beispiel, was gemeinsame wissenschaftliche Arbelt
der Völker vermag I Haben solche Männer wie Volta, Ampere, Faraday,
Gäuß nun nicht ihrem engeren Vaterlande sowie ihrem weiteren, das
doch darüber hinaus die gesamte Menschenwelt umfassen muß, einen
größeren Dienst geleistet, als wenn sie im Gefolge irgendeines beliebigen
Eroberers mit den Waffen in der Hand einander feindlich gegenüber-
getreten wären?
In- der theoretischen Physik wurde' die große allgemeine Grundlage
zur mechanischen Wärmelehre, die alle Gesetze der Materie beherrscht,
von dem Physiker Nicolas-L^onard-Sadi Carnot (1796— 1832) gelegt. Den
beiden Deutschen Robert Mayer (181 4 — 1878) und Hermann von Helmholtz
(1821 — 1894) sowie dem eben erwähnten Engländer James Prescott Joule
(1818— 1889) gebührt der Ruhm, alle Folgerungen aus ihr gezogen, die
Theorie dazu aufgestellt und die Zahlenwerte dafür berechnet zu haben.
Von nun an findet folgende große Erscheinungstatsache volles Ver-
ständnis: das Dasein einer in der Welt kreisenden einzigen einheitUchen
Kraft, die zwar verschiedene Gestalten annehmen kann, doch gleichwohl
Die Herrschaft der Wissenschaft. 376
immer ein und dieselbe Kraft bleibt. Wärme, Bewegung, Elektrizität sind
weiter nichts als verschiedene wechselnde und wiederkehrende äußere
Erscheinungsformen einer einzigen stets sich selbst gleichenden Kraft,
deren Größe unveränderlich ist. „Nichts geht verloren!" hatte schon
Lavoisier in bezug auf die chemischen einfachen Körper oder Elemente
gesagt. Helmholtz nun stellte den Satz auf, daß auch von den ^physischen
Kräften, die im Weltenraume sich bewegen, nichts verloren gehe.
Die Chemie macht rasende Fortschritte; einerseits erhebt sie sich zu
schönen allgemeinen Aufstellungen und anderseits tritt sie in einen Lebens-
abschnitt der industriellen Ausbeutung. Michel-Eugene Chevreul (1786
bis 1889) leistet Bahnbrechendes in der Erklärung der chemischen •. Natur
der Fette (1823) (Herstellung der Kerzen). Friedrich Wöhler (1800-^1882)
entdeckte das Aluminium im Jahre 1827 und gibt im Jahre 1^29 durch die
künstliche Darstellung des Harnstoffs das erste erwähnenswerte Beispiel
eines durch Zusammensetzung mit einfachen Körpern gebildeten organischen
Körpers. Eilhard Mitscherlich (1794 — 1863) entdeckt im Jahre 1819 den
Isomorphismus der kristallinischen Formen für die gleichartigen Salze.
Jean-Baptiste Dumas (1800 — 1884} beschreibt Aufsehen erregende Fälle
von Substituierbarkeit des Wasserstoffes durch andere chemische Stoffe und
baut die Atomentheorie in, einer neuen Gestalt auf, in d6r sie bald dank
der gründlichen ergänzenden Studien, von Auguste Laureat (1808— 1853)
-'und -Karl Friedrich Gerhardt (181 6 — 1856) die Grundlage der gesamten
zeitgenössischen Chemie bilden sollte. Faraday bringt die Gase in den-
Zustand, der Flüssigkeit. Die Industriellen können nun aus der Steinkohle
nicht bloß Leuchtgas, sondern auch nocÜ unzählige andersartige Erzeugnisse
gewinnen, die zu allerlei neuen Industriezwecken dienen, von denen' sich
täglich mehr herausstellen. Gewissermaßen durch eirjen bloßen Zufall
werden Nic^phore Niepce (1765 — 1833) und Louis-Jacques-Mänd^ Daguerte
(1789— 185L). im Jahre 1839 zu Erfindern der Photographie. Diese ebenso
fruchtbare wie Wundervolle Erfindung, soll nur allzubald in allen Wissen-
schaften, allen Industriezweigen und allen Künsten ausgiebigste Verwendung
finden!
In der Biologie folgen die Theorien und Entdeckungen in ununter-
brochener Reihe. Der englische Geologe Sir Charles Lyell (1797— 1875)
bekämpft im Jahre 1833 mit entscheidendem Erfolge Cuviers Annahme
von vorzeitlichen gewaltsamen Umgestaltungen der Erdoberfläche und
stellt den Satz auf, daß die Bildung der Schichten, aus deiien die Erd-
rinde besteht, sich aus ganz andersartigen Erscheinungen einer langsamen
und stufenweisen Entwicklung erklären, wie sie noch heute wirksam sind-
6*
376 Siebentes Buch.
Der französische Naturforscher und Staatsmann Frangois-Vincent Raspail
(1794 — 1878) hatte schon dunkel die Übereinstimmung in dem Zellenbau
der verschiedensten Lebewesen im Jahre 1825 vorausgesehen. Der deutsche
Naturforscher, Kulturhistoriker und Dichter Jakob Schieiden (1804 — 1881)
nimmt dann seinen Gedanken planmäßig wieder auf und entdeckt im Jahre
1838 die Übereinstimmung im Bau und Wachstum der Pflanzen, und der
große deutsche Meister moderner Naturforschung Theodor Schwann (18 10
bis 1882) dehnt sie fast unmittelbar darauf auch noch weiter auf die Gewebe
der Tiere aus. Es ist das die Zellentheorie, die als ebenso einfache und
erhabene Lehre für die beschreibenden Naturwissenschaften dasteht, wie
die Theorie von dem Gleichgewicht der Kräfte für die Physik.
So sah die arme Menschheit schon auf Grund dieser bloßen paar
allgemeinen Naturgesetze doch wenigstens ab und zu einmal einen ver-
stohlenen und schwachen Lichtschimmer durch die auf ihr lastende geistige
Nacht hindurchbrechen!
Die Physiologie, die Lavoisier so glänzend eröffnet hatte, machte wie
auch alle übrigen Naturwissenschaften, mm rasch eine Eroberung nach
der andern. Zwei Namen insbesondere sind zu erwähnen. Frangois Magendie
zu Paris (1783 — 1855) und Johannes Müller zu Berlin (1801 — 1858). Ihre
Stellung zur Wissenschaft ist nicht etwa die gleiche. Magendie hat wichtige
Entdeckungen gemacht, durch die anschaulichste Charakteristik der moto-
rischen und der sensiblen Nerven eine scharfe Abgrenzung zwischen diesen
beiden verschiedenen Arten vorgenommen, den Nutzen der eiweißhaltigen
Stoffe für den Körper aufs genaueste bestimmt, die Funktionen der Gesichts-
nerven bis ins einzelnste untersucht und die Absorbierungskraft der Blut-
gefäße endgültig festgestellt. Johannes Müller hingegen hat nicht so zahl-
reiche selbständige Einzelforschungen auf dem Gebiete der Physiologie
angestellt, als vielmehr erst die mehr oder weniger zusammenhanglosen
Forschungen der anderen in ein umfassendes einheitliches System gebracht.
Aber ihm kommt das unsterbliche Verdienst zu, die Vergleichende Physio-
logie geradezu geschaffen und durch die sinnige, planvolle und tiefe Zu-
sammenfassung der verstreuten Tatsachen es verstanden zu haben, der
physiologischen Wissenschaft ihre noch bis zum heutigen Tage unüber-
troffene klassische Gestalt zu geben.
Unter allen Naturwissenschaften bleibt auch jetzt noch die medizinische,
weil sie fortwährend zwischen schnurgerade entgegengesetzten Lehren
hin- und herschwankt, schmerzlicherweise allein immer auf demselben
Punkte stehen; Pasteur ist damals noch nicht gekommen. Immerhin sollte
die Entdeckung der Anästhesie im Jahre 1 843 durch den jungen ameri-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 377
kanischen Zahnarzt Horace Wells doch wenigstens die Chirurgie auf neue
Zähnen führen. Seitdem nun noch im Jahre 1848 dank den Entdeckungen
der Amerikaner Jackson und Morton, des englischen Chirurgen Simpson
und des französischen Physiologen Flourens die Anästhesie mittels Chloro-
form und mittels Äther in Aufnahme gekommen war, war der Zeitpunkt
angebrochen, wo die chirurgischen Operationen keine Ströme unnützen
Schmerzes mehr in der Welt verbreiten sollten.
Fast in gleichem Maße, wie für die exakten Wissenschaften, war der
Zeitabschnitt von 181 5 — 1848 auch für die schöne Literatur fruchtbar.
In Deutschland gehört ein so Gewaltiger des Geistes wie Goethe,
obwohl er erst im Jahre 1832 gestorben ist, wohl schon ebenso zum 18.
wie zum 19. Jahrhundert, stammt doch der Zweite Teil des Faust erst
aus dem Jahre 1831 und geht doch umgekehrt Werther bis auf das Jahr
1773 zurück. England erfreut sich zwar der beiden Dichter Shelley (1792
bis 1822) und Lord Byron (1788 — 1824), aber sein eigentlicher literarischer
Ruhm liegt wohl eher darin, daß es mit Walter Scott (1771 — 1832) in
der ganzen Welt den Roman wieder zu Ehren gebracht hat. Charles Dickens
(18 12 — 1870), dessen Romane die Walter Scotts an Tiefe der Auffassung
imd packender erschütternder Wirkung noch übertreffen, gehört in eine
spätere Zeit. '
Die russische Literatur, die bis dahin noch nicht über die ersten stam-
melnden Versuche hinausgekommen war, enthüllte sich nun plötzlich als
eine Quelle dichterischer Begeisterung von gewaltigem Sturm und Drang
mit den beiden Meistern russischer Dichtkunst Alexander Puschkin (1799
bis 1837) und Nikolaus Gogol (1809— 1852). ""'"
In Frankreich war die literarische Bewegung damals besonders glänzend.
Ein ungeahnter neuer Blütenlenz beschenkte es mit einer Reihe bewegter
und tiefer gewaltiger Werke, so daß sich diese erste Hälfte des 19. Jahr-
hunderts (1820 — 1848) sowohl in bezug auf den Reichtum an literarischen
Stoffen wie in bezug auf die literarische Fruchtbarkeit mit jenem großen
Jahrhundert Ludwigs XIV. (1635— 1680) vergleichen läßt, das so viele
Meisterwerke hervorgebracht hatte.
An erster Stelle ist der alles überragende Victor Hugo (1802— 1885)
zu nennen; es gibt wohl in der gesamten WeltHteratur kaum einen
erlauchteren Nanien. Noch fast ein Kind, schrieb er schon eine
Sammlung köstlicher Gedichte: Oden und Balladen (Ödes et Ballades
1821). Aber auch als Greis bescherte er der ÖffentUchkeit noch Werke von
einem so erhabenen Schwünge, wie Die höchste Gnade (La pitie supreme
1877) und Die Kunst Großvater zu sein (L'art d'etre grand-pere 1879).
378 Siebentes Buch.
Es gibt keine Dichtgattung, in der er nicht Ausgezeichnetes geleistet hätte.
Durch den Reichtum seines Stils, seine kühnen Bilder, seine Kenntnis von
Harmonie und Rhythmus, die Hoheit seiner Gedanken ist er der Erneuerer
der französischen Dichtkunst, die sich seit den Zeiten Corneilles und Ra-
cines in nur zu abgedroschenen Gemeinplätzen und schalen Alltäglichkeiten
bloß gerade noch mühsam dahinschleppte. Der Anspruch auf den Ruhriies-
titel eines der ersten Lyriker Frankreichs hat ihn gleichwohl nicht ge-
hindert, auch zu dessen auserlesensten Prosaikern zu gehören. Er hat
zwei ganz wundervolle Romane geschrieben: Die Elenden und Unglück-
lichen (Les Miserables 1862) und Liebfrauenkirche {Notre-Dame de Paris
1831). Aber er war auch ein gewaltiger Dramatiker, ist doch seit jenem
klassischen Zeitalter Racines und Corneilles kein Drama erschienen, das
Victor Hugos Hernani (1830) und Ruy Blas (1839) gleichkäme. Sein un-
vergleichliches Genie sichert ihm den ersten Platz in allen Gattungen.
Was tut es, wenn seine Politik stets schwankend und seine Philosophie
ebenso einseitig wie einfältig gewesen ist ? So oft einmal bedeutende
literarische Namen zu nennen sind, hätte wohl Victor ^Hugo ein Recht,
als einer der ersten genannt zu werden, vielleicht noch vor Dichtern wie
Homer, der uns zeitlich so fern steht, wie Dante, der uns nur eine einzige
größere Dichtung hinterlassen hat, wie Shakespeare, dessen Muse stellen-
weise eintönig und absonderlich wirkt, wie Goethe, der bei aller seiner
Größe niemals die wahrhafte innere Rührung gekannt hat!
In dieser Glanzzeit französischer Literatur steht etwa ein Victor Hugo
nicht allein. Es war nämlich als Rückschlag gegen die höchst unpoetische
Dichtkunst des 18. Jahrhunderts die Romantik entstanden, als deren
Begründer der Vicomte Frangois-Rene de Chateaubriand (1768 — 1848)
anzusehen ist. Das Meisterwerk dieses unvergleichlichen Schriftstellers
Erinnerungen von jenseits des Grabes (Memoires d'outre-tombe), erschien
zwar erst unmittelbar nach seinem im Jahre 1848 erfolgten Tode. Aber
schon lange vorher galt Chateaubriand durch seine kühne, lebendige,
bilder- und farbenreiche Prosa, wie sie sich in den Romanen Rene (1802),
Die Märtyrer (Les Martyrs 1809) und Geist des Christentums {Le Genie
du Christianisme 1802) so glänzend entfaltete, als einer der erlauchtesten
Geister der Zeit. Als Vorläufer von Victor Hugo wurde er ziim eigent-
lichen Vater der Romantik.
Niemals stand die französische Dichtkunst auf solcher Ruhmeshöhe
wie damals. Zwar hatte ein Dichter wie Goethe die kühne Behauptung
gewagt, daß das Französische nur eine sich der Poesie schlecht anschmie-
gende Sprache sei. Doch Victor Hugo hat durch sein geniales Wirken
Die Herrschaft der Wissenschaft. 37g
•das gerade Gegenteil bewiesen, und mit ihm als Zeitgenossen, ja geradezu
als Nebenbuhler dieses Wirkens, Alphonse de Lamartine (1790 — 1868),
Alfred de Musset (1810— 1857), Th^ophile .Gautier (181 1— 1872), Alfred
de Vigny (1797— 1863). Diese vollendeten Dichter haben uns so gehaltvolle
— und darum nicht weniger anmutige — Werke hinterlassen, daß die
französische Literatur, die schon mit Racine, Mohäre, Pascal, Lafontaine
einzig in der modernen Welt dastand, nach dem Frühling von 1830
allen übrigen doppelt überlegen wurde.
Der Roman wächst nicht nur an äußerem Gebietsumfang, sondern auch
nach innerem Gehalt, wie man es nicht vorausgesehen hätte, selbst noch
nach Werken wie Manon Lescaut und Werther, nach Werken wie Die
neue Heloise vmd Ivanhoe. Von 1825 — 1840 begegnete man nicht nur Hugos
Notre-Dame de Paris (Liebfrauenkirche), sondern noch einer ganzen
Menge anderer rührseliger, malerischer und so verschiedenartiger Werke,
daß jede Aufzählung, aber auch jede Zusammenfassung unmöglich ist.
Alexandre Dumas Vater (1803 — 1870), Prosper M^rimee (1803 — 1870),
Stendhal (Henri Beyle) (1783 — 1842), Eugene Sue (1804— 1857) waren
wunderbare Erzähler und zuweilen geschickte Schriftsteller. Doch keiner
von ihnen hatte eine so feine Beobachtungsgabe wie Honore Bal-
zac (1799 — 1850). Leider hat dieser große und eindringende Psychologe
nur 'einen mangelhaften und schwerfälligen Stil, was bei einem Freunde
Theophile Gautiers und Victor Hugos ziemlich eigenartig berühren muß.
Unter den Romanschriftstellern von Talent findet man jetzt auch
Frauen. Bisher waren sie in der Literatur noch nicht hervorgetreten.
Sappho geht fast bis auf das Sagenzeitalter zurück, und Frau von Sevign^
hat selbst nie darauf Anspruch gemacht, als Schriftstellerin zu gelten.
Aber im 19. Jahrhundert kann man Frauen sehen, die auch einer Mme. de
Stael (1766 — 1817) an Talent weit überlegen sind und zu berufsmäßigen
Vertreterinnen der Literatur werden: Frau Desbordes-Valmore (1785 bis
1859), Frau Tastu (1798 — 1885), Frau E. de Girardin, besonders aber
George Sand (1804— 1876) in Frankreich und George EHot (1819— 1880)
in England. Wenn es die Frauen bis jetzt noch immer nicht zu hoher
lyrischer Dichtung gebracht und ebensowenig in einem dramatischen
Werk einen Erfolg aufzuweisen haben, so haben sie sich doch zum mindesten
bisweilen im Roman ausgezeichnet, der vielleicht in noch höherem Maße
eine eindringende Analyse, seelische Beweglichkeit und Zartgefühl er-
fordert. Indiana und Mauprat von George Sand, Adam Bedä von George
Eliot zählen zu den fesselndsten Werken des 19. Jahrhxmderts.
Auch das Theater machte damals eine Zeit neuen Lebens und Ruhmes
380 Siebentes Buch.
durch. Indessen haben weder Alexandre Dumas Vater noch Eugene Scribe
(1791 — 1861) dauernde Werke zu hinterlassen vermocht, wenn auch viel-
leicht eine Ungerechtigkeit in jener Vergessenheit liegt, der ganz gewiß
nicht ihr Name, aber doch ihre Werke anheimgefallen sind.
Die Geschichtschreibung zeichnet sich teils durch die umfangreiche
Gelehrsamkeit (Augustin Thierry 1795 — 1856), teils durch die Tiefe der
Gedanken (Frangois Guizot 1798 — 1874, Frangois Villemain 1790 — 1870),
teils und besonders durch den glänzenden Stil (Michelet) aus. Jules -Michelet
(1787 — 1874), Dichter, Gelehrter, Geschichtschreiber und Philosoph, ist
einer der edelsten Schriftsteller französischer Zunge. Er hat in seine
Geschichte Frankreichs die ganze Vornehmheit seiner hohen Seele gelegt.
Er liebt sein Vaterland mit einer wahrhaft großen Liebe, und eben des-
wegen, weil er sein Vaterland liebt, liebt er auch die Menschheit.
Allen diesen edlen Geistern hat es das sogenannte romantische Zeit-
alter (1820 — 1845), ein Vierteljahrhundert, zu verdanken, wenn es neben
dem sogenannten klassischen Zeitalter von 1650 — 1675 der schönste Ab-
schnitt der französischen Literatur ist.
In den Künsten (Baukunst, Malerei, Bildhauerei) tritt weder in Frank-
reich noch im Ausland etwas Besonderes hervor, vielleicht abgesehen
von der Gruppe der Marseillaise von Frangois Rüde (1784 — 181 5) an dem
Triumphbogen zu Paris (1834).
Nur die Musik nahm eine eigenartige Entwicklung und brachte es
in Italien und Deutschland, besonders aber in Deutschland, zu einer großen,
wundervollen Macht, die Musik, die vielleicht mehr als jede andere
menschliche Schöpfung die Fähigkeit hat, die Seelen zu rühren und zu
bezaubern.
Sicher ist diese Kunst schon sehr alt; aber unser Zeitalter hat ihr
eine solche Weite gegeben, hat ihr bei allen geistigen Wesen soviel An-
sehen erzwungen und sie ihnen in so verschiedenartiger Gestalt zugeführt,
daß die Musik recht eigentlich die wesentlichste und verdienstlichste künst-
lerische Betätigung des 19. Jahrhunderts genannt werden darf.
Die griechischen Musiker kannten, soweit wir nach ziemlich dürftigen
Urkunden urteilen können, allein die Polyphonie, d. h. die gleichzeitige
Hervorbringung zweier Töne (harmonischer Töne). Aber um etwas ver-
zierenden Schmuck hinzuzutun, waren die Intervalle kleiner, derart, daß
die Tonleiter viel reicher als die unsere war. Die Polyphonie tritt noch bei
den Musikern des 13. und 14. Jahrhunderts in die Erscheinung (Joachim
Despr^s und die flämisch-burgundische Schule). Während die Mönche
jene liturgischen Sänge (die sogenannten gregorianischen, weil sie von
Die Herrschaft der Wissenschaft. 38 1
Papst Gregor VII. übernommen und gefördert wurden) komponierten, die in
den gotischen Domen durch ihre schlichte und großartige Erhabenheit wirk-
ten, schrieben die Trouveres und die Troubadours volkstümliche Tanzlieder.
Im i£. Jahrhundert paßt Palestrina (Giovanni Pierluigi Sante da Pa-
lestrina, Musicae princeps, 1526 — 1594) in Italien die majestätischen Voll-
töne der Orgel der Stimme der Offizianten an, imd die religiöse Musik
wird damals, so gewaltig wie sie nur je wieder gelungen ist, begründet.
Einen großen musikalischen Umschwung verdankte man dann Claudio
Monteverde (1558 — 1643), der durch sein Genie die Fesseln der Über-
lieferung zerbrach und damit die Polyphonie umbildete in der Weise,
daß er aus ihr einen einzigen Gesang entwickelte, eine Grundweise,
die von sich ihr unterordnenden Instrumenten begleitet wurde. So entstand
die Oper, die mehr oder weniger den altgriechischen Bühnenstücken ent-
sprach, in denen die Musik die szenische Handlung begleitete.
Im 17. und 18. Jahrhundert machte die Instrumentalmusik groBe Fort-
schritte, die vielleicht mehr der Kunst der Erbauer von Geigen, Lauten,
Klaviaturen, Spinetten, als dem Talent der Komponisten und der Finger-
fertigkeit der Ausübenden zu verdanken waren. Der Meister, der das
moderne Tonverhältnis begründete, war ein Deutscher, Johann Sebastian
Bach (1685 — 1750)- Seine Fugen sind auserwählte Werke und seine
Oratorien haben eine dramatische Kraft, wie sie nur Georg Friedrich Händel
(1685 — 1759) nach ihm zu erreichen vermochte.
Aber die wahren Begründer der modernen Musik sind Wolfgang Ama-
deus Mozart (1756 — 1791) und besonders Ludwig van Beethoven (1770 -/f^V
bis 18^7). Jener ist durch den Reichtum seiner Erfindung, durch die
Wuchtigkeit seiner darum nicht weniger zarten Takte der wahrhaft große
Musiker und daneben der unvergleichliche Dichter. Er schlägt alle mensch-
lichen Eigenschaften an und wirkt überall begeisternd und fruchtbar
anregend. Deutschland war dann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
reich an großen Musikern: Franz Schubert (1797 — 1828), Karl Maria von
Weber (1786— 1826), Felix Mendelssohn (1809 — 1847), Robert Schumann
(1810—1856), derart, daß der ruhmvollste Abschnitt in der Geschichte der
französischen Dichtung mit den ruhmvollsten Zeiten der deutschen Musik
zusammenfällt.
Aber es bedurfte langer Zeit, bis diese sinnbildliche und tiefe Musik
der großen deutschen Träumer bei der leichteren romanischen Volksseele
ein Verständnis fand. In Frankreich und Italien schlug die musikaÜsche
Kunst ganz andere Bahnen ein. Die Italiener mit Gioachino Antonio Rossini
(1792— 1868), Gaetano Donizetti (1798— 1848), Giuseppi Verdi (1813— 190O»
382 Siebentes Buch.
die Franzosen mit Frangois-Adrien Boieldieu Xi7Z5— 1834), Daniel-Frangois-
Esprit Auber (1782— 187 1) schrieben Opern und Operetten, deren heitere,
zarte, leichte und nur selten aufregende Weisen recht wenig" zu der von
ihnen so grundverschiedenen geheimnisvollen und starken Leidenschaft
stimmten, die von den deutschen Werken ausging. Doch schon im Jahre
1845 hatte Richard Wagner (1813 — 1883) zu schreiben begonnen (Tann-
häuser), ein Meister, der ganz neue Harmonien erfand, die niemand voraus-
gesehen hatte.
So begann die Musik durch das Genie mächtiger Künstler sich der
Volksseele langsam aber sicher zu bemächtigen. Ihr Einfluß wird im Laufe
der Zeiten nur noch größer werden, ja vielleicht schon in den allernächsten
Jahren eine heute noch kaum geahnte Höhe erreichen. Das 19. Jahr-
hundert aber ist damit nicht nur das Zeitalter der exakten Wissenschaften,
es ist auch das der Musik geworden.
Bei all dem literarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Leben, ^
das Frankreich erfüllte, war die äußere Politik ruhig. Ludwig Philipp war
ein eifriger Anhänger und Freund friedlicher Politik. Es galt ihm das für
seine Regierung als eine Art Ehrensache. So hatte dieser französische
Herrscher wirklich einige Verdienste um die Aufrechterhaltung des Friedens
auf dem europäischen Weltteile; denn die großen Staatsoberhäupter, wie
der Zar, der Kaiser von Österreich, der König von Preußen, zeigten der
Julimonarchie, diesem Kinde einer Revolutionsbewegung, ganz offenkundige
Feindsehgkeit. England aber überwachte eifersüchtig alle Schritte Frank-
reichs, seines alten Gegners.
Im Jahre 1840 kam ein Augenblick, wo der Krieg unvermeidlich schien;
eine Koalition der Großmächte bahnte sich gegen Frankreich an.
Es war dies gelegentlich der ägyptischen Händel. Mehemed Ali Pascha,
der befähigte albanesische Offizier, dem es gelungen war, Ägypten von der
Gewaltherrschaft der Mameluken (Mamlucken) zu befreien (181 1), war in
dem von ihm befreiten Lande unumschränkter Herr geworden. Er hatte
sich von Sultan Mahmed II. unabhängig gemacht und war ihm sogar in der
Nutznießung seiner Rechte überlegen geworden. Sein nach europäischer Art
eingerichtetes Heer vollendete zuerst die Eroberung der Gebiete des oberen
Nil. Darauf verstand er es mit Hilfe von französischen Ingenieuren und Land-
wirten, sich die wunderbare Fruchtbarkeit Ägyptens nutzbar zu machen und
große Arbeiten ausführen zu lassen. 1831 bemächtigte er sich Syriens, Im
folgenden Jahre brachte sein Sohn Ibrahim den schwachen türkischen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 383
Truppen zu Konieh eine vollständige und vernichtende Niederlage bei (21.
Dezember 1832). Dieser blutige Sieg unterwarf ihm den Sultan auf Gnade
und Ungnade; doch die Großmächte, die für das Ottomanische Reich stets
von einer wahrhaft zärtlichen Fürsorge erfüllt waren, traten dazwischen,
und es wurde ein Friedensvertrag geschlossen.
Doch bald begann der Krieg wieder. Abermals ging Mehemed AU als
vollständiger Sieger hervor. Abermals hielten ihn die Mächte in seinem
Siegeslauf auf.
In Frankreich war die öffenthche Meinung für Mehemed Ali, den Re-
formator und Wohltäter Ägyptens. Daher stieg auch in Paris die Er-
regung bis aufs äußerste, als man erfuhr, daß ein englisch-österreichisches
Geschwader mit Rußlands und Preußens Zustimmung Alexandrien be-
drohte.
Indessen wurde trotz dieser Koalition, die es ebensowohl auf Frankreich
wie auf den Pascha von Ägypten abgesehen hatte, der Frieden nicht weiter
gestört. Weder Ludwig Philipp noch Lord Palmerston, der an der Spitze
der englischen Regierung stand, wollte ernstlich den Krieg. Unter diesen
Bedingungen war die Verständigung vielleicht schwierig, aber schließlich
unvermeidlich. So wurde Mehemeds Unabhängigkeit anerkannt, doch
er mußte Syrien wieder herausgeben (Londoner Konvention vom 13. Juli
1841). Übrigens verschmerzte er die seinen mihtärischen Triumphen fol-
gende diplomatische Niederlage nicht mehr, hatte ihn doch Frankreich,
das er so liebte, im Stiche gelassen, und das war ihm sehr schmerzlich. Er
starb im Jahre 1849, um seinem Enkel Said ein unabhängiges, mächtiges
und reiches Ägypten zu hinterlassen.
Wie friedliebend immer Ludwig Philipp war, so sollte er doch auch
noch seine ganze Regierungszeit mit der Eroberung und Kolonisation Al-
geriens ausfüllen.
Es war unter Karl X. gewesen, als die französische Regierung im Jahre
1830 dem Dey von Algier den Krieg erklärte. Seit zwei Jahrhunderten war
Algerien nur noch ein Schlupfwinkel für Seeräuber. Kühne Korsaren
suchten das Mittelmeer heim bis zu den spanischen, französischen und
itaUenischen Küsten, um Fluren zu plündern und Sklaven zu erbeuten.
Im Jahre 18 16 hatte ein englisch-holländisches Geschwader Algier be-
schossen. Im Jahre 1827 verhängte eine französische Flotte die Sperre
über die Stadt, jedoch ohne sie zu beschießen. Für einen Feldzug ent-
schied man sich erst im Jahre 1830, Am 15. Juni bemächtigte sich ein
Landungskorps von 30000 Mann Algiers, ohne es zu wagen, ins Innere
384 Siebentes Buch.
vorzurücken oder das fast unbekannte weite Land, das sich bis zur Wüste
ausdehnte, zu erobern.
Die Revolution von 1830 führte in dieser militärischen Unternehmungs-
lust auch nicht die geringste Änderung herbei. Das Heer beschränkte sich
zimächst darauf, von den Häfen Algier, Oran und Bona Besitz zu ergreifen.
Aber die Ereignisse, die stets stärker als der Wille sind, drängten auch hier
zu einer immer weiteren schrittweisen Ausdehnung der französischen Herr-
schaft. Um sich in Algier, Oran und Bona zu halten, mußten erst die auf-
sässigen und feindlichen arabischen Nachbarstämme unterworfen werden.
Arabische Häuptlinge und fanatische Moslems predigten den Heiligen Krieg
und fanden immer leichtgläubige und tapfere Menschen, die ihnen gern
folgten. Die Algerier standen so unter einer Art Lehnsverfassung. Da
gehorchten Gebirgsbewohner und Städter, Bauern und Handwerker Män-
nern von erblichem Adel, die ihre Vasallen mit Steuern drückten und sich
so etwas wie ein religiöses Ansehen anmaßten, das ihre Allmacht sicherte.
Die einen wie die andern waren in zahlreiche Stämme geteilt, die die Fran-
zosen nacheinander unterwerfen mußten. Es war ein schwerer Fehler:
Völkerschaften, die bisher immer nur an die Anarchie gewohnt waren, unter
eine regelrechte französische Verwaltung zu stellen.
Aber diese Anarchie hinderte sie nicht, so kriegstüchtig zu sein, daßj
ihre Unterwerfung erst nach einem langen Kampf erreicht wurde, der sich
zu einem richtigen Feldzug ausdehnte. Er dauerte volle dreißig Jahre. Da
gab es wahrhaft große Waffentaten, wie die Einnahme von Constantine
(1837), einer, wie es schien, uneinnehmbaren Stadt, die auf einem in einen
tiefen Abgrund zum Flusse Rummel hinabführenden hochragenden Felsen
erbaut war. Im Kabylengebirge hielt ein kühner arabischer Häuptling
Abd-el-Kader das französische Heer mehrere Jahre lang in Schach. Frank-
reich mußte zahlreiche Soldaten schicken, ja in einem gegebenen Augen-
blicke hunderttausend Mann. Erst nach langem Ringen trug europäische*
Gesittung über orientalische Barbarei den Sieg davon. Die Smalah Abd-el-
Kaders wurde erobert (1843). Abd-el-Kader selbst flüchtete sich nach
Marokko und wurde trotz Unterstützung durch den Sultan von Marokko
in der Schlacht am Isly besiegt (1844). Drei Jahre später ergab er sich.
Dem Namen nach war nun ganz Algerien Frankreich unterworfen und
französische Provinz.
Ludwig Philipps Algier-Politik ist eine beharrliche und zähe gewesen.
Es galt den Grundsatz einer großen afrikanischen Kolonie nicht nur bei
dem sich darüber entrüstenden England, sondern auch bei der französischen
Kammer zur Geltung zu bringen, die die ganz unerwartet lange Ausdehnimg
Die Herrschaft der Wissenschaft. 305
dieser kostspieligen und beschwerlichen Eroberung zu ihrem großen Leid-
wesen sehen mußte.
Doch es war ein gewaltiges Werk: die Aufklärimg zu diesen Barbaren
und etwas Sicherheit und Gerechtigkeit zu Völkerschaften zu bringen, die
bisher durch unwürdige Häuptlinge gebrandschatzt, durch Bürgerkriege
zerrissen und durch Epidemien gelichtet waren. Alles in allem ist, wie sich
auch einzelne Verständnis- und urteilslose gegnerische Stimmen darüber
ausgelassen haben mögen^ die Eroberung Algeriens eine ebensolche Wohltat
für die Araber gewesen, wie es die Eroberung Indiens für die Hindus ge-
worden ist.
Und so hat auch Frankreich mit der gleichen Großzügigkeit kolonisiert
wie England. Algerier wie Hindus haben ihre Sprache, ihre Religion, ihre
Sitten unversehrt bewahrt. Das einzige Recht, das sie eingebüßt haben, ist
das gewesen: auf den Altären ihrer heidnischen Götter als Menschenopfer
bluten zu dürfen 1
Algerien ist nicht bloß erobert, es ist auch kolonisiert worden. Gleich
zu Beginn des Krieges wurden den fremden Auswanderern Ländereien be-
willigt. Im Jahre 1836 wurden 20000, im Jahre 1848 100 000 europäische
Ansiedler gezählt. Neue Städte entstanden, wie Philippeville, Orl^ansville,
Nemours. Was man einst von den römischen Soldaten sah, konnte man nun
von den französischen erleben, wie sie Landstraßen anlegten, Dörfer bauten
und Militärkolonien einrichteten, die Mittelpunkte für Verkehr und Bildung
wurden. Ganz Nordafrika, das einst schon so fruchtbar gewesen war imd
dann unter der türkischen Herrschaft so verödete, wurde nun ein reiches
acker- und weinbautreibendes Land. Als später die dritte Republik zu
Algerien noch Tunesien und Marokko fügen sollte, war damit ein großes
arabisch-französisches Reich begründet, dessen ruhmvoller Anfang die
Einnahme von Algier gewesen ist.
Wenn im Jahre 1848 Ludwig Philipps Herrschaft gestürzt wurde, ßo waren
darum auch nicht etwa die ägyptischen und noch weniger die algerischen
Angelegenheiten daran schuld. Es war vielmehr ein Pariser Aufstand, dem
sie, wie sie au3 ihm hervorgegangen war, auch wieder erliegen mußte. Die
Tage des 23., 24. und 25. Februar 1848 haben eine merkwürdige Ähn-
lichkeit mit denen des 27., 28. und 29. Juh 1830.
Der einzige Unterschied — und das ist ein wesentlicher — ist, daß
Karl X., als er seine Verordnungen erließ, von der Legalität ausgegangen
386 Siebentes Buch.
war, während Ludwig Philipp, auf die Abstimmung der Kammer gestützt,
streng seinen Pflichten als verfassungsmäßiger Herrscher treugeblieben ist.
Aber während er die Verfassung in seiner äußeren Form ehrte, miß-
achtete er sie in dem, was im tiefsten Grunde ihr Wesen ausmacht, voll-
kommen. Und in der Tat besteht das eigentliche Wesen des parlamen-
tarischen Regierungssystems, in dessen Namen am 14. Juli 1789 die Bastille
gestürmt und am 30. Juli 1830 die Monarchie der Bourbonen gestürzt
worden war, in der von den Vertretern der Nation dargestellten Vblks-
souveränität. . Nun aber stellten die Abgeordneten des Jahres 1846, die durch
ein lächerlich beschränktes Wahlrecht berufen waren, gar nicht eine rich-
tige Volksvertretung dar. •
Doch der Erfolg der Februarrevolution war. ein reiner Zufallserfolg.
Wenn Ludwig Philipp, anstatt sich mit dem Eigensinn eines Greises auf
den Widerstand zu versteifen, jene Reform angenommen hätte, die Um-
züge von Arbeitern, Studenten und Bürgerwehrmännern als ihre Forderung
verfochten, säße das Haus Orleans vielleicht noch heute auf dem Throne,
und manche schmerzlichen Zuckungen wären Frankreich erspart geblieben.
Er mußte ja schließlich doch nachgeben, nur war das bereits drei Stunden
zu spät. Schon hatte der Aufruhr Zeit gehabt, sich zu organisieren, um
nach wenigen weiteren Stunden gesiegt zu haben. - ,
Wie Karl X., mußte auch Ludwig Philipp vor- der Volkserhebung: die"
Flucht ergreifen. Aljer die republikanische Partei, die 1830 noch gar nicht
bestand,.- war schon 1848, wenn nicht^in Frankreich, . so doch "wenigstens in
•Paris mächtig.. Die- Arbeiter, die auf den Barrikaden, gekämpft hatten,
waren Sozialisten. Sie sahen in der neuen Republik eine gesellschaftliche
Umwälzung, voraus, die ihnen zwar noch unbestimmt vor • Augen schwebte,
aber sich doch mehr oder weniger so entwickeln mußte, wie sie ihnen nur
in ihren, hochfliegendsten Träumen erschienen war.
IV. Von 1848 bis 1870. : ••
Mitten in dem Getöse des Aufruhrs ernannte sich aus eigner Macht-
vollkommenheit eine provisorische Regierung. Sie bestand aus lauter
wirklichen Ehrenmännern ; .denn, in jenen Zeiten des Idealismus galt poli-
tische- Ehrenhaftigkeit noch nicht als besondere Tugend. Die meisten
dieser Männer waren völlig unbekannt, nur einige wenige waren gefeierte
Berühmtheiten, wie Lamartine, der große E)ichter, Cr^mieux, der große
Verteidiger, Louis Blanc und Ledru-Rollin, die beiden Führer der sozia-
listischen Partei, waren mit dabei, um die Ideen, für die sie nun schon seit
zehn Jahren in ihren Schriften und Reden Stimmung gemacht hatten, jetzt
in die praktische Wirklichkeit umzusetzen. -
Die Herrschaft der Wissenschaft. 387
Die Revolution hatte die Forderung der Wahlreform auf ihre Fahne
geschrieben. Und so war denn auch die erste Tat der provisorischen Regie-
rung die: eine gründliche Reform zu verfügen, und zwar gleich eine so
gründliche, daß dieselbe überall nur für eine Utopie gelten konnte, das
Allgemeine Wahlrecht (5. März 1848). Plötzlich hatte Frankreich an Stelle
250000 bisheriger Wähler nunmehr volle neun Millionen. Die Gleichheit
vor dem Wahlrecht stellte sich als unwiderstehliche logische Folge dei
Gleichheit vor dem Gesetze dar.
Die konstituierende Versammlung trat am 4. Mai zusammen. Sie erklärte
sich als die höchste Gewalt am meisten berechtigt, eine Verfassung zu
verkünden. Unter den 900 Volksvertretern waren 800 Republikaner, doch
fast alle waren ausgesprochene Gegner der sozialistischen Ideen von Louis
Blanc. Die ausführende Gewalt wurde Männern wie Arago, Garnier-Pages, •
Marie, Lamartine, Ledru-Rollin anvertraut. Die sozialistischen Parissr
Arbeiter legten, als sie sich in ihren Hoffnungen getäuscht sahen, stür-
mische Verwahrung ein und setzten einen Aufruhr ins Werk (26. Juni),
der von General Cavaignac, dem neuernannten Kriegsminister, nach-
drücklich zurückgewiesen wurde. In den Straßen von Paris spielte sich
eine viertägige Schlacht ab.
Leider kannte die aus dem noch so jungen allgemeinen Stiinmr.echt
hervorgegangene und noch so wenig wie dieses selbst erprobte Versamm-
lung nicht einmal die einfachsten Grundsätze einer wahrhaft demokratischen
Regierung. Sie nahm zwei Beschlüsse an, die beide von "vornherein der
Freiheit ihre Daseinsmöglichkeit abschnitten: der Präsident der Republik,
sollte ünnüttelbar aus dem allgemeinen Wahlre.cht hervorgehen,- 'uiid. es
sollte nur eine Kammer geben. -In ihrer Einfältigkeit sah die Versamm-
lung nicht, daß ein unmittelbar von dem Volke bezeichneter Präsident .
durch seine bloße Wahl eine ganz erschreckende und unüberwindliche
Fülle von Einfluß und Macht Erlangen müßte, und so gab sie. sich. einen
Herrn.
Dieser Herr war Louis-Napol^on Bonaparte. Er war der Sohn von König
Ludwig von Holland, dem Bruder des Kaisers Napoleon I;," und der
Königin Hortensie, die; selbst eine Tochter von Napoleons I. erster Ge-
mahlin Josephine von Beauharnais (1808) war. In bescheidenen Verhält-
nissen und unbekannt hatte er bald in Deutschland und bald wieder in
England gelebt und • einige ziemlich seichte Flugschriften veröffentlicht.
Im Jahre 1836 suchte er, wenn auch vergeblich, in Straßburg eine militä-
rische Erhebung hervorzurufen und machte sich hierdurch nur lächerlich.
\^on Ludwig Philipp schonend behandelt, fing er in Boulogne vier Jahre
388 Siebentes Buch.
später schon wieder ganz ebenso an und erneuerte seine Auf Stands versuche.
Da hierbei der Tod eines Menschen in Frage kam, wurde er zu Festungs-
haft verurteilt, die er in Ham abbüßte (1846). Hier ließ^ man ihn ent-
wischen. Im Februar 1848 kehrte er schon nach Frankreich zurück, trat
als Abgeordneter in die konstituierende Versammlung ein, in die er von
vier Departements zugleich gewählt wurde. Da bewarb er sich um die
Präsidentschaft der Republik und wurde von einer erdrückenden Mehrheit
dazu berufen.
Noch nie hatte sich das Widersinnige der Volksabstimmung so sehr in
seinem vollen Lichte gezeigt. Louis-Napoleon, eine nur durch ihre hans-
wurstmäßigen Unternehmungen bekannte, an und für sich recht mittelmäßige
Persönlichkeit, der aber den Namen des größten aller Hallunken trug, der je
gelebt hat, erhielt 5V2 Millionen Stimmen (5 434 266), Cavaignac, der unbe-
scholtene und beredte Feldherr, der Besieger Abd-el-Kaders, der Held der
Junitage, der bescheidene und entschlossene Republikaner, 1V2 Millionen
(i 498 000), Ledru-Rollin, der treue und vornehme Vertreter des allge-
meinen Wahlrechts, 370000 und Lamartine, der gefeierte Dichter, der ge-
waltige Redner, der in einem Augenblick der höchsten Not vor dem fast
triumphierenden Aufruhr den Franzosen das dreifarbige Banner entfaltete,
brachte es auf ganze 7910 Stimmen. Wohl mochte die Dankbarkeit Frank-
reichs zwischen den zuletzt genannten drei großen Namen schwanken
können; doch siehe, in seiner jämmerlichen Beschränktheit wählte es
wahrhaftig einen ganz anderen.
Die Folgen traten ebenso schnell ein wie sie leicht vorauszusehen waren.
Die gesetzgebende Versammlung, die nun an Stelle der konstituierenden
trat (11. Mai 1849), teilte sich zwischen Monarchisten, Ultramontanen, Re-
publikanern und Sozialisten. Sie gab Gesetze ohne Ende und ohne jeden
Zweck, wie sie gerade der Zufall der Ereignisse mit sich brachte. Neben ihr
und im Gegensatz zu ihr wußte der Präsident genau, was er wollte: er er-
nannte Minister, Präfekten, Generale, die ihm mit Leib und Seele ergeben
waren, und freute sich immer von neuem, wenn ihm die Soldaten zuriefen:
„Es lebe der Kaiser I"
Zum Schluß entschied er sich für den Staatsstreich, nachdem er zwei
Jahre lang insgeheim regelrecht und munter drauflos alle Vorkehrungen
dazu getroffen hatte. In der Nacht vom i, zum 2. Dezember 1851 ließ er
die Abgeordneten und den Vorsitzenden der gesetzgebenden Körperschaft
verhaften und erklärte durch Maueranschlag, daß die Körperschaft auf-
gelöst und die Verfassung aufgehoben sei. Zwar wurde hier und da in
Paris ein schüchterner Versuch gemacht, vereinzelt eine oder die andere
Die Herrschaft der Wissenschaft. 38g
Barrikade aufzurichten, doch bald war alles still. Um jede Anwandlung
zum Widerstände gleich im Keime zu ersticken, gaben die Hauptmitschul-
digen an dem Staatsstreich den zuvor mit hohen Bestechungssummen ge-
kauften und halb betrunkenen Soldaten den Befehl, auf die wehrlose Menge
zu schießen. Das gelang. Weder in Paris noch in der Provinz fand nun der
Staatsstreich den geringsten Widerspruch mehr. Die Republikaner, die
sich irgendwie dagegen aufzulehnen wagten, wurden durch sogenannte ge-
mischte Standgerichte, d. h. solche, die zur Hälfte aus bürgerlichen Be-
amten, zur andern Hälfte aber aus Militärpersonen bestanden, verurteilt.
Dreitausend Menschen wurden eingesperrt, zwölftausend in die Kolonien
geschickt.
Einige Tage später hieß eine Volksabstimmung alles Geschehene gut;
7481200 stimmten mit ja gegenüber nur 647292, die mit nein stimmten.
Dies verhängnisvolle Wagestück war nichts weiter als ein schwacher
Abklatsch des 18. Brumaire: zwar ein um nichts geringeres Unrecht, doch
ein um viel geringerer Ruhml Die Preß- und Versammlungsfreiheit wurde
unterdrückt; die gesetzgebende Körperschaft, die auf 272 Abgeordnete
beschränkt wurde (lauter von der Regierung genehmigte amtliche Kandi-
daten), verlor alle ihre Rechte bis auf das eine: über den Staatshaushalt
und die ihr vorgelegten Gesetze, aber auch nahezu völlig debattelos, abzu-
stimmen.
Nach Verlauf eines Jahres ließ sich Louis-Napoleon unter dem' Namen
Napoleon IH. zum Kaiser proklamieren. Das wurde wieder durch eine
Volksabstimmung rechtsgültig (20. November 1852); 7839000 stimmten
mit ja, 253 000 mit nein. Zwar hatte Napoleon seinen Treueid der Republik
geleistet, doch eine Volksabstimmung, dachte er sich, lasse den Eidbruch
in Vergessenheit geraten.
So hatte in Frankreich die Februarrevolution von 1848 schließlich mit
dem Despotismus geendet.
In Italien, in Ungarn, in Deutschland, in Österreich war es nicht anders.
Ja, 1848 erheben sich die verschiedensten Völker und ringen um ihre Unab-
hängigkeit, und schon 1851 müssen sie besiegt unter das Joch gehen.
Die itaUenische Unabhängigkeitsbewegung nimmt ihren Anfang gleich
in den ersten Tagen des Jahres 1848 in den Städten Neapel und Palermo,
wo der König beider Sizilien, Ferdinand II., eine richtige Verfassung an-
nimmt (18. Januar bis 10. Februar), zu Rom, wo Papst Pius IX., zunächst
von liberalen Absichten beseelt, einer Art Verfassungssatzung zustimmt
(14. März), zu Mailand, wo Radetzky und die Österreicher vertrieben werden
(18. März), zu Venedig, wo eine repubhkanische Regierung verkündet wird
7 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
390
Siebentes Buch.
und die deutschen Soldaten vertrieben werden (23. März), und besonders
zu Turin, wo sich König Karl Albert von Piemont und Sardinien nach lan-
gem Schwanken entscheidet, mit den Republikanern und den italienischen
Patrioten gemeinsame Sache zu machen (24. März 1848).
Nicht leicht wurde es Karl Albert, den Vorwürfen der Liberalen Gehör
zu schenken. Die liberale Partei wurde damals in Piemont von einem Manne
von bedeutenden Geistesanlagen, einem der befähigtesten Köpfe, der mit
Garibaldi imd Victor Emanuel gemeinsam der Begründer der italienischen
Einheit werden sollte, dem Grafen von Cavour, geleitet. Diesem gelang
es, seinen Monarchen zu überreden, daß er am 4. März 1848 eine Ver-
fassung ausrufen ließ. Von der italienischen Bevölkerung der Städte Mai-
land, Genua, Venedig, Florenz, Neapel gerufen, wo überall die auf ihr
lastende Zwangsherrschaft der erblichen Dynastie gestürzt wurde, brach
Karl Albert am 26. März 1848 auf, um sich -mit den Aufständischen zu
vereinigen. Der einstige absolute Herrscher, der der Heiligen Allianz ge-
schworen hatte, stets den Absolutismus zu verteidigen, wurde nun der An-
führer der Meuterer.
Gewiß überlegte er wohl damals nicht weiter, daß er durch diesen
kühnen Entschluß die Größe des Hauses Savoyen und die stolze Ein-
heit Italiens befestigte; wer aber statt seiner daran gedacht hatte, war
Cavour.
Das von italienischen Freiwilligen, die von allen Seiten herbeiströmten,
schnell verstärkte piemontesische Heer wies zunächst einige Erfolge auf.
Da die ungarische Erhebung Österreich seine besten Truppen entzog, hatte
Radetzky, der österreichische General, kaum 60000 Mann mehr, die er den
Italienern entgegenstellen konnte, und selbst die waren überall in den
festen Plätzen der Lombardei zerstreut. Radetzky wurde zu Goito oesiegt
(30. Mai 1848) und Karl Albert auf dem Schlachtfelde jauchzend als König
von Italien begrüßt. Bald beschlossen die oberitalienischen Provinzen ihre
Unabhängigkeit und ihren Anschluß an Piemont. Aber das war nur ein
vorübergehender Siegesrausch. Neue österreichische Truppen kamen an,
und die Italiener wurden bei Custozza geschlagen (26. Juli). Karl Albert,
dessen Heer seine Siegeszuversicht verloren hatte und in alle Winde ver-
sprengt war, bat um einen Waffenstillstand und willigte in die Räumung
der Lombardei ein (9. August).
Diesen Befreiungskrieg, dem sich Karl Albert widerwillig hatte fügen
müssen und den er deshalb auch nur lau geführt hatte, wollten die italie-
nischen Patrioten sogleich wieder aufnehmen. Die unglückliche Schlacht
bei Custozza hatte ihre Vaterlandsliebe nur noch mehr in Wallung gebracht.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 3g i
Sizilien erhob sich, Rom empörte sich. Pius IX. mußte aus Rom fliehen,
und es wurde die römische Republik proklamiert (24. November 1848).
Toskana verjagte seinen Herrscher (18. Februar 1849). Einen AugenbUck
konnten die Italiener hoffen, daß die Niederlage Karl Alberts der Unab-
hängigkeit Italiens nichts angehabt hätte.
Karl Albert selbst faßte wieder Mut, brach den Waffenstillstand (12. März
1849) und griff die Österreicher von neuem an; aber er wurde in der
Schlacht bei Novara vollständig besiegt (23, März 1849). Da verlor er alle
Hoffnung, verzweifelte und dankte, von religiösen und monarchischen Be-
denken gequält, zugunsten seines Sohnes, des großen Victor Emanuel, ab,
der dem Hause Savoyen so viel Macht und Ruhm gewinnen sollte.
Die Schlacht bei Novara gab Österreich die verlorene Führung wieder.
Alle lombardischen Städte wurden wiedererobert, und zuletzt ergab sich
auch Venedig nach heldenmütigem Widerstände (27. August 1849).
Das Schicksal der römischen Republik war nicht glücklicher. Die fran-
zösische konstituierende Versammlung hatte die Schwäche gehabt, dem
Präsidenten Louis- Napoleon nachzugeben und eine Heeresmacht nach
Rom zu entsenden, um den französischen Einfluß zu behaupten und die
Zivilisation zu verteidigen. Wenige Monate später schon schlug sie die
Rückberufung der Truppen vor; doch Napoleon handelte ganz anders als
es die Versammlung verlangte; bald war übrigens auch eine reaktionäre
und ultramontane neue Versammlung ernannt worden, die für die reak-
tionäre und ultramontane auswärtige Politik des Präsidenten zu haben war.
So wurde denn die schwache französische Besatzungsabteilung, die zu Ostia
stand, verstärkt. Von den italienischen Patrioten belagert, wurde Rom
bestürmt, beschossen und trotz Mazzinis und Garibaldis mutiger Gegenwehr
schließlich eingenonrunen (30. Juni 1849). Nun war es um die italienische
Freiheit geschehen; sie wurde zu Mailand von den Österreichern, zu Rom
von den Franzosen vernichtet. Auch Piemont konnte nun, sich ganz allein
überlassen, sie nicht mehr verteidigen (1850).
Eine gleiche liberale und geradezu revolutionäre Einheitsbewegung er-
faßte auch Deutschland unmittelbar nach den Februartagen des Jahres
1848. Der Zollverein hatte Deutschland zur Einheit vorbereitet, und die
Universitäten unterhielten den deutschen Patriotismus unter der edlen Vor-
stellung eines gemeinsamen Vaterlandes.
Diese Patrioten waren auch Liberale; denn die Idee des Vaterlandes
und die der Freiheit beleben und erfüllen gleichzeitig dieselben Menschen.
Doch König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1840— 1861), den sie
zum Führer nehmen wollten, war nichts weniger als ein Liberaler, Er hatte
7*
392 Siebentes Buch.
geschworen, keine Verfassung geben und mit den Revolutionären nicht
paktieren zu wollen. Aber als in Berlin die Nachricht von einer Revolution
in Frankreich anlangte, erhob sich die Berliner Bevölkerung (i8. März
1848); es fand ein blutiger Straßenkampf statt. Friedrich Wilhelm mußte
auf seinem Balkon erscheinen, die Aufrührer beruhigen, seinen Gruß den
Gefallenen darbringen, mit deren Leichen die Menge an ihm vorüberzog,
imd eine Verfassung und die Zusammenberufung eines deutschen Bundes-
tages versprechen.
Der Bundestag trat in Frankfurt zusammen (31. März). Es ging dort
alles wirr durcheinander. Drei Parteien waren gleichzeitig vertreten:
Preußen, Österreich und Deutschland. Die deutsche Partei war die stärkste
und zielbewußteste, aber auch die ohnmächtigste; denn sie hatte weder
Regierung noch Geldmittel noch Streitkräfte zur Verfügung. Nach einem
Jahre langatmiger und unfruchtbarer Verhandlungen beschließt das Parla-
ment den Bundesstaat Deutschland und die parlamentarische Regierungs-
form mit allgemeinem Stimmrecht und einem erblichen Kaiser an der Spitze.
Die Wahl fiel auf den König von Preußen (27. März 1849).
Aber Friedrich Wilhelm nahm die ihm angebotene Kaiserkrone nicht an.
Wie Karl Albert, lag auch ihm nichts daran, den Thron Rebellen verdanken
zu sollen. Die Könige Maximilian II. von Bayern, Friedrich August II. von
Sachsen und Wilhelm I. von Württemberg wollten von ihren Rechten auch
nichts abgeben, bis schließlich alle Freiheitsbestrebungen des Frankfurter
Parlaments vergeblich waren. Das Hberale deutsche Kaisertum bheb ein
Traum, der es auch heute noch ist.
Aber es geschah das nicht etwa ohne jeden weiteren Widerstand. Eine
liberale Partei bestand ja schon länger mit ausgesprochen republikanischen
Bestrebungen; es war aber auch schon eine sozialistische Partei da. Der
große Theoretiker des Sozialismus Karl Marx hatte es verstanden, sich,
besonders auch in Sachsen, zahlreiche Anhänger und Verehrer zu erwerben.
Weder die Sozialisten noch die Republikaner verzichteten auf ihre Träume.
Sie fügten sich nicht ohne Kampf in die Unterwerfung. Es gab Aufstände
in Dresden und Rastatt, die von dem preußischen Heere niedergeworfen
werden mußten. Und es war ein seltsames Schauspiel, erleben zu müssen,
wie ein Herrscher erbarmungslos die tapferen Männer hinschlachten ließ,
die ihm die Kaiserwürde verleihen wollten (23. Juli 1849).
Auch Österreich hatte endlich über die ungarische Volkserhebung trium-
phieren können; es hatte seine Willkürherrschaft in Italien wiederherge-
stellt und mit Erfolg sich gegen die Wiener Revolutionäre gewehrt. Der
junge Kaiser Franz Josef ertrug es ntir imwilhg, die Vorherrschaft über
Die Herrschaft der Wissenschaft. 393
Deutschland mit dem Könige von Preußen teilen zu müssen. Da sicherte
er sich die Freundschaft Rußlands vmd wurde sehr übermütig. Einen
Augenblick konnte man sogar Krieg fürchten, aber das preußische Heer
war damals außerstande, sich mit dem östeweichischen zu messen, das von
dem bayrischen imd württembergischen Unterstützung zu erwarten hatte:
Preußen gab nach und nahm die österreichischen Bedingungen an {01-
mützer Konvention, 28. November 1850).
Es wurde vereinbart, daß der ehemalige Zustand der Dinge wiader-
herztistellen sei, d. h. der alte Deutsche Bund unter dem Vorsitz des Kaisers
von Österreich und die Rückkehr zur früheren Regierungsform. Ein neuer
Bundestag trat zusammen auf Grund eines beschränkten Wahlrechts, der
die Entscheidungen der Herrscher voll und ganz bestätigte. Der König von
Preußen drängte nun seinen Untertanen eine Verfassung auf (oktroyierte
Verfassung), in der nur noch leise Umrisse von Parlamentarismus zu er-
kennen waren.
So war die demokratische und liberale Partei Deutschlands zu Boden
geschlagen, und Österreich triumphierte. Aber der Gedanke an ein großes
deutsches Vaterland unter der Leitung und Regierung Preußens hatte
Wurzel geschlagen. Die Niederlage von Novara hatte Victor Emanuel
den italienischen Thron ebensowenig verschafft, wie die demütigende 01-
mützer Konvention Friedrich Wilhelm die deutsche Kaiserwürde.
In Österreich nahm die Revolution eine von der deutschen etwas ver-
schiedene Form an. Der österreichische Kaiserstaat war — und ist auch
noch — die heterogenste Mischung von zehn verschiedenen Völkerschaften,
die Fürstenehen, kriegerische Eroberungen und ihnen allen gemeinsame
Zeiten der Machtlosigkeit allmählich unter ein und demselben Zepter ver-
eint hatten: Deutsche, Ungarn, Rumänen, Polen, Ruthenen, Tschechen,
Slowaken, Kroaten, Slowenen imd Italiener. Aber diese Völkerschaften
verabscheuten sich gegenseitig derartig, daß sie unverständig genug waren,
sich gegenseitig zu bekämpfen, anstatt sich zu unterstützen.
Es waren die Deutschen in Wien, Studenten, Bürger, Arbeiter, die das
Zeichen zum Aufruhr gaben. Sobald die Pariser Februarrevolution be-
kannt wurde, setzten sie dort eine gewaltige Massenkundgebung ins Werk
und zv/angen Metternich, die Hauptstadt zu verlassen. Gleichzeitig ver-
sprach der Kaiser eine parlamentarische Verfassung mit dem allgemeinen
Wahlrecht und der Bewaffnung der Akademischen Legion (15. März 1848).
Zwei Monate später verließ der Kaiser Wien und überließ die Demokratie
sich selbst (17. Mai).
Die von den verschiedenen Völkerschaften Österreichs berufene kon-
394 Siebentes Buch.
stituierende Versammlung war das Abbild Österreichs selbst. Man sprach
dort alle Sprachen, und alsbald erhob eine jede der Völkerschaften ihre
Ansprüche. Doch inmitten dieser Unstimmigkeiten herrschte ein gemein-
sames Gefühl: die Abneigung gegen die Vorrechte des Adels. Alle mittel-
alterlichen Lehnsrechte wurden abgeschafft (17. September 1848),
Auch die Ungarn hatten eine parlamentarische Regierungsform gefordert.
Der in Preßburg zusammengetretene ungarische Landtag hatte am 30. März
1848 verfassungsmäßige Bürgschaften erlangt. Der große Redner Kossuth
wurde zum Minister berufen. So schien es wohl, daß ganz Österreich vom
Liberalismus angesteckt werden sollte, aber nur zu bald sollte sich das als
eine bloße Einbildung herausstellen.
Anstatt zur Erreichung von etwas nationaler Unabhängigkeit ihre Sache
mit der der Ungarn zu verbinden, traten die Slawen in der Tat viel-
mehr in kaiserliche Dienste. Kroaten, Serben, Tschechen, alle Völker sla-
wischer Zunge ließen es sich gefallen, in den Reihen des kaiserlichen Heeres
gegen die ungarischen und deutschen Aufständischen zu kämpfen. Der
kroatische General Jellachich wurde zum Oberbefehlshaber ernannt und
damit betraut, die Feinde des Kaisertums wieder zum Gehorsam zurück-
zuführen.
Andererseits konnten sich die aufrührerischen Deutschen in Wien und
die Ungarn nicht verständigen. Sie hatten kein oder kaum ein Heer. Der
Kaiser konnte also nun wieder in Wien einziehen (31. Oktober 1848). Die
Unterdrückung des Aufstandes war eine harte. Ein Deutscher, namens
Robert Blum, den das Frankfurter Parlament den Wiener Demokraten
geschickt hatte, wurde erschossen. Einige Tage später (27. November 1848)
dankte Kaiser Ferdinand zugunsten seines Neffen Franz Joseph ab, der
damals 18 Jahre alt war.
» Die Niederlage der Wiener Revolutionäre zog nicht unmittelbar die
f der Ungarn nach sich. Dieses edle Volk schlug sich tapfer für seine Frei-
I heit. Seine Generale Gorgey und vor allem auch Klapka erfochten glän-
zende Siege, namentlich bei Gödöllö (7. April 1849). Ungarn glaubte schon
damals frei zu sein. Eine in Debreczin zusammengetretene Versammlung
erklärte die Absetzung der Habsburger und die Selbstregierung Ungarns.
Kossuth wurde zum Oberhaupt einer vorläufigen Regierung ernannt.
Leider verstanden die ungarischen Patrioten nicht, einig zu bleiben. Die
Truppen, die der Kaiser nach Italien geschickt hatte, kamen jetzt wieder
nach Hause zurück, nachdem Italien wieder ganz ruhig geworden war.
Zudem verband sich das russische Heer mit dem österreichischen; denn
Zar Nikolaus war entschlossen, die Revolution in jeder Gestalt zu be-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 3g5
kämpfen, in der sie nur irgend erscheinen mochte. Die Ungarn mußten
sich unterwerfen. Ihr letztes Heer übergab seine Waffen den russischen
Truppen (13. August 1849).
Siegreich über alle Erhebungen in Italien, in Wien, in Budapest, ver-
gaß die österreichische Regierxmg nun ganz ihr so oft wiederholtes Ver-
sprechen einer Verfassung. Der Absolutismus wurde wiederhergestellt.
Um besser ihr Ansehen zu sichern, suchte die kaiserliche Gewalt durch
allerhand zwangsweise und kindische Maßnahmen eine Art Einheit in dem
Kaiserstaate herzustellen, gerade als ob zehn Millionen Ungarn, z2hn
Millionen Slawen, zehn Millionen Polen und zehn Millionen Deutsche
die Idee eines gemeinsamen Vaterlandes fassen könnten.
Die Zeiten der Freiheit waren noch nicht gekommen, das große Streben
der edlen Männer von 1848, Franzosen, Deutscher, Italiener, Ungarn, für
Ideal und Recht war überall ohnmächtig. Napoleon III., Papst Pius IX.,
Kaiser Franz Josef, König Friedrich Wilhelm ly., Zar Nikolaus bildeten
wieder eine heilige Allianz, wie die des Jahres 181 5, die dem freien
Denken und der Selbständigkeit ihrer Völker feindlich gegenüberstand.
England freilich, das damals von einer bewundernswerten Königin ge-
leitet war, entwickelte sich zu einer Zufluchtstätte für alle Art gebrochener
Freiheit. Nach ihrer völligen Überwindung wurden Leute wie Victor Hugo,
Kossuth, Garibaldi, Mazzini ohne Ausnahme in diesem Lande gastlich
aufgenommen.
Seiner politischen und Handelsfreiheit treuer als je zuvor, breitete
England planmäßig und gewaltig seine Zivilisation über die ganze
Erde aus.
Die große Londoner Weltausstellung vom Jahre 1851 zeigte in glänzender
Weise, wie trotz der Tyranneien und Verfolgungen Kunst, Industrie und
Wissenschaft die Menschheit einer Zukunft, die weniger barbarisch als
die Gegenwart ist, leise und unmerklich entgegenführten. Vielleicht sind
die schmerzlichen und dramatischen Ereignisse, von denen die Geschichte
etwas erzählt, doch nur unwesentliche Zwischenfälle neben den langsamen
und beständigen Fortschritten, von denen sie nichts erzählt.
Ehe Louis- Napoleon sich zum Kaiser ausrufen ließ, hatte er sich zu
dem Ausspruch verstiegen: „Das Kaiserreich ist der Friede 1" Zwei Jahre
später entfesselte das Kaiserreich den Krimkrieg.
Doch es wäre ungerecht, die Verantwortung dafür einzig und allein der
französischen Regierung zuzuschieben. Der Zar durch seine Angriffs-
xind England durch seine Eifersuchtspolitik haben sich mindestens ebenso-
396 Siebentes Buch.
sehr wie Frankreich zu Mitschuldigen an diesem nutzlosen Wahnsinn ge-
macht.
Der Streit begann mit einer diplomatischen Erörterung über den Schutz
der Christen im Morgenlande und die Obhut über das Heilige Grab in
Jerusalem. An diese unbedeutende Meinungsverschiedenheit schlössen sich
ernstere Schritte an. Die Russen drangen in die beiden Donaufürstentümer
Moldau imd Walachei ein und setzten die kleine türkische Flotte bei Sinope
in Brand (30. November 1853). Mit der feierlichen Erklärung, daß sie der
Türkei Schutz bieten wollten, antworteten Frankreich und England hierauf
mit der Kjriegserklärung an den Zaren (27. März 1854).
Hin- und herschwankend und eifersüchtig nahmen Österreich und Preu-
ßen an dem Kampfe keinen Teil, aber der König von Piemont, der feurige
Victor Emanuel, schloß sich Frankreich, England und der Türkei an. Er
legte Wert darauf, seine Rolle in den europäischen Angelegenheiten zu
behaupten.
Der Krieg dauerte nahezu zwei Jahre, er war kostspielig und blutig.
Man kann die Zahl der in ihm gebliebenen Soldaten auf über 500 000 ver-
anschlagen. Die meisten dieser braven Leute kamen nicht in den Schlachten
oder bei den Erstürmungen um, sondern in den Lazaretten und Baracken
als Opfer der Cholera und des Typhus, die sechsmal so mörderisch wie das
feindliche Feuer waren.
Die Verbündeten trugen alsbald den Krieg in die Krim. Am 13. Sep-
tember 1854 begannen sie mit der Landung ihrer Truppen. Sie hofften
Sebastopol durch Überrumpelung zu nehmen, aber, als der Versuch ge-
scheitert war, mußten sie zur Blockade übergehen (9. Oktober 1854 bis
8. September 1855).
Bei dieser langen Belagerung konnte man auf beiden Seiten Wunder
von Tapferkeit erleben; auf beiden Seiten schlugen sich die Soldaten wie
Helden, schneidig, aber doch ohne tiefere aus der Seele kommende gegen-
seitige Feindschaft. Wenn dieser Krieg nicht so mörderisch gewesen wäre,
hätte man ihn für ein bloßes Spiel halten können; denn zwischen den
Gegnern fehlte jeder Haß wie auch jede Ursache für einen solchen. 500 000
Soldaten sind in der Krim gefallen, ohne jemals erfahren zu haben, wes-
halb eigentlich.
Nikolaus starb in Verzweiflung. Die Einnahme von Sebastopol (2. März
1855) vernichtete mit einem Schlage alle seine panslawistischen Eroberungs-
träume.
Als sein ihm nachfolgender Sohn Alexander Rußlands völlige Erschöp-
fung sah, nahm er den Frieden an. Derselbe wurde in Paris unterzeichnet
Die Herrschaft der Wissenschaft. 397
(30. März 1856). Es kam dabei für keinen der Gegner ein materieller Vor-
teil heraus, weder für Frankreich noch für Rußland noch für England;
den Nutzen hatte allein das Ottomanische Reich, dessen Gebiet nun der
Habgier der Russen entzogen und für unantastbar erklärt wurde. Nun sollte
das ganze folgende halbe Jahrhundert lang nahezu die gesamte euro.-
päischc Staatskunst sich allein mit der einen Aufgabe beschäftigen, eine
Möglichkeit herbeizuführen, dieses unantastbare Gebiet unter die verschie-
deneu Mächte zu verteilen. Zu so einem merkwürdigen Ergebnis hatten zwei
schreckliche Kriegsjahre geführt.
Frankreich trug der Krimkrieg nichts ein; aber sein Herrscher schuf
sich in demselben einiges Ansehen. Die kaiserliche Regierung, die aus Un-
gesetzlichkeit und Gewalt hervorgegangen war, wußte das englische Bünd-
nis, die ruhmvollen Siege bei Inkerman und an der Alma, den Pariser
Vertrag, die Neutralitätserklärung der Meerengen für ihren Ruhm aus-
zunutzen. Napoleon wurde auf eine allerdings nur vorübergehende Zeit
der Schiedsrichter für ganz Europa.
Wieviel Unglück dieser Fürst auch über sein Land gebracht haben mag,
er war weder dumm noch schlecht. Menschenfreundlich, treu gegen seine
Freunde, ohne Haß gegen seine Feinde, beseelt von den edelsten Absichten,
ein Gewaltherrscher, ohne der Gewaltherrschaft auch nur den geringsten
Geschmack abzugewinnen, ein kriegskundiger und gleichwohl den Krieg ver-
abscheuender Kaiser, mehr Träumer als Mann der Tat, den Kopf immer
voll der weitesten und größten Zukunftspläne, aber ohne die zum Ziele
führende Zähigkeit und Umsicht, verfolgte er eine Politik der Zusammen-
hanglosigkeit, des Zauderns und der Widersprüche, die Frankreich ins
Verderben führte.
Ein Gedanke lag ihm besonders am Herzen, es war das Nationalitäten-
prinzip. Im Pariser Vertrage hatte er für die Rumänen (Moldau und Wala-
chei) und die Serben eine von Europa gewährleistete halbe Unabhängig-
keit erreicht. Nach dem Krimkriege wollte er nun auch noch zu alledem
ein einiges und selbständiges Italien.
Seit 1848 hatten die italienischen Patrioten in ganz Italien abgerüstet,
aber nur scheinbar. Sie konnten sich nicht mehr ein für allemal darein
ergeben, sei es die gehässige Herrschaft Österreichs oder auch die ab-
scheulichen Regierungen des Papstes Pius IX. und Königs Franz II, von
Neapel ruhig über sich ergehen zu lassen. Im Norden der Halbinsel för-
derte König Victor Emanuel von Piemont, der in dem fähigen Cavour einen
398 Siebentes Buch.
tüchtigen Genossen gefunden hatte, die italienischen Einheitsbestrebungen,
doch ohne zu wagen, sich offen mit Männern wie Mancini, Mazzini, Garibaldi
und den Revolutionären zu verbinden. Voll Leidenschaft für die mili-
tärischen Angelegenheiten schuf er sich ein trefflich zusammenarbeitendes
und höchst tapferes kleines Heer. Übrigens beobachtete er treu seine
Pflichten als verfassungsmäßiger Herrscher, gerade, als ob er die Absicht
gehabt hätte, die Italiener vor die Wahl zu stellen zwischen einer Fremd-
herrschaft mit Despotismus oder einem italienischen König mit Freiheit.
Gleichzeitig fand er auch bei der französischen Regierung Unterstützung
xmd setzte sogar bei ihr ein förmliches Bündnis durch.
Der Vertrag wurde im Jahre 1858 geschlossen. Prinz Jeröme Napoleon
Bonaparte, ein leiblicher Vetter von Kaiser Napoleon HL, ein Sohn des
Königs J^rome von Westfalen (eines von Napoleons I. Brüdern), heiratete
Victor Emanuels Tochter Chlothilde (30. Januar 1859). Napoleon HI. hatte
Italien die Unabhängigkeit bis zum Adriatischen Meere feierlich verspro-
chen. Um den drohenden Krieg zu vermeiden, schlägt England einen Kon-
greß vor; aber weder Italien noch Frankreich kümmerten sich viel um die
diplomatischen Schwerfälligkeiten. Noch weniger Österreich! Es ging zum
Angriff über und drang in Piemont ein (29. April 1859). Frankreich ant-
wortete mit einer Kriegserklärung, und ein französisches Heer zog in
Italien ein, wo es begeistert aufgenommen wurde.
Es gab damals keinen jungen Bonaparte mehr, der die Erlöser zu
vorausberechneten und entscheidenden Siegen geführt hätte, und so waren
die strategischen Bewegungen der beiden Heere planlos und wirr. Die
erste große Schlacht fand bei Magenta statt (4. Juni 1859). Das fran-
zösisch-italienische Heer war siegreich, dank dem Mute der Soldaten, der
Überlegenheit der französischen Artillerie und einem glücklichen Hand-
streich des Generals Mac Mahon. Die Österreicher wichen zurück, die
Sieger drangen in Mailand ein.
Italien glaubte sich befreit. Florenz, Parma, Modena, Bologna erhoben
sich gegen ihre Regierung und jauchzten Victor Emanuel zu.
Mittlerweile hatte das österreichische Heer eine gründliche Reform
erfahren; es leistete sein Äußerstes bei Solferino (24. Juni 1859) in einer
blutigen Schlacht, die 25 000 Mann das Leben kostete und durch die voll-
ständige Niederlage der Österreicher der Freiheit Italiens die letzte
Weihe gab.
Nach Solferino hielt Napoleon III. inne und machte Friedensvorschläge
bei Villafranca (9. Juli 1859), Kaiser Franz Josef gab die Lombardei
Die Herrschaft der Wissenschaft. 399
zurück, behielt jedoch Venedig; der Großherzog von Toskana und der
Herzog von Modena durften wieder in ihre Staaten einziehen.
Victor Emanuel und Cavour waren äußerst geschickt. Sie kamen auf
die glückliche Idee, die verschiedenen Bevölkerungskreise Toskanas auf-
zurufen, durch das allgemeine Stimmrecht zu entscheiden, ob sie Piemont
angegliedert oder unter der Herrschaft des Großherzogs bleiben sollten.
Napoleon III., der seinen Thron dem allgemeinen Stimmrecht zu verdanken
hatte, konnte diesen volkstümlichen Gedanken nicht zurückweisen. Nahezu
einstimmig erklärten sich die Toskaner und Emilianer für die Angliederung
(15. März 1860. 792000 stimmten mit ja gegenüber 15756 mit nein).
Gleichzeitig stimmten Savoyen und Nizza, französischsprachige Land-
striche* für ihre AngUederimg an Frankreich (155000 mit ja gegenüber
2160 mit nein).
Diese Volksabstimmung ist denkwürdig. Es ist Napoleons III. einzige
Ruhmestat, die aber dafür um so heller strahlt. Bis dahin hatten sich
die Herrscher die Völker wie eine Hammel- oder Sklavenherde geteilt.
Das Jahr 1860 ist das Geburtsjahr eines neuen Rechtes oder vielmelur
überhaupt erst des Rechtes. Wenn zehn Jahre später das 1860 von Italien
und Frankreich so rühmlich gegebene Beispiel befolgt worden wäre, dann
hätte sich Elsaß-Lothringen durch eine einmütige Stimmabgabe der deut-
schen Eroberung entzogen, und das große Verbrechen des 1 9. Jahrhunderts
hätte nicht begangen werden können.
In Unteritalien versuchte der junge König der beiden Sizilien, Franz IL,
vergeblich der großen Einheitsbewegung Widerstand zu leisten, die alle
Italiener dem Hause Savoyen wiedergewinnen sollte. Sizilien empörte sich
gegen seine verabscheuungs würdige Tyrannenherrschaft (5. April 1860).
Garibaldi, der ein Heer von tausend durch seine Tapferkeit, Vaterlandsliebe
imd Üneigennützigkeit entflammten Freiwilligen gesammelt hatte, landete
in Marsala. Die SiziÜaner nahmen ihn mit außerordentlicher Begeisterung
auf, derart, daß die in nur zwei Monaten vollendete Eroberung Siziliens
ein wahrer Triumphzug war; die Königlichen Heere leisteten nur zum
Schein Widerstand {Zug der Tausend).
Von der Insel Sizüien ging Garibaldi nach dem Königreich Neapel
hinüber. Victor Emanuel wollte ihn nicht aufhalten, und Napoleon III.
wagte es nicht. In Neapel zum Diktator proklamiert, zeigte Garibaldi die
* Anm. des Herausgebers. Die auf dem dortigen flachen Lande üblichen Mund-
arten tragen allesamt von alters her den Charakter französisch-italienischer Spra-
chenmischung (Frankoitalienische Mundarten).
4oo Siebentes Buch.
weise Mäßigung, die Macht zurückzuweisen und, obgleich RepubUkaner,
sich treu an das Haus Savoyen anzuschHeßen.
Im Oktober 1860 stimmten Sizilien und das Königreich Neapel für
ihren Anschluß an Piemont (1734000 mit ja gegen 10630 mit nein),
Victor Emanuel wurde König von ganz Italien, vorbehaltlich Roms und
Venedigs.
Hier wird Napoleons HI. schwankende Politik so recht deutlich. Er
hatte den Krieg geführt, um Italien zu befreien, und hier weigerte er sich,
seine Befreiung zu vollenden. Er hätte sich Bundesgenossen schaffen
können, die ihm für ewig treu gebUeben wären, imd hier legte br es rein
absichtlich darauf an, sie sich zu entfremden. Die Kaiserin Eugenie, die
bei allem ihren Reize und ihrer Schönheit für den Kaiser niemals der
gute Engel gewesen ist, bestand darauf, daß das französische Okkupations-
korps noch länger in Rom verbliebe, um hier die weltUche Macht des
Papstes gegen die Angriffe seiner eignen itahenischen Volksgenossen
zu unterstützen.
Papst Pius IX. nun, anstatt irgendeinen Vergleich zu suchen, blieb hart-
näckig bei seiner Unversöhnlichkeit.
Napoleon III. konnte für keinen von beiden Partei ergreifen; er zog
nicht das französische Okkupationskorps zurück, und das ärgerte die
Italiener, und er ließ anderseits Cialdini ruhig gewähren, als dieser die
kleine päpstliche Streitmacht bei Castelfiardo angriff und sie in wilder
Flucht zersprengte (18. September 1860). Es war dies eine Heeresschar
von frommen, für den Katholizismus erglühenden Streitern, die aus aller
Herren Ländern zusammengeströmt waren, besonders Franzosen. Daher
die lärmende Entrüstung des Papstes, der Kaiserin Eugenie und der ganzen
klerikalen Partei Frankreichs.
Die Italiener Cialdinis wagten nicht, ihre Erfolge ordentlich auszunutzen
und das französische Heer anzugreifen, als es Rom in Besitz nahm; der
Papst behielt seine weltliche Macht.
So hatte Napoleon III. auch, nachdem er vorher das Adriatische Küsten-
land Italien versprochen hatte, nunmehr Venedig Österreich gelassen.
Ja, noch mehr: er gestattete dem König von Italien nicht, in Rom ein-
zuziehen. Damit haben die Italiener eigentlich geradezu ein sittliches
Anrecht darauf bekommen, gegen Frankreich undankbar zu sein.
Das Jahr 1860 bildet eine Entwicklung in der damaligen Politik des
Kaisers. Am 23. Januar 1860 wird ein Handelsvertrag zwischen England
und Frankreich unterzeichnet. Es kam mit einigen Beschränkungen, die
notwendig erschienen, der freie Güteraustausch und die Handelsfreiheit
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^1
zustande und damit jener große wirtschaftliche Segen, den in ihrer Ver-
blendung leider auch heute noch alle Völker außer England verschmähen.
In diesem Punkte war der Kaiser liberaler und einsichtsvoller als alle
Republikaner der Gegenwart!
Er gewährte auch zum Schein ein kleines Maß von Preßfreiheit und
räumte den beiden Kammern das Recht ein, alljährlich eine Adresse zu
beraten und zur Abstimmung zu bringen als Antwort auf die Thronrede,
mit der jede Legislaturperiode eröffnet wurde (24. November 1860).
Um diese Zeit verschwand an zwei entgegengesetzten Enden der Welt,
in Rußland wie in Amerika, gleichmäßig, wenn auch in beiden nicht ohne
Kämpfe, eine von den Einrichtungen, die noch immer aller Zivilisation
Hohn zu sprechen schienen : die Sklaverei.
In Rußland gab es, wenn sie auch nicht gerade mit diesem Namen
bezeichnet wurde, damals noch eine ganz richtige Sklaverei. Der Adel
besaß die Ländereien, und die Bauern mußten sie bearbeiten. Aber diese
Bauern, die nichts anderes als Leibeigne waren, hatten keinerlei Eigentums-
recht an dem Boden, den sie erst durch ihre Arbeit fruchtbar machten.
Sogar auch jeder persönlichen Freiheit waren sie beraubt. Ihr Herr hatte
das Recht auf Leben und Tod über sie. Wurden die Ländereien verkauft,
so waren auch die Leibeignen in dem Kaufe inbegriffen und gingen ganz
ebenso, wie der Grund und Boden selbst, in das Eigentum des Käufers
über. *
Wenn auch Alexander II. kein Liberaler in dem Sinne war, den man
in Westeuropa mit diesem Worte verbindet, so fühlte er sich doch ander-
seits nicht mehr wie sein Vater Nikolaus jenem überlebten Absolutismus
von 181 5, dem dieser huldigte, mit Leib und Seele verschrieben. Sogleich
nach dem Pariser Vertrag erklärte er, daß Reformen notwendig seien.
Er fand die Unterstützimg einiger Mitglieder des Adels, die nichts sehn-
süchtiger wünschten, als sich durch ein Werk der Gerechtigkeit einen
Namen zu machen, besonders auch eines Nikolaus Milutin, der der edelste
und hochherzigste Förderer jenes Werkes wurde. Im Jahre 1858 befreite
eine Verfügung die zu den umfänglichen Ländereien des kaiserlichen Be-
sitzes gehörigen Bauern und sprach ihnen das Eigentum an den Äckern
zu, die sie bestellen mußten.
Für die Leibeignen der anderen Besitzkreise war die Befreiimg schon
schwerer durchzusetzen. Die Reform konnte hier keine so gründHche sein;
denn man hatte zweierlei Härten zu fürchten: entweder mußte man den
Besitzern den Grund und Boden ohne Entschädigung wegnehmen oder
man mußte in einem und demselben Augenblicke Millionen von Menschen
4o2 Siebentes Buch.
die Freiheit in ihrer vollkommenen Nacktheit geben, d. h. das Recht, am
Hunger dahinsiechen zu dürfen. So kam man denn überein : die Bauern
sollten Besitzer der von ihnen bearbeiteten Ländereien bleiben, aher nur
unter der Bedingung, daß sie den Herren eine Abstandssumme zahlten.
Den Betrag schoß ihnen die Regierung zunächst aus eignen Mitteln vor.
In manchen Gegenden wurden nicht sowohl die einzelnen Bauern als die
ganzen Gemeinden die Besitzer des Grund imd Bodens (Mir). In jedem
Falle wurde überall die persönlichste Freiheit sichergestellt (Februar 1861).
Leider zeigten die Bauern nicht das richtige Verständnis für diese
Wohltat, für die Engländer und Franzosen einst so leidenschaftüch und
tapfer gekämpft und gestritten hatten. Die Muschiks vom Jahre 1861
kannten ebensowenig wie vielleicht noch heute im Jahre 191 4 den unver-
gleichlichen Wert der persönlichen Freiheit. Sie hofften das ganze Land
zu besitzen, und man gab ihnen doch nur einen Teil. Sie glaubten sich
um Güter betrogen, auf die sie Anrecht zu haben wähnten, und in ihrer
Unwissenheit bezeigten sie ihrem Kaiser nicht ein solches Maß von Dank-
barkeit, wie er es wahrlich verdient hätte.
Doch mit dem Ukas von 1861 verließ Rußland immerhin den bis-
herigen Zustand der Barbarei; denn diese befreiten Bauern waren ja nicht,
wie etwa die Neger Amerikas, Minderwertige, sondern ganz Ebenbürtige
gegenüber denen, die sie in Leibeigenschaft hielten. Diese hundert Millionen
von Menschen weißer Rasse, deren Seele, so wenig sie auch ausgebildet
sein mag, doch so schlicht und so tief ist, kündigen sich in etwas geheimnis-
voller Weise als eine der großen Mächte zukünftiger Zivilisation an!
Die ersten Regierungsjahre Alexanders II. waren gewissermaßen von
seinen edleren Gefühlen befruchtet worden. Doch der polnische Aufstand
veränderte seine Anschauung vollkommen.
Trotz aller Anstrengungen, die die russische Regierung se'it dem Jahre
1830 gemacht hatte, hatte sie Polen nicht russifizieren können. Es bewahrte
nach wie vor mit alter Treue seine römisch-katholische Religion, seine
Sprache und seine Sitten. Die vom Zaren nach Polen geschickten russischen
Offiziere, Soldaten, Richter, Beamten wurden in keiner polnischen Familie
aufgenommen. Eine grausame Polizei übte eine Tyrannei aus, die nur
dadurch erträglich wurde, daß sie käuflich war.
Die Polen hatten nur die eine Freiheit: auf die Gefahr ihres Lebens
hin große Kundgebungen, doch jedenfalls nur ganz still und friedlich,
veranstalten zu dürfen. Im Jahre 1861 drängten sich endlose Menschen-
massen unbewaffnet und in Trauerkleidung in den Warschauer Kirchen,
um den Jahrestag der Schlacht bei Groschow zu feiern (25. Februar).
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4o3
Da schoß das Militär auf die wehrlose Menge, ein Vorgang, der sich
schon am 8. April wiederholte.
Zuerst versprach nun Alexander Reformen, doch schon bald zog er
wieder sein Versprechen zurück. Die Polen antworteten durch einen Auf-
stand. Allerdings waren sie nie in der Lage, ein richtiges Heer in Reih
und Glied aufzustellen, doch sie ersetzten ihre Schwäche durch Mut, und
so war es möglich, daß dieser Aufstand nahezu zwei Jahre dauerte; denn
das gesamte Polen war mitverschworen; im ganzen Lande entzogen sich
die jungen Männer ihrer Militärpflicht, versteckten sich in den Wäldern
und gehorchten allein einer allmächtigen geheimen Revolutionsregierimg.
Es bedurfte eines Heeres von zweihunderttausend Mann, um des Aufstandes
Herr zu werden. Taten von noch nicht dagewesenem Heldenmute zeich-
neten diese edle Leistung eines Volkes aus, das nicht darin einwilligen
wollte, so einfach vom Erdboden zu verschwinden.
Heute geben die Fortschritte in der Bewaffnungstechnik einer geordneten
Regierung eine solche Macht, daß für einen Aufstand keine Hoffnung
mehr besteht, die Freiheit mit den Waffen wiederzuerobern. Auf diese
Weise werden die Polen ihr Vaterland nicht wiedergewinnen können! Aber
mögen sie nur ihre Überlieferungen und ihre nationale Sprache weiter so
kräftig verteidigen! Mögen sie nicht ihre polnische Seele in den Schulen
untergehen lassen, die ihnen Russen und Preußen aufzuzwingen ver-
suchen werden!
Die Aufhebung der Sklaverei in Rußland datiert vom Jahre 1861, die in
den Vereinigten Staaten vom Jahre 1865.
Dreiviertel eines Jahrhunderts, ja ein volles Menschenleben waren seit dem
NordamerikanischenUnabhängigkeitskriege verflossen, und in diesen 7 5 Jahren
waren Reichtum und Macht der Vereinigten Staaten in einem ganz außer-
gewöhnlichen Maße gewachsen, das alles übertraf, was nur irgend ihr
Franklin und ihr Washington hatten erträumen können! Im Jahre 1860
überragte die große Republik bereits ganz Europa; ihre Bevölkerung
zählte schon damals 28 Millionen Seelen! Ihre Industrie und ihr Handel
wuchsen von Tag zu Tag!
Ein derartig rascher Aufschwung eines Volkes war ganz beispiellos in
der Geschichte der Welt.
Er erklärt sich aus mehreren Ursachen; erstlich und vor allem aus
der Tatkraft, Derbheit und Tugend der Begründer. Sie verstanden es,
Kühnheit und Besonnenheit in einem Umfange zu betätigen, der den
Erfolg verbürgt. Der Bestechlichkeit wie der Ausbeutung gleich unzu-
gänglich nahmen sie entschlossen die Ansiedlung von Gebieten auf sich.
4o4 Siebentes Buch.
von denen sie gerade nur die Küsten kannten. Obgleich ihre Staatsver-
fassung nichts weniger als vollkommen war, hatten sie die Weisheit, sie
unangetastet zu lassen und ihr Achtung entgegenzubringen, ohne durch
unpassende Erörterungen in ihr Lücken zu reißen und sie brüchig zu
machen und ohne sie durch Staatsstreiche zu stürzen. Sie hatten das
große Glück, nicht durch enge Vorurteile gehemmt zu sein, wie sie das alte
Europa lähmen. Beständig in Sorge schnell und gut zu handeln, eigneten
sie sich stets sofort, ohne zu zögern, die neuesten Fortschritte von Industrie
lind Wissenschaft an. Kein monarchischer Wettbewerb aus den Trüm-
mern irgendeiner wurmstichigen Herrscherfamilie! Kein ehrgeiziger Nach-
bar, der ihre Grenzen hätte bedrohen können, und folglich keine Erschöp-
fung ihrer Kräfte in ungezählten unnützen Heeren, in denen sich die Stärke
jedes Volkes verbraucht! Endlich hatten sie eine Bundesregierung, die sie
in die glückliche Lage brachte, sich stets gleichzeitig Ordnung und Freiheit,
Macht und Unabhängigkeit sichern zu können!
Und weiter, wie mannigfaltig war der amerikanische Boden mit seiner
glänzenden Fruchtbarkeit in dieser seiner Fruchtbarkeit! Der Norden für
Getreide, Hölzer und mancherlei Arten Viehfutters; der Süden für Trauben-
wein, Obst, Baumwolle, Zucker! In den Bergen Steinkohlen-, Petroleum-,
Gold-, Silber-, Kupfer- und Bleigruben. Die Küste miit ihrer unermeßhchen
Ausdehnung öffnete unvergleichliche Häfen, gleichviel, ob man sich am
Atlantischen Ozean, am Stillen Ozean oder am Antillenmeer befand !
Zahlreiche Eisenbahnen ließen sich in den weiten Ebenen schnell bauen!
Auf den Landseen imd großen Strömen erleichterte, verbilligte und be-
schleunigte die Binnenschiffahrt die Beförderung von allen möglichen
Gütern gar sehr 1
Endlich brachte die europäische Einwanderung allwöchentUch zu Tau-
senden junge Leute hinüber, die, unternehmend und frisch, von neuen
Ideen erfüllt und hart in der Arbeit, so glühende Amerikaner werden sollten,
■daß bereits ihre Kinder das alte Vaterland völlig vergessen hatten.
Im Jahre 1823 erklärte ein Präsident der amerikanischen Repubük,
Monroe, daß keine Regierung Europas in Zukunft das Recht haben sollte,
sich in die Angelegenheiten Amerikas einzumischen. Seit jener Zeit haben
•die Vereinigten Staaten die Monroedoktrin ihrer gesamten Politik zugrunde
gelegt; sie lautet: „Amerika den Amerikanern!", eine tadellose Lehre,
soweit sie nicht etwa den Amerikanern das Verlangen eingibt, auch in
Amerika nach den Launen und Begierden zu handeln, die den mächtigen
Völkern ihre Macht einflößt.
Noch ehe dieser Grundsatz von Monroe verkündet war, hatten denselben
Die Herrschaft der Wissenschaft. /^o5
die Vereinigten Staaten bereits durch eine ganze Reihe geschickter Ver-
handlungen zur Anwendung gebracht.
Im Jahre 1800 hatte Napoleon von Spanien das von Franzosen bewohnte
und angesiedelte Louisiana angekauft, ein weites, unendliches Gebiet, das
sich von den Mündungen des Mississippi bis zu den Anfängen dieses unge-
heuren Stromes in einem Aufstieg von einigen tausend Kilometern in
das Felsengebirge (Rocky Mountains) erstreckte. Diese so ferne Besitzimg,
in der man weder eine ruhmvolle Schlacht liefern noch irgendwelche
Steuerlasten auferlegen konnte, interessierte den Kaiser nicht recht, und
so verkaufte er sie für fünfundsiebzig Millionen an Amerika (1803).
Im Jahre 18 19 kauften die Amerikaner Florida von Spanien.
Im Jahre 1845 empörte sich das zu Mexiko gehörige Texas und verlangte
der Union beitreten zu dürfen. Mexiko legte Verwahrung ein, suchte Wider-
stand zu leisten, wurde besiegt und mußte schließlich nicht nur Texas
räumen, sondern auch noch Neu-Mexiko und das reiche Kalifornien
abtreten.
Im Jahre 1867 verkaufte Rußland an die Vereinigten Staaten die Ge-
biete, die es im äußersten Norden besaß, Landstriche, die sechs Monate
lang schneeig und eisig sind, aber reich an Wäldern und Goldbergwerken.
Doch das gewaltige und glückliche Reich trug gleichwohl einen Keim
der Auflösung in sich. Es war dies die Sklaverei.
Es handelt sich hier nicht etwa um die Indianer oder Rothäute, die Ab-
kömmlinge jener Urbevölkerung, die Amerika bewohnte, als die Europäer
dort landeten. Von den Ansiedlem zurückgedrängt, vermochten diese
armen Teufel der friedlichen Zivilisation der Blaßgesichter fast noch
weniger Widerstand zu leisten als ihrer kriegerischen. Alkohol und Tu-
berkulose entvölkerten sie, und sie schwanden rasch dahin.
Ganz anders war es mit den Negern, deren Zahl sich äußerst schnell
vermehrte. Im Jahre 1860 zählte man in Amerika über vier Millionen
Schwarze, die ursprünglich richtige Sklaven gewesen waren.
Im 18. Jahrhundert hatten die Engländer ebenso wie die Spanier in
der Tat in ihre Niederlassungen Schwarze geschafft, die sie in Afrika
gekauft hatten. Die so auf den neuen Erdteil versetzten Neger bauten
unter einem heißen Himmelsstrich Zuckerrohr und Baumwolle. Der Neger-
handel war das denkbar einträglichste aller Gewerbe; Händler kauften
von den Duodezfürsten der afrikanischen Küstenstriche für einige Fäßchen
Rum oder etwa einige wertlose Glaserzeugnisse kräftige Kerle, die sie an
den andern Ufern des Atlantischen Ozeans zu hohem Preise wieder ver-
8 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
4o6 Siebentes Buch.
kaufen konnten. Käufer und Verkäufer kamen dabei auf die gleiche
Rechnung.
In Amerika, wohin sie hinübergeschafft waren, verbrachten nun diese
'Neger und Negerinnen ihr Dasein als richtige Sklaven, ganz wie die des
Ahertums, als Besitzgegenstände ihres Herrn, der an ihnen schlechterdings
unbeschränkte Eigentumsrechte hatte. In den Landstrichen spanischer
Zunge wurden Kreuzungen von Weißen mit Negerinnen recht häufig, schon
weniger in denen, wo die englische Sprache herrschte, wenn auch in
den Vereinigten Staaten neben den Negern bald eine Bevölkerung von
Mulatten (Halbschwarzen) und Quarteronen (Viertelschwarzen) heranwuchs,
die das Ergebnis einer Verbindung zwischen Weißen und Negerinnen
waren.
Obgleich der Negerhandel grundsätzlich schon im Jahre 1780 abgeschafft
worden war, hörte er doch in Wirklichkeit erst 181 5 richtig auf. Seit
dieser Zeit gingen die Sklavenverkäufe auf den amerikanischen Märkten
nur noch selten und ganz heimlich vor sich. Das hinderte nicht, daß
die nach Amerika geschaffte bisherige schwarze Bevölkerung im Lande
blieb und, so fruchtbar wie sie war, sich auch vermehrte. Da nun aber
die Kinder der Sklaven wieder Sklaven wurden, erreichte in einzelnen
Südstaaten der Union die zur Sklaverei gezwungene schwarze Bevölkerung
in ihrer Zahl die weiße. In den Nordstaaten dagegen waren die Neger
nicht so zahlreich und auch zum Gedeihen des Landes nicht so not-
wendig; denn hier unter dem weniger heißen Himmelsstrich stand auch
den Weißen bei der Bebauung des Bodens eine weit größere Arbeits-
kraft zur Verfügung.
Bald wurden nun im Norden mancherlei Einsprüche gegen die Sklaverei
erhoben, und es bildete sich eine große Partei von Gegnern der Sklaverei. Sie
bezeichnete sich als Republikanische Partei, ein Name, den einst Thomas
Jefferson und George Washington für sie gewählt hatten, im Gegensatz
zur Demokratischen Partei. Die Demokraten, die die Macht in Händen
hatten, wagten nicht, den Anhängern der Sklaverei Ursache zur Unzufrie-
denheit zu geben, und zögerten, wirksame Maßregeln für die Abolition
(Abschaffung der Sklaverei) zu treffen. Von Andreas Jackson (1824) bis
Abraham Lincoln (1860) waren alle Präsidenten Demokraten.
Ums Jahr 1855 verdoppelten die Abolitionisten, d. h. die Gegner der
Sklaverei, ihre Tätigkeit mit Zuhilfenahme der Gefühle der Religion und
Menschlichkeit und ihrer Berufung auf sie. Die amerikanische Schrift-
stellerin Harriet Elisabeth Beecher-Stowe (18 12— 1896) veröffentlichte einen
Roman Onkel Toms Hütte (Uncle Tom's Cabin), der in kürzester Zeit
1
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^7
einen Absatz von einundeinerhalben Million Exemplaren erreichte. Das
Unglück eines von barbarischen Herren mißhandelten gutmütigen Negers
rief das Mitleid aller fühlenden Seelen wach. Doch die Sklaverei wurde
trotz dieser Gärung der Gemüter auch da noch nicht eingestellt. Ja, die
Anhänger der Sklaverei nahmen den Schutz der Bundesgesetze in Anspruch.
John Brown, ein Gegner, der in Kansas die Sklaven zur Freiheit auf-
gerufen hatte, wurde von den Richtern Virginias verurteilt und gehenkt
(2. Dezember 1859).
Die Wahl Abraham Lincolns, eines Abolitionisten (November 1860), be-
stimmte die Südstaaten, sich von der Union zu trennen.
Es ist nicht leicht, dem Entschlüsse der Südstaaten gerecht zu werden.
In jedem Falle war er ein Fehler, und zwar zunächst ein politischer
Fehler, weil sie unmöglich beanspruchen konnten, ihre ihnen an Zahl
überlegenen politischen Gegner unter das Gesetz zu zwingen, und weiter
ein moralischer Fehler, weil das Prinzip der Sklaverei nun einmal mit
der Gerechtigkeit unvereinbar ist.
Die Sklaverei ist in der Tat eine Schande, und doch muß man zugeben,
daß die Neger eine minderwertige Menschenrasse sind. Niemals haben
sie sich eine dauerndere gesellschaftliche Stellung zu geben vermocht.
Niemals haben sie auch nur irgend etwas erfunden. Jedes Werk auf dem
Gebiete der Kirnst oder der Literatur, das von einem Neger ausgeht, hat
das Gepräge eines unfertigen Entwurfs. Auch Wissenschaft und Industrie
verdanken ihnen nichts. Zwar erscheinen sie, solange sie noch in der
Kindheit stehen, fast ebenso befähigt wie die Weißen; aber sie behalten
ihren kindlichen Verstand auch dann noch weiter, wenn sie bereits ins
"Ätter der Erwachsenen gekommen sind. Im allgemeinen gefäUig und
gefügig, sind sie bisweilen plötzlichen Anwandlungen außerordentlicher
Gewalttätigkeit unterworfen, übrigens immer faul und unfähig, ihre Ge-
danken auf einen Punkt zu sammeln. Daher ist es denn auch von den
Weißen ganz natürlich, daß sie diese minderwertigen Menschen in einem
gewissen Abstände von sich halten. Aber je schwächer die Schwarzen
auf Grund ihrer geistigen Unzulänglichkeit sind, um so großmütiger wird
man sich gegen sie zeigen müssen. Unsere Überlegenheit muß sich in
Milde umsetzen, und es wäre eine Feigheit, unsem Verstand und unsere
Kraft zu mißbrauchen, um die Neger, die doch jedenfalls wie wir eine
Menschenrasse sind, zu quälen und au tyrannisieren.
Nachdem die Südstaatler erklärt hatten, sich von den Nordstaaten
trennen zu wollen, und Jefferson Davis zu ihrem Präsidenten ernannt hatten
8*
4o8
Siebentes Buch.
(4. Februar 1861), stellten sie ein Heer ins Feld und bemächtigten sich
der Stadt Charlestown (12. April 1861).
Der Bürgerkrieg hatte begonnen. Er sollte volle vier Jahre dauern.
Ein entsetzlicher Krieg, bei dem Ströme von Blut flössen (etwa 400000
Gefallene) und der das Land vorübergehend an den Rand des Verderbens
brachte (15 Milliarden Schulden!).
Vier Jahre hindurch wetteiferten nun die beiden Gegner, Nord- wie
Südstaatler, sich in den höchsten sowohl bürgerhchen als auch militäri-
schen Tugenden geradezu gegenseitig den Rang abzulaufen. Alle nur
irgend tauglichen Männer zogen in den Krieg und schlugen sich wie
Helden nachdem sie ohne alle berufsmäßige Vorbildung in die Manne
oder auch als Soldaten, Offiziere, Generale ins Landheer eingetreten waren,
oder es auch als Ingenieure verstanden hatten, sich durch Erfindung von
Torpedos, Panzerschiffen mit und ohne Turm, Repetiergewehren verdient
zu machen. In den Nordstaaten, die damals kaum zwanzig Millionen
Menschen zählten, wurden drei Milhonen Soldaten ausgemustert. Die
Leistungen, zu denen es Vaterlandsliebe brachte, gingen ins Riesenhafte,
ja übertrafen noch vielleicht die Frankreichs im Jahre i793- Wenn die
Völker das Warum eines Krieges wissen, wissen sie auch immer das Wie.
Tefferson Davis hatte bei den auswärtigen Regierungen bald seine An-
erkennung erreicht. So erklärten demi auch England, Frankreich und die
übrigen europäischen Monarchien ihre Neutralität. Richmond wurde die
Haumstadt der Konföderation der Südstaaten in einer Entfernung v^n
120 Kilometern von Washington, der Hauptstadt der Föderation der
Nordstaaten. , , , .....
Der Krieg wurde immer blutiger und das Glück wechselte bestandig
Die erste große Schlacht, die geliefert wurde, fand bei Bullhun statt und
wurde von den Südstaatlern gewonnen (21. Juli 1861). Im folgenden Jahre
versuchten die Nordstaatler die feindliche Hauptstadt Richmond zu
nehmen Die Schlacht währte drei Tage. Robert Lee, der Oberbefehls-
haber der Konföderation, war ein fähiger General, der trotz der größten
Stärke des Feindes seinen beiden wütenden Stürmen auf Richmond
standhiek (31. Mai und 2. Juni 1862). Der nordstaatliche Oberbefehls-
haber Mac Clellan mußte zum Rückzug blasen lassen. Gleichwohl gelang
es Lee nicht, die Stellungen seines Gegners am Malvem Hill zu durch-
brechen (I. Juli). Nun spielte sich bei Bullhun zum zweitenmal eine
Schlacht ab, und sie wurde wieder dem Nordheere verhängmsvoU
(30. August). , . , r,..,
• So schien das Waffenglück in Virginia' in seiner Gesamtheit den Sud-
Die Herrschaft der Wissenschaft.
409
Staaten günstig. Doch dank der Fähigkeit und Tatkraft eines Grant, dank
seinen gepanzerten Geschwadern, die stromaufwärts fuhren und die Häfsn
sperrten, kam ihr Heer am Mississippi in eine gefährhche Lage. Die
Schlacht bei Fredericksburg wurde ihm zwar vorübergehend zur Ret-
tung (II. Dezember 1862). Aber schon im folgenden Jahre gelang es
Grant nach mehreren blutigen Gefechten, die befestigte Stadt Vicksburg
am Potomac einzunehmen (4. Juni 1863). Lee war seinerseits vor Gutty-
burg zum Angriff übergegangen, der ihm aber mißlang (3. Juli 1863).
Allmählich begannen sich die Kräfte der Konföderation zu erschöpfen.
Sie fanden weder neue Ersatzmannschaften noch das nötige Geld. Es blieb
ihnen nur noch ihr Mut. Trotz hartnäckiger Verteidigung büßten sie in
jeder Schlacht immer mehr an Boden ein und fanden keine heuen Soldaten
als Nachwuchs für ihre Gefallenen. Auf selten der Nordstaaten war
Sherman neu in die Erscheinung getreten, ein Feldherr von großem
Heldenmut und ebenso großem Charakter. In Gemeinschaft mit Grant
schloß er nach und nach die Konföderation in ihren letzten gesicherten
Stellungen ein. Am Ende des Jahres 1864 hatte Lee kaum noch mehr
als 50000 Mann übrig; die Nordstaaten waren jetzt viermal so stark.
Und so sah sich -Lee am 9. April 1865 genötigt, in Appon^atox die
Waffen zu strecken.
Das war das Ende dieses so schrecklichen Krieges. Sicherlich kostete
er zwar viel Blut, doch übte die siegreiche Partei keine dementsprechend
blutige Vergeltung, ein Fall, der in der Geschichte der Bürgerkriege fast
einzig dasteht. Die lange Reihe von heißen Schlachten war nichts Tnderes
als ein blutiger, aber ehrlicher Zweikampf zwischen Mitbürgern eines
Landes, die sich wohl bekämpften, aber darum keineswegs haßten. *
Lincoln, der siegreiche Präsident, sollte seinen Sieg nicht lange überleben
Am 14. April 1865, nur fünf Tage nach Lees Übergabe, wurde er von i
einem Wahnsinnigen ermordet. ii
Nach der amerikanischen Verfassung folgt dem Präsidenten im Todes-
falle der Vizepräsident ohne besondere Neuwahl. So wurde der Nachfol-er
von Lincoln der Demokrat Andrew Johnson. Nun war die demokratische
Partei, ohne deshalb gerade Anhängerin der Sklaverei zu sein, doch nicht
etwa dafür zu haben, die Neger den Weißen einfach gedankenlos gleich-
zustellen, sie zu vollberechtigten Bürgern zu machen und ihnen das Wahl-
recht zu geben. Der hauptsächlich aus Republikanern bestehende Kongreß
war aber gerade entgegengesetzter Meinung und beschloß daher schli-^ß-
hch im Widerspruch mit Johnson nicht allein die Aufhebung jedes Ab-
hängigkeitsverhältnisses der Neger, sondern überhaupt die völlige bür-
4iO Siebentes Buch.
gerliche und politische Gleichheit zwischen Schwarzen und Weißen
(1867— 1868).
Im Jahre 1868 wurde der General Ulysses Sidney Grant mit überwäl-
tigender Mehrheit zum Präsidenten ernannt. Die Sklavenhalterpartei war
nichts weiter mehr als nur noch eine geschichtliche Erinnerung.
Die übrigen amerikanischen Republiken wurden nicht weniger von
Bürgerkriegen heimgesucht.
In Nordamerika war Mexiko seit seiner Unabhängigkeitserklärung im
Jahre 1823 nicht aus der Anarchie herausgekommen und von der Militär-
diktatur zur Demagogie, von der Demagogie zur Militärdiktatur zurück-
gekehrt. Das Land ist durch die Fruchtbarkeit seines Bodens und die
unerschöpflichen Schätze seiner Bergwerke eines der reichsten der Welt.
Aber die Bevölkerung, die sich aus Indianern, Mulatten, Mestizen und
einer verhältnismäßig geringen Zahl von reinen Weißen zusammensetzte,
lehnte sich gegen jedes ernste politische Leben sowie gegen jede
wirkliche Staatszucht auf. Eine ebenso verblendete wie unwissende katho-
lische Geistlichkeit nährte den gegenseitigen Haß, und die Heerführer
waren mehr Abenteurer als Generale.
Im Jahre 1846 hatte Texas um seine Angliederung an die Vereinigten
Staaten gebeten, und die mexikanische Republik, die damals wehrlos war,
hatte diese Provinz abtreten müssen und damit ein Drittel seines Gebietes
verloren.
In einem der zahlreichen Aufstände, die das schöne Mexiko verwüsteten,
waren Franzosen, Engländer, Spanier geplündert oder niedergemetzelt
worden. Als Frankreich, England, Spanien keine diplomatische Genug-
tuung erlangen konnten, griffen diese Mächte schließlich zur Gewalt. Die
verbündete Flotte nahm den Hafen von Veracruz. Juarez, ein indianischer
Mestize, den das Zufallsspiel der mexikanischen Politik auf den Präsidenten-
stuhl gerufen hatte, mußte nachgeben und unterhandeln (Oktober r86i).
Spanien und England erklärten sich befriedigt, aber Napoleon III. be-
anspruchte mehr. Eine seltsame Vorstellung hatte sich seiner bemäch-
tigt; er gedachte, Mexiko einen Monarchen seiner Wahl aufzuerlegen und
ihn durch französische Truppen zu unterstützen.
So verfiel sechzig Jahre nach jenem unseligen spanischen Kriege, der
Napoleon I. zum Verhängnis wurde, Napoleon III. in den gleichen ver-
brecherischen Irrtum mit seinem räuberischen Überfall auf Mexiko.
Im Jahre 1862 landen 30000 französische Soldaten in Veracruz
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4il
(September). Auf den Schlachtfeldern bleiben sie zwax Sieger, aber
bei jedem Schritt, den sie vorwärts tun, stoßen sie, wie in dem
Spanien des Jahres 1809, auf unversöhnlichen nationalen Haß, der sich
gegen sie erhebt. Krankheiten und Entfernungen erschöpfen das fran-
zösische Heer. Doch es gelingt ihm gleichwohl, in die Stadt Mexiko
einzuziehen (5. Juni 1863) und den Erzherzog Maximilian, den Bruder
des Kaisers von Österreich, zum Kaiser von Mexiko krönen zu lassen.
Doch wurden hierbei alle nur irgend denkbaren Fehler begangen; auch
die lebhafteste Phantasie vermöchte sich wohl keinen vorzustellen, der unter-
lassen worden wäre. Bazaine, der kommandierende französische General,
war schon damals ein berufsmäßiger Verräter und spann gegen den Herr-
scher Ränke, den er die Aufgabe gehabt hätte zu verteidigen. Kaiser
Maximilian fand auch nicht einen Anhänger in seinem neuen Reiche,
und völlig vergeblich, ohne irgendwelchen Vorteil davon zu haben und nur
um die schwersten Verluste zu erleiden, schickte Frankreich seine Söhne
in den Kampf für diesen unglückseligen Prinzen, der den Truppen, die
ihn stützen sollten, ebenso fremd war wie den Bevölkerungskreisen, über
die er so gern herrschen wollte.
Unmittelbar nach Beendigung ihres eigenen Bürgerkrieges nahmen die
Vereinigten Staaten für Juarez Partei.- Sie verlangten ungestüm, daß
Frankreich seine Truppen zurückzöge. Um einen Krieg zu vermeiden,
der sicherlich verhängnisvoll gewesen wäre, mußte das französische
Expeditionskorps Mexiko räumen und nach Frankreich heimkehren (1867).
25 000 französische Soldaten, der auserlesenste Teil des Heeres, waren für
das lächerliche Unternehmen hingeopfert worden: einen österreichischen
Prinzen amerikanischen Republikanern aufzudrängen!
Nach dem Abzug der Franzosen wurde der unglückliche Maximilian
gefangen genommen und ''zu Queretaro erschossen (19. Juni 1867).
Napoleon HI. hat in seiner Laufbahn gewiß sehr viele Fehler be-
gangen; aber keiner ist wohl weniger verständlich als der mexikanische
Feldzug, Ihm hat er es zu verdanken, wenn sich sein militärisches An-
sehen geschwächt hat und sein politischer Nimbus gefallen ist, gerade
im kritischsten Augenblick der europäischen Geschichte, war doch
damals die Zeit um die Schlacht bei Königgrätz, die am 3. Juli 1866
stattfand.
Die Republiken Mittel- und Südamerikas wurden gleichfalls von
wütenden Zwistigkeiten heimgesucht. Ihre Geschichte ist einförmig und
wirr. Es handelt sich immer nur um Staatsstreiche, Diktaturen, Untaten
verblendeter Schwarmgeister, Käuflichkeiten, Pronunciamentos. Diese Re-
4i2 Siebentes Buch,
publiken werden abwechselnd von Priestern und Generalen regiert. Bis-
weilen machen sie den an sich schon so schlimmen Bürgerkrieg dadurch
erst ganz schlimm, daß sie auch noch gegeneinander kämpfen. Es ist
ein reines Wiuider, wie sie trotz alledem nicht bloß haben bestehen,
sondern sogar noch gedeihen können.
Mehr als je zu irgendeiner anderen Zeit schickte Europa damals seine
Ansiedler, seine Heere, seine Kapitalien in alle Teile der Welt, nach
Asien, Afrika, Australien.
In Asien wurden nicht etwa in ihrer Bevölkerung, sondern nur in
ihrer Verwaltung Indien englisch, Kaukasien russisch, Cochinchina fran-
zösisch, und der Krieg Englands mit China eröffnete dem europäischen
Handel einige Häfen dieses so unermeßlichen und geheimnisvollen Landes.
In Afrika tat die Handlung eines vereinzelten Mannes für den Fort-
schritt der Welt mehr als alle Heere und Schätze. Ein Franzose, Fer-
dinand von Lesseps, wagte einen Plan zu entwerfen und auch zur .A-us-
führung zu bringen, den Ingenieure imd Diplomaten mit gleichem Eifer
bekämpften, zunächst überhaupt als einfach undurchführbar, und später,
wenn er wirklich durchführbar sein sollte, als zum mindesten verhäng-
nisvoll erklärten.
Afrika war mit Asien nur durch einen sich 45 Kilometer ausdehnenden
schmalen Sandstreifen verbunden, der das Verkehrshindernis zwischen
Mittelländischem Meer einerseits und Rotem Meer und Indischem Ozean
andererseits bildete. Es handelte sich also darum, in diesem Sand einen
Kanal zu graben, der so breit und tief sein mußte, daß die großen Schiffe
hindurch konnten. So sollte Indien Europa näher rücken. Ein Schiff
z. B., das von Marseille nach Bombay wollte, sollte, anstatt über Gibraltar
am Kap der guten Hoffnung und Madagaskar vorbeizufahren, einen fast
geradlinigen Lauf nehmen und so einen gewaltigen Umweg vermeiden.
Zum Glücke war der Pascha von Ägypten, Said, ein Sohn des Mehe-
med Ali (1853 — 1863), dem Plane günstig. Sein Nachfolger Ismail (1863
bis 1879) konnte nicht die Fortsetzung der im Jahre 1859 begonnenen
Arbeiten verhindern. Im Jahre 1869 war die Landenge von Suez durch-
stochen und damit der weltberühmte Kanal geschaffen.
Er wurde eine Quelle des Reichtums für Ägypten, aber auch für Eng-
land, Frankreich und alle anderen europäischen Völkerschaften. Die
großen Werke der Zivilisation bestehen immer darin, daß sie alle
Völker bereichern, ohne irgendeines verarmen zu lassen.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^3
Am anderen Ende der Welt war es Australien, das eine ganz uner-
wartete Entwicklung nahm. Die nicht allzu zahlreichen Eingeborenen,
denen James Cook im Jahre 1788 begegnete, gehörten einer verfallenen
Rasse an, der sogar noch die schwarze überlegen war. Als zuerst Straf-
verbannte (1788), dann Ansiedler (1803) hinüberkamen, gab es zwar
zunächst einen unbedeutenden Scheinkrieg, doch bald schon verschwanden
die australischen Eingeborenen. Und sie taten das so vollständig, daß
heute von ihnen nicht mehr ein einziger auf diesem weiten Erdteil
übrig ist.
Australien ist ein Land von äußerster Dürre und schwieriger Boden-
beschaffenheit. Doch die Züchtung des Hammels brachte den ersten Ein-
wanderern schon in kurzem großen Gewinn. Immer neue Ansiedler kamen,
so daß im Jahre 1842 bereits eine halbe Million Einwohner vorhanden war.
Aber plötzlich erfuhr man nun zu dem allen, daß Australien auch reich
an Goldbergwerken war, deren Bearbeitung wenig Schwierigkeiten machte.
Nun wurde die Einwanderung so gewaltig, daß im Jahre 1855 aus der
halben Million Ansiedler von 1842 schon wieder das Dreifache, also andert-
halb Millionen, geworden war.
Neuseeland, die äußerst fruchtbare große Insel im Südosten Austra--
liens, zeigte in seiner Bevölkerungszunahme und Kolonisation ein noch auf-
fälligeres Wachstum. Im Jahre 1867 zählte es 225000 Ansiedler. Die Ein-
geborenen oder Maoris, deren Intelligenz die der festländischen Australiei"
überragt, machten den vergeblichen Versuch, den Weißen Widerstand zu
leisten. Doch sie wurden wenigstens nicht, wie die anderen, ausgerottet.
Es waren im Jahre 1867 40000 übrig geblieben, die auch in der Folge
nicht verschwunden sind. Es scheint sogar seit einiger Zeit, als ob sie
sich ein klein wenig mit der Zivilisation vertraut machen wollten.
Zu einer Zeit, wo England bereits planmäßig die Eroberung der Welt
betrieb, setzten die verschiedenen Völker des europäischen Festlandes noch
immer ihre alte^ Politik jier_ Eifersucht und des Hasses fort. '
Die großen Ereignisse der Jahre 1866— 1870 nahmen ihren Anfang in
dem Streit um die dänische Erbfolge.
Im Januar 1848 folgte Friedrich VII. seinem Vater Christian VIII. auf
den dänischen Königsthron. Die Lage war schwierig; denn in Schles-
wig-Holstein war die Bevölkerung weder nach Sprache noch Sitten über-
wiegend dänisch. Holstein, das zum Deutschen Bunde gehörte, war sogar
durchweg deutsch, Schleswig, das allerdings im Norden noch ausschließ-
^14 Siebentes Buch.
lieh dänisch war, war jedoch im Süden ebenfalls ganz deutsch. Die
deutsch-sprachigen Bevölkerungskreise empörten sich nun, vertrieben die
Dänen und riefen die Preußen herbei. Diese kamen, nur zu bereit, sich
der Stadt Kiel und der beiden Herzogtümer zu bemächtigen. Das dänische
Heer wurde bei Düppel geschlagen (28. Mai 1848). Dänemark verlor in-
dessen seine Provinzen nicht. Vielmehr wurde in dem sogen. Londoner
Protokoll (1852) endgültig vereinbart, daß die Herzogtümer weiter der
dänischen Krone angehören und nur einer eigenen Verwaltung, nämlich
der eines von England, Preußen und Dänemark gemeinsam gebildeten
Ausschusses, unterstellt werden sollten. Fast unüberwindlich war die
Schwierigkeit : die widerstreitenden Interessen des deutschen und des
dänischen Schleswig in Einklang zu bringen. Wenn nationale Meinungs-
verschiedenheiten sich auf Kosten von Staatsinteressen geltend machen,
ist jedes gemeinsame Leben immöghch.
Nach Friedrichs VII. Tode (15. November 1863) w'urde Christian IX.
König von Dänemark, doch die Herzogtümer wollten von ihm nichts
wissen und riefen Friedrich von Augustenburg zum Herrscher aus.
Österreich, Preußen und der Deutsche Bund unterstützten die Ansprüche
des Augustenburgers mit den Waffen (i. Februar 1864). Diesen gewaltigen
Gegnern war Dänemark nicht gewachsen. Sein kleines Heer mußte sich
sogleich über Schleswigs Grenze zurückziehen. Und so mußte der König
von Dänemark, von ganz Europa im Stich gelassen, sich den Bedingungen
der Sieger unterwerfen (August 1864).
Bis dahin waren Österreich und Preußen so ziemlich Hand in Hand
gegangen; doch als jetzt für sie beide selbst die Stunde der gegenseitigen
Auseinandersetzung kam, konnten sie sich nun nicht mehr so leicht
verständigen; handelte es sich doch im Grunde weit weniger um die
Herzogtümer als vielmehr um die gesamte Vorherrschaft in Deutschland.
Der König» von Preußen, Wilhelm I. (1797 — 1888), Regent seit dem
Jahre 1858, König seit 1861, hatte sich nie so recht mit den liberalen
Ideen befreunden können. Gottesfürchtig, bieder, ohne Gepränge, seinem
einmal gegebenen Wort unverbrüchlich treu und von leidenschaftlicher
Liebe für sein Heer, aber aus Ehrfurcht vor den Satzungen der Religion
nicht allzu lebhaft von dem Wunsche erfüllt, einen Krieg zu führen, hatte
er jedoch über seine Herrscherpflichten dieselben Gedanken wie Lud-
wig XIV. Mit 18 Jahren war er 181 5 mit den preußischen Kriegerscharen
nach Frankreich gekommen und bewahrte sich von damals her eine noch
ganz von den Grimdsätzen der Heiligen Allianz erfüllte Seele. Daher
zögerte er auch nicht, sich ruhig darüber hinwegzusetzen, als ihm die
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^l5
Abgeordneten der Preußischen Kammer jedwede Mittel für die Heeres-
verstärkung verweigerten. Der Landtag wurde einfach aufgelöst.
Da fand er einen Minister, der scheinbar seine Politik in jedem Augen-
blick unterstützte, ihm aber in Wirklichkeit immer nur die eigne auf-
drängte. So oft dieser auch von seiner Ansicht abwich, der König gab ihm
schließlich regelmäßig nach. Es war Otto von Bismarck (1815 — 1898).
Er war ohne jedes religiöse oder sittliche Bedenken. Er glaubte nur an
Gewalt und Erfolg. Im Gegensatz zu den alten diplomatischen Bräuchen
sagte er alles, was er dachte, gerade heraus und erfand, um das, was ihn
erfüllte, zum Ausdruck zu bringen, allerlei knappe, witzige, kräftige und
trotzige Formeln. Überall hinterließ er Spuren solcher temperamentvollen
Kraftbetätigung, ob das nun in den Kanzleien der verschiedenen euro-
päischen Regierungen oder in den Sitzungssälen der preußischen Parla-
mente sein mochte, und dabei trat er mit dem Trotze jenes kleinen
Krautjunkertums auf, das weder Gott noch den Teufel fürchtet. Bis-
weilen mutete er einem in zynischer Weise einen entehrenden Handel
zu, an dessen ernstlichen Abschluß auch er selbst in Wirklichkeit gar
nicht glauben konnte. Wie Napoleon I., dachte er in seinem Herzen
und äußerte auch er nicht minder laut, daß die Menschen allein von
ihren Interessen geleitet würden, jedes Gewissen käuflich sei und
Macht vor Recht gehe.
Die Angelegenheit der dänischen Herzogtümer schien ihm eine günstige
Gelegenheit zu bieten, Österreich aus Deutschland herauszudrängen. Zu-
nächst sicherte er sich die wohlwollendste Freundschaft Rußlands und die
Neutralität Englands. Was Frankreich anging, so führte er Napoleon III.,
der sich wie ein Kind narren ließ, durch allerhand schöne Redensarten,
die Versprechungen gleichzukommen schienen, solange hinters Licht, bis
es ihm schließlich gelungen war, in ein Schutz- und Trutzbündnis mit Italien
zu treten. Das bildete die Voraussetzungen, unter denen er den Krieg
von 1866 beginnen konnte.
Preußen hatte Österreich und außerdem noch fast das gesamte Deutsch-
land: Sachsen, Baden, Hannover, Bayern, Württemberg gegen sich. Doch
dank seiner unglaublich schnellen Mobilisierung gelang es dem preußischen
Heere, es zu verhindern, daß sich die andern Deutschen mit den 250000
Österreichern unter General Benedek vereinen konnten.
Vom Kronprinzen und Prinz Friedrich Karl befehligt, waren die
Preußen die Überlegenen, wenn auch nicht an numerischer Stärke, so
doch an Waffenausrüstung (Dreysesches Hinterladegewehr) und durch
einen höchst unternehmenden Stab von Offizieren. Durch die Kühnhdt
^l6 Siebentes Buch.
ihres Angriffs und die Kraft ihres Vorgehens erhielten sie gkich in den
ersten Kämpfen einen gewissen Vorsprung. Am 3. Juh machte die große
Schlacht bei Sadowa oder Königgrätz diesem Feldzug in wenigen Tagen
ein schnelles Ende.
Ganz kurz zuvor waren die Italiener, die Verbündeten Preußens, bei
Custozza geschlagen worden (24. Juni). Aber weder diese Schlacht
noch die bei Lissa, in der die italienische Flotte besiegt wurde
(20. Juli), hatten einen Einfluß auf den Gang der Ereignisse. Kaiser Franz
Joseph trat zwar Venedig nicht unmittelbar an den König von Italien ab,
wohl aber an Kaiser Napoleon III., der es seinerseits diesem Lande über-
ließ, und nun wurde der allgemeine Friede zu Prag geschlossen (24. August),
Damit war das österreichische Übergewicht in Deutschland ein für alle-
mal zu Ende. Durch den Prager Friedensvertrag erhielt Preußen nicht
nur die dänischen Herzogtümer, die den ersten Anstoß zum Kriege ge-
geben hatten, sondern auch noch außerdem ' Hannover, Hessen-Cassel
und die blühende freie Reichsstadt Frankfurt. Es hatte nunmehr 25 Mil-
lionen Einwohner. Nach den edlen Überlieferungen Preußens aus dem
Jahre 181 5 wurden ihm die Bevölkerungen dieser verschiedenen Gebiete
einfach ohne weiteres und ohne jede Volksabstimmung einverleibt. König
Wilhelm ließ nicht zu, daß ein Volk das Recht hätte, über sein
Schicksal selbst zu entscheiden.
Deutschland teilte sich damals in zwei ungleiche Hälften: den Nord-
deutschen Bund (sechsundzwanzig Millionen) und den Süddeutschen Bund
(zwanzig Millionen). Präsident des Norddeutschen Bundes war der König
von Preußen; das Verhältnis dieses Bundes zu Preußen war in Wirk-
lichkeit eine nur schlecht verhüllte Annektierung. Der Süddeutsche Bund
(Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden) bewahrte sich im Gegensatz
dazu eine ganz augenfällige Unabhängigkeit. Österreich war nun tat-
sächlich aus Deutschland ausgeschlossen, und die ganze Macht gewann
Preußen; denn nicht bloß eine Zoll Vereinigung, sondern auch noch ein
Schutz- und Trutzbündnisvertrag schlössen Preußen und den Süddeutschen
Bund eng zusammen.
Dieser völligen Umwälzung seiner hergebrachten altehrwürdigen Zu-
stände setzte Europa auch nicht den kleinsten Widerstand entgegen.
Rußland unter Gortschakow hielt sich eng an die Pohtik Bismarcks.
England unter Gladstone steckte schon damals viel zu tief in seiner Wahl-
reform, um noch, wie bisher, in die europäischen Streitigkeiten eingreifen
zu können. Napoleon III. aber, der zu Frankreichs Unglück dessen Politik
leitete, schwankte zwischen den entgegengesetztesten Anschauungen hin
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^ij
und her und schaffte sich überall unversöhnliche Feindschaft. Italien ent-
fremdete er sich für immer damit, daß er in dem Kirchenstaate eins
Truppe französischer Soldaten zum Schutze des Papstes hielt und die
Erklärung abgab, daß er niemals zulassen würde, daß sich die Italiener
Roms bemächtigten, Österreich damit, daß er auch nicht mit einem
einzigen Wort für diese Macht zu ihrer Verteidigung eintrat, Deutschland
damit, daß er ganz offen das linke Rheinufer für sich verlangte. Er konnte
eigenlhch allein von Bismarck ein gewisses Maß von Dankbarkeit er-
warten; denn Napoleons Zauderpolitik war die festeste Stütze des Eisernen
Kanzlers gewesen. Aber Dankbarkeit war ein Wort und ein Gefühl, das
Bismarck niemals kannte.
Trotz alledem wurde im Jahre 1869 ein Bündnis zwischen Frankreich,
Österreich und Italien gegen Preußen beraten. Der leitende Minister von
Österreich, von Beust, hatte sich für sein Volk 'nicht in jene untergeordnete,
ja geradezu demütigende Rolle finden können, die der Prager Friede
seinem Vaterlande in den deutschen Angelegenheiten auferlegt hatte. Auf
der andern Seite neigte Victor Emanuel zu einem Bündnis mit Frank-
reich, das seinen persönlichen Gefühlen nicht weniger als den verwandt-
schaftlichen Banden zwischen den beiden Völkern entsprach.
Doch die Ereignisse überstürzen sich, und schon in einem Jahre hat
sich die Lage in Europa völlig gewendet.
Zu Anfang des Jahres 1870 berief Kaiser Napoleon ein liberales
Ministerium zur Regierung mit einem Zugeständnisse parlamentarischer
Bürgschaften (2. Januar 1870). Aber, als ob diese Kundgebung in der
Richtung eines weniger unumschränkten Regiments seinen ganzen guten
Willen erschöpft hätte, wagte er es nicht, sich auf die Aufgabe Roms ein-
zulassen. Und doch war der Augenblick günstig; Papst Pius IX. ver-
doppelte seine Unversöhnlichkeit, gestützt auf die Entschließungen des
damals tagenden Vatikanischen Konzils, das soeben die Pflicht der Unter-
ordnung jeder weltlichen Behörde unter die Kirche ausgesprochen imd
die Unfehlbarkeit des Papstes verkündet hatte (Dezember 1869).
Trotzdem hielt Napoleon III. weiter ein Okkupationskorps in Rom.
Ohne aber damit etwa die französischen Klerikalen gewirmen zu können,
die ihn zu bekämpfen auch nunmehr nicht müde wurden, machte er durch
seinen unerklärlichen Eigensinn jedes Bündnis mit Italien unmöglich.
In dieser Zeit waren es die Verhältnisse in Spanien, die durch eine
wirre Verkettung von Versehen und Irrtümern den Krieg zwischen Frank-
reicli und Preußen herbeiführten.
4l8 Siebentes Buch.
Ferdinands VII. Tod (1833) hatte einen Bürgerkirieg entfesselt. Seine
dreijährige Tochter Isabella II, war als Königin unter der Regentschaft
ihrer Mutter Maria Cristina ausgerufen worden. Aber die Basken und Kata-
lanen, die von einer Frau auf dem. Throne nichts wissen wollten, hatten sich
empört und als König Don Carlos, einen Bruder Ferdinands, der den Auto-
ritätsbegriff am weitgehendsten vertrat, bezeichnet; so mußte die Regie-
rung Maria Cristinas die Karlisten bekämpfen. Es war ein blutiger Krieg,
der sieben Jahre dauerte. Als er beendet war, benutzten die Generale,
die über die Karlisten triumphiert hatten, ihre Siege, um die Gewalt an
sich zu reißen. Es war dies zuerst Espartero (1840 — 1843) und dann
Narvaez, der zuerst der Freund und später der Gatte der Königin Maria Cri-
stina war (1847 — 1851). Obgleich Narvaez angeblich der gemäßigten
Partei angehörte, trat er wie ein unumschränkter Herrscher auf und
regierte so schlecht, daß er einen Aufruhr hervorrief; aber in dem un-
glückseligen Spanien gab es keine Umwälzung, die etwas anderes gewesen
wäre als die einfache Ersetzung eines Generals durch einen andern, und
die Regierimg von O'Donnell, der Narvaez verjagt hatte, war kaum weniger
selbstherrlich als die seiner Vorgänger. O'Donnell war jedoch für
Königin Isabella zu liberal; daher wurde Narvaez zurückgerufen und kam
auch wirklich (Januar 1863); dann war bald wieder O'Donnell zurück und
bald wieder Narvaez. Königin Isabella fand immer wieder neue Günst-
linge, die sie mit Ehren imd Gold überhäufte.
Die Geduld der Spanier ermüdete. Eine Volksbewegung brach im
September 1868 zu Madrid aus, an deren Spitze General Prim und der
Historiker Emilio Castelar *, einer der größten Redner aller Zeiten,
standen,
Isabella mußte Spanien verlassen (5. Oktober 1868). Die vereinigten
Cortes beschlossen alsdann, daß die Verfassung weiter eine monarchische
bleiben sollte. Es war zu dieser Zeit, als Prim, von den Cortes an die
Spitze der Regierung gestellt, auf den eigenartigen und imseligen Gedanken
kam, die Thronfolge dem Prinzen Leopold von HohenzoUern anzutragen,
der darauf auch einging (Juli 1870).
In dieser schicksalsschweren Stunde scheint die französische Regierung
wie von einem Taumel ergriffen. Das Königtum eines HohenzoUern in
Spanien, das für Preußen nur eine unerträgliche Last gebildet hätte, hätte
von der französischen Diplomatie ganz gleichgültig aufgenommen werden
können. Statt dessen erregte es Entrüstung. Der Herzog von Gramont,
* Vgl. S.s 5^9 Nachtrag.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^9
der französische Minister des Auswärtigen, erklärte, daß das Königtum
eines preußischen Prinzen in Spanien für Frankreich eine Gefahr in
sich schlösse, und bat den König von Preußen, sich ins Mittel zu legen und
seinen Vetter Leopold von dem spanischen Throne zurückzuhalten.
Nichts ist einfacher, als die ganze Schwere der Verantwortung dieses
unsinnigen Verlangens ausschließlich auf den Herzog von Gramont, Emile
Olli vier oder Napoleon III. abzuwälzen! Daran waren gar viele Fran-
zosen beteiligt. In den verschiedensten Blättern erschienen heftige Artikel,
die zum Kriege trieben. In der gesetzgebenden Körperschaft erhob eine
Kriegspartei lärmenden Einspruch und forderte Rache. Die Kaiserin wollte
die Dynastie durch Siege befestigen. Verblendung und Dummheit, die sich
unter dem Scheine der Vaterlandsliebe verbargen, waren entfesselt. Ob-
gleich die noch gar nicht endgültige, sondern nur für alle Fälle der Mög-
lichkeit vorgesehene Kandidatur eines Hohenzollern von ganz belangloser
Nichtigkeit war, sah es vom 6. bis zum 12. Juli so aus, als ob um dieser
Nichtigkeit willen schon damals ein schrecklicher Krieg ausbrechen sollte.
Doch in Wirklichkeit war es eine ganz andere, noch viel größere Nich-
tigkeit, um derentwillen das verhängnisvolle Ereignis dann schließlich
eintrat. Am 12. Juli erklärte der Prinz von Hohenzollern, auf jede Kan-
didatur verzichten zu wollen. Es schien nun einige Stunden lang, als ob
alles vorüber sei. Weder Napoleon III. noch Emile Ollivier noch König
Wilhelm wollten den Krieg, und ebensowenig oder noch weniger die Kreise,
die das eigentliche französische imd deutsche Volkstum ausmachen, d. h.
die werktätige Bevölkerung, die mit Politik oder Presse wahrhaftig nicht
weiter in Beziehung steht.
Aber da waren ein Gramont, ein Benedetti und ein Bismarck. Diese
drei Männer waren es, die, der eine durch seine Eitelkeit, der andere durch
seine Ungeschicklichkeit und der dritte durch seine Hinterlist, diesen un-
glückseligen Krieg hervorgerufen haben, der noch heute so schwer auf
den Geschicken der Welt lastet und den weder die beiden Völker noch auch
ihre beiden Herrscher wollten.
Doch der Verzicht, den Leopold von Hohenzollern geleistet hatte, ge-
nügte Gramont nicht; er mutete König Wilhelm auch noch die Verpflich-
tung zu, sogar für alle Zukunft zu einer ähnlichen Kandidatur niemals seine
Einwilligung zu geben. Diese Zumutung war wirklich geradezu wahn-
witzig. Und außerdem wurde sie von Benedetti, dem französischen Bot-
schafter in Preußen, so ungeschickt ausgerichtet, daß Wilhelm als Ant-
wort darauf nur die Ablehnung seines Empfanges hatte, den er für unnötig
erklärte, da ja schon alles gesagt sei (Unterredung zu Ems). Diese Antwort
420 Siebentes Buch.
wurde in aufgebauschter Gestalt von Bismarck in die Presse gebracht.
Da geriet alles, was an unwahrem Patriotismus rechts wie auch links vom
Rhein aufgespeichert war und im Verborgenen glimmte, in eine Ent-
zündung, die die Wut zum Überschäumen brachte und alle Herzen sprengte.
Emile Ollivier, dem wie mit einem Schlage aller Sinn für die Wirklichkeit
verloren zu gehen schien, gab in der Kammer die Erklärung ab, daß 'Frank-
reich einen herausfordernden Schimpf erfahren hätte und den Krieg leich-
ten Herzens annähme.
So erfolgte am 19. Juli die Kriegserklärung.
Bismarck hatte nun endlich dank der Ungeschicklichkeit der französi-
schen Regierung erreicht, wofür er sich schon drei Jahre lang sehnlichst
vorbereitet hatte: den Krieg mit Frankreich.
Sogleich bewährte sich die Stärke des mit Blitzesschnelle mobil ge-
machten preußischen Heeres. In ihrer Leistungsfähigkeit hatten die
Chassepotgewehre Frankreichs vielleicht eine unbedeutende Überlegenheit
über die Dreysegewehre Preußens. Aber die Artillerie umgekehrt war
auf preußischer Seite beweghcher, lenkbarer und von größerer Schußweite
als auf französischer. Hier war die Mobilisierung wirr und ungeordnet,
■die Truppen, Lebens- und Kriegsbedarfsmittel irrten planlos umher. Den
Offizieren, ja den Generalen fehlte es an Unternehmungslust, die festen
Plätze waren schlecht ausgerüstet, und die Kampfesstellung, an die man
sich in dem afrikanischen Kriege gewöhnt hatte, nun unzweckmäßig auf
diesen übertragen. Anstatt sich zu sammeln, hatte sich das Heer auf einer
leicht zu durchbrechenden Linie von 70 Kilometern Front zerstreut.
Im Gegensatz hierzu war das preußische Heer, dem sich nun noch
die Sachsen, Bayern und Badenser anschlössen, sehr rasch mobil geworden.
Gleich von vornherein ging es zum Angriff über, einem Angriff, der alles
zu Boden schmetterte wie der Blitz. Allerdings zeigten die französischen
Soldaten, die Turkos bei Weißenburg, die Kürassiere bei Reichshof en
(Wörth), einen ihres alten militärischen Rufes würdigen, Bewundenmg
abnötigenden Mut. Aber in der Schlacht bei Frosch weil er (Reichshof en)
wurde die von Mac Mahon befehligte französische Rheinarmee vollkommen
vernichtet (10. August 1870). Am gleichen Tage wurde Frossard bei For-
bach geschlagen.
Sobald diese Nachrichten nach Paris gelangten, fiel das Ministerium
Emile Ollivier, das die Schuld an dem Kriege und der Vernichtung trug.
Das neue Ministerium beging nun den Fehler, für den die ganze öffentliche
Meinung in Frankreich mitverantwortlich war, als leitenden General der
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^2. l
Rheinarmee Bazaine zu ernennen, jenen Bazaine, der Frankreich durch
Unfähigkeit fast ebenso wie durch Verrat zugrunde richten sollte.
Nach einigen unentschiedenen, wenn auch blutigen Kämpfen gelang
es dem deutschen Heere bei Gravelotte (i6. August) und bei Saint-Privat
(18. August) das Heer Bazaines nach Metz zurückzuwerfen. So wurde der
Weg nach Paris frei. Und nun vollzog ein deutsches Heer die Einschlie-
ßung von Metz und hielt hier die von Bazaine dorthin geführten Truppen
in Schach; ein anderes Heer von 86000 Mann marschierte auf Paris zu.
Das französische Heer hatte sich in geschlossenen Gliedern auf Chalons
hin zurückgezogen. Durch die Mobilgarden und die Marineinfanterie ver-
stärkt, war dies Heer von Chalons 120000 Mann stark. Es konnte sich
entweder weiter in geschlossenen Gliedern nach Paris zurückziehen oder
auf die Vogesen begeben, um dem Feinde die Verbindungen abzuschneiden.
Nach langem Schwanken, Befehlen und Gegenbefehlen faßte der Kaiser
einen dritten Entschluß, nämlich den: Bazaine zu entsetzen, der sich in
Metz, ganz aus freien Stücken eingeschlossen behauptete.
Aber diese von Mac Mahon, der das französische Heer befehligte, schlecht
ausgeführte strategische Bewegung scheiterte. Am i. September traten
sich die beiden feindlichen Heere entgegen. Es war die Schlacht bei
Sedan, einer der größten militärischen Verluste, den die Geschichte kennt.
Von unzähligen Truppen, die die französischen Kräfte unter dem Feuer
ihrer gewaltigen Artillerie aufrieben, eingeschlossen, wurde das ganze
französische Heer mitsamt dem Kaiser Napoleon HI., der es dorthin ge-
führt hatte, gefangen genommen.
Als diese Schreckensnachricht in Paris bekannt wurde, verschwand die
kaiserliche Regierimg, ohne auch nur den geringsten Widerstand zu leisten,
in einem einzigen Tage. Innerhalb weniger Stunden war in ganz Frank-
reich das Kaiserreich gefallen und unter dem Ansturm des Feindes zu-
sammengebrochen.
Der Kaiser wurde als Gefangener nach dem deutschen Schlosse Wil-
helmshöhe gebracht. Schon nach einigen Monaten freigelassen, ging er
nach England, um hier in Chislehurst zu sterben. Bald darauf erlosch auch
seine ganze unglückliche Herrscherfamilie mit dem einzigen Sohne, der
im Alter von 22 Jahren im tapferen Kampfe mit den Wilden Südafrikas
in den Reihen des englischen Heeres fiel.
Napoleon I. und Napoleon III., so ungleich an Genie, lassen sich nur
durch das Unglück vergleichen, das sie über Frankreich heraufbeschworen
haben. Beide haben sich der Herrschaft durch Gewalt bemächtigt und sie
durch Despotismus behauptet; beide haben den Einbruch der Feinde in
5 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
422 Siebentes Buch.
ihr Land herbeigeführt und dasselbe zerrüttet, geschmälert und geschwächt
zurückgelassen. In fünfzehn Jahrhunderten monarchischer Regierung hat
Paris, das Herz Frankreichs, niemals die Einnahme durch Feindeshand
erlebt. Die Napoleons haben es diese Schande in sechzig Jahren dreimal
kennen gelehrt.
In dem allgemeinen Wirrwarr, der der Schlacht bei Sedan folgte, traten
die Abgeordneten aus eigenem Antrieb an die Spitze der Regierung (einer
Regierung der nationalen Verteidigung). Sie kamen überein, zum Präsi-
denten den damaligen Kommandanten von Paris, den tapferen und ehren-
haften, aber unfähigen General Trochu zu machen.
Und sofort baten sie um Frieden. Aber obgleich von den beiden allei-
nigen französischen Heeren das eine in Deutschland gefangen, das andere
in Metz eingeschlossen gehalten wurde, wollten sie nicht eine Schmälerung
ihres Gebietes dulden. Die einmütige Meinung aller Franzosen war auf
ihrer Seite. Doch Bismarck verlangte gebieterisch die Abtretung des
Elsaß. Es war eine unannehmbare Bedingung, und der Krieg ging weiter.
iWenn es für den 15. Juli ohne Widerspruch gelten muß, daß Frankreich
der Friedensstörer gewesen ist, so war es doch sicher jetzt, wo Preußen
jenen unrechtmäßigen Anspruch eines schnöden Eroberers erhob, dieses,
das ihm nunmehr die gehässige Rolle abnahm und zum eigentlichen An-
greifer wurde. Von diesem Augenblick an war also die Gerechtigkeit auf
Seiten Frankreichs, das sich seiner Landeskinder annehmen mußte.
Ein deutsches Heer bewegte sich auf die französische Hauptstadt Paris
zu, die dann am 18. September eingeschlossen wurde; zu ihrer Verteidigung
stand nur eine kleine ZaJil zudem noch ziemlich mittelmäßiger Soldaten
von den regelrechten Streitkräften zur Verfügung.
So wurden die Nationalgardisten (die französischen Bürgerwehrmänner)
bewaffnet; aber ihre Vaterlandsliebe hatte sich in den Vereinen geräusch-
voller gezeigt als sie sich jetzt, wo sie ins Feuer kamen, als widerstandsfällig
bewährte. Auch verstand Trochu ihre Kraft nicht richtig auszunutzen oder
wollte es wenigstens nicht. Er glaubte nicht an den Sieg, und die erste
Tugend eines Feldherm ist gerade seine Zuversicht. Der so ausdauernden,
von den deutschen Truppen mit peinlicher Sorgfalt und fast wissenschaft-
lich kunstgerecht ausgeführten Einschließung wurde kein ernsthafter Wider-
stand entgegengesetzt; der Pariser Heeresteil blieb untätig hinter den Be-
festigungswerken liegen.
Was Trochu in Paris an Entmutigung leistete, leistete Bazaine in iMetz
als Verräter; er unterhandelte heimlich mit dem feindlichen Heere, hoffte
er doch, der Gebieter des Friedens, Regent oder Diktator, ja vielleicht
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^23
Kaiser zu werden. Kurz und gut, er übte Verrat. Er hatte ein wunderbares
Heer, das zu allen Heldentaten fähig war, wie es bei Saint-Privat, Mars-la-
Tour, Borny gezeigt hatte; er suchte es nur ohnmächtig zu machen und
hielt es, vor Wut schnaubend, in dem belagerten Metz fest. Am 25. Oktober
übergab er es, vorgeblich, weil keine Lebensmittel mehr vorhanden seien,
dem Feinde, dem er nicht sowohl gute Bedingungen für sein Vaterland als
vielmehr einen schnöden Kaufpreis für sich selbst abgehandelt hatte. Bis-
marck, der ihn bis zum letzten Tage durch Scheinunterhandlungsn hin-
gehalten hatte, erzwang eine schimpfliche Übergabe. Das zweite französische
Heer lieferte seine Schieß Vorräte, Geschütze und Fahnen aus und wurde
gefangen genommen.
Nicht oft läßt sich in der Geschichte eine solche Schmach wiederfinden.
Übrigens mußte Bazaine schwer büßen. Zwar starb er nicht im Felde,
wurde aber von einem Kriegsgericht im Jahre 1872 zum Tode verurteilt.
Doch man schenkte ihm bald das Leben und ließ ihn sogar aus dem
Gefängnis entrinnen. Er starb dann im Jahre 1875 ^^ Madrid in Elend und
Schande.
Hätte Bazaine nur noch einige wenige Tage seinen Widerstand fort-
gesetzt, so würde er das Eintreffen des unter den Oberbefehl des Prinzen
Friedrich Karl gestellten Heeresteile vor Orleans zum Entsatz der von
d'Aurelles de Paladine bei Coulmiers besiegten Streitkräfte von der Tanns
hintertrieben haben.
Die Regierung der nationalen Verteidigung war ja inzwischen nicht un-
tätig geblieben. Eines ihrer Mitglieder, Gambetta, der aus dem belager-
ten Paris im Luftballon entkommen war, hatte die Herrschaft in die Hand
genonmien. Dieser jimge Verteidiger, der schon lange wegen seiner feurigen
Beredsamkeit gefeiert wurde, war in einer Person ein umsichtiger Staats-
mann, ein Verwaltimgsgenie ersten Ranges und ein glühender Vaterlands-
freund, Frankreich hatte keine Soldaten mehr, und der dritte Teil des
Landes war vom Feinde besetzt. Da gelang es Gambetta, neue Heere zu
schaffen und auszurüsten und ihnen tatkräftige Führer zu geben.
Ein Heer bildete sich an der Loire; dasjenige, das den Sieg bei Coul-
miers erfochten hatte, rüstete sich, auf Paris zu marschieren, um die Deut-
schen zur Aufhebung der Belagerung zu zwingen. Aber die Truppen, die
Paris belagerten, verstärkt von den aus Metz kommenden, triumphierten;
ohne jede Mühe über die völlig unvorbereiteten, jeder Mannszucht ent-
wöhnten und von allen Mitteln entblößten französischen Soldaten, die dem
durch seine Triumphe so selbstbewußt gewordenen Feinde keinen Wider-
»*
424 Siebentes Buch.
stand mehr zu leisten vermochten. Bei Vendöme, bei Le Mans, bei Orleans,
überall war das preußische Heer siegreich.
Nun versuchte es Gambetta mit einem Seitenangriff. Es wurde wieder
ein neuer Heeresteil gebildet, die sogenannte Ostarmee, die das deutsche
Heer zu umgehen und von seinem Vaterlande abzuschneiden bestrebt war:
die Ostarmee war nicht glücklicher als die Loirearmee. Der Winter 1870
bis 1871 war einer der strengsten des Jahrhunderts. Bei Villers-Sexel und
bei H^ricourt besiegt und von einer entsetzlichen Kälte heimgesucht, die
ihre Reihen noch immer mehr lichtete, mußte sich die Ostarmee in die
Schweiz flüchten, wo sie gezwungen wurde, in das Innere des Landes zu
kommen und dort interniert bis zum Ende des Krieges in unfreiwilliger
Muße zurückzubleiben.
Nach einigen vergeblichen Ausfällen (2. Dezember 1870 und 21. Januar
1871) trat Paris am 29. Januar 1871 wegen Übergabe in Unterhandlung.
Die Deutschen hatten sich das eitle Vergnügen einer Beschießung der
Stadt geleistet, die aber weder viel Opfer kostete noch viel Verheerungen
anrichtete. Allein die Hungersnot entschied schließlich das Ende dieser
langen Belagerung. Seit zwei Monaten waren die Pariser nun schon auf
die schmälste Kost gesetzt, seit zwei Monaten hatten sie kaum noch etwas
anderes als eine ungenügende Menge wenig nahrhaften harten Schwarz-
brots. So furchtbar auch die ausgehungerte Bevölkerung litt, so unmög-
lich auch jeder weitere Widerstand schien, es war gleichwohl der tiefste
Schmerz und die bitterste Entrüstung, die die Pariser Bürgerschaft ergriff,
als sie die von ihrem grausamen Feinde auferlegten Bedingungen für einen
Waffenstillstand erfuhr.
Mit einigen unbedeutenden Abweichungen waren diese Bedingungen
dieselben, die nachher der Friede im April 1871 bestätigte.
Nach dem allgemeinen Stimmrecht gewählt, trat nun die Nationalver-
sammlung in Bordeaux zusammen. Gleich in ihren ersten Sitzungen be-
schloß sie die Abschaffung des Kaiserreichs und bestimmte sie Thiers zum
Präsidenten der französischen Republik.
Es war ausgeschlossten, noch eine weitere Fortsetzung des Krieges zu
versuchen. Der Sieg Deutschlands war ein vernichtender und endgültiger.
Vierhunderttausend Franzosen waren Gefangene geworden; Paris, Metz,
Orleans, Dijon waren in deutschen Händen. Die Franzosen hatten sowohl
keine Offiziere wie auch keine Soldaten mehr; es blieb ihnen nichts weiter
übrig als die drückenden Bedingungen des Siegers anzunehmen, so grausam
sie auch sein mochten.
Und sie waren wirklich grausam. Frankreich mußte fünf Milliarden
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^25
zahlen und den Aufenthalt der fremden Truppen in seinem Lande solange
"Hulden, bis diese gewaltige Summe aufgebracht sein würde. Es mußte
dem Deutschen Reiche das ganze Elsaß und einen Teil von Lothringen
überlassen. ^"^
Von Leopold von Hohenzollem und seiner Thronkandidatur für Spanien
war keine Rede mehr. Die Veranlassung des Krieges war vollkommen ver-
gessen. Es handelte sich nur noch darum, die preußischen Gelüste zu
befriedigen.
Im Januar 1871 hatte sich der Preußenkönig Wilhelm I. in Versailles
zum Deutschen Kaiser krönen lassen. Wie Europa dereinst scheinbar
ebenso gleichgültig wie eingeschüchtert, doch in Wahrheit vielleicht mehr
eingeschüchtert als gleichgültig es ruhig hatte hinnehmen müssen, daß
ganz Mitteleuropa dem Willen eines einzigen Herrschers gehorchte, so
nahm es auch damals, ohne auch nur ein Wörtchen dagegen zu sagen,
mit voller Ruhe die schwere Verstümmelung Frankreichs hin. Wie in der
Vergangenheit, so ging auch diesmal wieder Macht vor Recht.
Der Frankfurter Friedensvertrag setzt auch noch im 19. Jahrhundert
wieder einmal jene gleiche völlig unnatürliche Härte zu Recht ein, die
bereits die anderen Zeitalter entehrt hat: ein unschuldiges Volk wird mit
der Fremdherrschaft bestraft, fünfzehnhunderttausend Menschenkinder be-
kommen, ob sie wollen oder nicht, ein neues Vaterland aufgezwungen.
Wären Bismarck und Wilhelm wahrhaft einsichtig und verständnisvoller
als frühere Eroberer gewesen, sie hätten begriffen, daß sich Deutschland
durch die Wegnahme von Elsaß-Lothringen einen unversöhnlichen Gegner
schuf. Frankreich hätte den feindlichen Einfall, die vernichtenden Nieder-
lagen, die Entschädigungskosten des Krieges, kurzum die ganze Ver-
gangenheit allmählich vergessen! Ist denn aber die Gegenwart, d. h.
der traurige Zustand, daß es vergewaltigte Franzosen gibt, etwas, was es
nicht vergessen kann? Hört denn diese Wunde nie zu bluten auf?
Aber dieser Krieg hat auch die Einheit Deutschlands geschaffen; und !
das ist allerdings eine große und gerechte Sache, 1 die die Deutschen seit |
langer Zeit erträumt und ersehnt hatten und die vielleicht noch einmal '
für die Entwicklung der gesamten Menschheit segensreich werden kann. ^
Doch welchen Nutzen soll es haben, diesen so billigen Anspruch auf ein 1
geeintes Vaterland durch die Unterdrückung eines anderen Vaterlandes j
zu entehren?
426 Siebentes Buch.
Bald kamen nun auch noch in Frankreich zu den Schrecken der feind-
lichen Heimsuchung die Schrecken des Bürgerkrieges. Das Pariser Volk,
das sittlich wie wirtschaftlich unter der Belagerung so sehr gelitten hatte,
hielt noch immer die ihm übergebenen Waffen in Händen. Lange schon
stand es zur Erhebung bereit; am 18. März 1871 erhob es sich nun wirklich.
Seine aus Vaterlandsliebe, sozialem Haß und Unwissenheit zusammen-
gesetzte Erbitterung wandte sich nun gegen die Nationalversammlung,
die in ihrer Not den Frieden hatte unterzeichnen müssen. Paris prokla-
mierte die Commune (die Herrschaft des Gemeinderats), d. h. das Recht,
sich nach eigenen Gesetzen zu regieren (die Autonomie). Die Stadt Paris
beziehungsweise Pariser Gemeinde (Commune) lebte so zwei Monate hin-
durch in völliger Abgeschlossenheit vom gesamten übrigen Frankreich
und Verfolgung einer ganz selbständigen Politik. Thiers mußte seine
eignen französischen Truppen zwingen, die Belagerung der französischen
Hauptstadt angesichts der höhnenden Geschütze des fremden Feindes
zu eröffnen. Die Communards waren eine eigenartige Mischung von
Träumern und Abenteurern, anständigen Menschen und Schurken, die der
Alkohol um ihren halben Verstand gebracht hatte; sie kämpften bis-
weilen mit einem ganz seltenen Heldenmut, aber sie befleckten ihren
Heldenmut dadurch, daß sie feige Metzeleien begingen und Paris in
Flammen setzten. Die Versailler Regierimg vermochte ihren Sieg nicht
durch Milde zu ehren; die mit den Waffen in der Hand ergriffenen
Aufrührer wurden standrechtlich erschossen. Man kennt die Anzahl
dieser auf Grund so abgekürzten Verfahrens erfolgten Hinrichtungen nicht
genau. Aber es war ein entsetzliches Bild (28. Mai 1871), Nach Beendigung
dieser Hinrichtungen durch Pulver und Blei wurden noch 7000 weitere
Menschen zur Zwangsarbeit in den Kolonien verurteilt.
Doch dank Thiers' geschickter Regierung, der Vaterlandsliebe der
Nationalversammlung und der tatkräftigen Entschiedenheit aller Fran-
zosen war es Frankreich schon in der kürzesten Zeit vergönnt, seine ihm
geschlagenen Wunden wieder vernarben zu sehen. Die fünf Milliarden
wurden an Preußen ausgezahlt und das Land damit frei. Im Jahre 1875
wurde Marschall Mac Mahon, der Herzog von Magenta, zum Präsidenten
der Republik ernannt. In demselben Jahre beschloß die Nationalver-
sammlimg die noch heute in Frankreich herrschende Staatsform: eine
Republik mit zwei durch das allgemeine Wahlrecht zusammenberufenen
Kammern, durch direktes für die Abgeordnetenwahlen, durch indirektes
für die Senatorenwahlen, und an der Spitze mit einem von den beiden
vereinigten Kammern, dem vom Jahre 1875 ^^ nach amerikanischem Vor-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 427
bild als solchem bezeichneten Kongreß, auf vier Jahre ernannten Präsi-
denten.
Glücklicherweise besteht die Geschichte der Menschheit nicht bloß aus
Kriegen, Aufständen, räuberischen Verträgen, Staatsstreichen und Hin-
richtungen durch Pulver und Blei. Von 1848 — 1870 hat die Naturwissen-
schaft ihren Eroberungszug immer weiter ausgedehnt, und die Industrie,
die durch jene erst den nötigen Unternehmungsgeist lernte, hat diese Er-
oberungen mit einer fast fieberhaften, durch einen erbitterten Wettbewerb
noch mehr angestachelten Leidenschaft auszunutzen verstanden.
Mehr als je zuvor gestaltete sich damals allmählich die Naturwissen-
schaft zu einer unpersönlichen Tätigkeit solcher, deren Namen aus der
Menge ihrer vielen Mitarbeiter nicht weiter hervortreten konnten. Überall
erstanden Laboratorien und Universitäten. Sobald nur eben ein neues
Problem aufgestellt worden war, nahmen es jedesmal gleich Hunderte
von in der ganzen Welt zerstreuten Gelehrten entschlossen in Angriff,
beleuchteten und erforschten es nach allen Seiten, zogen daraus alle nur
denkbaren Folgerungen und veröffentlichten die gesamten Ergebnisse
ihrer Untersuchungen, bedeutender wie unbedeutender. Es genügt also
jetzt nicht mehr, für die Darstellung der Fortschritte der Wissenschaft
die einsame Tätigkeit eines Genies zu erwähnen, ist doch eine Legion von
Gelehrten an der Arbeit, imd gelingt es doch auch dem mittelmäßigsten
unter ihnen, wenigstens einmal irgendeine kleine Entdeckung zu machen.
Mögen sie in ihrer Vereinzelung auch noch so geringfügig sein, alle diese
bescheidenen Entdeckungen bilden in ihrer Gesamtheit ein erhabenes
Ganzes, das Bewunderung abnötigt. Doch inmitten dieser fast namenlosen
Menge wahrt gleichwohl das Genie seine Rechte, und, was zu ahnen
Tausenden von Forschern nicht gelingt, das gelingt oft einem einzelnen
Menschen, der umsichtiger tmd tiefer als die andern ist, völlig auf-
zuklären 1
Es lassen sich hier vier große Namen anführen: Charles Darwin, Claude
Bernard, Marcellin-Pierre-Eug^ne Berthelot, Hermann von Helmholtz.
In einem unvergleichlichen Buche: „Der Ursprung der Arten", das im
Jahre 1859 erschien, hat Darwin (1809— 1882) eine allgemeine Lehre über
die Abstammung der Wesen aufgestellt. Gestützt auf genaue Beobach-
tungen, die er der Geologie, der Botanik, der Zoologie entlehnt hat, hat
er nachgewiesen, daß die Tier- oder Pflanzenarten nicht unwiderruflich
gleichbleibende sind, daß sie sich unaufhörlich, doch mit einer außer-
428 Siebentes Buch.
ordentlichen Langsamkeit umgestalten und daß sie durch Vererbung
diese Veränderungen fortpflanzen. So wandelt sich denn alles in der
Natur unter dem Einfluß der örtlichen Umgebungen, wie die Sache schon
Lamarck angesehen hatte. Beständig gibt es zwischen der^ Einzelwesen
einen Streit auf Tod und Leben, einen Kampf ums Dasein (straggle for
life). Die natürliche Zuchtwahl läßt die Schwachen zugrunde gehen und
erlaubt nur dem Starken, am Leben zu bleiben. So stammen alle Lebe-
wesen trotz der unendlichen Mannigfaltigkeiten ihrer Gestalten voneinander
ab. Beseitigt ist jede Notwendigkeit einer Schöpfungsannahme! Denn die
Umbildungen einer Art nach Verlauf vieler Jahrtausende sind ohne Zweifel
so stark geworden, daß Arten in die Erscheinung treten, die neue Arten
zu sein scheinen und doch nur die umgestalteten ersten Arten sind.
Trotz aller der Einwürfe, die man versucht hat der EntwickeLungs-
theorie oder dem Darwinismus zu machen, bleiben die von Darwin auf-
gestellten Tatsachen unangreifbar und durch Tausende von Beispielen
bestätigt, und seine Lehren, wenn sie sich auch immer wieder ein klein
wenig abändern mögen, bilden doch die unwiderlegliche Grundlage der
ganzen Allgemeinen Zoologie.
Claude Bernard (1813 — 1878) hat die Physiologie durch seine wunder-
baren Experimente über den Bauchspeicheldrüsensaft, die zuckererzeu-
gende Eigenschaft der Leber, den Farbstoff des Blutes, die Vaso-
motoren, das Kurare und die glandulären Nerven bereichert. Jedesmal,
wenn er eines der vielfachen und verwickelten Probleme des Lebens
studierte, dachte er sich sofort fruchtbare und entscheidende Experimente
aus und entdeckte dabei neue Wahrheiten, die bisher unbemerkt vorüber-
gegangen waren. Er hat in einer nüchternen und doch beredten Sprache
die Gesetze für jede Art von physiologischer Untersuchung angegeben. Die
Allgemeine Physiologie, deren Begründer Johannes Müller gewesen ist, ist
von Claude Bernard in ihrer strengen Methode, die der Determinismus der
experi mentalen Bedingungen ist, präzisiert worden. Claude Bernard hat
gezeigt, daß das eindringliche Studium der Gifte uns eine Kenntnis der
Fimktionen der Organe vermittelt, und daß die Gesetze der Medizin
dieselben wie die der Physiologie sind. Mit Claude Bernard hörten die
Ärzte ein für allemal auf Empiriker zu sein, um sich den Natur-
forschem zu nähern, und damit bereitete er das Auftreten von Pasteur vor.
Berthelot (1827— 1903) erneuerte die Chemie durch die Synthese (1865).
Es gelang ihm, von den einfachen Körpern ausgehend, zusammengesetzte
organische Verbindungen zu bilden, und so zerstörte er jene Lehre end-
gültig, die, nachdem Wöhler sogar die Synthese des Harnstoffes ge-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^9
lungen wai*, gleichwohl noch immer herrschte, und nach der es eine
unüberbrückbare Kluft zwischen Organischer und Anorganischer Chemie
gibt (1855). Einige Jahre später (1865) stellte er die Voraussetzungen der
noch von Lavoisier etwas oberflächlich behandelten Thermochemie auf die
unerschütterliche Grundlage genauer Messungen und zeigte mit ein-
dringendem Verständnis für den inneren Zusammenhang der die Körper
beherrschenden Gesetze, daß die Anziehung der Stoffe ihren Grund
hat in dem Maximum von Wärme, das sie, wenn sie aufeinander wirken,
zu entwickeln fähig sind.
Obwohl Berthelot bis an sein Lebensende seine beharrliche und frucht-
bare Arbeit fortgesetzt hat, so sind es doch namentlich die Jahre 1855 bis
1869, in denen er der Bahnbrecher gewesen ist: ein genialer und tiefer
Geist, der mehr als jeder andere die überragende Rolle der Natur-
wissenschaft in der von ihr mit Notwendigkeit zu beherrschenden mo-
dernen Welt erkannt hat.
Helmholtz (1821 — 1894), dessen Genie alles aufklärt, worauf er stößt,
macht grundlegende Entdeckungen auf physiologischem Gebiet (Ge-
schwindigkeit der Reizungsübertragung auf dem Gebiet der Nerven- Muskel-
bewegungslehre [Myographie]). Er stellt die Grundsätze der Energielehre
in mathematischen Formeln auf, was schon allein völlig ausgereicht hätte,
seinen Namen unsterblich zu machen. Überdies legt er noch die Gesetze der
Akustik in allen Einzelheiten dar (1862) mit dem Hinweise, daß jedes
Klangbild aus einem Grundtone besteht und außerdem noch aus mit-
klingenden Tönen, die ihm seine besondere Klangfarbe geben.
Weitere glänzende Entdeckungen wurden auf allen Gebieten der Natur-
wissenschaften gemacht, der Physik, Chemie, Zoologie.
Gustav Kirchhoff (1824— 1887) und Johannes von Bunsen (181 1 — 1900)
wiesen nach, daß jedes Teilchen eines bis zum Weißglühen gebrachten
Metalles in einer Flamme ihm eigentümliche Lichtstreifen aussendet; das
war das Prinzip der Spektralanalyse, die die Entdeckung einer großen
Zahl neuer Körper mit sich geführt hat und die in einer wunderbaren
Technik besteht, die uns ermöglicht, die chemische Zusammensetzung
der Fixsterne kennen zu lernen, jener Sonnen, die von unserm dunkelen
Planeten mehr als tausend Millionen Milliarden Kilometer entfernt sind.
Das Licht dieser Himmelsgestime enthüllt uns durch sein Spektrum
(Farbenbild) die Natur der jenes Licht erzeugenden Elemente.
William Thomson (Lord Kelvin) ersann die Theorien und konstruierte
die Apparate, die uns heute die unterseeische Telegraphie ermöglichen
(1866). Jetzt vereinigt ein telegraphisches Kabelnetz die Erdteile, die die
430 Siebentes Buch.
weiten Meere trennen. Durch die Kraft seines Geistes hat es der Mensch
verstanden, sich in unmittelbare Verbindung mit allen seinen Mit-
menschen, seinen Brüdern, zu setzen; trotz der Entfernung und der
dazwischen liegenden Ozeane ist die Menschheit zu einem unermeßlichen
einheitlichen Organismus geworden, dessen sämtliche Teile, durch Ge-
danken übertragende Drähte in ständiger Verbindung, gegenseitig ver-
pflichtet und verantwortlich sind; die Telegraphie ist das Nervensystem
der Menschenwelt. 9^jct-**6tl^ '^*
Die Chemie wurde nicht etwa einzig und allein von Berthelot erneuert;
der Slraßburger Karl Adolf Wurtz (i 8 17— 1884), der seine Studien in
Deutschland bei Liebig u. a. gemacht hatte, entdeckte in Pariser Labora-
torien die zusammengesetzten Ammoniake, die zweiatomigen Alkoholien
imd gab der Atomentheorie erst ihren ganzen Umfang, Henri-Etienne
Sainte-Claire-Deville (18 18 — 1881) formulierte die fruchtbare Theorie über
die Dissoziation und gab die verschiedenen Arten des Verfahrens für eine
Herstellung von Aluminium zu gewerblichen Zwecken, Der Berliner
August Wilhelm von Hof mann (181 8 — 1892) fand im Anilin und seinen
Derivaten Farbstoffe, die die ganze Farbenindustrie von Grund aus
umgestalteten. Aus jenen Tagen stammen die Spottpreise, zu denen noch
heute die reichsten und blendendsten Farben erhältlich sind.
In der Zoologie wurde dank den wissenschaftlichen Entdeckungsfahrten
des englischen Schiffes Challenger und der französischen Talisman und
Hirondelle eine ganz neue Welt eröffnet. Die Gelehrten glaubten bis
dahin, daß die Meerestiefen bis zu 4000, 5000, 8000 Meter Tiefe jedes
Lebewesens entbehrten, weil doch dorthin kein Licht dringen könne.
Aber als man besondere Apparate, Fanggame, Beutelnetze und Reusen
zur Verwendung brachte, die für die Erforschung der unermeßlichen
Tiefen des Meeres stark genug sein mußten, erkannte man, daß die
Meere in ihren untersten Gründen keine Einöden seien, sondern man
daraus eine Unmasse von lebenden Wesen herausziehen könne (Krusten-
tiere, Cölenteraten [Hohltiere], Mollusken, Fische), die dem anhaltendsten
und gewaltigsten Drucke standhielten und die Meerestiefen bevölkerten.
So ging die Naturforschung, ohne sich um die politischen oder auch die
nationalen Eifersüchteleien zu kümmern, plaimiäßig ihrer Arbeit nach.
Durch die Fruchtbarkeit ihrer Entdeckungen, durch die Großartigkeit
ihrer Hypothesen, durch die Bedeutung ihrer Anwendungsmöglichkeiten
nahm sie ihren Weg durch die gebildete Welt. Das Genie der Gelehrten
Die Herrschaft der Wissenschaft. 43 1
wurde damals das Licht, das den Menschen voranleuchtete; aber in ihrer
Verblendung leisten nun die Menschen ihrer Wohltäterin, der Wissen-
schaft, nicht den ihr von ihnen geschuldeten Anteil. Milliarden werden
für die Vorbereitung zum Kriege verausgabt, aber nur dürftige Mittel
den Forschungen der Wissenschaft bewilligt. Ein seltsamer und beklagens-
werter Widerspruch! Die Werke des Todes verschlingen alles, und es
bleibt nichts für die Werke des Lebens. Grausame Unvernunft, die seit
1870 bis heute nur noch mehr die öffentliche Meinung beherrscht als jemals
zuvor !
*
Kunst und Literatur waren weit davon entfernt, in demselben Glänze
zu strahlen wie die exakten Wissenschaften.
In der Literatur ist noch immer, wie er es stets sein wird, der große
Name Victor Hugo; sein Schaffen, das das ganze 19. Jahrhundert über-
strahlt, ist noch ebenso sieghaft in den Jahren 1848 — 1871 wie in denen von
1820 bis 1848. Zwar hat er dem Theater den Rücken gekehrt; aber niemals
ist seine Dichtung wirksamer und beredter gewesen als in den Züchtigungen
(Chätiments) und in der Legende der Jahrhunderte {Legende des Siecles). ,
Dieser lyrische Dichter, der nicht nur unter den lyrischen Dichtern
Frankreichs, sondern denen aller Literaturen die erste Stelle einnimmt,
gehört auch zu den ersten französischen Prosaikern. Die Elenden und
Unglücklichen (Les Miserables 1862J sind ein von einer edlen Eingebung
für die leidende Menschheit durchwehtes erhabenes Epos, ein Werk der
Schönheit wie des Mitgefühls.
Victor Hugo steht nun bereits allein, wenigstens nahezu; er hat nicht
mehr, wie im Jahre 1830, eine Plejade von auserwählten Dichtern um
sich. Die großen französischen Schriftsteller der Zeit sind Kritiker und
Philosophen: Renan und Taine. Doch trotz ihres bezaubernden Stils,
trotz ihrer feinen psychologischen Zergliederimg scheinen sie eher einem
Zeitalter des Verfalls als einer kraftvollen und ursprünglichen literarischen ..
Epoche anzugehören. ._,
Dasselbe trifft wohl auch auf die hervorragenden Romanschriftsteller
der Zeit zu, wie Octave Feuillet (1820— 1890) und Gustave Flaubert
(1821— 1880).
Dank den Talenten eines Emile Augier (1820 — 1889), Jules Sandeau (181 1
bis 1883), Eugene Labiche (18 15— 1888), Alexandre Dumas Sohn (1824 bis
1895) und Victorien Sardou (1831 — 1891) beherrscht die Bühnendichttmg
der französischen Schriftsteller das ganze europäische Theater; aber man
432 Siebentes Buch.
kann nicht gerade behaupten, d!aß diese erfinderischen, geistreichen und
geschickten Dramatiker dauernde oder neue Werke geschaffen haben.
Im Gegensatz hierzu tritt in den nordischen Ländern eine eigenartige,
selbständige und ursprüngliche Literatur in die Erscheinung, die durch
eine seltene Mischung von Mystik und Realismtus bisher unbekannte und
ganz neue Gestalten erfindet. Henrik Ibsen (1828— 1906), ein Norweger,
schreibt Dramen von beißender Schärfe, tiefem Ernste und nur zu oft
dunkler Sinnbildlichkeit, die ihn aber gleichwohl in die erste Reihe der
Dramatiker setzen.
Besonders in Rußland bricht eine große Zeit für die Literatur an mit
Iwan Turgenjew (1818— 1883), Feodor Dostojewskij (1821— i88j;0 und Lew
(Leo) Tolstoij (1828 — 1910). Turgenjew ist ein zartfühlender Dichter und ein
vorsichtig abwägender Psychologe, aber er hat nicht wie Dostojewski}
eine wilde und düstere Einbildungskraft, die sich durch die Zergliederung
der menschlichen Gefühle bis zur Raserei treiben läßt. Der größte
unter allen ist und bleibt Tolstoij; im Jahre 1870 hat er schon Anna
Karenina geschrieben und ist bereits ein gefeierter Romanschriftsteller;
aber noch hat er nicht die Werke geschaffen, die seinen Namen un-
sterblich machen sollen, und noch hat auch nicht der Apostel aus ihm
gesprochen.
In der Kunst ist ein Name besonders zu nennen, der große Richard
Wagner (1813— 1883). Die erhabensten Künstler im 19. Jahrhundert sind
vor allem Musiker. Weder Malerei noch Bildhauerei noch Baukunst
haben in dieser Zeit eine solche Erneuerung und Umgestaltung er-
fahren wie die Kunst der Töne.
Nach der bezaubernden und gefühlvollen Kunst eines Mozart und
Beethoven schien die Musik keines Fortschrittes mehr fähig. Aber Wagner
verlieh ihr eine bis dahin unbekannte Macht durch eine innige Ver-
bindung von Drama mit Symphonie. Die Oper zog sich trotz der so be-
deutenden, wirkungsvollen wie auch sinnreichen Werke eines Rossini,
Meyerbeer, Verdi, Gounod mit nichtssagenden Redensarten und Wieder-
holungen, die eine tiefergehende Bewegung nicht recht aufkommen
ließen, endlos in die Länge. Wagner hat der Oper eine neue Auf-
fassung gegeben und in den Tönen eine leidenschaftliche, bilderreiche
und kräftige Sprache entdeckt, die sich den Entwickelungen und den
Bewegungen der dramatischen Handlung anpaßt. Sein erstes großes
Werk gibt er im Jahre 1842 heraus. Es ist Rienzi. Sein Genie offen-
bart sich bereits im Tannhäuser (1845). Aber erst viel später bringt er
Trhtan und Isolde, Parsifal und seine gewaltige Tetralogie: Der Ring
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^33
des Nibelungen : Rheingold-; die Walküre, Götterdämmerung und Siegfried
auf die Bühne, lauter Werke, die ebenso von Begeisterung wie .Wissen
zeugen und eine wahrhaft religiöse Schwärmerei hervorrufen. Wagner,
lange verkannt und unbekannt, geächtet in Not und Elend, um später durch
einen wunderbaren Schicksalswechsel wie ein Halbgott behandelt zu wer-
den, wird für alle Zeiten das erschütternde Beispiel für menschlichen Wan-
kelmut sein.
Der Kunst gegenüber sind die Schwankungen in dem Beifall des Publi-
kums besonders plötzliche, willkürliche und aller Voraussicht hohnspre-
chende. In demselben Augenblicke, wo Wagner in Paris ausgezischt und
ausgepfiffen wurde, stellten die Maler, die sich Impressionisten nannten,
in der Sezession (oder dem Salon der Zurückgewiesenen) seltsame Werke
von einer herausfordernden und schreienden Farbenzusammenstellung aus,
die ein Entsetzen erwecken sollte, das sich bald in höhnenden Spott auf-
lösen mußte! Und wie ist es heute? Wagner ist der unbestrittene, fast
alleinige Meister der Musik, und die impressionistischen Maler trium-
phieren !
Nichts ist beständiger als der Wechsel; die chinesischen und japani-
schen Nippsachen, Vasen, Fächer, Wand- und Sonnenschirme, alle diese
nichtigen und seltsamen Dinge, die das Abendland einst herabsetzend als
Schund- und Plunder waren verhöhnte, werden jetzt wie echte Kunstwerke
angesehen. Das hängt damit zusammen, daß auch der Begriff der Schön-
heit in ständigem Wandel und ständiger Entwickelung ist; jedes Ge-
schlecht hat seine persönliche Ästhetik, und so stellt sich die Entwickelung
stets als ein Fortschritt dar; ja sie ist wohl auch wirklich ein Fortschritt;
denn nichts wäre trauriger als ein Stehenbleiben der Vorstellungen und
Begriffe. Man kann die künstlerische Schönheit nicht in die Grenzen einer
einfachen Formel bannen, wenn diese auch noch so umfassend wäre, und es
hieße schlechthin an aller Zukunft verzweifeln, wenn es den Musikern ver-
sagt sein sollte, weiter als Mozart gehen, imd den Malern, es irgendwie
anders als Raffael und Rembrandt machen zu dürfen. Aber wenn die Mo- /
dernen es anders gemacht haben, läßt sich offen gestanden nicht gerade]
sagen, daß sie es besser gemacht haben, und es ist einfach immöglich, !
von Rembrandt zu Manet, von Sophokles zu Ibsen, von Mozart zu Wagner,,
von Phidias zu Rodin einen Fortschritt zu behaupten. '
Die Wissenschaft entwickelt sich ja auch, aber zwischen den Dingen
der Kunst und denen der Wissenschaft ist doch ein wesentlicher Unter-
schied. Die Wissenschaft versucht stets von neuem, der Wahrheit, die
etwas Absolutes ist, ein Stück näher zu kommen; in der Kunst indessen
434 Siebentes Buch.
gi?il es, von einigen technischen Vorschriften abgesehen, kaum einen Fort-
schritt, da das, was man sich unter S(±^öjn±Leit,_YQj:5telh, ja stets mit den
Sitten und Zeitaltern wechseh.
V. Von 1870 bis 1914.
Den Schreckensereignissen der Jahre 1870 und 1871 folgte in der aus-
wärtigen Politik der europäischen Völker eine Zeit der Ruhe, der Er-
holung und der Sammlung. Nicht etwa, als ob alle Kriegsbesorgnisse wie
mit einem Schlage weggepustet gewesen wären! Nichts weniger als das.
Die Heere werden immer stärker; überall wird die allgemeine Dienstpflicht
eingeführt, sogar bei den Völkern, die, wie es wenigstens scheint, sich vor
Iceinem Krieg zu fürchten oder dafür zu rüsten brauchen ; so nehmen nun auch
Länder, wie Belgien, die Schweiz, tHollajid und Schweden die schwere Bürde
gewaltiger Rüstungen auf sich, ganz ebenso wie die großen Mächte Deutsch-
land, Rußland und Frankreich! In keinem Lande zögern die Parlamente,
die schwersten Opfer zu bringen, um ein wohlausgerüstetes und wohlgeübtes
starkes Heer zu haben. Festungen werden gebaut, Gewehre vervoll-
kommnet, alle verfügbaren Leute eingezogen. Zum Glück haben es sich
bei den sich immer höher steigernden Leistungen der Waffentechnik und
der immer mehr auswachsenden Stärke der Wehrmacht in den verschie-
denen Ländern Völker und Regierungen bisher mit Recht überlegt, einen
europäischen Krieg auf sich zu nehmen und zu entfesseln, der so vernichtend
und so mörderisch wirken würde, daß alle Kriege der Vergangenheit
im Vergleich mit diesem nur reine Kinderspiele wären.
Die Tätigkeit der europäischen Völker wandte sich nun wieder der
Eroberung Afrikas und auch teilweise Asiens zu.
Im Jahre 1871 war das Innere Afrikas noch so gut wie unbekannt;
Algerien war allerdings damals bereits französisch, aber von der kaum
bevölkerten, ja kaum vollständig erforschten endlosen Wüste der Sahara
wußte man noch rein gar nichts. Die ganze Mittelmeerküste, abgesehen von
Algerien, war dem Islam Untertan; Marokko, Tunis, Tripolis, Ägypten
hingen in einem unklaren Botmäßigkeitsverhältnis vom Sultan ab; an der
Westküste des Atlantischen Ozeans von Marokko bis zum Kap hatten die
Europäer Ansiedelungen angelegt, die noch recht unvollkommen waren
und ins Innere überhaupt nicht hineinreichten. Spanier im südlichen
Marokko, Franzosen im Senegal, Engländer am Niger, Franzosen in
Gabun, Portugiesen in Loanda, dann ganz im Süden an der iäußersten
Spitze des afrikanischen Festlandes die englische Kapkolonie. Die Ostküste
aufwärts wohnte nördlich vom Kap, in Berührung einerseits im Süden
Die Herrschaft der Wissenschaft. 43^
mit den Engländern, andererseits im Norden mit den Zulus und 'Hotten-
totten, eine holländische Bevölkerung (Oranjefreistaat und Transvaal).
Fuhr man die Ostküste immer weiter hinauf, so fand man an den Mündungs-
armen des Sambesi in Mozambique die Portugiesen. Südlich von Ägypten
am Roten Meere lag das Königreich Äthiopien oder Abessinien, das unter
der Regierung eines nur halb zivilisierten barbarischen Herrschers ebenso
unabhängig war wie damals noch die Inseln Madagaskar und Sansibar.
Diese englischen, spanischen und französischen Besitzungen waren, abge-
sehen von Algerien und dem Kapland, im Grunde kaum etwas anderes
als bloße Handelsniederlassungen an den Mündungsbecken großer Strome,
wie des Niger, Gabun, Kongo und Sambesi. Man wagte sich nicht in die
ungesunden Sumpfgebiete, die dürren Wüsten oder die unheimlichen
Wälder, in die man geriet, sobald man sich nur wenige Kilometer von der
Küste entfernte.
Gleichwohl hatten kühne Forscher Afrika von Ort zu Ort durchwandert.
Den Pfeilen der Eingeborenen wie den Krankheiten einer völlig unbe-
kannten und ganz furchtbaren Art Trotz bietend, waren sie dem Laufe des
Kongo und des Sambesi gefolgt, um nunmehr die Quellen des Nils zu
entdecken. Livingstone hatte das fruchtbare und bevölkerte Gebiet der
Großen Seen erforscht (1868). Stanley hatte auf der Suche nach Living-
stone (1871) den gesamten Kongo kennen gelernt.
Das so unermeßliche und noch so unerforschte Afrika war von Ange-
hörigen der mannigfaltigsten schwarzen Stämme bevölkert, die auf einer
wahrscheinlich zwar sehr verschiedenen, aber jedenfalls immer nur mäßigen
geistigen Höhe standen, so daß sie in sich selbst nicht die Fähigkeit
fanden, auch nur die notdürftigste Anfangsstufe einer Zivilisation zu
erreichen. Im Senegal, im ägyptischen Sudan und in Sansibar waren
sie von arabischen Eroberern mehr oder weniger zum Islam bekehrt
worden, d. h. nicht etwa zum Islam in seiner höchsten Entwicklung,
sondern zu einem kindlichen und einfachen Islam, wie sie ihn allein zu
verstehen imstande waren. Überall woanders waren sie noch Fetischanbeter
oder überhaupt ohne jede Religion.
Der hauptsächlichste Handel, von dem diese schwarze Bevölkerung
lebte, war der mit sich selbst. Die Sklavenausfuhr war das einzige, was
damals irgendwelchen Gewinn brachte.
Bis zum Sezessionskriege wurden ja auch noch nach Amerika Schwarze
eingeführt und zum Verkauf angeboten, aber schon seit 1863 gab es hier
keinen Negerhandel mehr, der sich nun nur noch auf Ägypten und die
436 Siebentes Buch.
Türkei beschränkte, deren reiche Paschas noch immer die Käufer solcher
Ware waren.
Bald jedoch sollten die Dinge einen völligen Umschwung erfahren;
er vollzog sich in der verhältnismäßig kurzen Spanne von 1870 — 1912.
Im Verlaufe dieser vier Jahrzehnte haben die schwarzen Stämme Afrikas
allmählich jene Unabhängigkeit eingebüßt, mit der sie einen so elenden
Mißbrauch trieben, Ihre Länder sind mittlerweile europäische 'Besitzungen
geworden. Europa (England, Frankreich, Belgien, Italien, Deutschland)
hat ^ch Afrika zum größten Segen der Afrikaner selbst angeeignet. Bei
dieser Eroberung sind ja zwar Räubereien, Plünderungen und Grausam-
keiten ebensowenig, wie bei irgendeinem Kriege, ausgeblieben, aber das
bisherige Los der Eingeborenen, die immer nur den ihnen vorbehaltenen
Plagen von seiten der Natur wie von seiten der Menschen (Krieg und
Sklavenhandel) zum Opfer gefallen waren, war ein so schändliches gewesen,
daß Europa damit, daß es ihr Beherrscher, zugleich auch ihr Wohltäter
/ geworden ist. Gleichwohl ist unsere europäische Welt nicht etwa aus
1' irgendwelcher Menschlichkeit, sondern aus reiner Habgier in den schwarzen
I Erdteil eingedrungen, und es wäre ein bitteres Unrecht, ihr übermäßige
Menschenliebe zum Vorwurf zu machen*.
' Als Stanley nach seiner Heimkehr aus dem Gebiete des Kongo meldete,
daß dieser Riesenfluß sehr reiche Gegenden durchströmte, war König
Leopold II. von Belgien nahezu der einzige, der die Folgen dieser unvorher-
gesehenen Entdeckung richtig zu würdigen verstand. Er hatte damals
gerade den Internationalen Afrikaverein (Association Internationale Afri-
caine) gegründet (1876); aber damit noch nicht genug, rief er auch noch
eine private Ausbeutungsgesellschaft unter der Bezeichnung Komitee zur
Erforschung des oberen Kongogebietes (Comite d'Etudes du Haut-Congo)
ins Leben (1878). Dann richtete eine Unternehmung, deren Interessen
gleichzeitig wissenschaftlicher, handeis- und staatspolitischer Natur waren,
verschiedene Militärstationen an dem Strome ein und nahm bald durch
Waffen, bald durch Verträge ein weites Gebiet in Besitz, das von
schwarzen Stämmen bewohnt war. Das war der Ursprung des sogenannten
freien Kongostaates.
* Den gleichen Gedankengang behandelt in demselben Zusammenhang der
bekannte Kolonialpolitiker und Pazifist Hans Paasche in einem Kapitel seines
Buches „Hochzeitsreise nach den Quellen des Nils" (191 2 j, betitelt „Vom ster-
benden Afrika", Else Maria Bud in ihrer satirischen Skizze „Mwanga" in einem
Feuilleton des Berliner Tageblatts aus dem Jahre 1916 und vor allem Charles
Riebet selbst in poetischer Form in seiner Fabel „Der Menschenfresser", vgl.
hier S. 45'. Anm.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 437
Um dieselbe Zeit fuhr ein befähigter und heldenmütiger Italiener,
Graf Pietro Savorgnan di Brarza, der als Offizier in französische Dienste
getreten war, die beiden Ströme Ogowe und Ubangi hinauf und machte
sich, ohne auch nur einen einzigen Schuß abgeben zu brauchen, mit nicht
mehr als sechzig französischen Soldaten zum Herrn eines weiten Gebiets,
aus dem sich das nachherige französische Kongoland entwickelte (1878
bis 1883).
Deutschland, dessen Bevölkerung ein unglaubliches Wachstum aufwies,
sehnte sich nun auch nach Kolonien. Es bildete sich unter Karl Peters
(t 191 8) eine sehr stürmische Kolonialpartei, die in den deutschen Zeitungen
"einen Teil des afrikanischen Erdteils für ihr Vaterland verlangte. Eine
allseitige Begehrlichkeit war erwacht. Wenn Bismarck auch bald aufgeben
mußte, alle jene Kolonialschwärmer ganz zu befriedigen, so wollte er ihnen
doch wenigstens ein gewisses Entgegenkommen zeigen, und so berief er
einen Kongreß nach Berlin (1885). Die Aufgabe dieses Kongresses war die
Regelung aller streitigen Gebietsfragen oder, mit anderen Worten, die
Aufteilung des ganzen Erdteils.
Der Berliner Vertrag erkannte die Unabhängigkeit des Kongostaates,
die französische Schutzherrschaft in dem Ogowebecken und die deutsche
Schutzherrschaft über das Kamerungebiet (im Süden des Gabun, soge-
nanntes Deutsch- Westafrika) an.
Der bisherige freie Kongostaat wurde im Jahre 1890 von König Leo-
pold II. seinem Staate überlassen und damit eine belgische Kolonie. Er
^atte sich mittlerweile nach Nordosten bis an die Ufer des Albertsees
ausgedehnt. Dank der Tatkraft seiner Verwaltung xmd dank der von
König Leopold aufgewendeten Kosten erfreut sich der Kongostaat gegen-
wärtig einer hohen Blüte. Der Verkauf von Elfenbein und Kautschuk
bringt erhebliche Einnahmen. Das Elfenbein allerdings erschöpft sich
schnell, da durch die von den Jägern unter den Elefanten angerichteten
Massenschlächtereien diese edle Tiergattung bald ausgestorben sein wird.
Doch die Vorräte an Kautschuk sind unerschöpflich. Wenn diese weiten
Gebiete noch besser erforscht sein und auch ihre Ausnutzung noch besser
verstanden werden wird, besonders wenn die Eisenbahn, die bereits jetzt
eine Länge von sechshundert Kilometern hat, derart vollendet sein wird,
daß sie bis an die Ostküste geht, werden sich auch im Kongostaat noch
weitere Reichtümer finden, die dort zu Anfang nicht vermutet worden waren.
Südlich vom Kongostaat liegt Angola, das auch noch gegenwärtig in
Portugals Händen ist (anderthalb MilHonen Quadratkilometer). Doch
10 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
438 Siebentes Buch.
diese unermeßliche, aber nur wenig bevölkerte Gegend wird ebenso schlecht
verwaltet, wie sie umfänglich ist.
So verteilt sich die Westküste Afrikas (einschließlich ihres Hinter-
landes) vom Meerbusen von Guinea bis zum Kap der Guten Hoffnung
zwischen Frankreich, Deutschland, Portugal und dem Kongostaate.
Die Verteilung der Ostküste aber vollzog sich zwischen Deutschland,
England und Portugal. Im Jahre 1888 besetzte Deutschland die Besit-
zungen des Sultans von Sansibar (Deutsch-Ostafrika), aber England wußte
die reichsten Landstriche in Besitz zu nehmen (Imperial British East
Africa = Britisch-Ostafrika). Auch hat es bereits heute mit seiner staunens-
werten Zielbewußtheit und seiner erfolgreichen Rührigkeit verstanden, in
jene Gegenden, die noch vor vierzig Jahren auch nicht ein einziger Euro-
päer selbst dem bloßwi Namen nach kannte, Telegraphen, Eisenbahn und
Dampfschiffsverkehr, wissenschaftliche Laboratorien und Lazarettstationen
einzuführen.
Die dortigen portugiesischen Niederlassungen schließlich, die alle in
Mozambique liegen, werden ebenso, wie das erwähnte gleichfalls portu-
giesische Angola an der Westküste, einmal eines schönen Tages, wenn sie
das Mutterland weiter so schlecht verwaltet, und besonders, wenn ihnen
dieses keine weiteren Ansiedler mehr schickt, m die Hände der Deutschen
oder der Engländer fallen.
Zur Ausbauung seines afrikanischen Reiches, das heute Größen Verhält-
nisse von einer ganz unfaßbaren Riesenhaftigkeit aufweist, hat England
auch noch beträchtliche Teile von Nord- und Südafrika hinzuerobern
müssen: Ägypten im Norden und das Transvaal und den Oranjefreistaat
im Süden.
Ägypten, schon von alters her das reichste Land der Erde, war durch
das Riesenwerk des Suezkanals nur noch reicher geworden; es hatte sich
zu der großen Durchgangs- und Zwischenhandelsverkehrsstraße zwischen
Europa und Asien entwickelt; aber der Khedive (Vizekönig) Ismail Pascha
(1863 — 1879) mißbrauchte den Reichtum seines Landes dermaßen, daß er
in die größte Bedrängnis geriet. Um seine Gläubiger befriedigen zu
können, verkaufte er die noch in seinen Händen befindlichen Suezkanal-
aktien an England, das sie nach der Zurückweisung dieses Angebots seitens
Frankreichs bereitwilligst abnahm (1875).
Als die Summe immer noch nicht genügte, um seine Schulden aus der
Welt zu schaffen, machte er wieder und wieder Anleihen, was die beiden
Die Herrschaft der Wissenschaft. 439
Regierungen Frankreichs und Englands veranlaßte, einen Ausschuß zur
genfuen Prüfung der Finanzverhältnisse Ägyptens einzusetzen, der nun
eine staatliche Zwangsverwaltung oder Sequestration des ungeheuren vize-
königlichen Privatbesitzes sowie ein staatliches Miteigentumsrecht daran
oder Condominium anordnete (1877). Bald darauf (1879) wurde Ismail
Pascha abgesetzt, um in seinem ältesten Sohne Tewfik (1879 — 1892) seinen
Nachfolger zu finden.
Eine vorgebliche ägyptische Nationalpartei legte nun gegen die Ein-
mischung der Europäer und Christen in die inneren Angelegenheiten
Ägyptens Verwahrung ein. Diesen unzufriedenen Beschwerdeführern gelang
es auch wirklich, die Ernennung ihres Führers Arabi Pascha zum Kriegs-
minister durchzusetzen (1882); auch wurden damals in Kairo ein paar
schüchterne Aufstandsversuche gegen die Europäer unternommen und von
Arabi Pascha selbst begünstigt.
Wenn sich in jenen Tagen Frankreich und England verständigt hätten,
wäre die Sache so einfach wie möglich gewesen. Aber die französischen
Kammern wollten von einer Einmischung Frankreichs in die fremden
Angelegenheiten nichts wissen. Trotz Gambettas Widerspruch ließen sie
England ruhig für sich allein handeln und jenen Aufstand, der im Grunde
nur ein scheinbarer war, ganz ebenso durch einen Scheinkrieg nieder-
werfen. Aber damit war der französische Einspruch in Ägypten zu Ende.
Alexandria wurde nach einer Beschießung von der englischen Marine in
Besitz genommen (1882). Und bald schon erging es auch dem ganzen Lande
Ägypten nicht besser.
Zwar hatte England die alsbaldige Räumung versprochen, aber ein
derartiges Versprechen wird nie gehalten. Auch Frankreich und die übrigen
europäischen Regierungen waren schließlich müde geworden, seine Er-
füllung inmier wieder zu verlangen (1904). Gegenwärtig ist England in
Wahrheit der Herr Ägyptens, ohne daß von einem Protektorat im gewöhn-
lichen Sinne des Wortes die Rede sein kann, ist dofch dem Namen nach
kein anderer als der Sultan der unabhängige Herrscher des Landes.
Der Khedive Abbas H. Hilmi, Tewfiks ältester Sohn, regiert seit 1892 auch
wirklich noch heute als scheinbarer Herrscher, doch in der Tat regiert der
engUsche Minister. Auch sind alle höheren Offiziere englischer Staats-
angehörigkeit und die großen Verwaltungen in den Händen englischer
höherer Beamter.
Der Streit um die höchste Gewalt in Ägypten zog auch bald einen
entsprechenden im Sudan nach sich. Mit Hilfe des ägyptischen Heeres
breitete England seine Herrschaft in den Oberläufen des Nil bis zu den
10*
44o Siebentes Buch.
Großen Seen aus, in denen der Nil seine Quelle hat. Damit war das englische
Ostafrika in unmittelbare Verbindung mit Ägypten getreten. Eine vorgeb-
lich islamitisch-religiöse Erhebung der Derwische wurde bald unterdrückt
(1878). Nach vollständiger Niederwerfung der Derwische und ihres An-
führers, des Mahdi, fuhr das englisch-ägyptische Heer den Nil hinauf, um
gerade in einem Augenblick in Mittelafrika bei dem Orte Faschoda ein-
zudringen, wo hier eine kleine französische Heeresabteilung eintraf, die
vom Senegal aufgebrochen, immer in östlicher Richtung marschiert und
nun gerade gleichzeitig mit den Engländern im Sudan angelangt war.
Einige Tage lang war auch wirldich aller Anlaß zu der Besorgnis vorhanden,
daß es zwischen General Kitchener, unter dem die dreißigtausend ver-
einigten Engländer imd Ägypter standen, und Hauptmann Marchand, der
zweihundert Senegalneger befehligte, zum offenen Zwist kommen konnte.
Es war ein Glück, daß die Franzosen den sittlichen Mut hatten, den an-
maßenden englischen Ansprüchen nachzugeben, so daß der Zivilisation
ein ihr drohender schrecklicher Krieg erspart geblieben ist.
Durch die Eroberung des Sudan besaß England Uganda und das Gebiet
der Großen Seen. So war Afrika jetzt vom Nil bis zum Sambesi unter dem
britischen Banner.
Die Eroberung des afrikanischen Südens währte noch länger und war
auch noch schwieriger, aber darum nicht weniger einträglich.
Im 17. Jahrhundert hatten einige Holländer verschiedene Handels-
und Ackerbauniederlassungen am Kap der guten Hoffnung gegründet.
Obwohl der Boden nicht recht fruchtbar war, brachte es gleichwohl die
Kolonie zu einer schönen Blüte, weil die Kolonisten arbeitsam, nüchtern,
kernig und fromm waren und einen reichen Nachwuchs heranzogen. Ja,
sie hatten sogar einen stärkeren Negerstamm, die Kaffern, halb unter-
worfen und zu einer Art Frondienst gezwungen. Während das französische
Kaiserreich immer wieder im Kriege steckte, besetzten die Engländer die
Kapkolonie, gaben sie aber auch nach dem Friedensschluß von 181 5 nicht
wieder heraus. Die Holländer (Buren oder Afrikander) wußten sich nur
schlecht in die englische Herrschaft hineinzufinden. Sie wanderten aus
der Kolonie nordwärts nach Natal aus (1835). Als dann die Engländer
auch Natal an sich rissen (1840), wanderten sie wieder aus und machten
nördlich von Natal in einer Einöde halt, die sie Öranjefreistaat nannten.
Als sie dann vor den englischen Landeroberungen immer weiter zurück-
wichen, ließen sie sich auch noch im Jahre 1852 in Transvaal nieder.,
Alle diese Landstriche hatten nur einen dürftigen Boden, den die
Buren auch riur wenig bebauten. Als Nomaden führten sie ihre Familie
Die Herrschaft der Wissenschaft. 44*
und ihren Besitz in großen, von Ochsen gezogenen Wagen mit sich, um.
überall da haltzumachen, wo sie einige Weideplätze für ihre Herden zu
finden glaubten. Große Jäger, die mit den sie dauernd auf ihren Wande-
rungen bedrohenden, aber von ihnen immer wieder zurückgeworfenen
wilden Stämmen fortwährend im Kampfe lagen und sich hartnäckig gegen
alle übermäßige städtische Zivilisation auflehnten, waren sie für die Eng-
länder Gegenstand fortdauernder Beunruhigung und ständiger Begehrlich-
keit. Gleichwohl blieb England nichts weiter übrig, als im Jahre 1864 die
Unabhängigkeit von Transvaal imd Oranjefreistaat anzuerkennen.
So standen sich drei Völker gegenüber: Engländer, Buren und Kaffern.
Zwar konnten sie sich nicht verständigen, gingen aber darum doch nicht
zum offenen Kriege gegeneinander über.
Im Jahre 1867 wurden zu Kimberley einzelne Diamantengruben entdeckt.
Sogleich strömten die englischen Schatzgräber in Scharen herbei, und nun
wurden diese an sich so öden, aber so köstliche Kleinodien bergenden
Felder England als Krongut einverleibt.
Unermüdlich suchte England seine gewaltige Macht immer weiter
über Südafrika auszudehnen, um es möglichst bald ganz zu beherrschen.
Im Jahre 1876 wurden die Zulus besiegt und nun auch das Zululand zum
englischen Besitz geschlagen. Bald wurde auch ein Versuch unternommen,
das Transvaal an sich zu reißen; aber die Buren widerstanden tatkräftig,
gewannen sogar eine regelrechte Schlacht (Schlacht am Majubaberg,
27. Februar 1881) und behaupteten zum Schluß ihre Selbständigkeit.
Im Norden vom Transvaal rief ein unternehmungslustiger und wage-
mutiger Engländer, Cecil Rhodes, eine der einstigen Ostindischen Gesell-
schaft mehr oder weniger nachgebildete kapitalkräftige Gesellschaft ins
Leben, die von einem ziemlich öde daliegenden gewaltigen Gelände Besitz
nahm, das nun den Namen Rhodesia erhielt und fast halb so groß wie ganz
Frankreich war.
Die beiden Burenrepubliken Oranjefreistaat und Transvaal bildeten
nur noch zwei abgeschlossene Sprengel inmitten eines riesenhaften eng-
lischen Reiches.
Vielleicht hätten sie gleichwohl auch noch weiter ihre Selbständigkeit
behauptet, wären nicht im Innern ihres Bodens in der Umgegend der
heutigen Stadt Johannesburg in öden Felsengegenden, in denen es noch
nicht einmal einen Marktflecken gab, im Jahre 1886 die reichsten Goldadern
der Welt gefunden worden. Sobald sich diese Kunde verbreitet hatte,
strömten Tausende von Abenteurern von allen Seiten, besonders aber auch
vom Kap herbei. Diese engUschen Pfadfinder machten sich sogleich
442 Siebentes Buch.
an die Ausbeutung dieses edlen Metalls. Sie erstanden den Boden zu
einem billigen Preise. Hunderte von Gesellschaften taten sich auf, die
Maschinen anlegten und Kaffern, Chinesen sowie Inder als Arbeiter ein-
stellten. Es erstand eine große Stadt, in der die der Industrie und
modernen Zivilisation feindlich gegenüberstehenden Buren nur noch eine
kleine Minderheit unter einer Bevölkerung bildeten, die heute zweihundert-
fünf zigtausend Seelen zählt. Doch die Buren hatten trotz ihrer großen
Minderheit gleichwohl in der öffentlichen Verwaltung und Gesetzgebung
das Übergewicht, das sie sehr mißbrauchten. Diese bäuerischen Land-
arbeiter zeigten den ausländischen Grubenarbeitern offene Feindschaft und
führten hohe Steuersätze ein, die auf der goldfördernden Industrie schwer
lasteten.
Die Uitlanders (deutsch „Ausländer") von Johannesburg erstrebten
nun, um doch auch ein Wörtchen bei der Leitung der öffentlichen Ange-
legenheiten mitsprechen zu dürfen, sich als Transvaalier naturalisieren zu
lassen. Die Buren schlugen dies Verlangen ab, und das wurde die Ursache
zu einem schweren, blutigen Zusammenstoße zwischen Buren und Eng-
ländern.
In diesem dreijährigen Kriege (1899 — 1902) zeigten sich die Buren
als wahre Helden. Diese ungeschlachten Bauern verteidigten ihre Freiheit
mit einer Tapferkeit, von der die Weltgeschichte nicht viele Beispiele
aufzuweisen hat. Es galt einen Verteidigungskrieg, und flugs fanden sie
sich in die ihnen von Hause aus so fremden Soldatenrollen. Aber aus-
gezeichnete Reiter und erprobte Schützen, wie sie schon von jeher gewesen
waren, hielten sie volle zwei Jahre lang nicht weniger als zweimalhundert-
tausend englische Soldaten mit einer ihnen weit überlegenen Artillerie,
obgleich sie selbst nur sechzigtausend Kämpfer zählten, dauernd in Schach.
Europa ließ sie im Stich, und so mußten sie schließlich der Überzahl
weichen.
Nachdem England nun einmal einen geradezu ungerechten Krieg unter-
nommen und denselben mit der an ihm gewöhnten Zähigkeit bis zur
siegreichen Entscheidung durchgeführt hatte, hat es dann wenigstens nicht
seinen Sieg geschändet. Gewiß, es hat die Buren gezwungen, gegen ihren
Willen Bürger des englischen Volkes zu werden, aber die Besiegten sind
fast wie Sieger behandelt worden. Sie haben ihre Gesetze, ihre Sprache
und ihre Religion behalten, ihre Abgeordneten zu einem geradezu eigen-
staatlichen Parlament wählen, ihren Staatshaushalt selbst beschUeßen
imd jene weitgehende persönliche imd staatsbürgerliche Freiheit genießen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 443
dürfen, die England stets allen denen gewährt, die es unter seinem Banner
sammelt.
So bilden Kapland, Transvaal, Rhodesia, Uganda, Sudan, Ägypten
ein englisches Riesenreich, das sich in der Richtung von Norden nach
Süden ohne eine andere Unterbrechung als die einzige allerdings beträcht-
lichere um den Tanganikasee, nämlich Belgisch-Kongo auf seiner West-
und Deutsch-Ostafrika auf seiner Ostseite, durch ganz Afrika hindurch
erstreckt. Wo noch vor fünfzig Jahren die Landschaft ohne jede Ab-
wechslung ausschließlich wilde Einöden, verpestete Sumpfgebiete und
wüste Urwälder bot, wird sie heute von einem nach allen Seiten aus-
gebauten Telegraphen- und Eisenbahnnetz durchzogen. Der Eisenbahn
bietet sich ein durchgehender Schienenweg vom Mittelmeer bis zum Kap
der Guten Hoffnung.
Neben diesem Riesenreich im Osten besitzt England noch an der
Westküste Afrikas Sierra Leone und an den Mündungen des Niger unge-
sunde Besitzungen, die keine große Bedeutung haben, aber deren Hinter-
land bis an den Tschadsee geht (1898).
Nächst England hat sich in Afrika Frankreich die ausgedehntesten
Gebiete durch kriegerische Eroberung oder durch käufliche Erwerbung
zugeeignet. Ja, vielleicht haben die französischen Gebiete noch einen
weiteren Umfang als die britischen, doch in jedem Falle ist ihr Reichtum
weniger groß, gibt es doch auf unserem ganzen Planeten nicht mehr so
fruchtbare Landstriche als Ägypten, so ergiebig an Gold gesegnete als
Transvaal. *
Algerien hat dem Weinbau eine hohe Blüte zu verdanken. Doch die
Bevölkerung will sich nicht recht vermehren, haben doch die Franzosen
auch in Algerien nur wenig Kinder und ist zudem die französische wie
ausländische Einwanderung dorthin nicht sehr stark. Aber allerdings
Algier selbst, die Hauptstadt des Landes, ist jetzt nächst Kairo und Johannes-
burg die größte Stadt von ganz Afrika; sie zählt einschließlich der Vororte
über zweihunderttausend Einwohner; Araber und Europäer vertragen sich
dort, auch ohne sich zu vermischen, anscheinend aufs beste. Algier
scheint dazu bestimmt, die Hauptstadt des gesamten französischen Afrika
werden zu sollen.
Tunis wurde fast ohne jeden Kampf erobert (März 1881). Als Vorwand
machte die französische Regierung die Einfälle des räuberischen Stammes
der Chmir (auch Khrumir genannt) geltend, als sie allerdings einmal die
algerische Grenze ein wenig überschritten hatten. Die Regierung, die
nun in Tunis eingesetzt wurde, bekam die Form eines Protektorates. Der
i^44 Siebentes Buch.
Bei von Tunis behielt dem Namen nach seine ganze Gewalt; doch ein
französisches Armeekorps besetzt von nun ab das Land, und die Be-
ziehungen mit den fremden Mächten werden durch den französischen
Residenten geordnet (Vertrag ,vom Kasr-el-Said Bardo*, 12. Mai 1881).
Unter den afrikanischen Häfen am Mittelmeer, die alle von nur ziemlich
mäßigem Werte sind, gibt es nur eine Ausnahme, und das ist der unver-
gleichliche tunesische Hafen Biserta, der groß genug ist, die Kriegsflotten
aller Mächte der Welt insgesamt aufzunehmen.
Die Unterwerfung des westlich von Algerien gelegenen Reiches Marokko
unter das französische Protektorat ist noch in aller Erinnerung (191 2). Sie
ist nicht ohne aufregende Zwischenfälle geschehen, durch die anfangs mit
Deutschland und dann mit Spanien beinahe ein Bruch herbeigeführt worden
wäre; doch es war ein großes Glück, daß Vergleiche zustande kamen, die
den Länderhunger aller drei beteiligten Mächte zu stillen vermochten. Frank-
reich übernahm das Protektorat über Marokko, wo es nun ständig ein
ganzes Armeekorps halten muß. Der Sultan behält, ganz wie der Bei von
Tunis, scheinbar seine gesamte Gewalt; aber genau, wie dieser, unterhält
auch er zu den fremden Mächten nur durch Vermittlung des französischen
Residenten Beziehungen. Als Entschädigung für diese Besitzergreifung
Marokkos durch Frankreich hat Deutschland ein wertvolles Stück von
Französisch-Kongo erhalten, Spanien aber einige Häfen und weite Gebiete
an der gesamten Mittelmeerküste. Tanger an der Ausgangspforte des
Mittelmeeres zum Atlantischen Ozean bleibt eine internationale Stadt.
Marokkos Eroberung stellte sich als eine weit 'schwierigere heraus als
die von Tunis. Sie ist auch heute noch nicht vollendet, und viele Stämme
werden so bald noch nicht unterworfen sein. Aber Frankreichs endgültige
und völlige Oberherrschaft über Marokko ist nur noch eine Frage der Zeit
und des Geldes. Tunis ist ein von friedlichen und leicht zu unterwerfenden
Völkerstämmen angebautes ebenes Gebiet. Marokko hingegen ist ein
Gebirgsland und von unabhängigen glaubenswütigen und räuberischen
Stämmen bewohnt, die seit den ältesten Tagen unter der unordentlichen
und gesetzlosen Herrschaft einer Priesterkaste gelebt haben. Aus Land-
männern werden sie nur zu leicht Krieger, so daß kein einzelner, noch so
kleiner Stamm vor dem Angriff seiner Nachbarn sicher ist. Zweifelsohne
wird die französische Herrschaft in diesen Wirrwarr schließlich einmal
Ordnung bringen, doch wird sie das nur durch eine lange und kostspielige
* Anm. des Herausgebers: Kasr-el-Said Bardo = Bergschloß Bardo unweit der
Stadt Tunis, der Sitz der tunesischen Regierung.
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^^5
militärische Besetzung zu erreichen vermögen, und so wird die Herstellung
des Friedens in Marokko die dortige ständige Haltung einer tüchtigen
Heeresabteilung erfordern.
Es sind augenblicklich Eisenbahnen im Bau begriffen, die Fes, Marra-
kesch und Casablanca mit der Mittelmeerküste verbinden sollen. Schon
jetzt geht die Bahn in der Richtung von Osten nach Westen zwischen
Tunis und Tlemsen, und in der von Norden nach Süden zwischen Algier
und Laghuat einerseits und Tugurt andererseits. Die Räuberstämme der
Wüste, wie die Tuareg und andere, müssen immer weiter nach Süden
zurückweichen, wo nur noch öde Sandsteppen liegen, und sind nicht mehr
zu fürchten.
Südlich von Marokko traten in jüngster Zeit die Stämme des Hinter-
landes von Senegambien zum Islam über. Die Gegend wird von einem
kriegerischen schwarzen Stamme und einem anderen, von auffallender
Ähnlichkeit mit dem der ägyptischen Fellahs, namens Pulla * bewohnt.
Der bekannte General Faidherbe, der Statthalter von Senegambien, hatte
den französischen Einflußkreis bis zum Niger ausgedehnt. In den Jahren
1879 — 1894 stellten kriegerische Unternehmungen, die sich zunächst den
Senegal und dann den Niger hinaufbewegten, in den beiden großen Strom-
gebieten den Frieden wieder her und drangen bis zu der geheimnisvollen
Märchen- und Wunderstadt Timbuktu vor, die schon in alten grauen Tagen
eine der hervorragendsten Städte Afrikas gewesen war. Immer weiter
vordringend, gelangten einzelne französische Abteilungen bis zum Tschad-
see. Die ganze Gegend wird nunmehr unterworfen. Französische Kanonen-
boote verkehren auf dem Niger.
Die Nigerebenen, die die Natur zur Fruchtbarkeit bestimmt hatte, waren
durch die Verheerungen der Menschen vollkommen verödet. Kriegerische
Propheten, wie sie der Islam hervorbringt, hatten die gesamte Gegend
dadurch zugrunde gerichtet, daß sie ganze Völkerstämme zur Sklaverei
zwangen, die Dörfer in Brand steckten und nur Trümmerhaufen und
Leichen da, wo sie hinkamen, hinterließen. Der letzte und furchtbarste
jener Häuptlinge, halb Sultans- und halb Räubergestalt, der schwarze
Kriegsheld Samory, wurde im Januar 1893 gefangen genommen.
Der im Mittelpunkt Afrikas gelegene Tschadsee läßt sich ebensogut
* Anm. des Herausgebers: Pulla vom Singular Pullo = hellbraun, rot im
Gegensatz zu Joloff = schwarz, auch Fulla, Falbe oder nach der oben ange-
deuteten Verwandtschaft mit den Fellahs auch Fellatah,Fellaün oder Fellani
genannt.
446 Siebentes Buch.
als Binnenmeer bezeichnen, in das sich von den verschiedensten Seiten
Flüsse ergießen. Auf Grund mehrerer diplomatischer Vergleiche zwischen
Deutschland, Frankreich und England gehen die Besitzungen dieser ver-
schiedenen Länder sämtlich bis an den Tschadsee, dessen eines Ufer ihnen
gehört. Der Tschadsee wird, sobald die dortige Gegend wieder bevölkert,
in ihren gesundheitlichen Zuständen gehoben und von Eisenbahnen um-
säumt sein wird, ohne Zweifel der Haupt verkehrspunkt des afrikanischen
Handels sein. Er liegt an der Straße von Norden nach Süden und von
Westen nach Osten: zwischen Nil und Niger und zwischen Rotem Meer
und Atlantischem Ozean.
An der Elfenbeinküste Guineas haben sich die französischen Besitzungen
von den Ufern des Atlantischen Ozeans bis zum Hinterland ausgedehnt.
In den Jahren 1892 — 1894 wurde auch Dahome, das damals durch die
Schreckensherrschaft des wilden Königs Behanzin schwer heimgesucht
wurde, zur französischen Kolonie,
So ergriff Frankreich in derselben Zeit, in der sich England in der
Richtung von Norden nach Süden und an der ganzen Ostküste Afrikas
ein gewaltiges Reich gründete, mit dem Kongolande, Gabun, Dahome,
dem Sudan, Senegambien, Marokko, Algerien und Tunis von der ganzen
Nordwestecke Afrikas Besitz. Im Norden dehnte es seine Herrschaft
längs der wunderbaren Mittelmeerküste über semitische Stämme der
weißen Rasse aus, die bereits halb zivilisiert und jedenfalls ganz zivilisierbar
waren, aber mit leidenschafthcher Glaubenswut an der Rehgion Moham-
meds hingen. Im Süden ließ es sich unter den über einen ungeheuren
Raum verstreuten unkultivierten Negerstämmen nieder, die nur geringe
Hoffnungen in bezug auf die Möglichkeit einer Heranziehung zur Land-
arbeit geben. Aber der Boden ist fruchtbar. Wenn sich dort allerdings
auch weite Wüsten finden, die auf lange Zeit hin zur Unfruchtbarkeit
verurteilt sind, so gibt es doch andererseits dort auch herrliche Wälder,
die noch vollkommen unausgenutzt sind. Ebenen, die noch eine völlige
Hebung ihres Gesundheitszustandes zulassen, und Täler, die eine Möglich-
keit für die Entfaltung der glänzendsten Kulturen bieten, vielleicht auch
— ist doch hier nichts genügend durchforscht! — Metall- und Steinkohlen-
gruben.
Das Geheimnis der Bestimmung Afrikas ruht noch in der Zukunft
Schöße. Der Schwarze Erdteil, das jüngste Kind der Zivilisation, birgt
vielleicht noch die glänzendsten Überraschungen für unsere Enkel.
Um sich diese sämtlichen Reichtümer zunutze machen zu können,
sollte Europa in Zukunft auf alle mörderischen Kämpfe um Macht- und
Die Herrschaft der Wissenschaft. Mj
Besitzfragen verzichten I Afrika bietet wahrhaftig Raum genug, daß unter
den verschiedenen europäischen Völkern, den Engländern, den Franzosen,
den Deutschen, den Belgiern ein jedes, ohne die Gebiete des Nachbarn
begehren zu brauchen, aus der Zahl der sämtlichen Gebiete, die sie
sich allmählich der Reihe nach zugeeignet haben und deren Grenzen sie
noch nicht einmal kennen, das seine in Ruhe zu verwalten vermögen wirdi
Sicher werden auch in Zukunft noch Eroberungen zu machen sein; aber
diese sollten sich nicht sowohl gegen Menschen als gegen jene gefähr-
lichen kleinen Schmarotzerwesen richten, die die furchtbarsten Krankheiten
bringen. Das Klima ist nicht weiter zu fürchten, da die Hitze der dürren
Gegenden an und für sich nicht der Gesundheit verhängnisvoll ist. Wenn
jene Erreger der Malaria, der Ruhr und der anderen ansteckenden Krank-
heiten, die sich durch Wasser und Insektenstiche verbreiten, nicht die
menschlichen Organismen heimtückisch überfielen, wäre das Leben in
Afrika ganz ebenso leicht, wie es nur an irgendeinem Punkt im Herzen
Europas ist. Die große Aufgabe der Europäer in Afrika muß also sein,
gegen diese Keime jener tödlichen Krankheiten anzukämpfen. Die Eng-
länder haben dafür bereits ein gewisses Verständnis gezeigt, indem sie
an den Großen Seen gleich zu Anfang ihter Niederlassung eine wissen-
schaftliche Station begründet haben, die dem Studium und damit auch
der Ausrottung der Menschen- und Viehseuchen dienen soll.
Die Eroberung Afrikas bedeutet daher für die Gegenwart ausschließlich
die Vernichtung aller diesen Erdteil heimsuchenden Krankheiten. So wird
es der Wissenschaft obliegen, die Kämpfer zu stellen, deren schließlicher
Sieg dann verhältnismäßig leicht sein wird.
Den Einheimischen gegenüber aber ist die Aufgabe der Europäer
eine höchst einfache. Es gilt allerdings, sie zunächst zu unterwerfen,
ihnen dann aber alsbald den Frieden zu bringen. Bis jetzt haben sie nur
immer in Krieg, Elend und Krankheit gelebt. Uns fällt die Pflicht zu,
ihnen ihre Lage erträgUcher zu machen I Hoffen wir nicht etwa gleich,
daß sie einfach mit einem Schlage unsere Zivilisation sich anzueignen und
so vielleicht der analytischen Geometrie oder auch etwa Richard Wagners
Nibelungenzyklus Verständnis entgegenzubringen vermögen werden. Aber
das darf gleichwohl nicht etwa einen Grund abgeben, sie nicht mit
Gerechtigkeit und Wohlwollen zu behandeln und die Segnungen, mit
denen wir sie beglücken, allein auf den Alkohol zu beschränken.
In jedem Falle wird das bedenkliche Wagnis der Rassenkreuzung
vermieden werden müssen. Zwischen Schwarzen imd Weißen hat eine
unbedingte Trennung stattzufinden. Eine überlegene Rasse ist nicht be-
448 Siebentes Buch.
1
rechtigl, durch die Vereinigung mit einer minderwertigeren selbst ihre
Entartung herbeizuführen.
In diesem Sinne verstanden, wird die Eroberung des unermeßUchen
afrikanischen Erdteiles zu den großen Aufgaben des 20. Jahrhunderts
gehören 1
Um über die Verteilung der europäischen Besitzungen über Afrika
einen Gesamtüberblick zu erhalten, kann man sich dieselbe in einer
allerdings nicht sowohl streng wissenschaftlichen wie etwas mehr ober-
flächlichen Weise damit anschaulich machen, daß man etwa sagt, daß
Frankreich den Nordwesten, England den ganzen Osten vom Norden bis
zum Süden, Belgien und Deutschland aber einen von Osten nach Westen
laufenden mittleren Streifen einnimmt.
Das ist in großen Zügen die gegenwärtige Verteilung Afrikas.
Zu besprechen bleiben noch die Insel Madagaskar, ein paar italienische,
portugiesische und spanische Besitzungen und zwei unabhängige kleine
Staaten, Liberia und Äthiopien.
""Madagaskar war im 18. Jahrhundert von französischen Entdeckungs-
reisenden durchforscht worden, und Frankreichs Einfluß hatte so eine
Art unbestimmtes Übergewicht. Dieses große Inselland war von nur
mäßiger Fruchtbarkeit und von einer eingeborenen Bevölkerung, den so-
genannten Madagassen oder Malgaschen, und einem kleinen Kriegervolke
von wahrscheinlich malaiischem Ursprünge, den Howa, bewohnt. Die
von englischen Missionaren im Katechismus unterwiesenen und wenigstens
äußerlich zu Christen gewordenen Howa hatten allmählich die ganze
Insel erobert. Im Jahre 1862 trat Napoleon III. mit ihrem König in Unter-
handlungen, um ihn schließlich als König von gesamt Madagaskar anzu-
erkennen. Im Verlauf einiger unbedeutender Streitigkeiten mit der Königin
der Howa, Ranavälona I., wurden ein paar Häfen von der französischen
Flotte beschossen (1883) und Königin Ranavälona gezwungen, die fran-
zösische Schutzherrschaft anzuerkennen (1885).
Aber Ranavälona führte nun die Bedingungen des Vertrages nicht
aus, weshalb ein neuer Straffeldzug gegen sie beschlossen wurde (1895).
Ein französisches Heer von zwölf tausend Mann besetzte die Haupthäfen
und drang bis zur Hauptstadt Antananarivo oder Tananarivo (d. i. Tausend
Dörfer) vor (Sept. 1895). I^i^ Eroberung vollzog sich fast ohne Blut-
vergießen; denn das madagassische Heer war ohnmächtig und waffenlos.
Doch das Expeditionskorps wurde grausam von Krankheiten heimgesucht,
an denen über sechstausend Soldaten zugrunde gingen.
Im Jahre 1897 wurde die Königin, die immer wieder gegen den franzö-
Die Herrschaft der Wissenschaft, 449
sischen Residenten Verschwörungen anzettelte, schließlich nach Algerien
geschafft, und Madagaskar wurde französische Kolonie.
Wie die Zukunft aller europäischen Besitzungen in Afrika, ist auch
die Madagaskars in Dunkel gehüllt. Das Land, so dürr es ist, kann
gleichwohl Vieh im Überfluß ernähren; aber die Verkehrsmittel sind durch
die Gestaltung des Bodens recht schwierige; die Anlage von Landstraßen
und Eisenbahnen über tiefe Täler hinweg wird langwierig und kostspielig
sein. Die Howa sind übrigens von hinreichender Befähigung, um nützliche
Mitkämpfer und Mitarbeiter an dem Kolonialwerke zu werden.
Auch Italien ruhte nicht eher, bis es sich afrikanisches Land angeeignet
hatte. Es suchte diese seine Absicht zunächst auf dem heißen Küstenstrich
an dem Roten Meer in den beiden Häfen Massaua und Suakin zu ver-
wirklichen, in deren Hinterland es nichts als die ausgebranntesten Wüsten
gibt. Nachdem die Italiener also Massaua besetzt und damit ihre Kolonie
Erythräa am Roten Meere begründet hatten (1885), wollten sie nun auch
über das als selbständiges Königreich dastehende Nachbarland Äthiopien
eine Schutzherrschaft einrichten. Aber unter allen farbigen Völkern Afrikas
sind vielleicht die Abessinier oder Äthiopier die begabtesten und die
tapfersten. Halb Neger, halb Ägypter und sogar noch ein wenig mehr
als bloß äußerliche Christen haben diese so kriegstüchtigen Gebirgs-
bewohner es in ganz Afrika allein verstanden, sich gesellschaftlich aus-
zubauen und ein Vaterland zu geben. Ja einer oder der andere König
(Negus) hat es sogar erreicht, bei ihnen gewisse Anfangsbegriffe abendlän-
discher Zivilisation einzuführen. Als daher die Italiener sie zu unter-
werfen versuchten, setzten ihnen die Äthiopier einen unerwartet kräftigen
Widerstand entgegen und errangen auch über das itahenische Heer zwei
bedeutende Siege, nämlich bei Dogali (1887), und dann den entscheidenden
bei Adua (1896). : i i i ^j^i
Äthiopien ist im Westen, Süden und Norden von englischen und im
Osten von italienischen Besitzungen begrenzt imd neben der kleinen
Negerrepublik Liberia an der Westküste das einzige Land Afrikas, das
nicht unter unmittelbarer oder Schutzherrschaft einer europäischen Macht
steht. Sein König Menelik, ein schlauer und fähiger Kopf, ist kürzlich
nach einer langen Regierung gestorben (191 3).
Eine weitere Besitzung der Italiener in Afrika ist Tripolis. Im Jahre 191 1
nämlich besetzten die Itahener unter Geltendmachung genau so nichtiger
Vorwände wie die der Franzosen in bezug auf Tunis, der Engländer auf
^5o Siebentes Buch.
Ägypten und der Deutschen auf das Kongoland gewesen waren, ebenso
ihrerseits Tripolis und Cyrenaika. Die Türken und Araber setzten ihnen
nur einen mäßigen Widerstand entgegen. Wie es scheint, war vor alters
zur Römerzeit Cyrenaika ein fruchtbares Land; doch die zu allen Zeiten
so verheerend gewesene türkische Eroberung hat offenbar auch diese
Gegend in eine Wüste verwandelt. Die Itahener landeten in Tripolis (191 1).
Noch ein Jahr lang versuchten mm die Türken, von den Arabern unterstützt,
auch wirklich allen Ernstes, die Italiener zu vertreiben ; aber als sie sich im
Herzen ihres Reiches, in ihrer Hauptstadt Konstantinopel selbst, bedroht
fühlten, mußten sie sich in die harte Notwendigkeit fügen und die Ober-
herrlichkeit Italiens über jenes afrikanische Land, das eigentlich nur noch
aus Sand wüsten besteht, anerkennen (Friede von Lausanne 191 2).
Die Besitzungen der Portugiesen, die traurigen Reste alter Macht
und Herrlichkeit, sind, gleichviel, ob es sich um die an der Westküste
(Angola) oder um die an der Ostküste (Mozambique) handelt, zu sehr
englischem und deutschem Gebiete benachbart und zu sehr vom Mutter-
land im Stiche gelassen, als daß man ihnen eine glänzende Zukunft
voraussagen könnte.
*
Die spanischen Besitzungen sind durch den französisch-spanischen Vertrag
vom 30. November 191 2 genau abgegrenzt und endgültig festgesetzt
worden. Sie umfassen das gesamte Küstenland des einstigen marokka-
nischen Sultanats mit einigen Häfen am Atlantischen Ozean. Tanger
ist internationale Stadt geworden.
Sicher hat die Geschichte der afrikanischen Eroberungen, Einverlei-
bungen, Schutzherrschaften nicht gerade viel Erbauliches an sich. Die
europäischen Regierungen haben die Verteilung Afrikas geregelt, ohne
gerade immer von ihren Diplomaten besondere Aufrichtigkeit und von
ihren Militärs besondere Milde zu verlangen. Aber es würde vielleicht
eine zu enge Moral bedeuten, wollte man die Europäer, die den schwarzen
Erdteil doch nicht bloß seiner eigenen Barbarei überlassen wollten, deshalb
als Barbaren verurteilen! Obwohl ihnen allerdings jede uneigennützige
Bestrebung fernlag, haben sie doch, ganz unabhängig von ihrem Willen,
den armen Menschenwesen, die diesen Erdteil bewohnten, Hilfe gebracht
und sich nicht davor gescheut, sich in ihre Verhältnisse unter dem Vor-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^1
wände zu mischen, daß jene Unglücklichen ein Recht auf eine Unabhängig-
keit hätten, die sich bald als weiter nichts als ein Aufgeben ihres ge-
samten Volkstums herausstellen sollte. Neben den Raub- und Beutekriegen
gibt es doch auch solche, die die Gesittung fördern und durchaus berechtigt
sind; es sind das die, die dahin Frieden bringen, wo bisher Anarchie
wütete, imd Wohlbehagen dahin, wo bisher Gram und Kummer herrschte*.
Wie Afrika, ist auch Asien der wiederholte Gegenstand europäischer
Ereiferung und Begeisterung gewesen. Aber im Gegensatze zu dem ver-
ödeten Afrika übertrifft das unermeßliche Asien sogar noch Europa an
Bevölkerungszahl. Die Asiaten sind nicht wilde Neger, sondern zivilisierte
Menschen, ja solche von einer uralten Zivilisation, die dereinstens in
höchster Blüte stand, sie sind in der Mehrzahl Gelbe, deren geistige Be-
fähigung hinter der der Weißen nicht sehr zurücksteht.
Um sich den europäischen Eroberungszug durch Asien im Verlaufe
des 19. Jahrhunderts richtig vorzustellen, muß man sich Asien in vier
große Bezirke zerlegt denken: i. den sibirischen, der weit größer als das
gesamte Europa ist (dreizehn Millionen Quadratkilometer) und weite un-
bebaute, von ungeheueren Strömen durchlaufene Flächen sowie Tannen-
und Birkenwälder umfaßt, die fünf Monate hindurch unter dem Schnee
ihren Winterschlaf halten; 2. den ethnographisch sehr verschiedenartigen,
nur durch das gemeinsame religiöse Band des Islam zusammengehaltenen,
der ganz Vorderasien umfaßt (Kleinasien, Kaukasien, Persien, Arabien,
Syrien, Mesopotamien, Afghanistan); 3. den indischen, der von dreihundert
Millionen Menschenkindern bevölkert ist; 4. einen weiteren noch volk-
reicheren Bezirk, den Bezirk der Gelben, d. h. der Chinesen, Japaner und
Indochinesen, der über fünfhundert Millionen Bewohner umfaßt.
Der sibirische Bezirk, d. h. das ganze nördliche Asien, ist von den
Russen kolonisiert und besetzt worden. Sie hatten zunäcl^st nur die Ele-
mente und die Entfernimg zu besiegen. Nur in Ostasien mußten sie die
Chinesen zurückdrängen. Schon im Jahre 1720 hatte Peter der Große mit
* Das ändert nichts an der prinzipiellen Stellung des Pazifisten Charles Richet
auch zu solchen Kriegen. Für etwaige Zweifler bietet den schlagendsten Beweis
das bereits oben S. 436 vom Herausgeber herangezogene glänzende satirische Ge-
dicht aus seiner hier S. IX und noch weiter unten S. 520 Anm. erwähnten Fabel-
Sammlung Richets „Der Menschenfresser" S. 100—104.
4^2 Siebentes Buch.
dem Hofe von Peking zur Erreichung einer ungefähren Richtigstellung
der Landesgrenzen verhandelt. Es war das eine Art Anfang des russi-
schen Vordringens. Schritt für Schritt haben sie ihren Fuß im Osten
und im Süden des chinesischen Riesenreichs auf ein Stück nach dem
andern gesetzt. In den Jahren 1854 — 1855 war der zum Generalgouver-
neur von Ostsibirien ernannte General Nikolai Murawjew siegreich bis
zu dem Meere zwischen China und Japan vorgedrungen, um zum Schlüsse
noch von dem ganzen linken Ufer des Amurflusses, der die Grenze zwi-
schen China und Sibirien bildet, Besitz zu nehmen, wofür er den Grafen-
titel und den ehrenden Beinamen Amurskij erhielt. Aber weder die Be-
siedeluiig noch die Besetzung konnten endgültigen Bestand haben, wenn
nicht Landstraßen oder noch besser Eisenbahnen geschaffen wurden. So
hat sich Rußlands Bemühen, besonders in den Jahren 1889—1904, auf
die Anlegung einer sibirischen Eisenbahn gerichtet. Heute durchquert
ein Eisenbahnnetz den riesigen Weltteil in seiner ganzen Ausdehnung
und ermöglicht vermittels einer nur zwölftägigen Fahrt eine Verbindung
zwischen den russischen Ostseehäfen und denen der chinesischen Meere.
Durch diese wundervolle Leistung haben sich erst Sibiriens Schätze
richtig ausnutzen lassen, und ist nun erst die Erschließung der zahlreichen
dortigen Kupfer-, Eisen-, Piatina- imd Goldbergwerke, Kohlengruben sowie
Petroleumquellen herbeigeführt worden. Auch haben sich endlose Wal-
dungen dargeboten, die man sogleich, vielleicht zu rasch, abzuholzen be-
gonnen hat. In den südlichen Gegenden wächst das Getreide schnell und
liefert reiche Ernten; die Auswanderer russischer Zunge kommen in gan-
zen Scharen, diese Riesenflächen zu besiedeln, und die Bevölkerungs-
zunahme macht rasende Fortschritte.
Für die Bekämpfung dieses unwiderstehlichen russischen Vorstoßes
hatte das schwache China nichts als unwirksame Einsprüche und leere Ver-
wahrungen; ein wirklicher Widerstand kam erst aus Japan.
Ein bewaffneter Zusammenstoß erfolgte um Koreas willen. Korea ist
eine große Halbinsel mit sechs Millionen Bewohnern, die der gelben Rasse
angehören und eine mit der chinesischen verwandte Sprache sprechen. Von
den Japanern in Schutz genommen, waren diese mit dem Friedensver-
trage von Simonoseki (17. April 1895), mit dem der Chinesisch- Japanische
Krieg seinen Abschluß gefunden hatte, von China unabhängig geworden.
Aber diese Unabhängigkeit war nur eine scheinbare; denn in der Tat
hatten die Japaner damit weiter nichts bezweckt als an die Stelle der chi-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^3
nesischen ihre eigene Herrschaft zu setzen. In derselben Zeit, in der die
Japaner sich beinahe friedlich in Korea festsetzten, drangen die Russen
beinahe ebenso friedlich in die chinesischen Grenzprovinzen, d. h. in die
Mandschurei ein. Sie bemächtigten sich der Hafenstadt Port Arthur, durch
die sie eine wichtige Stellung gewannen, gehört doch ihr Hafen zu den
ersten der Welt, der eine ganze Flotte zu bergen vermag. Eine Eisen-
bahn vermittelt zudem den Anschluß von Port Arthur an die große
transsibirische Bahn bei Mukden und Wladiwostok.
Doch durch ihre Siege über China hochmütig geworden und durch
einen Bündnisvertrag mit England (1902) hierin noch bestärkt, verlangten
nun die Japaner von Rußland die Räumung der Mandschurei. Rußland
versuchte es zunächst mit ausfweichenden Antworten, die Japan seiner-
seits wieder mit der Beschießimg von Port Arthur ohne irgendwelche
voraufgegangene Kriegserklärung beantwortete (Februar 1904).
Es ist dies vielleicht das erstemal, daß zwei im Grunde ihres Wesens
verschiedene Menschenrassen sich in zwei großen Heeren einander feindlich
gegenüberstellten imd zum Entscheidungskampfe herausforderten. Darin
liegt ja gerade die Tragik dieses Krieges, der vielleicht nur ein Vorspiel
anderer noch schrecklicherer Kriege ist, darf man doch nicht so blind sein,
das tatsächliche Bestehen einer Gelben Gefahr zu verkennen, die über die
Völker Europas unbestreitbar einmal hereinbrechen wird, einer drohen-
den, furchtbaren Gefahr, die alle kindischen Eifersüchteleien zwischen
den abendländischen Mächten zum Schweigen bringen sollte 1 Dreihundert
Millionen Europäer werden eines Tages sechshundert Millionen Asiaten
gegenüberstehen! Sie imterscheiden sich beiderseits in Rasse, Sitte und
Sprache von Gnmd aus, sie haben weder gemeinsame Erinnerungen aus
der Vergangenheit noch gemeinsame Hoffnungen für die Zukunft. Es
bestehen zwischen ihnen nichts als schroffe Gegensätze, und es eröffnen
sich uns recht trübe Aussichten auf furchtbare Zusammenstöße.
Der Krieg, der sich nun zwischen Rußland und Japan entspann (1904
bis 1905), zeigte das militärische Übergewicht der Japaner von Anfang an
in voller Deutlichkeit. Bereits seit dem Jahre 1865 hatten sie unsere euro-
päischen Einrichtungen in ihrer Mehrzahl angenommen, ohne aber darum
ihre Ausdauer, Zähigkeit, Manneszucht und Todesverachtung, die er-
erbten Tugenden ihrer Rasse, einzubüßen. Unter vorzüglicher Führung
und von einem tadellosen Menschenmaterial, legten sowohl das Land-
heer wie die Flotte der Japaner einen stoischen Mut an den Tag, mit dem
sie überall siegreich waren. Alsbald wurde Port Arthur beschossen und
11 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
454 Siebentes Buch.
durch Einschließung gesperrt. Gleichzeitig damit wurde Rußlands ost-
asiatische Flotte bei Port Arthur völlig vernichtet (10. August 1904).
Auch das nur äußerst langsam und höchst schwierig durch die trans-
sibirische Bahn beförderte russische Landheer war nicht glücklicher als
die Flotte. Kuropatkin, der dasselbe befehligende General, marschierte
auf Port Arthur, vor dem die Japaner als Belagerer standen. Aber nach
einer Reihe von unglücklichen Schlachten wurde er in dem dreitägigen
blutigen Ringen bei Mukden gänzlich zu Boden geschlagen (i. September
1904).
Die im Hafen von Port Arthur eingeschlossenen russischen Schiffe
retteten sich schließlich aus demselben, doch nur dazu, um sich gleich
darauf vernichten zu lassen (10. August 1904). Bald mußte sich nun auch
Port Arthur ergeben (2. Januar 1905),
Die Ostsee- und Schwarzmeerflotte aber, schlecht befehligt, schlecht
ausgerüstet und unfähigen Offizieren als auch ungeschulten und zuchtlosen
Matrosen überlassen, wie sie war, wurde nach einer langen Irrfahrt
zwischen Kronstadt und Wladiwostok in der Schlacht bei Tsuschima ver-
nichtet (27. Mai 1905). Ein glänzender japanischer Sieg, dem Rußlands
Flotte ebenso ihren völligen Untergang verdankte, wie Rußlands Land-
heer dem Siege bei Mukden.
Aber mitten in ihrem Siegeszuge wußten die Japaner sich zu mäßigen,
ihren Tatendrang zu bändigen und sich den Friedensvorschlägen der
Feinde nicht völlig unnachgiebig zu zeigen. Sie erlangten für sich Port
Arthur, Korea und den südlichen Teil der Insel Sachalin. Die Mandschurei
fiel zwar dem Namen nach an China zurück, doch behielten die Russen
dort nach wie vor ihre Niederlassungen (Friede zu Portsmouth 28. August
- 1905).
Durch diesen traurigen Krieg hatte sich Rußland auf lange Zeit hin
geschwächt und damit gewissermaßen auch gleichzeitig ganz Europa eine
moralische Demütigung gegenüber der Gelben Rasse gebracht. Doch es
hieße die Bedeutung militärischer Ereignisse im allgemeinen wie auch der
vorliegenden im besonderen übertreiben, wenn man daraus auf eine Über-
legenheit der Gelben über die Weißen, ja auch nur auf ihre Ebenbürtig-
I keit mit ihnen schließen wollte. Wenn die Japaner am Ende triumphieren
I konnten, so hatten sie das einzig und allein dem Umstände zu verdanken,
! daß sie Panzerschiffe, Gewehre, Geschütze, Pulver, Strategie und Taktik
i der Europäer angenommen hatten. Sie sind geschickte und treffliche Nach-
I ahmer gewesen. Mehr nicht I Die Schüler haben allerdings in jenen Tagen
I ihre Lehrer noch an Leistungen überboten. In jedem Falle wird sich jetzt
Die Herrschaft der Wissenschaft. q55
Europa gewarnt fühlen, die Gelbe Rasse nicht mehr als einen wenig in
Betracht kommenden Posten in Rechnung zu stellen.
Ebenso unglückliche wie im östlichen Hinterasien, sind die Ereignisse
für Rußland in Vorderasien glückliche gewesen. Ist diese osteuropäische
Macht den Japanern gegenüber auf Widerstand gestoßen, so hat sie im
Gegensatze dazu den mohammedanischen Völkerschaften gegenüber bei
ihrem Vordringen nur Erfolge aufzuweisen.
Rußlands Eroberung der Welt des Islams in Asien nahm ihren An-
fang beim Kaukasus zwischen dem Kaspischen See und dem Schwarzen
Meere. Im Südosten Rußlands und Europas erhebt sich als Grenzwache
gegen Asien und die Asiatische Türkei dieses so steile Gebirge, dessen
Täler von urwüchsigen, noch halb wilden Völkerstämmen bewohnt werden,
bei denen ein höchst buntes Genüsch von Sprachen und Religionsbekennt-
nissen herrscht. Es bedurfte zu ihrer Unterwerfung über sechzig Jahre
(1800 — 1860). Gegenwärtig sind diese kaukasischen Gegenden, wenn auch
vielleicht nur vorübergehend, endlich in friedlichen und ruhigen Zuständen.
Sie werden von nahezu neun Millionen Menschen bewohnt, die die russische
Herrschaft nunmehr ohne Widerstand anzunehmen scheinen.
Südlich vom Kaukasus liegt Armenien, ein nicht recht scharf umgrenztes
Gebiet, das im Norden vom Schwarzen Meer abgeschlossen und von einer
christlichen Bevölkerung bewohnt wird. Die Armenier haben nicht nur
ihre eigene Kirche, eine der römisch-katholischen nahestehende, sondern
auch ihre eigene Sprache, die, obschon von uralter semitischer Herkunft,
gleichwohl ihre ursprüngliche Reinheit bewahrt hat. Religion, Sprache,
Geschichte, Sitten, Literatur, all das zusammengenommen genügt walir-
hafiig vollauf, um ein selbständiges Volkstum auszumachen. Doch, wie-
wohl die drei Millionen Armenier volles Anrecht darauf haben, ein eigent-
liches Volk zu bilden, ist es ihnen doch nie g'elungen, einen unabhängigen
Staat zu gründen. Sie schwanken immer zwischen zwei Despotien hin
und her, nämlich der Rußlands und der der Türkei, die sich beide in
die Herrschaft über sie teilen und nur über eines jeden Anteil an derselben
dauernd im Streite liegen. Die Türkei geht von Zeit zu Zeit mit Massen-
schlächtereien gegen die unglückliche Bevölkerung vor, Rußland mit der
unerbittlichen Härte willkürlicher Verwaltungsmaßregeln; die europäischen
Regierungen aber schauen dem Elend Armeniens ruhig zu, ohne auch nur
irgendwelchen Einspruch zu erheben, ja, ohne auch nur ein einziges Mal
ihrer Entrüstung Ausdruck zu geben. Übrigens büßt die türkische Re-
11*
456 Siebentes Buch.
gierung, die ebenso schwach wie unheilvoll ist, immer mehr von ihrem
Einfluß ein, so daß das Schwarze Meer sich von Tag zu Tag sichtbarer
zu einem russischen Binnengewässer entwickelt.
Mit dem Kaspischen See und dem Aralsee steht es nicht anders, hat doch
Rußland im Laufe der Zeit ganz Afghanistan und Persien mit seinen In-
genieuren, Kaufleuten imd Soldaten überschwemmt. Zunächst eroberte
es die beiden Staaten Khiwa und Buchara (1840 — 1873), womit es einen
Gebietszuwachs von dreiundeinerhalben Million Quadratkilometer — was
einer siebenmal so großen Fläche wie ganz Frankreich entspricht — mit
sieben Millionen Bewohnern erhalten hat. Es sind das dürre und heiße
Landstriche, die ebenso unfreundlich sind, wie die sie einnehmenden Völker-
schaften, die wenig zivilisiert, händelsüchtig und räuberisch sind und
vor allem mit einer wahrhaft wilden Glaubenswut der Religion des Islam
angehören.
Je mehr sich nun die russische Macht nach Süden ausbreitete, um so
heftiger stieß sie mit der englischen zusammen, die sich in derselben Zeit
umgekehrt immer mehr über das Himalajagebirge hinweg nach Norden
ausdehnte.
Schon im Jahre 1837 suchten die Engländer Afghanistan zu unterwerfen
und als Eroberer in jene Bergtäler einzuziehen, die von den Hochebenen
des Himalaja nach Nordwesten abfallen. Aber unter allen diesen so krie-
gerischen asiatischen Völkerschaften sind wohl die Afghanen die aller-
kriegerischsten, und so gelang es ihnen, das kleine englische Heer voll-
kommen zu Boden zu werfen (1842), Ohne sich durch dieses Mißgeschick
entmutigen zu lassen, kamen die Engländer noch einmal in genügender
Stärke wieder und rückten nun in die Hauptstadt von Afghanistan, Kabul,
ein. Aber aus Besorgnis vor einem blutigen und kostspieligen Kriege be-
gnügten sie sich hierauf damit, ein Bündnis zu schließen, anstatt eine
Schutzherrschaft einzurichten. Das Bündnis dauerte, so gut es eben ging,
bis zum Jahre 1884. Als die Engländer nun den Einfluß der Russen auf die
afghanischen Häuptlinge in Kabul selbst immer mehr im Steigen begriffen
sahen, begannen sie sich allmählich zu beunruhigen. Es wurde ein englischer
Einschüchterungsfeldzug unternommen, durch den es auch wirklich ge-
lang, den Russenschützling Emir Scher Ali aus Kabul zu vertreiben (1878).
Bis zum Jahre 1884 blieben nun noch die englischen und russischen Be-
ziehungen sehr gespannt, und es schien jeden Augenblick der Krieg
hereinbrechen zu wollen. Da kam zu Kabul ein Vertrag zustande. Die
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^7
Russen, die Merw (1884) und Pendscheh (1885) besetzt hatten, be-
hielten diese beiden Städte, während die Engländer mit der Schutz-
herrschaft über das ganze übrige Afghanistan betraut wurden und
so dadurch, daß ihnen nun auch noch die in das Hochland von
Afghanistan führenden nördlichen Ausläufer des Himalaja, ein Teil
von Pamir, zufielen, den natürlichen Abschluß für ihren indischen Besitz
erlangten. Die endgültige Grenzregelung zwischen dem russischen Tur-
kestaii und dem englischen Afghanistan wurde einem gemischten Aus-
schuß übertragen, der seine Aufgabe bis zum Jahre 1895 zu erledigen
hatte. Afghanistan mit seinen fünf Millionen Bewohnern bewahrte zwar
dem Namen nach seine staatliche Unabhängigkeit, wurde ihm doch sein
Herrscher, sein Heer und sein Staatshaushalt vollkommen, wie bisher,
belassen, aber in Wirklichkeit wurde es der englischen Regierung unter-
stellt, die ihm eine regelmäßige Jahresbeisteuer zu entrichten hatte.
So sollte die russische Durchdringung Asiens, nachdem sie im Nord-
osten bei Japan einen Widerstand gefunden hatte, im Süden vor England
haltmachen müssen. Heute stehen sich auf dem Hochlande von Pamir,
dem Dache der Welt, drei gewaltige Völker gegenüber: China, Rußland
und England.
Der einzige Staat Mittelasiens, der noch einen Schein von Selbstän-
digkeit bewahrt hat, ist Persien. Die Geschichte Persiens war einst ruhm-
voll. Noch im 18. Jahrhundert hatte sie, wenn sie auch bereits damals ihres
alten Glanzes verlustig gegangen und auch nicht mehr so, wie einst, reich
an Dichtern, Gelehrten und Geschichtschreibern war, unter dem Schah
Nadin eine Art Wiedergeburt ihres einstigen Ruhmes. Aber mit dem Tode
dieses Eroberers (1747) fiel das Persische Reich wieder auseinander, mach-
ten sich doch Belutschistan und Afghanistan selbständig.
Später mußte Persien noch die verschiedensten Kriege über sich ergehen
lassen, in denen es der Reihe nach mit den Türken, den Russen und den
mit den Engländern verbündeten Afghanen zu kämpfen hatte. Alle diese
Kämpfe waren unglücklich, und das Ansehen des Schah schwand immer
mehr. Im gegenwärtigen Augenblick ist Persien, obschon dem Namen
nach unabhängig, doch in Wahrheit unter dem völligen Einflüsse, ja ge-
radezu unter der Schutzherrschaft Rußlands, ein Schicksal, mit dem sich
die Engländer merkwürdigerweise so ziemlich abgefunden zu haben
scheinen. f
* *
458 Siebentes Buch.
Der alleräußerste Westen Asiens untersteht der Regierung des Sultans
in Konstantinopel; es ist die Asiatische Türkei mit achtzehn Millionen
Bewohnern. Vergebens sucht man in ihrer Geschichte schon lange etwas
Bemerkenswertes. Frankreich, England, Rußland und seit 1871 auch
Deutschland haben sich sämtlich bemüht, in den dortigen durch dauernde
religiöse Feindseligkeiten zerrissenen Bevölkerungskreisen (Moslems, rö-
mische Christen, orthodoxe Christen, Juden, Armenier) heimischen Handel
und Gewerbe auszubreiten. In Syrien ist der Jahrhunderte alte französisclie
Einfluß noch immer herrschend. Anderseits haben die Deutschen die
Anlage einer Eisenbahn von Bagdad nach Smyrna oder mit andern Worten
vom Persischen Meerbusen bis zur Straße von Konstantinopel in die Wege
geleitet. Es wird das die schnellste Verbindung zur Vermittlung des ge-
samten Verkehrs zwischen Mitteleuropa und Indien sein.
Dessenungeachtet zählen in Asien eigentlich nur zwei europäische Völker :
die Russen und die Engländer.
Die Macht der Engländer ist eine ganz gewaltige. Sie besitzen Indien,
dessen Reichtum in bezug auf seine Bevölkerungszahl, die Fruchtbarkeit
seines Bodens, die Ausdehnung seines Gebiets (fünf Millionen Quadrat-
kilometer) und die seit Hunderten von Geschlechtern dort angehäuften
Schätze erstaunenswert ist. Wie ein Wunder wirkt es, die unbedingte
Untertänigkeit dieser Riesen Völker (dreihundert Millionen Seelen) zu be-
obachten, noch dazu, wenn man bedenkt, daß sie nur auf einem englischen
Heere von der winzigen Stärke von fünfundsiebzigtausend Mann beruht.
Man sieht: nicht die physische, sondern die sittüche Macht regiert die
Weit^ "'" -<™--~-^;-^-^«— — - — ,
Aber auch den Nachbarvölkern Indiens wollen die Engländer ihre Un-
abhängigkeit nicht lassen. Sie dehnen ihren Einfluß nach Norden auf
Belutschistan und Afghanistan aus, im Osten haben sie Birma an sich
gerissen, eines der fruchtbarsten Länder Hinterindiens mit acht Millionen
Bewohnern (1885). Seit 1815 behaupten sie die Halbinsel Malakka; seit
18 19 haben sie auch die südUch davon gelegene Insel Singapur in Besitz
mit der gleichnamigen Hauptstadt, die die reichste unter allen Hafen-
städten Indiens und eine große fast ausschließlich chinesische Handels-
stadt ist, die auf dem Seewege nach Australien und China liegt. In Asien
wie in Afrika haben die Engländer stets die fettesten Stücke für sich zu
nehmen verstanden.
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^•^Q
Aber es ist das auch stets zum Besten der unterworfenen Völker gewesen.
Wie die Römer in die Barbarenwelt Ordnung und Frieden gebracht haben,
so haben es auch die Engländer in das von Hungersnöten, Seuchen, Krie-
gen, Erpressungen, Elend aller Art heimgesuchte Indien. Der britische
Friede ist hier ebenso wohltätig wie einst der römische in dem alten Welt-
reiche gewesen. - .
Gleichwohl ist auch dieser Riesenbau gebrechlich. Gerade seine Größe
bildet seine Gefahr. Die indische Bevölkerung zeigt unter dem Schutze
der englischen Verwaltung ein schnelles Wachstum. Ohne wenigstens vor-
läufig noch den Europäern offen feindselig zu sein, hält sie sich doch
jedenfalls beiseite und mischt sich mit ihnen nicht. Sollte sie sich erst
einmal der Kraft bewußt werden, die ihr ihre unermeßliche Größe verleiht,
dann wird sie das fremde Joch schnell abgeschüttelt haben. Eroberungen
können sich in diesem ihrem ursprünglichen Zustande, d. h. mit unter-
worfenen Volksmassen auf der einen und herrschenden auf der andern
Seite, mehrere Jahrhunderte hintereinander durch nichts anderes als ent-
weder durch die völlige Ausrottung der Eingel^orenen oder durch ihre
langsame Vermischung mit den Siegern halten. Nun sind in Indien beide
Eosüngen gleichwenig möglich, vmd das ist es, was die Zukunft des eng-
lisch-indischen Reiches so unsicher macht.
Der größte Teil von Hinterindien ist gegenwärtig Frankreich Untertan.
Die französische Besitzergreifung geht bis auf das Jahr 1858 zurück.
Sie hat sich allmählich über die ganze Halbinsel ausgedehnt, weniger viel-
leicht durch das überlegte ehrgeizige Streben der Franzosen, als durch jenes
unentrinnbare Schicksal in jedweder erst einmal eingeschlagenen Kolonial-
politik, das zur Behauptung einer erst einmal gewonnenen von feindlichen
Völkern umgebenen Besitzung eine immer weitere Ausdehnung in die be-
nachbarten Gebiete hinein und eine immer weitere Vorschiebung der
Grenzen verlangt. Im Anfange war ausschließlich von Saigun die Rede
gewesen, das dann auch besetzt wurde (1858), aber schon wenige Jahre
später kam Kambodscha heran (1863), dann Cochinchina und das Mekong-
deha (1867) und schließlich auch noch Tonkin (1874).
Die zunächst nur vorläufige Besetzung Tonkins vom Jahre 1874 war
erst im Jahre 1884 abgeschlossen, führte aber zu einem Kriege mit China,
der recht ernst war. Schließlich mußten dank der Teilnahmt der von
Admiral Courbet wunderbar geleiteten Flotte Chinesen wie Anamiten die
Waffen strecken. Frankreich wurde unumschränkter Herr von Tonkin
i:|6o Siebentes Buch.
und Cochinchina, die nun französische Kolonien wurden, während Kam-
bodscha französisches Schutzgebiet geworden war.
Das gesamte hinterindische oder, wie es auch genannt wird, indo-
chinesische Kolonialreich Frankreichs wird von zwanzig Millionen den
Chinesen ähnlich sehenden Menschen der gelben Rasse bewohnt; es sind
friedliche Buddhisten, Fischer und Landwirte, die zwar nüchtern, sanft-
mütig und gefügig, aber faul und hinterlistig sind. Das Land ist reich,
aber der Gesundheit nicht recht zuträglich. Die Zukunft der französischen
Kolonialmacht in Hinterindien ist noch ungewisser als die der englischen
in Vorderindien; es ist doch wohl kaum wahrscheinlich, daß diese zwanzig
Millionen Menschen, die von gleicher Rasse, gleicher Religion und fast
gleicher Sprache wie die mit ihnen benachbarten vierhundert Millionen
Chinesen sind, sich die endgültige Unterwerfung unter einer kleinen
Schar von französischen Soldaten, Seeleuten und Verwaltungsbeamtsn,
lauter Ausländern, die für sie Barbaren sind, gefallen lassen.
Der einzige unabhängige Staat Hinterindiens ist Siam mit sechs Millionen
Einwohnern. Es ist dies ein Pufferstaat, der sich zwischen den französischen
und englischen Besitzungen einschiebt, in dem aber der ältere und beharr-
lichere englische Einfluß vorherrscht.
Die asiatische Großmacht ist China. Seine Geschichte und Zivilisation
gehen bis in das graueste Altertum zurück; das Riesenreich von zehn
Millionen Quadratkilometern wird von den verschiedensten Völkerschaften
bewohnt, doch die sind heute alle unter einer und derselben Herrschaft
geeinigt, sprechen die Mundarten einer und derselben höchst rohen flexions-
losen und agglutinierenden Sprache und bekennen sich zu einer und
derselben Reliigion^ einem entarteten, Jn_ imzählige Sekten zerrissenen
Buddhismus.
Der Buddhismus ist keineswegs in China entstanden, sondern wurde
vielmehr von einem Inder, dem jungen Königssohne Sakja-Moni, etwa
sechshundert Jahre vor Christi Geburt, begründet. Vor Sakja-Moni war die
Religion der Hindus ein wirrer, schwärmerischer, dunkler und verwickelter
Pantheismus, der Brahmanismus oder Brahmadienst. Gewisse heilige
Schriften, die Veden, lehrten eine märchenhafte Schöpfungsgeschichte, die
meist wunderlich verzerrt, aber auch stellenweise dichterisch, wie die der
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^ *
Griechen, und erhaben, wie die der Juden, war. Im Grunde aber gab diese
brahmanische Religion trotz einiger edler Sittenvorschriften nur ein kind-
liches Bild von der Welt.
Brahma, Jupiter, Jehovah sind die natürlichen Gestalten, unter denen
sich die Menschheit in ihrer Kindheit die ihr durch ihre Wirkungen
Furcht und Schrecken einflößenden Urkräfte des Weltalls vorgestellt hat.
Als der Mensch niui aber schärfer zu denken begann, gestaltete er jene
anfänglich noch so rohen Entwürfe nun erst richtig aus oder auch
vgllig neu. Einer dieser Neugestalter war Buddha.
Ganz wie Christus und wie Mohammed, hat auch Buddha die ver-
wickelten Götterlehren durch eine einfachere Religion ersetzt, deren wesent-
licher Kern die Sittlichkeitslehre ist. Ganz wie Christus und wie Moham-
med, hat auch er seiner Lehre die Welt erobeqrt. Buddhas Predigt ist
eines der größten Ereignisse der Menschheitsgeschichte.
Er wurde in Nepal, südlich vom Himalaja, geboren. Sein Vater v/ar
ein reicher und mächtiger König. In dem noch so völlig jugendlichen
Alter von achtzehn Jahren fühlte sich der Jüngling gegenüber allen
irdischen Gütern von Ekel ergriffen. Er verließ seinen Palast und zog
bettelnd von Stadt zu Stadt, die neue Lehre zu verkünden und das Gute
zu predigen.
Seine Jünger waren sogleich sehr zahlreich. Sie schlössen sich zu
religiösen Gemeinschaften zusammen, die kaum hundert Jahre nach
Buddhas Tode bereits über ganz Indien verbreitet waren *. Bald über-
schritt die neue Religion den Indus, um nun nach Hinterindien und
dann auch nach dem götzendienerischen China zu dringen. Die Er-
oberung der asiatischen Welt durch den Buddhismus ist ebenso rasch
vor sich gegangen, wie die der Welt um das Mittelländische Meer durch
den Islam; doch im Gegensatz zu dieser hat sie sich allein durch Über-
redung ausgebreitet und niemals mit Blut befleckt.
Buddhas Lehre ist vor allem Sittenlehre. Sie bringt nur wenige sitt-
liche Dogmen und setzt kaum irgendeinen rituellen Kult ein. Buddha
* Im dritten vorchristlichen Jahrhundert trat der Fürst der Pantscha und
König des gesamten Induslandes A^oka (Asoka) (259 — 222) feierlich zum Buddhis-
mus über, erhob diesen zur Staatsreligion, verpflanzte ihn nach Ceylon und zeichnete
sich als begeisterter Buddhist nun vor allem durch Großtaten auf sittlichem Gebiete
aus. Er setzte sich in einer noch heute vorbildlichen Weise für religiöse Duld-
samkeit wie für die Achtung jedes Lebens, auch das der Tiere, und ihren Schutz
ein (Max Victor Fraenkl-Berlir).
462 Siebentes Buch.
predigte Mitleid mit alleji leidenden Wesen * ; er befahl Verzicht auf alle
Freuden und Unterdrückung aller Begierden mit der Begründung, daß das
Ideal des Menschen das Nirwana, d. h. die Rückkehr zum Nichts sei.
Doch auch einer Religion haftet die Unbeständigkeit alles Mensch-
lichen an; auch sie muß sich beständig umgestalten und dem Geisteszustand
der sie ausübenden Völker anpassen. Nach China verpflanzt, ist denn auch
der Buddhismus in engherzigen Formeln untergegangen, wie sie dem kin-
dischen Geiste des Chinesen entsprechen. Hier hat diese ursprünglich so
reine Religion schon ihre Priester und ihre Pagoden, bei denen die
Gebete um so eher Gehör finden, je lächerlicher sie sind, aber gleich-
wohl auch sie noch keine Einheit irgendwelcher Art, keinen eigenen
Priesterstand in seinen verschiedenen Abstufungen, der sich nur irgend
mit dem der christlichen Kirchen vergleichen ließe, auch keinen irgend-
wie gearteten dogmatischen Unterricht, wie er in den Moscheen des
Islam betrieben wird. Es handelt sich bei dieser chinesischen Abart des
Buddhismus mehr um eine gewisse Betätigung religiösen Lebens in seinen
Anfangsstadien als um wahrhaft echte Religion.
In bezug auf ihre Sittenlehre begnügen sich die Chinesen, mögen sie
Buddhisten sein oder auch keine, mit der Annahme der im übrigen sehr
edlen Anschauungen ihrer beiden großen Weltweisen Kung-fu-tse (Con-
fucius) und Lao-tse.
Ihre gesamte Religionspflege gründet sich auf den Totenkult. Sie glauben
an böse oder gute Geister und entnehmen diesem Glauben in etwas wirrer
Weise den Gedanken an eine Wiederauferstehung. So ist die große Sorge
eines jeden Chinesen sein ganzes Leben lang, daß er bloß nach seinem
Tode neben seinen Ahnen beerdigt werde.
I Der Familienvater gilt heilig. Er hat seinen Kindern gegenüber Recht
[über Leben und Tod. Die Hauptpflicht eines jeden besteht darin, dem
I Willen seines Vaters zu gehorchen und sein Grab zu ehren.
' Die Chinesen sind alles: Bauern, Landarbeiter, Fischer, Kaufleute, ja
selbst bisweilen Wucherer, aber sie haben eine unüberwindliche Abneigung
für alle militärischen Dinge. Das schließt aber keineswegs aus, daß sie
von einer hohen Todesverachtung, ja sogar von einer beinahe völligen
* B. ging so weit, daß er auch keinem Tiere aus irgendwelchen Nützlichkeits-
^ründen ein Leid zuzufügen erlaubte. „Man soll nicht töten noch irgendein
lebendes Wesen töten lassen noch es billigen, wenn andere eins töten, sondern man
soll sich enthalten, dem Wesen ein Leid anzutun, sowohl denen, die stark sind,
als denen, die in der Welt zittern." Satz aus dem Ihammikasutta des Suttanipata
(Max Victor Fraenkl-Berlin).
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^63
Unempfindlichkeit gegen körperliche Schmerzen sind. Stets von kriege-
rischen und habgierigen Nachbarn umgeben, haben sie sich gegen Ein-
fälle und Plünderungszüge zu verteidigen weder vermocht noch auch ver-
standen. Sicher ist nichts schöner als ein friedlicher Sinn, aber bei alledem
müssen doch auch die friedliebendsten Völker sich immer so viel Kraft
erhalten, um nicht andern räuberischen Völkern eine Beute zu werden.
Das Los der chinesischen Volksklassen ist also stets ein ziemlich be-
drängtes gewesen, haben sie doch nicht sö zu rüsten gewußt, daß sie sich
gegen die feindlichen Überfälle der Mongolen, Tataren * und Turkomanen
hinlänglich zu schützen vermochten; sie haben nur durch ihren Kinder-
reichtum ihr Dasein behauptet, aber beständig in höchst elender Knecht-
schaft geschmachtet.
Aber bei all der Unsicherheit ihrer Schicksale haben die Chinesen es
gleichwohl verstanden, ein wenig die Wissenschaft und auch besonders
die Künste zu pflegen, Ackerbau und Handel zu fördern und einige
nützliche Kleinigkeiten im Gebiete des praktischen Alltagslebens zu er-
finden. Sie sind nüchtern, arbeitsam, ausdauernd, — und, wenn sie keinen
besonderen Entdeckungsgeist haben, so verfügen sie doch jedenfalls
über einen reichen Nachahmungssinn. Ebenso unfähig, wie sie für jeden
Fortschritt sind, sind sie einem solchen auch keineswegs geneigt, hul-
digen nelmehi der Überzeugung, daß jede Veränderung verhängnisvoll
sei. Sie bemühen sich also, die Überlieferungen der Ahnen eines jeden
einzelnen wie auch des gesamten Volkes unverändert weiterzugeben, da
sie sich außerhalb derselben kein Heil denken können. Sie haben sich
lange eingebildet, daß jede Berührung mit den Ausländern zugleich
ehrenrührig und verderblich sei, könnten doch die fremden Teufel nur
verkehrte oder unsittliche Vorstellungen ins Land bringen.
Bis zum Jahre 1840 hatten die Chinesen den Europäern alle ihre Häfen
verschiösseh7T)le von ihren Ahnen zum Schutze gegen den Ansturm der
Tataren erbaute Große Mauer ist als ein ihren Geisteszustand so recht
anschaulich kennzeichnendes Sinnbild stehen geblieben. Es ist eine Schranke
gegen ein etwaiges Eindringen von Kriegern wie Ideen aus dem Auslande.
Die Achtung vor dem Alten wie der Abscheu vor dem Neuein bilden das
eigentümliche Merkmal chinesischen Geistes.
Die Chinesen haben, wie es scheint, schon seit unvordenklichen Zeiten
eine Art Buchdruckerkunst mit beweglichen Lettern getrieben; doch ihre
* Anm. des Herausgebers: Fälschlich Tartaren mit mißverständlicher Anlehnung
an den Tartarus, die Unterwelt, benannt.
464 Siebentes Buch.
^
Sprache wie ihre Schrift eignen sich wenig zur Verbreitung und gemein-
verständlichen Behandlung naturwissenschaftlicher Forschungen oder auch
der Geisteswissenschaften. Die Schrift ist namentlich so verworren, daß,
um es in ihr zu einer gewissen Meisterschaft zu bringen, fast ein ganzes
Leben erforderlich ist. Für die Wertschätzung eines Chinesen bietet den
besten Maßstab die Schönheit seiner Schrift. Die Prüfungen, die er in
ununterbrochener Folge nacheinander bestehen muß, um die Mandarinen-
würde zu erlangen und noch höhere gesellschaftliche Stellungen zu erwarten,
hängen sämtlich im wesentlichen von den mehr oder weniger geschmack-
vollen und verfeinerten Formen ab, in denen der Haarpinsel des Kan-
didaten den Vorstellungen seines Geistes die äußere Form zu geben weiß.
Die Chinesen besitzen seit langen Jahrhunderten eine reiche an ge-
schichtlichen, für die Bühne bestimmten, philosophischen, medizinischen,
dichterischen Werken fruchtbare Literatur. Allein das Abendland hat sich
nur selten an ihr Studium herangewagt. Man hat hier, vielleicht mit Un-
recht, vorausgesetzt, daß dieser unheimliche Wust von Urkunden von
keiner besonderen Bedeutung sei. Wie dem auch sein mag, der Einfluß
des chinesischen Geisteslebens auf das europäische, ebenso wie der um-
gekehrte, ist jedenfalls völlig belanglos gewesen!
Auch auf kunstgewerblichem Gebiete haben die Chinesen einiges ge-
leistet, besonders in der Weberei schöner Seidenstoffe, ist doch die Seiden-
wirkerei eine ihrer glänzendsten nationalen Industrien. Diese Stoffe nun
haben sie mit den prächtigsten Mustern geziert und ebenso mit einer
bei ihnen sonst unbekannten Emsigkeit Vasen angefertigt, die nicht des
Reizes einer gewissen Schönheit entbehren.
Die chinesische Zivilisation, die, ohne uns zu kennen oder uns bekannt
zu werden, sich so ohne allen Zusammenhang mit uns entwickelt hat, hat
es freilich nicht zu den modernen Wissenschaften gebracht. All die ganze
unermeßliche Anstrengimg jener Millionen und aber Millionen von Men-
schen ist also alles in allem ziemlich vergeblich gewesen; denn, was die
Größe und Kraft der Menschheit ausmacht, ist doch die moderne Wissen-
schaft, d. h. eine immer mehr zunehmende Bekanntschaft mit der uns
umgebenden Welt der Wunder der Natur. Der Mensch wird doch nicht
mit Fächern, Porzellangefäßen oder Pagoden die Höhen der Kultur er-
reichen, die er erstreben solll
Wenn sich aber die chinesische Kultur so wesentlich von der europä-
ischen unterscheidet, so ist das etwa nicht nur, weil die Chinesen die Be-
kanntschaft mit unseren Fortschritten abgelehnt haben, sondern augen-
scheinlich ebenso deshalb, weil auch ihre Rasse eine von der unserigen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^^
völlig abweichende ist. Sie haben die gelbe Haut, die schwarzen eng-
geschlilzten Augen, die plattgedrückte Nase, die ziemlich niedrige und
zurücktretende Stirn, die dichten und struppigen schwarzen Haare und
den spärlichen Bart ihrer Rasse und sind so ganz verschieden von den
Angehörigen der weißen. Wenn es mithin erlaubt ist, aus den Ergebnissen
ihrer Zivilisation im Vergleich mit denen der unserigen einen Schluß zu
ziehen, so darf man wohl behaupten, daß die Chinesen der weißen Rasse
gegenüber minderwertig sind.
Wenn auch stets nur von kleinem Wüchse, so sind sie doch im allge-
meinen kräftig, geschickt, widerstandsfähig und derart, daß sie alle nur
erdenklichen Anstrengimgen und Unbilden der Witterung ohne Klagen
auf sich nehmen. Nüchtern, mäßig imd sparsam, wie sie sind, begnügen
sie sich mit sehr niedrigen Löhnen, wandern aber, da sie infolge ihres
außerordentlichen Kinderreichtums im eigenen Lande gar zu eng bei-
einander wohnen müssen, in ungeheuren Massen aus, um nunmehr mit
den europäischen Arbeitern, die bedeutend höhere Löhne fordern, in be-
denklichen Wettbewerb zu treten. Daher ist denn auch in gewissen Län-
dern die chinesische Einwanderung verboten, z. B. in Kalifornien und
Australien. Wer kann wissen, ob nicht einmal in absehbarer Zeit die Ab-
sperrung chinesischer Arbeit von Ländern außerhalb Chinas eines dar
gewichtigsten volkswirtschaftlichen Probleme werden wird?
Nach den Eroberungszügen der Mongolen mußte China die der Tatarsn
über sich ergehen lassen. Mongolen wie Tataren waren Mitglieder der
gelben Rasse gleich den Chinesen selbst. Doch die Mongolen und Tataren,
die im Gebirge lebten, waren Krieger geworden, während die Chinesen,
die die Ebenen bewohnten, niu" friedliche Ackerbauer waren. Nun sind
aber die ackerbautreibenden Völkerschaften nur gar zu oft dazu bestimmt,
von den ärmeren und rauheren, mehr kriegerischen Bevölkerungen über
wältigt zu werden.
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts stürzte der Anführer dieser man-
dschurischen Tataren die altehrwürdige chinesische Mingdynastie. Seinen
Nachfolgern gelang es nur schwer, Empörungen zu unterdrücken, doch
glückte es ihnen, die Nachbargebiete Chinas, nämlich Turkestan, die
Mongolei und Tibet, zu erobern. Kao-tsung (1735 — 1796), mit seinem Re-
gierimgsnamen Khien-lung, der vierte König der Mandschudynastie, konnte
endlich über ein gewaltiges Reich als unumschränkter Friedensherrscher
gebieten. Er ließ sich nahezu göttliche Ehren zuerkennen, erklärte sich
als den Sohn des Himmels imd den Gesandten der „unzivilisierten" aus-
466 Siebentes Buch.
M-^
wärt igen Herrscher dermaßen überlegen, daß keiner von ihnen Zutritt
zu ihm bekam.
Es war damals die Zeit der großen napoleonischen Feldzüge, und Europa
dachte wahrlich an andere Dinge als an den Verkehr mit China. Doch
mit dem Jahre 1815 änderten sich die Dinge. China hatte nur einen ein-
zigen Hafen, der dem europäischen Verkehre geöffnet war, nämlich
Kanton, neben Macao, dem Freihafen der Portugiesen, die hier bereits
seit zwei Jahrhunderten Handel trieben. Um 1820 gelang es den Eng-
ländern, die die Erben der portugiesischen See- und Handelsmacht ge-
worden waren, in dem letztgenannten europäischen Freihafen das Opium
Indiens an die Chinesen verkaufen zu dürfen. Bald verbreitete sich die
Sitte des Opiumrauchens in China. Der Sohn des Himmels verbot den
"^ Opiumhandel, wozu er vollkommen berechtigt war, doch wollte er auch
die Engländer köpfen lassen, die Opium verkauft hatten, und das war*
schon viel weniger klug von ihm. Es folgte zwischen China und England
ein regelrechter Krieg, der nicht weniger als zwei Jahre dauerte (1840
bis 1842). Die englische Flotte drang in den Jang-tse-kiang ein, und so
mußte sich der Kaiser von China trotz seines Stolzes in die Abtretung
der Insel Hong-kong an England sowie die Öffnung einiger Häfen für
den Auslandshandel fügen; es waren dies außer Kanton die Häfen Amoy,
Ning-po, Fu-tschou-fu und Schang-hai (Friedensschluß zu Nan-king vom
29. August 1842). "^ ~'
- Es ist wenig rühmlich für die europäische Gesittung, daß sie sich in
China mit dem Opium eingeführt hat. Die Unglücklichen, die sich diesem
Laster hingeben, sinken rasch in den Zustand tierischer Verrohung herab;
sie verlieren alle Kraft und allen Verstand und richten ihre Gedanken
ausschließlich darauf, sich immer wieder jenem verhängnisvollen Genüsse
des Rauchens hinzugeben, bei dem sie die harte Wirklichkeit vergessen
und sich in die schönsten Träume wiegen, um schließlich der Entartung
.'j und dem Tode zu verfallen. Wenn Europa seine Alkoholkrankheit hat,
I hat China seine Opiumkrankheit, die ihm Europa als ein Begrüßungs-
I geschenk, eine Art Mitbringsel gebracht hat.
' ' Doch das Ansehen der Kaiser der Mandschudynastie wurde immer
schwankender. Von allen Seiten strömten die Unzufriedenen herbei. Diebe
und Raubgesellen beunruhigten alle Provinzen. Der Herrscher vermochte
nicht mehr die Ordnung aufrechtzuerhalten und die Empörungen nieder-
zuwerfen. Die schon lange zusammengetretenen geheimen Genossenschaften
der Tai-ping warfen sich nun zu Herren von ganz Südchina auf, um die
europäischen Kaufleute aufs höchste zu belästigen; Frankreich und Eng-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^7
land traten dazwischen (1857). Doch richtig begann erst im Jahre 1860
der Krieg. Die vereinigten Truppen der Franzosen und Engländer rückten
nun bis Pe-king vor. Der Sommerpalast, die Kaiserliche Residenz, wurde
gebrandschatzt und geplündert (18. Oktober 1860). Rohe Wieder Vergeltung
wurde mit einem von den Chinesen begangenen treulosen Mordanschlag
verübt. Sie brachten von den als Unterhändler geschickten Europäern nicht
weniger als zwanzig unter gräßlichen Foltern um.
Durch den Friedensvertrag zu Pe-king (24. Oktober 1860) öffnete sich
nun endlich China dem Abendland ein wenig; die fremden Regierungen
bekamen das Recht, sich bei dem Hofe zu Pe-king durch bevollmächtigte
Geschäftsträger vertreten zu lassen.
Durch diesen Krieg, durch den China so recht seine entsetzliche
Schwäche zeigte, wurde die Ländergier der Fremden nur noch immer
stärker.
Bald sollten von Norden her die Russen um die Mandschurei herum,
von Süden die Franzosen um Hinterindien und — am bedrohlichsten von
allen — von Osten die Japaner mit der Aufteilung Chinas beginnan.
Japan ist in dreifacher Beziehung, geographisch, ethnographisch wie
historisch, in seinem Ursprung und noch lange darüber hinaus nur im
Zusammenhange mit China zu verstehen. Allmählich jedoch sind die
Sitten auf dem japanischen Insel- und die auf dem chinesischen Fest-
lande immer mehr auseinandergegangen. China blieb im wesentlichen
demokratisch, während Japan einer eifersüchtig an ihren Vorrechten
hängenden und adelsstolzen Aristokratie untertänig wurde, deren Mitglieder
den Namen Daimio * führten. Bis zur Revolution im Jahre 1868 war die
Regierungsform eine alsolute Monarchie. Der Mikado, der sich in seinem
Palast eingeschlossen hielt und ein ebenso beglaubigter Sohn des Himmels
wie der Kaiser von China war, begnügte sich mit der Stellung! einer
Art unsichtbaren und unfehlbaren Priesters, der alle wirklichen Macht-
befugnisse dem Sei i tai shogun (kurz Shogun genannt) überließ, seinem
Kronfeldherrn, der mit dem Ehrentitel Tai-kun (= Großer Herr) als ein
Majordomus oder Hausmeier, wie ihn einst die fränkischen Könige über
sich gekannt hatten, und als der Oberfeldherr sämtlicher Heere im Grunde
der eigentliche unumschränkte Herrscher war, der die Geschicke des
Landes leitete.
Hieraus erwuchs eine Kette fortgesetzter Eifersüchteleien, die immer
* Anm. des Herausgebers: Drei- bzw. viersilbig zu sprechen, „Reichsvasallen,
Vasallenfürsten", buchstäblich „Großer Name".
468 Siebentes Buch.
nur befriedigt wurden, um gleich wieder von neuem zu erstehen. Sie
schlugen zur hellen Flamme empor in einer Zeit, wo bereits die Europäer
deutlich ihre Absicht bekundeten, in Japan einzudringen (1864). So
konnte sich damals zu einer und derselben Zeit ein Bürgerkrieg und ein
Krieg mit dem Ausland abspielen. Ein aus amerikanischen, englischen,
französischen und holländischen Schiffen bestehendes Geschwader schoß
nun die Festungswerke von Simonoseki in Trümmer. Japan mußte den
Fremden seine Häfen öffnen (1865). Drei Jahre später machten die
Japaner, die mittlerweile einsehen gelernt hatten, daß das Zwiespältige der
zwischen Mikado und Shogun geteilten Macht ein unheilbares Maß von
Schwäche in seinem Wesen bärge, die große Revolution, die eine Um-
wälzung in ganz Ostasien hervorrief. Der Shogun dankte ab, und
alleiniger Herr wurde der Mikado Mutsu-hito (1868 — 191 2).
Seit jenem Augenblicke machten sich die Japaner mit fieberhaftem
Eifer mit den Sitten und Erfindungen der Europäer vertraut. Sie nahmen
ihre Bräuche und Gesetze an mit Ausdehnung ihrer revolutionären Um-
gestaltung auf die sämtlichen Einrichtungen des gesellschaftlichen Lebens,
aber mit einem besonderen Aufwand ihrer Kräfte für militärische Dinge;
sie verschrieben sich Panzerschiffe aus England, Geschütze, Flinten und
Offiziere aus Deutschland, Gesetzgeber aus Frankreich, Ingenieure aus
den Vereinigten Staaten. Mehr als tausend Jahre alte ehrwürdige Sitten
fielen mit den altersgrauen Einrichtungen, aus denen sie emporgewachsen
waren. Im Jahre 1871 wurden die Vorrechte des Adels aufgehoben und
im Jahre 1889 ein parlamentarisches Zweikammersystem eingeführt. Für
das Militär herrscht die allgemeine Dienstpflicht. Ein dem französischen
C<yde civil entsprechendes Bürgerliches Gesetzbuch wurde veröffentlicht
(1892). Laboratorien wurden erbaut und Universitäten begründet, die
geschätzte wissenschaftliche Fachzeitschriften herausgeben. Gleichwohl
haben es die Japaner noch nicht über sich gebracht, ihre so barbarische
Schrift mit ihrem nicht weniger barbarischen Alphabet, die beide ein so
grausames Hindernis für jeden gesunden Fortschritt bilden, ein für
allemal aufzuheben.
Nichts ist merkwürdiger als diese so jähe und gründliche Umgestaltung,
und doch hat sich diese, wenn auch nicht ohne jeden Widerstand, so doch
ohne irgendwelche heftigeren Zuckungen vollzogen. Alle Klassen der Be-
völkerung haben dabei denselben Eifer aufgebracht. Es gibt kaum
einen zweiten so ergreifenden Fall in der Geschichte irgendeines Volkes,
wie diesen, als Beweis dafür, daß der Wille einiger weniger tatkräftiger
Menschen den Lauf der Ereignisse aus einer Bahn bringen kann, die
Die Herrschaft der Wissenschaft. 4^9
bisher unverrückbar und vom Schicksal unabänderlich vorgeschrieben
schien.
Dank dem gewaltigen Ausbau ihres Heeres haben die Japaner auch im
Jahre 1895 ^^^ Chinesen und im Jahre 1905 die Russen vollkommen zu
besiegen vermocht.
Sie gingen aus den beiden Kriegen als unbestrittene Sieger hervor und
benutzten diese ihre Siege, um die Grenzen ihres altehrwürdigen Insel-
reiches so weit auszudehnen, wie sje sich bisher noch niemals seit unvor-
denklichen Zeiten erstreckt hatten. Von China nahmen sie die Insel For-
mosa, die Gruppe der Pong-hu (Pescadores oder Fischerinseln) und einen
Teil der Mandschurei; Korea wurde unabhängig erklärt. Soweit die Er-
gebnisse des Friedensvertrages zu Simonoseki vom 17. April 1895.
Aus dem Kriege mit Rußland vom Jahre 1905 erwuchsen ihnen noch
größere Vorteile, derart, daß im gegenwärtigen Augenblicke die Japaner
mit ihrem kriegsgewohnten Heer und ihrer blühenden Flotte als unum-
schränkte Gebieter Koreas und der Mandschurei vor allen anderen Völ-
kern dazu angetan scheinen, China ihre Herrschaft auferlegen zu sollen.
In welcher Gestalt? Niemand kann das vorauswissen! Jedenfalls ent-
weder in der Gestalt eines läuternden sittlichen oder in der eines sich
durchsetzenden Verwaltungseinflusses.
Im Jahre 191 2 befreite sich China endlich von seinen erbärmlichen
Kaisern, den schwächlichen Erben jener einst so stolzen Eroberer der
Mandschudynastie, und wurde, wenigstens seiner äußeren Regierungsform
nach, eine Republik. ' Doch war dies nur ein leeres Wort, hatte sich doch
in der Sache nichts geändert. Es sind noch immer so wesentliche Reformen
nötig, um den verschiedenen unzähligen, unter sich gespaltenen, so un-
kultivierten und unkriegerischen chinesischen Volksstämmen ein gewisses
Maß von innerem Zusammenhange zu geben, daß den Japanern mit
ihren so vervollkommneten Einrichtungen und ihrer so straffen Leitung
durch die tatkräftigsten Führer die Unterwerfimg der Chinesen jetzt keine
besondere Mühe machen würde.
Doch Chinas Eroberung durch Japan würde weit weniger eine Gefahr für
Europa bilden als das beiderseitige Bündnis derselben. Vierzig Jahre haben
genügt, daß Japan durch Annahme der europäischen Fortschritte eine
furchtbare Macht geworden ist. Die Chinesen, die von Hause aus nicht
weniger befähigt als ihre Brüder, die Japaner, sind, werden unter gleichen
Umständen dasselbe vermögen, und dann werden, wenn beide die von uns
gar nicht genug zu fürchtende Weisheit haben, sich von jetzt an, anstatt
sich einander zu bekämpfen, lieber zu vereinen, sie zusammen eine riesige
12 Riebet, Geschichte der Menschheit. II.
i^yo Siebentes Buch.
feindliche Masse bilden, gegen die Europa nichts vermögen wird, wenigstens
solange es unter sich gespalten ist.
Wie es aber auch mit den Geschicken der Welt bestellt sein mag, die in
der Zukunft dunklem Schöße verborgen liegen, es wird sich zunächst wohl
nur auf einen Widerstand gegen die Völkerschaften der Gelben Rasse von
Seiten der Russen und ihrer nächsten Nachbarn, der Engländer, rechnen
lassen.
In Amerika nahm die Republik der Vereinigten Staaten einen immer
größeren Umfang an, und stieg ihr Reichtum zu ganz ungeahnten Höhen.
Das Wachstum der Bevölkerungsziffer war ein ganz riesiges; es betrug
in Milüonen gerechnet: achtimdzwanzig im Jahre 1860, fünfunddreißig
im Jahre 1870, sechsundsiebzig im Jahre 1900, zweiundneunzig im Jahre
191 o, also voraussichtlich hundert Millionen im Jahre 191 5.
Doch, wie es scheint, fühlen sich die Amerikaner trotz der Ausdehnung
des von ihnen bewohnten Gebietes und ihrer verhältnismäßig noch immer
schwachen Volksdichtigkeit in ihrem Lande gleichwohl beengt und haben
deshalb ihr unermeßliches Reich schon lange beständig erweitert.
Als im Jahre 1898 die Insel Cuba, eine spanische Besitzung, unter einer
allgemeinen Anarchie blutete, benutzten die Vereinigten Staaten diese Ge-
legenheit, um für die Aufständischen Partei zu nehmen und Spanien den
Krieg zu erklären (21. April). Von der spanischen Flotte war bald nichts
mehr zu vernehmen, und die Schwäche Spaniens zeigte sich noch hand-
greiflicher als die Stärke der Vereinigten Staaten. Aus keinem anderen
Grunde als dem der eigenen Wehrlosigkeit mußte Spanien die Waffen
strecken und den Vereinigten Staaten die Philippinen in Asien und die
beiden Großen Antillen Portoriko oder richtiger Puerto Rico sowie Cuba
in dem Westindischen Inselmeere überlassen (Pariser Friede 10. Dezember
1898). Zwar wurde der Insel Cuba äußerlich die Unabhängigkeit zuerkannt.
Diese Unabhängigkeit besteht doch nur zum Schein. In Wahrheit ist die
Republik der Vereinigten Staaten durch ihre finanzielle Beteiligung an allen
cubanischen Geschäften vielleicht noch mehr als durch die Nähe ihres
Heeres und ihrer Flotte Herrin und Gebieterin über diese Perle der An-
tillen.
So sank der letzte Stein an jenem riesigen Bau dahin, den die spanische
'Monarchie im 16. Jahrhundert in der Neuen Welt errichtet hatte, und da-
mit war dieser Bau zusammengebrochen. Hatte sie doch einmal Kalifornien
und Mexiko, die Antillen und Argentinien, di-e Philippinen und Florida,
!Colombia und Peru besessen und blieb ihr doch jetzt in den beiden Welt-
teilen auch nicht mehr ein einziges Fleckchen Erde. Doch gleichwohl ist
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^ji
die einstige Größe nicht ganz dahin; sie ist auch heute noch mehr als ein
bloßer Traum und eine bloße Erinnerung, sprechen doch ganz Mittel-
und Südamerika, obschon sie jede Verbindung mit dem Mutterlande gelöst
haben, noch immer die spanische, Sprache. Nun besteht aber jedes Volkes
eigentümlichste Wesenheit in derjenigen Sprache, die die Kinder in ihrem
Elternhause sprechen.
Die so auf dem Antillenmeere zu unbestrittenen alleinigen Herren
gewordenen Vereinigten Staaten haben ihre Macht auch noch über die
australischen Gewässer ausgedehnt. Nachdem sie, wie schon oben er-
wähnt, die Philippinen zwischen dem asiatischen Südchina und dem
australischen Neu-Guinea genommen hatten (mit neun Millionen Be-
wohnern), rissen sie auch noch die Hawaii- oder Sandwich-Inseln (1898)
und die östliche Hälfte von den Samoa-Inseln, die sie sich mit Deutsch-
land teilten (1899), an sich.
Aber das ist immer noch nicht alles, was die Vereinigten Staaten
geleistet haben. Es wollte nämlich die Durchstechung der Landenge von
Panama, ein Glanzwerk ersten Ranges, dessen Plan dem Genie des
französischen Ingenieurs Ferdinand von Lesseps entsprimgen war, nicht
so wie das entsprechende Werk desselben Mannes, die Anlegung des
Suezkanales, vorwärtskommen. Gewissenlose Unternehmer, minderwertige
Staatsmänner, imfähige Ingenieure, betrügerische Geldmänner, die einmal
wagehalsig und dann bald wieder wankelmütig waren, doch jedenfalls
nie aufhörten, Gaimer zu sein, alles vereinigte sich, um diese großartige
Aufgabe zum Scheitern zu bringen. Wer sie wieder aufgenommen hat,
waren die Amerikaner, und s i e hatten Erfolg. Es gelang ihnen wirklich,
das Kordillerengebirge an einer Stelle durch einen Kanal zu durchbrechen.
Große Schiffe können jetzt vom Atlantischen zum Großen Ozean gelangen,
ohne erst um ganz Südamerika herumfahren zu müssen. Um sich den
Besitz des Kanals besser selbst sichern zu können, kamen die Amerikaner
auf den Gedanken der Gründung eines scheinbar selbständigen Staates,
der von dem südamerikanischen Colombia losgerissenen Republik
Panama. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika wurden damit als die
Herren des Panamakanals zugleich Herren über die ganze Schiffahrt
auf dem Stillen Ozean, und so ist ein Drittel unseres gesamten Planeten
ihr Eigentum. ....
Gleichwohl, alles in allem, ist diese Vorherrschaft eines fortschrittlichen
und von Begeisterung für alle neuen Industriezweige beseelten großen
Volkes vielleicht ein Segen für die ganze Welt, wenn es wenigstens auf
sein drückendes und lästiges Finanzsystem verzichten wollte, das vorläufig
12*
^72 Siebentes Buch.
10
noch auf die ausländischen Erzeugnisse ganz unerschwingHche Zölle legt
{die Mac Kinleysche Tarif bill 1894). Ist es übrigens nicht im engsten Inter-
esse der Amerikaner selber, wenn sie, was ihnen immer europäischer Waren-
verkehr zu bringen vermag, anstatt es durch erdrückende Steuern abzu-
sperren, lieber für sich ausnützen wollten?
Die amerikanischen Völker spanischer Zunge haben einen Erbfehler, den
die Vereinigten Staaten nicht kennen. Die weiße Bevölkerung hat sich mit
der Urbewohnerschaft und den aus Afrika herübergekommenen Negern
derart gemischt, daß es nur noch wenige Menschen von reiner weißer
Rasse in Mexiko, Colombia, Venezuela;, Peru und Chile gibt. An einer
solchen unlöslichen Gemeinschaft mit minderwertigen Rassen krankt
vielleicht allein Argentinien in geringerem Maße. Daher erfreut sich
auch gerade dieses gesegnete Land, in das sich eine starke Einwanderung,
besonders von Italienern und Spaniern ergießt, eines stets wachsenden
.Wohlstandes. Argentinien, das es besonders glücklich verstanden hat, die
Bürgerkriege wie auch die Kriege mit dem Auslande so gut wie ganz
zu vermeiden, wetteifert mit dem portugiesisch sprechenden Brasilien
um den Vorrang, das reichste Volk Südamerikas geworden zu sein.
Weder in Nord- noch auch in Südamerika hat Europa irgendwelche
Kolonien behalten, abgesehen von Holländisch-, Französisch- und Britisch-
Guyana und dazu noch einigen Inseln der Gruppe der Großen Antillen
sowie den unter französischer Oberherrschaft befindlichen Inseln Martinique
und Guadeloupe und, unter englischer, Trinidad und Jamaika. Alle ohne
Ausnahme sind sie gegenwärtig selbständige republikanische Staats-
wesen.
Die einzige Ausnahme in einem gewissen Sinne bildet vielleicht Kanada,
das in englischem Besitz, aber in sehr liberaler Weise mit eigener Gesetz-
gebung und Verfassung ausgestattet ist. Trotz seines Reichtums an Land-
wirtschaft und Bergbau und seines weithin ausgedehnten Gebietes ist
Kanada auch heute noch zu wenig bevölkert, beträgt doch seine gesamte
Einwohnerzahl kaum sechs Millionen, von denen ein Drittel französisch
spricht. Im Jahre 1867 traten die verschiedenen Staaten des sich so endlos
hinziehenden Landes (Colombia, Manitoba, Neu-Schottland, Prinz-Eduards-
Insel) zu einem Bunde zusammen, um in ihm jene Kanadische Dominion
zu bilden, die zwar eine englische Kronkolonie, doch gleichwohl vollkommen
selbständig ist: mit eigenen Münzen, Parlament, Staatshaushalt und Ge-
setzen. Nicht bloß die gesamte Kanadische Dominion, nein, auch jeder
ihrer Einzelstaaten ist innerhalb 'des Bundes selbständig.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 473
Eine Eisenbahn, die quer durch Kanada geht und so das Gegenstück zu
dem ungeheuren Schienenstrange zwischen Neuyork und San Franzisko
bildet, wurde im Jahre 1886 gebaut; sie geht zwischen HaUfax am Atlan-
tischen und Vancouver am Stillen Ozean.
Wenn trotz einer sehr hohen Geburtenziffer, der höchsten vielleicht, die
überhaupt unsere Zeit aufzuweisen hat, die französischen Kanadier nicht
zahlreicher sind, so liegt das dar^n, daß viele unter ihnen in die Vereinigten
Staaten abgewandert sind. Und in der Tat sind ja auch hier die Löhne
größer und das Klima weniger rauh. Außerdem ist hier auch die Natura-
lisation leicht, und, sind erst einmal die französischen Kanadier Bürger der
großen amerikanischen Republik geworden, zu der sie sich mit einer un-
widerstehlichen Kraft hingezogen fühlen, so vergessen sie gar schnell fran-
zösische Sitten und Sprache, die sie in ihrem kanadischen Vaterlande
noch so eifersüchtig gehütet hatten.
Es ist nun einmal einer der Hauptzüge des Volkslebens in diesem
Lande der unbegrenzten Möglichkeiten, daß sich die Auswanderer schon
im zweiten Geschlechte, mag es sich nun um Irländer, Deutsche, Schweden,
Italiener, Angehörige eines der slawischen oder der anderen europäischen
Völker, die hier lange nicht so zahlreich vertreten sind wie die eben ge-
nannten, handeln, sehr rasch mit den anderen Bürgern mischen und ihre
Herkunft aus dem Gedächtnisse verlieren. Seit dem Jahre 1821 haben die
Vereinigten Staaten fünfundzwanzig Millionen europamüde Auswanderer
aufgenommen, die wohl zum größten Teil aus den ärmsten Klassen
stammen mögen, aber zugleich ebenso häufig die unternehmendsten und
wagemutigsten Elemente ihres alten Erdteils darstellen. Diese jungen
Leute bringen der Neuen Welt den frischen und freien Mut, der nun
einmal die unentbehrliche Grundlage jeden Fortschritts bildet.
In Australien und auf den australischen Inseln hat die Bevölkerung seit
dem Jahre 1870 langsamer zugenommen als bis dahin vom Augenblick der
Entdeckung der Goldgruben. In seinem großzügigen Liberalismus hat
England unbedenklich seinen australischen Besitzungen, genau, wie ja auch
allen seinen übrigen Kolonien, eine nahezu uneingeschränkte Selbständig-
keit gelassen. So haben sich die australischen Ackerbauer und Arbeiter
unter eigener Verwaltung zusammenschließen können, wie es ihnen nur
irgend beliebte. Auch jeder Einzelstaat des Australischen Bundes ist inner-
halb desselben vollständig unabhängig.
Nun sind in dem jungen Australien und in dem noch jüngeren Neu-
seeland Regierung und Gesetzgebung ganz und gar demokratisch, so, wie
in keinem Lande der Welt sonst; beispielsweise haben hier auch die Frauen
474 Siebentes Buch.
aktives sowie passives Wahlrecht. Die Arbeitszeit ist auf acht Stunden
beschränkt. Wenn sich Besitzungen zu weit ausdehnen, werden sie auf
Grund des Gesetzes enteignet. Es besteht zwischen Arbeitgebern und Arbeit-
nehmern gesetzlicher Schiedsgerichtszwang. Auch ist für jeden Arbeiter
ein Mindestarbeitslohn festgesetzt. Auf Grundeigentum aber sowie auch
beweglichem liegt eine im Verhältnis 2U seiner Höhe staff eiförmig steigende
Steuer.
Wenn man von Java und den anderen Sundainseln, die sich großer
Reichtümer erfreuen und von einer malaiischen Bevölkerung bewohnt
werden, aber in holländischem Besitze sind und meist noch zu Asien ge-
rechnet werden, sowie von der Insel Neu-Guinea, deren westliche Hälfte
die Holländer und deren nordöstlichen Zipfel mit der sich anschließenden
Inselgruppe unter dem Namen Kaiser- Wilhelm-Land und Bismarckarchipel
die Deutschen besiedelt haben, absieht, dann ist ganz Australien mitsamt
seinen Inseln ausschließlich englisch.
Werden, wie es bei der Gemeinsamkeit der Sitten, der Abstammung und
der Sprache nur recht und billig ist, die Vereinigten Staaten und England
als ein einheitliches Ganzes angesehen, so wird es so recht deutlich, welches
Übergewicht das englische Volkstum außerhalb Europas in der Welt ge-
wonnen hat, umfaßt es doch von Afrika fast die. ganze und noch dazu die
schönere Hälfte, von Asien das indische Riesengebiet mit seinen drei-
hundert Millionen Hindus, weiter das gesamte Nordamerika mit seinem
auch noch Südamerika beherrschenden finanziellen, politischen, ja
beinahe auch militärischen Einfluß und endlich auch noch Australien
mit Polynesien. Wenn auch dieses sich über beide Halbkugeln der Erde
ausdehnende Weltreich schon von langher durch drei Jahrhunderte uner-
schöpflicher weisester, heldenmütigster und tatkräftigster Staatskunst vor-
bereitet worden ist, so hat es sich doch erst in seinem vollen Glanzes imd
in seiner ganzen unbestrittenen Überlegenheit unter der langen und ruhm-
vollen Regierung der Königin Victoria (1837 — 1901) zeigen können. Und
dieser Glanz und diese Überlegenheit waren nicht, wie bei gewissen
Eroberern und Despoten unseligen Angedenkens, tränenbenetzt und
blutbesudelt.
Seit dem Jahre 1870 beschränkte sich also die Geschichte Europas
nicht etwa bloß auf die Grenzen des eigenen Erdteils; sie spielte sich
ganz ebenso in Afrika, in der Mandschurei, auf den Antillen ab, wahrten
doch alle Völker, von dem grauenhaften Kriege der Jahre 1870 und 1871
Die Herrschaft der Wissenschaft. Aj5
und der bloßen Vorstellung der Möglichkeit neuer noch blutigerer Kriege
entsetzt, bis zur Gegenwart den europäischen Frieden. Eine Ausnahme
hiervon bilden allein die Völker des Balkans.
Zu allen Zeiten sind die die Balkanhalbinsel bewohnenden christlichen
Völkerschaften, seien es die griechischen oder die slawischen, durch eines
der schwersten Joche bedrückt worden, das die Geschichte kennt: das Joch
der türkischen Gewaltherrschaft. Der tiefe sprachliche und religiöse Riß,
der schon von Natur zwischen den beiden Völkergruppen gähnte, wurde
nocii durch den Despotismus und die Raubgier der Hohen Pforte, die es
auf die Vernichtung ihrer armen Nachbarvölker abgesehen hatte, erweitert.
Diese waren dauernd von den lästigsten Steuern heimgesucht und zu einem
unerbittlichen Kriegsdienste gezwungen, ohne erwarten zu können, daß
ihnen die blutigen Paschas, unter denen sie standen, jemals irgendwelche
Gerechtigkeit widerfahren lassen würden. Wenn manchmal der Druck gar
zu schlimm wurde, erhoben sie sich zu einem Aufstande, der dann durch das
blutigste Massengemetzel niedergeworfen wurde. Den Christen des Balkans
blieb also weiter nichts übrig, als mit den Moslems Seite an Seite das
Leben eines Märtyerers neben seinem Henker zu führen. Und doch sind
hier Christen und Moslems in ihrer Rasse nicht wesentlich verschieden,
gibt es doch höchst glücklicherweise schon lange im strengsten wissen-
schaftlichen Sinne des Wortes keine eigentliche türkische Rasse mehr.
Das Blut der gelben mongolischen Eroberer fließt heut nicht mehr in den
Adeni eines einzigen Türken. Aber, was die Türken getan haben, das ist,
daß sie den von ihnen besiegten Völkerschaften ihre Sprache und ihre
Sitten in einer Weise aufnötigten, daß sich dieselben zu einem großen
Teile in Türken umgewandelt haben. Wiewohl nun der eigentliche
ethnische Ursprung überall ungefähr der gleiche ist, ist doch der religiöse
Fanatismus, die sprachliche Verschiedenheit und die allgemeine Anarchie
im ottomanischen Reiche trotz der Rassengleichheit hinlänglich stark
genug, um die beständigen blutigen Zusammenstöße, von denen die
Balkanhalbinsel zerfleischt wird, voll und ganz zu verstehen.
Während des ganzen Verlaufs des 19. Jahrhunderts und noch in der
gegenwärtigen Stunde besteht die Geschichte dieser unglückseligen Völker
in nichts weiter als in dem ununterbrochenen und fortgesetzten Be-
mühen, sich von dem harten Türkenjoche zu befreien.
Wenn es ihnen so unendlich schwer geworden ist, sich eine nationale
Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu schaffen, so liegt das daran, daß
sie stets uneinig und damit ohnmächtig einer Regierung gegenüber ge-
wesen sind, die uneingeschränkt alles den Militärangelegenheiten geopfert
476 Siebentes Buch.
hat, und der die ständigen gehässigen Eifersüchteleien der europäischen
Mächte eine Macht verliehen, die im Grunde nur eine Scheinmacht war.
Noch im Jahre 181 5 besaß die Türkei die gesamte Balkanhalbinsel;
aber in den Jahren 181 5 — 1914 hat sie sich durch Aufstände, die Europa
bald unterstützte, bald übersah und bald wieder bekämpfte, so nach
und nach vollständig aufgelöst.
Schon im Jahre 1829 war durch den Vertrag von Adrianopel Griechen-
land unabhängig geworden.
Am 19. August 1858 wurden die beiden Donaufürstentümer Moldau
und Walachei in dem Kongresse der europäischen Großmächte zu Paris
auf Grund einer Anregung Frankreichs zu Vereinigten Landen erklärt.
Aber erst drei Jahre später traten die erwählten Parlamente der beiden
Länder zu einem einzigen rumänischen Parlamente zusammen, und damit
war Rumänien begründet (1861). Als der erste Fürst von Rumänien, namens
Alexander, in seiner Regierung einem gewissen Absolutismus zuneigte,
wurde er gestürzt. Kurze Zeit darauf (1865) wurde Karl von Hohenzollern
zum Fürsten von Rumänien ausgerufen und sein Fürstentum zum König-
reich erhoben (1881).
Die Rumänen sind das einzige Balkanvolk, das eine romanische Sprache
spricht. Doch um die Rumänen als die verbürgten Nachkommen jener
Legionäre gelten zu lassen, die von Rom in alten Zeiten nach Dazien ent-
sandt worden waren, dazu hat dieses durch die wiederholten Einfälle so
grausam heimgesuchte Stück Erde seit zwanzig Jahrhunderten nur zu
häufig ein gewaltsames Durcheinanderwerfen der verschiedensten Stämme
erlebt. Auch bilden die Juden beinahe ein Viertel der gesamten rumänischen
Bevölkerung. Aber die Abstammung spielt in dem Leben eines Volkes
weißer Rasse immer nur eine verhältnismäßig geringe Rolle. Es ist die
Gestalt seiner Sprache, auf die es allein ankommt, und die seine geistige
und gesellschaftliche Entwicklung entscheidet. So ist es denn auch zu er-
klären, daß die Rumänen, die eine dem Lateinischen sehr nahestehende
Sprache sprechen, und in ihr eine sehr reiche Literatur besitzen, entschieden
als ein romanisches Volk anzusehen sind. Durch ihr lebhaftes und ein-
dringendes Wesen, durch ihren Scharfsinn und ihren Fleiß haben sie sich
für alles, was mit der sogenannten orientalischen Frage zusammenhängt,
eine entscheidende Stellung errungen. Ihr Heer ist vortrefflich ausgebaut,
und ihre Volkszahl ist in sehr raschem Zunehmen begriffen.
Leider ist noch immer nicht das gesamte rumänische Volkstum befreit.
Es ist noch immer in Siebenbürgen mit den Ungarn vermischt eine große
Die Herrschaft der Wissenschaft. 477
Zahl von Rumänen, wohl an drei Millionen, vorhanden, die sehnsüchtig
danach streben, in den Schoß ihres freien Vaterlandes, mit dem sie eine
und dieselbe Sprache sprechen, zurückzukehren. Aber Österreich-Ungarn
scheint kaum geneigt, auf dies gerechte Verlangen einzugehen. Was die
Sachlage noch ganz besonders verwirrt macht, ist, daß in einen und den-
selben siebenbürgischen Städten, einen und denselben siebenbürgischen
Dörfern, zwei so grundverschiedene Bevölkerungen, wie die ungarische
und die rumänische, Seite an Seite in offener Feindseligkeit und be-
absichtigtem SichnichtverstehenwoUen ohne auch nur den leisesten An-
näherungsversuch nebeneinanderherleben.
Die übrigen Balkanvölker (Kroaten, Serben, Bulgaren) sprechen ver-
schiedene slawische Sprachen, die erheblich voneinander abweichen, so er-
hebUch, daß dadurch die Unstimmigkeiten und Eifersüchteleien, die schon
an sich zwischen ihnen herrschen, noch ganz besonders verschärft werden.
Außerdem sind auch auf dem Balkan viele Juden vertreten, und dann noch
vor allem viele Griechen. Im ganzen Süden der Halbinsel bis nach
Saloniki, ja bis nach Konstantinopel hin, wird vorwiegend Griechisch
gesprochen.
Montenegro hatte seiner eigentümlichen Lage in einer nur unter großen
Schwierigkeiten zugänglichen Berggegend und den kriegerischen Sitten
seiner Bewohner das Glück zu verdanken, unter der türkischen Oberhoheit
nicht allzusehr zu leiden und, wenn auch nicht dem Namen nach, so doch
im Grunde unabhängig zu sein. Im Jahre 1858 wurde diese Unabhängigkeit
denn auch in aller Form von sämtlichen Mächten anerkannt.
Die Serben gewannen, zwei Jahrhunderte lang zwischen Österreich und
der Türkei abwechselnd hin- und hergeworfen, schließlich auch ein ver-
hältnismäßig leidliches Maß von Unabhängigkeit; doch türkische Soldaten
griffen immer wieder ihre befestigten Städte an. Dies ging so bis zum
Jahre 1867. Seit dieser ^Zeit wurde Serbien ein selbständiges Fürstentum,
das jedoch der Türkei weiter regelmäßig Tribut zahlen mußte.
Seine ersten Herrscher waren Fürst Milan und nach ihm sein Sohn
Michael Obrenowitsch. Nach der Ermordung Michaels kam ein ferner-
stehendes Mitglied aus dem Hause der Obrenowitsch, Milan, zur Regierung
(1868—1888), um am 6. März 1882 unter dem Namen Milan I. zum König
von Serbien ausgerufen zu werden. Trotz der Leichtfertigkeit dieses ziem-
lich eigenartigen Herrschers gelang es Serbien, innerhalb von zehn Jahren
eine recht starke Militärmacht zu werden.
Allein die Regierung König Milans umfaßte etwa keineswegs die sämt-
lichen serbischen Völker der Halbinsel. Auch in Bosnien und der Her-
47^ Siebentes Buch.
zegowina ist die Mehrheit der Bevölkerung und in Montenegro deren Ge-
samtheit serbisch nach NationaHtät und Sprache. So war es denn auch
nur natürüch, daß sich auch sie ab und zu gegen die Türkei empörten.
Östlich von Serbien und nördlich von Konstantinopel breiten sich weit-
hin über die Balkanhalbinsel, von der sie nicht weniger als zwei Drittel
einnehmen, die Bulgaren aus, die nach Sitten, Religion und Sprache den
Russen am nächsten stehen. Serben und Bulgaren lebten gegen ihre otto-
manischen Gebieter unablässig im Aufstand.
Im Jahre 1876 begingen die mohammedanischen türkischen Soldaten, die
in Bulgarien standen, unter dem hichtigen Vorwande, einen Aufstand zu
unterdrücken, Massengemetzel, denen so viele zum Opfer fielen (fünfzehn-
tausend Tote) und bei denen so ausgesuchte Grausamkeiten verübt wurden,
: daß trotz ihrer sonstigen unbarmherzigen Gleichgültigkeit diesmal die Re-
gierungen der verschiedenen Kulturmächte Verwahrung einlegten. Doch
diese Verwahrungen blieben nur sehr schüchtern, wie es, solange sich die
europäischen Großstaaten gegenseitig argwöhnisch beobachten und eifer-
süchtig verfolgen, immer nur natürlich sein wird. So machte sich denn
auch wieder einmal die Pforte dieses schlechte Einvernehmen zunutze,
um ihr starkes Heer zu mobilisieren und die aufständischen Serben zu
Boden zu zwingen.
Damals mischte sich auch der Zar unmittelbar ein (1877). Ein Heer
rückte in Armenien ein, ein anderes noch stärkeres marschierte auf Kon-
stantinopel. Rumänien verband sich mit Rußland, und ihre verbündeten
Heere drangen nach völliger Niederwerfung des türkischen in Rumelien
ein (Juli 1877). Doch die Türken nahmen unter der Führung eines so
fähigen Feldherrn wie ihres Generals Osman Pascha eine befestigte Stel-
lung bei Plewna ein, einer Festung, die den Durchgangsverkehr beherrscht,
. und leisteten hier sechs Monate lang den heldenmütigsten Widerstand
: (20. Juli bis 10. Dezember 1877). Erst nach langem Ringen fiel Plewna,
und damit war wie mit einem Schlage die ganze türkische Kraft gebrochen.
Die Russen drangen bis an die Tore Konstantinopels vor, und die Türkei
mußte sich zu einem unheilvollen Frieden bequemen, der am 3. März 1878
zu San Stefano unterzeichnet wurde.
Weder Österreich noch England wollten sich den notwendigen Folgen
dieses russischen Eroberungsfeldzuges fügen; sie mußten vielmehr erst
durch Bewilligung einträglicher Vorteile, will sagen Gebietserweiterungen,
auf Kosten der armen Türkei, die zur Plünderung dazusein schien, ent-
schädigt werden. So wußten sie durch bloße Drohung einen Krieg im
eigenen Interesse auszvmutzen, an dem sie sich selbst weder bei seinem
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^yg
Beginne noch in seinem Verlaufe irgendwie beteiligt hatten. England
bekam die griechische Insel 'Cypem und Österreich-Ungarn die beiden ser-
bischen Provinzen Bosnien und 'die Herzegowina, Das Nationalitäten-
prinzip wurde mit der schamlosesten Nichtachtung beiseite gesetzt und
preisgegeben.
Rußland, das auf Deutschlands Unterstützung rechnete, nahm den Vor-
schlag der Einberufung eines internationalen Kongresses an, der damit
beauftragt werden sollte, den Abmachungen von San Stefano, soweit sie
nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt aufrechtzuerhalten seien, durch Zu-
sätze oder Streichungen ihre endgültige Ausgestaltung zu geben. Doch
unerwarteterweise unterstützte Bismarck in dem nun in Berlin tagenden
Kongresse (13. Juni 1878) die russischen Forderungen so wenig, daß die
Friedensverhandlungen von San Stefano im Grunde völlig umgestoßen wur-
den. Bosnien und die Herzegowina wurden an Österreich zur Verwaltimg
überlassen; die Insel Cypern wurde englisch. Serbien verlor an die Türkei
das Sandschak Novibasar, durch das jenes mit Montenegro in unmittelbarer
Verbindung stand. Montenegro bekam umgekehrt in Antivari einen Hafen.
Aus dem großen Bulgarien, wie es der Friede von San Stefano geschaffen
hatte, war nur ein kleines bis zur völligen Verstümmelung geworden, blieb
doch Mazedonien, in dem die bulgarische Sprache ein ausschlaggebendes
Übergewicht hat, völlig der Türkei erhalten. Die einzigen Gebietserwei-
terungen, die Rußland erlangte, lagen in Armenien auf der asiatischen
Seite des Schwarzen Meeres mit den Städten Kars und Bathumi. Die
Rumänen mußten, obwohl sie bei Plewna und an der Schipka so helden-
mütig gekämpft hatten, gleichwohl das größtenteils rumänisch sprechende
Beßarabien an Rußland abtreten, wofür ihnen selbst als Entschädigung
ein Teil der Sumpflandschaft der fast durchweg bulgarischen Dobrudscha
gewährt wurde. Griechenland erhielt nur unbedeutende Grenzberichti-
gungen, ohne auch nur die von ihm so sehr ersehnte Insel Kreta von der
Türkei zu erlangen.
Die Berliner Verhandlungen des Jahres 1878 führten aber nun auch
mit der Umgestaltung des Schicksals ' der Balkanvölker eine ebenso gründ-
liche Umgestaltung der allgemeinen Politik Europas herbei und bilden so
das wichtigste diplomatische Ereignis des letzten Viertels des 19. Jahr-
hunderts.
Zunächst und vor allem ist ihr Ergebnis ein unwiderrufliches Eindringen
Österreichs in die Angelegenheiten des Balkans. Durch ihre Zustimmung
zu den BerUner Verhandlungen nimmt diese Macht ein überwiegend sla-
wisches Gepräge an und findet sich mit den durch die Schlacht bei König-
Z|8o Siebentes Buch.
grätz geschaffenen Tatsachen mit ihren Folgen, also mit der endgültigen
Aufgabe jeder Art von Vorherrschaft in Deutschland, ein für allemal ab.
Sie vergißt die Politik, die das Haus Österreich seit drei Jahrhunderten
befolgt hat. Mit Kroaten, Tschechen, Slowaken, Bosniern, von den
Polen ganz abgesehen, gebietet sie jetzt über nahezu fünfzehn Millionen
Untertanen slawischer Zunge. Mit ihren bosnischen Eisenbahnen dringt
sie bis in da.s Herz der Balkanhalbinsel ein und wirft sich zur Beschützerin
der Serben auf. Aber diese Inschutznahme ist recht bedenklicher Art
und kommt schon so ziemlich einer Art Bevormundung, um nicht zu sagen
vollkommener Herrschaft, nahe (1878).
Auf der andern Seite hat auch Rußland, als es Bulgarien befreite, nicht
etwa seinen Ehrgeiz darauf gesetzt, sich in bezug auf eine Einmischung
in die bulgarischen Angelegenheiten mit besonderer Uneigennützigkeit
Zurückhaltung aufzuerlegen. Dazu ist schon zwischen Russen und Bulgaren
eine viel zu große Menge der mannigfaltigsten Beziehungen vorhanden,
und so ein Auseinandergehen beider kuf eine längere Zeit von vornherein
ausgeschlossen. In der ehrgeizigen Idee des Panslawismus ist Bulgarien
kaum mehr als eine russische Provinz, dermaßen, daß der Schutz, den
Rußland Bulgarien bietet, um nichts weniger bedrohlich ist als der Öster-
reichs gegenüber Serbien.
Anstatt daß sich nun Serbien und Bulgarien miteinander vereinten,
zerrissen sie sich vielmehr durch die mörderischsten Bruderkriege. Im
Jahre 1884 erklärte Serbien Bulgarien den Krieg, um sich von ihm besiegen
zu lassen. Doch Bulgarien zog aus seinen Siegen auch nicht den geringsten
Vorteil, drohte doch Österreich dazwischen zu treten (November 1885).
Dies bedingte den für Bulgarien so wenig erfreulichen Frieden zu Bu-
karest, durch den es um alle seine Siegesfrüchte gebracht wurde (8. März
1886).
Ganz kürzlich (1912 — 1914) haben nun wieder einmal einschneidende
militärische und diplomatische Begebenheiten zu einer völligen Umgestal-
tung der politischen Lage auf der Balkanhalbinsel geführt. Trotz der wie
immer, angeblich für alle Zeiten, geschlossenen Friedensverträge ist die
Endgültigkeit der Lösung der orientalischen Frage auch nunmehr wohl
kaum verbürgt. So bilden jene Friedensverträge wahrscheinlich lediglich
ein kurzes Zwischenspiel in der endlosen Reihe oft ebenso blutiger wie
notwendiger Kämpfe zwischen den wirklich bemitleidenswerten dortigen
Völkerschaften.
Zu Anfang des Jahres 1912, als die Türkei mit Itahen tief in schwerem
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^8 1
Kriege steckte, begannen nun auch die Balkanstaaten Serbien, Bulgarien,
Montenegro und Griechenland ihre Heere zu mobilisieren und in Kriegs-
zustand zu setzen, um schließlich ein gemeinsames Ultimatum an die Türkei
zu richten (15. Oktober 191 2).
Das Heer der Verbündeten war etwa 700000 Mann stark (300000 Bul-
garen, 250000 Serben, 1 10 000 Griechen und 40000 Montenegriner). Die
Türken vermochten nach dem eben beendigten unglücklichen Kriege mit
Italien nur noch 300000 Mann aufzubringen, die zudem nur schlecht aus-
gerüstet waren und sich einer wenig guten Leitung erfreuten.
So wurden sie auf allen Seiten geschlagen: bei Kirk-Kilisse (23. Ok-
tober) und Lülü-Burgas (27. Oktober) von den Bulgaren, bei Novibasar
und Rumanoro von den Serben und im Süden von den Griechen, die in
Saloniki eindrangen (9. November). Die Schlachten kosteten viel Blut, doch
es fiel eine größere Zahl der Hungersnot als dem feindlichen Feuer zum
Opfer, fanden doch ganze türkische Armeekorps mehrere Tage hinter-
einander nicht die geringsten Nahrimgsmittel. Was soll man da erst von
einem Kriege der Zukunft, der zwischen größeren Völkern stattfinden sollte,
erwarten? Er wird solche Menschenmassen in Bewegimg setzen, daß der
Erfolg zu einem ganz beträchtlichen Teile von den Bedingungen der Nah-
rungszufuhr abhängen wird.
Der Krieg fand seinen Abschluß durch den Londoner Frieden. Die
Türkei verlor Mazedonien, Thrazien, Epirus, Albanien und die Inseln des
Ägäischen Meeres. Es blieb ihr innerhalb Europas nur noch die Stadt Kon-
stantinopel und ein schmaler Streifen Landes zwischen Konstantinopel
und Gallipoli.
Doch die Verbündeten verstanden sich auf ihr Räuberhandwerk nicht
ordentlich, und so brach nunmehr der Krieg unter ihnen selbst aus; auf
der einen Seite standen die Bulgaren, auf der andern die Griechen und
Serben, zu denen sich dann noch die Rumänen gesellten. Die Bulgaren,
die unter ihnen allen ganz besonders ländergierig gewesen waren, wurden
schwer aufs Haupt geschlagen und mußten nun einen Teil ihres eroberten
Landes wieder an die Griechen und Serben herausgeben.
Europa trat dazwischen, und einen Augenblick schien der europäische
friede bedroht I Doch da half Österreich, das, um Serbien und"" Griechen-
land nicht zu mächtig werden zu lassen, die Schaffung eines neuen König-
reichs namens Albanien mit Durazzo als Hauptstadt und dem deutschen
Fürsten Wilhelm von Wied an der Spitze betrieb. In diesem von Öster-
I
482 Siebentes Buch.
reich ausgedachten Albanien leben neben den wenigen Albanesen mit
eignem Volkstum und Sprache auch noch so viele Griechen und Serben,
daß niemand mehr Schaden von der Büdung dieses neuen Reiches hat
als der griechische und der serbische Staat selbst, die nun so viel Ange-
hörige ihres Volkstums an dasselbe abtreten mußten.
Im Frieden zu Bukarest erhielt dann Griechenland Saloniki und einen
Teil von Epirus und Serbien die Städte Prischtina, Prisren(di) und Üsküb
lals Entschädigung dafür. Bulgarien aber gelang es nicht, Adrianopel zu
behaupten. Alle diese Grenzen sind so schwankend, wechselnd und will-
kürlich von den Diplomaten angesetzt, daß es wirklich nicht lohnt, sich
damit näher zu beschäftigen.
Aber auch die Politik des weiteren Europas hat mit dem Berliner Kon-
greß eine ganz neue Richtung erhalten.
Schon gleich im Jahre 1871 hatte Deutschland sich sowohl Rußland wie
Österreich, mit dem es sich vollständig aussöhnte, freundschaftlich zu nähern
gewußt. Die wiederholten aufsehenerregenden Zusammenkünfte zwischen
den Herrschern dieser drei Reiche schienen den Sieit 1872 bestehenden
Dreihaiserbund immer mehr zu vertiefen und auf Jahrzehnte zu sichern.
Aber Bismarck, der Deutschlands Geschicke als Reichskanzler leitete, wandte
sich allmählich immer weiter von Rußland ab, um sich Österreich dafür lun
so enger anzuschließen. Im Jahre 1879 unterzeichnete er in Gemeinschaft mit
dem leitenden Minister Österreichs, Grafen Andrassy, einen Schutz- und
Trutzbündnisvertrag, der sich mit seiner Spitze deutlich gegen Frankreich
richtete; das bedeutete gleichzeitig Österreichs endgültigen Verzicht, noch
jemals in Deutschland irgendwelche Rolle spielen zu wollen. Es war dies
der sogenannte Zweibund, dem sich bereits ein Jahr später Italien, dem
Frankreichs Festsetzung in Tunis natürlich nicht gleichgültig bleiben
konnte, mit einer jede Zweideutigkeit ausschließenden Klarheit durch einen
neuen Vertrag aufs engste anschloß. Der Zweibund wurde damit zu dem
noch jetzt im Jahre 191 4 bestehenden Dreibund (1883).
Aber nun näherte sich Rußland, als es sich von Deutschland beiseite
geschoben sah, dem damals auch seinerseits nach einem Anschluß Aus-
schau haltenden Frankreich. So hatte im Jahre 1891 die französische Kriegs-
flotte in Kronstadt einen begeisterten Empfang, der womöglich noch von
dem übertroffen wurde, den die russische Flotte bei ihrem Gegenbesuche
in Frankreich einige Jahre später zu Toulon fand. Jetzt kam es sogar zur
ausdrücklichen Unterzeichnung eines Bündnisvertrages.
In den Jahren 1895— 1905 machte Rußland, das zur Neugestaltung seines
Die Herrschaft der Wissenschaf t. 4^3
Heeres und zur Ausnutzimg seiner Bodenschätze beträchtliche Kapitalien
brauchte, riesige Anleihen im Auslande, die sich auf die Summe von
nahezu dreißig Milliarden Frank beliefen, von der nicht weniger als drei
Viertel in Frankreich gezeichnet wurden.
Bis dahin war England noch immer ruhig in seiner glänzenden Verein-
samung {splendid Isolation) verharrt. Da suchte diese Macht im Jahre
1906 mit einem Male durch persönliches Eingreifen des über die mannig-
faltigsten einflußreichen Beziehungen verfügenden damaligen englischen
Königs Eduard VII., eines Freundes Frankreichs und des Friedens, ohne
allerdings ausdrückliche Verträge zu schließen, zunächst an Frankreich"
und dann auch an Rußland eine engere Anlehnung. Sie gestaltete sich
zu dem sogenannten Herzlichen Einvernehmen {Entente cordiale) oder dem
Dreiverhand {Triple Entente) aus, einer Gemeinschaft, die als Gegengewicht
des Dreibundes angesehen zu werden pflegt.
So stehen sich die europäischen Großmächte gegenwärtig in zwei ge-
trennten Gruppen gegenüber: auf der einen Seite Deutschland, Österreich
tmd Italien und auf der anderen England, Frankreich und Rußland. Wenn
durch irgendwelche Verirrung, sei es der Völker oder der Herrscher, sich
ein allgemeiner Zusammenstoß ereignen sollte, wikde eine Mobilisierung
von zwanzig Millionen Menschen vor sich gehen, die alle ins Feld gestellt
werden würden, imd die Welt noch zu keiner Zeit vordem der Schauplatz
eines ähnlich weitausgedehnten Brandes, Blutbades und Gemetzels gewesen
seini Doch zum Glücke haben bisher die Völker, Könige und Kaiser noch
immer nicht eine solche Raserei begangen, sich in das so verhängnisvolle
Abenteuer zu stürzen.
So ist denn, trotz des türkisch-russischen Zusammenstoßes, trotz der
verschiedenen Balkankriege, trotz der vielen Kolonialstreitigkeiten imd
mancherlei anderer Dinge in den Jahren 1871 — 191 2 die europäische Politik
im allgemeinen so einigermaßen friedlich gewesen. An Gelegenheiten zur
Entfesselung des Krieges hat es gleichwohl zu keiner Zeit gefehlt, und
gleichwohl kam es nicht zur Kriegserklänmg. Es ist das nicht etwa ein
Verdienst der Zeitungsschreiber, die überall in den verschiedenen Ländern
der Erde in gleicher Weise bald aus einer falschen und irregeleiteten Vater-
landsliebe heraus, bald aus Käuflichkeit oder auch aus Beschränktheit,,
aber immer aus Unwissenheit Zwietracht predigen, Haß schüren und einen
allgemeinen Weltbrand vorbereiten! Die Presse der gesamten Welt, viel-
leicht mit alleiniger Ausnahme der englischen, die wenigstens im allge-
meinen das ehrliche Bemühen zeigt, einigermaßen den Anstand zu wahren,.
i^84 Siebentes Buch.
z
widmet sich wohl keinem ihrer Geschäfte mit solcher Leidenschaft wie
gerade diesem all erkläglichsten 1
1 Überraschenderweise ist sogar gerade in dieser Zeit ein Fortschritt
gemacht worden, der vielleicht zu den denkwürdigsten in der gesamten
Geschichte der Menschheit gehört. Als solchen müssen wir die Gründung
; des Internationalen Schiedsgerichts im Haag begrüßen.
> Im grauesten Altertum hatten bereits die Menschen begriffen, daß
bei einigem guten Willen eine Aufhebung der entsetzlichen Plage des
Krieges möglich sei, ließe sich doch ein Gerichtshof vorstellen, der so
angesehen und so gewaltig sei, daß er eine Beilegung der Streitigkeiten
unter den Völkern auf friedlichem Wege herbeizuführen vermöge. Schon
Leibniz, besonders aber der Abt von Saint-Pierre (17 13) und der ost-
preußische Weltweise Immanuel Kant hatten von einem solchen obersten
Gerichtshof geträumt, der durch selbständige Entscheidung die Händel
der Völker schlichten und ihre Zwistigkeiten aus der Welt schaffen sollte,
wie das in einem gesitteten Staate bei den privaten Rechtshändeln der
Einzelpersönlichkeiten schon lange bürgerliche Behörden machen.
Die internationalen Friedenskongresse (1848 — 67) sowie die Friedens-
gesellschaften der verschiedenen Länder nährten diese so fruchtbare Idee.
Doch die Regierungen wollten ihr nicht die geringste Aufmerksamkeit
schenken, und auch die Volksstimmung, die sich von törichten Organen
der Presse leiten ließ, brachte ihr keine Unterstützung.
Im Jahre 1889 fand in Paris gelegentlich der damaligen Weltausstellung
auf Betreiben von drei hervorragenden ethischen Persönlichkeiten, nämlich
den beiden Franzosen Frdd^ric Passy und Jules Simon und dem Engländer
Randal Cremer, eine Zusammenkunft statt, an der die Mitglieder der ver-
schiedensten Parlamente, des englischen, spanischen, belgischen, deutschen,
französischen, italienischen, dänischen, griechischen, ungarischen, ameri-
kanischen und anderer, teilnahmen. Es war dies die sogenannte Inter-
parlamentarische Konferenz, die, ohne von Amts wegen mit einer bestimmt
abgegrenzten Machtbefugnis ausgestattet zu sein, nichtsdestoweniger die
Stellung eines ersten Internationalen Parlamentes bekleidete, das auf fried-
lichem Weg in vollkommener Zuständigkeit alle Fragen zu erörtern hatte,
die nur irgendwie die gemeinsamen Interessen der europäischen Völker
berühren können. Es war das zwar noch nicht jenes große Parlament der
■ Vereinigten Staaten von Europa, wie es das prophetische Genie eines
Die Herrschaft der Wissenschaft. 48^
Victor Hugo ausgesonnen hatte, aber es war doch immerhin schon ein
gewisser Anfang auf dem Wege zu diesem erhabenen Ziele hin und jeden-
falls zur Einigkeit.
Einige Jahre später wurden die internationalen Beziehungen der Völker
schon wieder durch ein anderes noch bedeutsameres Ereignis auf voll-
kommen neue Bahnen gelenkt.
Am I. August 1898 veranlaßte Zar Nikolaus II. von Rußland, der Sohn
Alexanders III. (Alexandro witsch), die Zusammenkunft einer internationalen
Konferenz im Haag, die den Triumph des großen Gedankens des Welt-
friedens über die Elemente jedweder Unruhen und Zwistigkeiten als hoch'-
sies erstrebenswertes Ziel im Auge haben sollte.
Der gewaltigste Alleinherrscher der Welt, jener Zwingherr, der unter
seinem unumschränkten Zepter ein Viertel des gesamten bewohnten imd
unbewohnten Erdballs vereint, jener Fürst, den vierhundert Millionen
Menschen ganz wie einen Gott verehren, erkennt also, welche Plage für
die Völker der Krieg und welche erdrückende Last für sie der bewaffnete
Friede bildet. Das Wort des Kaisers scheint die kühnsten Utopisten-
träume verwirklichen zu wollen 1
Und in der Tat begann auch schon ein Jahr später die Utopie zur sinn-
fälligen Wirklichkeit zu werden. Am 18. Mai 1899 traten in der hollän-
dischen Friedensstadt Haag sechsundsiebzig der hervorragendsten Diplo-
maten und Rechtsgelehrten aller Länder feierlich zu einer Gemeinschaft
zusammen, die nach ihren Mitgliedern eine der größten sittlichen Kräfte
der Welt zur Vorbereitung des Friedens unter den Völkern und zur Er-
setzung von Anarchie durch Ordnung und von Willkür durch Gerechtigkeit
darstellen mußte.
Nach langen fachmännischen Erörterungen gelang der Ersten Haager
Konferenz wirklich die Einrichtung eines Obersten Schiedsgerichtshofes mit
dem amtlichen Sitze im Haag, eines Gerichtshofes, vor dem ein selbst-
herrlicher Staat, wenn er sich von einem andern in seinen Rechten ver-
letzt glaubt, zu jeder Zeit, ohne zur Waffengewalt schreiten zu brauchen,
seine Sache verfechten kann, ganz wie ein Privatmann vor einem bürger-
lichen Gericht.
Aber weder dieser Ersten Haager Konferenz noch einer weiteren, der
Zweiten (1905), gelang es, sei es die Verringerung der Rüstungen, sei es
den Zwang zur Unterwerfung unter das schiedsgerichtliche Urteil zu be-
schheßen. Das ebenso altersgraue wie sinnlose waffenstarrende Riesen-
gebäude unserer kriegsbegeisterten Gesellschaften läßt sich natürlich nicht
in wenigen Jahren und mit einem Federstriche völlig beseitigen! Aber
13 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
486 Siebentes Buch.
jedenfalls kam im Haag ein ganz wesentlicher Fortschritt zustande. Von
nun an sollte nämlich eine unparteiische gerichtliche Entscheidung an-
gerufen werden können als Ersatz für die blutigen Massenschlächtereien
eines doch immer nur ungewissen Krieges. Hing in alten Zeiten noch die
gesamte Entscheidung von Zufall und blinder Gewalt ab, so treten nun.
schon andere Herren an deren Stelle, denen man den Vorzug gibt. Zu Be-
ginn der großen französischen Revolution warf Mirabeau folgendes große
Wort unter die erstaunten Massen: „Das Recht ist der Gebieter der Welt!"
Durch das zwischenstaatliche Schiedsgericht wird noch einmal dieses pro-
phetische Wort Mirabeaus zu einer großen Wahrheit werden.
Allerdings ist bis auf weiteres der allgemeinverbindliche Schiedsgerichts-
zwang noch nicht zur Annahme gekommen, so daß sich folglich zunächst
noch immer jede Regierung weigern kann, vor dem Haager Gerichtshofe
zu erscheinen, wenn sie zu ihrem und ihrer Staatsangehörigen Unglück es
docli vorzieht, ihre Zuflucht zu den Waffen zu nehmen. Doch dieser
gegenwärtige Zustand bildet nur einen Übergang von der Anarchie von
gestern zu der Ordnung von morgen. Nur allzubald wird jedes Volk be-
greifen lernen, daß der Schiedsgerichtshof, der der Entscheidung durch
die Gewalt der Geschütze offenbar ebenso an Weisheit wie an Gerechtigkeit
überlegen ist, um seiner Lebensinteressen wie um seiner nationalen Würde
willen alle nur erdenkliche Machtvollkommenheit haben muß! Aber auch
schon heute hat trotz aller gehässigen Hetzereien und ebenso häufig
törichten wie unlauteren Treibereien gewisser Zeitungsschreiber die öffent-
liche Meinung in dieser Richtung solche Fortschritte gemacht, daß es nur
noch kurze Zeit dauern wird, bis alle gesitteten Völker nahezu mit Ein-
stimmigkeit eine zwangsweise Schiedsgerichtsentscheidung stürmisch ver-
langen werden. Die Krittler und Spötter zeigen durch ihre Spöttereien
und Kritteleien lediglich ihre bodenlose Unfähigkeit: das eigentliche Wesen
der Sache, um das es sich handelt, zu verstehen! Es ist das nur das Ver-
zweiflungsgebrüll einer vollkommen rasend gewordenen greisenhaft alters-
schwachen Menschenklasse I
Doch es ist auch daran zu erinnern, daß sogar ohne diesen allgemeinen
Schiedsgerichtszwang schon jetzt sehr häufig vor wie nach der Haager
Konferenz bei Streitfragen um Lebensinteressen von Völkern ein Schieds-
gericht angerufen wurde, so z. B. zwischen England und den Vereinigten
Staaten in der bekannten Alabamafrage*, einem völkerrechtlich berühmt
* In August Strindbergs so anziehender kleiner pazifistischer Ftiedensnovelle steht das
Schiedsgericht im Anschluß an die Alabamafrage im Mittelpunkt.
Die Herrschaft der Wissenschaft. /g-
gewordenen Streite wegen des von einer Unionsflotte in den Grund ge^
bohrten, in England für die Konföderation der nordamerikanischen Süd-
staaten während des Sezessionskrieges gebauten Kaperschiffes „Alabama"
(am 15. September 1872 zu Genf), zwischen Portugal und England wegen afri-
kanischer Besitzungen (1873), zwischen England und Spanien in der Karo-
linenfrage (1885), zwischen Frankreich und Brasilien wegen Guyanas (1898),
zwischen Venezuela und verschiedenen europäischen Mächten bei Finanz-'
Schwierigkeiten des tief verschuldeten südamerikanischen Staates (1902), zwi-
schen Rußland und England im Doggerbankhandel zur Zeit des russisch-ja-
panischen Krieges um der von den Russen an jener Sandbank der Nordsee
versenkten englischen Fischerkähne der Stadt Hüll (1905), zwischen Frank-
reich und Deutschland in der sogenannten Casablancasache wegen einer
Fremdenlegionärsangelegenheit (1909), zwischen Frankreich und England
wegen der einheimischen Bevölkerung des britischen Schutzstaates Maskat
m Arabien (1904), zwischen England und den Vereinigten Staaten in Zu-
slandigkeitsfragen bezüglich der Fischereigerechtigkeit innerhalb des Atlan-
tischen Ozeans (1910), zwischen Rußland und der Türkei wegen einer
Kriegsentschädigung (1912) und schließlich zwischen Italien und Frankreich
wegen einiger Seeprisen in dem italienisch-türkischen Kriege (1913). Noch
in den zehn Jahren 1844-1854 waren nicht mehr als nur neun Schieds-
gerichtsfälle; aber schon zwischen 1894 und 1904 stieg ihre Zahl auf volle
fünfundsiebzig.
Auch der Haager Schiedsgerichtshof hat bereits Gelegenheit gehabt, in
den nunmehr erst zwölf Jahren seines Bestehens (1902-1913) zwölf Schieds-
gerichtsurteile zu sprechen, also in jedem Jahre durchschnittlich eines
Auch die schiedsgerichtlichen Verträge haben sich von Jahr zu Jahr ver-
mehrt. Wie Ihre Zahl in den Jahren 1899-1913 gestiegen ist, erläutert
die folgende Tabelle in übersichtlicher Weise:
'^^ • • 3 1904 . . 26 1908 . . 24 1912 . . 3
'^°' • • ' ^905 . . 20 1909 . . 44 X913 . . 8
1902 . . 13 1906 . . 4 igro . . 20
^903 . . 3 1907 . . 5 1911 . . 13
So ist denn in der Gegenwart bei irgendwelcher Unstimmigkeit zwi-
schen den Staaten der Gedanke, der jedem auf Gemeinwohl und Gerc'^htio--
keit bedachten Volke stets zuerst kommt, der: die vorliegende Streitfrage
der Entscheidung des Haager Gerichtshofes Unterbreitet zu sehen. Die
bchiedsgenchtsverträge sind wesentliche Sicherheiten des Friedens, beson-
ders wenn es sich, wiezwischen Argentinien und Italien, zwischen Dänemark
und Holland, um einen Vertrag ohne jedweden Vorbehalt handelt, dem
488 Siebentes Buch.
die Schiedsgerichtsentscheidung als eine für alle Zeiten uneingeschränkt
und bindend gültige Bedingung zugrunde liegt.
Aller Voraussicht nach ist es die hier besprochene Bewegung, die den
größten Kulturfortschritt darstellt, den unsere menschlichen Gemeinschaf-
ten seit langen Jahrhunderten verwirklicht haben 1 Geradezu mit Blindheit
muß derjenige geschlagen sein, der nicht sieht, daß der Krieg in allen
seinen Gestalten, ja auch schon in der des bewaffneten Friedens, zu allen
Zeiten der größte Feind des Menschengeschlechts gewesen ist. Die Herr-
schaft der Willkür zwischen den Einzelwesen, die die gesitteten Staaten
durch die Einrichtung des staatlichen Polizei- und Gerichtswesens glück-
lich beseitigt haben, wütet bedauerlicherweise noch immer zwischen den
Staaten selbst; denn, wenn die Staaten so auf ihre sogenannte Selbst-
herrlichkeit pochen, bedeutet das offenbar gar nichts anderes, als daß sie
sich ein Recht anmaßen, ungestraft Unrecht tun und an Stelle der Ge-
rechtigkeit ihre Willkürlichkeiten, Gelüste und Launen setzen zu dürfen!
Es ist das in sittlicher Beziehung einfach etwas Ungeheuerliches!
Doch unter andern Gesichtspunkten ist es noch mehr, ist es doch
unter dem des wohlverstandenen Interesses geradezu etwas Widersinniges!
Denn, wenn ein Volk auch noch so mächtig ist, wird es doch immer nur
dann seinen Vorsprung behalten, wenn es gegen eine etwaige Ungerechtig-
keit von Nachbarn, die möglicherweise stärker oder glücklicher sind, eine
Zuflucht im Rechte sucht.
Durch den Schein der Gegenwart tind die Erinnerung an eine noch
sehr junge Vergangenheit verwirrt, machen wir uns auch heute noch immer
nicht richtig klar, welcher große Kulturfortschritt eigentlich gemacht
worden ist. Aber in einer ganz nahen Zeit wird schon die Erkenntnis
aufdämmern, daß der allgemeine Schiedsgerichtszwang die Erhebung der
Gerechtigkeit auf den Weltenthron bedeutet, worauf alle Gesittung beruht!
Bis jetzt hat die Welt stets nur in einem Zustande der Barbarei gelebt!
Wer nach dem bloßen äußeren Scheine urteilt, möchte wohl dem
Glauben zuneigen, daß die Geschicke der Welt nicht dem Frieden zu-
streben ; denn noch nie sind die Rüstungen so furchtbar gewesen, wie gerade
jetzt, noch nie ist die gegenseitige Überbietung an Kriegshetzereien bei den
Völkern so leidenschaftlich gewesen! Mit der Abrüstung allerdings wird
die Friedenstätigkeit unter den Völkern nicht beginnen können. Unmög-
lich kann es heißen: „Zunächst die Abrüstung und alsdann das Schieds-
gericht /" Der Satz ist vielmehr umzukehren : Die Abrüstung ist nicht
möglich, ehe nicht die Rechtsprechung zwischen den einzelnen Staaten fest
und dauernd aufgebaut sein wird, d. h. ehe nicht das Schiedsgerichts-
Die Herrschaft der Wissenschaft. z^8g
verfahren vor dem Haager Gerichtshof e für jeden Streitfall zwischen zwei
Völkern allgemeinverbindlich geworden sein wird!
So haben denn auch wohlweislich in den letzten vierzig Jahren alle
europäischen Völker, anstatt abzurüsten, immer -nur daran gedacht, wie
sie am besten die Zahl ihrer Soldaten vermehren und das Material ihrer
militärischen Kräfte vervollkommnen konnten. Mit Ausnahme von Eng-
land wurde die allgemeine Wehrpflicht in allen Ländern eingeführt, und
müssen sämtliche jungen Leute zwei bis drei Jahre dienen. Eine schwere
Last, die unsere Vorfahren dereinstens noch nicht gekannt haben! Die
Heeresstärke beläuft sich für Europa in Friedenszeiten auf insgesamt
etwa fünf Millionen, steigt aber in Kriegszeiten bis auf die vierfache Höhe.
Wenn durch einen europäischen Krieg «ine allgemeine Mobilisierung nötig
würde, so wären es wohl an zwanzig Millionen Menschen, die zu den Waffen
greifen würden. Auch die Kleinstaaten wie Dänemark, Norwegen und
Portugal hielten es gleichfalls für ihre Pflicht, Heere auf die Beine bringen
zu müssen, die im Verhältnisse zu ihrer Bevölkerungszahl als sehr starke
zu bezeichnen sind.
Vor allem schreibt sich hieraus auch ein unglaubliches Anwachsen der
Ausgaben des Staates her. In jedem Lande, und zwar ausnahmslos, ver-
schlingen die Staatshaushalte des Krieges und der Marine zusammen-
genommen mindestens ein Drittel aller jährlichen Einnahmen oder, noch
besser gesagt, zwei Drittel, wird doch ein ganzes Drittel zur Verzinsung
der Staatsschuld, d. h. für diejenigen zurückliegenden militärischen Aus-
gaben verwendet, die noch die gegenwärtigen Geschlechter zu tragen
haben. Großbritannien, dessen Landheer verhältnismäßig klein ist, hat
eine Flotte ausgerüstet, die für sich allein ims;tande ist, den vereinigten
Flotten aller übrigen Mächte die Spitze zu bieten, imd dieses Land ver-
wendet alljährlich Riesensummen auf den Bau seiner Kriegsschiffe. Da
wollen natürlich auch Deutschland, Frankreich und Rußland nicht zurück-
bleiben, so daß die Anzahl, die Stärke und der Preis der Panzerkreuzer
von Jahr zu Jahr im Steigen begriffen ist.
Die Kriegskunst hat sich auch bis auf die geringsten Kleinigkeiten von
Grund aus umgebildet. Die Umwälzung ist eine so durchgreifende, daß
in den letzten vierzig Jahren mehr Veränderungen als in früheren zwei
Jahrhunderten vor sich gegangen sind. Die Tragweite der Geschütze ist
fast doppelt so groß geworden wie vorher. Dabei haben sie an Leichtig-
keit und Handlichkeit gewonnen. Ihre Abfeuerung ist eine schnellere und
490 Siebentes Buch.
sicherere. Wenn die Granaten aufschlagen, bedecken sie mit ihren Ge-
schossen eine ausgedehntere Fläche. In wenigen Minuten läßt sich eine
Geschützreihe aufstellen, die auf zwei bis drei Kilometer Entfernung einen
genau abgegrenzten Raum unhaltbar macht. Die Erfindung des rauch-
losen Pulvers, das alles bisher dagewesene an Wirkung übertrifft, und bei
dem die Herkunft des Schusses nicht zu erkennen ist, macht sowohl diel
Geschütz- wie die Gewehrfeuer um so schrecklicher, als nun auch niemand
mehr weiß, woher sie kommen. Die Granaten sind mit Sprengkörnern,
gefüllt, die mit einer ganz unerhörten Gewalt zerplatzen und giftige Gase
verbreiten. Die Gewehre aber, mit denen die Infanterie versehen ist, sind
Präzisionsmaschinen im strengsten Sinne des Wortes und so recht fürs
Schnellfeuer geeignet.
So ist heute die gesamte Bewaffnung furchtbar und unwiderstehlich!
Fünftausend Soldaten, die mit den heutigen Waffen ausgerüstet sind,
würden mit Leichtigkeit über die zehnfache Übermacht triumphieren,
wemi diese noch in dem alten Stile von 1870 bewaffnet wärel
In ganz entsprechender Weise ist auch die Taktik unserer Tage der
früheren in gar nichts ähnlich geblieben. Die Infanterie, Artillerie, ja
selbst die Kavallerie haben Dienstordnungen, die den einstigen auch nicht
in einem Punkte gleichen! Es ist wirklich nicht vorauszusehen, wie ent-
setzlich das heillose Massengemetzel sein wird, das in die Erscheinung
treten muß, wenn die neuen Waffen und Kampfesweisen durch zwanzig
Millionen Soldaten zur Anwendung kommen!
Die gesamten wissenschaftlichen und industriellen Entdeckungen wurdsn
alsbald in den Dienst des Kriegswesens gestellt, als ob wahrhaftig nur
dies und nichts anderes ihre Bestimmung wäre! Flugmaschinen, Luft-
schiffe, drahtlose Telegraphie, Automobile, das werden die furchtbaren und
unentbehrlichen Hilfen für jede Truppenbeförderung wie auch für die
offene Schlacht selbst sein! Im Mobilmachungsfalle werden die Eisen-
bahnen einzig und allein für Truppen, Lebensmittel und Kriegsbedarf da
sein! Für die bürgerlichen Reisenden wird es ebensowenig eine Beförde-
rung geben, wie für Warenverkehr und Güteraustausch sowie die Lebens-
mittelversorgung der Städte, so daß schließlich die Volksmassen Hungers-
not leiden werden, nur, damit die Soldaten sich ernähren könnten! In
wenigen Tagen werden sich nahezu eine Million Menschen auf beiden
Seiten der Grenze vereinen lassen! Im Verlauf von nur vierzehn Tagen
kann diese Zahl schon verdreifacht werden ! Die Zukunftsschlachten werden
sich von den bisherigen sicher mehr unterscheiden als etwa die bei Wagram
von der bei Bouvines! Die großen Kriege der Vergangenheit sind die
\
Die Herrschaft der Wissenschaft. ^g i
reinen Kinderspiele denen gegenüber, für die gefühllose Wissenschaft
menschlicher Raserei erst die Wege gebahnt hatl
Ein auch noch so flüchtiger Entwurf von der inneren Geschichte der
verschiedenen europäischen Länder in den Jahren 1871 — 191 2 würde uns
hier zu weil führen. Aber sie läßt sich in dem einen Satze zusammen-
fassen, daß sich alle diese Länder in demokratischer Richtimg entwickelt
haben. Die Regierungsformen haben in dieser Zeit allerdings nirgendwo
in Europa gewechselt, abgesehen von Portugal, das ein unfähiges Herr-
schergeschlecht vertrieben hat und eine Republik geworden ist (1910).
Die Regierungen der beiden Länder, in denen das Selbstherrschertum am
unumschränktesten waltete, Rußlands und der Türkei, haben sich schließ-
lich wenigstens einem gewissen Scheinparlamentarismus gefügt. So hat denn
wohl ganz Europa das Zweikammersystem angenommen, und zwar derart,
daß bis auf das engere Preußen* mindestens eine Kammer aus dem direkten
Wahlrecht hervorgegangen ist und sie beide zusammen über den Staats-
haushalt des bevorstehenden Jahres abstimmen. Noch im Jahre 1812 gab
es ausschließlich in Frankreich und in England ein Parlament. Es hat für
die anderen europäischen Staaten eines ganzen Jahrhunderts bedurft, sich
zu verfassungsmäßigen und parlamentarischen Gebilden zu entwickeln.
Doch nicht etwa bloß darum, weil die Herrscher zur Unterwerfung
unter eine Verfassung gezwungen wurden, ist der Charakter der heutigen
Gemeinschaften ein wahrhaft demokratischer geworden, es liegt das vor
allem an der Gesamtheit der Gesetze und Sitten, die ein solcher Geist
durchweht.
Die erblichen Vorrechte wurden überall beseitigt, abgesehen vielleicht
von England, wo sie in einem ganz kleinen Umfange beibehalten wurden.
Überall besteht, wenigstens theoretisch, Gleichheit vor dem Gesetze, vor
der Steuer und vor der Wehrpflicht. Alle Verfassungen verkünden nach
dem Muster der berühmten Erklärung der Menschenrechte vom Jahre 1789
diese Gleichheit, die in den herrschenden Gebräuchen und Sitten nur
ihre Bestätigung findet.
Das unbewußte Streben der heutigen Gemeinschaften zu einem immer
demokratischeren Zustande tritt besonders in dem regen Ausbau der Schul-
und Arbeiterschutzgesetzgebung in die Erscheinung.
Alle Völker, und zwar zunächst Norwegen und Schweden, dann aber
* Zum preußischen Herrenhaus werden die Mitglieder ernannt.
492 Siebentes Buch.
auch besonders Deutschland und weiter Frankreich und die Schweiz,
kamen allmählich zu der Einsicht, daß es die vornehmste Pflicht einer
Regierung ist, der gesamten Jugend, gleichviel, ob es sich um die Kinder
von reichen oder armen Eltern, in der Stadt oder auf dem Lande, handelt,
den ersten Unterricht in den Anfangsgründen zu geben. In ganz Europa,
mit alleiniger Ausnahme von Rußland und Spanien, müssen die Kinder
heute Lesen und Schreiben lernen. Der Unterricht in den Anfangsgründen
ist verbindlich geworden, und die Schulpflicht hat wieder die Unentgelt-
lichkeit im Gefolge, die natürlich dem Staate ziemlich erhebliche Lasten
auferlegt.
Die Ausbreitung der Bildung unter allen Bevölkerungsklassen macht
gerade die eigentliche Grundlage der Demokratie aus. Die Bildung ist
kein Klassenvorrecht mehr. Jeder Staatsbürger kann sich durch Zeitungen
und Bücher von Menschen und Dingen seine persönliche Anschaui^g ge-
stalten. So kann die Stimme, die er abgibt, überlegt und bewußt sein.
Auch hat die Zeitung, die das Buch leider immer mehr und mehr zu
entthronen strebt, einen bald segensreichen, bald verhängnisvollen, doch
nie unbedenklichen wachsenden Einfluß über das gesellschaftliche Leben
gewonnen. In den besonders demokratischen Ländern, wie in den Ver-
einigten Staaten, ist das erste, sobald nur eine Stadt aus dem Boden
zu wachsen beginnt, daß eine Zeitung erscheint. Es gibt in den Ver-
einigten Staaten mehr Zeitungen als in ganz Europa. Aber auch in Europa,
wenigstens in den Großstädten, hat die Zeittmg schon vollständig auf-
gehört, Luxusartikel zu sein und wird statt dessen als dringendstes Be-
dürfnis empfunden. Der Einfluß der Tagespresse steigt von Tag zu Tag.
Das unbekannteste Gemeindeblättchen des verlorensten Fleckens gibt auch
stets einige Benachrichtigungen über alles Bedeutendere, was sich soeben
in irgendwelchem Winkel der weitesten Welt abgespielt hat. Dank dem
sich so weit hinziehenden gewaltigen Telegraphennetze wird jedes Ereignis,
ob wichtig oder nicht, mag es sich auch am Ende unserer Erdenwelt zu-
tragen, alsbald überall bekannt, und von hundert Millionen von Menschen-
wesen verstanden und von jedem wieder selbständig ausgelegt. Die
Menschenwelt ist gewissermaßen zu einem äußerst empfänglichen le-
benden Organismus geworden, dessen einzelne Teile sogleich sämtlich
den Stoß mitempfinden, den er selbst an den fernsten Extremitäten
erlitten hat. Jeder Staatsbürger ist durch die bloße Kenntnis der Welt-
ereignisse zum Weltbürger geworden. So ist das Geistesleben der heutigen
Menschen von dem der einstigen, die lange Zeit auch nicht die Ge-
schehnisse in ihrer Nachbarstadt kannten, hierdurch selbst dann durch
Die Herrschaft der Wissenschaft. 493
und durch verschieden, wenn sie von der Außenwelt durch Ströme,
Meere oder Berge abgeschnitten sind!
So hat sich denn erst in unseren Tagen die Entdeckung Johann Guten-
bergs richtig in allen ihren wunderbaren Erscheinungsformen entwickeln
können. Sie hat fast volle vier Jahrhunderte gebraucht, um alle ihre
Früchte zur Reife zu bringen. In der maßlosen Entwicklimg der Tages-
presse mag allerdings schon vielleicht etwas Ungesundes liegen. Doch
wird durch sie ebensowenig wie durch die Volksschule sich die Menschheit
neue Gebiete erobern können, vielmehr wird dies allein durch den höheren
Unterricht und den Universitätsbetrieb, besonders aber durch die wissen-
schaftliche Forschung eintreten. Aber bis jetzt haben die Demokratien,
wenn sie auch ein paar schwächere verdienstliche Bemühungen nach dieser
Richtung gemacht haben, doch im wesentlichen mehr für den Volksschul-
unterricht als für die reine Wissenschaft Sorge getragen. Diese kommt
für sie wenig oder gar nicht in Betracht. Sie haben nun einmal die mili-
tärischen Dinge auf die erste und die Volksbildung auf die zweite Stufe
gestellt, und nur widerwilhg denken sie an die unbekannten Welten, deren
Betreten ihnen ausschließlich die Wissenschaft ermöglicht. Um sich hier-
von zu überzeugen, genügt es schon, sich einmal die Verteilung unserer
Staatshaushalte anzusehen, Frankreich hat zum Beispiel im Jahre 191 1
nicht weniger als 1354 Millionen Frank für militärische Dinge angesetzt,
doch schon bloß 288 für den Unterricht und nur erbärmliche 2 für die
unabhängige wissenschaftliche Forschung. Auch in den übrigen Ländern
ist es kaum, viel anders.
Inmitten dieses allgemeinen Weltfortschritts, der sich auf alle Formen
menschlicher Tätigkeit ausdehnt, hat allein der Ackerbau in einem trau-
rigen Stillstande verharrt. Noch heute wird das Korn, die Rebe, der
Reis, der Tee, der Hafer und das Weidefutter kaum anders gebaut als
in den Tagen der Ceres und des Bacchus. Wissenschaft und Industrie,
die so wunderbare Maschinen für eine Bearbeitung der Metalle und für
eine schnelle Beförderung der Menschen ersonnen haben, konnten nicht
viel zur Verbesserung des Bodenertrages, von dem wir leben, und zur
Vervollkommnung der Pflanzen, von denen wir ims nähren, beitragen ! Und
auch noch das Wenige, was getan ist, bleibt der Landbevölkerung fast
unbekannt oder wird wenigstens von ihr verkannt. Noch heute bewegt
sich alles fast in demselben Geleise wie in uralten Zeiten, ganz gleich.
4g4 Siebentes Buch.
ob es sich um Aussaat, Ernte oder auch Weinlese handelt. Die
Hütten-, Bergwerks- und Maschinenbetriebe sind es, denen allmählich
immer mehr Kräfte zugelaufen sind, die die landwirtschaftliche Tätigkeit
in einer Weise zu verschmähen und zu verachten gelernt haben, daß
es möglich sein kann, daß das Land heute auch nicht um das geringste
ergiebiger geworden ist als in den ältesten Zeiten.
Anstatt sich zu vermehren, hat sich die Bevölkerung auf dem Lande
überall nur vermindert. Der Landmann beeilt sich etwas anderes zu
werden und will bloß kein Bauer mehr sein. Die Fluren entvölkern sich.
Der Dorfbewohner zieht in die Stadt, wo ungeachtet des furchtbarsten
Wettbewerbs die Löhne doch immerhin höher sind als in den Dörfern.
Daher die riesige Bevölkerungszunahme der Großstädte. In vierzig Jahren
ist der Zuwachs für Mailand 200 o/o gewesen, für Warschau 1750/0, für
Leipzig 4550/0, für Moskau 3700/0, für Hamburg 2900/0 und für Köln 3000/0.
Außerhalb Europas ist der Zuwachs der vornehmen großen Städte ebenso
gewaltig, ja zum Teil noch gewaltiger. Johannesburg, das ursprünglich
weiter nichts als eine felsige Hochebene gewesen war, hat gegenwärtig
257000 Einwohner, Sidney ist um 4460/0 gewachsen, Melbourne um 291 0/0,
Buenos Aires um 7200/0 und Tokio um 2250/0. In den Vereinigten Staaten
sind Großstädte an Orten emporgeschossen, die im Jahre 1870 noch nicht
zwanzigtausend Einwohner hatten, so Los Angeles (319 198 E.), Saint-Paul
(214744 E.). Noch weitere Städte, wie Chicago, sind sogar um 6300/0,
Cleveland um 600 0/0, Pittsburg um 520 0/0 gewachsen, New York hat mit
Vorstädten über fünf Millionen Einwohner (4766883 im Jahre 1910).
Es gibt in den Vereinigten Staaten fünfzig Städte mit über hundert-
tausend Seelen, und die Bevölkerung dieser fünfzig Städte stellt 230/0 der
Gesamtbevölkerung dar. In Frankreich stellt die Bevölkerung der Städte
von hunderttausend Einwohnern 12 0/0 der gesamten Bevölkerung dar, in
Deutschland 200/0, in Spanien loo/o und in Rußland 40/0. In England, das
allmählich ganz aufgehört hat, ein ackerbautreibender Staat zu sein, um
fast ausschließlich ein bergbautreibender sowie ein Handels- und Industrie-
staat zu werden, beträgt das Verhältnis der Bürger, die die Großstädte
(von über hunderttausend Einwohnern) bewohnen, zu der gesamten Be-
völkerung mehr als 50 0/0.
Im Jahre 1870 waren in der ganzen Welt, abgesehen von China, nur drei
Städte mit über einer Million Einwohner (London, Paris, New York).
Heute sind es schon dreizehn. Nur neun Städte hatten damals über fünf-
hunderttausend Einwohner. Heute sind es neununddreißig.
Die Herrschaft der Wissenschaft.
495
Städte von über 500000 Eimohnem L J. 1911.
1871
1911
Zuwachs
nach Prozenten
1441
4766
230
3267
4521
38
1851
2888
55
674
2i86
225
299
2185
630
825
2080
152
834
2031
130
790
1911
140
674
1545
130
700
1505
115
177
1449
720
373
1226
230
420
1000
140
450
942
HO
240
932
290
201
880
340
310
864
175
477
784
65
493
746
50
314
737
135
351
714
104
311
687
120
448
678
50
250
670
175
353
654
85
200
600
200
332
599
80
240
588
145
277
587
HO
93
560
500
267
558
HO
177
551
210
312
550
75
244
542
120
86
■533
520
343
525
53
323
523
60
129
516
300
207
514
150
New York . ,
London . . .
Paris . . . .
Tokio . . . .
Chicago . . .
Berlin . . . .
Wien . . . .
Petersburg . .
Philadelphia . .
Moskau . . .
Buenos Aires .
Osaka . .
Rio de Janeiro
Konstantinopel .
Hamburg . . ,
Budapest . .
Warschau . .
Glasgow . . .
Liverpool . . .
Brüssel . . .
Manchester . .
Saint-Louis . .
Neapel . . .
Boston . . .
Kairo . . . .
Mailand . . .
Madrid . . .
Barcelona . .
Amsterdam . .
Cleveland . .
Baltimore
Dresden . . .
Marseille . . .
Rom . . . .
Pittsburg . . .
Birmingham . .
Lyon . . . .
Köln . . . .
Breslau . . .
Die Arbeiter, die in diesen Riesengemeinschaften zusammengepreßt ihr
Dasein führen müssen, haben aus ihrer Mitte heraus eine eigene Lebens-
496 Siebentes Buch.
anschauung gebildet, die mit der des Landmannes auch in gar nichts
übereinstimmt, sondern ihr vielmehr schnurstracks zuwiderläuft. Damit
ist aber auch die Geistesrichtung in der ganzen Welt eine andere ge-
worden. Um das Jahr 1848 hatten noch die Handwerker, von den
Träumereien und Schwärmereien gewisser edler Volksfreunde wie der deut-
schen Nationalökonomen Hermann Schulze-Delitzsch, Franz Duncker und
Max Hirsch angesteckt, den etwas verschwommenen und unbestimmten
Genossenschaftssozialismus angenommen, aber schon im Jahre 1913 hielten
sie es, ohne etwa darum auf die von einigen ihrer Theoretiker
bekannten doktrinären Ideen zu verzichten, für praktischer, sich
in Gewerkschaften oder Syndikaten (trade-unions) zusammenzuschließen.
Diese Gewerkschaften waren im Laufe der Zeit zu einem gewaltigen Ein-
flüsse gelangt. Die Zahl ihrer Angehörigen ist beträchtlich und übt durch
diese wuchtige Masse einen gebieterischen Zwang aus. Sie fassen allgemein-
verbindliche Beschlüsse, die zwar in vereinzelten Fällen von einem gewissen
Maß von Weisheit, im allgemeinen aber von der willkürlichsten Gewalt
zeugen; wenn sie den Augenblick günstig halten, beschließen sie, um einer
Lohnerhöhung willen oder aus irgendeinem andern Grunde, die Arbeits-
einstellung. Aber das Räderwerk des gegenwärtigen gesellschaftlichen Be-
triebes ist so verwickelt geworden, daß die Riesenmaschine in dem Augen-
blicke zu funktionieren aufhört, wo ein einziges ihrer Räder den Dienst
versagt, stehen doch alle die Einzelteile, in größerer oder geringerer Ab-
hängigkeit von dem Ganzen, jedenfalls im engsten Zusammenhang unter-
einander; mag es sich nun um Post, Eisenbahn, Fuhrwesen, Elektrizitäts-
werke, Buchdrucker, Bäcker oder auch Polizeibeamte handeln, die Gefahr
dieser allgemeinen oder teilweisen Zusammenschließungen und Arbeits-
einstellungen beruht auf der Schwierigkeit, die sie der Regierung machen,
die Freiheit der Arbeit aufrechtzuerhalten, die doch wohl noch heiliger
gelten muß als die Freiheit der Arbeitseinstellung.
Um in den Parlamenten und Regierungen einen Anteil zu erlangen, wie
er ihrem zahlenmäßigen Übergewicht entsprechen würde, haben die
Arbeiter unter Bezeichnungen; die je nach den einzelnen Ländern ver-
schiedene sind, eine große Partei begründet, die sich in Frankreich die
sozialistische, in Deutschland die sozialdemokratische und in England
rundweg die Arbeiterpartei nennt. Ihr Programm ist ein mehr wirtschaft-
liches als politisches. Sobald sie aber ins Parlament eintreten, sehen sie
sich jedoch gezwungen, sich in die politischen Tageskämpfe zu mischen.
Ihre Macht wächst zusehends, so daß von Jahr zu Jahr bei den Wahlen
ein Wachstum der sozialistischen Stimmen zu bemerken ist. So läßt sich
Die Herrschaft der Wissenschaft. 497
schon heute voraussagen, daß die Stunde unvermeidlich ist, wo sie über
die ihnen von der überlieferten alten Gesellschaft gemachten Einwendungen
einen endgültigen Triumph feiern werden.
Auch hat sich durch ihren Einfluß schon, jetzt an der alten Gesetz-
gebung eine gründliche Umgestaltung vollzogen. Obwohl sie noch nicht
die höchste Macht erlangt haben, haben sie doch schon manche der
Arbeiterklasse höchst günstige Gesetze durchgesetzt.
Den Anfang der sozialen Reformen hat das Verbot der Arbeit von
Kindern unter zwölf Jahren gemacht. Hierauf sind dann verbindliche
Altersversicherungskassen eingerichtet worden, die es verhüten, daß der
Arbeiter in seinen alten Tagen in Not und Elend kommen kann. Rege-
lungen vielfacher Art für die Entschädigung von Arbeitsunfällen wurden
getroffen, und eine gesetzliche Sonntagsruhe eingeführt.
Noch steht der endgültige Entschluß aus über ernstere in der Schwebe
befindliche Fragen, wie billige Arbeiterwohnungen, Lohnfestsetzungen,
Gewinnanteile, Schiedsgerichte bei Arbeitseinstellungen und eine fort-
schreitende Einkommensteuer, alles einschneidende Probleme, deren auch
nur theoretische Lösung außerordentlich schwierig ist.
Seit nun schon bald einem halben Jahrhundert wird der Bürgerstand,
d. h. die Arbeitgeber- und Grundbesitzerklasse, beständig gezwungen, den
Arbeilerforderungen immer weiter nachzugeben. Jede neue Gesetzgebung
reißt ihm einen neuen Fetzen seiner bisherigen Allmacht ab. Höchst wahr-
scheinlich werden die Arbeiter im Bewußtsein ihres Übergewichts und folg-
lich auch ihrer Macht, die von Tag zu Tag mit dem immer weiteren
Schwinden der Landbevölkerung zunimmt, nicht auf halbem Wege stehen
bleiben, sondern schließlich ihr Programm endgültig durchdrücken. Nie-
mand kann voraussagen, wie die gleichmacherische Ordnung dieser neuen
Gesellschaft aussehen wird. Aber niemand kann seine Augen so ver-
schHeßen, daß er nicht sähe, wie wir uns zu ihr mit immer größeren
Eilschritten hin entwickeln. Besonders seit 1880 sind die europäischen
Völker von Grund aus demokratisch geworden, noch weit demokratischer
und gleichmachungssüchtiger, als es sich nur je die Philosophen des
Jahres 1848 für eine ferne Zukunft hatten träumen lassen.
Doch die Forderungen der Arbeiter wachsen in gleichem Maße, wie man
sie zu befriedigen sucht. Da also diese in ihren Ansprüchen nicht stehen
bleiben, und andrerseits die Besitzer die Kapitalien sich nicht widerstands-
los enteignen lassen werden, so ist es leider nicht ausgeschlossen, daß die
Menschheil, nachdem sie sich glücklich von den unsinnigen Religions- und
498 Siebentes Buch.
Völkerkriegen befreit hat, nun eines Tages den Schrecken der sozialen
Kriege kennen lernen wird, die um so grausamer sein werden, je gerechter
ihre Ursache erscheinen wird.
Die Bewegung in der Menschheit kennzeichnet sich gegenwärtig weniger
durch die Schnelligkeit, mit der ihre Fortschritte vor sich gehen, als durch
ihre bloße Bevölkerungszahl. Ohne Zweifel ist zu andern Zeiten die Fort-
pflanzungsfähigkeit des Menschengeschlechts keine andere als heute ge-
wesen, höchstens noch eine größere; doch Hungersnöte, Seuchen und
lange Kriege waren so recht dazu da, die Zunahme der Menschenrasse
zu verhindern. Aber heute sind jene fast verschwunden. Auch waren die
Auswanderungen und Ansiedelungen in früheren Zeiten langwierig und
gefährlich, während sie heute ohne jedes Bedenken und ohne jede Schwie-
rigkeit vor sich gehen. Eine Bevölkerung, die sich auf dem Boden, auf
dem sie geboren ist, nicht ernähren kann, begibt sich, ohne sich irgend-
welchen Kosten oder Wagnissen aussetzen zu brauchen, einfach an das
andere Ende der Welt, um Arbeit zu suchen und auch wirklich zu finden.
Mit einem Worte: nicht die Geburtenziffer ist gewachsen — sie zeigt
sogar ein andauerndes Streben, sich bei den Kulturvölkern immer mehr
zu verringern — , aber die Sterblichkeit ist ganz gewaltig herunter-
gegangen.
Im übrigen ist die jetzige Bevölkerungszahl der Erde schlechthin weit
stärker als in irgendeinem andern Augenblicke der Menschheitsgeschichte.
Infolgedessen wird auch der Bevölkerungszuwachs als solcher, selbst bei
einer schwachen Geburtenziffer, von Jahr zu Jahr immer größer.
In den letzten vierzig Jahren hat der endgültige Bevölkerungszuwachs
der gesamten Menschheit — allerdings ungerechnet der afrikanischen
Schwarzen und der Chinesen, für die es keine auch nur annähernd genaue
Statistik gibt — vierhundertfünfzehn Millionen betragen, was, auf ein Jahr-
hundert berechnet, etwa eine runde Milliarde ergeben würde. Die Be-
völkerung der Erde, die im Jahre 191 5 annähernd zwei Milliarden betragen
wird, wird also, falls nicht irgendein gesellschaftliches oder kosmisches
elementares Ereignis eintritt, in etwa hundert Jahren bis auf drei Milliarden
steigen.
Nun haben die verschiedenen Völker nicht etwa im gleichen Verhältnis
zugenommen. Die, die am schnellsten zugenommen haben, sind die, die
Die Herrschaft der Wissenschaft.
499
sich durch die Einwanderung vermehrt haben. Britisch-Südafrika (Trans-
vaal, Kapland, Natal, Oranjefreistaat) ist im Verhältnis von loo zu 690
gewachsen, Argentinien von 100 zu 415, AustraUen von 100 zu 325 und die
Vereinigten Staaten von 100 zu 225.
An dem gesamten Wachstume der menschlichen Bevölkerung beträgt
der Anteil der unzivilisierten Völker oder solcher halbzivdlisierter wie
Ägypter, Japaner, Chinesen, Malaien, Algerier, Indochinesen und Hindus
zwei Fünftel, d. h. 40 0/0, der der Slawen 20 0/0 und der der Amerikaner
spanischer wie englischer Zunge ebenfalls etwa 20 0/0. Der Anteil des ge-
samten Europas aber (Großbritanniens, Deutschlands, Italiens, Spaniens,
Frankreichs und anderer europäischer Völker) beläuft sich in dem gesamten
Wachstum auf nur ein Fünftel (20 0/0).
Gesamtzuwachs
in vierzig Jahren
(1870—1910)
Ansatz des
Steigens
in Prozenten
Bevölkerungs-
verhältnis
i. J. 1910
Farbige Rsissen
Slawen
164.8
76,8
31.4
53.6
14.4
71,8
2,2
164
186
187
235
300
145
106
40
20
Spanisches und portugiesisches
Amerika
Vereinigte Staaten
Englische Kolonien
Europäische Völker (ausschließ-
lich Frankreichs)
Frankreich
10
13
4
3
IG
415,0
Mithin beträgt der gesamte Bevölkerungszuwachs der Erde in vierzig
Jahren rund 415 Millionen.
Wenn wir die slawischen, die amerikanischen Länder mit spanischer
und portugiesischer Sprache und dann auch noch die vier skandinavi-
schen Länder (Finnland, Dänemark, Schweden und Norwegen) unter je
einer Einheit zusammenfassen, so erhalten wir folgendes anschauliche
Bild über den Menschenzuwachs nach Millionen in den letzten vierzig
Jahren (1870— 1910):
5oo
Siebentes Buch.
I. J. 1870
I. J. 1910
ZUWACHS
IN
MILLIONEN
PROZEN-
TUALER
ZUWACHS
Indien
Rußland und andere slawische
Länder
Vereinigte Staaten ....
Spanisches und portugiesisches
Amerika " .
Deutschland
Skandinavische Länder ■ . .
Japan
Osterreich
Großbritannien
Frankreich
Java
Italien
Spanien und Portugal . . .
90,0
38,5
37.5
40,1
35.0
35,9
31.9
36.6
22,6
26,6
22.0
324,3
166,8
92,1
68,9
64.9
13,4
5^,6
49,4
45.4
3Ö.8
38,1
34,7
27,6
122,8
76,8
53,6
31.4
24,8
4,2
16,6
13.5
13,5
2,2
15,5
7,9
5.6
162
186
235
187
163
46
147
137
,44
106
170
131
126
Diese Zahlen zeigen mit unwiderstehlicher Deutlichkeit bei den euro-
päischen Völkerschaften (mit Ausnahme der Slawen) ein weit weniger
rasches Wachstum als bei denen Asiens und Amerikas, eine Erscheinung,
die auf die zunehmenden Auswanderimgen der ersteren und vielleicht
noch mehr auf, den Geburtenrückgang, den sie zu verzeichnen haben,
zurückzuführen ist.
Um aber diesen Schluß so recht in seiner vollen Bedeutung zur An-
scliauung zu bringen, ist es gut, sich einmal die farbigen und die weißen
Völkerschaften nebeneinander zu vergegenwärtigen und einige von ihnen
in bunter Ordnung zusammenzustellen.
Einen eigenen Reiz hat es, einmal die Zahlen für die Länder hervor-
zuheben, bei denen der Bevölkerungszuwachs 170 0/0 überstiegen hat, und
unter ihnen ganz besonders auch die außereuropäischen:
Die Herrschaft der Wissenschaft.
5oi
BEVÖLKERUNGS-
ZUWACHS
nach Prozenten
innerhalb von vierzig
Jahren
Britisch-Südafrika 690
Argentinien und Urug^uay 4^5
Australien 325
Ägypten 260
Vereinigte Staaten 235
Serbien 222
Brasilien 212
Liberia 207
Polen (d. h. das gesamte polnische Sprachgebiet) . . ^ . . 205
Chile ig4
Rußland (ausschliefilich Polens) 186
Algerien 179
Kanada 174
Venezuela 173
Colombia 171
Java 170
So zeigt Europa ein weit weniger rasches Wachstum als die übrigen
Weltteile, und in Europa sind es allein die Slawen, die sich wirklich stark
vermehren.
Nach den von ihnen gesprochenen Sprachen ist das Wachstum der
Völkerschaften innerhalb von vierzig Jahren, in absoluten Zahlenwerten
ausgedrückt, das folgende gewesen:
Engländer 72 000 000
Spanier und Portugiesen .... 37 000 000
Slawen fy 000 000
Andere 63 000 000
Farbige Rassen 166000000
Doch diese Angaben sind nichts weniger als abschließend, da in ihnen
weder auf China, dessen leider nicht bekannter Bevölkerungszuwachs
wahrscheinlich jeder Voraussetzung Hohn sprechen >und, wenn er in die
Rechnung eingestellt werden könnte, alles umstoßen würde, noch auf die
Schwarzen Afrikas, noch auf die Mestizen, Mulatten und Neger von Nord-
und Südamerika Rücksicht genommen ist.
14 Richet, Geschichte der Menschheit, II.
5o2 Siebentes Buch.
Doch ist es auch ohnedies ganz klar, daß die weiße Rasse, trotz ihres
überlegenen Geistes und obwohl sie die andern Menschenrassen unter
ihrer Herrschaft hält, doch weit weniger rasch als diese wächst. Dieselbe
zunehmende Zivilisation, die bei den Weißen den Geburtenzuwachs ein-
schränkt, hebt ihn umgekehrt bei den minderwertigen Rassen.
Unter den Weißen vermehren sich wieder, als die jüngsten Kinder der
Zivilisation imter ihnen, ganz besonders schnell die Slawen. Die Be-
völkerung des europäischen Rußlands belief sich im Jahre 191 3 auf 168 Mil-
lionen. Fügt man nun den Slawen dieses Landes noch die Balkänslawen
sowie die Österreichs und Preußens hinzu, so kommt man auf eine Zahl
von etwa zweihundert Millionen Menschen, die slawische Sprache spre-
chen, gegenüber himdertf ünfzig Millionen, die englisch sprechen, hundert,
die spanisch, fünf undsiebzig, _die deutsch, und fünfundvierzig, die fran-
zösisch sprechen.
Nach ihrer stärkeren Bevölkerungszunahme, sollte man glauben, müßte
die Sprache der Slawen oder die der Engländer einen Vorsprung vor allen
übrigen gewinnen. 'Doch die slawischen Sprachen sind, genauer besehen,
recht verschieden voneinander und haben zudem eine außerordentlich
verwickelte Laut- und Formenlehre, die englische Sprache aber ist so
willkürlich in ihrer lautlichen Gestaltung, daß eine noch weitere Ausbrei-
tung derselben nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit hat. Eine weit
größere kommt der besonderen Neuschöpfung einer eigenen internationalen
Sprache zu, deren Grammatik keine besonderen Schwierigkeiten bieten
darf, deren Wortschatz sich auf dem Lateinischen aufbauen und deren
Schrift ebenfalls eine lateinische sein muß; das Englische ist ja im Grunde
genommen auch eine mit dem Lateinischen durchsetzte Sprache, und auch
das Deutsche hat eine nicht geringe Zahl lateinischer Bestandteile.
Nun hat die Erfahrung gezeigt, daß ein Kind gleichzeitig zwei Idiome
lernen und sprechen oder mit andern Worten im Besitze zweier Mutter-
sprachen sein kann, beispielsweise des Provenzalischen neben dem Fran-
zösischen, des Bretonischen neben dem Französischen, des Baskischen
neben dem Spanischen, des Walhsischen neben dem Englischen, des Finni-
schen neben dem Schwedischen, des Wendischen neben dem Deutschen.
Dann werden, und zwar ohne Zweifel schon in einer nahe bevorstehenden
Zeit, die Menschen begreifen, daß es unvorteilhaft ist, in einer iilles läh-
mend«! unerfreulichen geistigen Scheidung voneinander zu bleiben. Die
wahrhafte gesellschaftliche, sitthche und geistige Verbrüderung der Völker
wird die Annahme einer internationalen Sprache zur Grundlage haben, viel-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 603
leicht des so wunderbar einfachen, logischen und wohlklingenden Esperanto,
das Zamenhof * im Jahre 1895 ersonnen hat. Das soll nicht etwa für die
Völker den Anlaß bieten, ihre überHeferten alten Sprachen aufzugeben,
die viel zu reich an Meisterwerken und ruhmvoller Vergangenheit sind, um
so einfach zugrunde zu gehen. Die Völker werden mühelos neben ihrer
nationalen Sprache noch ein besonderes gemeinsames internationales Idiom
zu gebrauchen wissen, das sich ebenso leicht lernen wie sprechen läßt.
An dem allgemeinen Rückgange der Geburtenziffer trägt in erster
Linie die mit aller Kultur verbundene Steigerung der Luxusbedürfnisse
die Schuld. Weiter sind es wirtschaftliche Gründe, aus denen sich die
einzelnen Menschen eine Beschränkung ihrer Kinderzahl auferlegen. Weder
Deutsche noch Italiener und Engländer bewahren denselben hohen Ge-
burtenreichtum wie im vorangegangenen Jahrhundert ; so folgen auch
die übrigen europäischen Völker nachträglich dem nun schon seit damals
gegebenen verhängnisvollen Beispiele Frankreichs, woraus sich wohl mit
einiger Sicherheit voraussagen läßt, daß die Geburtenziffer überall noch
weit mehr heruntergehen wird. In Frankreich läßt sich beinahe schon
ein Überschuß der Sterbefälle über die Geburten feststellen. So muß in ab-
sehbarer Zeit ein immer größer werdendes zahlenmäßiges Übergewicht der
gelben Rasse über die weiße eintreten und innerhalb der weißen Rasse
wieder eine Vorherrschaft der Slawen, die ihren starken Geburtenreichtum
auch noch weiter bewahren und erst dann einbüßen werden, wenn auch
bei ihnen der Geist abendländischer Demokratie und Plutokratie einge-
zogen sein wird.
Wenn wir so auch einmal von der Zukunft sprechen, verlassen wir nicht
etwa die der Geschichtswissenschaft gesteckten natürlichen Grenzen. Der
Geschichtsforscher hat doch wohl noch anderes zu tun, als immer bloß
schweigend die Urkunden der Vergangenheit der Reihe nach aufzuzeichnen I
Was hat es denn für einen Nutzen, die Tatsachen des gestrigen Tageg
kennen zu lernen, wenn sie uns nicht dazu dienten, die des morgigen
klarer voraussehen zu lassen? Gewiß, alle Vorausseherei baut sich aus-
schließlich auf dem wankenden Boden bloßer VermutiKig auf; doch er-
wächst sie auch bisweilen mit einer logischen Notwendigkeit auf dem
festen Boden strenger Geschichtsforschung. Wenn beispielsweise die Kurve
irgendeiner sozialen Erscheinung nun schon fünfzig Jahre lang einer
ganz bestimmten Richtung folgt, ist doch wohl die Voraussetzung zulässig,
* Anm. des^ Herausgebers : Dr. Ludwig Zamenhof, polnischer Augenarzt, geb.
1859 zu Bialystok, gest. 191 7 zu Warschau.
14*
5o4 Siebentes Buch.
daß sich die Kurve auch weiter in derselben Linie bewegen und sich auch
noch in üen nächsten Jahren in derselben Richtung fortsetzen wird. So
besteht die Berechtigung, sie sich beliebig verlängert zu denken! Soweit
also nicht etwa irgendein plötzliches unvorhergesehenes Ereignis störend
dazwischentritt, werden die Gesetze der Zukunft durch die der Vergangen-
heit bestimmt.
Deshalb sind wir denn auch wohl berechtigt, ein gewisses Maß von
Besorgnis zu empfinden, wenn wir die gewaltige Entwicklung der Völker
der farbigen Rassen sehen. Es will dabei verhältnismäßig wenig ver-
schlagen, wenn gegenwärtig nicht weniger als vierhundert Millionen Ein-
geborene unter dem Schutze, der Verwaltung und der Regierung Groß-
britanniens, der Vereinigten Staaten und Frankreichs stehen. Mit ihrer
angeblichen Bevormundung durch die Europäer, von der soviel Wesens
gemacht wird, ist es nicht so weit her wie man denkt; sie ist im Grunde
genommen nur ein Märchen. Es wäre doch wirklich kindisch, sich einzu-
bilden, daß alle die heute unter europäischer Gewalt stehenden halbwilden
Völkerschaften ewig unter diesem Joche, daß etwa Indien englisch, die
Philippinen amerikanisch, Algerien und Indochina französisch bleiben wür-
den. Die Festigkeit dieser Kolonialreiche ist nichts weniger als gesichert.
Die heute unter der Verwaltung und Erziehung der Europäer blühenden
Einheimischen werden sich vielleicht eines Tages als die gefährlichsten
Feinde Europas entpuppen.
Die religiösen Bekenntnisse ändern ihren Besitzstand in der Welt kaum
irgendwo. Das Verhältnis der einzelnen christHchen Glaubensformen zu-
einander bleibt sich auch fast überall gleich. Denn in der slawischen
Völkerfamilie bleibt immer derselbe Teil der römischen Kirche treu, und
in den Vereinigten Staaten schreitet gleichfalls, infolge irländischer Ein-
wanoerung, ihre Lehre schneller vorwärts als die protestantische. Die
christliche Religion in ihrer Gesamtheit aber gewinnt weder dem Buddhis-
mus noch dem Islam irgendwelchen Boden ab.
Unbekümmert um die amtliche Zählung der Religionen, wie sie uns die
Statistik liefert, können wir unstreitig in allen christlichen Ländern, be-
sonders aber in den katholischen, eine wachsende Gleichgültigkeit, die
geradezu auf Ungläubigkeit hinausläuft, feststellen. Durch kritische Be-
kämpfung, durch witzigen Spott und besonders auch durch die Wissenschaft
erschüttert, ist der Glaube der alten Zeit sogar denen entschwunden, die
sich noch heute offen und ehrlich als Christen bekennen. Sie haben mit
den Christen der Vergangenheit nur wenig gemeinsam. Es ist allein die
Achtung vor einer ruhmvollen hundertjährigen Art der Gottesverehrung,
Die Herrschaft der Wissenschaft. * 5o5
die die ganze Erhabenheit der alten äußeren Form bewahrt hat, die die
schwerfälligen und plumpen Glaubenslehren vergangener Zeiten, die ebenso-
viel Blutzeugen als Henker hervorgebracht haben, bis jetzt überlebt hat
und vielleicht noch lange überleben wird. So sind wohl, wie sehr auch die
Klassen- und Rassenkriege noch immer zu fürchten sein mögsn, die
Religionskriege kaum mehr bedenklich. Aber der Dank hierfür gebührt
mehr menschlicher Zweifelsucht als menschlicher Weisheit.
Durch die Dampfschiffahrt und besonders auch durch den Eisenbahn-
verkehr hat ausnahmslos bei allen Völkern der Handel noch weit mehr als die
Bevölkerung selbst zugenommen. Mit anderen Worten: überall ist der
Luxus, überall das Wohlleben gewachsen. In allen Gesellschaftsschichten
haben die neuzeitlichen Erfindungen das Leben leichter und angenehmer
gestaltet. Wenn das Glück von den äußeren Lebensbedingungen abhängt,
was nun einmal bis zu einem gewissen Maße richtig ist, dann ist das
Dasein der Menschen heute glücklicher als gestern, und wird es morgen
wieder glücklicher als heute sein.
In vierzig Jahren ist der Ausfuhrhandel aller Völker auf Grund der
Wertberechnung der Güter um mehr als 250% gestiegen. Vielleicht
besteht diese Steigerung mehr dem Scheine nach als In Wirklichkeit,
da sie weniger der zahlenmäßigen Vermehrung der Bevölkerung, als
dem allgemeinen Mehrwert der Waren zu danken ist. Nichtsdesto-
weniger hat auch der Einzelkonsum, d. h. der Verbrauch auf den Kopf
der Bevölkerung berechnet, überall zugenonmien. So ist für gewisse Waren
eher eine Preissteigenmg als ein Fall der Preise eingetreten, wie z. B.
für Zucker, Kaffee, Woll- und Baumwollwaren, und doch ist die Ausfuhr
von Zucker, Kaffee, Wolle und Baumwolle ins Riesenhafte gewachsen,
so daß sich hieraus wohl der Schluß rechtfertigt, daß es auch nicht
einen Menschen gibt, dessen Verbrauch an Zucker, Kaffee, Wolle und
Baumwolle nicht schon für seine einzelne Person beträchtlich gewachsen
wäre.
Kurz, die Ausnutzung des menschlichen Lebens hat sich immer mehr
gesteigert, und die Zahl seiner Bedürfnisse und Genüsse ist gewachsen.
Die verschiedenen Schichten der Gesellschaft, zwischen denen einst ein
so unversöhnlicher Gegensatz geklafft hat, streben heute nach einer
größeren Gleichheit, zum mindesten einer Gleichheit des Wohllebens und
des Luxus.
5o6
Siebentes Buch.
Die folgende Übersicht gibt die Höhe des Ausfuhrhandels auf den
Kopf der Bevölkerung in Franken für die beiden Jahre 1872 und 1912 an:
1S72
1912
WACHSTUM
(prozentual)
Japan . .
Niederlande . .
Belgien . . .
Schweiz . .
Großbritannien .
Dänemark
Norwegen • ,
Frankreich
Deutschland
Schweden . .
Amerika . .
Rumänien .
Spanien . •
Osterreich . ,
Italien ...
Griechenland
Serbien . . «
853
245
170
166
250
140
65
75
58
57
28
38
16
30
50
50
18
3412
1080
540
360
330
300
220
210
180
170
140
90
58
57
55
52
40
300
34«
220
120
28
110
240
180
130
200
4C'0
135
260
9Ö
10
4
120
Diese Übersicht zeigt, daß sich die Ausfuhr und folglich auch der
Verbrauch im allgemeinen mehr als verdoppelt hat. Für gewisse Staaten
wie Deutschland, Niederlande und Belgien haben sie sich sogar mehr als
verdreifacht. Ja, für Japan haben sie sogar eine vierfache Höhe erreicht.
Gold und Silber sind im Werte gefallen. Aus Kahfornieh, Transvaal,
Mexiko, Australien, Klondyke, Guyana sind nämlich solche Mengen Goldes
und Silbers herausgeholt worden, daß diese edlen Metalle bald weniger
selten geworden sind und so etwas von ihrem Preise eingebüßt haben.
Doch dies kann nicht genügen, um das Anschwellen des gesamten
Exportes auf die doppelte Höhe allein hieraus zu erklären. Höchstens mag
vielleicht die verhältnismiäßige Wertherabsetzung der Münzmetalle die
Verteuerung der fabrikmäßig hergestellten Gegenstände zu erklären im-
stande sein, wie ja auch auf ihr das Steigen der Löhne und der allgemeine
Mehrwert des Grundbesitzes beruht.
Der Staatshaushalt sämtlicher Länder ist in kurzer Zeit zu einer
Höhe angeschwollen, die alles übrige in den Schatten stellt: Bevölkerungs-
zunahme wie verhältnismäßige Wertabnahme des Goldes.
Im folgenden soll eine vergleichende Übersicht der Staatshaushalt-
Die Herrschaft der Wissenschaft.
5o7
ausgaben einiger Länder nach Franken auf den Kopf des Bewohners für
die Jahre 1872 und 191 2 gegeben werden.
Staatshaushalt nach Franken auf den Kopf der Bevölkerung.
B72
1912
WACHSTUM
(prozentual)
6i2
135
120
70
120
72
47
1X2
140
40
93
130
i8
82
175
52
79
51
16
70
340
50
68
36
17
68
300
38
61
60
32
60
88
35
56
60
3T
55
80
57
54
5
17
52
200
25
48
92
II
44
300
?
42
9
II
35
220
II
26
»35
8
22
»75
Großbritannien .
Frankreich . .
Osterreich-Ung'arn
Belgien ....
Norwegen . . .
Niederlande . . .
Rumänien
Italien ....
Schweden . . .
Dänemark . .
Portugal ....
Spanien ....
Deutschland . .
Vereinigte Staaten
Rußland ....
Griechenland .
Serbien . . . .
Bulgarien . .
Türkei ....
Schweiz . ...
Japan
Im Durchschnitte sind also die Ausgaben um nahezu 125% gewachsen.
Beim ersten Blick scheint es, als ob die mittlere Jahressumme von
60 Frank auf den Kopf der . Bevölkerung nicht gerade besonders hoch
ist; doch in Wirklichkeit ist diese Siunme recht beträchtlich, wenn man
bedenkt, daß ein Familienvater mit drei Kindern die Jahressumme von
300 Frank aufzubringen hat. Es ist das ungefähr ein Sechstel seines ganzen
Verdienstes. Jedenfalls haben sich in vierzig Jahren die Ausgaben ver-
dreifacht. Diese maßlose Steigerung ist aber fast ausschließlich der
riesenhaften Anschwellung der Militärlasten zu verdanken.
Vergleicht man die Staatsschulden in den einzelnen Ländern und
verteilt sie auf den Kopf der Bevölkerimg, so erhält man für das Jahr
191 2 folgende Zahlen:
5o8
Siebentes Buch.
STAATSSCHULDEN
Summe
in
Millionen Franken
auf den Kopf der
Bevöllcerung
(in Franken)
Frankreich . .
Portugal . . . .
Belgien . . . .
Spanien . . . .
Niederlande . . .
Deutschland . . .
Österreich . . .
Italien . . . . .
Großbritannien .
Serbien . . . .
Norwegen . . . ,
Dänemark . . . .
Bulgarien . . . .
Schweden . . . .
Rußland . . . .
Japan . . . . ,
Schweiz . . . .
Vereinigte Staaten
32 000
4300
3700
9 000
Q 400
27 000
20 000
13500
16 800
650
500
500
700
850
24 000
4000
250
7500
8io
720
500
450
410
410
390
375
365
220
200
180
160
150
140
100
65
27.5
Die folgende Übersicht gibt die Höhe der Militärlasten, also für Land-
heer wie Seemacht, in Franken auf den Kopf der Bevölkerung an:
1912
WACHSTUM
(prozentual)
19
40
110
16
35
120
3
30
1000
6
30
430
5
21
310
II
20
85
9
19
115
ij
18
20
7.5
15,5
105
6
15
140
10
15
50
6
14
125
6,7
13,4
IOC
9
",5
28
3,2
10,8
240
1,2
11,5
900
7
11,0
55
7,7
10,5
36
2
7.5
270
Großbritannien . .
Frankreich . . .
Türkei
Griechenland . .
Schweden . . . .
Deutschland . . .
Italien . . . . ,
Niederlande . .
Vereinigte Staaten
Spanien . . . .
Dänemark ...
Rußland . . .
Norwegen . . .
Osterreich . .
Rumänien .
Schweiz . . .
Portugal . . .
Belgien ....
Japan ....
Die Herrschaft der Wissenschaft. Sog
Wie wir gesehen haben, haben sich in vierzig Jahren die gesamten
Staatsausgaben verdreifacht, was wir vor allem auf die riesigen Militär-
und Marinelasten zurückführen mußten. Doch diese wahnsinnige Schraube
ohne Ende, die nur eine traurige Folge der zwischen den Völkern herr-
schenden vollkommenen Gesetzlosigkeit ist, ist noch immer nicht zum
Stillstande gekommen; vielmehr ist sie in den letzten zehn Jahren ganz
besonders angezogen worden.
Die Schulden der einzelnen Staaten sind ganz ungeheuer: fünf Mil-
liarden für die Vereinigten Staaten, Deutschland und Österreich, zwanzig
Milliarden für Großbritannien, dreißig Milliarden für Frankreich, ja fünf-
unddreißig Milliarden für Rußland, Alle Regierungen suchen in immer
drückender werdenden Steuern das Mittel zu finden, den einmal über-
nommenen Verpflichtungen nachzukommen und sich stets wieder neue
aufzubürden, die dann mit Anleihen gedeckt werden müssen. So stehen
immer die Finanzfragen im Vordergrunde; denn es gibt keine Reform
und keinen Fortschritt, deren Verwirklichung nicht sogleich wieder kost-
spielig würde.
Infolge dieses Übergewichtes materieller Interessen zeigen die Demo-
kratien das immer deuthchere Bestreben, sich zu Plutokratien umzuge-
stalten, wie es aufs allerklarste die Entwicklung der großen amerikanischen
Demokratie erweist. Aber die Geschichte lehrt uns, daß die auf der Re-
ligion begründet gewesenen Regierungen des Priesterstandes, die durch
die Erblichkeit erhaltenen des Adels und die durch die Gewalt gestützten
des Mihtärs sich zu allen Zeiten als gesittungsfeindlich herausgestellt
haben. Auch das chinesische System, das die Regierungsgewalt den
Kandidaten, die die glänzendsten Staatsprüfungen bestehen, verleiht, hat
lächerliche Ergebnisse gezeitigt. Unsere modernen Gesellschaften leben
unter einer ganz andern Herrschaft als einer von Priestern, Adligen,
Soldaten oder büchergelehrten Mandarinen, Heutzutage sind es dem
äußeren Scheine nach die großen Volksmassen als die Besitzer der
Mehrheit, in Wahrheit aber ausschließlich die Reichen, die die Herrschaft
ausüben, und so ist es die plutokratische Demokratie, die im Grunde
die Gewalt in Händen hat.
Doch die neue Gesellschaft des zwanzigsten Jahrhunderts, die sich
ganz ebenso auf Gleichheit wie auf Reichtum gründet, wird die noch not-
wendigen Kulturfortschritte allein verwirklichen, wenn sie sich ent-
schlossen auf die modernen Wissenschaften stützt. Die Demokratien
sind undankbar und unwissend, die Plutokratien töricht und habsüchtig.
Wissenschaftliche Aufklärung allein wird beide umgestalten, neu beleben.
5ro Siebentes Buch.
in Ordnung bringen und von ihren Fehlem und Irrungen befreien können.
Sich selbst überlassen, würden diese kapitalistischen Demokratien aller-
dings in der Tat sehr rasch die Welt durch Käuflichkeit, Bestechung
und Gemeinheit in Verfall bringen.
Ja, allein der modernen Wissenschaft und der Industrie, die weiter
nichts als eine Anwendung dieser Wissenschaft ist, verdankt die Menschen-
welt ihre gegenwärtige ungewöhnliche Macht und Stärke, und jene rück-
ständigen Elemente, die die moderne Wissenschaft verwünschen, passen
ebensowenig in die jetzige menschliche Gesellschaft hinein, wie ein Hotten-
totte in eine unserer Hochschulen oder Akademien!
Zwei Bestrebungen entgegengesetzter Art treten nunmehr in die Er-
scheinung. Die eine drängt die Menschen, sich in verschiedene Lager
zu teilen und sich auf Grund des Nationalitätenprinzipes zu Gruppen
zusammenzuschließen, die voll Stolz auf ihre Vergangenheit imd voll
Vertrauen auf ihre Zukunft, aber, voller Eifersucht auf die benachbarten
wie die entfernten Völkerschaften, ängstlich ihre Rechte hüten und ihrem
Stamme, ihrer Sprache und ihrer Religion die treueste Anhänglichkeit
bewahren. Es ist dies der sogenannte nationalistische Geist.
Eine andere, anscheinend entgegengesetzte Macht drängt die Menschen,
sich gegenseitig zu nähern, sich kennen zu lernen und ihre Arbeit zu
I vereinen, um die allen gemeinsamen Leiden auch gemeinsam zu bekämpfen,
sEs ist dies die internationale Richtung.
Aber ein Irrtum, ein ganz grenzenloser Irrtum ist es, an das Vorhanden-
seih irgendwelchen Widerspruchs zwischen den nationalen Bestrebungen
der Völker und ihren BemühungeifTmi internationale Verbrüderung zu
glauben. Die wahre, echte und sittlich gerechtfertigte internationale Ver-
brüderung von allem, was Menschenantlitz trägt, vereint sich wundervoll
mit der Unabhängigkeit jedes einzelnen Volkes, sei es noch so groß oder
noch so klein; Die entschiedensten Vertreter des Internationalismus sind
stets auch solche, denen nichts mehr am Herzen liegt, als ihrem Vater-
lande seine Freiheiten ausnahmslos unversehrt zu erhalten.
Es ist bei den Menschen das ständige unbewußte Bestreben gewesen,
sich einander zu nähern und durch Verminderung aller trennenden Ent-
fernungen vermöge Schaffung immer bequemerer Verkehrsmittel die ver-
einigenden Bande des Bewußtseins menschlicher Gemeinschaft immer
enger zu knüpfen.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 5ll
Die Eisenbahnen sind ein belebender Urquell für den gesamten Verkehr
zwischen einzelnen Personen und ganzen Völkern geworden. Im Jahre
1870 dehnte sich das Schienennetz über eine Fläche von zweihundert-
tausend Kilometern aus; im Jahre 191 3 hat diese Fläche schon eine Million
überschritten; am i. Januar 191 1 waren es noch 982574 km. Eine ganz
besondere Entwicklung aber hat das Eisenbahnwesen in den Vereinigten
Staaten genommen: im Jahre 1871 noch 85937 km, aber im Jahre 191 1
nicht weniger als 392 888 km, d. h, 4300 km auf die Million Einwohner.
In Frankreich beträgt die Kilometerzahl auf die Million Einwohner
1040, in Deutschland 940, aber in Rußland nur 430. Doch haben sich hier
in den Jahren 1870 — 1910 die Eisenbahnen um 650 0/0 vermehrt, während
in derselben Zeit ihr Wachstum in Frankreich 300 0/0, in Deutschland
3150/0, in den Vereinigten Staaten 4600/0, in Austrahen 16000/0, in Brasihen
25000/0 und in Mexiko 7000 0/0 betragen. Kurz, über die ganze bewohnte
Erde zieht sich ein Schienennetz, das die Möglichkeit gewährt, von
Cadiz bis Wladiwostok oder von Vancouver bis New York und nächstens
auch vom Kap der Guten Hoffnung bis Alexandria zu gelangen.
Die Leistungsfähigkeit der Züge wird immer größer, legen doch die
Eilzüge bei nur mittlerer Geschwindigkeit bequem achtzig Kilometer in
der Stunde zurück, so daß wohl die Voraussetzung nicht unzulässig
ist, daß sie auf gewissen nicht so verkehrsreichen Strecken bei voller Ge-
schwindigkeit hundertzwanzig Kilometer und wohl noch mehr erreichen.
Die großen internationalen Expreßzüge sind nicht bloß mit aller Bequem-
lichkeit, nein, mit dem verschwenderischsten Prachtaufwand ausgestattet.
Und dabei zeigen die Fahrpreise eine beständige Neigung, immer mehr
herabzugehen, anstatt, wie die Preise für Wjaren, sich immer mehr zu
erhöhen.
Nicht bloß, daß die Eisenbahnen entfernte Städte miteinander verbinden,
nein, weit mehr: an den großen Verkehrsmittelpunkten, wie New York,
Paris, London, Berlin, sind teils unterirdische, teils oberirdische Bahnen
derart angelegt worden, daß sie die Stadt durchschneiden und zu den
niedrigsten Preisen Millionen von Fahrgästen befördern. Auch an nicht
ganz so großen Orten bis hinunter zu Provinzialstädten von zwanzig-
bis fünfundzwanzigtausend Einwohnern verkehren elektrische oder Dampf-
straßenbahnen, die schnelle und bilüge Fahrgelegenheiten nach allen
Richtungen schaffen.
Zu Wasser waren die Verkehrsfortschritte nicht geringer als auf dem
Lande. Jenes scheinbare Hirngespinst eines durch Heizkraft sich fort-
bewegenden Bootes, das sich ein Denis Papin gebildet und auch zur Aus-
5i2 Siebentes Buch.
führung gebracht hatte, ohne bei seinen Zeitgenossen das genügende
Verständnis zu finden, hat in einer Einrichtung von segensreichster
Gemeinnützigkeit und gewöhnhchster AlltägUchkeit seine Verwirkhchung
gefunden. Die Dampfschiffe haben fast, wenn nicht überhaupt, überall
die Segelschiffe verdrängt. Im Jahre 191 2 verfügte Großbritannien, dessen
Handelsflotte so groß ist wie die aller übrigen Länder zusammen-
genommen, über Dampfschiffe mit einem Gesamtinhalte von 11272000 t
und über Segelschiffe mit einem solchen von i 132000 t. Noch im
Jahre 1870 stand es dort fast umgekehrt. Dampfschiffe mit 1112934 t
Gesamtinhalt gegenüber Segelschiffen mit 4557855 t; das will sagen,
daß in bezug auf den Tonnengehalt in England die Dampfer von 100
auf 1000 stiegen, während dort in derselben Zeit die Segler von 100 auf
25 fielen, In den andern Ländern, besonders in Norwegen und Frankreich,
sind zwar die Segler noch nicht so abgekommen wie in England, doch
handelt es sich hier bloß um eine Frage der Zeit.
Man hat Riesenschiffe von sechzigtausend Pferdekräften und darüber
gebaut, die die schnellsten Verbindungen zwischen allen Häfen, mithin
auch allen Ländern der Welt, herstellen: schwimmende Städte von bis-
weilen 47 000 t Inhalt, die für eine einzige Fahrt sechstausend Personen
bei höchsten Ansprüchen in bezug auf Luxus, Geschwindigkeit imd
Sicherheit aufnehmen können. Zu einer Durchfahrung des Atlantischen
Weltmeeres von einem Ufer zimi andern werden noch nicht fünf Tage
gebraucht. In noch nicht einem vollen Monate läßt sich eine Rundfahrt
um unsern gesamten kleinen Planeten herum machen. Noch vor kaimi
drei Menschenaltem war zu einer solchen Reise ein ganzes Jahr nötig,
und sie war damals noch ein wirklich gefährliches und höchst kost-
spieliges Unternehmen.
Ein ganz neues Beförderungsmittel trat im Jahre 1895 zum erstenmal in
die Erscheinung, um eine ganz wunderbar schnelle Verbreitung zu finden;
es war dies der Kraftwagen, das Automobil. Für das Automobil wie für
die Dampfmaschine ist stets die Verbrennung von Kohle die Kraftquelle;
aber bei dem Motorwagen entwickelt sich die Kraft aus der plötzlichen
Entladung eines explodierenden Gemisches von atmosphärischer Luft und
Petroleumdampf im Gegensatz zur Dampfmaschine, wo sie sich aus dem
durch das überheizte Wasser erzeugten Dampf entwickelt.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 613
Die Eisenbahnen haben einen schweren Nachteil, der aber mit
ihrem gesamten Wesen zusammenhängt und deshalb von ihnen unzer-
trennlich ist: sie brauchen einen Schienenstrang, d. h. eine mühsam
gebaute Bahn, die sich über Flüsse, Berge und Abhänge nur mit Hilfe
von langwierigen, schweren Kunstarbeiten legen läßt, die manchmal
überhaupt nicht ausführbar und stets sehr kostspielig sind. Ebenso
können die Automobile nur auf sehr guten und dauernd unterhaltungs-
bedürftigen Straßen verkehren. Aber gerade jetzt, seit ganz kurzer Zeit,
sind die ersten schüchternen Versuche mit einer Erfindung gemacht
worden, die ganz wunderbar ist und bald weit gründlicher als es nur
jemals Dampfschiffahrt und Eisenbahn vermögen werden, über alle Hinder-
nisse Herr werden wird, die nur die Natur den menschlichen Beziehungen
gesetzt hat; gemeint ist natürlich das Flugwesen und die Luftschiffahrt.
Im Jahre 1783 hatten die beiden französischen Brüder Montgolfier,
Joseph (1740 — 1810) und Etienne (1745 — 1799), die Beobachtung ge-
macht, daß ein mit heißer Luft gefüllter Ballon, infolge der sich aus-
dehnenderen leichteren Luft in seinem Innern, in die Höhe stiege. So
hat ein solcher Ballon eine treibende Kraft, die an seinem Umfange
und dem Unterschiede zwischen der Dichtigkeit der erhitzten und der
eines gleichen Umfanges von der ihn umgebenden Luft gemessen wird.
Er kann mithin bei einem gewissen Umfange Lasten und Menschen
heben. Schon wenige Monate später dachte der gleichfalls französische
Physiker C6sar Charles (1746 — 1823) daran, die heiße Luft durch ein
Gas von geringerer Schwere als atmosphärische Luft, nämlich Wasser-
stoff, zu ersetzen (i. Dezember 1783). Aber diese von den jeweiligen
Winden abhängigen Luftschiffe ließen sich nicht lenken. Die Schwierig-
keit der Lenkbarkeit des Ballons zermarterte damals das Gehirn so
manchen findigen Forschers; nach mancherlei Experimenten des fran-
zösischen Marineingenieurs Dupuy de Lome (1872) versuchte es sein
berühmter Landsmann Gaston Tissandier, der Geschichtschreiber der
Luftschiffahrt, mit der Anbringung einer Propellerschraube an den Ballon,
und damit gelang es ihm einigermaßen, ein kleines Luftschiff im Räume
vorwärts zu bringen (1883). Im Jahre 1884 baute Renard einen elek-
trischen Motorenapparat, der stark genug war, eine Propellerschraube
von ziemlicher Größe zu bewegen. Er erreichte so eine Geschwindigkeit
von dreißig Kilometern in der Stunde, wodurch ihm bei ruhiger Luft
eine wirkliche weitere Luftschiffahrt ermöglicht wurde.
In unseren Tagen hat die Aeronautik eine auüBerordentliche Vervoll-
kommnung erfahren, besonders durch den Deutschen Grafen Zeppelin.
5i4 Siebentes Buch.
Die Propellerschrauben wurden nun mit Petroleummotoren von ebenso
geringer Schwere wie bedeutender Stärke in Bewegung gesetzt. Es
gelang, die Leinwand dicht zu machen und durch allerlei sinnige Kunst-
griffe einen Verlust an dem in dem Ballon enthaltenen Gase zu verhindern.
Der ganze Apparat wird halbstarr hergestellt vermittels eines Metall-
gerippes aus Aluminium (so bei den Zeppelinen). Es werden damit Ge-
schwindigkeiten von sechzig Kilometern in der Stunde erreicht, ohne daß
die Möglichkeit ausgeschlossen wäre, auch gegen den Wind, selbst bei
ziemlicher Stärke, zu fahren. Doch diese ungeheueren Luftschiffe, die
riesig kostspielig, äußerst feuergefährlich und nur sehr schwer vor Stürmen
zu schützen und' in riesigen Hallen unterzubringen sind, sind im letzten
Grunde wohl hauptsächlich für mihtärische Zwecke — und auch da nur
unter besonderen Bedingungen — von ernstlichem Nutzen.
Wahrhaft schnelle und leichte Beförderung ist also, wenigstens vor-
läufig, wohl überhaupt kaum durch das Luftschiff zu erreichen, nicht
einmal dann, wenn es geräumig und lenkbar ist. Das geschieht allein
durch den Flugapparat, die glanzvollste Entdeckung der Gegenwart.
Schon in alter Zeit hatten die Menschen wahrgenommen, wie Vögel,
Insekten, Fledermäuse, ja selbst Fische *, obwohl doch schwerer als die
Luft, bei all ihrer Schwere im Räume schweben und sich mühelos ganz
nach ihrem Belieben bewegen konnten. Doch sämtHche von den wage-
mutigsten Entdeckern unternommenen Versuche, die bei diesen so ver-
schiedenen Tierarten sich bietenden Flugmaschineri nachzuahmen, waren
nicht bloß umsonst, sie wurden auch noch von der zeitgenössischen
Menschheit einstimmig als lächerlich zurückgewiesen, vermag doch nun
einmal das Menschengeschlecht, dessen Blick stets in seiner Verblendung
durch den Schein des Augenbhcks getrübt wird, niemals das Unbekannte
zu begreifen. Bereits im i6. und 17. Jahrhundert machten Meister Leonardo
da Vinci und der gelehrte deutsche Jesuitenpater Athanasius Kircher
(1601 — 1680) einige schüchterne Versuche. Aber sie fanden weder Nach-
ahmung noch Verständnis. Im Jahre 1830 gab der Engländer Cayley
zum ersten Male die Theorie des Aeroplans, und bereits im Jahre 1868
baute der Franzose P^naud einige schon vom theoretischen Standpunkt
unfertige, praktisch aber überhaupt kein greifbares Ergebnis herbeiführende
Apparate.. Doch das Problem selbst war damit ein für allemal gekenn-
zeichnet.
* Der sog. „tüegende Fisch", s. Charles Richet selbst in seiner nach diesem
Mittelmeerfisch betitelten Fabel, vgl. weiter unten S. 520 Anm.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 5i5
Im Jahre 1880 legte dann der große französische Physiologe Etienne-
Jules Marey die Eigentümlichkeiten des Vogelfluges dar und wies gleich-
zeitig nach, daß das Fliegen auch mit künstlichen Maschinen möglich sei.
In den Jahren 1880 — 1904 machten verschiedene Fachmänner anregende
Versuche, die aber im wesentlichen keine praktischen Folgen ergaben*.
Doch auf Cayley weiterbauend, vermochte der schon genannte fran-
zösische Gelehrte Renard die Theorie des Aeroplans (Gleitflieger) end-
gültig zu begründen und die mathematischen Bedingungen des Problems
klar aufzustellen. Aber den entscheidenden Versuch machten im Jahre
1904 die beiden amerikanischen Brüder Orville und Wilbur .Wright.
Es gelang ihnen, sich auf einem Apparat mit einem von einem Motor
getriebenen Propeller in die Lüfte zu erheben. Zu beiden Seiten des
Motors breiten sich zwei große feste Flügel aus, die die ganze Maschine
halten. Die Kunst des Fliegens war damit entdeckt.
Die Geschwindigkeit kommt durch die Propellerschraube zustande.
Mit der Geschwindigkeit aber wächst zugleich der Luftwiderstand, nur
in noch höherem Maße als jene. Es kommt ein Augenblick, wo die
Geschwindigkeit ausreichend gewachsen ist, um auch den starren Flügeln
des Apparats eine ausreichende Stütze in der sehr widerstandsfähig
gewordenen Luft zu geben. Eine leichte Biegung der Flügel bestimmt
die seithche Neigung, die der Flieger zu haben wünscht. Zwei Steuerruder
ermöglichen die Lenkung des. Flugzeuges nach rechts oder links oder
nach oben oder unten. So fliegt dieser künsthche Riesenvogel, der die
gewaltigsten unter allen Vögeln noch tausendmal an Kraft überbietet,
unter der Leitung einer mensclüichen IntelHgenz hin und her im freien
Weltenraume. Es ist mit ihm gelungen, Geschwindigkeiten von 203 km
in der Stunde noch zu überbieten, und mehr als 6120 m in die Höhe zu
steigen, die Alpen sowie den Ärmelkanal zu überfhegen, von Italien nach
Korsika, von Fr6jus nach Timis zu gelangen, kurz, ohne den Boden zu
berühren, dreizehn Stimden lang in Bewegung zu bleiben und in dieser
Zeit eine Strecke von 1020 km zurückzvilegen. Und doch sind das erst
Anfänge; bald werden ganz andere Leistungen zu verzeichnen seinl
Zwar sind die Flugmaschinen bisher für Handels- oder industrielle
Zwecke fast gar nicht zur Verwendung gekommen. Wohl in noch größerem
Maße als die Automobile sind sie außerordentliche Luxusgegenstände
* Anm. des deutschen Herausgebers: U. a. der damit das Interesse der weitesten
Kreise erregende bekannte deutsche Ingenieur Otto Lilienthal, der am lö. August
1896 als Märtyrer seiner Kunst an den Folgen eines Absturzes den Tod erlitt.
5i6 Siebentes Buch.
geblieben. Gegenwärtig haben die Aeroplane noch immer ausschließUch
auf mihtärischem Gebiete Bedeutung. Hier warten ihrer gewichtige Auf-
gaben. Sie werden für mihtärische Aufklärungen und Fühlungnahme
zwischen den verschiedenen Abteilungen eines durch natürliche Hinder-
nisse auseinandergerissenen Heeres von wirksamem Nutzen sein. Viel-
leicht werden sie auch mit Geschossen versehen werden, die in feindliche
Lager oder Städte zu werfen sind. Darum, weil sich die Menschen stets
mit besonderem Eifer auf das legen, wodurch die militärische Organisation
verstärkt wird, sind sie auch mit so glühender Leidenschaft an den Bau
von Flugmaschinen gegangen. Jeder Tag bringt in dieser Hinsicht
neue Fortschritte.
Aber, wenn auch scheinbar allein zum Nutzen des Krieges, so arbeiten
doch im Grunde die Erbauer von Aeroplanen zum Nutzen des Friedens,
Ihrer Bestimmung gemäß werden die Flugmaschinen, wenn erst gewisse
technische Schwierigkeiten gelöst sein werden, dadurch, daß sie sich
immer leichter handhaben lassen und immer weiteren Kreisen zugänglich
werden werden, auch die internationalen Beziehungen bequemer gestalten,
vermehren und fördern! Flüsse, Berge und Felsabhänge werden dann
nicht mehr Scheidewände zwischen den Völkern bilden, kennt doch der
Luftraum keine Grenzen I Man wird dann gutwillig oder nicht das
Ende des ungeheuerlichen gegenwärtigen Zollschrankensystems erleben,
das mehr als alle anderen unserer sozialen Erfindungen die Völker von-
einander abschließt und dadurch verarmen läßt!
Nicht bloß in der Beförderung von Menschen und Waren hat die
moderne Wissenschaft Wunderbares vollbracht, nein, vor allem auch in
der von Geisteserzeugnissen. Der elektrische Telegraph, der in die
kleinsten Flecken und die fernsten Gegenden seinen siegreichen Einzug
gehalten hat, verbreitet einen Gedanken, ein Ereignis oder auch einen
Ausspruch in wenigen Bruchteilen einer Sekunde über den ganzen Erdball.
Rußland hat ein Telegraphennetz von 678 000 km, Deutschland von
750906 km, Frankreich von 659323 km, die Vereinigten Staaten von
2772000 km und Großbritannien von i 883 100 km. Die ganze Erde
besitzt ein solches von etwa zwölf Millionen Kilometern, ohne daß dabei
die unterseeischen Kabel gerechnet sind, die die Erdteile miteinander
verbinden.
Die Wohltaten des elektrischen Telegraphenverkehrs wurden noch durch
zwei andere überraschende Entdeckungen überboten; den Fernsprecher
Die Herrschaft der Wissenschaft. 617
und die Telegraphie ohne Draht. Im Jahre 1877 zeigte der Physiologq
der amerikanischen Universität Boston, Graham Bell, daß eine auch wohl
Membran genannte Metallplatte, die durch einen Metalldraht mit einer
zweiten in Verbindung stand, ihre Schwingungen mit einer derartigen
Vollendung und Schärfe auf diese 2U übertragen vermochte, daß das
Schwingungsgeräusch der einen Platte durch eine völlig entsprechende
Schwingung der andern genau wiedergegeben wurde. Sämtliche Geräusche
mit ihrem ihnen eigentümlichen Rhythmus, ihrer Tonstärke und ihren
Klangfarben, also auch die menschliche Sprache in allen ihren zarten
Gestaltungen, konnten so die weitesten Entfernungen bewältigen. Es
war das Telephon oder der Fernsprecher, das nun rasch die weiteste
Verbreitung fand und nicht nur für Gespräche zwischen Einwohnern
desselben Ortes, sondern auch für solche zwischen den entferntesten
Ortschaften in Aufnahme kam.
So hat die moderne Wissenschaft jenes fast märchenhafte Wunder
verwirklicht, es uns zu ermöglichen, die Stimme jemandes, der tausend
Kilometer von uns entfernt ist, in allen ihren Schattierungen deutlich
zu vernehmen.
Nicht weniger Staunen muß die Telegraphie ohne Draht erregen,
auch Funkentelegraphie genannt. Dank den in den Jahren 1886 — 1890
Schlag auf Schlag folgenden Entdeckungen des berühmten deutschen
Physikers Heinrich Hertz (1857 — 1894), des fähigsten unter den zahl-
reichen Schülern eines Hermann von Helmholtz, sowie des Engländers
Oliver Lodge und des Franzosen Branly gelang es dem italienischen
Physiker Marconi, durch eine besondere Art von Apparaten, die sich
frei durch den Luftraum fortpflanzenden elektrischen Schwingimgswellen
ohne jeden Leitungsdraht wieder aufzufangen. Wie die eigentliche
Schwäche der Eisenbahn nach dem Vorherausgeführten darin lag, daß
ihre erste Voraussetzung die Anlage des Schienenstranges bildete, so
halte auch bisher immer die eigentliche Schwäche des telegraphischen
Verkehrs in der unumgänglichen Notwendigkeit gelegen, für denselben
zunächst ein weitveizweigtes Drahtnetz anlegen zu müssen. Jetzt nun sind
die hölzernen Stangen wie die eisernen Drähte überflüssig geworden; es
genügt eine Aussendungs- und eine Empfangsstelle, die einzig und allein
durch die atmosphärische Luft in räumlichem Zusammenhange stehen. Die
größte französische Station für drahtlose Telegraphie ist auf dem Eiffel-
turm in Paris, die größte deutsche in Nauen bei Berlin. So können an
jedem beliebigen Punkte des Erdballs Signale aufgefangen werden, die
zweitausend Kilometer von dieser Stelle ab durch die weite Luft geworfen
15 Richet, Geschichte der Menschheit
5i8 Siebentes Buch.
worden sind. Die Schiffe, die über das Weltmeer fahren, können mit-
einander in Verkehr treten, ohne daß eine sichtbare Verbindung für
den Austausch von Gedanken vorhanden wäre, die gleichwohl wörthch
von einem Ende der Welt zum andern gewechselt werden können.
Diesen sämtlichen Wunderwerken haben wir auch den gegenwärtigen
raschen, bequemen und starken Nachrichten- und Güteraustausch unter
den Menschen zu danken. Darin liegt ohne Zweifel der bezeichnende Zug
der Gegenwart. So sind denn auch bei aller unwillkürlichen Abneigung
für das, was unter den Begriff der internationalen Organisation fällt,
gleichwohl die Regierungen notgedrungen im Jahre 1868 zu Wiei\ für
einen Internationalen Telegraphenverein und im Jahre 1874 zu Bern für
einen Weltpostverein zu haben gewesen, die ' beide~durch den deutschen"
Geiieralpostmeister , Staatssekretär Heinrich Stephan , angeregt worden
waren, um ihren gemeinschaftlichen ständigen Sitz in der Schweiz zu Bern
zu bekommen, wo die Bedingungen der internationalen Brief- und Tele-
grammsendungen ihre dauernde Regelung finden. Im Jahre 1910 stieg
die Zahl der internationalen Telegramme auf mehr als vierhundertfünfzig
Millionen und die der Weltbriefe und Weltpostkarten auf achtunddreißig
Milliarden. Es sind das Riesenziffern, die so recht den rührigen Ge-
dankenaustausch zwischen den sämtlichen Bewohnern unseres kleinen
Planeten offenbaren.
Ganz besonders würden allerdings die internationalen Beziehungen durch
eine Vereinheitlichung des Münzwesens und eine allgemeine Annahme
des dezimalen Maßsystems beschleunigt und erleichtert werden. Leider
ist die Münzeinheit nur teilweise zustandegekommen. In bezug auf das
dezimale Maßsystem aber stehen noch vorläufig die Russen und die
Engländer beiseite, die sich beide mehr aus falschem Patriotismus und
durch die Macht der Gewohnheit als aus ernsten wirtschaftlichen Gründen
noch immer nicht zur Aufgabe ihrer altfränkischen, unzeitgemäßen und
unbequemen Maßbezeichnungen haben entschließen mögen.
Doch es unterliegt keinem Zweifel, daß sie alle nur zu bald begreifen
werden, daß hier ebenso, wie ja auch sonst so gut wie überall, ihre
Sonderinteressen mit den allgemeinen nicht im mindesten Widerspruch
stehen; sie haben sich übrigens schon beinahe dazu bekannt, indem sie
nämlich im Jahre 1875 ^^m Internationalen Maß- und Gewichtsbureau bei-
traten, um als unbedingt ständige Einheit des Längenmaßes das Meter
und als solche des Gewichtes das Kilogramm zu erhalten.
Im Anschluß hieran wurden noch weitere internationale Vereinigungen
begründet, von denen hier nur die bedeutendsten Erwähnung finden
Die Herrschaft der Wissenschaft. 5ig
mögen, so das Zentralbureau der Internationalen Erdmessung, das seit
1866 besteht, seit 1869 seinen Sitz in Berlin hat und mit seiner permanenten
Kommission, zu deren hervorragendsten Mitghedern der auch in Pazifisten-
kreisen so hochverehrte greise Vorsitzende der Deutschen Friedens-
gesellschäTf^TroFes'sor Wilhelm Foerster von der Universität Berhn, gehört,
"Sem anfangs unter der Leitung von Johann Jakob Bayer und jetzt unter
Professor Helmert stehenden Königlich Preußischen Geodätischen Institut
auf dem Taschenberge bei Potsdam angegliedert ist, weiter die Inter-
nationale Vereinigung für den Schutz des künstlerischen und literarischen
Eigentums (1883), das Bureau zur Unterdrückung des Sklavenhandels
(1890) und das Internationale Eisenbahnverkehrsbureau (1890).
Für die Längengradmessung ist allgemein der Meridian von Greenwich
zur Annahme gelangt. Es gibt in Europa eine sogenannte Mitteleuro-
päische Zeit, die zwar mit den in West- und Osteuropa im praktischen
Verkehre noch immer geltenden Ortszeiten der verschiedenen Plätze in
Widerspruch steht, aber die Zeitangaben für Überland und Untersee-
telegraname wie sonstige Verkehrssachen erleichtert.
So erfüllt sich, wenn auch nur lässig und langsam, trotz aller Kriege,
Eifersüchteleien und hemmenden Überheferungen das prophetische Wort
des großen Dichters Alphonse de Lamartine (1792 — 1869):
„Aufklärung macht die Welt allüberall zu Eins !"
Eine gemeinsame Weltanschauung, die sich aus der unendlichen Fülle
der verschiedenen Meinungen der einzelnen Persönlichkeiten wie der
Völker herauszuarbeiten strebt, scheint immer mehr ans Tageslicht kommen
zu wollen I Die internationalen Kongresse (wissenschaftlicher, sozialer,
industrieller oder technischer Art), die von Tag zu Tag an Bedeutung und
Häufigkeit gewinnen, sind das lebende Gleichnis jenes vom Dichter ge-
meinten „Einen, Einheitlichen, das Aufklärung aus den durch Landes-
und Volkszugehörigkeit gespaltenen verschiedenen Gruppen der Intellek-
tuellen der ganzen Welt zum gemeinsamen Kampfe um und für die Wahr-
heit macht 1"
Und so wird für das getrennte Streben nach diesem einzigen Ideal,
das die Welt bisher noch immer als solches gekannt hat, ein gemeinsames
eintreten! Nach der Spaltung Vereinigung! Dank diesem allgemeinen
Zusammenarbeiten der ganzen Welt wird sich vielleicht eine weniger
barbarische Staatsgemeinschaft, eine weniger knechtselige Einzelpersöa-
lichkeit und eine edlere Gesamtmenschheit bilden!
So gehören die letztverflossenen Jahre zu den fruchtbarsten der
15*
520 Siebentes Buch.
Menschengeschichte. Doch, was sie dazu gemacht hat, ist nicht sowohl
Literatur und Kunst, als vielmehr die moderne Wissenschaft, die Industrie
und die moderne Sozialreform!
Bei alledem sind nicht etwa die literarische und die künstlerische
Produktion zurückgeblieben, Sie haben sogar fast noch fieberhaftere
Tätigkeit entfaltet. Die Schriftstellerei und Malerei sind zu recht eigent-
lichen Broterwerben für eine Unzahl von Einzelpersönlichkeiten geworden.
Unter den Schriftstellern hinwiederum sind die kritischen und die
Verfasser von Romanen am zahlreichsten vertreten. Ihre Schöpfungen
verraten zwai' ein reiches Maß von Gewandtheit, lassen aber doch nur wenig
Selbständigkeit erkennen. Immerhin hat es in England die virtuose Meister-
schaft des neuerdings auch stark pazifistisch gerichteten H. G. Wells in
der von dem Franzosen Jules Verne geschaffenen imd durch seine phan-
tastischen Reisedichtungen in der ganzen Welt beliebt gewordenen Gat-
tung des naturwissenschaftlichen Romans zu einer genialen Vollendung
gebracht, der wir so manches sich auf der Grenze zwischen Kunst und
Wissenschaft bewegende köstliche Erzeugnis verdanken, und hat dort
das glänzende Genie eines Rudyard Kipling mit künstlerischen Motiven
ganz ähnlicher Art vermöge seines so eigenartigen Stiles die über-
raschendsten Wirkungen hervorgebracht. In Frankreich hat Armand
Sully Prudhomme dieselben Bahnen betreten und Gedichte dieser wissen-
schaftlich künstlerischen Gattung verfaßt, die durch die überwältigende
Tiefe ihrer Gedanken wie den wunderbaren Zauber ihrer Form wahre
Perlen der Poesie darstellen*.
Aber über alle Schriftsteller der Zeit ragt Leo Tolstoij (1820 — 1907) um
Haupteslänge empor, ist er doch gleich gewaltig als Dichter wie als pazi-
fistischer und christlicher Philosoph und Apostel. Seine Romane sind zwar
manchmal von einem undurchdringlichen dichten Dunkel umhüllt, in dem
sich der Leser wie in einem Urwalde verirrt, aber darum nicht weniger
rührend und tief, so Anna Karenina, Krieg und Frieden, Auferstehung.
Die Personen, die er erfindet, sind überlebensgroß gezeichnet und tragen
* Aniii. des Herausgebers: Durcfei sie. hat sich bekanntlich der Verf. dieses
Werkes zu seinen Sully Prudhomme gewidmeten und auf dessen Vorschlag von
der Academie Frangaise preisgekrönten Fabeln (in Poesie) anregen lassen, die in
der Nachdichtung des deutschen Bearbeiters dieser Kulturgeschichte in Gemein-
schaft mit Armand Hoche zu Berlin i. J. 1914 im Verlage von Gebr. Paetd
erschienen sind. Er hat übrigens auch pazifistische Romane geschrieben.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 621
als solche das Gepräge einer gewaltigeren Lebenswahrheit als so manche
alberne Wesen, die wir alltäglich um uns kommen und gehen sehen. In
seinem späteren Leben ist Tolstoi j zum begeisterten und kühnen Neuerer
geworden, der furchtlos gegen die gesamten bisherigen von der Welt ange-
nommenen sozialen Grundsätze kämpft. Die Verteidigung der Armen und
Schwachen, der in Unwissenheit, Schmutz und Geiz erstarrenden Bauern
hat er zu seiner Aufgabe gemfacht und zu dem Behufe seine unerbittliche
und oft sogar wenigstens anscheinend unwiderstehliche Logik in den Dienst
der glänzenden Paradoxen gestellt.
Die Bühne, die im gegenwärtigen Augenblicke deutliche Spuren des
Verfalles zeigt, hat gleichwohl manche ancegenden Werke hervorgebracht,
Werke, die bald durch den Zauber der Form, bald durch die Gewalt des
Inhalts wirkten. Doch gibt es nur ein das gewöhnliche Durchschnittstnaß
überragendes wahrhaftes Meisterwerk, das biographische Dichterdrama:
Cyrano von Bergerac von Edmond Rostand*. Es ist gewaltig, packend
und wahrhaft künstlerisch, sein Stil ist von hinreißendem Schwünge, und
sein Erfolg ist wohl der größte gewesen, den die Bühne je erlebt hat<
Die Malerei wie die Musik hat seit dem Jahre 1870 auch nicht ein
größeres Aufsehen machendes Werk hervorgebracht. Doch aus der Hand
von Künstlern französischer Bildhauerei ist mehr als ein wahrhaft schönes
und wirkungsvolles Kunstwerk ans Licht der Öffentlichkeit getreten,
so aus der eines Jean-Baptiste Carpeaux (1827— 1875), eines Alexandra
Falguiere (geb. 1831), Paul Dubois-Pigalle (geb. 1829), Henri Chapu
(1833— 1 891), Antonin Merci6 (geb. 1845). Alle überragt Auguste Rodin,
der gewaltige Meister unserer Tage, der einen neuen eigenartigen StU er-
sonnen hat, mit dem er allgemeine Begeisterung und Bewundenmg her-
vorruft.
Aber die größten Eroberungen haben diesmal — noch mehr als je zuvor
— die Naturwissenschaften gemacht, und es sind diese Eroberungen
jetzt sogleich auf industriellem Gebiete nutzbar gemacht worden.
Im Jahre 1875 erfand der französische Astronom und Astrophysiker
Pierre-Jules-Cesar Janssen zur Herstellung einer Photographie des Durch-
ganges des Planeten Venus durch die Sonne einen Apparat, der in jeder
* Anm. des Herausgebers. In deutscher Nachdichtung von Ludwig Fulda. Der
Titelheld bildete einst die Glanzrolle des Meisters Josef Kainz auf den berühmten
Brettern des Deutschen Theaters zu Berlin. Cyrano schrieb Dramen und phan-
testische Reiseromane.
522 Siebentes Buch.
Sekunde hintereinander eine Aufnahme der aufeinanderfolgenden ver-
schiedenen Phasen dieses Durchganges gestattete. Ein amerikanischer
Photograph, namens Muybridge, besonders aber auch der gelehrte fran-
zösische Physiologe Etienne-Jules Marey brachten dieses Verfahren zu
einer unerwarteten Entwicklung, indem sie alle möglichen Gegenstände
oder Personen photographisch im Bewegungszustande wiedergaben. In-
folge des Beharrungsvermögens der Gesichtseindrücke auf der Netzhaut
rufen diese Einzelbilder eines Menschen in seinen sämtlichen Bewegungs-
erscheinungen durch ihre schnelle Aufeinanderfolge den Schein seiner
einheitlichen ununterbrochenen und zusammenhängenden Bewegung hervor.
Es ist dies die Grundlage von dem Wesen des Kinematographen, der es in
der kürzesten Zeit zu einer derartigen VolkstüniHchkeit und Beliebtheit
gebracht hat, daß er in manchen Orten sogar die Theatervorstellungen
bedenklich verdrängen zu wollen scheint. Die Kinematographie ist heute
ein äußerst glänzender Erwerbszweig geworden, nachdem sie durch Er-
findung gewisser sinniger Kunstgriffe einige technische Fortschritte für
ihre praktische Handhabung gemacht hat. Trotz alledem bleibt das Kino
vom ästhetischen Standpunkt aus hinter dem eigentlichen Theater genau
so weit zurück, wie etwa die Photographie hinter der Malerei.
Dem großen amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edison blieb es
vorbehalten, zu alledem nun noch den Phonographen zu erfinden. Das
Wesen des Apparats ist höchst einfach. Die Schwingungen eines Schalles
graben sich auf einer aus Wachs hergestellten Walze ein. Wenn alsdann
ein an einer schwingenden Metallmembran angebrachter feiner Stift noch-
mals genau durch diese in dem Wachs eingedrückten Spuren hindurch-
geführt wird, gibt die Membran getreu das ursprüngliche Geräusch
wieder. Genau so wie sich durch die Photographie sämtliche Bilder und
durch die Kinematographie sämtliche Bewegungen wiedergeben lassen,
genau so wird es durch die Phonographie ermöglicht, sämtliche Töne
aufzuzeichnen und unauslöschlich festzulegen, ja nicht nur festzulegen,
sondern sogar noch riesenhaft verstärkt weithin vernehmbar zu machen
und auf diese Weise einer zahlreichen Zuhörerschaft beispielsweise die
feinsten Klangfarben einer Symphonie, die geringsten Tonübergänge des
Gesanges und die zartesten Schattierungen menschUcher Sprache weiter-
zugeben.
Eines der verwickeltsten und zugleich fruchtbarsten Forschungsgebiete
ist die Elektrizitätswissenschaft geworden, steht doch die Beschäftigung
mit ihr zwischen den abstraktesten mathematischen Untersuchungen einer-
.seits und den vielgestaltigsten praktischen Ideen auf technischem und
Die Herrschaft der Wissenschaft. 623
industriellem Gebiete anderseits etwa in der Mitte. So erfand noch
vor dem Jahre 1870 der aus Belgien stammende Z^nobe-Th6ophile Gramme,
der ursprünglich ein einfacher Fabrikarbeiter zu Paris war, hier die erste
elektromagnetische oder Dynamomaschine, die durch die rasche Drehung
eines Magneten eine elektrische Kraft erzeugen kann, die sich in einen ein-
zigen Strom zusammenfassen läßt. Durch Anbringung einiger unbedeuten-
der Änderungen an der Grammeschen Maschine, wie sie ursprünglich war,
ist man schließlich dazu gekommen, große und gewaltige durch Dampf-
kraft getriebene Elektrizitätserzeugungsapparate zu bauen. Riesige Magnete
können so bedeutende elektrische Kräfte entwickeln, die sich leicht durch
gut isolierte Metallkabeln bis in eine weite Ferne führen lassen. Die auf
diese Weise beüebig übertragbare elektrische Kraft kann sich je nach dem
Zwecke, den sie erfüllen soll, in eine andere Kraft umsetzen, so, wenn
sie Maschinen oder Wagen treiben soll, in Bewegung, wenn sie aber zur
Beleuchtung einer Stadt dienen soll, in Licht. Es hat demnach ohne
erhebliche Wirkungseinbuße die Verbrennung der Steinkohle letzten Endes
zur Erzeugung von Elektrizität, d. h. von Bewegung, und zwar Fem-
bewegung geführt. Es ist dies wieder ein weiterer beachtenswerter Fort-
schritt über die Dampfmaschine hinaus, die ja selbst nur Kraft und Be-
wegung in der unmittelbaren Nähe ihres Erzeugers hervorbringen kann!
In den Gebirgsgegenden hat man die Ströme und Bäche (sogenannte
Weiße Kohle) ausgenutzt, um Dynamomaschinen in Bewegung zu setzen
und so in der wohlfeilsten Weise Kraft, Bewegung und Licht zu gewinnen.
Das elektrische Licht hat vor den anderen Lichtquellen so bedeutende
Vorzüge, daß es in der neuesten Zeit allmähHch die einzige Beleuchtungs-
art werden zu wollen scheint.
Fast ebenso wie in bezug auf ihre industrielle Verwertung ist die
Elektrizität auch in bezug auf ihre theoretische Betrachtung ein Gegen-
stand zahlloser Arbeiten gewesen. So hatte bereits der Engländer James
Clerk Maxwell (1831 — 1879) eine gewisse Vorahnung gezeigt von der
völligen Übereinstimmung der durch die Elektrizität erzeugten Schwin-
gungen mit den Lichtschwingungen; ein experimenteller Beweis dieser
Verwandtschaft zwischen Elektrizität und Licht sollte freilich erst dem
schon genannten berühmten deutschen Physiker Heinrich Hertz gelingen.
Dieser hat in den Jahren 1886— 1888 durch verschiedene Schöne Ver-
suche nachgewiesen, daß die elektrischen Strahlen genau so wie die
Lichtstrahlen zurückgeworfen werden. Es war das ja der Ausgangspunkt
für die Entdeckung der Telegraphie ohne Draht gewesen.
Ein großer englischer Forscher, Sir William Crookes (1832— 191 9),
524 Siebentes Buch.
hatte im Jahre 1879 nachgewiesen, daß, wenn der elektrische Funke in
eine Röhre (Crookessche Röhre), die möghchst luftleer ist, überspringe,
von der positiven Elektrode gewisse Strahlen von rätselhafter Natur aus-
gehen, die auf fluoreszierende (lichtstrahlende) Platten wirken. Als der
deutsche Physiker Wilhelm Konrad Röntgen (geb. im Jahre 1845) jenes
schöne Crookessche Experiment im Jahre 1895 wieder aufnahm, machte
er eine höchst erstaunliche Entdeckung, Er fand, daß gewisse von den
Kathodenstrahlen, d. h. von den Strahlen des negativen Poles, die undurch-
sichtigen Körper so zu durchdringen vermögen, daß sie alsdann noch eine
genügende Wirkung auf eine photographische Platte hervorzubringen die
Kraft haben; es sind das die X-Strahlen, wie sie der Gelehrte ihrer rätsel-
haften Natur wegen bezeichnete, oder die meist nach ihm selbst benannten
Röntgenstrahlen; die Bedeutung dieser Entdeckung ist ganz erheblich,
hat sie doch einerseits bei den Theoretikern zu ganz neuen Auffassungen
von dem Wesen der Materie geführt und anderseits höchst segensreiche
praktische Anwendungen in ihrem Gefolge gehabt. Der Gebrauch dieses
wirksamen Durchleuchtungsverfahrens hat sich besonders für medizinische
Zwecke bewährt und in der Heilkunde ganz außerordentlich verbreitet,
und nicht etwa ausschließlich zur Beschaffung einer Photographie der
inneren Organe, sondern auch zu unmittelbareren Zwecken, wie zur
Beseitigung von Hautgeschwulsten und zur Beeinflussung einer nicht
genügenden Ernährung der menschlichen Epidermis,
In das gleiche Kapitel wie die Röntgenstrahlen gehört auch jener
merkwürdige chemische Grundstoff, den der Franzose Pierre Curie im
Jahre 1 898 zu Paris entdeckt hat : das Radium. Alles an ihm ist eigenartig ;
es ist ein Metall, und zwar ein ungeheuer seltenes und äußerst schwer zu
gewinnendes, das ohne jede sonstige chemische Wirkung beständig Wärme
entwickelt. Es entsendet dauernd und bei jeder Temperatur eine besondere
Art von Strahlen, die auch von undurchsichtigen Körpern hindurch-
gelassen werden, und wirkt so aus der Entfernung durch die Ausstrah-
lungen, die es beständig entwickelt, ohne eine wesentliche Einbuße an
Gewicht zu erfahren. Dieser einfache chemische Körper, also ein neues
Element, ist mithin in einer unaufhörlichen Zersetzung begriffen; das ist
vom Standpunkte der Chemie aus eine ganz neue Erscheinung, die allen
bisherigen Lehren der Wissenschaft Hohn spricht. Die besonderen
Strahlen, die es aussendet, die sogenannten Radiumstrahlungen oder
Radiumemanationen setzen sich schließlich in einen andern einfachen
chemischen Körper um, das Heliumgas,
So war zum erstenmal eine jener Stoffumwandlungen erwiesen, nach
Die Herrschaft der Wissenschaft. 525
der die mittelalterlichen Alchemisten stets so sehr auf der Suche gewesen
sind. Allein bis zur Stunde ist, trotz aller gründlichen Studien eines
Pierre Curie und seiner Gattin Frau Marie Curie, die Geschichte des
Radiums noch immer sehr lückenhaft. Wir können uns offenbar noch auf
gar manche Überraschungen von ihr gefaßt machen.
Alle diese Forschungen über die Elektrizität, das Licht und die sonstigen
verschiedenartigsten Wellenschwingungsbewegungen des zunächst nur auf
einer Annahme beruhenden Äthers haben die Chemiker und Physiker
zu neuen Vorstellungen über die Natur der Atome geführt, die bisher
als die letzten Grundelemente jeder materiellen Substanz gegolten haben.
Das Atom wird heute als etwas angesehen, das erst selbst wieder eine
Anhäufung von elektrischen Kräften, sogenannten Elektronen, darstellt,
die sich mit einer außerordentlichen Schnelligkeit um einen Mittelpunkt
im Kreise herumdrehen, ganz wie die Planeten um die Sonne. Es hat sich
sogar die Drehungsgeschwindigkeit durch mathematische Analyse be»
rechnen lassen.
Dem französischen Physiker Lippmann ist es im Jahre 1892 als einem
der ersten gelungen, die wissenschaftliche, wenn auch noch nicht die
praktische Lösung eines der Probleme zu finden, die am längsten die
Aufmerksamkeit der Forscher in Anspruch genommen haben, nämlich das
Problem der Farbenphotographie, d. h. der Photographie in__nalMicben
Farben. x -y-
Doch bei allen wunderbaren Entdeckungen im Gebiet der Physik
läßt sich gleichwohl von dieser keineswegs behaupten, daß sie im Laufe
der letzten fünfzig Jahre unter allen Wissenschaften die tiefste Um-
wälzung und Neugestaltung erfahren hat; unbestreitbar gebührt darin der
Biologie der Vorrang und innerhalb dieser wieder der Medizin.
So sehr nun auch die Fortschritte der Medizin und der Chirurgie
gerade für das Leben der menschlichen Gemeinschaften sowie der ein-
zelnen Menschen wesentlich sind, so ist doch bisher von ihnen hier kaum
die Rede gewesen; es unterblieb dies, weil bis gegen Ende des 19. Jahr-
hunderts doch nichts über die Mittelmäßigkeit hinausragte und auf
einigermaßen sicherem Boden stand. Gewiß hatte es auch schon vor
unserer Zeit scharfsinnige, erfinderische und gelehrte Ärzte gegeben, die
so gute Beobachter waren, die verschiedenen Krankheiten, soweit sie
ihnen schon vorher begegnet waren, nach ihren einzelnen Entwicklungs-
stadien mit kritischer Sorgfalt zu prüfen, neue Krankheitsformen zu ent-
526 Siebentes Buch.
decken und auch erfolgversprechende Heilmethoden zu erfinden. Nach
mancherlei therapeutischen Dummheiten war man endlich im Jahre 1860
einigermaßen mit den Voraussetzungen bekannt geworden, unter denen
eine Verordnung von Chinarinde, Quecksilber oder Opium unumgänglich
ist. Aber darin bestand auch nahezu ausschließlich die gesamte wirksame
Behandlungsweise der verschiedenen Krankheiten, die auch stets allein
nach den -Vorschriften eines ziemlich engen Erfahrungskreises erfolgten,
eines Erfahrungskreises, der noch immer nicht weit über den des Hippo-
krates, jenes alten großen Schöpfers des klinischen Verfahrens, hinaus-
ging. Die Diagnose der Krankheiten war eine leidliche, ihre Therapeutik
eine sehr unzulängliche, die Lehre von ihren Ursachen und damit auch
die Gesundheitsforschung einfach noch nicht vorhanden.
So ist denn die Neuschöpfung der Heilkunde, um nicht zu sagen ihre
Schöpfung überhaupt, soweit es sich wenigstens um eine im strengen
modernen Sinne wissenschaftliche Heilkunde handelt, ein Werk aller-
jüngsten Datums.
In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts hatte im Lauf seiner
Tätigkeit der enghsche Arzt Edward Jenner (1749 — 1823) eine Entdeckung
gemacht, die die Qual und Pein der armen Menschenkinder mehr erleich-
terte, als es bisher noch irgendeine andere Erfindung getan hatte. Die
Pocken oder Blattern waren eine Seuche, die immer gleich so um sich griff,
daß fast jeder ohne Ausnahme wie von einem unentrinnbaren Schicksal
verdammt zu sein schien, sich ihren Anfällen aussetzen zu müssen. Diese
nahezu über die ganze Welt verbreitete Krankheit war schmerzhaft und
häufig tödlich und hinterließ, selbst wenn man von ihr genas, häßliche Narben,
allerlei Gebrechen und oft sogar Blindheit, Man hatte versucht, sie mit
der schon früh von den Chinesen praktisch erprobten Impfung abzuwehren.
Die Impfung brachte zunächst, wenn auch nur in leichter Gestalt, die
Krankheit, aber für die weitere Zukunft die geringere Ansteckungs-
fähigkeit gegenüber einer späteren Epidemie. Doch sie blieb immerhin
ein gefährliches Verfahren, kam es doch bisweilen vor, daß die Geimpften
der Erkrankung erlagen. Da entdeckte Jenner im Jahre 1798, daß die
Kühe in den Ställen manchmal von einer ihnen eigentümlichen Krankheit
befallen wurden, den cow-pox, wie er sie nannte, d, h. den Kuhpocken,
und daß die Impfung mit Kuhpocken gegen Menschenblattern schütze.
Das bedeutete geradezu das Ende dieser so häßlichen Krankheit, sind doch
die Geimpften so gut wie sicher gegen die Pocken gefeit. So war die
grausamste Geißel des Menschengeschlechts besiegt. Es war das wohl
Die Herrschaft der Wissenschaft. 627
auch nur ein Stück Empirie, aber eine so segensreiche Empirie, daß es
nichts gibt, was nur irgend mit ihr zu vergleichen wäre.
Im Jahre 181 5 entdeckte der große französische Mediziner Ren6-Th^o-
phile-Hyacinthe Laennec (1781 — 1826) das Auskultationsverfahren, d. h.
ein zuverlässiges Untersuchungsmittel, das aus den Abweichungen in den
Geräuschen der Atmungsorgane wie auch in denen des Herzens mit einer
bisher unbekannten Genauigkeit die Diagnose der Lungen- und Herz-
krankheiten aufzustellen ermöglicht.
Die Entdeckung des aus der echten Chinarinde gewonnenen und im
Jahre 1820 zum ersten Male von Pelletier und Caventon für den allgemeinen
Gebrauch zurechtgemachten Chinins gestattete die Verwendungsmöglich-
keiten dieses wundertätigen Heilmittels genau abzugrenzen. Bald prä-
pariert mau auch die Alkaloide der andern Pflanzen (Morphin, Digitalin),
wodurch die Therapeutik an planmäßiger Regelung gewann.
Die Fortschritte der Physiologie, Chemie und Physik in den Jahren
1830 — 1870 zeitigten eine strengere Wissenschaftlichkeit bei ärztlichen
Untersuchungen (für den sogenannten Krankheitsbefund). So
wiesen französische wie deutsche Mediziner um 1840 nach, daß bei allen
Fiebern die Körpertemperatur über die Normaltemperatur von 37° hinaus-
steigt. Diese Übertemperatur, die sich zwischen 37° und 41°, ja auch 42"
erstrecken kann, liefert durch ihre Dauer und Stärke äußerst lehrreiche
Aufschlüsse über den Verlauf eines Fiebers; die ärztliche Temperatur-
messung wird die Grundlage aller Krankheitsdiagnosen.
Auch die chemischen Rückwirkungen des Harns begegneten immer
besserem Verständnis. Ein englischer Mediziner, Richard Bright (1789
bis 1858), entdeckte den Zusammenhang der Eiweißabsonderung (Albumi-
nurie) und gewisser entzündlicher Vorgänge in den Nieren mit bestimmten
Herzbeschwerden (die sogenannte Brightsche Nierenkrankheit). Das gra-
phische Verfahren mit Hilfe des Sphygmograph oder Pulsmesser be-
nannten Instrumentes ermöglichte, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der
Pulswelle durch eine aufgezeichnete Pulskurve graphisch darzustellen.:
Die anatomisch - pathologischen Mikroskopierübungen gaben zahlreiche
Einzelaufschlüsse über die Veränderungen der Organe, besonders des
Nervensystems wie des Rückenmarkes. Diese Beschreibungen machten
teilweise mit ganz neuen Krankheiten bekannt.
Doch im Grunde änderten alle diese Erfahrungen sowohl an den
Grundbegriffen der Medizin wie an der Krankheitsbehandlungs- und -vor-
beugungsmethode (Prophylaxe) nur wenig. i
628 Siebentes Buch.
Da trat ein Mann auf, der durch seine genialen Entdeckungen iinbe-
grenzte neue Bahnen wies und Tausende und Abertausende von dankens-
werten Arbeiten anregte. Es war Louis Pasteur (1822 — 1895). Durch ihn
smd"^ medizinischen Wissenschaften auf einer von der bisherigen voll-
kommen abweichenden Grundlage gleichsam zum zweiten Male begründet
worden. Es gibt in der Geschichte der modernen Wissenschaften, ja in
der Menschheitsgeschichte überhaupt, wohl keine so tiefe Umwälzung,
wie die dei Medizin in den Jahren 1865 — 1905. Vierzig Jahre haben
genügt, eine ganze Welt von völlig neuen und bis dahin auch nicht im
entferntesten geahnten Tatsachen zu erschließen. Die Medizin läßt sich
in zwei große Hauptabschnitte zerlegen: einen ersten bis zu und einen
zweiten seit Pasteurs Wirksamkeit.
Anfangs lagen die Arbeiten dieses Gelehrten auf dem Gebiete der anor-
ganischen Chemie (1850); aber ganz allmählich fühlte er sich mehr zu For-
schungen über das Wesen der natürlichen Gärungsvorgänge, d. h. den Anteil
der belebten Urkörperchen an gewissen chemischen Veränderungen der
gärungsfähigen Stoffe hingezogen (1857). Da entdeckte er, daß selbst eine
Flüssigkeit, die an sich zur Gärung geeignet ist, wie etwa Milch, Harn oder
Blut, doch niemals gärt, ohne irgendwelche Keime dieser niederen Lebe-
wesen zu enthalten. Er schloß daraus, daß es für die Gärorganismen keine
Urzeugung gäbe. Die gärfähigen Flüssigkeiten gären ausschließlich, wenn
sie von Keimen befruchtet worden sind. Nun sind diese Keime überall teils
in der Luft, teils im Wasser, verbreitet und können nun, wenn sie in
gärfähige Flüssigkeiten fallen, sich entwickeln und deren Verändenmg her-
vorrufen. '
Im Jahre 1865 drang er in diese Forschungen noch tiefer ein; er
erkannte, daß gewisse Krankheiten der Seidenraupen (Körperchen- und
Hopfenpilzkrankheit) von der starken Vermehrung jener Gärorganismen
herkämen. Die Keime, die in den Flüssigkeiten des Körpers einen ihrer
Verbreitung günstigen Boden finden, pflanzen sich darin rasch fort und
führen die Krankheit der Raupe herbei. Aus verallgemeinernder Anwen-
dung der an den Seidenraupen beobachteten Erscheinungen auf die höheren
Tiergattungen machte Pasteur den Schluß, daß die Krankheit ihre Ursache
in dem Eindringen gewisser Keimkörner in den Organismus und dem Auf-
gehen dieser Samerielemente in demselben habe. Diejenigen unter ihnen,
die einer Entwicklung in den Flüssigkeiten oder den Geweben der Lebe-
wesen fähig sind und damit in ihnen eine Krankheit hervorrufen können,
werden Krankheitserreger genannt. Im Normalzustande sind Blut und
Gewebe steril, d. h. keimfrei, während das Blut und die Gewebe de«r
Die Herrschaft der Wissenschaft. 52g
Kranken von solchen Keimen infiziert sind, in denen die eigentliche
Ursache der Krankheit zu sehen ist. Diese Infektion also macht das
Wesen der Krankheit aus oder, um es in anderer Weise auszudrücken
und in eine kurze Formel zu bringen, die den ganzen gewaltigen Fort-
schritt, zu dem es die medizinischen Wissenschaften gebracht haben, in
einem einzigen Satze zusammenfaßt: die Lehre von den Krankheiten
ist eine Lehre von den Schmarotzern.
Eine in ihren Folgen unendlich segensreiche unmittelbare Anwendung
dieser Lehre machte sogleich der Engländer Sir Joseph Lister (geb. 1827),
einer jener großen Wohltäter der Menschheit, die das höchste Maß ihrer
"Dankbarkeit für alle Zeiten verdienen. Mit Anwendung von Pasteurs Ent-
deckungen auf die Chirurgie erkannte dieser, daß die häufigen tödlichen
Ausgänge der Operationen stets an der Möglichkeit des Zutritts von in
der Luft schwebenden Fäulniskeimen zur Wunde imd ihrem Eindringen
in dieselbe wie ihrer schnellen Vermehrimg auf diesem Boden lag. Es
gilt also, entweder durch chemische Substanzen oder durch Hitze diese
schädlichen Keime, die als Schmarotzer die Wimden zu infizieren geeignet
sind, rechtzeitig zu vernichten. Es gilt, die Operationsinstrumente zu sterili-
sieren und die krankheiterregenden Keime, die überall in der Luft ver-
breitet sind und in mikroskopisch kleinen Körnern an der Oberfläche aller
Gegenstände haften bleiben, nicht während der Operation in die Gewebe
eindringen zu lassen oder aber, wenn es doch geschehen ist, und sie schon
in der bereits infizierten Wunde in ungezählten Mengen vorhanden sind,
nun wenigstens zu vernichten. Es ist dies das antiseptische Verfahren, jenes
wunderbare Verfahren, das mehr Menschenleben zu retten vermocht hat
als menschlicher Wahnsinn auf den Schlachtfeldern hat vernichten können.
Um dieselbe Zeit (1865) führte der französische Mediziner Villemin den
unwiderleglichen experimentellen Beweis, daß die Tuberkulose, die ver-
heerendste aller Plagen vmseres Menschengeschlechts, ein durch Impfung
übertragbares, mithin ansteckendes Leiden sei. Zwar gelang es Villemin
nicht, den Keim der Tuberkulose zu erkennen und zu züchten; doch nach
Pasleurs Beobachtungen über die krankheitserregende Tätigkeit der Ba-
zillen war die Existenz eines solchen Schmarotzers als ursprünglichen Aus-
gangspunktes der Tuberkulose so gut wie zweifellos. Zehn Jahre später
glückte es denn auch dem berühmten deutschen Mediziner Robert Koch
(geb. 1843), den Tuberkelbazillus ausfindig zu machen und damit Pasteurs
und Villemins Arbeiten erst zu ihrem eigentlichen letzten Abschluß zu
bringen (1882).
In den Jahren 1872— 1882 lösen die Entdeckungen Pasteurs förmlich
530 Siebentes Buch.
einander ab. Es ist das das heroische Zeitalter der Medizin, Pasteur beweist,
daß die Keime als Ausgangspunkte der Krankheiten sich absondern und
sich in keimfreien, wenn auch nahrhaften Flüssigkeiten, die so ein günstiger
Nährboden für eine Reinkultur werden, züchten lassen. Der Infizierungs-
keim gedeiht in den Nährflüssigkeiten wie das Getreide auf dem Felde.
Wird er dann einem Tiere eingeimpft, gibt er ihm die entsprechende
Krankheit, für die gerade er die eigentümliche Triebkraft bildet. Ja noch
mehr, es lassen sich die Keime abschwächen und sowohl zur Verhütung
des Todes hinreichend unschädlich, wie auch zur Verleihung der Immunität
durch Herbeiführung einer nur leichten schnell in Genesung über-
gehenden Erkrankung hinreichend wirksam machen.
Hieraus erwuchsen die unbegrenztesten Hoffnungen, die sich aber nur
teilweise erfüllten, um zum andern Teil einer nicht zu fernen Zukunft
vorbehalten zu bleiben. Wie schon jetzt eine ganze Reihe von Krank-
heiten auf diesem Wege eine wesentliche Einschränkung finden, so wird
es in Zukunft wahrscheinlich mit allen möglich sein. Da alle Krankheiten
auf Bazillen beruhen, werden sich wohl auch alle durch Schutzimpfungen
bekämpfen lassen müssen.
In richtiger Würdigung der unermeßlichen Tragweite dieser Probleme
haben sich überall . in der Welt, in England, in Italien, in Frankreich
wie in Deutschland, die Gelehrten ans Werk gemacht und mit rühm-
lichen Entdeckungen eine derartige Umwälzung in den medizinischen
Forschungen heraufbeschworen, daß von jenem so mühsam aufgeführten
stolzen Gebäude der Ärzte des Altertums als einziges noch für die heutige
Zeit Verwertbare einige ihrer klinischen Krankheitsbeschreibungen übrig
bleiben. Die Krankheit, die einst in alten Tagen eine Art geheimnisvoller
Rauchwolke war, die, so oft sie einer festhalten wollte, stets seinen.
Händen zu entfliehen wußte, eine verhängnisvolle und launische sagen-
hafte Gottheit, ein Würgengel, der seinem augenblicklichen Einfalle folgend,
bald hier, bald da seine ausersehenen Opfer zu treffen suchte, die
Krankheit ist heute eine greif- und sichtbare Wirklichkeit geworden, ein
winziges Wesen mit einer Gestalt, Sitten und Lebensbedingungen, die von
Jahr zu Jahr bekannter werden, ein Wesen, das sich in Glaskolben
einschließen, in seiner Entwicklung zurückhalten oder beschleunigen, an
Ort und Stelle seiner Verheerimgstätigkeit erkennen und in allen seinen
Wirkungen verfolgen läßt ; wir nennen ein solches Wesen Bazillus *.
Hierdurch hat natürlich auch die Therapeutik eine vollkommene Um-
* Vgl, die folgende Anmerkung.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 53 1
gestaltung erfahren. Nur zu bald wurde die Entdeckung gemacht, daß
die symptomatischen Erscheinungen der Krankheiten nicht sowohl auf der
unmittelbaren Entwicklung der Bazillen als vielmehr auf der Schäd-
lichkeit der von ihnen hervorgebrachten chemischen Substanzen beruhen
(die beiden französischen Bakteriologen Pierre Roux, geb. 1853, Sohn des
im Jahre 1854 verstorbenen Chirurgen Philibert Roux, und Alexandre
Yersin, geb. 1863, mit ihren grundlegenden Arbeiten darüber aus dem
Jahre 1883). Nur zu bald brach sich die Erkenntnis Bahn, daß das Blut
der infizierten imd geheilten Tiere — auch Serum genannt — Bestand-
teile enthält, die die Fähigkeit haben, den Fortschritten der infektiösen
Bazillen und der Wirkung ihres Toxin Einhalt zu gebieten (die Blut-
oder Heilserumtherapie von H6ricourt und Charles Riebet * vom Jahre
1888). Vier Jahre später hatte Emil Adolf Behring (geb. 1854) in Anwen-
dung der Serumtherapie auf die Diphtherie den ausschlaggebenden Erfolg
gehabt, ein Heilserum herzustellen, das von einer ganz wunderbaren Wir-
kung gegen jene Krankheit ist, die einst zu den allerfurchtbarsten ge-
hörte und heute zu einer fast harmlosen geworden ist (1893).
So sind Serumtherapie sowie Opotherapie, auch Organotherapie oder
Organsafttherapie genannt, d. h. Behandlung von Krankheiten durch inner-
lichen Gebrauch von bestimmten tierischen Geweben oder Säften, die beiden
Befreierinnen der Therapeutik aus den Jahrhunderte alten erdrückenden
Fesseln der Empirie geworden.
Aber auch das Studium der gesamten übrigen zur Bekämpfung der
Leiden bestimmten Heilmittel kann jetzt, wo sich jede Krankheit auf das
Tier weiter übertragen läßt, gleichfalls ein methodisches werden, das sich
auf gründlicher imd streng wissenschaftlicher Experimentiertätigkeit aufbaut.
* Anni. des Herausgebers. Der Verfasser unserer Kulturgeschichte, der zugleich
der Vorsitzende der französischen Friedensgesellschaften ist und Ostern 19 14
zu Berlin als Freund des deutsch-französischen Einvernehmens gewirkt hat, ist
der Sohn des Pariser Chirurgen und Stabsarztes Alfred Riebet. Vgl. die Lebens-
beschreibung: „Charles Riebet, der jüngste Träger des Nobelpreises, und seine
Leit-, Zeit- und Streitfabeln des 20. Jahrhunderts" vom deutschen Bearbeiter dieses,
Dr. Rudolf Berger (Berlin) im „Zeitgeist", literarische Beilage des „Berliner
Tageblatt" vom 24. November 1913 und in der Monatsschrift für lebens- und
geistesgeschichthche Forschungen „Die Persönlichkeit", Heft 5, S. 361 — 369. —
Mit dem „Bazillus", wie er ihn oben beschrieben hat, beschäftigt sich Riebet
künstlerisch in seiner nach demselben benannten Fabel (in der oben S. 520
Anm. angeführten deutschen Nachdichtung von Hoche und Berger S. 60 — 61)
und mit dem Impfungsexperiment am lebenden Tier in der Fabel „Der Gelehrte
und das Karnickel" (ebenda S. 17 — 19).
532 Siebentes Buch.
Es ist dies die Chemotherapie, in der der Frankfurter Pharmakologe Paul
EhrUch (1854 — 1916) Leistungen aufzuweisen hat. die sich eines Wehrufs
erfreuen *.
So erfolgte die Entdeckung ganz neuer Heilmittel von außerordentlicher
Wirk<^amkeit, deren Reihe immer noch nicht abgeschlossen, sondern von
Tag zu Tag in fortwährendem Wachsen begriffen ist. Der Chloralkohol
oder das Chloral, die Salicylsäure mit ihren verschiedenen Derivaten, die
organischen Verbindungen des Arsen (Salvarsan) sind solche kostbaren
Errungenschaften moderner Therapeutik,
Aber so segensreich sicher auch die mannigfaltigen Heranziehungen der
Pasteurschen Entdeckungen bei der Behandlung der Krankheiten sein
mögen, so üben sie doch noch weit mehr ihre wohltätige Wirkung als
Vorbeugungsmittel zur Verhütung der Krankheiten aus, muß doch für alle
Folge die wissenschaftliche Hygiene, von der sich bereits heute ein un-
gefähres Zukunftsbild machen läßt, in medizinischen, ja sogar auch in
sozialen Dingen überall die erste Stelle einnehmen. Sie bildet die große
Hoffnung für alle diejenigen, denen noch nicht die Liebe für die Mensch-
heit in ihren Herzen erstorben ist.
Es ist ganz einwandfrei festgestellt, daß die Krankheiten weiter nichts
als von Schmarotzern hervorgerufene pathologische Zustände sind, oder es
sich bei ihnen um Fälle von Übertragung handelt. Ein Individuum, dessen
Körper weder von einem Parasiten vergiftet noch von einem zerstörenden
Stoffe verseucht ist, ist niemals krank. Es gibt keine Krankheit, die nicht
aus einer äußeren Einwirkung hervorgegangen wäre. Daher die so ein-
leuchtende, auch vom Standpunkte der strengsten Logik unanfechtbare
Schlußfolgerung, daß, wer die Krankheiten vermeiden will, nur die An-
steckungen zu vermeiden braucht. Die Trockenlegung aller der Wass-^r-
läufe, die Flecktyphus, Cholera und Ruhr mit sich führen, die Vernichtung
alles des Fleisches und aller der Milch, die möglicherweise Tuberkulose
verbreiten, die strenge Absonderung aller der Kranken, die Tuberkulose,
Scharlach, Diphtherie, Röteln oder etwa auch Krebs übertragen könnten,
nach dem Vorbilde der Absonderimg der L^prakranken, wie sie schon in
alten Zeiten gehandhabt worden war, die Ausrottung aller Moskitos, Stech-
mücken und Fliegen, die den Menschen die Malaria einimpfen, und aller
Ratten, die ihnen die Pest bringen: das muß. das fernste Streben sämtlicher
* Wertvolle Beiträge zu Ehrlichs Biographie hat der Verf.. dieses Werkes,
Charles Richet, einer seiner zahlreichen Verehrer und persönlichen Freunde in
Frankreich, in der von dem Berliner Prof. Carl Posner redigierten Internatioalen
Festschrift zu Prof. Ehrlichs sechzigstem Geburtstage um Ostern 1914 geliefert.
Die Herrschaft der Wissenschaft. 633
Ärzie und das noch viel ernstere sämtlicher Regierungen sein. Durch ent-
schlossene Maßregeln haben es auch die Engländer bereits erreicht, daß
gewisse Krankheiten fast gänzlich verschwunden sind, wie der Typhus,
und andere sich wenigstens erheblich eingeschränkt haben, wie die Tuber-
kulose. Ihnen nicht nur nachzustreben, sondern sie noch möglichst zu über-
bieten soll unsere zukünftige Losung seinl Nicht sowohl, wie man gegen
die Kranken möglichst liebevoll ist, als vielmehr, wie man die Gesunden,
nicht erst zu Kranken werden läßt, das ist die große Aufgabe des Men-
schengeschlechts I Es wird heißen, von einer unerbittlichen Strenge gegen
die Ansteckung zu sein und sich nicht mit halben Maßnahmen zu be-
gnügen. Die Isolierimg der mit ansteckenden Krankheiten Behafteten wird
die wahre Menschenfreundschaft sein, und nicht etwa jene rührselige Aller-
weltsmenschenfreundschaft, deren unheilvolle Folgen wir noch immer
allzusehr spüren. Dann erst werden Syphilis, Tuberkulose, Diphtherie und
Scharlach vollkommen ausgerottet sein. In noch nicht fünfzig Jahren wird
man entsetzt sein, mit welcher Nachsicht, um nicht zu sagen, mit welchem
Wohlwollen, wir auch noch, nachdem wir die Art ihrer Verbreitung kennen
gelernt haben, jene Schmarotzer, die das Brandmal und Unglück der
Menschheit bilden, gleichwohl nach wie vor behandeln.
Aber die Hygiene hat auch noch andere Aufgaben, unter denen es be-
sonders zwei sind, denen sich kein zivilisiertes Land entziehen kann: es
sind dies die Säuglingsemährung und der Kampf gegen den Alkoholismus
oder das Gewohnheitssäufertum.
Eine sehr große Zahl neugeborener Kinder geht am Hunger zugrunde.
Würden sie von ihrer Mutter genährt, und ihnen nicht dank einer un-
glaublichen Unwissenheit Nahrungsmittel zugeführt, die sämtlich mit Aus-
nahme der Muttermilch das reine Gift für sie sind, so wären nicht immer
wieder jene unheimlichen Sterblichkeiten zu beklagen, die sich zwischen
15 und 180/0 bewegen, ja sich manchmal bis zu 250/0 steigern und eine
Schande unseres Gemeinschaftslebens sind.
Noch schrecklichere Verwüstungen richtet vielleicht der Alkoholismus
an. Diese Plage wird immer ärger, besonders auch in Frankreich. Sie
hat Not und Elend, Prostitution, Geisteskrankheiten und Selbstmord im
Gefolge. Etwas so Furchtbarem gegenüber ist es eine Schande, wie gleich-
gültig wir ihm zusehen, gibt es doch sogar einzelne Regierungen, die den
Alkoholverkauf noch fördern; denn ebensosehr wie durch den Alkohol-
genuß ein ganzes Volk verarmt, bereichert sich umgekehrt durch ihn sein
Fiskus. Zudem scheuen die Parlamente, es mit den Schnapsproduzenten
und -Verkäufern bei dem bedenklichen Einflüsse, den diese haben, zu ver-
16_Richet, Geschichte der Menschheit II.
534 Siebentes Buch.
[ derben. Aber es werden jene furchtbaren und dabei zu so niedrigem Preise
i verschenkten Gifte, wie Branntwein und Absinth, wenn man nicht bei
Zeiten eine angemessene Regelung ihres Ausschankes zu treffen weiß,
schließlich einmal eine völlige Entartung des Geschlechts herbeiführen.
Der Wirkungskreis der Ärzte in der modernen Gesellschaft hat immer
mehr Fühlung zu dem der wissenschaftlichen Forscher zu suchen, so daß
der Zusammenhang der Medizin mit den andern Wissenschaften, die ihr
immer unentbehrlicher werden, von Tag zu Tag enger werden muß. Von
der Wissenschaft rührt ein Umschwung in der Industrie und eine
Erleichterung und angenehmere Gestaltung der sämtlichen Lebensbe-
dingungen her, nicht weniger eine Erneuerung der Medizin und damit
eine Abschwächung menschlichen Leides, ist doch die Krankheit sicher
das größte, wenn nicht vielleicht das einzige wirkliche Leid des Menschen.
Deshalb sind aber auch allen wissenschaftlichen, chemischen, physischen
und medizinischen Einrichtungen die Mittel zu gewähren, deren sie jeden
Tag mehr bedürfen. Dem Kriege, ja selbst der Volksbildung seine sämt-
lichen verfügbaren Mittel opfern ist ein unzeitgemäßer und vorsintflutlicher,
unheilvoller Irrtum 1 Heute gilt es, an die Wissenschaft zu denken,
d. h. an die Ausspürung des Unbekaimten und die Erkämpfung der
Wahrheit.
Aber es wird dazu nicht etwa ausreichend sein, prächtige Gebäude
mit geräumigen und durch reiche Apparatensammlungen wertvollen Labora-
torien zu errichten; es wird auch unumgänglicherweise für zahllose Gelehrte
Vorsorge zu treffen sein, die die Mittel zum Leben und sogar zum behag-
lichen Leben haben müssen, um. sich Arbeiten und Forschungen von
einem rein wissenschaftlichen Charakter vollständig widmen zu können,
ohne sich gleichzeitig um die Einträglichkeit ihres Daseins kümmern und
für eine praktische und immittelbare Ausnutzimg ihres Wissens sorgen
zu brauchen.
Zum Schlüsse wollen wir versuchen, noch einmal im Fluge die Stufen-
folge der Fortschritte darzustellen, die durch eine bunte Reihe zahlloser
Abenteuer und Begebenheiten hindurch dem Menschen ermöglicht haben,
aus dem Zustande der Wildheit herauszukommen, um dann zuletzt zu den
Hohen der Zivilisation zu gelangen. Wir wollen sogar so kühn sein, uns;
.äSTdie Frage heranzuwagen : „Was dürfen wir von der zukünftigen Mensch-
. heit hoffen?" Die Geschichte wäre ja weiter nichts als ein ziemlich trau-
Die Herrschaft der Wissenschaft. 635
riger und unfruchtbarer Zeitvertreib, wenn wir nicht daraus auch etwas
lernen und für die Zukunft entnehmen könnten I
Lange, lange hat der Mensch so gut wie keine erkennbare Sp\ir seiner
damals nur schrittweisen Entwicklung hinterlassen und einsam im Ver-
/ borgenen ein Leben geführt, das er erst den Elementen abringen mußte
und allein "aus den von ihm erbeuteten wilden Tieren seiner Umgebung .^
notdürftig fristen konnte. Im Verlauf dieses langen unbekannten Zeit- t/T*^^/^^
raumes hat sich sein geistiges Wesen verfeinert. Zum Schlüsse hat er dann ^'^uy^t
einige rohe Werkzeuge erfunden, sich die Kunst angeeignet, ein Feuer -»-*~-y/<,#
anzustecken, den Hund zu zähmen und Steine zu schneiden und zu glätten. 4^^^,,^
Auch hat er sich schon damals zu Familien, Stämmen und vielleicht auch
Völkerschaften zusammengeschlossen. Aber dies alles ist etwa noch keine
historische Vergangenheit.
^ Die eigentliche Geschichte beginnt erst mit den alten Kulturen Ägyp-
tens und Chaldäas. Schon haben sich ständige Gemeinschaften gebildet
mit einer gewissen Architektur, Schrift, Hierarchie, Zünften, einer Re- >
ligion und auch schon einer Kunst, die nicht mehr gar so grob, und einer '
Wissenschaft, die nicht mehr gar so kindlich ist.
In ein paar Jahrtausenden, deren Zahl^ die Geschichte anzugeben yer-^ 1 v^'^
magj_^nd_danrL die Fortschritte dieser Urvölker so schwach, daß vorher . \tnJi
offenbar Hunderte von Jahrhunderten notwendig gewesen sein müssen, \ '
um die Menschen auch nur bis dahin zu bringen. f^*
Doch jene gewaltigen asiatischen_jQd£r__ägypti5chen Riesenreiche, in
denen die ersten Herde einer gewissen Weltkultur zu erblicken sind,
waren^auch. .yJT02L.^gilL-ibi:gQ- j*^^^-*^*^" ^^pi'^^ph Y<^Tn Elntp des Krieges befleckt
gewesen.
Gleich mit den Anfängen menschlicher Gemeinschaften tritt der Krieg //
in die Welt als das große Übel. Die prächtigen Riesenstädte Theben, .
Ninive, Babylon gehen durch Krieg und Zwietracht zugrunde.
Allein während dieser blutigen Kämpfe, die sich die Völker Asiens gegen-
seitig lieferten, schufen in dem Becken des Mittelmeeres die _Phönizi^,_
die Kreter und besonders die Hellenen den Handel, die Schiffahrt und
den Verkehr. Sie erfanden ein einfaches Alphabet imd gaben sich eine
planvolle synthetische Sprache. Etwa tausend Jahre vor unserer Zeit-
recTinung besteht bereits die griechische Sprache, die noch heute fortlebt,
und schon damals feierte der größte aller Dichter die Siege seines Volkes.
Schon fünf Jahrhunderte nach Trojas Einnahme und Zerstörung hatte
16*
536 Siebentes Buch.
Hellas alles, was menschlicher Geist an erhabener Größe aufzuweisen
hatte, mit seiner Volkskultur harmonisch zu verschmelzen verstanden.
Und alsbald erklomm es die höchsten Stufen im Reiche der Gedanken.
Während die gesamte übrige Welt in finsterer Barbarei stecken blieb, hat
jenes Land Philosophen, Dichter, Geschichtschreiber und Bildhauer aus
seinem Schöße hervorgehen sehen, die noch heute nicht zu übertreffen,
ja auch nur zu erreichen gelungen ist. Hellas bildete demokratische Ge-
meinschaften, die ebenso rührig und unternehmungslustig wie aufopfernd
gewesen sind. Aber dann verspritzte es sein ganzes Blut und verbrauchte
es seine ganze Kraft in inneren und auswärtigen Kriegen. Der wutschnau-
bende Ares verdunkelte die ihm von Pallas Athene eingehauchte schöne
Seele, bis es deren ganze Glut in gegenseitiger Fehde verzehrte. Zerrüttung
und Zwietracht hatten es schließlich so geschwächt, daß die Römer nur
noch zu erscheinen brauchten, um es zu besiegen. Rom bedeutete zwar
auch den Krieg, aber es bedeutete doch schon den disziplinierten und
organisierten Krieg.
Alsbald dann bringt Rom jedoch seine gewaltigen und we'isen Ein-
richtungen zur Herrschaft über die gesamte Welt, der es damit den Frieden
auferlegt, nachdem es sie besiegt und unterworfen hat.
Doch bald bildete auch ein Volk, das fern von Europa im äußersten
östlichen Asien wohnte und einer ganz andersartigen Menschenrasse an-
gehörte, die an Masse so unerschöpflichen Chinesen, einen eigenen sozialen
Organismus, mit dem es sich in selbständigen Bahnen zu einer wirr ver-
schlungenen Zivilisation entwickelte, doch ohne dadurch mit der römi-
schen Welt in Berührung zu kommen. So hat es bis in unsere Tage in völ-
liger Abschließung abseits von uns gestanden, ohne jemals auch nur die
schwächste Einwirkung auf die Fortschritte des Abendlandes auszuüben
oder umgekehrt das geringste aus der Abendwfelt bei sich einzuführen.
Griechenland war durch Anarchie zugrunde gegangen. Rom brach
durch den Despotismus zusammen, der selbst weiter nichts als eine andere
Form der Anarchie ist. Sich in Knechtseligkeit an abscheuliche Tyrannen
wegwerfend, verlor dieses schließlich jeden Halt. Da fielen die Barbaren
von allen Seiten ein und plünderten die römische Welt, um in ihr an die
Stelle der schönen hellenischen 'Kultur ein wüstes Gesellschaftsgebäude
ru setzen, dessen Gesittungsroheit nur ein ganz klein wenig Einhalt zu
Die Herrschaft der Wissenschaft. 637
tun, auch das Christentum nicht stark genug war. Acht finstere Jahr-
hunderte hindurch unterbheb jeder Fortschritt. Es war die Zeit der All-
macht der katholischen Kirche, die Könige wie Völker unter ihrem Banne
hielt. Ihre Barbarei war groß, aber immerhin weniger groß als die der
ihr unterworfenen Völker. Erst um das 14, Jahrhimdert begann sich all-
mählichder menschliche Geist wieder etwas zu erholen.
Und nun kam die Buchdruckerkunst, die erst die richtige Möglichkeit
schuf, geistiges Leben zu verbreiten. Es erstanden Universitäten. Die
Dichter, die Philosophen, die Maler und die Geschichtschreiber feierten
ihre Wiederauferstehung. Es erfolgte die Entdeckung Amerikas. Der
Menschheit Denken, das so lange nur in einer Art Dämmerzustand ge-
wesen war, erwachte nun wieder aus seinen Träumen zur Selbständigkeit,
Und so gruppierte sie sich denn in freien, voneinander unabhängigen
Einzelgebilden. Es war eine wundervolle plötzliche geistige Wiedergeburt,
die Renaissance der Wissenschaft und Künste.
Und schon wendet sich eine wahre Blüte des Menschengeschlechts
echter wissenschaftlicher Forschung zu, d. h. solcher, der als einziges Ziel
ihrer Tätigkeit die lautere Wahrheit vor Augen schwebt. Und kaum ist
eben erst der Weg betreten, der zu dieser hehren Göttin führen soll, da
beginnt es auch schon überall hell zu werden: Kepler, Kopernikus, Galilei,
Descartes, Harvey, Baco, Pascal weisen der Menschheit ihre Aufgabe an.
Es ist vollbracht I Nun dürfen es auch die Menschen wissen, welche Gott-
heit die wahrhaft anzubetende istl
Aber Irrungen und Leidenschaften danken nicht so leicht ab, wie man
vielleicht wünschen möchte 1
Zunächst nämlich wüten erst ein ganzes Jahrhundert lang gräßliche
Rehgionskriege. Zwei große christliche Sekten streiten um Europa. Katho-
liken und Protestanten schlachten sich gegenseitig dahin, und Haß wie
Blut fließen in Strömen I
Ferner ordnen sich alle Völker gleichmäßig einem drückenden monar-
chischen Joche unter. Frankreich, Spanien, Österreich, Rußland, Preußen,
ja sogar England haben im 17. und 18. Jahrhundert blindlings die Befehle
ihrer erblichen Herrscher angenommen und unter Führung dieser Herrscher
gegenseitig in langen Kämpfen gerungen, um sich zu zerrütten und eins
nacli dem andern um den Preis dieser Zerrüttung einen armseligen Kriegs-
ruhm und einen vorübergehenden Vorrang zu erwerben.
Durch den Krieg sind sie fast sämtHch schon einmal, Spanien, Frank-
5^8 Siebentes Buch.
reich, Österreich, Preußen sowie Rußland, dem Untergange nahe gewesen.
I Durch den Krieg haben sie alle schon einmal die Stunden der Not kennen
gelernt, in denen der Bestand eines ganzen nationalen Daseins gefährdet
\ erscheint.
Doch die Gelehrten ließen sich darum nicht stören, aus dem Füllhorn
ihrer Gaben weiter ihre Wohltaten über die ganze Welt auszugießen.
Dann ging plötzlich ein mächtiger Hauch der Befreiung über die
Erde, der in Frankreich sogar die ganze Monarchie wegfegte und die andern
Völker wenigstens mit der Freiheitsidee iDeschenkte, die der Wissenschaft
edelste Tochter ist.
Und nun läßt sich dieser Befreiungs drang durch nichts mehr zurück-
halten. In einem einzigen Jahrhundert mehren sich die industriellen,
sozialen und wissenschaftlichen Fortschritte nach allen Seiten, und die
Menschheit kommt in diesem kurzen Zeiträume weiter vorwärts als zuvor
in einem Jahrtausend.
Das ganze 19. Jahrhundert ist nur die großartige stürmische, aber
noch immer nicht fertige Entwicklung eines doppelten Kampfes; es ist
dies einmal der Kampf um die Materie durch die Wissenschaft und dann
der Kampf um die Freiheit durch die mit ihrer Hilfe mündig gewordenen
Bürger. Ja, die Ereignisse überstürzen sich so schnell, daß die zweite
Hälfte des 19. Jahrhunderts sich einer Leistung rühmen kann, die die
der ersten noch zehnfach übersteigt.
So haben wir denn das 20. Jahrhundert betreten.
Bei Anbruch des jetzigen Jahrhunderts haben blutige Zuckungen,
die blutigsten der ganzen Menschheitsgeschichte, die alte Welt erschüttert!
Und heute, im Jahre 191 9, scheint es, daß der furchtbare MiUtarismus
alter Zeiten, der sich so vollkommen mit Preußen, Österreich und der
Türkei verwachsen zu haben schien, endgültig beseitigt worden ist. Die
absoluten Monarchien haben überall zu bestehen aufgehört. Mehr oder
weniger freie Völker verfügen selbständig über ihr Schicksal. Doch, da
die Freiheit nur die Erlösung vom Übel ist, aber noch nicht in sich eine
unbedingte Bürgschaft für das Glück gewährt, so stehen sie nun in bezug
auf die weitere Zukunft am Scheidewege, ob sie sich hierhin, ob dorthin
schlagen sollen.
Die eine Richtung, in der sie sich bewegen können, wäre nur eine
Fortsetzung jener Irrwege des Haders, der Fehde imd der Anarchie, wie
sie sie bisher einschlugen; es wäre der alte Kurs: all ihr Blut zu verspritzen
Die Herrschaft der Wissenschaft. 639
und alle ihre Schätze zu verschwenden, nur, um einige Quadratkilometer
Landes zu gewinnen — oder auch vielleicht zu verlieren — und um ein Über-
gewicht von zweifelhaftem Wert über andere Völker zu erringen — oder
auch unter Umständen einzubüßen.
Die andere weist auf die Bahn der Politik des Friedens, der Eintracht
und der Verbrüderung, der Achtung vor den Satzungen des Völkerrechts,
der Schiedsgerichte zur Abwehr der Kriege, der Ordnung als Ersatz für
die Anarchie und weiter eine Vereinigung aller persönlichen und staat-
lichen Kräfte, alle Arten des dem Menschen anhaftenden Elends zu be-
siegen und die Trunksucht wie alle übrigen furchtbaren Laster und
Irrungen zu bezwingen, die wuchernde Unwissenheit auszurotten, die Krank-
heiten durch hygienische -Maßnahmen unerbittlich zu bekämpfen, die
Naturkräfte unseren Bedürfnissen zu unterwerfen, mit einem Worte: alle
Anstrengung, allen Scharfsinn, den der Mensch in seinem Wahne bis
zu dieser Stunde dem Kriege gewidmet hat, auf die Wissenschaft zu ver-
wenden.
Dann werden sich unseren Augen wieder Wunder auftun, wie die, mit
denen uns die Wissenschaft schon einmal beschenkt hat, Wunder, die
mit jedem Tag überwältigender und auch mit jedem Tag segensreicher
werden!
Die Völkerverbrüderung ist um so nötiger, als die verschiedenen Ein-
zelzivilisationen, wenn sie sich gegeneinander abschließen, doch früher
oder später einmal erlöschen müssen. So hell sie auch alle strahlen mögen,
sie können ihr Licht für die Zukunft allein bewahren, wenn weitere Fackeln
der Gesittung ihrem Verfall eine zweite Jugend bringen. Sich selbst über-
lassen, sind ja einst auch China und Ägypten in dem furchtbaren Staub
altvaterischer Überlieferung vermodert; ihren Untergang haben sie allein
jenem Eigensinne zu verdanken, mit dem sie alle auf eine Verjüngung
zielenden Ratschläge europäischer Ausländer, die sie in ihrem Stumpf-
sinne sämtUch nur als ihre Feinde ansahen, immer wieder zurückwiesen.
Doch die Wissenschaft als Führerin anzurufen, hat allein für die Sinn,
die ihren Ruf gleichzeitig an alle Wissenschaften ergehen lassen, an die
Erfahrungswissenschaften wie an die mathematischen, an die juristischen
wie an die sozialen und historischen, ja sogar auch an die höchste Wissen-
schaft, die Wissenschaft vom Guten und Bösen, die Ethik als die Lehre
von den sittlichen Werten, die, wenn sie sich nicht etwa auf einer gebrech-
lichen Metaphysik aufbaut, den Menschen belehren wird, warum und in-
wiefern er die PfUcht hat, die eigenen Launen, Interessen und Leiden-
schaften dem Recht und dem Glücke seiner Mitmenschen zu opfern.
540 Siebentes Buch.
Wenn wir der Wissenschaft ein so entscheidendes Übergewicht geben,
wenn wir so glänzende Hoffnungen auf sie setzen, so geschieht das, weil
uns die Geschichte gezeigt hat, daß jede Hebung des Menschengeschlechts
in seiner Lage ihre Wurzel in der Wissenschaft hat. Tritt s i e mit irgend-
einer neuen Leistung in die Erscheinung, so folgen ihr sogleich auch Kultur-
fortschritte, die so unerwartet, überraschend und plötzlich kommen, daß
unsere kühnsten Träume hinter der Wirklichkeit nur in einem matten
Lichte erscheinen.
Es war schon ein roher Anfang von Wissenschaft, als die Menschen
dereinst Späne trockenen Holzes aufhäuften und darin einen Funken
entzündeten. Es war dann weiter schon etwas von Wissenschaft, als
sie später ein Schwert zu schmieden und ein Tongefäß zu brennen be-
gannen, und gewiß auch, als sie noch später bewegliche Typen auf
einem Brette befestigten, um die Vervielfältigung des geschriebenen
Wortes durch den Druck vorzunehmen. Das war damals gerade so
Wissenschaft, wie es heute ist, wenn man die Bahn eines Kometen be-
rechnet oder in einem kleinen Glasbehälter die Ursachen der Seuchen
anschaulich entwickelt.
Die Wissenschaft hat den Menschen mehr gegeben als sie je erträumt
haben. Und wollen sie es, wird sie ihnen noch mehr geben. Wenn wir
uns, anstatt uns, den Wilden gleich, gegenseitig aufzufressen, unterein-
ander zu verbrüdern wissen werden, dann wird sie uns sogar neue Ge-
biete eröffnen, die überhaupt noch nicht in unsern engbegrenzten Ge-
sichtskreis getreten sind.
Vielleicht werden wir so dank einer solchen gemeinschaftlichen Be-
teiligung an der segensreichsten und ruhmvollsten aller nur irgend er-
denklichen Bestrebungen auch einmal dazu gelangen, die beiden größten
und furchtbarsten Plagen der Menschheit zu bannen: den Klassenkrieg
und den Rassenkrieg!
Später werden dann durch eine wissenschaftlich ersonnene Zuchtwahl
die Menschen eine neue Rasse bilden, die kräftiger und gesünder als die
bisherige ist. Die menschliche Zuchtwahl ist die größte aller menschlichen
Hoffnungen. Aber das wird die Leistung sein, die späteren Jahrhunderten
obliegt !
Die Aufgabe unseres jetzigen Jahrhunderts ist einfacher. Sie beschränkt
Die Herrschaft der Wissenschaft. 54*
sich darauf, dem Rechte die Kraft zu geben, aber sie dem, was kein Recht
ist, zu nehmen und den Irrtum durch die Wahrheit zu ersetzen I
Die Wissenschaft ist die große Befreierin, auf die sich, welches auch die
Volks- und Rassenzugehörigkeit jemandes sein mag, ob er groß oder klein,
jung oder alt sei, zu den Vornehmen oder Proletariern gehöre, aller Augen
richten müssen.
Wenn wir aber nun gerade demjenigen Abschnitte der Menschheits-
geschichte, der von 1789 — 191 2 reicht, den Ehrennamen des Zeitalters
der Wissenschaft geben, so geschieht dies, weil die Segnungen aller Wissen-
schaften, besonders aber der medizinischen Wissenschaften, ihren Glanz
auf das 19. Jahrhundert werfen. Durch die Entdeckungen von Männern,
wie Pasteur und Villemin, wie Lister und Koch, haben die Bedingungen
menschlichen Daseins eine völlige Wandlung erfahren, durch die wir eine
Hebung unseres Geschlechts erlebt haben, wie sie uns staatliche und
kriegerische Bewegungen niemals gebracht hätten. Der Krieg und die
Politik haben unter uns vielmehr eine Saat von Haß, Not und Kummer
gestreut, während die Wissenschaft nur ihre Segnungen über uns aus-
gegossen hat. Nichts anderes als die Wissenschaft ist es, die der Neuzeit
ihre unvergleichliche Größe gegeben hat. Wenn das 20. Jahrhundert nicht
einen allgemeinen Verfall herbeiführen will, muß es seine Vorgänger über-
flügeln; aber alle Mühe wird umsonst sein, wenn nicht die Gesellschaft
den Gelehrten als den Priestern der Wahrheit das hinlängliche Maß von
Unabhängigkeit, Ruhe und Ehre gewährt.
Die Medizin zur umfassendsten Wissenschaft, zur Wissenschaft xax*
^^oxnv d. h. zur Wissenschaft aller Wissenschaften erheben und gleich-
zeitig die Lehren der wissenschaftlichen Medizin zu sozialen Lehren aus-
schöpfen, darin ist die ruhmvolle Aufgabe des kommenden Jahrhunderts
zu erblicken!
Dann wird der Mensch endlich, der beständigen Furcht vor Krankheit
überhoben, von allen Giften und seinen schlimmsten Feinden, den Schma-
rotzern, befreit, mit Entschlossenheit an die Erforschung der mancherlei
großen Gesetze gehen können, die noch im Dunkel der Erscheinungswelt
verborgen sind.
542 Siebentes Buch.
.Nachtrag des Herausgebers zu Seite 418.
In dem ersten Jahr der kurzen repubUkanischen Ära Spaniens (Febr.
1873 bis Jan. 1875) übernahm Castelar zuerst das Ministerium des Auswär-
tigen, um es dann bald mit dem Ministerpräsidium zu vertauschen. Unter
ihm trat ein Mathematik- und Physikforscher und Meister der Dramatik
wie Jos6 Echegaray, Verfasser der Bühnenwerke Galeotto (deutsch von
Dr. Paul Lindau) und Michael Servet (deutsch vom Herausgeber dieses
Werkes, Dr. Rudolf Berger, Berlin), als demokratischer und republikani-
scher Kultusminister ein.
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 543
Achtes Buch
Nachträglich vom Herausgeber auf Grund des erst Anfang 1920
erschienenen franz. Originalwerks angehängt.
Der Vierjährige Krieg (1914-1918).
Vorbemerkung des Verfassers
[Ergänzung zum Vorwort des Verfassers (S. XII.)]
Wir wenden uns vor allem an die Jugend! Sie bildet unseren Stolz,
unsere Liebe und unsere Hoffnung ! — Wenn wir aber zur Jugend sprechen,
wäre es höchst unverzeihlich, wenn wir sie nicht lehren wollten, daß es
Schuldige gibt. Wir haben wahrlich keine Neigung für jene Richter, die
Sokrates dem Schieriingsbecher, Jesus Christus dem Kreuz, Johanna von
Are dem Scheiterhaufen überantwortet haben! Wir haben wahrlich keine
Achtung für jene Eroberer, die um der bloßen Möglichkeit willen ein
klein wenig eitlen Ruhm gewinnen zu können, Ströme von Trauer und
Blut vergossen haben. Wir haben wahrlich keine Bewunderung für
Staatsstreiche imd Tyranneien, Landesverweisungen und Plünderungen,
Schreckensherrschaften und Bartholomäusnächte.
Bei der engen Aneinanderreihimg der endlosen Ereignisse der Welt-
geschichte haben uns zwei Ideen geleitet: die Achtung vor dem mensch-
üchen Individuum und der Glaube an die Wissenschaft.
Die Weltgeschichte bildet lediglich eine lange Liste von Märtyrern.
Die arme Menschheit hat eine Unzahl von Leiden erhtten. Unsere Partei
ist genommen : wir sind für die Märtyrer und gegen die Henker, für
die Unterdrückten und gegen die Unterdrücker! Das ist unsere Stel-
lung der Vergangenheit gegenüber.
Was aber die Zukunft angeht, so glauben wir, ja wollen sogar be-
weisen, daß einzig und allein die Wissenschaft, indem sie die Materie
bändigt und, so gut es eben geht, einige der in den Dingen verborgenen
Geheimnisse erklärt, Leib und Geist des Menschen befreien und den
Seelen jene beiden Grundbegriffe einprägen wird, die sich niemals von-
einander trennen lassen: Gemeinschaftsgeist und Gerechtigkeit.
544 Achtes Buch.
So dachte ich im Jahre 191 4. So denke ich auch heut. Auch jene so
schändUche und blutige Katastrophe, die das österreichisch-deutsche Bünd-
nis entfesselt hat, wird mich nicht überzeugen, daß die großen Gemetzel
eine Entfaltung menschlichen Geistes bedeuten. Gleichwohl wird dieser ent-
setzliche Vierjährige Krieg vielleicht — und dann als der einzige unter
allen den vielen Kämpfen der Vergangenheit — jenen höchsten Ruhm für
sich in Anspruch nehmen dürfen, daß er, indem er durch unseren Sieg
in die Welt das Recht eingeführt hat und dieses Recht durch seine Ge-
walt schützt, der letzte aller Kriege sein wird.
Mit Worten der Hoffnung hatte ich dieses Buch in den letzten Tagen
des Juli 191 4 abgeschlossen. Aber dies Vertrauen auf den gesunden Sinn
der Menschen ist kläglich getäuscht worden. Ein furchtbarer Krieg, der
zehn Millionen Tote gekostet hat, der Europa mit Trauer, Tränen und
Trümmern erfüllt hat, ist entfesselt worden, und mit einer Leidenschaft, die
alles bisher jemals Dagewesene übertraf! Gewiß, am 11. November 191 8
hat schließlich das Recht einen vollen Triumph gefeiert; aber im Laufe
dieser blutigen Jahre hat es doch zu wiederholten Malen den Anschein
gehabt, als ob das Böse siegen wolle.
Der Vierjährige Krieg wird eine entscheidende Rolle innerhalb der Welt-
geschichte spielen, nicht etwa bloß durch die gewaltigen Ereignisse, die
er aufzuweisen hat, durch die riesenhaften Heere, die er in Bereitschaft
gestellt hat, sondern weit mehr durch seine gewichtigen, tiefen, unabseh-
baren Folgen, die noch manches Geschlecht hindurch fortwirken werden.
Wir können hier natürlich nur einen kurzen Bericht geben, aber um was
wir uns bemühen wollen, das ist, daß dieser Bericht die höchste Objek-
tivität wahren soll. Eine schwierige, ja vielleicht unmögliche Aufgabe, be-
urteilen doch die Zeitgenossen die Ereignisse, von denen sie selbst die
unmittelbarsten Augenzeugen gewesen sind, nur schlecht I Bei allem Be-
mühen, gerecht zu sein, zittert doch in uns noch immer etwas von inneren
Leidenschaften nach, das uns die Klarheit unseres Urteils trübt.
So werden wir, um stets der Gerechtigkeit treu zu bleiben, am besten die
Ereignisse selbst sprechen lassen, ohne sie durch irgendwelche Kommentare
abzuschwächen.
Am 28. Juni 191 4 wurde zu Sera je wo in Bosnien der österreichische Thron-
erbe Erzherzog Ferdinand mitsamt seiner Gemahlin von ein paar jungen
Serben, Princip und Grabinowitsch, ermordet, die auf die fürstliche Kutsche
zwei Revolverschüsse abfeuerten und einige Bomben warfen. Noch heute
schwebt über die näheren Begleitumstände des Verbrechens ein gewisses
Dunkel. Es ist sogar ziemlich wahrscheinlich, daß die österreichische
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 545
Polizei, wenn sie auch nicht gerade den Anschlag unmittelbar selbst be-
gangen hat, doch zum mindesten keineswegs alles, was in ihren Kräften
stand, versucht hat, um die Verschwörung, aus der er entstammte, auf-
zuhalten.
Schon seit langem herrschte zwischen Serben und Österreichern eine
gereizte Stimmung von großer Erbitterung: die ungesetzmäßige Einverlei-
bung Bosniens, eines Landes, in dem eine von den vielen serbischen Mund-
arten herrscht, hatte den Nationalismus der Serben nur noch mehr gestei-
gert. Sie strebten nach Unabhängigkeit und die österreichische Regierung
nach Herrschaft.
Es~ist heute ein paar ohnmächtigen und lächerlichen Ableugnungen zum
Trotze klar erwiesen, daß sogleich nach dem Attentat von Serajewo die
beiden kaiserlichen Höfe von Deutschland und Österreich, die einer wie
der andere Krieg planten, auch den Wink zu seiner Entfesselung gaben.
^e Ermordung des Erzherzojgs lieferte ihnen den so lange ersehnten Vor-
wand.
Drei Wochen vergingen nun, in denen jenes Theaterkunststückchen vor-
bereitet werden sollte, jener entscheidende Schritt, der den Weltkrieg ent-
schied. Es war dies Österreichs Ultimatum an Serbien vom 22. Juli, 6 *Uhr
abends. Diese kränkende Note stellte neben anderen seltsamen Forde-
rungen das zumutende Verlangen, daß die österreichische Polizei über
das Verbrechen von Serajewo auch in Serbien selbst eine Untersuchung
anstellen dürfe.
Serbien gab in seiner Antwort, abgesehen von dem Punkte der Ein-
mischung der österreichischen Beamten, in allen übrigen Punkten nach:
es schlug die Verweisung des Rechtsstreites an das Haager Schiedsgericht
oder auch an die Gerichtsbarkeit der Großmächte vor.
Der Ministerpräsident Berchtold, der damals zusammen mit dem Grafen
Tisza den altersschwachen, ja schon beinahe kindisch gewordenen Kaiser
Franz Joseph vertrat, fand am 25. Juli darauf nur eine höhnende Antwort,
um schon am 28. Juli den Krieg zu erklären. Das österreichische Heer
erhielt den Befehl, in Serbien einzumarschieren; Kanonenboote fuhren die
Donau hinab und nahmen Belgrad unter Geschützfeuer (29. — 30. Juli).
Doch schon am 25. Juli hatten diejenigen europäischen Großmächte, die
wirklich ehrlich Frieden wünschten, einen Vermittlungsversuch unter-
nommen. England, Frankreich, Italien drängten, den Streitfall einem
Schiedsgerichtshof zu unterbreiten.
Rußland, dessen Geschicke damals ein Sasonoff lenkte, schloß sich
gleichfalls dem Gedanken einer Vermittlung an und bat Österreich um
546 Achtes Buch.
eine Frist von zwei Tagen. Aber Österreich-Deutschland verweigerte alles,
Frist, Vermittlung, Aburteilung durch den Haager Schiedsgerichtshof.
Fünf Tage lang gingen die diplomatischen Noten hin und her, um ganz
deutlich zu enthüllen, daß Österreich und Deutschland Krieg um jeden
Preis wollten. Alles hing vom Deutschen Kaiser ab. Wilhelm II. hätte
nur ein einziges Wort zu sprechen brauchen, und Österreich hätte einen
Vergleich angenommen,. Doch dieses Wort auszusprechen, das so viele
Menschenleben erspart und ihm die Krone erhalten hätte, weigerte er sich.
Er erklärte, daß der Streitfall zwischen Serbien und Österreich eine rein
innere und ausschließlich österreichische Angelegenheit sei, daß weder
Rußland noch irgendeine andere Macht in diesen Streit eingreifen, daß
vielmehr ein Eingriff, welcher Art er auch immer sein möchte, ein Attentat
auf die Ehre Österreichs bedeuten würde und die ernstesten Folgen
hervorrufen könnte.
Diese Haltung war, wie es nun endlich auch die Deutschen selbst in ihrer
überwiegenden Mehrheit anerkennen, die eines großen Heerführers, der
ganz sichei zu sein glaubt, einen hervorragenden und entscheidenden Sieg
davonzutragen und der zum Kriege entschlossen ist, um daraus Eroberung,
Ruhm und Gewinn zu ziehen.
So war nach dem ausdrücklichen Wunsch Wilhelms und Franz Josephs
die Entscheidung für den Krieg gefallen.
Der Einmarsch in Serbien und die Beschießung Belgrads beantwortete
Rußland mit der Mobilmachung seiner vierzehn Armeekorps (28. — 29. Juli).
Nun machte auch Deutschland mobil (29. Juli), dann Frankreich.
So wurde der Krieg unvermeidlich.
Frankreich hielt es für eine Ehrensache, Rußland unter keinen Um-
ständen im Stich zu lassen, genau wie es Deutschland Österreich gegenüber
tat, wie es sich Rußland nicht nehmen lassen wollte, für Serbien einzu-
treten und Österreich nicht ein Tüttelcheti von seinen Ansprüchen auf-
zugeben bereit war. Ein unseliges Ineinandergreifen der Umstände, dessen
verhängnisvolle Entwicklung keine Friedensbemühung, mochte sie auch
noch so entschlossen und geschickt sein, verhindern wollte — oder konnte I
Am I. August 191 4 jauchzten das gesamte Frankreich wie das gesamte
Deutschland dem Kriege zu, aber Frankreich als ein sich ihm unter-
werfendes, Deutschland als ein ihn aufnötigendes. Die Sprache der
deutschen Zeitungen beweist, daß nahezu die Gesamtheit desi deutschen
Volkes in diesem, nach einem zynischen Ausspruch des Kronprinzen so
frischen und fröhlichen Kriege ein riesiges einträgliches Raub- und Plün-
derungsunternehmen sah.
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 547
Italien erklärte, obwohl vertragsmäßig an den Dreibund gefesselt, sogleich
seine Neutralität (2. August ^914). Die Sympathien des Königs und des
gesamten Volkes für die romanische Schwesternation der Franzosen waren
zu heiße, als daß sich das itahenische Heer mit den „verwünschten" Öster-
reichern in Reih und Glied stellen konnte.
England (Lord Grey) hatte die sichere Überzeugung gewonnen, daß der
Krieg von Deutschland planmäßig vorbereitet, gefördert und hervorgerufen
sei: wenn es aber auch der französischen Sache sehr sympathisch gegenüber-
stand, so schwankte es doch in den ersten Tagen hin und her. Doch
wurde es bald durch einen verhängnisvollen Fehler Deutschlands, der nicht
bloß ein Fehler, sondern gleichzeitig ein Verbrecheji war, gezwungen,
mit Mut und Kraft in die Arena hinabzusteigen.
Ein Mittelding zwischen Fehler und Verbrechen, so mußte der Einmarsch
in Luxemburg (2. Aug.) imd in Belgien (4. Aug.) bezeichnet werden.
Ein deutscher Vortrupp drang in Belgien ein und überbrachte den
Vorschlag einer freundschaftlichen Neutralität, mit dem er jedoch
auch die Berechtigung für das gesamte deutsche Heer in Anspruch nahm,
durcli belgisches Gebiet ziehen zu dürfen. Die Deutschen beriefen sich auf
eine vorgebliche Besetzung Belgiens seitens der französischen Truppen.
Nun hatte nicht ein einziger französischer Soldat belgischen Boden betreten, .
und war so der deutsche Einmarsch eine handgreifliche Verletzung der
belgischen Neutralität, die Europa in einem von Frankreich, England,
Rußland, Österreich und Deutschland selbst im Jahre 1839 feierlich
unterzeichneten Vertrage rückhaltlos anerkannt hatte.
Seinen Überlieferungen unbedingter Zuverlässigkeit getreu, entschied
sich England, seiner Unterschrift Ehre zu erweisen und die Unabhängigkeit
Belgiens mit den .Waffen zu verteidigen. So erklärte es Deutschland den
Krieg (5. August, Mobilmachung der Flotte am 3. August 191 4) und
schickte sein kleines Landheer — nach einem unbedachten Worte Wilhelms
ein verächtliches, jämmerliches Heerchen — zum Festland hinüber, um
hier Recht und Gerechtigkeit zu verteidigen (7. August).
Der Weltkrieg begann. Auf der einen Seite Österreich und Deutschland,
auf der anderen Rußland, Frankreich und England zum Schutze der
Überfallenen beiden Länder Belgien und Serbien.
548 Achtes Buch.
Jetzt war die so unbedeutende Veranlassung dieses Krieges, das Attentat
von Serajevo, völlig vergessen. Es handelte sich nun ausschließlich noch
um die Herrschaft der Welt.
Und sogar um noch mehr als um die Herrschaft der Welt. Sicher muß
schon auf Grund der Natur ihres Begriffes stets die Gewalt triumphieren!
Aber sollte dies in der Zukunftsgesellschaft d i e Gewalt sein, die gegen
das Recht kämpft, und nicht vielmehr die, die sich auf das Recht stützt ?
Die militärische Macht der beiden Widersacher war zwar nicht eine
bis in ihre Einzelheiten gleiche, wohl aber eine in ihrem gesamten Um-
fange gleichwertige.
Wenn man sie lediglich vom Standpunkte der Marine aus betrachtet,
so war die Flotte Englands, besonders mit Unterstützung der französischen
und der russischen Flotte, gegenüber der österreichisch-deutschen See-
macht von einer erdrückenden zahlenmäßigen Überlegenheit.
Nun hängt, wenn man auch zugeben muß, daß sich kriegerischer Mut
und kriegerische Begabung auf beiden Seiten der Gegner die Wage
halten, für die Dinge der Marine einzig und allein die Überlegenheit
von der Zahl der Geschütze und dem Tonnengehalt der Panzerschiffe ab.
So wurde für Deutschland der Seekrieg zu einer Unmöglichkeit, und
hat sich in der Tat von Beginn des Feldzugs an die deutsche ;Flotte in
der Kieler Bucht eingeschlossen gehalten, ohne einmal wagen zu dürfen,
auf die offene See zu gehen oder einen zahlenmäßig vierfach überlegenen,
d. h. also viermal so mächtigen, Gegner herausfordern zu können.
Das russische und das französische Heer standen zahlenmäßig dem
deutschen und dem österreichischen Heere keineswegs nach. Doch das
russische Heer, schlecht befehligt, durch die Käuflichkeit einer schamlosen
Verwaltung zerrüttet, ohne alle Lebensmittel, ohne jedweden Kriegs-
und Schießbedarf, wie es war, war im Gegensatz zu der vervollkommneten
Ausrüstung des Feindes nur mit einem ganz unzulänglichen Kriegsmaterial
ausgestattet. Das österreichische Heer, das aus Soldaten der verschieden-
sten untereinander feindseligsten Nationalitäten bestand, bekam erst im
Kampfe ein wenig Zusammenhalt.
Im deutschen wie im französischen Heere glühte ein gleich großer
Patriotismus. Aber das deutsche Heer, das von einem geschickten und
fähigen Generalstabe geleitet wurde, war doppelt so stark. Überdies war
■es mit einem ganz wunderbaren Kriegsmaterial versehen, das seit langem
mit äußerster Sorgfalt vorbereitet worden war. Das 7,5-cm-Geschütz der
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 549
leichten Artillerie war sicher dem deutschen Geschütz überlegen, aber
diese Überlegenheit ersetzte keineswegs den Mangel an schwerer Artillerie.
Das deutsche Flugwesen verfügte dem französischen gegenüber über
größere Geschwindigkeit und auch über größere Stärke.
Was die serbischen und englischen Truppen angeht, so hatten sie in
den ersten Monaten des Krieges noch einen recht schwachen Effektiv-
bestand.
Der Feldzugsplan der Deutschen war von eben solcher Einfachheit wie
Kühnheit. Den Russen stellten sie an ihrer Ostgrenze nur eine dünne
Schützenlinie gegenüber und ließen die Österreicher sich hier gegen
das kleine serbische Heer ganz allein wehren. Die deutsche Anstrengung
setzte ihre ganze Kraft in der Hauptsache gegen die Franzosen und
gegen die französische Hauptstadt ein. ^^Nach Paris'' bildete gleich-
zeiti.<? das Losungswort, den Kriegsruf und den Feldzugsplan.
Durch Belgien eindringen, dieses, ohne auch nur einen Schwertstreich
tun zu brauchen, durchziehen, in Frankreich, durch das Norddepartement
und die Ardennen einmarschieren, ohne sich vor der durch Festungen
und verschanzte Feldlager geschützten Ostgrenze aufhalten zu brauchen,
das französische Heer in einem furchtbaren Anlauf überrennen, sich
schlagen, noch ehe jenes „jämmerliche englische Heerchen" über den
Ärmelkanal zu gelangen vermocht, und seine Stellung auf dem Festlande
stärken, noch ehe das russische Heer seine Mobilmachung vollendet hat,
und nach Verlauf von noch nicht zwanzig Tagen im Siegeslaufe bis nach
Paris vordringen, sich der französischen Hauptstadt, des Mittelpunktes
der gesamten politischen und miUtärischen Verteidigung der Verbands-
mächte, bemächtigen, um sich nun erst richtig auf Rußland zu werfen:
das war der deutsche Aufmarschplan. Er ist nicht gelungen, aber er
hätte leicht gelingen können!
Fürs erste hatten die Deutschen nicht einen derartigen Widerstand
Belgiens vorausgesetzt.
Die Stadt Lüttich, die der belgische General Leman befehligte, ver-
teidigte sich, anstatt dem Vorschlag der Deutschen gemäß zu kapitu-
lieren (5. August), aufs heldenmütigste, wodurch das französische Heer
in die glückliche Lage kam, sich nach Nordosten hin konzentrieren zu
können. Dessenungeachtet blieb das deutsche Heer zahlenmäßig noch
17 Riebet, Geschichte der Menschheit, IL
55o Achtes Buch.
immer weit überlegen. Am 20. August griff es das französische Heer an
(Namur und Charleroi, 22. — 24. August). Die Franzosen wurden besiegt
und mußten sich zurückziehen. Doch der Eindringling sah sich genötigt,
das Tempo seines Vormarsches zu verlangsamen. Es war nun nicht
mehr die kleine militärische Feldübung, auf die er gerechnet hatte.
Joffre, der Generalissimus des französischen Heeres, wollte, aus der
Erkenntnis heraus, daß angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit eines
auch noch mit einer überlegenen Ausrüstung versehenen Feindes die
Niederlage gewiß sei, das französische Heer nicht einem Zusammenbruch
aussetzen, und so faßte er den schmerzlichen Entschluß einer Zurücknahme
des Heeres, doch einer solchen Zurücknahme, die durch ihren defensiven
Charakter den Angreifenden erschöpfte. Es entspannen sich Kämpfe
von einer geradezu unerhörten Heftigkeit. Menschen und Pferde sanken
vor Erschöpfung dahin. Doch der Vormarsch ging weiter. Am 5. Sep-
tember stand die Heeresgruppe Kluck bereits an der Marne, nur noch
25 Kilometer vor Paris.
In derselben Zeit, wo die Heeresgruppe Kluck auf Paris vorrückte,
griffen zwei andere Heeresgruppen im Osten an, die beide eine größere
Stärke hatten, und an Munition und schwerer Artillerie besser ausge-
rüstet waren als das gegenüberstehende Heer.
Die Lage Frankreichs war beängstigend. Die Hauptstadt war ernstlich
bedroht, bis zu dem Maße, daß die Regierung, um nicht, wie im Jahre 1870,
in Paris eingeschlossen zu werden, ihren Sitz nach Bordeaux verlegte.
General Galli^ni wurde mit der Verteidigung von Paris vertraut.
Bis zum 5. September waren die französisch-englischen Heeresabteilungen,
ob besiegt oder nicht, beständig zurückgegangen. Da hielt Joffre den
Augenblick für gekommen, diese Rückbewegung hier an der Marne zum
Stehen zu bringen, und so richtete er an die Soldaten einen Aufruf in
ebenso schlichten wie markigen Worten.
Die sich nun an diesem Flusse entspinnende Schlacht dauerte fünf
volle Tage. Sie entschied das Schicksal des Krieges. Das französische
Heer tat in jenen Tagen, einem schönen Worte Maunourys zufolge,
mehr als seine Schuldigkeit. Am Schlüsse dieser fünf großen Tage, also
am 10. September, waren es nunmehr die Deutschen, die zurückgehen
mußten.
Diese Riesenschlacht, die dank den geschickten Anordnungen Joffres
und der Heerführer Galli^ni, Castelnau, Maunoury und Foch, dank vor
allem der unvergleichlichen Tapferkeit der Soldaten gewonnen wurde,
bedeutete einen glänzenden Siegw Sie war für die Deutschen keine wilde
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 55l
ungeordnete und lärmende Auflösung, aber sie war für sie gleichwohl der
Verlust des Krieges, der schwere, unwiederbringliche Verlust des Krieges.
Die Tragweite ihrer Folgen war unberechenbar. Alle Pläne einer stür-
mischen Eroberung, ohne die überhaupt keine Eroberung denkbar war,
wurden vernichtet. Der Rückzug Klucks hätte sich sogar ohne Zweifel
in einen vöUigen Zusammenbruch verwandelt, wenn nicht die französische
Kavallerie — ganz ebenso wie die deutsche — durch wiederholte Märsche
erschöpft gewesen wäre, und wenn die Artillerie über reichere Munition,
verfügt hätte. Immerhin blieben von der Heeresgruppe Kluck auch so
nur Trümmer übrig, die sich hinter den Schützengräben zu neuen For-
mationen sammelten.
Dieses fünftägige heldenmütige Ringen, das nach einem stillen all-
gemeinen Übereinkommen unter dem Namen der Marneschlacht (5. bis
10. September 1914) bekannt ist, ist das größte militärische Ereignis
des Weltkrieges und vielleicht der Geschichte überhaupt. Das deutsche
Heer, das für unbesieglich galt, wurde völlig zu Boden geschlagen.
Ganz wie bei Marathon, wie bei Valmy, wo auch die Freiheit der Welt
auf dem Spiele stand, ward auch hier die Freiheit der Welt ^rettet.
Während die Heeresgruppe Kluck bis in die Isle de France vordrang
und nach Paris zu gelangen suchte, während die beiden Heeresgruppen
des Kronprinzen und von Bülows vergeblich durch den Argonner Wald zu
kommen und Verdun zu nehmen versuchten, griff eine weitere deutsche
Heeresabteilung Belgien an. Sie sah sich nur dem kleinen belgischen
und dem kleinen englischen Heere gegenüber.
Dank ihrer Heeresstärke und ihrer mächtigen Artillerie vermochten die
Deutschen rasch vorzugehen und sich Brüssels (20. August), Namurs
(23. August), Antwerpens (10. Oktober), Brügges und Thielts (14. Ok-
tober), Ostendes (24. — 31. Oktober) zu bemächtigen. Aber als sie schließ-
lich ,Ostende eingenommen hatten, wurden sie nun, unmittelbar vor
Ypern, genötigt, ihrem Vormarsch Halt zu gebieten. Es war in der Tat
eine französische Eliteabteilung, die Marineinfanteriedivision, zur Unter-
stützung der Briten und Belgier angekommen und dann zur Verteidigung
des französischen Küstenlandes vorwärtsgestürmt. Es war das das so-
genannte Rennen ans Meer. Nach einer Reihe blutiger Kämpfe mußte
das deutsche Heer endgültig darauf verzichten, über Ypern hinauszu-
kommen.
17*
552 Achtes Buch.
Doch nun war nahezu das gesamte Belgien von dem deutschen Heere
besetzt. Es bheb von dem belgischen Gebiete nur noch ein schmaler
Streifen Landes an der nordwestlichen Grenze übrig. So büßten die
Belgier durch unverdientes Leid die Ehre, ihre Unabhängigkeit verteidigt
zu haben.
König Albert und die Belgische Regierung sollten nun (13. Oktober)
in Le Havre Frankreichs Gastfreundschaft genießen. Viele Belgier ginggn
in die freiwillige Verbannung nach Paris, wo sie eine ihres Heldenmutes
und ihres Unglücks würdige Aufnahme fanden.
Das belgische Volk aber erduldete das grausamste Martyrium. Im
Rausche über ihre anfänglichen Siege zeigten die Deutschen unverhohlene
Absichten, sich das, wie sie vorgaben, ihrem Handel unentbehrliche
Belgien in seinem gesamten Umfange mehr oder weniger offen anzu-
gliedern. Später (1917 — 1918) schränkten sie ihre Ansprüche allerdings
etwas ein; doch in den Jahren 191 4 — 191 5 betrachteten sie die Er-
oberung Belgiens als eine endgültige; sie wiederholten das Wort Napoleons,
daß sie Antwerpen brauchten als ein gegen England aufgestelltes
Geschütz. Daher behandelten sie denn auch die Belgier so, wie seit
den ältesten Zeiten der Geschichte die Eroberer die Besiegten immer zu
behandeln pflegten.
Ja, vielleicht sogar noch mit mehr Härte! Eine halb zivile, halb
militärische Verwaltung wurde in Brüssel, in Antwerpen, in Lüttich,
in Gent eingerichtet, um den Bevölkerungen Verordnungen aufzuerlegen,
die ebenso barbarisch wie kindisch waren, ganz willkürliche Steuern zu
erheben, des Landes zu verweisen, auszuplündern, zu vergewaltigen und
auszuhungern. Die Heldentaten des Herzogs Alba und der Spanier aus
dem 17. Jahrhundert waren vorüber. Die Einäscherung Loewens
(28. August 191 4) ist eine der häßlichsten Episoden dieses so erbarmungs-
losen Krieges, in dem nicht einmal die doch schon in sich reichlich un-
erbittlichen Gesetze des Krieges Beachtung fanden. Es lassen sich diese
Verbrechen nicht etwa durch den Einwand entschuldigen, daß sie ja von
einer bewaffneten und rasenden Soldateska begangen worden seien, wur-
den doch die Plackereien von den Heerführern selbst befohlen. „Seid
harti" hatten sie in ihren so lehrhaften Schriften immer wieder ausgerufen.
Die angeblich gesetzmäßige Hinrichtung der englischen Krankenpflegerin
Miß Edith Cavell (Oktober 191 5) zeigt so recht, bis zu welchem Maße
sich die Vorstellung von Gut und Böse in der deutschen Seele ver-
wiirt hatte. Hoffen wir zur Ehre der gesamten Menschheit, daß auch
in den Geist der Germanen die Erleuchtung wieder einziehen wird, daß
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 553
sie von dieser nur allzu langen Verirrung wieder zu sich kommen
und sich dann über die von ihnen dereinst begangenen Verbrechen ent-
rüsten und empören werden.
Was aber die Belgier selbst angeht, so ist nicht bloß ihr Heer, ^sondern
auch die ganze belgische bürgerliche Zivilbevölkerung, deren Vaterlands-
liebe sich nicht einmal durch den preußischen Militärdespotismus beugen
ließ, heldenmütig und tapfer gewesen. Der höchst ungeschickte Versuch
der Deutschen, einen Gegensatz zwischen Flamen und Wallonen schaffen
zu wollen, hat zum Schluß mit dem kläglichsten Fiasko geendigt.
Auch an der Ostfront hatten sich große Kämpfe entsponnen. An der
nordöstlichen Grenze Preußens drangen die Russen mit einer starken
Kavallerie ins preußische Gebiet ein und gewannen hier die Schlacht
bei Gumbinnen (17. — 20. August), durch die sie sich Königsberg bis auf
wenige Kilometer näherten. Dieser stürmische Vormarsch bestimmte den
deutschen Generalstab, ein Armeekorps nach dem Osten zu schicken,
um hier die deutsche Landesgrenze zu verteidigen. Der greise General
Hindenburg, der diese Heeresabteilung befehligte, machte einen kräftigen
Gegenangriff und trug dann bei Tannenberg einen glänzenden Sieg davon
(26. — 29. August). Ein ganzes russisches Armeekorps wurde vernichtet.
Noch heute schwebt ein gewisses Dunkel über der Rolle, die damals der
russische General Rennenkamp gespielt hat. Wie es auch damit sein mag,
in jedem Falle gewann von diesem Augenblicke an Hindenburg in Deutsch-
land eine in dauerndem Wachstum befindliche Volkstümlichkeit, die schon
damals so groß war, daß er als der Befreier aus der Not angesehen wurde.
Während es auf der Westfront zu jener Zeit kaum noch etwas anderes
gab als einen Schützengrabenkrieg, einen Abnutzungskrieg, einen Stel-
lungskrieg, herrschte an der russischen Grenze von nun an ausschließ-
lich der Bewegungskrieg. In Galizien nahmen die Russen Lemberg und
Przemysl (22. März 191 5), bedrängten die Österreicher überall, wo sie
sie trafen, und wagten sich Ende April, zur drohenden Gefahr von
Budapest, von dem sie damit nur noch 300 Kilometer entfernt waren,
in die Hohlwege der Karpathen. Da das österreichische Heer sich doch
nicht allein gegen die Russen zu verteidigen vermochte, schickte ihm die
deutsche Heeresleitung ein gewaltiges Heer unter dem Befehl eines so
tüchtigen Feldherrn wie General von Mackensen. Da nun mußten die
Russen zurückweichen und Lemberg räumen (22. Juni 191 5), während
anderseits Hindenburg in Polen und Kurland eindrang und sich Warschaus
554 Achtes Buch.
bemächtigte (5. August). Im September 191 5 war ganz Polen von Kowno
bis Czernowitz in den Händen der Deutschen.
So erlitt dieses auch schon bisher seit ein paar Jahrhunderten immer wieder
vom Unglück verfolgte Polen nun auch in diesem Weltkriege dasselbe
grausame Schicksal wie Belgien, waren doch die Leiden, die diese beiden
Länder zu erdulden hatten, gleich furchtbar. Ja, vielleicht die Polens noch
furchtbarer, insofern, als hier nicht bloß Plünderung, Erpressungen, Lan-
desverweisungen und Hunger mit gleicher Heftigkeit wüteten, sondern bei
allen polnischen Patrioten dies alles noch durch eine gräßliche sittliche
Folter erschwert wurde. In beiden kriegführenden Heeren waren ja Polen,
denen so im wahren Sinne des Wortes ein brudermprderischer Daseins-
kampf angesonnen war. Posen, Lemberg und Warschau sind eines wie
das andere polnische Städte, und die Kinder Posens, Lembergs und War-
schaus ^wurden auf beiden Seiten ins Heer gestellt.
So war denn auch der Widerstand Polens gegen den deutschen Ansturm
nicht zu vergleichen mit dem entsprechenden Widerstände Belgiens. Ja,
es bestand sogar in Warschau eine österreichisch-deutsche Partei. Wenn
Österreich und Deutschland nur eine Verständigung über die polnische
Frage gefunden hätten und bereit gewesen wären, ganz Polen völlige Unr
abhängigkeit zu gewähren, kein Zweifel, daß die Polen sich ihrerseits
mit ihnen verbunden hätten. Aber die österreichisch-deutsche Polenpolitik
war wenig geschickt. Sie wollten auch nicht auf eines ihrer angeblichen
Rechte verzichten, und so bewilligten sie dem besetzten russischen Polen
'nur eine Scheinautonomie, mit der sie weder seinem Volke, noch seinen
Intellektuellen, noch auch seinen Juden etwas vormachen konnten. So
mußten die Polen unter dem Drucke einer äußerst harten Tyrannei sich
vorläufig mit Geduld in ihr Schicksal ergeben, bis ihnen vielleicht einmal
die Befreiung von anderer Seite käme. Sie konnten wirklich nicht hoffen,
daß ihre Tyrannen von gestern, Russen, Preußen und Österreicher, nun-
mehr ihre Retter werden sollten.
Die großen Erfolge der Russen gegenübei den Österreichern erklären
sich nur zu leicht. Die aus Tschechen, Slowaken, Polen, Italienern bunt
zusammengewürfelten österreichischen Heeresabteilungen waren in ihren
Leistungen keineswegs immer gleichmäßig. Manchmal ergaben sich ganze
■ Regimenter ohne jeden Kampf. Wie kann auch an Menschen, mögen
sie auch noch so gefügig erscheinen, das Verlangen gestellt werden, für
eine Fahne zu sterben, die sie verabscheuen? Jene großen Siege aber,
wie sie die Deutschen über die Russen davongetragen haben, lassen sich
ohne alle Schwierigkeit durch die furchtbare Not an Kriegsmaterial er-
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 555
klären, unter der das russische Heer litt, eine Not, die sich nicht etwa
bloß auf Munition beschränkte, sondern auch an Gewehren und Geschützen
nicht um das mindeste geringer war, und durch die anarchische Unordnung,
die schon in jener Zeit in dem russischen Heere herr^hte.
An der Westfront hatten die beiden kriegführenden Parteien seit dem
Oktobermonat des Jahres 191 4 feste Stellungen bezogen, die sie so stark
ausbauten, daß sie bis zum Oktober 191 8, also vier schwere Jahre hin-
durch, kaum irgendwelchen nennenswerten Änderungen unterworfen waren.
Vier Jahre hindurch sollte nunmehr der Bewegungskrieg vollkommen
ruhen; vier Jahre hindurch sollte es nun nur noch einen Krieg geben,
dessen lange Dauer vorher niemand vorauszusehen und dessen Bedingimgen
vorher ebensowenig jemand auch nur im entferntesten zu vermuten gewagt
hätte. Es wurde eben ein Schützengraben- und Stellungskrieg.
Gräben wurden auf beiden Seiten, mochte es sich auch um mergeliges,
kreidiges, sumpfiges Gelände handeln, in einer riesenhaften Ausdehnung,
von Beifort bis Ostende, angelegt, und die beiden gewaltigen Heere ver-
harrten Antlitz gegen Antlitz in ihrer Stellung, um sich Tag für Tag gegen-
seitig ab und zu ein kleines Schrapnell-, Maschinengewehr-, Gewehr- tmd
Granatenfeuer zu bereiten und immer wieder vergebliche Anstrengungen
zu einem „Durchbruch" der gegnerischen Verteidigungslinie zu machen,
die alles in allem nur in ebenso ruhmvpllen wie unnützen blutigen Hand-
gemengen endigten.
Gab es doch hinter der ersten Linie noch eine und dann wieder leine
und immer wieder eine, die alle ganz ebenso gut gesichert waren, wie die
erste, und die der Angegriffene nach Bedürfnis noch immer mehr befestigen
konnte.
In den Theorien und den Prinzipien des Krieges trat eine völlige Um-
wäUunff ein. Von den in den technischen Schriften gelehrten Überliefe- !
rungen blieb rein nichts übrig, rein nichts, es müßten denn jene allgemem- 1
gültigen psychologischen Wahrheiten hierher gerechnet werden, denen zu ■
allen Zeiten die materiellen Bedingungen des Kampfes unterworfen sind.
Auf einer weiten 500 Kilometer langen Front, von Beifort bis Ostende,
bedeckte eine gewaltige Artillerie die gegnerischen Schützenlinien und
Schützengräben unaufhörlich unter dem Hagel ihrer Geschosse. Es war
das eine Verschwendung von Munition, wie sie vorher noch nie gesehen
worden war. Um nun diese wahren Orgien im Gebrauche von Feuerwaffen
befriedigen zu können, mußten ganze Fabriken gebaut und Tausende von
Arbeitern und auch Ai-b eiterinnen eingestellt werden. In Frankreich, in
England, in Deutschland, in Italien, überall, sogar in den Vereinigten
556 Achtes Buch.
Staaten von Nordamerika, die für den Mächteverband arbeiteten, wurden
immer neue Fabriken erbaut; die einstmals für Werke des Friedens be-
stimmt gewesenen Werkstätten wurden nun in Kriegswerkstätten verwandelt.
Es bestand keine, andere Industrie mehr als die der Konstruktion von Ge-
schützen, Maschinengewehren, Fliegern, Panzerschiffen, vor allem auch
die der Herstellung von Explosivstoffen, Schrapnells, Patronen, Torpedos,
Bomben, Granaten.
Selbst wenn verhältnismäßige Ruhe herrschte und keine allgemeine Offen-
sive eröffnet war, war der Munitionsverbrauch schon sehr stark, nun erst im
Augenblick der Offensive, wo er sich verhundertfachte!
Sobald ein Sturmangriff in Vorbereitung ist, wird der feindliche
Graben stunden-, ja bisweilen tagelang mit so starkem und dichtem Feuer
bedeckt, daß kein lebendes Wesen weit und breit verschont bleibt — sogen.
Trommelfeuer — , während in der gleichen Zeit ein heftiges Gewehrfeuer, das
hinter der Linie erschallt, den Verteidigern des Grabens verbietet, Verstär-
kungen heranzuführen, da sie dann durch eine undurchschreitbare Feuer-
linie (sogen. Sperrfeuer) hindurchmüßten. So kommt es, daß der Sturm-
angriff zunächst fast immer gelingt und sich die Infanterie ohne allzu erheb-
liche Verluste der Gräben der ersten Linie bemächtigen kann. Aber, sind erst
einmal diese Gräben eingenommen, dann kommt die Reihe wieder an
den Verteidiger, den Graben, dessen Eroberung sich damit als ebenso
einfach wie vergänglich erwiesen hat, nun seinerseits mit Feuer zu bedecken
und durch Sperrfeuer von sich aus nun seinerseits dem Angreifer zu ver-
wehren, neue Truppen zu schicken.
Diese Artilleriekämpfe — sofern wenigstens ihre Ausdehnung nur einige
Kilometv^r weit reicht — verbrauchen in wenigen Stunden ganz unglaub-
liche Vorräte an Munition. Sie müssen immer wieder erneut und schnell an
die Front gebracht werden. Da gilt es Fahrstraßen, Überführungen,
Brücken anzulegen, schmalspurige Eisenbahnen zu erbauen, Proviant-
stellen einzurichten. Es ist ein ungeheures Material, das im weiteren
Etappengebiet hinter der Front eine ungeheure industrielle Anstrengung
erheischt. ,
I Es kann hier nicht auf alle Einzelheiten dieser ganzen Kriegsindustrie
I eingegangen werden. Sie ist einfach bewundernswert und müßte uns eine
i hohe Vorstellung von der Intelligenz des Menschen geben, wenn nicht in
i letzter Instanz dieser ganze Scharfsinn seine einzige Aufgabe in Zerstörung
i und Tod sähel
' Die Maschinengewehre, die schon vor 1870 von einem französischen Of-
fizier erfunden worden sind, gewinnen nun plötzlich eine ganz unerwartete
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 55j
Bedeutung. Jede Kompanie ist damit versehen; ein einziges Maschinen-
gewehr kann in wenigen Minuten durch sein fächerförmiges Schießen etwa
tausend Infanteriegewehre ersetzen. An günstigen Punkten aufgestellt und
von drei bis vier tüchtigen und entschlossenen Schützen bedient, kann es
ein ganzes Regiment aufhalten.
Die Deutschen sind die ersten gewesen, die giftige oder Stickgase ange-
wandt haben. Zunächst bedienten sie sich dazu des Chlors, das sie aus großen
Flaschen, die es in komprimiertem Zustande enthielten, in riesigen Wellen
herausließen. In einer Mischung von Zinnchlorür breitete sich das Chlor
in Form von dichten Nebelschleiern aus, die der Wind zu dem feindUchen
Schützengraben trieb, wo sie Ersticken und Tod brachten. Eine solche
Chlorwelle überraschte im Jahre 191 5 die Kanadier, die dem völlig hilflos
gegenüberstanden.
Dann gelang es, die Wirkungen der Chlorwellen durch Masken mit
Chlor neutralisierenden Substanzen aufzuheben.
Später wieder wurden die Gasschleier durch mit äußerst schädlich zusammen-
gesetzten giftigen Stickgasen (benzoylhaltigem Bromür, Arsin, kohlenstoff-
haltigem Oxychlorür, chloräthylhaltigem Schwefel) gefüllte Bomben ersetzt,
die beim Explodieren das Gas herauslassen, das seinerseits vielleicht noch
mehr als die Eisenstücke dazu beiträgt, eine mit Artilleriefeuer bestrichene
Gegend unhaltbar zu machen. Zum Schutze gegen diese sich aus den
explodierenden Granaten entwickelnden zerstörenden Gase war eine ganz
besondere Art von Masken einfach unentbehrlich. So wurde das Tragen
der Maske notwendig und vorschriftsmäßig. Man lernte auch Helme
konstruieren, die, wenn auch nicht die Kugeln, so doch wenigstens die
kleinen Eisen- oder Stahlsplitter abwehrten.
Da die Gräben durch dichte Stacheldrahtverhaue geschützt waren, mußte
der Angreifer wirksamere Zerstörungsprozesse ersinnen als ein selbst sehr
lebhaftes Artilleriefeuer. In dem letzten Kriegsjahre erfanden die engHschen
Ingerlieure ein mächtiges Angriffsmittel, das besonders im Sommer 191 8
eine erstaunlich wirkungsvolle Tätigkeit entfaltete, die Tanks, schwer
gepanzerte bombenfeste Maschinen, die, duch Petroleummotore in Bewe-
gung gesetzt, bei ihrem Anrücken alles, was sie auf ihrem Wege finden,
niederreißen, ohne sich selbst irgendwie vor Gewehr- oder selbst Ma-
schinengewehrfeuer fürchten zu brauchen.
Es hatte vor dem Kriege die allgemeine Ansicht geherrscht, daß die
alten Handgemenge mit ihren Nahkämpfen nicht mehr erlebt werden
würden. Auch sie wurden wieder erlebt. Die Schützengräben wurden von
den einen Soldaten verteidigt und den anderen angegriffen, bis sie schließ-
558 Achtes Buch.
lieh jMann gegen Mann miteinander rangen; eine sehr mörderische Waffe
war die Handgranate, die, auf einige Meter geworfen, platzt, um mit den
mörderischen Splittern, die sie aussendet, Tod und Verderben zu speien.
Die sämtlichen Beobachtungsposten waren durch Telephone miteinander
verbunden; Lastautomobile schafften Lebensmittel und Munition heran,
Tausende von Menschen entfalteten, nur wenige Kilometer von der Schützen-
grabenlinie entfernt, eine fieberhafte Tätigkeit.
Innerhalb dieser Tätigkeit spielte die Kavallerie eine geradezu klägliche
Rolle. So wurden denn auch die meisten Kavallerieregimenter bald eins
nach dem anderen zum Infanteriedienst befohlen.
* ♦
Ganz einzigartig vervollkommnete sich ini Laufe dieser vier Jahre das
militärische Flugwesen. Anfangs hatten die den neuen Ideen widerstreben-
den Generalstäbe nicht einsehen wollen, welchen hervorragenden Einfluß
auf das Schicksal aller Schlachten diese neue Waffe ausüben sollte. Erst
sehr langsam und spät dämmerte die Erkenntnis dafür auf, war doch das
deutsche Flugwesen drei Jahre lang einfach überlegen gewesen, bis mit
dem Beginn des vierten Jahres endlich die Verbündeten durch die Zahl
ihrer Flieger eine wirkliche Überlegenheit über jenes in seiner Herrschaft
über die Luft gewannen, eine Überlegenheit, die nicht wenig zu dem end-
gültigen Siege beitrug.
Die Geschwindigkeit einiger FUeger beträgt im Jahre 191 8 das Dop-
pelte von der, die die schnellsten von ihnen im Jahre 191 2 hatten. Es
gibt deren einige, die in der Stunde 250 Kilometer machen und 1000
Kilo Bomben mit sich führen können. Es gibt Jagdflieger, die
schnellsten ihrer Gattung, die als solche mit dem Nachrichten-
dienst betraut sind, mit Maschinengewehren bewaffnet den feindlichen
Flugdienst zu bekämpfen haben und den Beobachtungs- und den Bom-
benfliegern zum Schutze dienen sollen, Pie BeobachtungsfHeger
überwachen die Bewegungen des Feindes, machen photographische Auf-
nahmen, stehen durch drahtlose Telegraphie mit den Artillerieposten
in Verbindung und geben wertvolle und zuverlässige Angaben, welche
Punkte die Artillerie zu beschießen hat. Die Bombenflieger sollen
über feindliche Ansammlungen Bomben werfen, (Schienengeleise, Bahn-
höfe, Schuppen, Feldlager und dergleichen zerstören und die Munitions-
und Provianttransporte beunruhigen.
Weder die einen, noch die anderen haben, sobald sie in einer Höhe
von mehr als 2500 Metern 'sind, noch irgend etwas von der Infanterie
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 55g
des Feindes und, sobald sie sich 3500 oder 4000 Meter erheben, auch
nur noch wenig von seiner Artillerie zu fürchten. In Wahrheit braucht
sich der Flieger ganz allein vor dem Flieger zu bangen, so daß die Herr-
schaft über die Luft schließlich dem Heere zufällt, das über die zahl-
reichsten Flieger, wie die Herrschaft über das Meer der Seemacht, die
über die meisten Schiffe und Kanonen verfügt. Seit dem Monat Juni des
Jahres 1918 haben die Verbündeten die Herrschaft über die Luft be-
sessen und darin hat auch ;eine der großen Ursachen ihres Sieges ge-
legen.
Die großen lenkbaren Luftballons aber mit ihren sinnreichen Maschinen,
die nur den Soldaten schadeten, (die sie bestiegen, die sogen. Zeppeline,
die ihren Namen nach dem deutschen Offiziere tragen, der sie vervoll-
kommnet hat, haben ein weithin schallendes Fiasko gemacht; denn es
bedeutet nicht etwa einen nützlichen und glänzenden kriegerischen Triumph,
schwere Explosivbomben über eine friedliche Stadt geworfen zu haben.
Auf dem Gebiete des Luftschiffwesens sind einzig und allein die Fessel-
ballons erwähnenswert, die zu Beobachtungszwecken dienten (in ihrer
phantasievollen Sprache nannten sie die Soldaten Würste). Ein in solchem
Ballon aufgestiegener Offizier konnte die feindlichen Bewegungen und
das feindliche Feuer weithin wahrnehmen und dem Kommandoposten die
Ergebnisse seiner Beobachtungen bequem telephonieren.
Die Entwicklung dieser ganzen riesenhaften Kriegsmaschine hat die
mannigfachsten Folgen gezeitigt.
Zunächst die großen, unerhörten und bis ans Unglaubliche streifenden
Ausgaben. Eine genauere Schätzung ist völlig unmöglich, doch bleibt man
höchstwahrscheinlich noch hinter der Wirklichkeit zurück, wenn man
sagt, daß für die Gesamtheit aller Kriegführenden die Ausgaben nahezu
eine halbe MiUiarde pro Tag erreichten. Natürlich ist es, um diesen hohen
Anforderungen zu genügen, ganz unumgänglich gewesen, Anleihen auf-
zunehmen, und so sind im Laufe des Krieges die Schulden jedes Landes
auf ihren fünffachen Betrag angewachsen. Europa (Italien, Frankreich
und England) hat von Amerika über 200 Milliarden entliehen. Nur
für die Bezahlung der bloßen rückständigen Zinsen dieser Schuld sind
die Steuern verdoppelt und verdreifacht worden. Doch das ist erst
ein schüchterner Anfang, und bald werden sie ins Riesenhafte gewachsen
sein.
56o Achtes Buch.
Da wegen des Mangels an Transportmitteln, Ackerbau und Handarbeit
eine ungeheure Not an Lebensmitteln herrschte, wurde das Angebot von
der Nachfrage überstiegen und alle Preise in die Höhe getrieben, viel-
leicht noch mehr für die Fabrik- als für die Nahrungserzeugnisse, so daß
das Leben dreimal teurer geworden ist, als es vor dem Kriege war.
Eine furchtbare Kette immer neuer verhängnisvoller Folgen! Wenn
dann das Leben immer kostspieliger wird, müssen auch die Löhne immer
höher steigen, und nun bringt die gewaltige Lohnerhöhung auch wieder
eine gewaltige Steigerung der Ausgaben mit sich. Wie sollen die zu-
künftigen Budgets der europäischen Völker — und namentlich Deutsch-
lands — ihre ungeheuren Schulden zu bezahlen vermögen? Es ist das
einfach unmöglich vorauszusagen. Alles, was sich heute sagen läßt, ist
nur, daß der Wert des Silbers (und des Goldes) wenigstens um die Hälfte
herabgegangen ist, was genau dasselbe ist, als wenn man sagen würde,
daß sich die Gegenstände um das Doppelte verteuert haben.
Trotz der den Frauen der Krieger gewährten Unterstützung, trotz der
riesigen Lohnerhöhungen war auch das Leben zu Hause ein hartes.
Doch ein um wieviel härteres war das der fünf Millionen bewaffneter
Männer, die während dieses ganzen langen Krieges an den Schlachtfronten
lebten! Hier galt es, den Stürmen mörderischer Geschosse und ver-
nichtender Gase zu trotzen, in Kot, Schnee oder Blut zu schlafen, Seite
an Seite mit den verwesten Leichnamen, Seite an Seite mit den noch
röchelnden Sterbenden, oft ohne alle Lebensmittel oder höchstens mit
stinkenden. Und selbst an den Ruhetagen waren die aufreibendsten Ar-
beiten zu verrichten. Unterstände zu bauen, die Erde umzugraben, Heer-
1 Straßen auszubessern. Ein furchtbares, ja ein furchtbares Dasein!
Und doch haben die Soldaten .diesem Dasein mit ruhigem Mute ins
Auge gesehen, ohne sich zu beklagen. Sie haben „fürs Vaterland"
den Tod mit allen seinen Qualen erlitten.
Es wäre doch zunächst zu erwarten gewesen, daß durch die Ent-
wickelung des Luxus und einer verfeinerten Gesittung die Seelen immer
weibischer und die Sinne immer schlaffer geworden wären. Doch in
I Wirklichkeit gestaltete sich die Sache ganz anders. — Niemals war
kriegerischer Heldenmut so stark. Niemals, Selbst in den Zeiten »Spartas
! und Roms, hatte Opfermut eine so starke Macht über die Herzen.
Und es war das um so bemerkenswerter, als die Kämpfer keineswegs, sei es
die Offiziere, sei es auch die Soldaten, berufsmäßige Krieger waren. Nach dem
ersten Kriegs jähr war kein Offizier aus dem Aktivenbestande — wenigstens
für die niederen Kaders — übriggeblieben, der nicht entweder gefallen
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 56 1
oder verwundet oder gefangengenommen worden wäre, und das ging so
weit, daß jene Offiziere in der einen oder anderen Heeresabteilung durch
Zivilisten, Ingenieure, Handwerker, Kaufleute, Lehrer, Landarbeiter, An-
wälte, Beamte ersetzt werden mußten, die Offizier^funktionen übernahmen,
übernahmen mit soviel Patriotismus, Kenntnis und Gewicht, daß diese neuen
Offiziere, die gewiß keine berufsmäßigen waren, aber die den Krieg in der
rauhen Schule des Krieges erlernt hatten, doch mindestens so geübt und so
fähig waren wie die Offiziere von Fach.
In vier Jahren erfahren die Kriegsmethoden eine solche Umgestaltung,
daß zwischen den Armeen von 191 8 und denen von 191 4 ein Jahrhundert
der Erfindungen und des Fortschrittes zu liegen schien.
Gleich in den ersten Septembertagen hatten die Verbandsmächte be-
schlossen, ihre Überlegenheit als Seemächte auszunützen und über Deutsch-
land die Blockade zu verhängen. Es läßt sich kaum irgend etwas erdenken,
was noch so wenig gegen das Kriegsrecht verstoßen hätte. Blockade und
Aushungerung sind militärische Waffen, die von den Kämpfenden seit un-
denklichen Zeiten noch nie verachtet worden sind. Auch Metz im Jahre 1870
und Paris im Jahre 1871 sind nicht durch menschliche Gewalt genom-
men, sondern durch Blockade zur Übergabe gezwungen worden.
So wurde die Blockade beschlossen. Wäre sie überall streng durchge-
führt worden, wäre der Krieg in zwei Jahren zu Ende gewesen. In
der Tat können Deutschland und Österreich-Ungarn ausschließlich aus
ihren eigenen Nahrungsmittelbeständen höchstens sieben bis acht Monate
leben. Durch die bloßen aufgehäuften Vorräte hätte vielleicht die Periode
Mai bis August 191 5 überwunden werden können, doch die gleiche von
1916? Zudem kann doch der Boden jener beiden Länder nicht Kupfer,
Petroleum, Gummi und die für das Kriegsmaterial so notwendigen Schmier-
öle liefern.
Die Blockade war eben nur sehr unvollkommen. Es handelte sich nämlich
darum, sich nicht die Sympathien Amerikas zu entfremden. Wie sollte auch
der Durchgangshandel amerikanischer Waren durch Schweden, Dänemark
und vor allem Holland verhindert werden? Durch die niederrheinischen
Kanäle von Amsterdam und Rotterdam bis Köln haben ungeheure Züge von
Schiffen beständig Lebensmittel nach Deutschland geschafft. Die Statistiken
haben bewiesen, daß im Jahre 191 5 die Holländer zehnmal mehr Lebens-
mittel verbraucht haben als in den vorhergehenden Jahren. Dieses ganze
Mehr an Lebensmitteln floß offenbar nach Deutschland zum Nachteil der
562 Achtes Buch.
holländischen Volksmassen, die mit Ausnahme einiger Großkaufleute,
die sich daran unbedenklich bereicherten, ganz maßlos litten.
Zudem beschränkte und regelte Deutschland mit einer Energie, die ein-
fach zu bewundern ist, seinen Verbrauch in einer Weise, daß es bis zum
November 191 8 zu leben hatte, natürlich nur kärglich und kläglich, aber
doch immerhin zu leben hatte.
Um die Mitte des Jahres 191 7 wurde nun auch die Blockade strenger.
Damals aber gerade öffnete sich für Deutschland Rußland; Rumänien
wurde besiegt, zwischen Berlin und Konstantinopel wurde ein freier Verkehr
eingerichtet, und so gab es, auch ohne daß, sei es die Ukraine, sei es
Rumänien, die so heiß ersehnten Nahrungsmittel brachten — die Bauern
schlugen einfach jede Verhandlung ab — gleichwohl einen hinlänglichen
Export zum Ausgleich der zunehmenden Strenge der Blockade.
Für alle Fälle gab das deutsche Volk ein seltenes Beispiel von Beharr-
lichkeit. Diese Unterwerfung unter einen ungerechten Herrscher, der als
Vertreter des Vaterlandes gilt, hat vielleicht etwas von Serviüsmus, aber
I jedenfalls von einem Servilismus, der an Heroismus grenzt.
Als die Deutschen ihre Panzerschiffe aus der Kieler Bucht unmöglich
ausfahren zu lassen vermochten, führten sie den sogenannten
verschärften U-Boot-Krieg e i n, und es war eine der Überraschungen in
jener an Überraschungen so reichen Zeit, daß diese nahezu völlig neue
Waffe so bald eine derartige Bedeutung erlangen konnte.
Ein genialer französischer Ingenieur, Jules V e r n e , hatte um das Jahr
1865 herum den Nautilus ersonnen, ein Schiff, das unter den Fluten fahren
konnte, unter denen es unsichtbar, ja geradezu unangreifbar wurde. Ein
französischer Marineoffizier mit Namen Z6d6 hatte zum erstenmal ein
Unterseeboot für die Kriegsflotte erbaut, und einige wenige Tauchboote
waren bereits im Jahre 191 4 in den Schiffswerften vorhanden, ohne daß
ihnen ein großer Kampfwert beigemessen wurde. Im Jahre 191 4 erbauten
die Deutschen zum Ersätze für die erzwungene Untätigkeit ihrer auf den
Fluten schwimmenden Seemacht viele U-Boote (etwa 360), vervollkommneten
deren Konstruktion immer mehr und machten sie Yü' einer gewaltigen und
gefährlichen Waffe.
Diese Tauchboote verfolgen unter den Fluten ihre unsichtbare Bewegung,
um auf die Panzerschiffe wie auch wohl auf die Passagierdampfer ihre
explodierenden Torpedos derart zu werfen, daß in nur wenigen Sekunden
auch das größte Panzerschiff und auch der riesigste Passagierdampfer
in die Luft fliegen.
* ♦
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 663
Wenn auch die diplomatischen und die miUtärischen Tatsachen unter sich
in engem Zusammenhange stehen, müssen sie doch getrennt dargelegt
werden, wiewohl die Verkettung der Tatsachen der Diplomatie auf die
militärischen Tatsachen zurückwirkt, ja noch mehr, wenn auch die militä-
rischen Tatsachen ganze Bündnisse und Vertragsbrüche bestimmen.
Schon gleich in den ersten Kriegstagen hatten sich noch Japan und
Portugal den Verbandsmächten angeschlossen; ihre Waffen bildeten aller-
dings für sie nur eine sehr mittelmäßige Hilfe. Japan bemächtigte sich, ohne
irgendwelchen erheblichen Widerstand zu finden, Kiautschaus (21. August)
und der Marshallinseln (6. Oktober). Von Portugal aber ist, soweit
wir nicht etwa noch auf die Sendung einer Division an die Westfront
i. J. 191 6 Rücksicht nehmen, kaum etwas anderes als sein Auftreten
in Afrika bemerkenswert. Die Geschichte dieses afrikanischen Feldzuges
in den deutschen Kolonien ist auch heute noch ziemlich unklar. Sie
bestand in mühevollen Märschen in halbverödeten Landschaften, in denen
es weder Straßen noch Transportmittel gibt. Die französischen, englischen
und portugiesischen Streitkräfte waren mit einem Wort überall siegreich,
und das riesige afrikanische Reich, das Deutschlands Hochmut ersonnen
hatte, schwand dahin.
*
Im November 191 4 brach die Türkei und schon wenige Monate später
Bulgarien die vertragsmäßige Neutralität. Von einem wirküchen Volks-
willen kann dabei keine Rede sein. In den beiden ja einem absoluten
Monarchen untertänigen Ländern macht die Laune der Herrscher nun
einmal alles : in Bulgarien war es Ferdinand aus dem Hause Koburg,
in der Türkei der Sultan. Dieser war allerdings nur eine Puppe
in den Händen eines Enver Pascha, während Ferdinand der echte Typus
des Despoten war.
Mit Bulgarien und der Türkei ließ sich Deutschland in seinem da-
maligen Siegestaumel zu Träumen eines maßlosen Hochmuts hinreißen.
So bildete für Berlin den ganz alltäglichen Gesprächsstoff eine Eisen-
bahnlinie Hamburg — Berhn — Stambul — Bagdad und eine ebensolche
Mitteleuropa, die ihre Fühlhörner bis zum Persischen Meerbusen aus-
dehnen sollte.
Ferdinands blinder Ehrgeiz hat Bulgarien in das verderbliche Bündnis
mit Österreich-Deutschland hineingestoßen. Ohne Zweifel haben ihm
die deutschen Machthaber die Hoffnung gemacht, daß er durch seine
Teilnahme am Kriege der Herr über den Balkan, ja vielleicht über Kon-
564 Achtes Buch.
. stantinopel werden würde. Jedenfalls haben sie es erreicht, bei ihm
vollkommen in Vergessenheit zu bringen, daß Frankreich und England
I bereits seit einem Jahrhundert immer die Bulgaren gegen die Türken
; verteidigt und die ganze christliche Bevölkerung Mazedoniens dem Sklaven-
joche entrissen hatten. Die Dankbarkeit ist eine Münze, die im Balkan
j keine Geltung hat.
* *
Da erweiterte sich mit einem Male der Kriegsschauplatz gewaltig.
Ein türkisches Heer drang durch den Kaukasus in russisches Gelände
ein, ein anderes versuchte den Suezkanal zu besetzen, noch ein anderes
besetzte Mesopotamien, um von da aus die englischen Besitzungen in
Indien zu bedrohen. In allen diesen Orientländern schickte England in
Gemeinschaft mit Frankreich Truppen und Schiffe über die Meerenge
von Suez nach Mesopotamien und Syrien. Ebenso bildete sich ein rus-
sisches Armeekorps, um über den Kaukasus und das Tote Meer in
Kleinasien einzudringen.
In jener Zeit wurde auch von dem Dreiverband der Plan zu einem
Unternehmen erdacht, das dann völlig mißlang; es handelte sich um
das Gallipoli- und Dardanellenunternehmen. Ein kleines Armeekorps wurde
nach Sedul-Bahr gesandt, um von hier aus zunächst ohne jeden Widerstand
die Südspitze der Halbinsel Gallipoli zu besetzen.
Am i8. März 191 5 versuchte ein englisch-französisches Schiffsgeschwader
die Dardanellen mit Gewalt zu sprengen, doch der Versuch mißlang vöUig.
Der Bouvet wurde in den Grund gebohrt, ebenso die engUschen Schiffe
Irresistible und Order. So mußte der Versuch einer gewaltsamen Weg-
nahme der Dardanellen als eine Unmöglichkeit erkannt und bald auch
das GallipoHunternehmen aufgegeben werden. Doch es durfte wirklich
nicht den beiden mitteleuropäischen Mächten die gesamte Balkanhalb-
insel ohne jeden Widerstand überlassen werden. Und so wurde, vor
allem dank der Zähigkeit des französischen Ministerpräsidenten Briand,
das Salonikiunternehmen beschlossen.
Ein englisch-französisches Armeekorps landete in der Gegend von Sa-
loniki, um sie bald in ein riesiges verschanztes Feldlager umzuwandeln.
Die Verbündeten machten eine gewaltige Anstrengung, diesem Feldlager
gleichzeitig die nötige Stoßkraft wie die nötige Widerstandskraft zu
geben. Doch die Schwierigkeiten waren so groß, der Gesundheitszustand
der Truppen so mangelhaft, daß gleich zu Anfang die Besorgnis nahelag,
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 565
daß das Salonikiunternehmen wohl kein glückUcheres Schicksal als das
Gallipoli- und Dardanellenunternehmen haben würde.
Vom ersten Kriegsbeginn an hatten die Serben die Österreicher vor-
übergehend zurückzudrängen und sogar selbst ein wenig in österreichisches
Gebiet vorzurücken vermocht, doch dafür verfügten sie unglücklicherweise
nur über unzureichende Munition. Den Österreichern in ihrer nationalen
Buntscheckigkeit fehlte es wiederum an dem nötigen Patriotismus. So
war das Spiel auf beiden Seiten ein gleiches.
Bulgariens Eintritt in das österreichisch-deutsche Bündnis änderte mit
einem Schlage alles. Das bulgarische Heer, das sich hoch mehr durch
seine Wildheit als durch seine Tapferkeit auszeichnete und das in einer
Stärke von 400000 Mann, von tüchtigen deutschen Offizieren befehligt,
die Offensive ergriff, drang bis zum Doiransee vor, um fast das gesamte
serbische Gebiet zu besetzen. Es geschah das selbstverständlich aus-
schließlich um des Plünderns, Rauhens, Zerstörens und Mordens willen.
Das Märtyrerverzeichnis Belgiens ist nichts gegen das Serbiens.
Am 30. November drangen die Bulgaren in Monastir ein. Das serbische
Heer mußte damals durch beinahe unzugängliche Engpässe nach Albanien
flüchten. Die Leiden dieses unglücklichen Heeres sind einfach nicht
wiederzugeben. Vor Kälte, Hunger und Strapazen brach es zusammen.
Was gleichwohl noch am Leben und gesund geblieben war, wurde von
der französischen wie der italienischen Marine neu verproviantiert und
nach Korfu gebracht, wo diese Heeresteile dank der aufopfernden und
geschickten Tätigkeit des Generals de Mond6sir ihre Gesundheit so wieder-
herstellen konnten, daß sie schon zwei Jahre später imstande waren,
einen entscheidenden Anteil an der Schlußoffensive zu nehmen.
Das bulgarische Heer hatte durch seine Entschlossenheit die Serben
nahezu völlig außer Tätigkeit gesetzt. So konnte es seinen Marsch
ungestört nach Süden fortsetzen und das englisch-französische Expeditions-
korps an die Küste zu werfen versuchen. Der Oberkommandierende Sarrail
sah sich genötigt, zurückzuweichen (Dezember 191 5).
Zum Unglück lieferte auch noch die griechische Regierung unter un-
verschämter Mißachtung ihres mit Serbien geschlossenen Vertrages die
griechischen kleinen Festungen dem bulgarischen Heere aus, ohne sich
jedoch offen gegen die Verbandsmächte zu erklären zu wagen.
*
18 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
566 Achtes Buch.
Italien, das im Mai 191 5 an Österreich den Krieg erklärt hatte, schickte
nun ein Armeekorps nach Valona an die Adriatische Küste. Es bildete
sich eine neue Front (Seres, Monastir, Koritza, Valona).
* * *
Wir müssen etwas zurückgreifen, um eines der bemerkenswertesten
Ereignisse dieses Krieges zu gedenken: des Eintrittes Italiens in das fran-
zösisch-englische Bündnis.
In Italien verlangte schon seit Kriegsausbruch die nationalistische Partei
den Bestrebungen der Soldaten von 1848, 1859 und 1870 getreu, daß die
Provincie irredente (Unerlösten Provinzen) Italiens, Triest und das Tren-
tino, an ihr rechtmäßiges Volkstum zurückfielen. Garibaldis Enkel, die
die Überlieferung ihres erlauchten Ahnen fortsetzten, hatten sich ins
französische Heer einreihen lassen, um hier den deutschen Imperialismus
bekämpfen zu können und einen ruhmreichen Tod zu finden. Von Tag
zu Tag wuchs die nationalistische Partei in den breiten Massen des Volkes
an Stärke. Vergeblich suchte Herr von Bülow, der Vertreter Deutsch-
lands in Rom, Österreich verständlich zu machen, daß es sich vergleichen
müsse. Österreich, das schon auf die mühelosen Siege, die es über das
kleine serbische Heer davontrug, hinreichend stolz war und auf Deutsch-
land rechnete, das ihm helfen sollte, den russischen Einfall zurückzudrän-
gen, weigerte sich hartnäckig, ein Zugeständnis zu machen, in dem es eine
Schändung und eine Entehrung sah. So trat nun scheinbar ein Handeln
und Schachern ein. Doch der große Dichter Gabriele d'Annunzio feuerte
bald in flammenden Worten seine Landsleute an, in den Kampf für die
Freiheit einzutreten; er wurde gehört und fand Beifall und Gefolgschaft.
Auf alle wirklich volkstümlichen Parteien gestützt, entschloß sich endlich
König Viktor Emanuel, trotz des Widerstandes zahlreicher Giolitti er-
gebener Abgeordneter, im Mai 191 5 sich mit seinen natürlichen Ver-
bündeten Frankreich und England gegen Deutschland und vor allem
den Erbfeind Österreich zu vereinen.
Es bestand damals im Mai 191 5 eine italienische Front im Trentino
und eine zweite östlich von Venedig. Wütende Kämpfe entspannen sich
bald im Trentino, bald wieder nördlich von Venedig, mit abwechselnden
Erfolgen und Mißerfolgen, die trotz der Gewalt dieser Kämpfe weder in
der einen Richtung noch in einer anderen, abgesehen von den letzten
Tagen des Oktober 191 8, entscheidenden Einfluß auf den Ausgang des
Krieges ausübten. ''
Zunächst waren es die ItaUener, die auf österreichisches Gebiet ein-
rückten; doch im Mai 1916 drang nun seinerseits das österreichische
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 667
Heer durch eine kräftige Offensive über die Grenzen des Trentino hinaus
vor, um sich auf das Hochland der Sette Comuni zu wagen und
Vicenza zu bedrohen. Cadorna, der die italienischen Streitkräfte befehhgte,
machte einen Gegenangriff und führte am 21. Juni den österreichischen
Rückzug herbei. So festigte sich die Front im Trentino von neuem..
Einige Tage später gingen die Italiener auf dem Karst, einem felsigen
und gefährlichen Hochlande, das Triest beherrscht, zur Offensive über
und bemächtigten sich der Stadt Görz, die zwar seit langem Österreich
Untertan, in Wirklichkeit aber ganz so wie Triest italienischer Nationalität
war. Am 21. August zog König Viktor Emanuel, der alle Strapazen und
Ruhmestaten seiner Soldaten persönlich zu teilen bestrebt war, im feier-
lichen Triumphe in Görz ein.
Hinter Görz erheben sich hohe und steile Berge, und nur allzu lange
verharrten auf fast unzugänglichen Höhen Österreicher wie Italiener
Antlitz gegen Antlitz, ohne daß von der einen Seite oder von der anderen
irgendein entscheidender Erfolg davongetragen wurde. Ein ganzes Be-
lagerung sartilleriekorps folgte beiden Heeren auf den schneebedeckten Ge-
birgskamm. ^ ^
*
Im Jahre 191 6 trat auch Rumänien, das bisher neutral geblieben war,
dem französisch-englischen Bündnis bei, obwohl der König von Rumänien
mit deutschen Fürsten verwandt war.
Es ist leicht zu begreifen, daß es im wesentlichen Interesse Rumäniens
lag, die dem Lande Ungarn untertänig gewordenen rumänischen Sieben-
bürgen aus diesem Sklavenjoche zu befreien.
Der heftige Sturm des Weltkrieges hatte alle unterdrückten Nationali-
täten wieder mit neuer Hoffnung belebt. Nun gehörten unter allen Unter-
drückten, vielleicht zu denen, die am meisten gelitten hatten, die Rumänen
Siebenbürgens, die ihrer Sprache und ihren Sitten treu geblieben, auf
ihr Romanentum mit Recht stolz waren und nur unwillig das Tyrannen-
joch ertrugen, das ihnen die Ungarn, die verbürgten Nachkommen der
Hunnen, mit roher Gewalt aufzwangen.
So erklärte Rumänien dem vereinigten Österreich und Deutschland den
Krieg. Es besaß ein gut geführtes Heer von einem glühenden Patriotismus.
Die Kriegserklärung trägt als Datum den 28. August 191 6. Sogleich
drangen die rumänischen Soldaten in Ungarn ein. Im Ansturm wurde
Orsowa genommen. Gleichzeitig zog ein russisch-serbisches Heer nach
Rumänien, wo es in die Dobrudscha einrückte (3. September). Aber
18*
568 Achtes Buch.
bald drängten überlegene bulgarische Streitkräfte, die sich mit den Deut-
schen vereinigt hatten und von dem preußischen General Mackensen
geführt wurden, das rumänische Heer zurück. In Siebenbürgen nahm
der preußische General Falkenhayn von neuem eine siegreiche Offensive
auf, und bald schon mußte das gesamte rumänische Heer den Rückzug
antreten.
Zv^^ei Gründe lassen sich für diese blutige Niederlage angeben.
Zunächst die völHg unzulängliche Munition. Im modernen Kriege findet
ein solcher Verbrauch von Geschossen statt, daß riesige solid geführte
Fabriken benötigt w^erden, nur um die Artillerie dauernd beliefern zu
können. Nun konnten die Verbündeten keine Munition schicken, Ru-
mänien selbst aber hatte weder Vorräte noch Fabriken.
Was aber vor allem die Ursache für die rumänischen Mißerfolge bil-
dete, das war der träge Widerstand oder, um ganz offen zu sprechen,
die Abtrünnigkeit der Russen, von denen immer mehr zum Feinde über-
liefen. Anstatt den Anmarsch der Rumänen zu unterstützen, zog sich
das russische Heer fast ohne jeden Angriff zurück. Brussilow hatte den
Befehl erhalten, seinen siegreichen Marsch nicht weiter fortzusetzen. Knir-
schend mußte er in demselben innehalten, ja zurückgehen imd es
Jvlackeßsen überlassen, das rumänische Heer bei Focsani völlig zu ver-
nichten (14. August 191 7).
Da drangen die österreichisch-deutschen Heere in Bukarest ein, um nun
Rumänien den Bukarester Vertrag aufzunötigen, durch den sie zu Herren
des gesamten Landes wurden. Das rumänische Heer und die rumänische
Regierung zogen sich nach Jassy zurück, wo sie die anmaßenden Bedin-
gungen des Siegers annehmen mußten: teilweise Demobilisierung des
Heeres, Lieferung von Brotgetreide, Petroleum und Munition, Besetzung
des ganzen Landes, Gutheißung von Requisitionen in allen seinen Pro-
vinzen, Beschlagnahme aller Verkehrsmittel und -Straßen. Es hat in
Rumänien bis zur Kriegserklärung eine deutschfreundliche Partei bestanden,
deren führende Persönlichkeit Marguiloman war. So mußte denn jetzt
das Ministerium Bratianu einem Ministerium Marguiloman Platz machen.
Hätten nicht die Verbündeten an der Westfront in den Monaten August
bis Oktober des Jahres 191 8 ganz hervorragende Siege errungen, so
wäre die Knechtung Rumäniens eine vollkommene geworden, und eine
neue Ungerechtigkeit hätte sich den großen Ungerechtigkeiten der Ge-
schichte angereiht.
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 669
Der rumänische Zusammenbruch, so schmerzHch er auch sein mag,
hat gleichwohl keinerlei entscheidende Wirkung auf die politischen oder
auch die militärischen Ereignisse geübt. Doch ein Weltereignis, eine
elementare Umwälzung, deren Folgen überhaupt nicht vorauszusehen sind,
hat auch die Bedingungen des Krieges, wenigstens auf einige Zeit, von
Grund aus umgestaltet; es handelt sich um die russische Revolution.
Im Jahre 191 4 sah es so aus, als ob sich Rußland, für dessen Ehre
letzten Endes Frankreich und England Krieg führten, mit Feuereifer in
den Kampf werfen wolle. Doch das war alles nur trügerischer,
äußerer Schein.
Der Zar, ein Mann von mittelmäßiger Begabung und sanftem imd
unentschlossenem Charakter, konnte bei seinen Mitmenschen höchstens
edlere Gefühle auslösen. Doch leider wurde derselbe Mann auch zeit-
weise von Anfällen eines hochgradigen Mystizismus beunruhigt, die die
deutschfreundliche Hofpartei sehr geschickt auszunutzen wußte.
Ein unflätiger und ungeschliffener Mönch namens Rasputin hatte über
die schwache Seele des Herrschers jede nur erdenkliche Macht. Die
Zarin, eine deutsche Prinzessin, verhehlte ihre Sympathie für ihre Lands-
leute nicht. Den ersten Siegesnachrichten gegenüber verhielt sie sich
zunächst schweigend, doch nach den Niederlagen faßte sie wieder Mut,
ja wagte sie es, einen Mann wie Stürmer, der um jeden Preis Frieden
schließen und mit Österreich und Deutschland sich verständigen wollte,
zum leitenden Minister ernennen zu lassen.
Auch kannte das russische Volk nicht die Vaterlandsliebe in dem
Sinne, den die Westeuropäer mit diesem Worte verbinden. Die Masse
der ländlichen Bevölkerung hatte den Krieg weder ursprünglich gewollt
noch auch ihn nachträglich jemals anerkannt. Die Muschiks sind viel
zu ungebildet und unbeholfen, um auch nur das geringste Verständnis
für jene sozialen und politischen Dinge zu haben, die den Westen so
stark interessieren. Die sämtlichen Verwaltungen, namentlich die des
Heeres, waren käuflich, bestechlich, gleichgültig, unfähig und noch gerade
so unzuverlässig wie im Augenblick des Russisch-Japanischen Krieges. Die
Bürgerklassen aber, die schon zahlenmäßig hinter dieser gewaltigen An-
häufung von 160 Millionen Bauern vollkommen zurücktreten, lehnen
gleich mit Beginn jedes Interesse für den Krieg ab und denken nur
daran, sich von ihm fernzuhalten und sich durch ihn zu bereichern.
670 Achtes Buch.
Wohl gab es eine Duma, eine Art Parlamentsversammlung, doch diese
Duma war wieder in Parteien zerklüftet, die nie zu einer Verständigung
zu kommen vermochten; auch wurde die Duma nicht zusammenberufen,
und die Regierung dachte nur an ihre Auflösung.
Im März 191 7 wurde es ganz deutlich ersichtlich, daß die Hofpartei,
die schon im vorangegangenen Jahre die ganze militärische Arbeit ge-
hemmt und geschwächt hatte, nunmehr entschiedenen Willens war, mit
Deutschland einen auch noch so entehrenden Frieden zu schließen. Bei
aller ihrer Gleichgültigkeit erhoben sich viele Russen, als sie nunmehr
endlich durchschauten, daß die Duma aufgelöst, die unumschränkte
Herrschergewalt des Zaren wieder hergestellt und mit Deutschland Friede
geschlossen werden solle. Die Sozialisten und die Nihilisten, von denen
einige von Deutschland bezahlt wurden, verbanden sich mit den verfassungs-
treuen Mitgliedern des Kleinbürgertums, den gebildeten Elementen sowie
denjenigen Offizieren, die ihr Vaterland liebten und für die Duma Partei
nahmen. Einige Regimenter verweigerten den Gehorsam; andere erklärten
sich, wenn auch nur schüchtern, für den Zaren. Drei Tage lang tobte
in Petersburg Straßenkampf. Die Matrosen in Kronstadt meuterten. Nach-
dem der Zar sich nach Zarskoje Selo geflüchtet hatte und von seiner
Garde und denjenigen Regimentern, die er noch immer für treu hielt,
im Stich gelassen worden war, blieb ihm nichts weiter übrig, als abzu-
danken. Doch solche Abdankungen haben die Dynastien noch niemals
gerettet. Das Beispiel Petersburgs wurde von Moskau, Kiew, Odessa und
allen großen Städten Rußlands befolgt, und so wurde die russische
Republik ausgerufen.
Es ist in Westeuropa noch nicht hinlänglich bekannt, was sich alles seit
dem Augenblick der Thronentsagung des Zaren in dem unendlichen
Rußland ereignet hat. Ein unerhörter Wirrwarr, eine Anarchie, die alle
Grenzen der WahrscheinUchkeit durchbricht, das Abbrechen der Be-
ziehungen mit der ganzen übrigen Welt, die Einschränkung der Presse,
die Veröffentlichung von verlogenen Phantasieberichten, all das bewirkt,
daß über die Geschichte der russischen Unruhen noch ein völliges Dunkel
schwebt.
Wir sind ausschließlich auf Vermutungen angewiesen und in ständiger
Gefahr, so oft wir eine Tatsache behaupten, auch jedesmal einen Irrtum
zugeben zu müssen. Wir kennen die Geschichte der ägyptischen
XXV. Königsdynastie immer noch besser als die wüsten Unruhen, die im
Jahre 191 4— 191 8 Kiew, Moskau, Samara und Petersburg erschüttert haben.
Zu Anfang wurden die Zügel der Macht von den Mitgliedern der Duma
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 671
(der Partei der Kadetten) ergriffen unter der Bekundung der Absicht, eine
regelrecht demokratische Regierung zu begründen und den Kampf gegen
östei reich tmd Deutschland entschlossen fortzusetzen. Die Mehrzahl der
Offiziere sowie das gesamte Heer schlössen sich der neuen Regierung an.
Der Zar wurde mit seiner Familie gefangengesetzt, um einige Monate
später von dem Pöbel feige niedergemetzelt zu werden. Die am schhmmsten
bloßgestellten Minister wurden vor Gericht gestellt.
Ein Anwalt, der als Herrscher weiter keine andere Berechtigung mit-
brachte als eine gewisse rhetorische Zungenfertigkeit, Kerensky, stand
an der Spitze dieser Regierung, in der er einen glänzenden Be-
weis seiner Unfähigkeit gab. Anstatt sogleich die Volksvertretung
zusammenzuberufen, schmeichelte es ihm, eine demagogische Diktatur aus-
zuüben. Doch bald wurde er von der Partei der sogenannten Sowjets
(Arbeiter- und Soldatenräte, A.- und S.-Räte), die das wirkliche Volk
(Bolschewiki oder Maximalisten) zu vertreten behaupteten, noch an Dema-
gogie überboten. Zwei schon mehrfach ^egen Verstoßes gegen das gemeine
Recht verurteilte Individuen, Lenin und Trotzky, die beide weiter nichts als
geheime Agenten des deutschen Generalstabes waren, gewannen durch
ihre Gewaltpredigten bald eine große Volkstümlichkeit. Mit Erbitterung
bekämpften sie Kerensky. Kerensky aber sprach immer nur, anstatt zu
handeln (Juli bis August 191 7) tmd dekretierte Verfügungen, die eine
schlechte Mannszucht unter den Truppen förderten. Die Soldaten wollten
weder Offiziere noch Schlachten.
Jetzt folgen natürlich an der Kampfesfront Niederlagen auf Niederlagen,
Zusammenbrüche auf Zusammenbrüche, und ein Heer ist einfach nicht mehr
vorhanden.
Im Jahre 191 6 hatte Brussilow in Galizien über die Österreicher glänzende
Siege davongetragen und annähernd 250000 Gefangene gemacht. Aber
der schwache Zar hatte innerlich schon längst darauf verzichtet, den Krieg
noch weiter fortzusetzen. Sein Ministerpräsident Stürmer verriet die
Entente ganz offen. Brussilow mußte dem Zusammenbruch der Rumänen
ganz ruhig zusehen. —
Das russische Heer aber wälzte sich in einer niedrigen Anarchie, die noch
schrecklicher war als der Abfall Stürmers. Von dem ganzen Gebaren
angeekelt, nahm Brussilow seinen Abschied und wurde durch Kornilow
ersetzt, der ein entschlossener Soldat war; aber Kornilow gebot ebenso
wie Brussilow nur über undisziplinierte Truppen, die am Vorabend der
Schlacht überliefen. Czernowitz wurde geräumt (3. August 1917).
Auch im nordwestUchen Baltikum trugen die Deutschen leichte Siege
572 Achtes Buch.
davon und drangen am 3. September in Riga ein, das sich zum bloßen
Scheine verteidigt hatte.
Die Macht der Sowjets, die täghch wuchs, faßte immer festere Wurzeln
und baute sich immer mehr aus. Eine Rote Garde wurde gebildet, angeb-
lich, um die sogenannte Revolutionspartei zu verteidigen. Und dabei war
in Wirklichkeit diese Revolutionspartei die Partei der Banditen und der
Agenten Deutschlands, Da die Soldaten der Roten Garde einen sehr hohen
Sold empfingen, ergänzte sich dieselbe leicht und wurde bald die einzige
gesetzmäßige Gewalt. Es geschah das übrigens nicht ohne innere Kämpfe.
Es spielten sich Aufstände, Schlägereien, Mordanschläge, ja sogar ganze
Schlachten ab.
Kerensky mußte flüchten (Oktober 1917). Die Bolschewiki aber hinderten
die alte sowie die neuernannte Duma an ihrem Zusammentritt, ließen die
Widerstrebenden gefangennehmen oder standrechtlich erschießen, womit
alles zum Schweigen gebracht wurde.
Gegen die bolschewistische Revolution fand sich ebensowenig Widerstand
im Heere wie im Bürgertum. Die Partei der Vernunft und der Ordnung
schwand dahin wie eine Rauchwolke. Die Intellektuellen und die Mitglieder
des Bürgerstandes ließen sich terrorisieren, sei es aus Feigheit, sei es aus
Lässigkeit, sei es aus Unfähigkeit oder sei es auch aus Zwietracht. Wahrlich,
so schmerzlich auch ihr Schicksal gewesen sein mag, sie haben es nicht
besser verdient!
Lenin und Trotzky hatten den Bauern die beiden einzigen Dinge verspro-
chen, für die diese Verständnis hatten: Frieden und Aufteilung
der Ländereien. Da liefen die Soldaten des ungeheuren russischen Heeres
nach allen Seiten auseinander, einzig und allein auf ihre Heimkehr bedacht,
um sich in die Ländereien zu teilen, anstatt mit dem deutschen Heere zu
kämpfen.
Wie stets eine solche Soldateska, so bestand auch diese, die sich an Wutki
und hochtönenden Reden berauschte, durchweg aus Barbaren. Viele Offi-
ziere wurden ermordet, die Generäle durch unerfahrene und rohe Unter-
offiziere ersetzt und die Anarchie und die Hungersnot wurden die einzigen
beiden Gottheiten, die auch noch heute in Rußland die herrschenden sind.
Jede Provinz, jede Stadt, jedes Dorf bekam ihren eigenen Sowjet, der
meist aus Räubern und Schwachsinnigen bestand. Das Verbrechen feierte
Triumphe und machte sich in ganz Rußland breit. Das russische Volk,
das vorher von einer tiefen Liebe gegen seinen Gott beseelt und von einer
blinden Ergebenheit für seinen Zaren erfüllt schien, warf in wenigen
Wochen Anschauungen über Bord, die nur zu lange unzerstörbar schienen.
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 673
Eine maßlose Unordnung, wie sie die menschliche Gesellschaft bis dahin
noch niemals gesehen hatte, verheerte ganz Rußland.
Die Deutschen waren so geschickt, dieses Chaos auszunutzen. Im
Gegensatz zu den zerlumpten und fahnenflüchtigen Soldaten, die
jetzt das russische Heer bildeten, hatten sie sich ihre tadellose Disziplin
und ihr gewaltiges Kriegsmaterial erhalten. Sie rückten, ohne irgendwelches
Hindernis zu finden, bis Riga vor (Sommer 191 7) und machten Trotzky
ein Friedensangebot, auf das dieser bereitwilligst einging.
So kam es zum Frieden von Brest-Litowsk (Januar 1918). Nach ihm
wurden Litauen und Estland vollkommen Deutschland überlassen. Die
Ostseeprovinzen (das sogenannte Baltikum) wurden unter dem Vorwande,
daß der Adel dort deutscher Abstammung sei, zur Hälfte dem Deutschen
Reiche angegliedert. Die Ukraine, die noch weit größer und vollkommen
russisch ist, wurde zwar scheinbar selbständig, in Wahrheit aber stellte
sie sich unter den Schutz Kaiser Wilhelms.
Zu alledem übergab die Sowjetrepublik das gesamte Gold, das sie den
Banken und dem Fiskus entnommen hatte, und verpflichtete sich, Deutsch-
land Lebensmittel zu liefern.
Zum Entgelt dafür behielten Trotzky und Lenin ihre ganze Macht,
um weiter in Petersburg imd Moskau residieren und über das russische
Bürgertum die greulichste vmd willkürhchste aller Tyranneien ausüben
zu können.
Man hat die Kühnheit gehabt, diese russische Revolution mit der Großen
Französischen zu vergleichen. Doch dieser Vergleich bildet geradezu
eine Gotteslästerung. Wenn überhaupt ein Vergleich zutreffend ist, so ist
es der mit jenem seinerzeit viel genannten Individuum namens Bonnot,
das vor wenigen Jahren in den Pariser Straßen von einem dahinrasenden
Automobil aus Banken plünderte und auf die erschreckten Beamten zu
wiederholten Malen Schüsse abgab.
Dieser schimpfliche Friede rief natürlich überall Aufstände und Um-
wälzungen hervor. Georgien und Kaukasien erklärten ihre Selbständig-
keit, und auch Sibirien erhob sich. Die tschechoslowakischen Gefangenen,
die in Sibirien festgehalten wurden, befreiten und verständigten sich gegen-
seitig, um schließhch ein kleines Heer zu bilden, das Mittel und Wege
fand, sich bald mit den Kosaken, bald mit den ehemahgen Offizieren, bald
mit den Kleinbürgern zu vereinen, und damit der bolschewistischen
Bewegung im Osten eine Schranke zu setzen.
574 Achtes Buch.
Kleinrußland oder die Ukraine, deren Hauptstadt Kiew ist, wechselte zu
wiederholten Malen seinen Herrn. Der Bürgerkrieg fand hier eine dauernde
Stätte. Kiew ging von Hand zu Hand, ohne daß bis zu dieser Stunde
die Lösung des Problems, was aus dieser großen Stadt einmal werden
solle, noch mehr aber die Geschichte der unheimlichen und blutigen
Schicksalswenden zu erkennen gewesen wäre, die Kleinrußland nach-
einander durchzumachen hatte.
Auch Finnland, das endlich die russische Herrschaft abschüttelte, nach-
dem es sie seit dem Jahre 1807 nur mit dem höchsten Widerwillen er-
tragen hatte, verkündete gleichfalls seine Selbständigkeit. Es sollte mehr
als jedes andere Volk unter Hunger und Bürgerkrieg leiden. Eine
Weiße Garde (konservativ und nationalistisch) bildete sich, um den Über-
griffen der Roten Garde (revolutionär und russisch) zu widerstehen. Die
Deutschen hielten es für nützlich, die Weiße Garde zu unterstützen, der
es gelang, die Bolschewiki zu vertreiben, um dann selbst mit Hilfe
des Terrors zu regieren. Das finnländische Bürgertum bekundete Deutsch-
land seine Dankbarkeit und rief deutsche Offiziere und Zivilisten zu
Hilfe, die, anstatt sich gegen Schweden oder gegen die Verbündeten zu
wenden, Finnland zu einem Anhängsel von Deutschland zu machen
versuchten und hier eine Art Reichstag beriefen, dessen ungesetzmäßig
gebildete Minderheit auf den sinnreichen Einfall kam, sich einen König
zu geben, und noch dazu einen deutschen, gerade in dem Augenblick, wo
Deutschland besiegt war.
Zu derselben Zeit, wo die Bolschewisten mit Deutschland Frieden
schlössen, erklärten sie — zum mindesten hat nur wenig daran gefehlt —
den Westmächten den Krieg. Sie vertrieben, nicht ohne sie vorher
schamlos gemartert zu haben, die Franzosen, die Engländer und die
Amerikaner, die noch irgend in Rußland zu finden waren, mit der Behaup-
tung, es gelte dieser Kampf ausschließlich dem westlichen Imperialismus.
Da rüsteten die Verbündeten, um nicht das gesamte Rußland für
immer dem Fanatismus der Sowjets erliegen zu lassen, eine Unternehmung
nach Archangelsk und der Murmanküste aus. Zu gleicher Zeit drangen
sie im östlichen Asien gemeinsam mit den Japanern in Sibirien ein und
vereinigten sich hier mit der kleinen Gruppe der Tschechoslowaken.
Die in das österreichische Heer eingereihten und ihm einfach mitten unter
die Regimenter gesteckten Tschechen und anderen Slawen verabscheuten
die Fahne, unter der sie sich zu schlagen gezwungen waren; in den großen
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 5']5
Schlachten Galiziens und Polens hatten sie sich zu Tausenden fast ohne
Kampf ergeben; in Sibirien interniert, bildeten sie durch ihre Zahl
und ihren Patriotismus eine ernste stete Bedrohung. Unter allen Er-
scheinungen dieses Krieges ist vielleicht keine seltsamer als die jener Ge-
fangenen, die allmählich zu einem richtigen Heere wurden, um nun gegen
ihre alten Waffenbrüder zu kämpfen.
Aber von dem Vertrage zu Brest-Litowsk sollte nichts bestehen bleiben.
Ob Rußland auch weiter zerstückelt bleiben oder seine alte Einheit wieder-
gewinnen wird, ist das Geheimnis der undurchdringlichen Zukunft.
Der Sturz des Zaren hatte mittelbar noch eine weitere Folge : er führte
auch noch den Sturz des Königs Konstantin herbei und entschied den
Eintritt Griechenlands in die Entente.
Seit dem Jahre 191 4 hätte König Konstantin es gern so wie sein alter
Rival Ferdinand von Bulgarien zu machen gewünscht. Einen großen,
Frankreich feindlichen Einfluß auf ihn übte seine Gemahlin, die Königin
Sophie von Griechenland, die Schwester Wilhelms von Hohenzollern, aus.
Konstantin vergaß ganz, daß Frankreich der Befreier Griechenlands
gewesen war. Er verbarg seine Liebe und Bewunderung für das deutsche
Heer keineswegs, ja er hatte sogar seinen Stab aus von Deutschland ab-
kommandierten Offizieren gebildet. Im Gegensatz zu ihm gingen das
Parlament und sein Ministerpräsident Venizelos, ein Mann von seltener
Tatkraft und vollendeter Tüchtigkeit, mit der übergroßen Mehrheit des
griechischen Volkes, das nun einmal dem Dreiverbande günstig war.
Ein altes Abkommen (das Abkommen von Bukarest) verband Serbien
und Griechenland; Konstantin nahm hierauf keine Rücksicht, sondern
entließ lieber seinen Minister Venizelos (März 191 5). Trotz des wieder-
holten Einspruches eines so gewandten Unterhändlers wie Guillemin,
des damaligen französischen Vertreters zu Athen, verfolgte Konstantin
seine verschlagene Politik und erhob seinen Gegeneinspruch gegen die
Besetzung von Saloniki (Januar 191 6). Venizelos, der sich in Athen
nicht mehr sicher fühlte, flüchtete sich nach Saloniki und bildete hier
angesichts der die Gesetze mißachtenden Regierung des Königs, der
das Parlament aufgelöst hatte, eine griechische Nationalregierung (13. Okt.
191 6). Griechenland war gerade in jenem Augenblicke in zwei feindliche
Lager gespalten. Vergebens beteuerte der König strengste Neutralität.
Seine Worte wurden durch seine Taten Lügen gestraft. Am 16. Dezember
sind englische und französische Matrosen, die sich damals in Athen
576 Achtes Buch.
aufhielten, das Opfer eines feigen heimtückischen Überfalles, für den die
Verbündeten Genugtuung und Sühne verlangen. Als ihnen nun nichts
als ausweichende Antwort zuteil wurde, sah sich König Konstantin nach
langen Verhandlungen zur Abdankung genötigt (12. Juni 1917). Er zog
sich in die Schweiz zurück und übergab die Krone seinem zweiten Sohn
Alexander, dem jetzt nichts mehr übrigblieb, als Venizelos zum Minister
zu nehmen.
Dank diesem großen Staatsmann wurde die Einheit Griechenlands
wieder hergestellt. Von seinem deutschen Könige befreit, konnte nun auch
das griechische Volk einen regen Anteil am Kriege nehmen, und in der
Tat haben die griechischen Truppen im Oktober 191 8 bei der Offensive
gegen Bulgarien in der heldenmütigsten Weise mitgekämpft.
* *
*
Es ist noch nicht von den Kämpfen gesprochen, die sich im Kaukasus,
in Syrien, in Palästina, in Arabien, in Mesopotamien entspinnen sollten.
Sie sind indessen wirklich der Erwähnung wert, wäre es auch nur, um
die Riesenhaftigkeit dieses Weltkampfes deutlich vor Augen zu führen.
Im Kaukasus überschritt gleich, nachdem die Türkei im Januar 191 5
den Krieg erklärt hatte, ein russisches Heer unter dem Befehl des Groß-
fürsten Nikolaus die Grenze. Die Türken verschanzten sich und ver-
teidigten sich hartnäckig; im Januar 191 6 aber brachte eine kühne
Offensive die Russen bis Erzerum. Mit Unterstützung der russischen
Schwarzen Meer-Flotte drangen sie in ganz Armenien vor.
Im Jahre 191 7 jedoch zeitigte die russische Revolution die gleichen
Folgen wie einst in Polen auch jetzt in Armenien. Die Türken eroberten
das verlorene Armenien wieder, gaben sich überall ihren gewohnten
Metzeleien hin und eroberten schließlich auch Batum und dann auch
noch Baku wieder, welches letztere dem Erdboden gleichgemacht wurde.
In Mesopotamien hatte eine englische Division unter dem Befehl von
General Townsend zunächst Bassora besetzt; langsam rückte sie gegen
Bagdad vor. Am 28. September 191 5 warf sie dann das türkische
Heer bei Kut-el-Amara zu Boden; doch bald sah sich Townsends kleine
Heldentruppe genötigt, einen geordneten Rückzug anzutreten. Sie wurde
umzingelt und mußte, da sie weder Lebensmittel noch Munition mehr
hatte, nach kurzem Widerstände kapitulieren (28. April 191 6). Im
Laufe von annähernd einem Jahre bereiteten die Engländer mit ihrer
unüberwindlichen Beharrlichkeit ein neues Unternehmen vor. Es war
General Maude, der im Februar 191 7 auf das türkische Heer einen starken
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 677
Angriff machte, um es bei Kut-el-Amara völlig zu besiegen und am
II, März in Bagdad einzuziehen, das nicht bloß das Handelszentrum,
sondern auch das strategische von ganz Mittelasien ist. Die Einnahme
von Bagdad machte von nun an alle deutschen Ränke bei dem Schah
von Persien wirkungslos.
Die Verbündeten fanden eine unvermutete Hilfe bei den Arabern
des Hedschas, fanatischen und eifrigen Moslems, die stolz darauf waren,
Herreil über Mekka zu sein und die Autorität des Sultans nicht anerkannten.
Nach der jämmerlichen Schlappe der Türken bei der Meerenge von
Suez zog sich ihre Mittelmeerarmee nach Palästina und Syrien zurück.
Sie wurde von der englischen Armee des Generals Murray verfolgt, der
nach verschiedenen Kämpfen schließlich in Gemeinschaft mit einem fran-
zösischen Truppenteile in Jerusalem einzog. Die Einnahme Jerusalems,
die in strategischer Hinsicht wenig Bedeutung hat, machte gleichwohl
überall großes Aufsehen, war doch nun wieder zum ersten Male seit den
Kreuzzügen die Stadt, in der Christus gestorben war, in den Händen
der Christen.
Von den Ereignissen auf der See ist nur wenig zu sagen. Es hat
nämlich die Marine, und namentlich die englische, in dem Kriege keines-
wegs eine hervorragende, ja eine auch nur annähernd ebenso be-
deutende, wenn auch natürlich nach außen mehr zurücktretende Rolle
gespielt wie die Landheere. Auf allen Meeren Schutz der Lebensmittel-
sendungen, Verteidigung der Küsten, Sperre des deutschen Handels,
Beförderung der Truppen; es war eine beständige stille Anstrengung,
ohne die der Sieg, ja auch nur der Kampf unmöglich gewesen wäre. Es
kann niemals genügend gewürdigt werden, welche Wunder von Energie,
Ausdauer ,und Selbstverleugnung die Marine der Verbündeten voll-
bracht hat.
Es gab nahezu keine Seeschlacht. Im August 191 4 entgingen die
Goeben und die Breslau, zwei deutsche Panzerschiffe, dem engÜsch- fran-
zösischen Geschwader, um schließlich in dem Bosporus einzutreffen und
hier einige Monate später den für sich allein so ohnmächtigen türkischen
Küstenschutz zu verstärken. Die deutschen Kreuzer aber, die den Stillen
Ozean befuhren, wurden an den Falklandinseln zerstreut imd vernichtet
(8. Dez. 191 4). Diejenigen Kreuzer jedoch, die am Kampfe nicht teil-
genommen hatten, wurden nacheinander in den Grund gebohrt (die
578
Achtes Buch.
Dresden, die Königsberg), abgesperrt oder interniert (Prinz Eitel und die
Karlsruhe). Im übrigen blieb nahezu die Gesamtheit der deutschen Flotte
während der Dauer des ganzen Krieges müssig in der Kieler Bucht liegen
mit Ausnahme des Jahres 191 7, wo sie in der Ostsee bei der Einnahme
von Riga mitwirkte. Ein einziges Mal, am 31. Mai 191 7, ging sie in See
(Schlacht am Skagerrak). Der englische Admiral Sir David Beatie zögerte
nicht, sie hier an der Nordseeseite Jütlands anzugreifen, obwohl er nur
über ganz geringe Kräfte verfügte. Die Verluste waren auf beiden Seiten
fast gleich, als beim Sinken des Tages das gesamte englische Geschwader
unter Admiral Jellicoe ankam; die deutschen Schiffe mußten sich nun
zurückziehen, um nicht völlig vernichtet zu werden.
Mit dem Abfall Rußlands lächelte Fortuna Deutschland zum letzten
•Male. In diesem Augenbhcke war ihm wieder ein wenig Hoffnung
vergönnt, schien doch die Ohnmacht der Verbündeten, die deutschen
Linien zu durchbrechen, nach drei Kriegsjahren ganz deutlich. Auch
war jetzt, wo Rußland, Rumänien und die Balkanhalbinsel offen dalagen,
keine Hungersnot mehr zu fürchten. Überdies konnten auch die öster-
reichischen und deutschen Armeekorps, die an der Ostgrenze kämpften, da
sie sich keinem Feinde mehr gegenübersahen, wieder an die andere Front
zurückgeschafft werden. So verloren die Verbündeten mit Rußland zugleich
auch ihr numerisches Übergewicht.
Aber das wieder gewonnene Vertrauen brachte auch die Verirrung.
Gedrängt von den Alldeutschen, deren Vorkämpfer Admiral Tirpitz war,
beging der Deutsche Kaiser einen verhängnisvollen Fehler, der ihm
den Thron und seine Krone kostete. Von allen Fehlern (oder besser
gesagt Verbrechen) Deutschlands war dies der schlimmste.
Wilhelm bildete sich ein, daß er durch Vermehrung der U-Boote
und durch Verschärfung der Blockade Englands seitens Deutschland
die Neuverproviantierung des Britischen Inselreiches unmöglich machen
könnte. Es ist richtig, daß der englische Boden nicht ausreicht, auch nur
den zehnten Teil seiner Bevölkerung zu ernähren, was soweit geht, daß,
wenn nicht Schiffe auf die englische Insel Korn, Zucker, Reis, Vieh,
Milch, Futter bringen, die Briten in wenigen Wochen verhungern müssen
So beantwortete Deutschland seine Blockade durch die englischen Panzer-
schiffe mit der Organisierung der Blockade von England durch die
U-Boote.
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). Sjg
Dieser Plan wäre einfach bewundernswert gewesen, wenn er gelungen
wäre, doch er gelang nicht, und er konnte auch gar nicht gelingen.
Es wären nämlich zweitausend U-Boote gebraucht worden. Es waren
aber die deutschen U-Boote zur Hinderung der Warenlandungen in den
englischen Häfen niemals in genügender Menge vorhanden. Selbst im
Oktober 191 7, wo ihre Zahl den Höhepunkt erreicht hatte, gab es
nur 146, doch im Juni 1918 bereits nur 113. Und von diesen 113 war
kaum die Hälfte imstande, sich auf dem Meere zu behaupten.
Zudem lernten die verbündeten Kriegsflotten sich durch listige Maß-
nahmen zu schützen. Die Handelsschiffe und die großen Postdampfer
wurden kriegsmäßig ausgerüstet. Auf dem Ärmelkanal wurden Netze
ausgespannt, die die Überfahrt mehr oder weniger hinderten; Kreuzer
und Panzerschiffe geleiteten die Fahrzeuge, die Waren beförderten, in
dem Maße, daß für den Handel der Verbündeten das Verhältnis der
Verluste höchstens fünf vom Hundert des monatlichen Tonnengehalts
betrug. Sicher ist auch dies keine unbeträchtliche Ziffer, und war auch
dies ein großer Verlust für die Briten, aber gleichwohl wurde doch,
was die Hauptsache ist, die Neuverproviantierung nicht verhindert.
Der U-Boot-Krieg vermochte nicht bloß nicht England auszuhungern,
sondern rief überhaupt erst die Entrüstung Amerikas hervor, und diese
Entrüstung steigerte sich in demselben Maße, wie sich die Torpedierungen
vermehrten. Die deutschen U-Boot-Leute, deren Mut sich nicht leugnen
läßt, legten eine Roheit an den Tag, die ihren Mut noch überbot.
Lachend wohnten sie dem gräßlichen Schauspiel eines mit ertrinkenden
Fahrgästen,' Frauen und Kindern untergehenden Schiffes bei. Oft
vollendeten sie das Werk ihrer Torpedos — durch Kanonenschüsse auf
die Rettungsboote. Harmlose Fischerboote wurden in den Grund ge-
bohrt, ohne daß diese unrühmliche Zerstörungstätigkeit den geringsten
militärischen Nutzen brachte.
Die Geschichte der am 7. Mai 191 5 torpedierten Lusitania ist nur eine
Episode des U-Boot-Krieges. Aber diese Episode ist charakteristisch,
und das amerikanische Volk verstand ihren ganzen Schauder.
Zu derselben Zeit warfen die Zeppeline und einige Flieger auf London, die
englische Küste, Paris, Nancy, Troyes, Dünkirchen ihre mörderischen Bomben.
Die Absicht der Deutschen war, wie sie selbst erklärten, dabei nicht sowohl
versammelte Truppen zu treffen oder Festungen zu zerstören als vielmehr
die Seele der Zivilbevölkerung durch Schrecken zu beeinflussen. Ein
ganz sonderbarer psychologischer Irrtum! Diese so unnützen Be-
schießungen erbitterten im Gegenteil die Briten und die Franzosen, anstatt
58o Achtes Buch.
sie zu entmutigen und flößten gleichzeitig dem amerikanischen Volke den
Haß gegen Deutschland ein.
Wer neben diesen Torpedierungen und Beschießungen auch noch an
das Märtyrertum der Zivilbevölkerung in Flandern und in Belgien, die
Entführungen von Frauen, die nach einer entehrenden Behandlung (Lille)
fast wie Sklavinnen weggeschleppt wurden, die Metzeleien von Armeniern
und Serben, die den Gefangenen zugefügten unmenschUchen Behand-
lungen denkt, der wird es auch verstehen, daß in dem wackeren Amerika
der Zorn gegen deutsche Barbarei immer furchtbarer sich regen mußte.
Dieser völlig idealistische Seelenadel eines großen Volkes fand einen
wunderbaren Dolmetscher in seinem Präsidenten Woodrow Wilson (zum
Präsidenten ernannt am i. März 191 3 und dann wiedergewählt im März
191 7). Gewiß, in diesem so langen Kriege, in dem ganz großartige Auf-
wendungen an Talent und Energie gesehen worden sind, sind manche
Männer aufgetreten, die ein schönes Verständnis in den Dienst des
Rechts gestellt haben, mag es sich nun um die Feldherrengenies wie
Joffrc, Foch, Potain, Kitchener, Douglas, Haig oder um die großen
Meister der Staatsmannskunst wie die Minister Lloyd Georges, Briand,
Cl^menceau und Venizelos handeln, aber es scheint trotz alledem, daß
die glänzendste und gediegenste dieser hervorragenden Individualitäten
Wilson war.
Sein Gewissen, das von einer einwandfreien Reinheit war, war aus-
schließlich von Idealen und Gerechtigkeit erfüllt. Erhabenheit der Ge-
danken, unerschütterliche Festigkeit in ihrer Ausführung, klare und un-
erbittliche Logik, das alles trägt dazu bei, Wilson zu einer der größten
Gestalten der Geschichte zu machen. Es war das erstemal seit Mark
Aurel, daß ein für Recht und Wahrheit erglühender Philosoph Millionen
und aber Milhonen zu leiten die Macht hatte.
Eine in einer einzigen Hand vereinte Riesenmacht, wie sie die Welt-
geschichte noch niemals gekannt hatte, und zwar erstlich, weil Nordamerika
nach Lage der Dinge der Schiedsrichter der Geschicke der Erde werden
mußte, ferner weil in den Vereinigten Staaten der Präsident vier Jahre
lang allmächtiger Herr, ja fast Diktator ist, und schUeßlich weil die per-
sönliche Autorität Wilsons dank seinem schöpferischen Genie Tag für
Tag wuchs.
Wilson bewies zuerst eine Langmut, die die Deutschen irrtümlicherweise
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 58 r
für Schwäche hielten. Die festen und gemäßigten Noten, die der Präsident
der RepubUk an sie richtete, wurden von ihnen mit zweideutigen imd
heuchlerischen Phrasen beantwortet. Zu gleicher Zeit suchten sie gegen
das amerikanische Nationalgefühl die deutschfreundlichen Sympathien des-
jenigen Teiles det amerikanischen Bevölkerung aufzureizen, der von
deutscher Abstammung war. Der deutsche Botschafter in Washington,
Graf Bernstorff, war die Seele jener stillschweigenden Verschwörung, die
auch vor dem Bürgerkriege nicht zurückgewichen wäre. Diese Mischung
von Entschuldigungen, Komplotten, Torpedierungen, Beschießungen und
Hinrichtungen erbitterte schließlich die Amerikaner derart, daß sie sich
entschlossen, den Krieg zu erklären (2. April 191 7).
Die Kriegserklärung rief in den Vereinigten Staaten eine ungeheure
Begeisterung hervor, in dem verblendeten Deutschland aber weckte sie nur
eine geringschätzige Ungläubigkeit. Die deutschen Regierungen sagten imd
glaubten auch — oder heuchelten wenigstens so — , daß Amerika keine
Soldaten hätte, und daß die Soldaten, die es hätte, niemals in Europa
landen könnten. Sie rechneten aus, daß ein amerikanisches Heer zu seiner
Bildung und zur Überfahrt über den Atlantischen Ozean zwei Jahre brauche.
Kurz, dem gewaltigen Fehler folgte eine noch gewaltigere Selbsttäuschung.
Sogleich wurde in der begeisterten und rührigen amerikanischen
Bevölkerung der Entschluß gefaßt, den Krieg mit ganzer Entschiedenheit
zu führen. Der Aufruf der Bürgerheere, der Bau der Geschütze, der Flieger
und der Maschinengewehre, die Anfertigung eines ungeheuren Kriegs-
materials, die Ausrüstung neuer Schiffe, das alles wurde mit fieberhafter
Eile betrieben.
Es kam so rasch und gut zur Vollendung, daß bereits im Juli 191 8
I 200000 amerikanische Soldaten den Ozean durchfahren hatten. General
Pershin wurde zum Generalissimus der amerikanischen Armeen in Frank-
reich ernannt.
Es war eine bewundernswerte Anstrengung, aber so bewtmdernswert
auch diese Anstrengung sein mochte, noch bewundernswerter war der
Idealismus eines großen Volkes, das ohne irgendwelche andere Sorge in
den Kampf eintrat, als mit der einen, für Wahrheit und Recht zu streiten. Kein
Anspruch auf Hegemonie oder Eroberung! Wenn die Amerikaner unter
der Führung eines Wilson, der ihr Sprachrohr war, die Waffen ergriffen
hatten, so geschah dies weder aus persönlichen Interessen noch aus Liebe
zum Ruhme, es geschah einzig und allein, weil sie der verhaßten alten
Welt des Imperialismus und des Militarismus ihr Ideal der Demokratie und
der Gerechtigkeit aufzwingen und, wie Wilson zu wiederholten Malen ge-
19 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
502 Achtes Buch.
äußert hat, einen Sieg davontragen wollten, der die schändliche Ära der
Krieg; beendigen sollte.
Das gesamte Amerika, das sich nun für den Krieg begeisterte, war von
einer großen Liebe für Frankreich beseelt. Die Amerikaner erinnerten
sich, wie sich in den ersten Tagen des Unabhängigkeitskrieges Lafayette
neben Washington gestellt hatte, um mit ihm Seite an Seite mitzukämpfen,
und überall erregte es besondere Freude, den ritterlichen Geist der Fran-
zosen von 1777 und den der Amerikaner von 191 7 miteinander zu ver-
gleichen.
Diese so energischen jungen Männer, die der Zufall der Ereignisse so
plötzlich in Soldaten umwandelte, erregten sogleich durch ihre Derbheit
und Schönheit, durch die männliche Sanftmut ihrer Haltung, durch ihren
Heroismus und ihre Ausdauer auf den Schlachtfeldern die Bewunderung
des französischen Poilu und des engUschen Tommy, die sich gewiß auf
Heroismus und Ausdauer verstanden.
Mit demselben Augenblick, mit dem Amerika in den Kampf eintrat,
wurde der Ausgang des großen Krieges ungewiß; es bedurfte schon des
ganz erstaunlichen Optimismus der Deutschen, nicht zu begreifen, daß der
Sieg für sie einfach ein Ding der Unmöglichkeit war, und daß sie langsam
dem Schicksal völhger Aufreibung entgegengingen. So versuchten sie bei
allen Illusionen, mit denen sie sich auch jetzt noch schmeichelten, denn
doch jedenfalls erst noch einmal Friedensvorschläge zu machen; diese
Friedensvorschläge aber waren so unzureichend und auch so wenig auf-
richtig, daß sie nur mit Geringschätzung aufgenommen werden konnten.
Wilson erklärte in einer großes Aufsehen erregenden Denkschrift, daß von
Frieden so lange nicht die Rede sein könne, wie nicht Belgien, Frank-
reich, Polen, Serbien vollkommene Entschädigungen gewährt, wie nicht
ferner die unterjochten Bevölkerungen (Elsaß-Lothringer, Polen, Tschechen,
Dänen, rumänischen Siebenbürger, Italiener, Jugoslawen) befreit sein,
und solange noch Adels- und Militärregierungen ihre Autorität über
ein unterdrücktes Volk behaupten würden. Das etwa ist es, was wir nach
allgemeiner Übereinkunft unter den vierzehn Programmpunkten Wilsons
verstehen.
Wenn wir nicht von jenen unheimlichen und blutigen Kämpfen ge-
sprochen haben, die sich im Anschluß an die Schlacht bei Ypern an der
Westfront entspannen, und in denen Mann gegen Mann rang, so geschah
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 683
das, weil sie im Grunde doch auf beiden Seiten beinahe ergebnislos ver-
liefen. Heftige, entschlossene Angriffe. Nicht weniger entschlossene und
nicht weniger heftige Erwiderungen. Wahre Wunder von Waffentaten. Un-
vergleichliche Beispiele von Heldenmut. Aber keines der beiden krieg-
führenden Heere vermochte in irgendeinem Augenblick einen entscheiden-
den Erfolg zu erringen.
Ein Jahr lang erfolgte kein Angriff großen Stils. Die durch die [gewaltige
Anstrengung von 191 4 erschöpften Heere suchten sich wieder zu kräftigen
und ihre Munitionsvorräte zu erneuem. Es schien jedoch, als ob die Zeit
für die Verbündeten arbeitete, wurde doch das englische Heer zusehends
stärker und die Lage Deutschlands durch die Blockade zusehends bedenk-
licher. '1
Am 25. September 191 5 gelang eine große französische Offensive, die
sogen. Champagneoffensive, unmittelbar vor Reims zunächst, wie es schien,
glänzend; in Wirklichkeit war sie in ihren Folgen höchst unfruchtbar.
Doch von allen Offensiven war die durch ihre Dauer, durch die IStärke
und die Tapferkeit der eingesetzten Truppen, durch die unglaubliche Hef-
tigkeit des Geschützfeuers mächtigste der deutsche Sturmangriff auf Verdun
unter dem Kronprinzen, dessen Generalstabschef Falkenhayn und dessen
Berater der alte Haeseler war. Verdun ist eine durch allerlei feste Punkte
(Beaumont, Douaumont, Vaux, Damloup) geschützte Festung an der Maas
und als solche gleichsam ein großes verschanztes Feldlager, das dem Maas-
tale zur Verteidigung dient. Es hat eine strategische Bedeutung ersten
Ranges. Die Deutschen, die seine Wichtigkeit bald erkannten, hatten gegen
dasselbe einen ganz furchtbaren Artilleriepark zusammengebracht; auch
warfen sie auserlesene Truppen (Stoßtruppen) vor, die in geschlossenen
Gliedern heranrückten, nachdem ihre Reihen durch die französischen
Maschinengewehre bereits stark gelichtet waren. Der Mut war auf beiden
Seiten ein heldenhafter zu nennen.
In einem Zeiträume von fünf Monaten, vom 24. Februar bis zum
I. August, forderten diese erbitterten Schlachten über 400000 Menschen
zum Opfer. Aber die Hartnäckigkeit der von Petain befehligten franzö-
sischen Truppen feierte einen vollen Triumph. Im August 191 6 mußten
die Deutschen, die Verdun schon beinahe erreicht hatten, wieder zurück
und so den bereits gewonnenen Vorsprung, der ihnen so viel Blut gekostet
hatte, wieder aufgeben.
Die Schlachten um Verdun nahmen kein Ende, trotz der kräftigen An-
griffe, die die Franzosen im Verein mit dem britischen Heere an der
19»
584 Achtes Buch.
Somme machten (i. Juli 1916). Auch leisteten die Deutschen bei Peronne
einen gleichen Widerstand wie die Franzosen bei Verdun.
Im Jahre 191 7 hatte eine neue französisch-britische Offensive schon
mehr Erfolg. Die verbündeten Truppen, die gegen Saint-Quentin anmar-
schierten, nahmen Noyon, Ham, Peronne, Bapaume und entsetzten Arras
(Schlachten an der Aisne, April — Mai 191 7).
An der italienischen Front standen nach dem italienischen Erfolge bei
iGörz lange Zeit die beiden Heiere Gewehr bei Fuß gegenüber, ohne auch
nur einen Schritt vorzurücken. Aber im September 191 7 gelang ein großer
österreichisch-deutscher Vorstoß an der venetianischen Front. Durch den
Abfall Rußlands war ein großer Teil des österreichischen Heeres frei ge-
worden, und andererseits waren die italienischen Soldaten durch allerlei
defaitistische Machenschaften beunruhigt worden, so daß sie der Stoßkraft
der feindlichen Heere nur schlecht widerstanden. Diese überstiegen den
Karst, nahmen Görz wieder und überschritten den Isonzo (Schlacht bei
Caporetto), um bis zum Piave und Tagliamento vorzudringen, nachdem
sie nahezu 200000 Gefangene gemacht hatten. Das österreichisch-deutsche
Heer bedrohte schon unmittelbar Verona, Venedig und sogar schon Mailand.
Die Verbündeten schickten den Italienern auserwählte Truppen zu Hilfe.
General Cadorna, der für das Mißgeschick Italiens mehr oder weniger
verantwortlich gemacht wurde, wurde durch General Diaz ersetzt, und
bald stießen die feindlichen Anstrengungen auf kräftigen Widerstand. Ja,
schon wenige Monate später erlaubte ein glänzender italienischer Sturm-
angriff den verbündeten Soldaten abermals, den Piave zu überschreiten
und ungefähr wieder die alte Front herzustellen.
Vom Juni 191 7 bis zum Mai 191 8 blieb die Stellung der einander
bekämpfenden Heere auf der Westfront dem Anschein nach unverändert.
In Wirklichkeit allerdings verschlimmerte sich die Lage für Österreich-
Ungarn von Tag zu Tag, sogar ohne alle Kämpfe. Der Hunger nämlich
wurde im Innern Deutschlands und vor allem auch Österreichs zusehends
heftiger. Die Lebensmittelquellen, die in der Ukraine und in Rmnänien
zu finden gehofft wurden, waren nur sehr mäßige gewesen; die Neu-
eindeckung mit Munition vollzog sich nur schwer zu einer Zeit, wo sich in
Frankreich und England der Ertrag der großen Werkstätten von Tag
zu Tag steigerte. Vor allem gab auch die Hoffnung auf amerikanische
Hilfe den Verbündeten den Mut wieder und erlaubte ihnen, geduldig
durchzuhalten, waren sie doch seit jener Zeit des schließlichen Sieges gewiß.
* *
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 585
Auch die Neutralen litten unter dem Kriege. Die Verpflegung mußte
eben überall eingeschränkt werden. Besonders war auch die Schweiz in
einer äußerst schwierigen Lage, war sie doch für Kohle ausschließlich
von der Gnade Deutschlands und für Nahrungsmittel ausschließlich von
der der Verbündeten abhängig.
Norwegen, dessen Handelsmarine eine beträchtliche ist, hatte durch
Torpedierungen und Minen viel zu leiden gehabt, und es herrschte dort
überall eine Deutschland feindliche Stimmung. Wie sollte auch in Nor-
wegen, einem im wesentlichen demokratischen und liberalen Lande, der
preußische Militarismus Bewunderung finden?
Papst Benedikt XIV. hatte von Anfang an, wie es sich für das Haupt
der römischen Klirche ziemte, seine unbedingte Neutralität verkündet. Tat-
sächlich aber war er Österreich günstig gesonnen, der einzigen Macht,
deren Regierung offenkundig katholisch war, hatten doch in Frankreich
und Italien die parlamentarischen Demokratien dem Heiligen Stuhle gegen-
über eine, wenn auch nicht gerade feindliche, so doch zum mindesten
gleichgültige politische Haltung angenommen. Selbst die ungerechte Nie-
dertretung Belgiens vermochte den Papst niemals zu bewegen, seine Stimme
zugunsten der Achtung der Gesetze, der geschriebenen wie der ungeschrie-
benen, zu erheben. Bis zum letzten Tage ist er der große Freund Öster-
reichs geblieben, der jener in die Augen fallenden Neutralität treu ist,
die auf die gleiche Karte Gerechtigkeit und Unrecht, Freiheit und Ty-
rannei setzt.
Brasilien, dessen Freundschaft für Frankreich eine überlieferte war,
stellte sich auf die Seite der Verbandsmächte und bemächtigte sich nach
ziemhch wirren Verhandlungen der internierten deutschen Schiffe, um
Deutschland gleichzeitig den Krieg zu erklären (i. Juni 1917).
Die RepubHken Südamerikas : Kuba (2. April), Panama (10. April),
Bolivia (14. April), Guatemala, Honduras, Nicaragua (Mai 191 7) waren
übrigens, dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgend, Brasilien bereits
vorangegangen. Auch China erklärte sich im Juni 191 7 für den Mächte-
verband. Argentinien, Chile und Peru blieben neutral.
In Spanien, in Holland und in Schweden war die Stimmung eine geteilte.
Im allgemeinen neigten die Konservativen und Klerikalen zu Deutschland,
während die Demokraten und Liberalen ihre Sympathien für die Verbün-
deten nicht zu verbergen vermochten. In allen neutralen Ländern war der
Hunger nach Frieden ein. äußerst brennender, sind es doch nicht nur die
Kriegführenden, die unter dem Kriege leiden; infolge der Sohdarität von
Handel, Industrie und Ackerbau, die, ob sie wollen oder nicht, alle Völker
586 Achtes Buch.
miteinander vereinigten, selbst zu der Zeit eines Krieges, der diese Völker
gar nicht zu erreichen scheint, werden von ihm alle Völker ohne Ausnahme
in ihrem Wohlbefinden betroffen.
Diese so allgemeinen Friedensbestrebungen reichten indessen nicht aus,
den Frieden wirklich herbeizuführen, und es wurde zusehends offenbarer,
daß der große Kriegskampf nur durch eine miÜtärische Entscheidung
sein Ende finden könnte.
Diese Entscheidung sollte kurz entschlossen von Deutschland herbei-
geführt werden, dessen Volksmassen vom Hunger gequält waren. In dem
durch Entbehrung von Nahrungsmitteln noch mehr geprüften und noch
heftiger den Frieden herbeisehnenden Österreich mußte der junge Kaiser
Karl den verzweifelten Todeskampf seiner verlorenen und verlassenen
Völker, ohne etwas dagegen tun zu können und eine Rettung zu wissen,
ruhigen Blutes mitansehen. Die amerikanischen Soldaten trafen in immer
dichteren Massen ein; sie mußten bald eine Million ausmachen und waren
gut ausgerüstete, handfeste Kämpfer, die die Eigenschaften für die glän-
zendsten Offensiven hatten.
Eis galt zu handeln ! Ludendorff, der eigentliche Leiter des deut-
schen Heeres, wählte als Angriffsziel den Vereinigungspunkt der englischen
und französischen Heeresabteilungen, auf den er einen Sturmangriff von
außerordentlicher Stoßkraft machte (Schlacht in der Pikardie, 21. März
1918). Trotz seiner heldenmütigen Haltung mußte das englische Heer
gleichwohl zurückgehen. Am 27. März bedrohten die Deutschen, die in-
zwischen Tergnier, Bapaume, Roye genommen hatten, die feste Stadt
Amiens, in die sie aber nicht einzudringen vermochten. Ein entschlossener
französisch-britischer Gegenangriff hemmte sie beim Vorgehen!
Trotz des neugewonnenen Geländes herrschte in Wahrheit nur völlige
Ohnmacht.
Aber Ludendorff ließ sich nicht entmutigen. Am 27. Mai brach eine
andere gewaltige Offensive von deutscher Seite zwischen Reims und
Soissons los, eine Offensive, die auch in den ersten drei Tagen wirklich
glückte. Die Truppen Ludendorffs drangen bis Chateau-Thierry vor. So
wahnsinnig, zu glauben, damit bei den Parisern erfolgreichen Schrecken
verbreiten zu können, ließen die Deutschen ihr bis zu einer Entfernung von
135 Kilometern weittragendes Geschütz, eine sogen. Dicke Berta, ihr*
tolles Spiel treiben. Es war das ein sehr geschickt konstruierter Mechanis-
mus, der alle Viertelstunden ein ungeheures Geschoß von 150 kg Gewicht
Der Vierjährige Krieg (1914— 1918). 587
auf die Stadt Paris schleuderte. Die materiellen Schäden waren beträchtlich,
der Schrecken Null. So war das eine ebenso grausame wie unnütze Maß-
nahme.
Das deutsche Heer von 1918 war nicht mehr das von 191 4; seine Stoß-
kraft erlahmte allmählich. So kam man nicht recht über Chateau-Thierry
hinaus, und nur zu bald sollten die französisch-britisch-amerikanischen
Armeen den Anmarsch der Eindringlinge hemmen: Mangin und Degoutte
bei Reims, Douglas Haig an der Somme. Die Offensive, die so glänzend
eingesetzt hatte, kam zum Stillstand, so daß eine neue Schützengrabenlinie
zustande kam, über die die Deutschen nicht mehr hinwegkamen. In der
Champagne und der Pikardie hatten sie unter furchtbaren Verlusten doch
nur etwa zwanzig Kilometer gewonnen.
Die Verbündeten hatten endlich, wenn auch etwas spät, begriffen, daß
in der Heeresleitung die Einheitlichkeit erforderlich sei. Foch war zum
Generalissimus sämtlicher Armeen ernannt worden (15. April). Potain
zum kommandierenden General der französischen Armeen. Nach der
kräftigen Defensive erhielten die militärischen Operationen einen mäch-
tigen neuen Anstoß.
Ja, schon gestalteten sich diese Operationen zu vollen Siegen aus. Bald
(im August 191 8) fand auf allen Abschnitten der Westfront ein fortgesetztes,
sich unaufhörlich wiederholendes Trommelfeuer statt, das jedesmal mit einer
Niederlage auf deutscher und einem Geländegewinn von einigen Kilometern
sowie einer Einbringung von mehreren tausend Gefangenen auf ver-
bündeter Seite endete. Die eingehende Schilderung dieser kühnen und
genialen Operationen unter Leitung von Foch, bei denen wir nicht wissen,
ob wir seine dabei bewiesene Tüchtigkeit oder den dabei bewiesenen
Mut der Soldaten mehr bewundern sollen, mag den Militärschriftstellern
und Kriegshistorikern überlassen bleiben. Ludendorff, der in diesen viel-
fachen Kämpfen beständig besiegt wurde, sah den Mut seiner Truppen
mit jedem neuen Mißerfolge mehr dahinschwinden. Seine Effektivbestände
verminderten sich, die Erneuerung des Kriegsmaterials nahm keinen
rechten Fortgang.
Abermals — es war im September 191 8 — bat der Kaiser um Frieden.
Lediglich zum äußeren Scheine nahm er die Vorschläge Wilsons an, in
Wahrheit aber machte er allerlei stille Vorbehalte, die er verschwieg und
die seine wachsende Ohnmacht außerstande war durch die Waffen zu
♦ *
unterstutzen. ^
580 Achtes Buch.
Das erste Signal wurde an der Südostfront gegeben. General Franchet
d'Esp6ray, der die Salonikiarmee befehligte, brach die lange, vielleicht
unfreiwillige Muße, zu der sich die Salonikiarmee seit mehr als zwei
Jahren verurteilt hatte. Eine glänzende Offensive führte das von fran-
zösischen, britischen und italienischen Divisionen unterstützte serbische
Heer bis vor Üsküb. Das bulgarische Heer zog sich in wilder Auflösung
zurück. Da, am 24. September 191 8, dem denkwürdigen Datum, das
den Beginn des Zusammenbruchs bedeutet, baten die Bulgaren um Waffen-
stillstand.
Dieser Waffenstillstand wurde ihnen unter folgenden strengen Bedin-
gungen gewährt : Demobilisierung des bulgarischen Heeres, freier Einzug
der verbündeten Truppen in Sofia, Beschlagnahme aller Verkehrsstraßen.
Zar Ferdinand von Bulgarien war nicht mehr an der Schlachtfront.
Er hatte sich vorsichtigerweise nach Wien geflüchtet. Ob er das wohl
tat, um dem Zorne seines betrogenen Volkes zu entgehen, oder vielleicht
auch, um die von ihm angehäuften Güter in Sicherheit zu bringen? Doch
er dankte bloß zugunsten seines Sohnes Boris ab, der auf einige wenige
Tage Zar von Bulgarien wurde, wo aber schon bald eine Republik an
seine Stelle trat.
Die Türkei, die damit von Deutschland losgerissen war, vermochte sich
nicht mehr zu verteidigen. Die vereinigten französisch-englischen Heere
drangen in Jaffa, Beirut und Damaskus ein; ein großer Teil des türkischen
Heeres in Syrien wurde gefangengenommen. Die Regierung Enver
Pascha verschwand geräuschlos. Das neue Ministerium beeilte sich, die
noch heute nicht hinreichend bekannten Bedingungen des ihm von den
Verbündeten auferlegten Waffenstillstandes anzunehmen.
Als einziger Verbündeter blieb nun Deutschland nur noch Österreich.
Aber das verhungerte, in Elend dahinsiechende Österreich wand sich in den
letzten Zuckungen. Tschechen, Polen, Jugoslawen verlangten ihre Auto-
nomie. Das dem Bündnis mit Deutschland doch gleichfalls unterworfene
Ungarn beanspruchte volle Selbständigkeit für sich. Das auf so vielen
Verbrechen, Schachergeschäften und Niederlagen errichtete alte stolze
Gebäude der Habsburger brach nun auf allen Seiten zusammen. Es war
eine Ungerechtigkeit des Schicksals, daß der hochbejahrte Franz 'Joseph
sterben durfte, noch ehe er das furchtbare Unglück, an dem kein anderer
als er selbst verantwortlich war, gesehen hatte.
Deutschland bat abermals um Frieden, und diesmal war die Antwort
der volle Sieg.
Konzentrische Sturmangriffe spielten sich in Flandern und der Cham-
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 689
pagne ab, und die amerikanischen, französischen und britischen Truppen
drangen in Lille ein und ebenso in Cambrai, Douai und St. Quentin, "wo
sie nur 'noch Verwüstung, Plünderung und Trümmerhaufen vorfanden.
An der italienischen Front, die seit langer Zeit keine richtige Schlacht
gesehen hatte, räumten die Österreicher in der gleichen Zeit das Feld fast
ohne Kampf. Einige ungarische und Tiroler Regimenter wagten hie und da
einen schüchternen Widerstand. Doch im großen und ganzen sollte der
entschlossene und eilige italienische Vormarsch nur geringem Widerstand
begegnen.
Auf allen Seiten besiegt, ohne jede Hoffnung, noch den Sieg zu erringen,
ja selbst ohne jede Hoffnung, die Niederlage auch nur noch ein kleines
Weilchen verzögern zu können, baten nun Österreich und Deutschland
beinahe im gleichen Augenblick um Waffenstillstand, und nach wenigen
Tagen der Unterhandlungen, an denen im Trentino und in Venetien wie
in Flandern und der Champagne die verbündeten Soldaten ihren siegreichen
Marsch fortsetzten, wurde auch der erbetene Waffenstillstand angenommen.
Am II. November 1918, 11 Uhr vormittags, verstummte plötzlich
auf der ganzen ungeheuren Schützengrabenlinie, die von der Nordsee bis
nach Beifort reichte, ebenso wie am Piave und am Tagliamento der gesamte
Kanonendonner. Ein dreiunddreißigtägiger Waffenstillstand sollte das Vor-
spiel des Friedens bilden.
Der größte Krieg, den je die Weltgeschichte in ihren Annalen zu ver-
zeichnen hatte, war beendet.
Die Bedingungen des Waffenstillstandes waren hart! Elsaß-Lothringen
und das ganze linke Rheinufer von den Verbündeten besetzt, ebenso wie
Triest, Budapest und Pragl
Rumänien wieder in Freiheit gesetzt, die Türkei auf Konstantinopel be-
schränkt und Konstantinopel unter dem Kanonendonner der französisch-
britischen Schiffe gehalten, das gesamte deutsche Heer gezwungen, über
den Rhein zurückzugehen und sich 40 Kilometer vom Rheine fernzuhalten,
fast die gesamte Flotte mit einem ungeheuren Kriegs- und Beförderungs-
material den Verbündeten ausgeliefert I Mit einem Wort, die Unmöglichkeit,
den Kampf noch länger aufrechtzuerhalten, es hätte sich denn noch
irgendwo in deutschen Landen ein Narr finden müssen, der bereit gewesen
wäre, einen hoffnungslosen Kampf auf sich zu nehmen!
Wie Napoleon L nach der Niederlage bei Belle-AlUance, wie Napoleon IIL
5go Achtes Buch.
nach der bei Sedan, so sollte auch Wilhelm II. nach den Schicksalsschlägen
bei Lille und Cambrai zusammenbrechen.
Da wurde in Deutschland die Republik verkündet. Bestürzt nahm der
Kaiser seine Zuflucht nach Holland. Die sämtlichen Könige und kleinen
Fürsten Deutschlands dankten ab, und im gesamten Deutschland wurde
das monarchische System durch ein republikanisches ersetzt.
Österreich aber fiel nun ganz auseinander, und die sämtlichen Völker-
schaften, die es bisher gebildet hatten und die alle ohne Ausnahme nach
Selbständigkeit strebten, erlangten sie auch.
Welches sollte nun der Friedensvertrag sein? Leider müssen wir den
Bericht der sich nun weiter entwickelnden unerhörten Ereignisse mit dem
II. November 1918 abbrechen. Soviel ist sicher, daß in jedem Fall Deutsch-
land die ganze Schwere seines verbrecherischen Irrtums wird auf sich
nehmen müssen. Es wird um die Sühne nicht herumkommen. Aber so
schwer sie auch sein wird, sie wird nicht an die Schäden heranreichen,
die es zugefügt, und noch weniger an die Verbrechen, die es begangen hat.
Ja, Deutschland allein ist es, das im Einvernehmen mit Österreich,
seinem Mitschuldigen, den Krieg gewollt hat, in dem es den Sieg erhoffte!
Die einfache Gerechtigkeit verlangt, daß es büßt und sühnt, und es wird
büßen und sühnen 1
Noch lassen sich nicht alle Verluste des Krieges abschätzen. Die Eng-
länder haben nahezu 700 000 Tote gehabt, die Franzosen etwa i 500 000,
die Italiener etwa 150000, die Serben etwa 250000, die Amerikaner etwa
80000. Welches die Verluste der Russen sind, ist einfach überhaupt nicht
bekannt. Die Österreicher haben nach annähernder Schätzung über
I 800 000 Tote gehabt, die Deutschen über 2 000 000. Es handelt sich also
annäherungsweise, da jede genaue Statistik fehlt, im ganzen um etwa zehn
Millionen Tote. Dabei rechnen wir weder die in Serbien, Armenien, Polen,
Flandern, in der Champagne und in Belgien an Hunger zugrunde gegan-
gene Zivilbevölkerung, noch die Opfer des Bürgerkrieges in Finnland und
in Rußland, noch auch die zahlreichen Säuglinge, die in den besetzten und
den ausgehungerten Gebieten schon in der Wiege gestorben sind.
Nicht zu reden von den 1 5 Millionen Verwundeter, gänzlich oder auch nur
auf einem Auge Erblindeter, zu Krüppeln Geschlagener, Hinkender, Ein-
armiger, völlig Gelähmter und von grausamen Schmerzen Gefolterter, die in
den langen Jahren eines schwierigen Daseins ihre Wunden als gleichzeitiges
Der Vierjährige Krieg (1914 — 1918). 5g I
Zeugnis eigenen Heldenmuts wie menschlicher Verirrung zur Schau zu
stellen vermögen werden!
Zehn Millionen Tote, fünfzehn Millionen Verwundete aus den tapfersten
und schönsten unter allen Jünglingen erwählt! Das sind die Kosten
dieses Krieges an Menschenmaterial. In finanzieller Beziehung wird er
auf über zweitausend Milliarden Franken zu stehen kommen, d. h. in Gold
wohl mehr, als es überhaupt im Erdinnern unseres Planeten gibt! Handel
und Industrie auf lange Jahre gelähmt! Tausende von Hektaren Landes
verwüstet, wo einst ein blühender Anbau herrschte! Große Städte, wie
Cambrai, Douai, Ypern, Loewen, Reims, Soissons, Belgrad völlig in
Trümmer gelegt! Ja, acht ganze Departements Frankreichs, und gerade
die allergesegnetsten, Serbien, Polen, Venetien zerstört, verwüstet, geplün-
dert und aus den Fugen gebracht, dermaßen, daß von ihren großen Städten
wie kleinen Dörfern oft nichts anderes übrig geblieben ist als elende Stein-
haufen 1 Und zu alledem vier Jahre lang die gesamte Menschheit in Schimpf
und Schande, Schauer und Trauer lebend! Ja, das ist der Preis dieses
Krieges !
Der in Serajewo ermordete unbekannte Erzherzog hat, so scheint es,
eine Leichenfeier gehabt, die prunkvoller war als die eines Alexanders
des Großen!
Dem so ungeheuren Zusammenbruch zum Trotze aber wird dieser vier-
jährige Krieg bald eine neue Ordnung heraufführen!
Da ist zunächst die Unabhängigkeit der bisher unterjochten Nationali-
täten. Es wird kein geknechtetes Elsaß-Lothringen, kein zerrissenes Polen,
kein ausländischen Tyrannen unterworfenes Trentino, Bosnien, Herzego-
wina, Schleswig, Slowenien, Böhmen mehr geben!
Und dann haben vor allem die Militärautokratien für immer ihr Ende
erreicht ! Es wird nicht mehr in einem prunkvollen Palaste zu Berlin, Wien,
Petersburg und Stambul ein herrlich gekleidetes Individuum leben, das in
einem Anfall von Übellaune oder Zorn die Macht haben wird, fünfund-
zwanzig Millionen Menschen zum gegenseitigen Morden zu zwingen!
Dieser blutdürstige Wahnsinn, dem das gegenwärtige Geschlecht zum
Opfer fiel, bildet die Geschichte der Vergangenheit. Die Geschichte der
Zukunft nun wird ganz anders aussehen, freilich nur, wenn wir die furcht-
baren Lehren, die uns der Krieg gegeben hat, auszunützen wissen werden I
692 Achtes Buch.
Hätte die Errungenschaft der Völkerfreiheit nicht auch mögUcherweise
gewonnen werden können, ohne daß sich Fluten unschuldigen Blutes
oder unverdienten Kummers ergossen hätten? Ja, vielleicht! Vielleicht!
Doch die Geschichte zeigt uns, daß auch der menschliche Fortschritt dem
Kinde gleich niemals anders zur Welt kommt als im Schmerze!
So werden wir auch trotz aller der Opfer ohne Zahl, die dieser Krieg
erheischt hat, dieses Buch noch ganz so, wie vidr es einst im Juli 191 4
taten, mit Worten der Hoffnung und des Vertrauens abschUeßen! Wer
kann wissen, ob nicht aus diesen blutigen Trümmern eine neue, weniger
unvernünftige Welt erstehen wird ? Wer kann wissen, ob nicht
die ruhmvollen Toten der Jahre 191 4 — 191 8 zukünftigen Geschlechtern
eine glückliche Zukunft eröffnet haben, die weniger düster sein wird, als
es die an Schmerzen so reiche Vergangenheit des Menschengeschlechts war ?
^93
NAMEN- UND SACHREGISTER
Wegen der durch Papiemiangel verursachten häufigen Umbrüche in den Korrekturbogen im
Laufe der Drucklegung mag sich an einzelnen Stellen das Schlagwort auf eine der angege-
benen vorhergehende oder folgende Seite beziehen. Der geneigte Leser wird wegen der
dadurch veranlaßten etwaigen kleinen Bemühung um Entschuldigung gebeten
Aachen 119. 240. 262. 269.
Abassiden 115.
Abbas II. Hilmi Pascha
439-
Abbes s. Äbte.
Abdankung des Königs
Louis (Bonaparte) von
Holland 330.
Shogun in Japan
468.
Abdankungen s. Thron-
verzichte.
Abdankungsversuch Na-
poleons I. zugunsten
seines Sohnes 339.
Abd-ar-Rahmän 114. 156.
Abd-el-Kader 384. 388.
Abd-ul-Hamid 279.
Abendland s. Okzident.
Abendländische Bildung
270/271. 503.
Abendmahl s. Heiliges
Abendmahl.
„'Abenteuer Robinson Cru-
soes" 275.
Abenteurer amerikanische
266.
— der Welt 441.
— englische 441.
— französische 426.
— kapländische 441.
— s. auch Kriegsaben-
teurer.
— Politik in Mexiko 410.
Aberglaube
christlicher 99. 181.
karthagischer 71.
orientalischer 27.
römischer 65.
russischer 255.
Abessinien 7. 435.
Abessinier 449.
Abfall Belgiens von Hol-
land s. Unabhängig-
keitsbewegung Belgiens.
Abfall Bernadottes vonNa-
poleon I. 336.
Abfall der Niederlande
197—199.
— — südamerikanischen
Kolonien vom spani-
schen Mutterlande 356
bis 358.
— Murats von Napoleon I.
336.
Abgaben 127. 138. 140.
146. 168. 175. 197. 214.
215. 281. J29. 335. 345.
346. 384. 475. 509.
Abgeordnete 138. 288.
289. 293. 294. 297. 308.
312. 316. 354. 365. 386.
388. 389. 415. 422. 442.
Abgeordnetenhaus preu-
ßisches 415.
— kammer französische
338. 339- 344- 352. 354.
384. 418. 426. 439.
— kandidaturen mit amt-
licher Genehmigung
389-
— wählen 426.
„Abhandlung über die
Methode" s. „Discours
de la methode".
„Abhandlung über die
Vergehen und die Stra-
fen" s. „Trattato dei
delitti e delle pene".
Abhängigkeit der interna-
tionalen Abrüstung vom
allgemeinen Schiedsge-
richtszwang 488/489.
— politische, militärische,
finanzielle Südamerikas
von Nordamerika 474.
— sverhältnis der ein-
zelnen deutschen Bun-
desstaaten nach dem
preußisch - österreichi-
schen Kriege 416.
Abholzung des sibirischen^
Waldbestandes 452.
Abhorrers 227.
Ablaßbriefe 153.
Ablaßhandel 153. 179.
Ablehnung der Wagner-
schen Oper in Paris
433-
Ablenkung der Magnet-
nadel 373.
Abolition 406. 410. 519.
Abolitionisten 406. 410.
Abplattung der Erde s.
Polare Erdabplattung.
Abraham (Erzvater) 17,
20. 110. III. 117.
Abraham (Ortschaft) 267.
Abrundung natürliche des
englischen Besitzes in
Indien 457.
Abrüstung allmähliche
internationale s. Inter-
nationale allmähliche
Abrüstung.
Abschaffung der Adels-
privilegien in allen mo-
dernen Staaten 491.
— — — in Japan 468.
— — Getreideeinfuhrzölle
in England 372.
— — Königlichen Ge-
heimen Verhaftsbefehle
in Frankreich 267.
Privilegienwirtschaft
294. 491.
— — Sklaverei s. AbO'
lition.
Todesstrafe 275.
— — Zensur 216.
— des englischen Ober-
hauses 224.
594
Namen- und Sachregister
Abschaffung d. Krieges b.
Beseitigung d. Krieges.
Abschaffung, s auch Aufhe-
bung, Beseitigung
Abschied Napoleons I. v.
seiner Leibgarde 340.
Abschüeßung der Einhei-
mischen von den Euro-
päern in Ägypten 13.
56. 539-
Abschließung der Einhei-
mischen von den Euro-
päern in China 13. 463.
539.
Indien
459-
Abschluß natürlicher s.
Abrundung.
Absinth 533.
Absolutes Regiment 352.
356. 396. 398. 419- 422.
456. 465. 467. 474. 491.
— — der Herrscher im
17. und 18. Jahrhundert
in England 219 — 228.
537.
in Frankreich 214. 232
bis 234. 238 — 247.
537.
in Österreich 260. 537.
277. 537-
in Preußen 277. 537.
in Rußland 254 — 257.
277. 281. 537.
in Spanien 234 — 235.
537-
Absolutismus 52. 53. 169.
174. 175. 210. 215/216.
219. 224. 227. 228. 230.
236/237. 240. 247. 256.
261. 267. 273. 280. 290.
295- 297. 312. 317. 318.
339- 345- 347-352. 353-
355- 356. 361. 363- 382.
389- 390. 392. 393- 396.
399. 402. 417. 418. 419.
422. 465. 467. 485. 491.
536. S. auch Minister-
absolutismus, Minister-
autokratie.
Absolutistisches Regie-
rungssystem s. Absolu-
tes Regiment.
Absorbierungskraft der
Blutgefäße 376.
Absperrungsnotwendigkeit
chinesischer Arbeit 465.
Abstinenzbewegung 533.
Abstraktionen 368.
Äbte 484.
Abteien 125.
Abtretung Beßarabiens
von Rumänien an Ruß-
land 479.
— Ceylons an England
347-
— der Jonischen Inseln
an England 347.
Abtretung der Mandschu-
rei von China an Japan
nach dem Chinesisch-
japanischen Kriege 453.
469.
Philippinen an die
Vereinigten Staaten von
Nordamerika 470.
— eines Teiles der Mand-
schurei nach dem Chi-
nesisch-japanischen
Kriege 469.
— Elsaß-Lothringens an
Deutschland 425. 426.
— Finnlands und Polens
an Rußland 347.
— Formosas an Japan
nach dem Chinesisch-
japanischen Kriege 469.
— Hong-kongs an Eng-
land 466.
— Kaliforniens an die
Vereinigten Staaten
von Nordamerika 406.
— Kaplands an England
347.
— Neu-Mexikos an die
Vereinigten Staaten
von Nordamerika 406.
— Pong-hus an Japan
nach dem chinesisch-
japanischen Kriege 469.
— Portorikos und Kubas
an die Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 470.
— : Salonikis und eines
Teils von Epirus sei-
tens Serbiens an Grie-
chenland nach dem
Zweiten Balkankriege
482.
— Texas' an die Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 406. 411.
Abukir 313. 322.
Abwanderung der Land-
bevölkerung in die
Städte 494. 497.
— — weißen Rasse Süd-
amerikas 359.
— englische in die Groß-
städte 494.
Abzeichen der römischen
Kaiser seit Konstantin
lOI.
Academie des Sciences zu
Paris 250/251.
Academie frangaise 216.
Achäer 33. 54. 55.
Achäischer Bund 56.
Achaja 94.
Achilles 32. 33. 50. 118.
Achtstündiger Normal-
arbeitstag in Austraüen
und Neuseeland 473.
Ächtung der europäischen
Kriegspolitik in China
465.
Achtung vor dem Leben
461 Anm. 462 Anm.
Ackerbau 4. 193. 255. 385.
441. 445. 463. 465. 493.
494-
— niederlassungen
s. Bauernkolonien.
Ackerbauervölker im Ge-
gegensatz zu Krieger-
völkern 465.
Agoka 461 Anm.
Acta eruditorum 250.
Adam (Samuel) 282.
«.Adam Beday> 379.
Adam (und Eva) 17. 20.
Addington 320. 321.
Adel, Adlige (Edelleute;
usw. 121. 124. 125. 126.
128. 137. 138. 140. 142.
145. 146. 147. 172. 179.
180. 181. 182. 186. 189.
190. 197. 204. 207. 208.
214. 215. 222. 223. 227.
231. 233. 239. 247. 255.
257. 261. 267. 278. 285.
288. 289. 293. 294. 307.
341. 353. 369. 384. 394.
402. 505.
Adelsherrschaft s. Aristo-
kratie.
— hierarchie 215.
— Privilegien 126. 127.
128. 207. 214. 247. 255.
278. 288. 289. 293. 294.
394. 467. 468. 491.
Namen- und Sachregister
595
Adelsrebellion 214.
Ädilen 61.
«Adler-» (Drama) 330 Anm.
Adler Kaiserliche franzö-
sische 342.
Admiräle 259. 284. 312.
313. 320. 322. 460.
Adresse der Zweihundert-
einundzwanzig 353.
Adrianopel 362. 476. 482.
Adriatisches Küstenland
329. 401.
Adriatisches Meer 70. 97.
134. 329- 399-
Adua 450.
Aeronautik, ihre Ge-
schichte 171. 513 — 515.
— (einschließl. Aviatik;
in den Vereinigten
Staaten von Nord-
amerika 515.
in Deutschland 513/514.
514. 515 Anm.
in England 514. 515.
in Frankreich 513. 514.
515-
in Italien 171. 514.
— im Dienste des Krieges
490- 514-
Aeroplane 514. 515. 516.
S. auch Flieger.
Aeroplan, sein mathema-
tisches Problem 514.
515-
— sport 515.
Aetius 104.
Afghanen 456. 458.
Afghanisch 457.
Afghanistan 452. 456. 457.
459- .
Afghanistans Bündnis mit
England s. Englisch-
afghanisches Bündnis.
Afghanistanexpeditionen
Englands 456 — 457.
Afrika 22. 23. 70. 71. 72.
73. 84. 97. 100. 103.
106. 108. 113. 115. 116.
135- 159- 162. 164. 167.
201. 202. 312. 344. 384.
406. 412. 413. 435. 437.
439. 440. 443. 444. 446.
447. 448. 449- 450- 451-
459. 472. 474. 498. 510.
Afrikaforschung s. Er-
schließung des Innern
Afrikas.
Afrikander 441.
Afrikaneger 4. 498. 501.
S. auch Neger.
Afrikanerwelt 436.
Afrikanisch 487. 498.
Afrikanische Eingeborene
435- 436. 448. 504-
— Eisenbahnverkehrspro-
jekte s. Eisenbahnver-
kehrsprojekte f. Afrika.
— Kolonialkriegführung
436—437-
— Kolonialpolitik 487.
Afrikanische Krieger-
stämme s. Krieger-
stämme in Afrika.
— Negerrepublik s. Li-
beria.
— Ostküste 450.
Afrikanischer Krieg
Frankreichs s. Algeri-
scher Feldzug.
Afrikanisches Klima s.
Klima afrikanisches.
— Küstengebiet 406.
Afrika-Seuchen 435. 436.
447- 449-
Ägäische Inselwelt 481.
Ägäisches Meer 22. 23.
33. 134. 481.
Agamemnon 32. 117.
Agglutinierende Spra-
chen 461.
Agora 38.
Agrarbevölkerung 369.
493- 496.
— gesetzgebung
altrömische 62. 63. jj.
australische 473.
russische 402.
Agrarier tum 497.
Agrigent 37.
Ägypten, Ägypter, Ägyp-
tisch 5. 7 ff. 17. 19. 20.
21. 22. 23. 24. 25. 27.
28. 29. 34. 40. 45. 51.
54. 56. 59. 68. 80. 81.
91. 94. 95. 100. 113.
114. 133. 134. 135. 199.
313. 314. 320. 382. 383.
413. 435- 436. 439- 440.
443- 444- 445- 449- 450-
499- 501- 535-
Ägypteraufstände in Kairo
439-
Ägyptische Anleihewirt-
schaft 439.
— Armee 440.
Ägyptische Feldzüge nach
Lybien, Nubien, Äthio-
pien in alter Zeit 14. 535.
— Händel Ludwig Phi-
lipps 382. 385.
— Nationalpartei 439.
Ägyptischer Befreiungs-
krieg gegen die Türken
382.
— Feldzug Bonapartes s.
Bonapartes Feldzug
nach Ägypten.
Ägyptischer Zwischenhan-
delsverkehr 439.
Ägyptische Schrift 13.
Ägyptologisches Institut
314.
Ahnenkult s. Totenkult.
Ahriman 27. 45.
„Aiglon" 330 Anm.
Aigos Potamoi 47.
Aischa 114.
Ajax 32.
Akademien 261. 277. 510.
Akademie der exakten
Wissenschaften zu Pa-
ris s. Academie des
Sciences.
Akademie der Wissen-
schaften
Berliner 261.
Leipziger 250.
Pariser 250.
Petersburger 256.
Akademie zu Leipzig 250.
Akademische Legion zu
Wien 394.
Akadien 246. 265. 267.
281.
Akbar 268.
Akropolis 43.
Aktien 257.
Aktium 68. 81.
Akustik 430.
Akustische Gesetze 430.
Alabama (Schiffsbezeich-
nung; 487.
'Alabamafrage 486.
Alah iio.
Al^n II. 270.
Alamannen 102. 103. 106.
Alarich 103.
Alaska 151. 164. 406.
Alaskas Ankauf von Ruß-
land durch die Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 406.
596
Namen- und Sachregister
Alba (Herzog von; 197.
Albaner (Bewohner von
Alba longa) 61.
Albanesen (Bewohner von
Albanien) 382. 482.
Albanesisch, Albanesische
Sprache und Literatur
482.
Albanien 481. 482.
Alberoni 258. 259.
Albertsee 438.
Albigenser 136. 151.
Albinus 93.
Albuminurie 527.
Albuquerque 163.
Alchimie 524.
Alembert (d') 272. 274.
Alesia 79.
Alexander der Große 26.
29. 43. 49 ff. 56. 70.
75. 79. 105. 116. 252.
261. 313.
Alexander I. (Zar) 322.
324. 328. 329. 331. 332.
339- 340- 341. 342. 360.
361. 362.
Alexander II. (Zar) 397.
402. 403. 478.
Alexander III. (Alexan-
dro witsch) (Zar) 485.
Alexander Fürst von Ru-
mänien 476.
Alexander VI. Borgia
(Papst) 169. 172. 173.
Alexander VII. ( Papst;
238.
Alexander Farnese Prinz
von Parma 198.
Alexandria 51. 56. 57. 95.
113. 115. 255. 313. 383.
439- Sil-
Alexei (Sohn Peters des
Großen) 256.
Alexei (Zar) 236. 237. 253.
Alexe jewitsch (Sohn des
Alexei) s. Peter der
Große.
Alfred der Große 128.
Algebra 195. 218. 249.
Algerien 383. 384. 385.
435- 444- 446. 449- Soi-
503-
Algerier 384. 385. 499.
Algerisch, Algerische
Sprache und Literatur
s. Arabisch, Arabische
Sprache und Literatur.
Algerische Gebirgs-
stämme 384.
Algerische Kammerde-
batte zu Paris 384.
Algerischer Adel 384.
— Feldzug 383—384. 385.
Algerische Sitten 385.
Algier (Land) s. Algerien.
385. 444. 445. 446.
— (Stadt; 241. 383. 384.
421. 435.
Alhambra 115.
Alighieri (Dante) 32. 149.
247. 378.
Alkalische Erden 349.
Alkaloide 527.
„Alkeste'' (Drama) 44.
Alkohohen 430. 448. 533.
Alkoholismus 359. 406,
427. 448. 466. 533.
Alkoholproduktion und
-ausschank, ihre not-
wendige staatliche Re-
gelung 533.
Alle (Flüßchen) 324.
Allgemeine Gleichheit s.
Gleichheit allgemeine.
Allgemeine Mobilisierung
490.
— Physik s. Mechanik u.
Statik.
— Physiologie
in Deutschland 376.
427.
in Frankreich 429.
Allgemeines Stimmrecht
s. Allgemeines Wahl-
recht und auch Plebis-
zit.
— Wahlrecht
in allen europäischen
Staaten 491. 492.
in Deutschland 393.
491.
in Frankreich 387. 388.
425. 427. 491.
in Österreich 394. 491.
Allgemeine Volksbildung
368. 492. 493. 519.
— Volksschule s. Schul-
pflicht.
— Zoologie in England
428.
Allherrschaft der Natur-
wissenschaften 368.
— des Papstes s. Omni-
potenz des Papstes.
AUia 69.
Alliiertenheere der Fran-
zösischen Republik nach
der Großen Revolution
298 — 299.
— im Ersten Balkan-
kriege 481.
Europäisch - chine-
sischen Kriege 466.
— — Krimkriege 397.
— — Russisch-türkischen
Kriege 478.
— in den preußischen
Freiheitskriegen 337.
339- 344-
Alliiertenheere Napoleons
I. bei seinem russisch.
Feldzuge 332.
Alliiertenheer im Kriege
Frankreichs und Sar-
diniens gegen Öster-
reich 399.
Alliierte Herrscher des
Wiener Kongresses 360.
— — Herrscher (Mon-
archen) in den preu-
ßisch. Freiheitskriegen
339- 340. 341. 342. 347.
Alma (Schlacht bei) 398.
Almagro 167.
Allmacht der römischen
Kirche 124 — 126. 536.
— päpstliche s. Omnipo-
tenz des Papstes.
Alpen 72. 300. 304. 319.
515-
Alpenübergang (militäri-
scher) Bonapartes 319,
— Hannibals 72.
Alphabet 20. 23. 463/464
468. 535.
Altägyptische Astrono-
mie 12.
„Altar des Vaterlandes",
Erste Anwendung des
Ausdruckes 293.
Altchinesische Astronomie
12.
Alte Gesellschaftsordnung
366.
— Ordnung s. Reaktion
und Konservativismus.
Alter Reichtum Indiens
458.
— — Javas und der an-
deren Sundainseln 474.
Namen- und Sachregister
597
Altersversicherungsgesetz -
gebung s. Invaliditäts-
u. Altersversicherungs-
gesetzgebung.
— — kassen 497.
Altertum klassisches 30 ff.
171. 172. 177. 360. 361.
362. 406. 450. 476. 484,
493- 494- 530. 531-
Altes Testament in.
Älteste Steinzeit (Oolith-
formation) i.
Altfranzösisch, altfranzö-
sische Sprache und Li-
teratur ii8. 126. 141,
147-
Altgriechenland, Altgrie-
chisch usw. s. Griechen-
land, Griechisch usw.
Altmexiko 164 — 167.
Altperu 167.
Aluminium 375. 430. 514.
— gerippe halbstarr an
den Zeppelinen 514.
Amalekiter 18.
Amasis (Ahmosej 14.
Amboise 177.
Ambrosius loi.
Amerigo Vespucci
s. Vespucci Amerigo.
Amerika 58. 155. 158.
161. 162. 163. 164. 167.
196. 215. 221. 246. 257.
265. 266. 267. 268. 272.
284. 367. 401. 403. 405.
406. 407. 436. 470. 507.
— dampf er 512.
„Amerika den Amerika-
nern r 357. 405.
Amerika in Asien 470.
Australien 471.
— neger 501.
Amerikaner 221. 282. 283.
366. 376. 405. 470. 471.
522.
S. auch Nordamerika-
ner.
— tum 405.
Amerikanisch 283. 484.
— , Amerikanische Lite-
ratur 407.
Amerikanische Ableh-
nung der Monarchie
404.
— Inselgesellschaft 215.
Amerikanischer Antimili-
tarismus 404/405.
Amerikanische Rasse 163.
164.
Amerikanischer Bürger-
krieg s. Sezessionskrieg
amerikanischer.
Amerikanische Regierung
504.
— Republik
s. Vereinigte Staaten
von Nordamerika.
Amerikanischer Kongreß
in Panama 359.
— Unabhängigkeitskrieg
s. Nordamerikanischer
Unabhängigkeitskrieg.
Amerikanisches Aben-
teurertum s. Aben-
teurer amerikanische.
— Bürgerrecht 410.
Amerikanische Schiff-
fahrt s. Schiffahrtsge-
sellschaften und Bin-
nenschiffahrt.
Amerikanisches Felsenge-
birge 405.
— Ländergebiet 357.
— Republikanertum 404.
— Wahlrecht 410.
Amerikanische Traditions-
losigkeit 404.
— Urbevölkerung
s. Uramerikaner.
— Vorurteilslosigkeit 404.
— Zeitungsflut 492.
Amerikanisierungsprozeß
rascher an den Aus-
ländern in den Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 473.
Amerikanismus
s. Panamerikanismus.
Amiens 132. 141. 320.346.
Ämilius Paulus 55.
Ammon 5 1 .
Ammoniak 430.
Amoriter 18.
Amoy 466.
Ampere (Andr6-Marie)
373- 374-
Ampere (Elektrische Mas-
seneinheitsbezeichnung;
374.
Amru 53. 58. 113.
Amsterdam 199. 218. 231.
495-
Ämterbesetzung unter
Karl X. in Frankreich
353.
Amtlicher diplomatischer
Auslandsverkehr in Tu-
nis und Marokko 444.
Amtseinsetzung der Geist-
lichkeit s. Ordination.
Amtsentsetzung unter dem
Konsulat Napoleon Bo-
napartes 317.
Amulette 64.
Amur 452.
Amurskij (Ehrender Bei-
name) 452.
Analphabeten in Rußland
und Spanien 492.
Analyse des Harnstoffes
375-
Analysis (Analyse; mathe-
matische (geometrische;
195. 217. 448.
Analytische Geometrie
s. Analysis (Analyse).
Anam 460.
Anamiten 460.
Anarchie (System) 175.
236. 271. 272. 277. 300.
306. 307. 318. 384. 410.
411.
Anarchie (Willkür;
afrikanische 451.
altgriechische 58. 536.
auf Kuba 470.
auf den Antillen 161.
indische 271.
marokkanische 445,
russische 456.
türkische 475.
universelle 485. 486.
488. 496. 509. 538.
Anarchie zwischenstaat-
liche s. Zwischenstaat-
liche Anarchie.
Anästhesie 376.
Anatomie
in Frankreich 349. 350.
in Italien 171.
Anaxagoras 46.
Anaximander 46.
Ancre (Marquis d') 213.
Andachtsgegenstände 185.
Andalusien 156. 157.327.
335-
Anden s. Kordilleren.
Andrassy (Graf, Minister-
präsident von Öster-
reich) 482.
Andrea del Sarto
s. Sarto.
20 Rlchet, Geschichte der Menschheit, iL
598
Nameiir und Sachregister
Andrözieux 366.
„Andromache" (Drama-
titelj 246.
Äneas 33.
Äneis 2)3- 83.
Anerkennung der Fran-
zösischen Repubhk 304.
— — Oberherrschaft Ita-
liens über Tripohs
durch die Türkei 450.
— — Unabhängigkeit
Ägyptens 383.
— — — Montenegros
durch die Großmächte
477-
— — — Transvaals und
Oranjefreistaats 441.
— des Howakönigs als
König von gesamt Ma-
dagaskar durch Napo-
leon III. 449.
— Montenegros als selb-
ständiges Fürstentum
477.
— und Bestätigung der
Unabhängigkeit der
Vereinigten Staaten von
Nordamerika 283. 284.
— — — des Kon-
gostaates 437.
Angeberei 5. Denunzian-
tentum.
Angebot vergebliches der
deutschen Kaiserkrone
an Friedrich Wilhelm
IV. 393. 394.
Angeles (Los;
s. Los Angeles.
Angelico 150.
Angeln 102. 106. 128.
Angelsachsen 128. 129.
130. 142.
Angelsächsisch 130. 147.
Angelsächsische Mächte-
gruppe der Gegenwart
474-
Angelsächsisches König-
reich 128.
Angers 302.
Angewandte moderne
Wissenschaft, beson-
ders Naturwissenschaft
510, 521, 522, 523, 524.
Anglikaner 216.
Anglikanische Kirche 184
bis 186. 327.
Angio- Amerikanisch,
anglo-amerikanische Li-
teratur 407.
Angola 438. 450.
Angoul^me (Herzog vonj
356.
Angriffspolitik
s. Eroberungspolitik u.
auch Kriegspolitik.
Angromeinyus 27.
Anhänger des englischen
Königs s. Royalisten.
Anilin 430.
Anilin-Derivate 430.
Anjou 137. 184. 245. 258.
Ankauf Lousianas durch
Napoleon I. '405.
— nordamerikanischer
Alaskas von Rußland
406.
— — Floridas von Spa-
nien 405.
Anlaß äußerer des
Deutsch - französischen
Krieges 418 — 420.
*— — — Russisch-japani-
schen Krieges 453.
Anlehnung Englands an
Frankreich und Ruß-
land 483.
Anleihe Frankreichs unter
Ludwig XVI. 287.
— Rußlands im Ausland
s. Auslandsanleihe Ruß-
lands. ,
— — in Frankreich 483.
— System in den Staaten
287. 439- 509-
S. auch Ägyptische An-
leihewirtschaft.
Annäherung der Mensch-
heit durch den Inter-
nationalismus 510.
Anna Iwanowna (ZarinJ
256. 259.
„'Anna Karenina" (Ro-
manj 432. 520.
Anna Königin von Eng-
land 258.
Anna von Österreich 232.
Annexion Belgiens durch
Holland 347.
— Birmas durch Britisch-
indien 459.
— Bosniens und der Her-
zegowina durch Öster-
reich-Ungarn 479.
Annexion Zyperns durch
England 479.
— der beiden König-
reiche Sizilien und des
Königreichs Neapel
durch das Königreich
Sardinien (Piemontj
400.
— — gesamten Man-
dschurei durch Japan
(nach dem Chinesisch-
japanisch. Kriege) 469.
— — Großherzogtümer
Toskana und Emilia
durch das Königreich
Sardinien (Piemont;
399-
mexikanischen Pro-
vinz Kalifornien durch
die Vereinigten Staaten
von Nordahierika 406.
— Neu-Mexiko
durch die Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 406.
— — — — Texas durch
die Vereinigten Staaten
von Nordamerika 406.
411.
— — Südafrikanischen
Repubhk durch das
Britische Reich 443.
— des Königreichs Berg
s. Annexion Westfalens
— Hannovers, Kurhessens
und der Freien Reichs-
stadt Frankfurt durch
Preußen 417.
— Finnlands durch Ruß-
land 331.
— Floridas durch die Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 358.
— Genfs durch das Fran-
zösische Direktorium
— Genuas durch das Kö-
nigreich Sardinien 347.
und Liguriens durch
Frankreich 321.
— Hollands durch Frank-
reich 330.
— Itahens durch Frank-
reich 331.
— Koreas durch Japan
(nach dem chinesisch-
japanischen Kriege)
469.
Namen- und Sachregister
Annexion Korsikas durch
Frankreich 308.
— Mühlhausens durch
Frankreich 314.
— Oldenburgs durch
Frankreich 331.
— Piemonts durch Frank-
reich 314. 320.
— Spaniens durch Frank-
reich 330.
— Venedigs durch Öster-
reich 311. 347.
— Westfalens (nebst Berg;
durch Frankreich 331.
— ssystem 279. 292. Nach-
trag 298. 307. 308. 311.
314. 316. 323. 330. 331.
S. auch Ländergier.
Anorganische Chemie 420
528. ^
Anpassung der Arten
s. Natürliche Zuchtwahl.
Anschlüsse der Trans-
sibirischen Bahn nach
Port Arthur (von Muk-
den und Wladiwostok)
453.
Ansiedler s. Kolonisten.
Ansiedlergefahren einstig-e
498.
Ansiedlungsstätte (franzö-
sische in Algerien) 385.
Antagonismus französisch-
deutscher 121.
Antananarivo 449.
Antediluvianische Men-
schen und Tiere i 195
350.
Anthropomorphismus 3.
Antialkoholismus der Chi-
nesen 463. 465.
Antialkoholistische Bewe-
gung s. Abstinenzbewe-
gung, Temperenzlertum
und Trinkerrettungs-
heimbewegung.
Antibes 341.
Antibureaukratismus 261
286.
Antiimperialismus in den
Vereinigten Staaten von
Nordamerika 405.
AntiinterventionspoHtik
Nordamerikas 405.
S. auch Monroedoktrin
und Nichteinmischungs-
pohtik.
Antiklerikahsmus 345.-
20*
Antikonservatismus der
Arbeiterschaft 369.
Antiliberalismus 356. 392.
393- 415-
Antillen 161. 162. 164.
167. 196. 201. 231. 244
268. 472. 474.
Antillen (Große; 470.472.
Antillenmeer
s. Karibisches Meer.
Antimilitansmus unter
Friedrich dem Großen
261.
— chinesischer 462.
Antiochia 89. 95. 132
^33-
Antiochus 7^.
Antiparlamentarismus der
187 1 er Pariser Com-
mune 426.
Antipathie der bürgerli-
chen Regierungen ge-
gen internationale Welt-
anschauungen 518.
Antirevolutionäre Gesin-
nung der einstigen
iiordamerikanischen An^
Siedler 404.
Antiroyalistischer Protest
unter Karl X. von
Frankreich 353.
Antiseptisches Verfahren
529.
Antivari 479.
Antiwagnerianertum 433.
Antonine 92. 93.
Antonius 58. 68. 77. 81.
85. 92. 93-
Antwerpen 154. 197. 199
231- 364.
Anwälte 353. 386. 424.
Anziehungskraft der Erde
231. 250.
Sonne 231. 250.
Apenninen 121. 148.
Aphrodite 41.
Apisstier 9.
Apollo 37. 50.
Apostatentum 100/ loi
156. ' '
Apostel (Jünger) 88. 89.
III. 112. 268. 433. 461.
520. S. auch Prophet.
Apotheose der Vernunft
302.
— von Herrschern 506.
S. auch Herrscheranbe-
tung.
^99
Apparatensammlungen
wissenschaftliche 534.
Appomattox 410.
Aquae Sextiae ■;■/.
Äquator 165.
Aquilonia 69.
Aquino 218.
Aquitanien 117.
Ära s. Zeitrechnung.
Araber s. Arabien.
Arabertum 115. 151 1C7
199.
Arabeske 150.
Arabien und Araber 17.
19- 25. 40. 110. III,
113. 114- 115. 116. 117.*
131. 135- 151. 156- 156.
162. 185. 195. 384. 436.
444- 45°- 452. 487.
Arabi Pascha 439.
Arabisch 139. 151 11-7
158.
Arabisch, Arabische
Sprache und Literatur
113. 115- 385-
Arabische Eingeborene
487.
— Hochschulen 115
115.
Arabisch-französisches
Kolonialreich 385.
Arago 348. 349. 387.
Aragonien 156.
Aralsee 456.
Arbeiterausstand s. Streik.
Arbeiterbewegung mo-
derne in Stadt und
Land 493—498.
Arbeiterfragen 369 — 371.
— freizügigkeit 498.
— gesetzgebung 497.
— gewinnanteile 497.
— Interessen 370.
— klasse 370. 497.
S. auch Arbeiterschaft.
— koalition 496.
— Partei in England 496.
— psyche 370.
— Schaft (Arbeiterstand;
172. 290. 339. 353. 366.
369. 370. 386. 387. 394.
420. 442. 465. 473. 497.
S. auch Arbeiterklasse.
— Schiedsgericht 473.
497.
6oo
Namen- und Sachregister
Arbeiterschutzgesetzge-
bung in Australien und
Neuseeland 473.
— — — den modernen
Staaten 491. 497.
— — — England 371.
— viertel 370,
— wohnungselend 371.
— Wohnungsgesetzgebung
497-
— Wohnungsnot 371.
Arbeitgeberschaft 473.
497-
Arbeitseinstellung
S. Streik.
— kräfte in Nordamerika
s. Nordamerikanische
Arbeitskräfte.
— lohn 371. 473-. 494- 506.
S. auch Städtische Ar-
beitslöhne und Länd-
liche Arbeitslöhne,
— losigkeit 371.
— niederlegung s. Streik.
— willigenrecht 496.
Arbela 52.
Are s. Johanna von Are.
Are de Triomphe 380.
Archangelsk 254.
Arehimedes 46. 47.
Architektur
ägyptische 5. 11. 13.
altamerikanische 165.
166. 535.
byzantinische 150.
chaldäische 15. 535.
christliche 99. 109. 125.
141. 150.
französische 177. 249.
380.
griechische 43. 141. 171.
internationale moderne
433-
italienische 171. 172.
177.
mittelalterlich-arabischei
(sarazenische; 115.
150.
Archive preußische 292
Nachtr.
— s. Landesarchive.
Archonten 38.
Archole 310.
Ares 536.
Argentinien 167 357 Anm.
358. 359- 470. 472. 487.
S. auch Argentinische
Repujjlik.
Argentinier ihre verhält-
nismäßige europäische
Rassenreinheit 472.
Argentinische Rupublik
357 Anm. 359. 470. 487.
498. 500. 501.
Argos 36. 69.
Arianer loi.
Arianertum 100. 103. 181.
Arier 26.
Aristokratie 247. 467. 509.
Aristokratisch 181. 223.
229.
Aristophanes 44 mit Anm.
59 Nachtrag. 203. 205.
248.
— seine Gegnerschaft
gegen Kriegs- und
Machtpolitik 44 mit An-
merk. 59 Nachtrag.
Aristoteles 48. 50. 52. 83.
154. 170. 218. 350.
Aristotelismus 218.
Arius ICD.
Armada 201. 202. 204.
205. 231.
Ärmelkanal 79. 515.
Armenien, Armenier, Ar-
menisch 23. 24. 26. 96.
113. 455. 478. 479.
Armeniermetzeleien 456.
S. auch Gemetzel.
Armenisch, Armenische
Sprache und Literatur
455-
Armenische Christen in
der Asiatischen Türkei
458.
— Geschichte 455.
— Greuel s. Armenier-
metzeleien.
— Sitten 455.
Armenisches Volkstum
s. Nationales Volkstum
der Armenier.
Armorika 79.
Arques 192.
Arsen 531.
Artillerie 145. 168. 175.
337- 363. 399- 421. 422.
443- 490-
Artillerist 309.
Artois (Landschaft und
Provinz) 211. 234.
Artois (Graf von; 295.
Artus 128.
Ärzteberuf
altmexikanischer 165.
Ärzteberuf britisch-afrika-
nischer 438. 447.
französischer 216.
nordamerikanischer 281.
spanisch-jüdischer des
Mittelalters 157.
Ärztliche Stationen in Bri-
tisch-Afrika 438. 447.
Äschines 48.
Äschylus 32. 44. 171. 205.
248.
Asiaten 164. 451. 453.
456.
Asiatisch 471. 479.
Asiatische Eingeborene
504.
— Türkei 455. 458.
Asien 29. 33. 42. 49. 50.
51. 53. 54. 63. 75. 78.
79. 91. 92. 97. 113. 114.
115. 119. 134. 151. 152.
160. 162. 104. 167. 201.
272. 412. 413. 435. 439.
451. 455- 458. 459- 461.
470. 471. 474. 535. 536.
Askese 100. 179. 186.
Asketen 100.
Asketismus 100.
Asoka s. Agoka.
Asow 254.
Asowsches Meer 254.
Assar-Haddon 25.
Assignaten 301.
Association Internationale
Africaine 437.
Assur 16.
Assurbanapal (Sardana-
palj 25. 26.
Assurnasirpal 24.
Assyrien, Assyrer und
Assyrisch 14 ff . 15. 17.
18, 19. 20. 21, 22 ff.
23. 24, 25. 26. 27. 40.
41.
Astarte 20. 24.
Ästhetik 434. 522.
Astrologie 208.
Astronomie 12. 216. 217.
250. 348. 521. 525. 540.
— der alten Ägypter und
Chinesen 13.
Astronomischer Bewe-
gungsphotographenap-
parat 521.
Astyages 29.
Namen- und Sachregister
60 1
Asylrecht kirchliches 124.
— politisches in England
396.
„Athalie" 248.
Atheismus 261. 349. 428.
Athen 31. 35. 37 ff. 41.
42. 43. 44. 47. 48. 49.
55. 56. 57. 89. 98. 115.
171. 362.
Athene 43. 85. 536.
Athenetempel 43.
Atherisierung 376.
Äthiopien 7. 9. 14. 435.
448. 449-
Äthiopier 449.
— , ihr Christentum 450.
— , ihre Intelligenz 449.
Atlantis 158.
Atlantische Ostküste Ame-
rikas 512.
Atlantischer Ozean 122.
158. 202. 239. 265. 281.
344. 405. 406.435. 445.
446. 451. 471. 472. 487.
512.
Atlantische Westküste
Afrikas 435. 438. 443.
450.
Atmungsgeräusche 526.
ÄtoHen 31. 54. 55.
Atomentheorie s. Atomi-
stik.
Atomistik
im alten Hellas 57.
im modernen Frank-
reich, Deutschland
und England 291.
349- 375- 430- 525-
Atriden 33.
Attentat politisches 352.
410. 412. 466.
Attika 31. 33. 35. 36. 42.
47.
Attila 104 ff. 332.
Attisch 54.
Attisch 54.
Auber (Daniel-Francois-
Esprit) 381.
Aubigne (Agrippa d')
190. 242.
Audh 271.
Auerstädt 323.
Auferstehung 520.
Aufgabe jeder Art Vor-
herrschaft in Deutsch-
land seitens Österreichs
s. Ausschließung Öster-
reichs aus dem Deut-
schen Bunde.
Aufhebung der Feudal-
macht 146. 293.
— — Leibeigenschaft in
England 402/403.
— — — — Frankreich
402/403.
— — — — Polen 306.
Rußland 402.
404.
— — Menschenopfer in
Algerien 385.
— — Preßfreiheit 354.
389-
— — Sklaverei in den
Vereinigten Staaten
von Nordamerika 404.
— — französischen Ver-
fassung durch den De-
zemberstaatsstreich 388.
— — französischen Ver-
sammlungsfreiheit durch
den Dezemberstaats-
streich 389.
— — Güterkonfiskation
unter Ludwig XVI IL
341-
— — Klassenprivilegien
492.
Zölle s. Zollfreiheit.
— des Ediktes von Nan-
tes s. Widerrufung des
Ediktes von Nantes.
— — Klassenstaates 492.
Aufhebung s. auch Ab-
schaffung.
Aufklärungsdienst militä-
rischer 515.
Auflösung der alten Ge-
sellschaft durch die Ka-
pitalistendemokratien
510.
— — Türkei s. Zerstük-
kelung der Türkei.
— des Provinzialparla-
ments zu Grenoble 288.
Aufrechterhaltung der
Freiheit der Arbeit 496.
Aufrichtung des neuen
deutschen Kaiserreiches
s. Gründung des neuen
deutschen Kaiserreiches.
Aufschwung Nordameri-
kas s. Nordamerikani-
scher Aufschwung.
Aufstand der Hellenen
360—362.
Aufstände
s. Ägypteraufstände in
Kairo.
Chinesenaufstände.
Christenaufstände auf
dem Balkan.
Hellenenaufstand (Auf-
stand der Hellenen),
Janitscharenaufstände.
Kubanischer Aufstand.
Polenaufstände.
Russenauf stände.
Südamerikanische
Volkserhebungen.
Türkenaufstände.
Volksaufstände franzö-
sische.
— russische.
— spanische.
Aufständische s. Insur-
genten.
Aufteilung Chinas s. Zer-
stückelung Chinas.
— des gesamten Afrika
im Berliner Kongreß
437.
Augmentation Act 184.
Augier (Emile) 432.
Augsburg 154. 180. 206.
Augsburgische Konfession
s. Confessio Augustana.
Augsburger Religions-
friede s. Religionsfriede
zu Augsburg.
Auguren 62.
August IL der Starke
König von Polen (als
Kurfürst von Sachsen
Friedrich August I.)
252. 253. 259.
August III. von Polen (als
Kurfürst von Sachsen
Friedrich August IL)
259. 260. 278.
Augustenburg 415.
Augusti (Titel der beiden
altrömischen Doppel-
kaiser) 97.
Augustus (erster römi-
scher Kaiser; 76. 77.
82 ff. 86. 88. 92. 106.
108. 318.
Aurelles de Paladine (Ge-
neral Louis-Jean-Bap-
tiste d'j 424.
Aurengzeb 268.
Ausdehnung durch Er-
wärmung 366.
6o2
Namen- und Sachregister
Auseinandergehen japani-
scher und chinesischer
Kultur 467.
Ausfälle der Türken bei
Plewna 478.
Ausfalltaktik 424. 478.
Ausfuhrhandel 371. 505.
506.
— Zölle amerikanische
471.
Ausgabenkontrollrecht
des engHschen Parla-
ments gegenüber der
Krone 227.
Ausgleich des konstanten
Verhältnisses der An-
hängerzahl zwischen
Protestantismus und
Katholizismus in den
Vereinigten Staaten
durch irländische Ein-
wanderung 504.
Ausgleichspolitik s. Ver-
ständigungspolitik.
Aushebung s. Rekruten-
aushebung, Rekrutie-
rung.
— sgeschäft s. Truppen-
aushebung.
Aushebung von Freiwil-
ligenkorps s. Freiwilli-
genaufgebot.
Aushungerung Englands
324-
Auskultationsverfahren
526.
Ausländerinnen auf Für-
stenthronen in Frank-
reich 188. 213. 232,
286. 398.
S. auch Frauenpolitik
und Frauenregiment.
Ausländische Offiziere
340.
— Regimenter 289.
Auslandsanleihe Rußlands
483. -
— komplotte 397.
— Politik Eduard VII.
483.
— zolle s. Ausfuhrzölle.
Auslegung der Heiligen
Schrift s. Bibelaus-
legung.
Auslese 5.
Ausnützung der Elektrizi-
tätswissenschaft für die
moderne Industrie 522
bis 524.
Ausnützung der Elektrizi-
tätswissenschaft für die
Medizin 524.
Technik
522.
Naturwissenschaften
s. Industrielle Ausnüt-
zung der Naturwissen-
schaften.
Ausrottung der Indianer
406.
— — infektiösen Insek-
ten und Ratten 532.
Uraustralier 413.
414.
Ausrufung s. Kaiserpro-
klamation usw.
— der Dritten Republik
in Frankreich 422.
— — Ersten Republik
in Frankreich 300.
Republik Chile 358.
— Kolumbia 358.
— Mexiko 358.
Peru 358.
— — Zweiten französi-
schen Republik 386.
Ausrüstung
s. Heeresausrüstung,
Soldatenausrüstung.
Aussaat 494.
Ausschließliche Abhän-
gigkeit des Enderfolges
im modernen Kriege
von wirtschaftlichen Be-
dingungen 481.
Ausschließung der euro-
päischen Gesandten
vom Kaiserlichen Hofe
in China 465.
— Österreichs aus
Deutschland 417. 418.
480. 482.
Ausschreibung s. Trup-
penaushebung.
Aussendungsstelle für
Funkentelegraphie 517.
Äußere Politik Napoleons
III. 398.
Äußerer Kriegsanlaß beim
Deutsch - französischen
Kriege 419—420. 425.
Aussichtslosigkeit moder-
ner Putsche 404.
Aussöhnung zwischen
Deutschland und Öster-
reich 482.
— — Rassen 413.
Aussterben der Elefanten
im Kongostaat 438.
Austerlitz 322. 323.
Australien 412. 413 — 415.
459. 465. 471. 473—475.
498. 500. 501. 506. 511.
Australisch 471.
Australische Eingeborene
4. u. 504.
— Gesetzgebung 473.
— Gewässer 471.
— Inseln -473.
Australischer Bund 473.
Australische Ureinwohner
s. Australische Einge-
borene.
— Verwaltung 473.
Australneger 4. 11. 504.
Austreten Österreichs aus
dem Deutschen Reich
s. Ausschließung Öster-
reichs aus dem Deut-
schen Bund.
Austria (Juan d') s. Juan
d'Austria.
Ausströmungstheorie
s. Emanationstheorie.
Auswanderergefahren ein-
stige 498.
— kolonnen 498.
— trupps 498.
Auswanderungszunahme
bei den europäischen
Völkern 500.
Auswanderungen
chinesische (nach Euro-
pa) 465.
europäische (nach den
Vereinigten Staaten von
Nordamerika; 473.
französische 242. 265.
266. 295. 297. 298. 364.
französisch - kanadische
(nach den Vereinigten
Staaten; 473.
italienische (nach Ar-
gentinien; 472.
polnische 363.
russische (nach Sibi-
rien} 450.
spanische (nach Argen-
tinien) 472.
Namen- und Sachregister
603
Ausweisung s. Verban-
nung.
Autodafe 185.
Autokratismus, Autokra-
tie s. Absolutismus.
Automobilfahrstraßen 513.
Automobilismus 490. 510.
513-
— im Dienste des Krie-
ges 490.
Autonomie 426.
Autorität der römischen
Kirche s. Religiöse
Autorität.
Autoritätsprinzip 418.
Avancement 309.
Avaren 109. 117. 118. 119
Aviatik
italienische älterer Tage
171.
moderne 490. 513. 514
bis 516.
— im Dienste des Krie-
ges 490.
Avignon 72. 141. 143. 352.
Ayacucho 358.
Azincourt 144.
Azoren 1 60.
Azteken 165.
Baal 20. 23.
Babylon 16. 20. 25. 26.
27. 28. 53.
Babylonien 25. 26. 27. 40.
Bacchus 493.
Bach (Johann Sebastian;
381.
Bachsche Fugen 381.
— Oratorien 381.
Baco von Verulam s. Ba-
con (Francis).
Bacon (Francis) 218. 250.
537.
Baden 393. 416. 417.
Badener Volksaufstand
393-
Badenser 421.
Bagdad 113. 114. 115. 119.
458.
Bagdadbahnprojekt 458.
Bahamainseln 160.
Bailly (Astronom) 289.
302.
Bajonett 240.
Bajuvaren 106.
Bakteriologie
in Deutschland 529.
530. 531-
in England 530.
in Frankreich 528. 529.
530. 531-
in Italien 530.
internationale 540.
Baktrien 14. 40.
Balearen 71.
Balearische Inseln 22.
72. 103.
Balkan (Halbinsel;
s. Balkanhalbinsel.
— Christen ,475.
— fragen 398. 476 — 482.
— halbinsel 152. 362.
474- 475- 476. 477- 478.
479. 480.
— Juden 477.
— kriege 480 — 482. 483.
— Slawen 475. 477. 502.
— Staaten s. Balkanvöl-
ker.
— Völker 474. 475. 476.
477. 481.
Ballon s. Luftschiffsman-
tel.
Ballspielhaus s. Jeu de
Paume.
Baltadji 294.
Balten 102.
Baltimore 495.
Balzac (Honor6; 379.
Bamberg 153.
Bandenführer zum Schutze
der Bürger (Schutz-
mannschaft) s. Condot-
tieri.
Bankmann 286.
— noten 257.
Bankrott s. Staatsbank-
rott.
— der Kriegspolitik und
des Nationalismus
s. Kriegspolitik und
Nationalismus, ihr Ban-
krott in aller Zukunft.
Banksystem 140. 149.
Bann s. Kirchenbann.
— bullen 139. 179.
Barbarei 237. 255. 270.
276. 278. 384. 403. 488.
534.
S. auch Unbildung,
Tiefe Unwissenheit.
Barbaren (Wilde; 29. 35.
39. 40. 42. 48. 49. 54.
59. 84. 85. 91. 92. 96.
97. 98. loi. 102. 104.
105. 106. 107. 132. 150.
151. 157. 158. 238. 255.
459-
— einfalle in den Balkan
476.
— weit des Altertums 459.
Barbarossa s. Friedrich I.
Barbarossa.
Barcelona 495.
Barneveit 229.
Barometer 219.
Barone 125. 126. 137. 146.
352. 365-
Barras 309. 316.
Barrikadenbau 233. 354.
386. 388.
— kämpfe 354. 386.
Barry s. Du Barry.
Bartholomäusnacht 190.
191. 242. 302.
Baryt 349.
Basel 154. 186. 304. 311.
Basiliken 109.
Basken 156. 418.
Baskisch, Baskische
Sprache und Literatur
502.
Bastille 290. 386.
— Sturm 290. 292. 293.
386.
Batavien (Holländisches
Kolonialreich) 318. 320.
Batavische Republik 304.
314.
Bathumi 479.
Bauchspeicheldrüsensaft
429.
Bau des Suezkanals
3. Durchstechung der
Landenge von Suez.
Bäuerliche Bodenreform-
gesetzgebung Zar Ale-
xanders II. in Rußland
402.
Bauernaufstände
deutsche 180.
französische 293. 302.
spanische 326.
— Befreiung in Rußland
402 — 404.
— klugheit 369.
— kolonien 441.
6o4
Namen- und Sachregister
Bauernkriege s. Bauern-
aufstände deutsche.
— tum 127. 136. 142. 144.
145. 180. 207. 209. 236.
242. 255. 265. 278. 281.
288. 300. 301. 305. 445.
462. 493. 496. _
— Unterwürfigkeit 369.
Baumwollausfuhr 505.
Baumwolle 505.
Baumwollindustrie 405.
505-
Baumwollenkonsum 505.
Baumwollkultur 405. 406.
— waren 505.
Bäurische Kirchturmpoli-
tik 370.
Baustil
gotischer 125. 140. 177.
249.
griechischer 177.
romanischer 142.
Bautzen 336.
Bayer (Johann Jakob;
519-
Bayerisch 289.
Bayerische Prinzen 362.
Bayern (Staat j 210. 212.
232. 259. 289. 319. 362.
393. 416. 417.
Bayern (Volk; 337. 393.
421.
Bayle (Pierre) 231. 273.
Bayldn 326. 327.
Bayonne 337. 355.
Bazaine 411. 421. 423.
Bazill 529. 530. 531.
Bazillenimpfung 529.
„Bazillus {Der)" 531. 532.
Anm.
Beamtenhierarchie 15.
317. 535-
— Schaft s. Staatsbeam-
tenschaft.
Beauharnais (General
Alexandre de) 309.
Beauharnais (Josephine
de; 309. 330. 387.
Beaumarchais 287 — 288.
Beauvais 239.
Beccaria 275.
Bedenken gegen die Zep-
peline und Luftschiffe
überhaupt als Zivilbe-
förderungsmittel 514.
selbst für
militärische Zwecke 514.
Bedeutung des Maschi-
nenwesens 369 — 371.
Bedürfnislosigkeit 87. 460.
462.
ßeecher-Stowe (Harriet
Elizabeth) 407.
Beerdigungskult chinesi-
scher 462.
Beethoven (Ludwig van)
381. 433-
Befestigungssystem 240.
Befreier als anfänglicher
Ehrentitel für die in
Nachbargebiet einrük-
kenden französischen
Revolutionsheere 316.
399-
Befreiung Bulgariens vom
Türkenjoch durch Ruß-
land 478—480.
— Griechenlands vom Tür-
kenjoch 362. 476.
— skampf des mensch-
lichen Geistes 271/272.
— skriege 236/237. 261 bis
264. 278 — 279. 306. 307.
336 — 348. 356 — 358.
361—362. 363— 364-
— — preußische s. Frei-
heitskriege (Preußens).
Begleitoffizier s. Offizier.
Begnadigung 423.
Begrenztheit der Mög-
lichkeit europäischer
Bevormundung in
Schutzstaaten und Ko-
lonien 504.
Begriff der Pflicht bei
Kant 351.
Begründer der allgemei-
nen (vergleichenden)
Physiologie 376. 428.
— des modernen Tonver-
hältnisses 381.
Begründung der moder-
nen Forschung 348 bis
350. 351—352.
Begrüßung der Franzosen
als Befreier Italiens
398..
Behanzin 446.
Beherrschung der Welt-
bühne durch franzö-
sische Dramatik 431.
Behring (Emil Adolf;
531.
Beilegung der internatio-
nalen Streitigkeiten auf
friedlichem Wege 484.
Beitritt Savoyens zu
Frankreich 399.
Bei von Tunis 444.
Bekämpfung afrikanischer
Krankheiten
s. Krankheitsbekämp-
fung in Afrika.
— veralteter grausamer
Gerichtsbräuche 274.
— von Absolutismus und
Reaktion 352.
Bekenntnis Augsburgi-
sches s. Confessio
Augustana.
— Christentum 504.
Bekleidung s. Soldatenbe-
kleidung.
Belagerungen 70. 72.
210. 309. 337. 339. 363.
384. 392. 397. 409. 421.
422. 423. 424. 425. 426.
454. 478. 479.
Belagerung von Metz 421.
422. 423.
— — Paris im Deutsch-
französischen Kriege
423. 424. 425. 426.
— durch die fran-
zösischen Regierungs-
truppen 426.
Plewna 478. 479.
Belebte Maschinen der
Tiere 218.
— Urkörperchen 528.
Belgien 198. 259. 262. 300.
302. 304. 343. 347. 364.
366. 369. 434. 436. 437.
448. 506. 507. 508. 522,
— als spanische Provinz
198.
Belgier 365. 447. 522.
Belgisch 484.
— e Neutrahtätsgarantie
364. . , . ,
— e Unabhängigkeitsbe-
wegung
s. Unabhängigkeitsbe-
wegung Belgiens.
— es Königtum 364.
Belgisch-Kongo 433 bis
443.
Belisar 108.
Bell (Graham) 516.
Namen- und Sachregister
6o5
Belle-Alliance (Schlacht
beij 293. 322. 327. 341.
343- 344- 347.
Belutschistan 457. 459.
Benedek (General; 416.
Benedetti (Botschafter)
428.
Benedikt XI. 141.
Benediktiner 125.
Bengalen 251. 270.
Benjamin 19.
Beobachtende Methode
218.
B^ranger (Pierre-Jean de)
345- 353-
Berbern 157. 176.
Berechtigung der deut-
schen Einheit 426.
— theoretischer Wissen-
schaftlicher Studien
373-
Beresina 251. 334.
Berg (Bergpartei) 300.
Berg (Großherzogtum)
331. 337-
Bergbau 236. 255. 410.
472. 473. 493.
Bergen (in Norwegen)
253.
— (in Holland) 315.
Berger (Berlin) (Rudolf)
520 Anm. 531 Anm.
531 (532) Anm. 541
Nachtrag.
Bergvölker
Afghanen 456.
Kaukasier s. Kauka-
sische Gebirgsstämme
und Mongolische Ge-
birgsstämme.
Montenegriner 477.
Bergwerke englische
s. Englische Montan-
industrie.
Bergwerksbetriebe
s. Bergbau.
Berlin 40. 242. 264. 323.
325. 331- 333- 3^7. 37(>-
392. 430. 437. 479. 482.
495- 511- 517. 518. 519.
521. Anm. 521. Anm.
530 (531J Anm. 2.
Berliner 392.
— Stadtbahn 511.
— französische Kolonie
243. 364.
— Hofpartei s. Hofpartei.
Berliner Kongreß 479. 482.
— Kontinentalsperrerlaß
s. Kontinentalsperre ge-
gen England.
— Kriegspartei s. Kriegs-
partei.
— Militärpartei s. Mi-
litärpartei.
— Neugestaltung der all-
gemeinen europäischen
PoHtik 479.
— Straßenaufstände 393.
— Volksaufstand 391/392.
Bern 141. 154. 518.
Bernadotte 332. 336. 338.
Bernard (Claude) 428.
429.
Bernhard von Weimar
211.
Berquin 182.
Berthelot (Marcellin-Pier-
re-Eugfene) 428. 429.
430.
Berthier (Marschall) 339.
Bertrand 344.
Berufsschriftstellerei und
Berufsmalerei 520.
— Soldaten 145.
Berufung Arabi Paschas
ins ägyptische Kriegs-
ministerium 438.
Berührungselektrizität
s. Dynamoelektrizität
und Galvanismus.
Besatzungstruppen feind-
Uche 425.
Berzelius 349.
Beschießung Alexandrias
439-
— Kopenhagens 320. 324.
— Port Arthurs zur Er-
öffnung des Russisch-
japanischen Krieges.
s. Erste Beschießung
Port Arthurs im rus-
sisch-japanisch. Kriege.
— Simonosekis 468.
— von Häfen Madagas-
kars 449.
— — Paris 424.
Beschlagnahme s. Konfis-
kation.
Beschränktes Bundestags-
wahlrecht 394.
Beschränkung der Kinder-
zahl 503.
Beseitigung des Krieges
484. 540.
Beseitigung.
S. auch Abschaffung.
Besetzung von Merw und
Pendscheh in Afghani-
stan durch die Russen
457.
— des Sultanates Sansi-
bar durch Deutschland
438.
Besiedelung von Oranje-
Freistaat und Trans-
vaal durch die Hollän-
der 435.
— — Mozambique durch
die Portugiesen 162.
435-
Besitzergreifung von Ma-
rokko durch Frankreich
444.
Tunesien durch
Frankreich 444.
Besitzwechsel Italiens
246.
— Maltas 320. 321.
Bessarabien 479.
Bestätigung der zweiten
französischen Republik
durch die Nationalver-
sammlung zu Bordeaux
425.
BestechHchkeit 208. 412.
416. 423. 483. 510.
Bestechungssystem 50.
271. 290. 336. 368. 403.
419. 510. S. auch Rus-
sische Käuflichkeit.
Besteuerung im Balkan
475-
Besuch der französischen
Flotte in Kronstadt
481.
Bethlehem 87. 108.
Beutelnetze unterseeische
431.
Beust (Minister von) 418.
Beutegier 322. 332.
Bevölkerungsabnahme
213. 406. 473.
— armut s. Menschen-
armut.
in Angola 438.
— dichtigkeit
s. Menschenreichtum.
— reichtum
s. Menschenreichtum,
6o6
Namen- und Sachregister
Bevölkerungsstatistik 498.
— statistisches 498 — 505.
— Zunahmeanteil der
Ägypter 499.
Algerier 499.
— — — Chinesen 499.
— — ..„ farbigen Ras-
sen 499.
halbzivilisierten
Völker 499.
— Hindus 499.
Indochinesen
499.
— Japaner 499.
Nordamerikaner
499.
— Slawen 499.
— Südamerikaner
499.
— wilden Völker
499-
des Britischen Ko-
lonialreiches 499.
— — von Brasilien 499.
Deutschland 499.
Frankreich 499.
— gesamt Europa
499-
Großbritannien
499.
Italien 499.
— Spanien 499.
Bevölkerungszunahme der
Argentinischen Repu-
blik 499.
— — Südafrikanischen
Republik 499.
— — Vereinigten Staaten
von Nordamerika 499.
— riesige in den Groß-
städten 494. 506.
— der Kolonialstaaten
498/499.
— — slawischen Völker
500. 501. 502.
— Von Australien 499.
— — China 501.
England 502.
— — Kapland 499.
Natal 499.
— — Oranje-Freistaat
499.
— — Transvaal 499.
Bevölkerungszuwachs
in Australien und auf
den australischen In-
seln 473.
Bevölkerungszuwachs
in den Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 404. 406. 470.
in Deutschland 437.
in Indien 459.
in Neu-Seeland 414.
in Rumänien 476.
in Sibirien 452.
Bevollmächtigte s. Abge-
ordnete.
Bevollmächtigte Ge-
schäftsträger in China
467.
Bevormundung Bulga-
riens durch Rußland
480.
— Serbiens durch Öster-
reich 480.
Bewaffneter Friede 485.
488.
Bewaffnung s. Heeres-
bewaffnung.
— der Akademischen Le-
gion zu Wien 394.
— — Nationalgarde 423.
Bewaffnungstechnische
Fortschritte der Gegen-
wart 404.
Bewältigung der Materie
durch die Wissenschaft
im 19. Jahrhundert 373.
538.
Bewegliche Lettern 153.
463.
Bewegung 374.
— der Himmelskörper
216/2-17. 348.
Bewegungslehre 250. 374.
Bewertung der schwarzen
Rasse 408. 448. S. auch
Minderwertigkeit der
farbigen Rasse.
Beyle (Henri; 379.
Bezirk der gelben Rasse
in Asien 452.
Bialystok 503 Anm.
Bibel (Heilige Schrift) 17.
18. 20. 21. 28. 31. 57.
HO. 112. 116. 153. 154.
182. 187. 281.
— auslegung 154. 187.
— kenntnis 281.
— Übersetzung
deutsche 182.
französische 182.
Bibliothek des Menes im
ägyptischen Theben 12.
Bibliotheken ägyptische
12. 57. 58. 113.
Bibliothekswesen 492.
Bibhothek zu Alexandria
57. 58- 113.
— — Ninive 25 Anm.
Bichat 349. 360.
Bidassoa 335.
Bilderreichtum 378. 379.
Bildhauerkunst s. Skulp-
tur.
Bildung englische 271.
Bileam 21.
BilL of rights 228.
Binationahsmus Belgiens
364.
Binnenmeer 446.
— Schiffahrt 405.
Biographische Dichter-
dramen s. Literatur-
dramen.
Biologie
in Deutschland 375 bis
376.
in England 349. 375.
527.
in Frankreich 349. 350.
375. 427. 527- 529.
Biologische Probleme 429.
Biot 348. 349.
Birma 459.
Birmingham 370. 495.
Biron Herzog von Kur-
land 257.
Biscaya 304.
Bischöfe 95. 99. 108. 109.
122. 125. 130. 131. 145.
146. 171. 178. 186. 227.
296. 330.
Biserta 444.
Bismarck (Otto von) 415.
bis 416. 417- 418. 422.
423. 426. 437. 479. 482.
— archipel 474.
— s Lavieren gegenüber
Napoleon III. vor dem
Preußisch' - österreichi-
schen Kriege 416.
— sehe Staatenpolitik
s. Staatenpolitik preußi-
sche.
Bistümer
Cammin 212.
Edinburg 222.
Mainz, Köln, Trier 146.
Bithynien 73.
Blanc (Louis) 386. 387.
Blaßgesichter 406.
Namen- und Sachregister
607
Blattern s. Pocken.
Bleigrubenbau 405.
Bleihandel 405.
Blenheim s. Blindheim.
Blindheim 245 Anm.
Blockade Port Arthurs im
Russisch - japanischen
Kriege 454.
Blois 177. 191.
Blücher 338. 343 mit An-
merk. 344.
Blum (Rolaert) 394.
Blut 528. 531.
Blütenmonat s. Floreal
Blutfarbstoff 429.
Blut infiziertes geheilter
Tiere s. Heilserum.
— , seine chemischen Re-
aktionen 526.
— serum s. Heilserum.
— hochzeit s. Pariser
Bluthochzeit.
— Umlauf 183. 218.
— und Eisen 538.
— urteile 301.
Bobadilla 161.
Boccaccio 149.
Boden s. Grundbesitz.
— armut s. Natürliche
Dürftigkeit des Bodens
(Bodenarmut).
— besitz s. Grundbesitz.
reform 402. 473.
gemeinschaft 402.
recht 402. 473.
— eigentumsrecht
s. Bodenbesitzrecht.
— enteignungsrecht 473.
— ertrag
s. Fruchtbarkeit.
— kreditaktien 257. 301.
— reform
s. Bodenbesitzreform.
— reichtum 472.
— schätze Rußlands 483.
— ständigkeit.
s. Seßhaftigkeit.
Bogen 142.
— schützen 142.
Bohemund 133.
Böhmen (Land; 124. 141.
146. 151. 154. 175. 178.
206. 207. 208. 210. 211.
212. 262. 263. 264.
— (Volkj s. Tschechen.
Böhmisch 208.
Boieldieu (Frangois-
Adrienj 381.
Boileau 249.
Bojaren 237.
Boleyn (Anna) 184. 185.
Bolivar (Simon) 357. 358.
359.
— s Freiheitskampf in
Venezuela 357. 358.
Bolivia 166. 359.
Bologna 154. 292. 310.
399.
Bombay 269. 412.
Bona (Hippo) 103. 384.
Bonaparte (Louis-Napo-
leon) 387—389. 391-
395-
S. auch Napoleon HI.
— (Napoleon) 303. 304.
308. 309. 310. 311. 312.
313. 314. 315. 316. 321.
366.
S. auch Napoleon I.
— (Prinz J6r6me-Napo-
leon;
s. J^röme (Prinz).
— s Herrscherhaus 330.
— s Feldzug nach Ägyp-
ten 313—314.
Bonapartismus 353.
Bonhomme (Jacques) 143.
Bonifacius VIII. 141.
Bonifatius s. Bonifacius,
Bonifazius s. Bonifacius.
Böotien 31. 42. 47.
Bor 349.
Bordeaux 114. 425.
Borgia 169. 172. 173. i86.
Borneo 163.
Borny 423.
Börsenkurs(e) 257.
Börsenspekulationen in
Frankreich 471.
Bosnien 360. 477. 479.
Bosnier 480.
Bosnische Aufstände 360.
Bosporus 37. 39. 40. 97.
132. 139. 152. 458.
Bossuet 238. 243. 249.
Boston 266. 281. 282.495.
516.
Botanik in England 428.
Botanischer Garten zu
Paris
s. Jardin des Planfes.
Bothwell 205.
Botschafter französische
420. S, auch Gesandte.
Botticelli 150.
Bougie 157.
Bouillon 133.
Boulogne 201. 321. 322.
387.
Bourbon (Inselj 5269.
Bourbon(enj 192. 245. 258.
339. 340. 341.348. 353-
354. 386.
Bourdaloue 249.
Bourgeoisie 142. 369. 393.
497.
Bourges 141. 144.
Bourmont 354.
Bouvines 137. 139. 490.
Brabant 198. 240.
Brahe (Tycho de) 216.
217.
Brahma 268. 461.
Brahmanismus (Brahma-
dienst), Brahmareligion
268. 461.
Brandenburg (Herrscher-
haus) 292 Nachtr.
— (Markgrafentum, Kur-
fürstentum und Pro-
vinz) 146. 180. 210. 212.
235. 246. 260.
Branderschiff 202.
Brandlegung an afrikani-
sche Nigerdörfer 446.
— — die Stadt Paris
durch die Commune
427.
Brandywine 283.
Branly (Physiker) 517.
Branntwein 533.
Brarza (Graf Pietro Sa-
vorgnan di) 437.
Brasilianer 360.
Brasilien 162. 163. 167.
201. 356. 360. 487. 499.
500. 501. 511.
Braunschweig (Staat) 298.
Brechung des Lichtes 218.
— der elektrischen'
Strahlen s. Elektrische
Strahlenbrechung.
— — Lichtstrahlen 523.
Breitenfeld 210.
Bremen 147. 331.
Brennus 69.
Breslau 495.
Bretagne 144.
Bretonen 368.
Bretonisch, Bretonische
Sprache und Literatur
502.
Brigonnet 182.
6o8
Namen- und Sachregister
Briefe Katharinas II. s.
Lettres de Catherine IL
— von Frau von S^vign^
249- 379-
— aus der Provinz
,s. Provinciales.
Brienne 287. 288.
Bright (Richard) 527.
— sehe Nierenkrankheit
527.
Britanniens 248.
Britannien 22. 79. 84. 93.
96. 128.
Briten 107. 128. 245. 314.
Britisch 283. 487.
Britische Inseln 71. 107
bis 108.
— Regierung 246. 267.
321. 344. 382. 435. 439.
440. 457- 504. 532.
, Verdienst um Aus-
rottung und Einschrän-
kung infektiöser Krank-
heiten in ihrem Welt-
reiche 447. 532.
Britischer Friede im Bri-
tischen Weltreiche
s. Pax Britannica.
Britisches Afrikareich 442.
443- 446.
— Kolonialreich 499.
— Reich 322. 442. 459.
474-
Britische Statthalterschaft
Nordamerikas 281.
— Verwaltung Indiens
439.
Britisch-Guyana 472. 487.
506.
— -Ostafrika 438. 440.
— -Südafrika s. Südafri-
kanische Republik.
— -westafrikanisches Kü-
stenhinterland 438. 441.
Bronzezeitalter 3.
Brooklyn 283.
Broschürenliteratur 387.
Brotgetreide 493. 529.
— preise
s. Steigen der Getreide-
preise und Sinken der
Getreidepreise.
Brown (John) 407.
Brüder Napoleons I. 323.
326. 327. 328. 330. 331.
Brüderliche Verständi-
gungsversammlung 288.
Bruder(völker)kriege 48.
416—417. 442—443.
(479/480.J 480.
Brügge 196. 199.
Brumaire 316. 389.
Brune (Marschall) 352.
Bruno 315.
Brüssel 141. 181. 183. 214.
343. 364- 495-
Brutus 73.
Buchara 456.
Buchdrucker 182.
— eien 256.
— kunst 151. 153. 171.
188. 231. 369. 463. 493.
540.
Büchereien
s. Bibliothekswesen und
auch Volksbibliotheken
und Privatbibliotheken.
Büchergelehrte 464. 509.
Bücherwesen 154. 170.
171. 371. 407. 492.
S. auch Bibliotheks-
wesen und auch Volks-
bibliotheken.
Buchhandel 371. 407.
Buchlektüre gegenüber
Zeitungslektüre 491.
Buckingham 221.
Bud (Else Maria; 437 An-
merk.
Budapest 394. 495.
Budäus 182.
Buddha 26. iii. 148. 268.
461. 462. mit Anm.
Buddhismus in. 116. 268.
385. 460. 461 mit Anm.
462. 504.
Buddhisten 461. 462.
Budget für Wissenschaft
und Kunst in den ver-
schiedenen Staaten 431.
493- 534- 539-
— — Frank-
reich 493.
— — — , Notwen-
digkeit seiner Erhöhung
auf Kosten des Schul-
etats und besonders
auch des Militäretats
431. 493- 534-
— recht
s. Staatshaushaltsbewil-
ligungsrecht.
Buenos Aires (ehemahger
selbständiger südameri-
kanischer Freistaat)
357. 494- 495-
Buenos Aires (Provinz Ar-
gentiniens) 357 Anm.
(Stadt) 357 Anm.
Buffon 275.
Bühnendichtung
s. Dramatik.
— mäßigkeit des franzö-
sischen modernen Dra-
mas 436.
— musik ältgriechische
381.
Bukarest 332. 479. 482.
Bukowina 280.
Bule (Rat) 38.
Bulgaren 477. 478. 481.
— aufstände gegen die
Türken 478.
— in Mazedonien 479.
Bulgarien 132. 152. 362.
478. 479. 480. 481. 482.
507. 508.
„Bulgarien eine russische
Provinz" 478.
Bulgarisch, Bulgarische
Sprache und Literatur
477. 478. 479-
Bulgarische Sitten 478.
Bullen päpstliche 130.
Bulletin s. Kaisergesund-
heitsbericht.
BuUhun 409.
Bundesfürsten
deutsche 206. 207. 210.
212. 243. 320. 354.
französische (ehema-
lige) 168.
italienische 169. 171.
— gesetzgebung nord-
amerikanische 407.
— Präsidium
s. Deutsches Bundes-
präsidium, Norddeut-
sches Bundespräsidium,
Süddeutsches Bundes-
präsidium.
— republiken
holländische (nieder-
ländische) 198. 228.
230.
nordamerikanischc 284.
357. 358. 405.
Bundesrepublikensystem
359-
— tag deutscher 392. 393.
Namen- und Sachregister
609
Bundesstaaten
Deutschland 392.
Vereinigte Staaten von
Nordamerika 405.
— Verfassung nordameri-
kanische s. Verfassung
nordamerikanische.
Bündnis Japans mit Eng-
land s. Englisch-Japa-
nisches Bündnis.
— Kaiser Napoleons I.
mit Rußland s. Franzö-
sisch - russisches Bünd-
nis. S. auch Schein-
bündnis Zar Alexan-
ders I. mit Napoleon I.
— König Friedrich Wil-
helms III. mit Rußland
s. Preußisch - russisches
Bündnis.
— beratung zwischen
Frankreich, Italien und
Österreich gegen Preu-
ßen vor Ausbruch des
Deutsch - Französischen
Krieges 418.
— Politik 211. 243. 245.
250. 258. 259. 324. 325.
327. 328. 329.331. 335.
336. 346. 398. 399. 453.
457. 469. 478. 482 bis
483-
Napoleons III. 397.
399.
— Rumäniens mit Ruß-
land s. Russisch-rumä-
nisches Bündnis.
— zwischen England und
Afghanistan
s. Englisch-afghanisches
Bündnis.
Bunsen (Johannes von)
430.
— brenner 430.
Buonarotti (Michelangelo)
44. 171. 172. 188. 271.
Bureau z. Unterdrückung
des Sklavenhandels 5 19.
Buren 231. 435. 441. 442.
— ansiedelung in Oranje-
Freistaat und Transvaal
435-
— krieg 442—443.
— republiken s. Südafri-
kanische Republik.
Burgen 122. 123. 130. 293.
Bürger 351.
s. Bürgertum.
— freiheit 226.
— beere im Kampf mit
Ritterheeren 168.
— in Waffen 426.
— kriege 14. 68. 79 — 80.
81. 131. 144. 146. 147.
189. 190. 191. 193. 195.
227. 229. 295. 307/308.
342. 356. 357. 368.' 385.
408 — 409. 412. 418. 428.
472.
Bürgerliche Gesetzbücher
französisches 305. 318.
468.
japanisches 468.
Bürgermeister 127.
— recht 38. 39. 80. 85.
— stand s. Bourgeoisie.
— — sgesetz für die
Geistlichkeit
s. Zivilstandsgesetz für
die Geistlichkeit.
— tum 127. 128. 137. 148.
172. 233. 239. 257. 278.
287. 288. 290. 294. 384.
— wehr 8. Milizheer.
Burgoyne (General) 283.
Burgund (Freigrafschaft)
s. Franche-Comte.
— (Herzogtum) 196. 338.
Burgunder 102. 103. 106.
107.
Burnouf 15.
Bureaukratie chinesische
464. 509.
Byng (Admiral) 258.
Byron (Lord) 361. 377.
Byrsa (Karthago; 33.
Byzantinismus französi-
scher 241. 247.
Byzanz 37. 97. 109. 115.
187. 199. 280.
Cabral 20. 23.
Cabral (Pedro) 162. 163.
Cadiz (Gades) 22. 123.
157. 322. 326. 511.
Caen 154. 302.
Gabors 67.
Calais 122. 143. 146.
Calais englisch 143.
Calderon 203.
Caligula 82. 86. 93. 94.
Calonne 287.
Calvin (Jeanj s. Kalvin.
Camarilla französische
s. auch Hofkamarilla.
Cambrai 176.
Cammin 212.
Camoes 163.
Camos 20.
Campo Formio 310. 312.
320.
— Santo 150.
Canada s. Kanada.
Canadian Pacific (Eisen-
bahn) 472.
— — railroad
s. Canadian Pacific
(Eisenbahn).
— — railway
s. Canadian Pacific
(Eisenbahn).
Canal du Midi 239.
Cannä 72.
Cannes 341.
Canning (Ministerpräsi-
. dem; 361. 365.
Canossa 124. 130.
Canterbury 222.
Capri 162.
Caracalla 94.
Caraman (Pierre-Paul Ri-
quet de; 239.
Carbonari 355.
Carcinom 532.
Carlos (Don, Bruder Fer-
dinands VII. von Spa-
nien) 418.
— (Don, Sohn Philipp II.
von Spanienj 202. 351.
Carnot (Lazare; 303. 308,
348.
— (Nicolas-L^anard-
Sadi) 374.
Carol König von Rumä-
nien s. Karl I. König
von Rumänien.
Carpeaux (Jean-Baptiste)
521.
Carr^anordnung
s. Quadratische Aufstel-
lung.
Cartesius 195. 216. 218.
219. 231. 249. 250. 348.
35°. 351. 537-
Cartier, (Jacques; 265.
Casablanca 445. 487.
— Schiedsgerichtsurteil
487.
Cäsar (Kaiser; 83. 85. 88.
91. 93. 103. 237. 257.
s. auch Zarentitel.
6io
Namepi- und Sachregister
Cäsar (Julius) 58. 67. 68.
76. 78. 81. 85. 88. 209.
225. 263. 318.
Caesares (Titel für die
beiden Thronfolger des
altrömischen Doppel-
kaisertums) 97.
Casas (Bartolomeo de las;
167.
Casca 80.
Cassiteriden (Zinninseln)
22.
Cassius 80. 81.
Castelar (Emilio) 419. 541
Nachtr.
Castelfiardo 371.
Castlereagh (Ministerprä-
sident) 361.
Castra Romana 66.
Catania 37.
Cateau-Cambrdsis 176.
Catinat 243. 245.
Cato 64. 74.
Cavaignac (General) 387.
388.
Cavelier de Lasalle 267.
Caventon (Pharmazeut)
527.
Cavour (Graf) 390. 397.
398.
Cayley (Aviatiker) 514.
515.
CeUini (Benvenuto) 177.
Ceres 491.
Cervantes 203. 204. 247.
271.
Ceylon 231. 320. 347. 461
Anm.
Chaldäa, Chaldäer, chal-
däisch 4, 5, 14 ff. 16.
18. 20. 21. 25. 26. 535.
Chaldäisch, Chaldäische
Schrift und Sprache 16.
Chalkidike 47.
Challenger (engl. Schiff;
431.
Chalons 421.
Chambord (Graf Heinrich
von) 354.
— (Schloß) 177.
Chambre des D6put6s s.
Abgeordnetenkammer.
Champagne 104. 140. 168.
299. 338.
Champlain (Samuel) 215.
265.
Champollion 8,
Chandenagor 269. 270.
Chansons s. Lieder.
Chaos in Frankreich nach
der Schlacht bei Sedan
• 422.
Chapu (Henri; 521.
Charaktereigenschaften
Bismarcks 4 1 5 — 4 1 6.
417. 420.
— Ludwigs XIV. 241.
— Ludwigs XVHI. 340.
— Napoleons l. (Bona-
partes) 313. 314. 327.
328. 330. 339- 342. 345.
— Napoleons III. 397.
— Wilhelms I. nachmali-
gen Deutschen Kaisers
415.
Charakteristik der Com-
munards 426.
Charles (C6sar) 513.
Charles d'Orleans 147.
Charlestown 408.
Chäronea 47.
Charte (constitutionelle)
s. Verfassungsurkunde
französische.
Chartres 141.
Chassepotgewehr 420.
Chateaubriand (Vicomte
Frangois-Ren6 [de]) 378.
Chätillon 338.
„Chätiments^^ 432.
Chausseebau 513.
Chauvinismus 420. 483.
486. 518.
Chemie
in Deutschland 375. 430.
in England 349. 375.
527.
in Frankreich 291. 292.
349. 374- 375- 429-
430. 524. 528.
in Schweden 349.
Chemie der Fette 375.
Chemische Elemente 349.
374. 430. 524-
s. auch Einfache Körper
der Chemie.
— Reaktionen der Milch
auf Bazillenimpfung
528. 530.
— — des Bluts auf Ba-
zillenimpfung 528. 530.
— Harn auf Ba-
zillenimpfung 527. 528.
529.
— Stoffumwandlung 524.
Chemische Synthese 429.
— Veränderungen des
Körpers durch Bazillen-
impfung 530.
— — der Fixsterne 430,
Chemotherapeutische Me-
thodik der Pharmako-
logie 531.
Ch^nier (Andre; 302.
Chenonceaux 177.
Cheops II. 13.
Chephren 11. 13.
Cherasco 310.
Chersones 37.
Chevreul (Michel-Eugfene)
. 375-
Chicago 494. 495.
Chile 166. 167. 357. 358.
359. 472. 500- 501-
Chilenisches Hochland
358.
China 116. 159. 412. 452.
453. 454. 457. 459- 461.
462. 465. 467. 469. 494.
501.
China, eine Scheinrepublik
469.
Chinarinde 525. 527,
— waren 434. 463. 464.
Chinesen 12. 13. 116. 442.
452. 460. 462. 463. 464.
465. 466. 468. 469. 498.
499. 509. 526. 536.
— (Charaktereigenschaf-
ten der) 462. 463. 465.
— aufstände 466.
Chinesisch 159. 453. 464.
465.
Chinesisch, chinesische
Sprache und Literatur
453. 460/461. 463.
— e Examensbureaukra-
tien 464. 509.
— Fächer. 402.
— Freihäfen 412. 452.
466.
— Impfung 526.
— Massenauswanderungen
465.
— Mauer 463.
— Mundarten 460.
— Rassenphysiognomie
464.
— r Buddhismus 462.
— Revolution 469.
— r Friede im chinesi-
schen Riesenreiche 465.
Namen- und Sachregister
6il
Chinesischer Handels-
markt in Singapur 459.
— Schmutzkonkurrenz
der europäischen Ar-
beiterschaft 465.
— Schrift 463/464.
— Seidenmuster 464.
— — Stoffe 464.
— s Porzellan 464.
— s Regierungssystem
464. 509.
— Vasen 464.
— Wandschirme 434.
— Zivilisation in ihrer
wirren Isoherung 462
bis 466. 464. 536.
Chinesisch-japanische
Kunstkuriositäten 434.
r Krieg 453. 469.
— — r Zimmerschmuck'
s. Chinesisch-japanische
Kunstgegenstände.
— — s Zukunftsbündnis
469.
— russische Grenze 453.
— sibirische Grenze 452.
Chinin 525. 527.
— behandlung 525. 527.
Chinon 144.
Chios 361.
Chirurgie
in England 376. 525.
529.
in Frankreich 530. 531
Anm.
Chirurgische Operationen
376. 529-
Chislehurst 422.
Chlodwig 106. 107. 116.
Chlopicki (General) 363.
Chloral 531.
Chloralkohol s. Chloral.
Chloroformierung 376.
Chlotar 107.
Chlotilde, Prinzessin von
Piemont 398.
Chmir 444.
Choiseul 265. 284. 285.
Cholera 397. 532.
Christen 58. 86. 89. 90
91. 92. 94. 95- 96. 97
98. 99. IOC. loi. 105
III. 113. 114. ii6. 118
119. 131. 132. 133- 134
135. 151- 152. 156. 199
200. 395. 439. 449. 455
475.
Christenaufstände im Bal-
kan 475.
— besteuerung im Balkan
475-
— tum 68. 89. 90. 95. 97.
100. loi. 103. 106. 107.
ri5. 116. 118. 172. 176.
178. 187. 188. 199. 433.
449. 475- 504.
s. auch Soziales Chri-
stentum.
— der Äthiopier
s. Äthiopier, ihr Chri-
stentum.
— ohne Macht über
Buddhismus und Islam
504.
— Verfolgungen 90. 96.
Christian IV. König von
Dänemark 208.
— VIII. König von Däne-
mark 414.
— IX. König von Däne-
mark 415.
Christine, Königin von
Schweden 219. 235.
Christlich 134. 156. 180.
— e Balkan Völker 475.
— Lehre 87. 88. 90. 91.
94. 95. 179. 180.
— e Zeitrechnung 36.
Christus 45. 86—88. 89.
91. 94. 95. HO. 118.
181. 187. 188. 461.
Cialdini 400.
Cicero 65. 81. 83. 153.
154. 157. 170.
Cid (franz. Drama) 246.
— (span. Dichtung) 156.
— (span. Nationalheld)
156. 246.
Cilicien 51.
Cintra 327.
Cisalpinische Republik
311.
Claudius (Kaiser) 86. 90.
Clemens VII. (Papst) 175.
182. 184.
— VIII. (Papst) 192.
Clement (Jacques) 192.
Clermont 131.
Cleveland 494. 495.
Clive (Robert; 270.
Clouet (Jean; 177.
Clyde 94.
Cobden (Richard) 371 bis
372.
Cochinchina 412. 460.
— s Unterstellung unter
französische Verwal-
tung 412.
Code civil
s. Code Napoleon.
— Napoleon 305. 318.
468.
Coeur (Jacques) 146.
Colbert 239. 295.
Cölenteraten 431.
Coligny (Admiral von)
189. 190.
College de France 177.
— royal 177.
Colombia (in Südamerika)
161. 356. 357- 358. 359.
470. 471. 472. 500. SOI.
Columbia (in Kanada)
472.
Colonna (Fabio) 195.
— (Familie) 235.
Comite d'tiudes du
Haut Congo 437.
Comites 119. 121. 122.
126.
Commodus 93. 97.
Commonwealth 224. 225.
Communards 426.
Commune
s. Pariser Commune.
Compagnie de l'Orient et
de Madagascar 269.
Compiegnes 145.
Concini (Concino) 215.
Condd (Prinz von) 189.
189. 212. 233/234. 245.
295.
Condominium an dem
Vizeköniglich ägypti-
schen Privatbesitz 439.
Condottieri 148.
Confessio Augustana 180.
Confucius
s. Kung-fu-tse.
Cönobiten 100.
Constantine 384.
Contrat social 275.
Cook (Janies) 413.
Copernicus.
3. Kopernikus.
Cordova 113. 115. 156.
157.
Corneille (Pierre) 248.
249. 377- 378.
Cornwallis 284.
Corpus juris (Codex Ju-
stiniani) 108/109.
6l2
Namen- und Sachregister
Correggio 172.
Cortes 196. 326. 419.
Cortez (Fernando^ 159.
166.
Cosimo di Medici 219.
C6te d'Or 79.
Cote du Midi 341.
Coulmiers 424.
Coulomb (Charles-Augu-
stin dej 374.
— (Elektrische Maßein-
heitsbezeichnung) 374.
Courbet (Admiral) 460.
Courtois 349.
Covenant 222.
Covenanters 222.
Cow-pox 526.
Cranach (Lukas) 178.
Crassus 78.
Cr^cy 143. 145.
Cremer (Randal) 484.
Cr^mieux 386.
Cromwell (Oliver) 223.
224. 225. 226. 234.
— (Thomas) 184.
Crookes (William) 523.
— sehe Röhre 523.
Cuba 161. 162. 164. 470.
Cubanischer Aufstand
470.
Cuius regio, eius religio
s. Religiöses Selbstbe-
stimmungsrecht der
Fürsten.
Cumä 37.
Curie (Mme Marie) 524.
— (Pierre) 524.
Custine (General; 299.
301.
Custozza 391. 416.
Cuvier 349. 376.
Cyaxares 26. 27. 28.
Cypern 22. 113. 200. 479.
„Cyrano de Bergerac"
Drama 521 m. Anm.
— — — (Savinien, franz.
Dichter) 521.
Cyrenaika 84. 450.
Cyropädie 40.
Cyrus 29. 40.
Dach der Welt (Bezeich-
nung für Hochland von
Pamir) 457.
Dagobert 107.
Daguerre (Louis Jacques-
Mand6j 376.
Daguerrotypie 376.
Dahome 446.
Daimio 467.
Dalmatien 103. 329. 401.
Dalton 349.
Damaskus 113. 115.
Dampfkraft 292. 369.
Dampfmaschinen 291. 366.
512. 523.
Dampfschiff 366. 367.
438. 511. 512.
— fahrt 438. 505. 513.
— sverkehr in Britisch-
Ostafrika 438.
in England 512.
Dampfstraßenbahnen 511,
Dandolo 134.
Dänemark 122. 180. 208.
209. 230. 236. 252. 253.
324. 414. 415. 487. 489.
499. 506. 507. 508.
Dänen 117. 124. 128. 130.
131. 210. 216. 230. 236.
292 Nachtr. 373. 414.
Dänisch 158. 208. 209.
414. 416. 484.
— , Dänische Sprache
und Literatur 414. 432.
434.
— Dynastie in England
124. 128.
— en Herzogtümer (Die
beiden)
s. Herzogtümer (Die
beiden).
— er Krieg 415. 416.
— e Sitten 414.
— er Erbfolgestreit.
s. Schleswig - Holsteini-
sche Frage.
Dante
s. Alighieri (Dante).
Danton 299. 300. 302.
Danzig 307.
Dardanellen 361.
Dardanus 32.
Darfur 7.
Darius I., Sohn des Hy-
staspes 37. 40. 41.
— in. 51 f. 54.
Darnley 205.
Darwin (Charles; 349. 428.
Darwinismus 349. 428.
„Das Kaiserreich ist der
Friede^^
s. „L'Empire, c'est la
paix".
„Das Recht ist der Ge-
bieter der Welt" 486.
Dauerflüge
s. Überlandflüge.
Dauerfnderj Friede
s. Ewiger Friede.
Dauphin 143. 144.
Dauphind 288.
David 18. 87.
— (Skulpturwerk) 172.
Davis (Jefferson) 408. 409.
Davout 313. 323.
Davy (Humphry) 349.
Dazien 92. 476.
Dazier 92. 103.
Debreczin 400.
Deckungen von Kriegs-
entschädigungen 352.
Declaration of Indulgence
226. 227.
Defense nationale 422. 424.
De Foe (Daniel) 275.
Degeneration 346. 347.
Dehnbarkeit des Wassers
durch Erwärmung 366.
Deismus 301.
Dekabristen 362.
Dekadenter Charakter in
der Literatur 432.
Dekhan 269. 271.
Delambre 348.
Delaunay 290.
Delft 228.
Delphi 37. 39. 49.
Demagogie in Mexiko 410.
Demetrius 237.
Demokrat 223. 267.
Demokratie 38. 39. 42. 55.
71. 281. 363. 387. 393.
395. 467. 473. 491. 492.
493. 497- 503. 509- 535.
— n, moderne, ihre Nei-
gung zum Aufbau auf
plutokratbchem System
509.
Demokratisch 116. 173.
181. 199. 541 Nchtr.
— e Forderungen 347.
— e Partei in den Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 407. 410.
Demokratisierung der eu-
ropäischen Staaten 491.
— — französischen Ge-
sellschaft unter Lud-
wig XIV. 247.
— — Gesetze und Sitten
in den modernen Staa-
ten 491.
Namen- und Sachregister
613
Demokratisierung der
Wissenschaft 350. 428.
Demonstrationen 386. 394.
403.
Demonstrationsfeldzüge
(Drohungsfeldzüge} 280.
457.
Demoralisation der fran-
zösischen Gesellschaft
317—318.
— — Bevölkerung durch
Kriegsschrecken 426.
Demütigungsfriede
s. Gewaltfriede.
Demosthenes 48. 49.
Demokrit 45.
Denkv\-ürdigkeiten von
Friedrich II. dem Gro-
ßen 277. 293.
Joinville 141.
Napoleon I. 345.
Sully 193.
Denunziantentum 302. 330.
De Officiis
(Ciceros Schrift) 153.
Departements 388.
Deportation 316. 389.413.
427.
Dermatologie
moderne internationale
524.
Derwische 440.
— rhebung im Sudan 440.
Desaix (General) 313. 319.
336.
Desbordes-Valmore (Ma-
dame) 379.
Descartes (Ren6)
s. Cartesius.
Desertion
s. Fahnenflucht.
Desideria 117.
Desiderius 117.
Desinfizierende Stoffe 529. .
Desmoulins (Camillej 302.
Despotisches Regierungs-
system
s. Absolutes Regiment.
Despotismus
s. Absolutismus.
Despr^s (Joachim) 380.
Dessau 208.
Deszendenztheorie 349.
428.
Deutsch 137. 139. 178.
2 IG. 238. 276. 320. 414.
418. 423. 484.
Deutsch, deutsche Sprache
U.Literatur 121. 147. 252.
331. 349- 350- 412. 500-
— e 121. 135. 139. 140.
150. 194. 216. 235. 249.
253. 300- 343- 348. 355.
361. 373- 37A- 375- 376.
394. 395- 396. 416. 424.
426. 447. 450. 458. 473.
474. 503. 514. 517. 523.
531.
— e Einheit 147. 169.
246. 337- 392. 426.
— e Einrichtungen in
Rußland 256.
— e Friedensgesellschaf-
ten 519.
— e Geschichte 343.
— e Klassiker 351.
— enverachtung 276.
— e Fürsten auf auslän-
dischen Königsthronen
362. 364. 419. 420. 425.
481.
— e Patrioten
s. Patrioten deutsche.
— r Bund 354. 394. 414.
415.
— r Bundestag
s. Bundestag deutscher.
— Reichseinheit 426.
— Revolutionen 392 — 393.
— r Fürstenkongreß zu
Regensburg 321.
— r Geist
s. Deutsches Wesen.
— r Kaiser 425.
— r Krieg von 1866.
s. Preußisch-österreichi-
scher Krieg.
— r Partikularismus 147.
393-
— r Protestantismus 243.
253. 266.
— r Städtebund (Hansa)
s. Städtebund.
— r Stil 351.
— es Bundespräsidium
354. 355-
— es Lutheranertum in
Livland 253.
— es Reich 147. 210.
224. 244. 246. 320. 337,
426.
— es Theater zu BerHn
521 Anm.
— es Wesen 147.
Deutsche Überlieferungen
in Rußland 257.
— -französische Königs-
gemeinschaft 107. 119.
123. 124.
französischer Krieg
418—426. 434. 474.
— -französische Verstän-
digung 531 Anm.
Deutschland 58. 85. 120.
121. 122. 123. 126. 130.
132. 137. 138. 139. 140.
148. 154. 155. 157. 168.
169. 175. 178. 181. 187.
188. 204. 206. 207. 208.
209. 210. 211. 212. 213.
216. 219. 224. 235. 243.
244. 246. 247. 255. 262.
264. 304. 311. 315. 318.
319. 322. 323. 329. 331.
335- 336. 337- 350- 352-
354- 355- 364. 367. 377.
382. 387. 389. 392. 393.
394. 416. 417. 420. 422.
425. 426. 430. 434. 436.
437- 438. 444- 445- 446.
448. 458. 468. 471. 479-
482. 483. 487. 489. 491.
494. 496. 499. 500. 506.
507. 508. 509. 510. 516.
517- 530.
— s Entschädigung für
Frankreichs Besitzer-
greifung von Marokko
445-
Deutsch-Lothringen 425.
— -Ostafrika 438. 443.
445-
Deutschtum 224.
— in Rußland 256.
Deutsch-Westafriica 437.
Dey von Algier 383.
Dezembermänner
s. Dekabristen.
Dezemberstaatsstreich
s. Staatsstreich Louis
Napoleons vom i. bis
2. Dezember (1848J.
Dezemvirn 62.
Dezimales Maß- und Ge-
wichtssystem 305. 518,
Diagnostik
s. Krankheitsdiagnostik.
Diamantgruben zu Kim-
berley im Kapland 441.
Diaz (Bartholomäus) 159,
162.
21 Richet, Geschichte der Menschheit, II.
6i4
Namen- und Sachregister
Dichter
s. Literatur.
— fürsten deutsche 351.
377. 378.
— — englische 205.
— — französische 377.
378.
— — griechische 31. 32.
33- 39- .45-. 50- 171. 535-
italienische 32. 149.
247. 378.
— — römische 83. 171.
205.
— — spanische 203. 204.
247. 270.
Dichtkunst
s. Literatur
— französische, ihr Wert
248.
Dickens (Charles) 377.
Dictionnaire encyclop^di-
que 273.
Diderot 272. 275. 277.
Didius Julianus (Kaiser;
93-
Diebstahl 466.
„Die höchste Gnade" yj'j.
„Die Kunst Großvater zu
sein" yjT.
Dienstpflicht
s. Militärpflicht.
Digitalin 527.
— behandlung 527.
Di Jon 319. 425.
Diktator (römischer) 61.
65. TJ. 80.
— (französischer) 302.
— Proklamation Garibal-
dis 400.
Diktatur Bolivars 359.
Napoleons I. 301. 317
bis 319.
Robespierres 302 — 303.
s. auch Südamerikani-
sche Diktaturen und
Militärdiktaturen.
— des Proletariates 275.
300. 496.
— militärische und reli-
giöse
s. auch Militärdiktatur.
Diocletian 94. 95. 96. 97.
Diomedes 32.
Diphtherie 531. 532. 533.
— , ihre Heilbarkeit und
Überwindlichkeit 531.
— serum 531.
Diplomatengenie 336. 339.
Diplomatenstreit (-gezänk)
396.
' — Willkür 482.
Diplomatie 50. 196. 212.
233. 246. 271. 272. 312.
320. 336. 348. 361. 365.
396. 399- 4". 413- 415.
419. 423. 451. 467. 479.
482. 485.
Diplomatische Nieder-
lagen 383.
— Ungeschicklichkeiten
420.
Direktorium (Direktoren;
307. 308. 309. 310. 313.
314. 315. 316.
Direktes Wahlrecht für
die europäischen Parla-
mente, zum wenigsten
die Zweiten Kammern
491.
— französische Ab-
geordnetenwahlen 427.
491.
„Discours de la methode"
217.
Dissenters 222.
Dissoziation (chemische)
430.
Disziplin 186. 195. 207.
239. 263. 298. 303. 332.
424. 454-
— losigkeit 332. 454.
Divide et impera als
Motto der Türkischen
Regierung 478. '
Divina Commedia 149.
Dnjestr 279. 280.
Dobrudscha 479.
Dogali 450.
Doge 134. 150. 200. 241.
— npalast 150.
Doggerbank 487.
— handel (Schieds-
gerichtsverfahren; 487.
Dogma katholisches 180.
186. 187. 295.
Dogmatik christliche 94.
95. 99. 125. 136. 187.
— mohamedanische 116.
Dogmatismus 462.
Dolet (Etienne; 182,
Dolmens 3.
Dombauten 126. 141. 150.
380.
Dominikaner 125. 167.
173.
Dominions (britische)
Kanada 215. 257^ 265
bis 267. 472.
Australien 473.
Dominique 215.
Dominus 96.
Domitian 91.
Don 280.
Donatello 150.
Donau 92. 96. 102. 105.
117. 119. 245 Anm. 254.
328. 396. 476.
— fürstentümer 395. 476.
— länder 254.
Don Carlos 202. 351.
Donizetti (Gaetano) 381.
Donnerbüchsen 145.
Don Quixotte 203.
Dorf anlagen, Dörferbau
123. 142. 385.
— besiedelung 142.
Doria (Andrea) 200.
Dorier 33. 34. 37.
Doryläum 132.
Dos de Mayo 326.
Dostojewskij (Feodor;
432.
Doullon 182.
Dragonaden 242.
Dragoner deutsche 289.
— französische 242.
Drahtlose Telegraphie
s. Funkentelegraphie.
Drake 202.
Dramatik
altgriechische 43/44.
205._ 434-
chinesische 464.
deutsche 202. 204. 351.
377.
englische 204 — 206.378.
französische 247 — 249.
277. 287. 288. 342
Anm. 378. 379. 431.
432. 521 mit Anm,
italienische 205.
norwegische 432. 434.
spanische 202 — 203.
381. 541 Nachtr.
Dramatischer Gehalt der
Oper 433.
Drei Begründer der ita-
lienischen Einheit 390.
Dreibund deutsch-öster-
reichisch-italienischer
482—483.
Dreieinigkeit 100.
Namen- und Sachregister
6i5
Dreifarbige Kokarde der
Revolution und des
Empire 341.
Dreijährige Dienstzeit
489.
Dreikaiserbund zwischen
Deutschland, Österreich
und Rußland 482.
Drei Ruhmestage (Die)
355.
Dreißigjähriger Krieg 206
bis 213. 337 Anm. 537.
Dreiständekammer 288.
289.
Dreiverband zwischen
England, Frankreich
und Rußland 483.
Dresden 336. 347. 367.
392. 495-
— er Besprechung zwi-
schen Napoleon I. und
Metternich 336. 337.
347.
— er Straßenaufstände
392.
Dreyse-Gewehr 416. 420.
— sches Hinterladegewehr
s. Dreyse-Gewehr.
Dritte französische Repu-
blik 401. 422. 425.
Dritter Konsul 317.
— Kreuzzug 133.
— Punischer Krieg 74,
— Raubkrieg Ludwigs
XIV. s. Raubkriege
Ludwigs XIV.
— Stand
s. Tiers Etat.
Dritte Teilung Polens 307.
Drohender Krieg zwischen
Preußen und England
292 Nachtr.
Du Barry (Mme.j 285.
Dubois-Pigalle (Paul) 521.
Duclos 275.
DueU
s. Zweikampf.
Duguesclin 144.
Duldsamkeit
s. Toleranz.
Duldsamkeitserklärungen
s. Toleranzedikte.
Dumas (Alexandre; (fils;
432.
(p^re; 380.
— (Jean Baptiste) 376.
Dumouriez 300. 302. 308.
Duncker (Franz) 496.
21»
Dünen bei Dünkirchen
s. Schlacht bei den
Dünen.
Dünkirchen 225. 234.
Duodezfürsten
afrikanische 406.
deutsche 354.
Dupleix (Joseph; 269.
Dupont de l'Etang (Gene-
ral) 326. 327.
Düppel 414.
Dupuy de Lome
(Marineingenieur) 513,
Durazzo 481.
Durchleuchtungsverfahren
s. Röntgenverfahren.
Durchschlagskraft der
Chassepotgewehre 420.
Durchsetzung der beiden
germanischen Sprachen
Deutsch und Englisch
mit lateinischen Be-
standteilen 502.
Durchsicht Kaiserliche
der Päpstlichen Ent-
scheidungen
s. Revision Kaiserliche
der Päpstlichen Ent-
scheidungen.
Durchstechung der Land-
enge von Panama 471.
Suez 159/160.
413. 439- 471-
Dürer (Albrecht) 178.
Dürftigkeit des Bodens
von Natur
s. Natürliche Dürftig-
keit.
Duroc (General; 336.
Duruy (Victor) 369.
„Du sollst nicht töten!*'
462 Anm.
Dwernick (General) 363.
Dyck (van) 232. 249.
Dynamoelektrizität 348.
373. 522.
— maschinen 522.
Dynastie 390.
— frage des Krieges 419.
— kriege
s. Hausmachtskriege.
Dynastische Politik 234.
263. 419-
Ebene (Bezeichnung der
Mittelpartei; 300.
Ebene Lage Chinas 465.
Ebro 119.
Echegaray (Jos6;
541 Nachtr.
Edelmetalle 506.
Edikt von Nantes 193.
198. 214. 231. 241. 242.
243. 273. 364.
Edinburg 222.
Edison (Thomas Alva)
522.
Eduard III. König von
England 143.
— IV. König von Eng-
land 143.
— VI. König von Eng-
land 185.
— VII. König von Eng-
land 483.
Eger 210.
Egmont (Drama) 351.
— (Graf; 197.
Egoismus Napoleons I.
s. Napoleonische Selbst-
sucht.
Ehelosigkeit der Priester
s. Zölibat.
Ehescheidung 185.
Ehrenhändel 126.
Ehrgeiz 208. 412.
Ehrhch (Paul; 531 mit
Anm.
Internationale Fest-
schrift zu seinem 60.
Geburtstag 532 Anm.
— — , seine Biographie
von Charles Riebet 532
Anm.
Eidverweigernde Priester
(Geistliche) der Revo-
lutionszeit 296. 297.
Eifersüchteleien der Ge-
neräle
s. RivaHtät zwischen den
verschiedenen Kom-
mandostellen.
Eifersuchtspolitik Eng-
lands
s. Wirtschaftlicher
Wettbewerb Englands.
Eiffelturm 517.
Einäscherung der Pfalz
243-
Eilzüge 511.
Eilzugsgeschwindigkeit
511.
Einäscherung Moskaus
durch die Russen 333.
6i6
Namen- und Sachregister
Einberufung des deut-
schen Bundestages 393.
— der französischen Ge-
neralstaaten 288.
— — — Provinzialkam-
mern 288.
Einfache Körper der
Chemie 349. 374- 375-
429. 524.
s. auch chemische Ele-
mente.
Einfall s. Invasion.
— der Barbaren in das
Römische Reich 98.
536.
Einfluß der Sozialdemo-
kratie auf die Gesetz-
gebung der gegenwär-
tigen Gesellschaft 497.
— wachsender der Tages-
presse 492.
Einführung der allgemei-
nen DienstpfUcht im
gesamten kontinentalen
Europa 434.
— in Japan 468.
WehrpfUcht 489.
Eisenbahnen 367.
369-
— des Christentumes m
das Römische Reich
97—98.
Freihandelssystems
in England 372.
Gesandtschafts-
rechts für China 465.
Islam HO — 116.
— — Maschinenwesens
366. -369.
Parlamentarismus
mit Zweikammersystem
in Japan 468.
. — Königlicher Staatsge-
richte statt Standesge-
richte in Frankreich
durch RicheUeu 214.
— stehender Riesenheere
in die europäischen
Kleinstaaten 489.
— westeuropäischer Kul-
tur in Rußland 237.
Einfuhrzölle 371.
Eingeborene
s. Afrikanische, austra-
lische Eingeborene.
— nsitten afrikanische
435-
Einheimische, afrikani-
sche, australische
s. Afrikanische, austra-
lische Eingeborene.
Einheit s.
Deutsche Einheit.
Englische Einheit.
Französische Einheit.
Italienische Einheit.
Spanische Einheit.
— Deutsche, ihre Berech-
tigung
s. Berechtigung der
Deutschen Einheit.
— sbestrebungen deutsche
391- 393- 426.
— — italienische 389 bis
391. 398. 400.
— politik
s. Konzentrationspolitik.
— Staat 173. 229. 246.
305- 33Z- 357-
Einiges Deutschland 426.
— und freies Italien 398.
Einkammersystem 387.
Einkommensteuer 497.
Einmarsch s. Invasion.
Einmischung Frankreichs
in Spanien, den Ver-
einigten Staaten, in Me-
xiko usw.
s. Intervention Frank-
reichs in Spanien usw.
Einnahme der Stadt Me-
xiko 411.
— von Appomattox 410.
Babylon 535.
Constantine 384.
Mailand 399.
Missolunghi 361.
Ninive 26. 535.
Paris 339.
Plewna 478.
Rom 391. 401.
Saloniki 481.
Sebastopol 397.
Theben in Ägypten
durch die Hyksos 11.
14- 535-
Troja 32. 535.
Vicksburg 409.
Warschau 363.
Einnehmer
s. Steuerpächter.
Einschließung von Metz
421.
Paris
s. Belagerung von Paris.
Einschließung von Plewna
s. Belagerung von
Plewna.
Einstige Kriege im Ver-
hältnis zu den Zukunfts-
kriegen 489/490.
Einstimmigkeit von Par-
lamentsbeschlüssen 236.
306.
Einteilung Asiens 451.
Eintreten Österreichs in
die Balkanpolitik (mit
dem Berliner Kongreß;
479-
Eintritt der Arbeiterschaft
in die Gesellschaft als
selbständige Klasse
s. Universale Ereignisse.
Einverleibung
s. Annexion.
Einwanderung altrussische
in Sibirien 452.
— chinesische in Austra-
lien und Kalifornien
465.
— englische in Austra-
lien 413/414-
— — — Nordamerika
281. 405.
— europäische in den
Vereinigten Staaten von
Nordamerika 473.
— französische in Alge-
rien 444.
— französisch-kanadische
in den Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 473.
— internationale in Alge-
rien 444.
— irische in die Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 504.
— italienische in Argen-
tinien 472.
— spanische in Argen-
tinien 472.
— sverbot für chinesi-
sche Arbeiter in Austra-
lien und Kalifornien
465.
Einzelbetrieb der Wissen-
schaften 350. 428.
Einzelforschung 376.
Einzelfreiheit 289.
Emzelkonsum 505.
Einzelleben
s. Individualleben.
Namen- und Sachregister
617
Einzelstaaten
australische 473.
der Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika
281.
deutsche 235. 243. 337.
355- 364-
kanadische 472.
s. auch Bundesfürsten.
EinzelstaatHche Selbstän-
digkeit innerhalb des
Australischen Bundes
473-
— — — — kanadischen
Bundes 472.
Einzelzweikämpfe statt
Völkerschlachten 176.
Einziehung der Diamant-
felder zu Kimberley als
englisches Krongut 441.
Einzug der Russen in
Berlin 264.
— in Moskau 333.
— Kaiser Ferdinands III.
in Wien 394.
Eirene (Drama; 59 Nach-
trag.
Eisenarbeit 371.
Eisenbahn 367. 368. 369.
438. 443- 445- 453- 472.
480. 493. 505. 511. 517.
— bau 367. 369. 405. 438.
443. 445. 449. 452. 453.
458. 472. 480. 511.
begonnener durch
den Kongostaat 438.
geplanter vom Kap
der guten Hoffnung
bis Alexandria 511.
(österreichischer)
durch Bosnien 480.
— — zwischen Zehlen-
dorf und Potsdam 367.
— fahrgeschwindigkeit
511.
— hochbauvverke 513.
— kunstarbeiten 513.
— netz
s. Schienennetz.
— sperre im Mobilma-
chungsfalle.
s. Sperrung des zivilen
Eisenbahnverkehrs im
Mobilmachungsfalle.
— tarifherabsetzung 511,
Eisenbahnverbindung zwi-
schen Algier-Laghuat
und Tugurt 435.
Bagdad und
Smyrna 458.
— Bosporus u. Per-
sischem Meerbusen 458.
" Cadiz undWladi-
wostok 511.
— Casablanca und
der Mittelmeerkiiste
445-
— Fes und der Mit-
telmeerkiiste 445.
:' — Halifax undVan-
couver 472.
— Leipzig u. Dres-
den 367.
— Liverpool und
Manchester 367.
Marrakesch und
der Mittelmeerküste
445-
— — — Newyork und
San Franzisko 472.
— Nürnberg und
. Fürth 367.
Paris und Saint-
Germain 367.
— Saint-Etienne,
Andrdzieux und Lvon
367.
— Tunis und Tlem-
sen 445.
Vancouver und
New>'ork 511.
— verkehr auf Madagas-
kar 445.
— durch Sibirien 452.
— im gesamten Britischen
Ostafrikanischen Rie-
senreiche 438. 443.
— in Brasilien 511.
— — den Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 511.
— — Deutschland 510.
— — Frankreich 510.
Mexiko 511.
Rußland 510.
— sprojekte für Afrika
446. 449.
zum Tschadsee 446.
— zwischen Mitteleuropa
und Indien 458.
Eisenbergwerke sibirische
452.
Eisenschmiedekunst 4.
539-
Eisenzeitalter 4. 5.
Eiserner Herzog (Bezeich-
nung für Lord Welling-
ton; 343.
— Kanzler (Bezeichnung
für Bismarck; 417.
Eiszeit 3.
Eiweißabsonderung
s. Albuminurie.
Eiweißhaltige Stoffe 376.
Ekbatana 29.
Ekklesia 38.
Ekuador 359.
Elba 339. 341. 342. 344,
Elbe 102. 106.
Elektrische Arbeitseinheit
374-
— Bahnen 523.
— Beleuchtung
s. Elektrisches Licht.
— Bewegungskraft
s. Motorische Kraft.
— Fernbewegungskraft
s. Motorische Kraft.
— Hoch- und Untergrund-
bahn
s. Hoch- und auch Un-
tergrundbahn.
— Kapazität 374.
— Kathodenstrahlen 524.
— Kraft 522. 523.
— Kraftmaschine
s. Dynamomaschine.
— Lichtschwingungen 523.
— Maschinen 292. 523.
— Maßeinheitsbezeich-
nungen 374.
— Motortätigkeit 523.
— r Funke 523.
— r Leitungswiderstand
374.
— r Strom 373.
— Säule 292.
— s Licht 523.
, seine Wohlfeil-
heit, besonders in Ge-
birgsgegenden 523.
— s Potential 374.
— Strahlenbrechung 523.
— Straßenbahnen 511.
523-
— Stromstärke 374.
Elektrizität 292. 348. 368.
372. 374. 516. 517.
autos 523.
6i8
Namen- und Sachregister
Elektrizitätserzeugung
durch Dampfkraft 523.
Magnetendrehung
522.
— menge 374.
— röhren
s. Metallkabeln.
— werke städtische
s. Städtische Elektrizi-
tätswerke.
— Wissenschaft
in Dänemark 373.
in Deutschland 373. 374.
523. 524.
m England 373. 374.
523-
in Frankreich 373. 374.
522.
internationale moderne
522 — 524.
in Italien 292. 348. 349.
373-
in Rußland 373.
Elektrode negative
s. Kathode.
— n (positive und nega-
tive) 523.
Elektrodynamische Appa-
rate der Industrie
s. Industrielle Kraft-
apparate.
— Maschinen der Indu-
strie
s. Industrielle Kraft-
maschinen.
Elektrolyse 373.
Elektromagnetische Ma-
schinen 522.
Elektromotore
s. Elektr. Maschinen.
Elektromotorische Kraft
373- 374-
Elektronen 525.
— , ihre Drehungsge-
schwindigkeit 525.
Elektrotechnik 522 — 524.
„Elenden und Unglück-
lichen {Die)" 378. 432.
Elfenbein 438. 446.
— handel im Kongostaat
438.
— küste 446.
Elgin (Lord) 43.
Eliot (George) 379.
Elis 36.
Elisabeth (Gemahlin Phi-
lipps V, von Spanien)
258.
Elisabeth Kaiserin von
Rußland 257. 259. 263.
264. 276.
— Königin von England
185. 200. 201. 204 — 205.
219. 220. 221.
Ehtetruppen 343. 412.
Elliot (Jones) 222.
Elsaß 211. 212. 233. 240.
241. 244. 304. 314. 422.
425.
Lothringen 304. 311.
400. 425.
— -Lothringische Frage
121. 244. 304. 311. 390.
425.
Emanationstheorie 250.
Emanzipation der Mensch-
heit (des Menschenge-
schlechtes) 310.
Emigranten französische
242. 273. 295. 297. 298.
299- 305- 340- 341. 352.
364-
Emigrantenheere 297. 298.
299.
— rückkehr 341.
Emilia 400.
Emilianer 400.
Emire (mohammedanische
Stammhäuptünge des
Orients) 457.
Emissionstheorie
s. Emanationstheorie.
Empfangsstelle für Fun-
kentelegraphie 517.
Empire 319. 328. 330.
331. 341. 342. 441.
Empirik 429. 531.
Empirische Methode der
Heilkunde 429.
Ems 420.
Emser Depesche (Bis-
marcks) 420.
Ende des Mittelalters und
der kirchlichenAllmacht
151. 536.
Energielehre 430.
Enger Blick der Bauern
370.
Engere Verwandtschaft
von Bulgarisch und
Russisch — gegenüber
den anderen slawischen
Sprachen 478.
s. auch Verwandtschaft
zwischen bulgarischem
und russischem Volks-
tum.
Enghien (Herzog von) 211,
321.
England 58. 84. 85. 125.
126. 129. 130. 131. 137.
138. 141. 142. 143. 146.
147. 148. 150. 154. 155.
168. 169. 173. 178. 181.
184. 185. 188. 189. 198.
199. 200. 201. 202. 205,
206. 216. 220. 223 — 224.
225. 227. 228. 230. 231.
240. 244. 245. 246. 247.
255. 258. 259. 262. 263.
265. 266. 267. 269. 270.
271. 273. 275. 280. 281.
284. 292. Nachtr. 296.
301. 304. 308. 312. 315.
319. 320. 321. 322. 323.
324. 325. 326. 328. 329.
346. 347. 354. 357- 360.
361. 362. 363. 364. 366,
367. 369. 371. 372. 373.
374- 377- 379- 382. 383.
384. 385. 387. 396. 397.
401. 409. 411. 412. 413.
414. 416. 417. 422. 436.
438. 439. 440. 443. 446.
448. 453. 456. 457. 458.
466. 468. 473. 474. 478.
479. 483. 486. 487. 489.
491. 494. 496. 520. 530.
537-
s. auch Großbritannien,
s. auch Sächsische Dy-
nastie und Dänische
Dynastie.
Engländer 9. 43. 131. 135
142. 143. 144. 146. 160
163. 204. 215. 218. 219,
220. 225. 226. 228. 230.
245. 249. 262. 265. 266
267. 269. 270. 271. 273
279. 283. 284. 292. 301
312. 314. 315- 320. 321
322. 325. 327. 335. 337
343. m. Anm. 344. 361
364. 365. 367. 373. 374
375. 376. 406. 411. 435
440. 441. 442. 443. 447
450. 456. 457. 458. 459
466. 467. 470. 484. 501
502. 503. 514. 5'7. 518
523. 526. 532.
— tum 131.
Englandfeindschaft 320.
Namen- und Sachregister
6ig
England ohne stehendes
Heer 489.
— s Unbesieglichkeit 324.
— s wohltätiger Einfluß
auf Indien 271.
— und Frankreich , die
Wiegen des Parlamen-
tarismus 49 1 .
Englisch 137. 145. 174.
202. 214. 220. 222.
225. 226. 235.237. 243.
278. 319. 321. 325. 356.
422. 435. 450. 460. 472.
483. 484.
— , Englische Sprache
und Literatur 130. 147.
265. 361. 406. 407. 474.
499. 501. 502.
— -afghanisches Bündnis
457-
— -ägyptische Armee 440.
— -amerikanischer Krieg
s. Nordamerikanischer
U nabhängigkeitskrieg.
— -chinesischer Krieg
412. 466.
— e Bergwerke
s. Englische Montan-
industrie.
— e Einflußausdehnung
auf Belutschistan und
Afghanistan 459.
— e Einflüsse in Siam
460.
— e Einheit 169.
— e Flottendemonstration
gegen Ägypten
s. Flottendemonstration
englische geg. Ägypten.
— e Gastfreundschaft für
politische Flüchtlinge
396.
— e Handelsgesellschaf-
ten zu Madras 269. 270.
— e Kultur bei den Polen
s. Französisch-englische
Kultur bei den Polen.
— e Kultureinflüsse auf
die Völker 396.
— e Landkriege 327.
— e Ministerialverwaltung
in Ägypten 440.
— e Montanindustrie 494.
— e Okkupation Ägyptens
440.
der Kapkolonie 441.
— — des Sudan 440.
— — des Zululandes 441.
Englische Okkupation
Malakkas 459.
Natals 441.
Singapurs 459.
— Regierung
s. Britische Regierung.
— r Einschüchterungs(De-
monstrations-)feldzug
gegen Afghanistan 457.
— e Republik
s. Commonwealth.
— r Geist
s. Engländertum.
— r Handel in China 466.
— r KongreßvorscJ;ilag
399-
— r Protestantismus 184.
185. 199. 204.
— r Seeverkehr 512.
— e Seehegemonie
s. Vormachtstellung
Englands zur See.
— s Heerwesen in Indien
458.
— s Indien
s. Indien englisch.
— Sprache, ihre schwie-
rige Lautgestaltung 502.
— Staatsangehörigkeit des
ägyptischen Beamten-
und Offizierkorps 440.
— Staatskirche
s. Anglikanische Kirche.
— s Volkstum 474.
— s Wesen
s. Engländertum.
— Transvaalexpedition
441—442.
— Verwaltung in Ägyp-
ten
s. Englische Ministerial-
verwaltung in Ägypten.
— Weltherrschaft
s. Weltherrschaft Eng-
lands.
— Englisch - französisch-
chinesischer Krieg
s. Europäisch - chinesi-
scher Krieg.
er Ausschuß zur
Prüfung der Finanzver-
hältnisse Ägyptens
s. Finanzausschuß (eng-
lisch - französischer) in
Ägypten.
— -holländisches Heer im
dritten Jahr der Frei-
heitskriege 343.
Englisch-japanisches
Bündnis 453.
Ostafrika
s. Britisch-Ostafrika.
— -russisches Heer im
ZweitenKoalitionskriega
gegen die Französische
Republik 315.
— -spanisches Bündnis
s. Spanisch - englisches
Bündnis
Heer
s. Spanisch - engUsches
Heer.
Entartung der Mensch-
heit, ihre Vorbeugung
durch Bekämpfung des
Alkoholismus 533.
Entdeckung Amerikas
155. 160—162. 537.
— chemischer Elemente
349-
— der Diamantgruben zu
Kimberley 441.
— — flüssigen Gase 375.
— — Goldbergwerke bei
Johannesburg 442.
— in Australien
471.
Nilquellen 436.
— des Aluminium 375.
Kompaß 158—159.
— — Mississippilaufs
267.
Sauerstoffes 291.
— Kanadas 265 — 266.
— sfahrten der Portugie-
sen 160.
des Altertums 70.
159.
Enteignung der Kapitah-
stenklasse 497.
Entente
s. Dreiverband zwischen
England, Frankreich
und Rußland.
Entente cordiale 483.
Ententemächte 483.
Entführung von Kunst-
werken 310.
Entlassung Neckers 289.
Entschädigung Serbiens
durch die Städte Prisch-
tina, Prisren(dij und
Üsküb (im Frieden;
nach dem zweiten Bal-
kankriege 482.
620
Namen- und Sachregister
Entstehung der Arbeiter-
klasse 366.
— — Großindustrie 366.
Entvölkerung des platten
Landes 494.
— durch den Krieg 213.
234.
s. auch Bevölkerungs-
abnahme.
Entwickelung der großen
amerikanischen Demo-
kratie zur kapitalisti-
schen Republik 509.
Kunst 434.
Wissenschaft 434.
— sstufen des Islam 436.
— stheorie (Darwinsche)
349. 428.
Enzyklopädie (französi-
sche; 231. 273. 274. 351.
368.
Epaminondas 47.
Ephesus jil- 73-
Ephoren 34.
Epidaurus 361.
Epidemien
s. Seuchen.
Epik
altgriechische 31 — 33.
378.
deutsche 147.
englische 361. 377.
französische 118. 302.
377-
italienische . 149. 378.
portugiesische 163.
römische 33. 83.
Epiktet 183.
Epikur 57. 58.
Epirus 55. 70. 481. 482.
Episches Heldenzeitalter
31—33. 176.
Equitatus 66.
Erasmus 183.
Erbfeindschaft
französisch-deutsche
426.
— -englische 142. 312.
polnisch-russische 332.
3^3- 364-
Erbkaisertum 147. 393.
Erblichkeit der Hörigkeit
(Leibeigenschaft) 126.
— der Pairschaft 267.
— des Adels 126 — 127.
— sprinzip im monarchi-
schen Staate 340. 347.
390-
Erdbahn 250.
— drehung 217.
— meridianmessung 348.
— messung 518.
— — sämter 305.
— rindeschichten 375.
— umsegelung 158. 164.
Eremiten 100.
Erfindung der Buch-
druckerkunst 151. 153
bis 154. 170. 368/369.
493- 536. 540.
Mikroskopierkunst
231.
— — Panzerschiffe mit
Turm 409.
ohne Turm 409.
— — Photographie 375.
— — Repetiergewehre
409.
Torpedos 408.
— des Phonographen 522.
Erforschung des großen
Seengebietes 436.
— — Kongolaufes 436.
Erfurt 154. 236. 237.
Erhaltung der Kraft 374.
— des Stoffes
s. Gesetz von der Er-
haltung des Stoffes.
Erhaltung gewisser erb-
licher Privilegien in
England 491.
Erhebung Deutschlands
gegen Napoleon I. 335.
„Erinnerungen von jen-
seits des Grabes" 378.
Erkenntnistheorie 217.
Erkennung einer sozialen
Richtung aus der Dar-
stellung ihrer Kurve
503/504-
Erklärung der Donau-
fürstentümer Moldau
und Walachei zu Ver-
einigten Laflden 397.
476.
— — Menschenrechte
(französische) 283. 293
bis 294. 296. 491.
— — Rechte (amerikani-
sche) 282/283. 293.
Erlasse des Kaisers Na-
poleon L
s. Kaiserliche Dekrete
Napoleons L
Erlöschen jeder Zivilisa-
tion vom 6. — 14. Jahr-
hundert 105. 124. 536.
Ermelow 277.
Ernennung Arabi-Paschas
zum ägyptischen Kriegs-
minister
s. Berufung Arabi-Pa-
schas ins ägyptische
Kriegsministerium.
— der preußischen Her-
renhausmitglieder 491
Anm.
Erneuerung der französi-
schen Poesie 377.
— — Musik
s. Revolution in der
Musik.
Erneuter Krieg Bonapar-
tes mit England 321 bis
322.
Ernte 494.
Eroberervölker
s. Kriegervölker.
Eroberungsfeldzug gegen
Marokko 444.
Eroberungsfnede 425.
478. 481.
— pohtik 50. 51—53. 72.
138. 151. 165—166. 167.
168. 169. 170. 199. 207.
240. 252. 261. 268. 269.
277. 290. 311. 314. 334.
348. 374- 394- 397. 436.
443- 447- 451- 463- 465-
474. 478. 481.
Eroberung von Kabul
durch die Engländer
456.
— — Kluwa und Buchara
durch die Russen 456.
Konstantinopel 151.
152.
— — Malakka durch die
Engländer 459.
— — Sibirien durch die
Russen 237.
Eröffnung des russisch-
japanischen Krieges
durch die Beschießung
Port Arthurs 453.
Erörterung poütischer An-
gelegenheiten
s. PoHtisches Leben
(Verständnis).
Erpressungs- und Unter-
schlagungsprozesse 271.
Namen- und Sachregister
621
Ersatz, Ersatzmannschaft,
Ersatzkorps 344.
— heer für Paris im
Deutsch - Französischen
Kriege 444.
Erschließung des Innern
Afrikas 435—437-
Erstarkung des Liberalis-
mus 352—373-
Erstdrucke
s. Inkunabeln.
Erste Absetzung Napo-
leons I. 339.
— Beschießung Port Ar-
thurs im russisch-japa-
nischen Kriege 453.
— englische Expedition
nach Afghanistan 456.
— französische Konstitu-
ante
s. Konstituante.
— — Okkupation Roms
unter Napoleon III.,
damaligen Präsidenten
Louis Napoleons Bona-
parte 370—371-
— — Republik
s. Republiken.
— — Revolution
s. Revolutionen.
— Haager Konferenz
485.
— Kammer
s. Senat.
— r Balkankrieg 480 bis
481.
— r Einzug der Verbün-
deten in Paris 339.
— Restauration
s. Restauration.
— r französisch-englischer
Seekrieg im Zeitalter
Friedrichs des Großen
262.
— r Koalitionskrieg ge-
gen die französische Re-
publik
s. Koalitionskriege ge-
gen die französische Re-
publik.
— r Konsul 316. 317. 319.
321. 366.
— r Kreuzzug 131 — 133.
135-
— r Pariser Frieden (im
Zeitalter Friedrichs des
Großen) 267. 268. 270
281.
Erster Pariser Frieden (in
den Freiheitskriegen)
341.
— Punischer Krieg 72.
— Raubkrieg Ludwigs
XIV.
s. Raubkriege Lud-
wigs XIV.
— schlesischer Krieg
262 — 263. .
— s französisches Kaiser-
reich s. Empire.
— Teilung Polens 277 bis
279.
Erstürmung von Waffen-
lagern 290.
Ertrag des Bodens
s. Fruchtbarkeit.
Erweiterung des geistigen
Horizontes 368.
Erwerbung Schlesiens für
Preußen 262.
Erythräa 449.
Erythräischcs Küstenliin-
terland 449.
Erzbistümer 222.
Erzherzöge 308. 310. 315.
329. 411.
Escurial 202.
Es lebe der Kaiser!
s. Vive l'Empereur I
Espartero (General) 418.
Esperanto 503.
Essays 195.
Eßlingen 154.
Estaing (d') 284.
Esther 248.
Etatabstimmungsrecht
s. Staatshaushaltabstim-
mungsrecht.
Ethik der Religionsbe-
kenntnisse 116. 268. 407.
— deutsche 351.
— französische 248. 274.
276.
— islamitische 112. 116.
Ethische Axiome (Dog-
men) 276. 484. 485. 539.
— r Unterricht
s. Moralunterricht.
— Wissenschaft 539. 540.
Ethizismus in den Reli-
gionen 461 mit Anm.
462.
— — der chinesischen
Philosophie 462.
— GesetzgTsbung
274.
Ethnische Gemeinschaft
Englands und der Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 474.
— Vielgestaltigkeit der
Türkei 541.
Ethnographische Un-
gleichheit der vorder-
asiatischen Länder 451
bis 452.
Etrurien 68. 72. 331.
Etrusker 23. 60. 68. 69.
Etruskisch 60. 69.
Etzel
s. Attila.
Eugenie (franz. Kaiserin
geb. von Montijo) 232.
398. 401. 419.
Eugen Prinz von Savoyen
245- 337-
Euklid 46.
Euphrat 51. 94.
— und Tigris (Mesopota-
mien) 14. 16. 24. 75.
Euripides 44.
Europa 29. 32. 40. 41. 43.
66. 75. 84. 91. 104. HO.
113. 114. 118. 119. 126.
130. 131. 132. 133. 137.
138. 141. 148. 150. 152.
154. 155. 158. 161. 164.
168. 174. 193. 194. 195.
199. 208. 212. 216. 228.
230. 232. 234. 236. 237.
238. 240. 243. 245. 246.
250. 252. 255. 259. 262.
265. 275. 283. 297. 299.
304. 311. 314. 316. 320.
323. 324. 330. 345. 348.
354- 355- 357- 360. 361.
363. 364. 366. 367. 369
374- 382. 398. 404. 405.
412. 413. 414. 415. 417.
418. 425. 436. 439. 443.
447- 451- 453- 455- 465.
466. 469. 472. 473. 474.
476. 481. 482. 484. 489.
491. 492. 494. 499. 500.
501. 519. 536. 537.
Europäer, Europäisch 102.
104. 130. 135. 152. 154.
158. 164
225. 267
368. 384
439- 444
453- 455
165. 166. 224.
269. 271. 283.
385. 406. 435.
447- 448. 451.
458. 463. 465.
467. 468. 499. 504.
622
Namen- und Sachregister
Europäereinwanderung in
Amerika 167.
Europäisch 208. 209. 211.
212. 232. 234. 237. 255
268. 348. 464. 466. 475.
484. 489- 491- 504-
— -chinesischer Krieg
466 — 467.
Europäische Ange-
legenheiten,
s. Europäische Politik.
— Förderung von Hei-
matshandel und -Ge-
werbe in der asiati-
schen Türkei 458.
— Gesamtbürgschaft für
die Selbständigkeit Ru-
mäniens 398.
Serbiens
398.
— Geschichte 293. 412.
— Heeresstärke 489. 490.
— Kleinstaaten 489.
— Kolonisation in Afrika
436. 448.
— — sämthcher Neger-
gebiete Afrikas 436.
— Kultur 359.
— Neutralität gegenüber
dem Frankfurter Frie-
den
s. Europäischer Indif-
ferentismus gegenüber
dem Frankfurter Frie-
den.
— PoHtik 397. 434.
— Regierungen 348. 357.
361. 405. 409. 415/416.
440. 451. 456. 467. 478.
484. 487. 496.
— r Friede zwischen, dem
Deutsch - Französischen
Kriege und der Ab-
fassungszeit des Bu-
ches 474. 481. 483.
— r Handel in China 466.
— r Indifferentismus ge-
genüber dem Frank-
furter Frieden 425.
— r Staatenbund 193.
— r Verkehr mit China
465/466.
— r Völkerbund gegen
die Erste französische
Republik 314. 324. 335.
— r Ludwig XIV.
243. 245. 250. 252.
Europäischer Warenver-
kehr mit den Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 471 — 472.
— Zukunftskrieg 489. 490.
— Schutzzollpolitik 400.
— s Festland
s. Kontinent.
— s Gleichgewicht 175.
— s Rußland 502.
— s Schiedsrichteramt
Napoleons III. 398.
— s Schutzzollsystem
401.
— s Staatensystem 196.
228. 257. 336. 337. 361.
417-
— Umsturzbewegung 355.
— s Vorurteil 404.
I — Völkergesellschaft 374.
413- 435- 436. 453- 473-
477. 489. 491. 497. SOG.
503-
— Wirren
s. Europäische Umsturz-
bewegung.
Europäisch - japanischer
Krieg 467 — 468.
Europäisierung Ägyptens
und seines Heeres 382.
— Japans und seines
Heeres 454. 455. 468.
469.
— Rußlands 256.
Europamüdigkeit 473.
Evangelien 45. 87. 89. 95.
99. 113. 116. 183. 275.
Evangelisten 87.
Ewiger Friede 193. 249.
352.
Ewiges Edikt 198.
— Leben
s. Wiederauferstehung.
Exakte Wissenschaften
373—377- 431-
Examensbureaukratie chi-
nesische 464. 509.
s. auch Mandarinenre-
gierung.
Exekutive 283. 307. 387.
Exfenestratio Pragensis
206.
Exil
s. Verbannung.
— der Päpste 141. 143.
Expeditionskorps (franzö-
sisches) für Madagas-
kar
s. Madagaskar-Korps.
— — — Mexiko
s. Mexiko-Korps.
Experimentale Methode
218. 219. 291/292. 429.
529. 530. 531/532 mit
Anm.
Explosionsprozeß von at-
mosphärischer Luft und
■ Petroleumdampf bei
Motoren 512.
Export
s. Ausfuhrhandel.
Expreßzüge internationale
458. Sil.
Fabeldichtung (franzö-
sche) 248. 378. 437. An-
merk. 451 Anm. 514
Anm. 520 Anm. 531.
Fabvier (General) 361.
Fabrikarbeiter 370 — 371.
495—497- 522.
s. auch Arbeiterschaft,
Arbeiterklasse.
— Schaft
s. Arbeiterschaft.
Fabrikmäßig hergestellte
Gegenstände
s. Massenerzeugnisse.
Fabrikstädte 370.
Fabrikwesen 370. 494.
Fachausdrücke 305.
Fachzeitschriften japani-
sche 468.
Faidherbe (General) 445.
Fahnenflucht 263. 332.
333- 403-
Faicts et Dicts de Panta-
gruel 183.
Faktoreien in den ostindi-
schen Kolonien 230.
Fakultative Schieds-
gerichtsentscheidung
484.
Falgui^re (Alexandre) 521.
Fallbeil s. Guillotine
Fall der Eisenbahnfahr-
preise
s. Eisenbahntarifherab-
setzung.
Fallgesetze 250.
Namen- und Sachregister
623
Falscher Patriotismus
s. Chauvinismus.
Familie Napoleons I. 323.
326. 327. 328.329. 330.
331-
— ndrama am spanischen
Hofe 326.
— nleben
altrömisches 64. 85. 96.
chinesisches 462.
— npolitik Napoleons I.
s. Heiratspolitik Napo-
leons I.
— nzusammenschluß des
Urmenschen 3. 535.
Fanatismus 113. 200. 279.
384. 412. 419. 426. 427.
445-
— des türkischen Heeres
s. Kismet.
Fanggame (Unterseeische)
431-
Farnese 198. 258.
Farad (Elektrische Maß-
einheitsbezeichnung;
374-
Faraday (Michael) 373.
374- 375-
Farbenphotographie 525.
Farbenindustrie 430.
Farbige Rassen 499. 500.
501. 504.
Farcl (Guülaume; 183.
Farnese
s. auch Alexander Far-
nese Prinz von Parma.
Faröer-Inseln 122.
Faschoda 440.
Fatalismus des türkischen
Heeres
s. Kismet.
„Faust" (Drama) 351.
— , Zweiter Teil 377.
Faustina 85.
Februarrevolution 366.
385. 386. 387. 389. 392.
394-
Februartage (Pariser)
s. Februarrevolution.
Fehdebrief Karls V. an
Franz I. 176.
Fehlen einer amtlichen
Negerstatistik für Afri-
ka 498. 501.
Statistik der Me-
stizen und Mulatten in
Nord- und Südamerika
501.
Fehlen einer amtlichen
Statistik bei den Chi-
nesen 498. 501.
der Neger in
Nord- und Südamerika
501.
Feldherrneigenschaften
423-
Feldherrngenie 209. 245.
250. 321. 322. 324. 327.
329- 337- 338- 343- 346.
347. 363. 388. 409. 410.
478.
Feldherrnkunst
s. Strategie.
Feldmarschallwürde 280.
307-
Feldzug Napoleons HI.
gegen Mexiko
s. Mexikanischer Feld-
zug Napoleons HI.
Fellah 9. 56. 445 m. Anm.
Fellani 445 Anm.
Fellatah 445 Anm.
Fellatin 445 Anm.
F^nölon 249. 273.
Feodor HI. 253.
Ferdinand H. (Kaiser)
206. 208. 209. 210.
— III. (Kaiser) 212. 394.
— III. (König von Spa-
nien) 156.
— V. der Katholische
(König von Spanien)
157—158.
— VII. (König von Spa-
nien) 326. 355. 356. 418.
— I., König der beiden
Sizilien (als König von
Neapel Ferdinand IV.)
355-
— II., 389-
— IV. König von Neapel
s. Ferdinand I. König
der beiden Sizilien.
Fermat (Pierre de) 218.
249.
Fernsprecher 516 — 517.
Fernwirkung der Elektro-
motore 523.
Ferrara 235. 310.
Fes 445.
Fest der Verbrüderung
294.
Festland
s. Kontinent.
Festlandsperre gegenEng-
land
s. Kontinentalsperre ge-
gen England.
Festnahme
s. Verhaftung.
Festsetzung Frankreichs
in Tunis 444. 450. 482.
Festungen 290. 302. 313.
329. 421. 423. 424. 477.
Festungsangriffe türkische
in Montenegro 477.
— ausrüstung im Deutsch-
Französischen Kriege
421.
— bau 435.
— haft Friedrichs H. 261.
— — Louis-Napoleon Bo-
napartes 387.
— kommandanten 290.
333- 344- 422.
— krieg 477.
— Statistik 423. 477. 478.
Fetischismus in Afrika 436.
s. auch Götzendienerei.
Feudale Anarchie
s. Lehns(un)wesen.
Feudale, Feudalherren
s. Lehnsherren.
Feudalmacht (Feudalis-
mus) 146. 147. 148. 155.
293- 394-
s. auch Aufhebung der
Feudalmacht.
— Privilegien
s. Adelsprivilegien.
Feudalrecht
s. Lehnsadel.
Feudaltruppen
s. Lehnsherrlichc Trup-
pen.
Feudalwesen
s. Lehnswesen.
Feuer, seine Benutzung
2. 535- 539-
— gefährlichkeit und
Kostspieligkeit der Zep-
peline 514.
Feuermaschine 366.
— tod 141. 145. 151. 157.
173. 181. 182. 183. 185.
— Waffen 145. 209.
Feuillet (Octave) 432.
Fiebertemperatur 527.
Figaro
s. Hochzeit des Figaro.
Filippo Lippi s. Lippi.
624
Namen- und Sachregister
Finanzabhängigkeit Süd-
amerikas von Nordame-
rika 474.
Finanzausschuß (englisch-
französischer) in Ägyp-
ten 439.
Finanzbeteiligung der Ver-
einigten Staaten an den
Geschäften Kubas 470.
Finanzen
deutsche 393. 509.
französische 509.
großbritannische 509.
kubanische 470.
nordamerikanische 470.
509.
österreichische
russische
südamerikanische 474.
Finanzfragen in der afri-
kanischen Kolonialpoli-
tik Frankreichs 445.
449-
— im Vordergrunde aller
gegenwärtigen Politik
509.
Finanzielle Jahresbeihilfe
von England für Af-
ghanistan 457,
Finanzierung des Marok-
kanischen Eroberungs-
. krieges 445.
— — spanisch-portugiesi-
schen Kleinkrieges
gegen Napoleon I.
durch England 326. 328.
— — Dritten Koalitions-
krieges gegen die Erste
Französische Republik
322.
Finanzmanipulationen 140.
191. 213. 220. 257. 359.
471.
S. auch Börsenspeku-
lationen.
Finanzminister Ludwigs
XVI.
Brienne 287.
Calonne 287.
Necker zum erstenmal
266. 286—287.
Necker zum zweitenmal
288.
Turgot 286.
Finanzoperationen 140.
146.
Finanzpolitik
Deutschlands 509.
Finanzpolitik Frankreichs
286 — 287. 305. 318. 509.
Großbritanniens 509,
Österreichs 509.
Rußlands 509.
Venezuelas 487.
der Vereinigten Staa-
ten 471. 509.
Finanzreform der Ersten
französischen Republik
305-
— Napoleons I. 305. 318.
— Neckers 286 — 287.
— Turgots 286.
Finanzschwierigkeiten
Venezuelas 487.
Finanzsysteme
amerikanische 471. 509.
deutsche 509.
französische 509.
großbritannische 509.
österreichische 509.
russische 509.
Venezuelas 487.
Finanz Verwaltung 143. 146.
168. 191. 193. 204. 215.
239. 252. 255. 260. 261.
285. 286. 287. 297. 307.
308. 352. 457. 487. 509.
S. auch Selbständige
afghanische Finanzver-
waltung, Finanzielle Jah-
resbeihilfe für Afghani-
stan, Finanzwesen von
Afghanistan.
Finanz weit 258.
Finanzwesen 143. 146. 168.
191. 193. 204. 214. 215.
239. 252. 254. 255. 260.
261. 284. 509.
— von Afghanistan 457.
Kuba 470.
Finis Poloniae 307. 363.
Finnisch, finnische
Sprache und Literatur
502.
Finnland 324. 328. 331.
332. 347. 499.
Fischereigerechtigkeit im
Atlantischen Ozean 487.
Fischerhandwerk 266. 460.
462. 487.
Fischerinseln
s. Pong-hu.
Fiskalismus 405. 475. 533.
Fixsterne 430.
Flaminius 55.
Flämisch, flämische
Sprache und Literatur
364.
— -burgundische Musiker-
schule 380.
— e Malerschule 231 bis
232. 249.
— e Städte 196 — 197.
Flamländer 129. 148. 197.
364-
Flandern 127. 132. 148.
154. 168. 175. 196. 198.
199. 240.
Flaubert (Gustave) 432.
Flavier 92.
Flecktyphus 532.
Fledermäuse 514.
Fleisch 532.
— schau 532.
— Untersuchung auf Tu-
berkulose 532.
— , Vernichtung von In-
fektiösem 532.
Fleurus 303. 308.
Fleury (Kardinal von) 257.
258. 262.
Flexionslose Sprachen
s. Agglutinierende Spra.-
chen.
Fliegen als Krankheitsträ-
ger 532.
„Fliegende Fisch {Der}"
Fabel 514.
Fliegende Fische 514 mit
Anm.
— Käfer 514.
FHeger(apparate) 490. 514.
515. 516.
— bombardement 516.
— post
s. Äroplansport.
Flinten
s. Infanteriegewehre.
Floreal 308.
Florentiner 150. 162. 173.
Florenz 148. 150. 170.
172. 173. 177. 178. 367.
390. 399-
Florida 167. 201. 244. 281.
358. 405- 470.
— s nordamerikanischer
Ankauf von den Spani-
ern 405.
Flotte
s. Marine.
— nausrüstung russische
454-
Namen- und Sachregister
625
Flottenbau Peters des
Großen 254. 255. 279.
— demonstration engli-
sche gegen Ägypten 439.
Flourens (Physiologe) 376.
Flucht des Papstes Pius
IX. aus Rom 390.
— Karls X. 354.
— Ludwigs XVI. 296.
— Ludwig Phihpps 386.
— Napoleons I. von Elba
341-
Flüchtung der franz. Ost-
armee in die Schweiz
im Deutsch - Französi-
schen Kriege 424.
Flugapparate
s. Flieger(apparate).
Flugblätter 287. 294. 312.
321.
Flugmaschinen
s. Flieger(apparate;.
Flugschriften
s. Broschürenliteratur.
Flugwesen
s. Aviatik.
Flugzeuge
s. Füeger(apparatej.
— , ihre Zukunft als Zi-
vilbeförderungsmittel
514.
Fluor 349.
Fluoreszierende Platten
523-
Flüssige Gase 375.
Föderation der Nordstaa-
ten 409.
Foix (Gaston von) 170.
Folgen der Erfindung der
Buchdruckerkunst 153.
154. 170. 171. 493.
— des russisch - japani-
schen Krieges für Eu-
ropa 455.
für Ruß-
land 454. 455.
Folter 203. 237. 242. 256.
270. 274. 467.
Fontainebleau 176. 177.
339- 340. 342. .
Fontenoy 262.
Forbach 421.
Förderung der Wissen-
schaft
s. Herrschaft der Wis-
senschaft.
Forderung des obligatori-
schen Schiedsgerichtes
486.
Formalismus im chinesi-
schen Buddhismus 462.
— und Förmlichkeit der
Engländer 222.
Formosa 469.
Fornovo ig6.
Forschung
s. Wissenschaftliche
Forschung.
— sinstitute wissenschaft-
liche, ihre Notwendig-
keit 534. 541.
Foerster (Wilh.j 12 Anm.
208 Anm. 250 Anm.
519.
Fortbewegung von Loko-
motiven 512.
— — Motoren 512.
Fortpflanzung der Men-
schenrasse 498.
Fortschreitende Einkom-
mensteuer
s. Progressive Einkom-
mensteuer.
Fortschritt 55. 63.
— e der Industrie in An-
lehnung an die Wis-
senschaften 373 ff. 538.
Forum 62. 76.
Fossile Formen (Fossilien)
s. Petrefakten.
Fouragehandel 405.
Fox 323.
Fra Angelico
s. Angelico.
Franche-Comte 168. 175.
211. 240. 241.
Franctireurkämpfe
s. Guerillakrieg.
Franken 102. 103. 104.
106. 107. 114. 141.
Frankfurt (Main; 337. 338.
393- 395- 417. 531.
— er Friede 425. 426.
— er Parlament 393. 395.
— er Staatsrat 337. 338.
Fraenkl (Max Victor) 461
Anm. 462 Anm.
Franklin (Benjamin) 283,
404.
Franko italienische Mund-
arten 400 Anm.
Franko-Kanadier 268.
Frankreich 58. 85. 106.
107. 114. 117. 118. 120.
121. 122. 123. 124. 125.
126. 130. 131. 132. 133.
134- 135- 136. 137. 138.
143. 144. 146. 147. 148.
150. 154. 155. 157. 168.
169. 170. 173. 175. 176.
177. 178. 180. 181. 182.
183. 188. 190. 191. 192.
193- 194- 195- 198. 202,
204. 206. 207. 208. 209.
210. 211. 212. 213. 214.
215. 216. 217. 219. 220.
224. 225. 227. 228. 232.
233. 234. 238. 240. 241.
242. 243. 244. 245. 246.
248. 249. 255. 257. 258.
259. 262. 263. 265. 267.
268. 269. 270. 272. 273.
278. 281. 283. 284. 285,
286. 289. 292 Nachtr.
293. 294. 295. 296. 297.
298. 300. 301. 302. 303.
304. 305. 307. 308. 309
311. 312. 313. 314. 315.
316. 317. 318. 319. 320.
321. 322. 326. 328. 329.
332. 335- 336. 337. 338-
341. 342. 344. 346. 347.
348. 352. 353. 356. 360.
361. 362. 363. 364. 365.
367- 377- 379- 380. 381.
382. 383. 384. 385- 386.
387. 388. 396. 397. 398.
399. 400. 401. 409. 411.
412. 413. 415. 417. 418.
419. 420. 421. 422. 423.
424. 426. 427. 432. 434.
436. 439. 440. 442. 443-
444. 445. 446. 447. 448.
456. 458. 459. 460. 466.
468. 476. 482. 483. 487.
489. 491. 493. 494- 496.
499. 500. 503. 504. 506.
507. 508. 509. 511. 516.
517. 520. 521. 530. 531.
(532) Anm. 2. 533. 537-
s. auch Vormachtstel-
lung.
— feindliche Politik 482.
— s zivilisatorischer Ein-
fluß in Ägypten
s. Zivilisatorischer Ein-
fluß Frankreichs in
Ägypten.
626
Namen- und Sachregister
Franz I. von Frankreich
170- 173- 174. 175- 176.
177- i8o. 182. 184.
— n. 188. 189. 204.
— Herzog von Lothrin-
gen 244.
— Stephan, Herzog von
Lothringen 259.
— n. König von Neapel
und König der beiden
Sizihen 398. 400.
— n. Kaiser von Öster-
reich 297. 308. 329.
336. 342. 354. 382.
— Joseph, Kaiser von
Österreich393. 394. 395.
396. 399. 411. 416.
Franziskaner 125.
Franzosen 121. 124. 129.
135. 142. 143. 144. 163.
170. 176. 189. 192. 204.
212. 215. 218. 235. 240.
242. 243. 245. 246. 262.
264. 266. 267. 269. 273.
288. 292. 293. 295. 298.
299- 300. 302. 304. 308.
312. 313. 314. 315. 317.
319. 321. 324. 325. 326.
327. 328. 329. 330. 332.
333- 334- 335- 336. 338.
340. 343 Anm. 344. 352.
356. 360. 361. 364. 366.
373- 375- 376. 381. 385.
388. 392. 396. 399. 401.
405. 411. 412. 413. 419.
421. 422. 425. 426. 435.
440. 444. 447. 448. 450,
458. 459- 460. 467. 468.
471. 484- 513. 514. 517.
519. 520. 521. 524. 526.
527. 529.
— feindschaft 336.' 346.
— freundschaft Eduards
Vn. 483.
Friedrichs des Gro-
ßen 261. 272.
Mehemed AHs 382
383.
— liebe 346.
— tum 224.
im enghschen We-
sen 130.
Französisch 133. 136. 141.
142. 143- 144- 147. 156.
173- 183- 211. 220. 233.
234- 235. 238. 240. 241.
247. 248. 283. 284. 287.
306. 321. 340. 343. 419.
420. 421. 423. 424. 435.
444- 445. 472. 484.
Französisch als Hof-
sprache 247. 272.
— -Äquatorialafrika 447.
chinesischer Krieg 460.
— e Akademie
s. Acaddmie frangaise.
— e Eiiiflußzone im Sene-
gal- und Nigergebiet
über Timbuktu bis zum
Tschadsee 445 — 446.
— e Einheit 147. 168,
169. 214. 305.
— e Entdeckungsreisen
des 18. Jahrhunderts in
Madagaskar 448.
— e Große Revolution
s. Revolutionen.
— e Klassiker 247 — 249.
378.
— e Kolonien in Deutsch-
land 364.
— e Kolonie zu BerHn
s. Berliner französische
Kolonie.
— e Kolonisation 443 bis
449-
— e Kultur am Hofe
Christines, Karls X ,
Karls XL, Karls XII.
und Ulrike Eleonores
von Schweden 273.
— Elisabeths
von Rußland 273.
— Friedrichs
des Großen 247. 273.
292 Nachtr.
Josephs II.
273-
Karls II.
von England 247.
Karl Ema-
nuels I. 247. 273.
— Kathari-
nas IL von Rußland
277.
— Philipps
IV., Karls IL und Phi-
lipps V. von Spanien
273-
bei den nieder-
ländischen Oraniern im
17. und 18. Jahrhundert
273-
— — einflüsse in Ägyp-
ten 314.
Französische Kulturein-
flüsse in Algerien 384.
— Rom 392.
— -englische Geistespaa-
rung im 16., 17. und
18. Jahrhundert 273.
274.
Kultur bei den Po-
len 306.
r Krieg 142. 147.
es Bündnis Napo-
leons IIL 398.
— — es Heer 225.
es Wesen der Ka-
nadier 267.
— e Okkupation Cochin-
chinas 460.
— e — des Mekongdel-
tas 460.
— e — Hinterindiens
459-
— e — Kambodschas
460.
— e — Saiguns 460.
— e — Tonkins 460.
— e — Tunesiens
s. Festsetzung Frank-
reichs in Tunis.
— e Päpstliche Schutz-
truppe 417. 418.
— , Französische Sprache
und Literatur 105. 106.
116. 118. 121. 130. 147,
177. 181. 182. 195. 203.
216. 231. 233. 238. 242.
243. 247. 248. 267. 272.
273. 274. 277. 287. 288.
292 Nachtr. 364. 378.
380. 400. 431—432. 472.
473- 502.
— er alter Kriegsruhm
312. 345.
— e Regierung 356. 366.
383- 389- 396. 398. 419-
420. 435. 439. 440. 444.
504.
-— er Einfluß auf Mada-
gaskar im 18. Jahr-
hundert 448.
— er — in Ägypten
s. Französische Kultur-
einflüsse in Ägypten.
— er — — Syrien und
Palästina 133. 458.
— er Eroberungskrieg
gegen Madagaskar 449.
— e Revolutionsidee 355.
— er Geist 248/249.
Namen- und Sachregister
627
Französischer Orient
s. Mittelländischer fran-
zösischer Lehnstaat zur
Zeit der Kreuzzüge.
— Protestantismus 182
bis 183. 242. 243. 266,
— Resident in Tunis
und Marokko 444.
— • Madagaskar 449.
— Stil 247. 274. 275.
294- 377- 378. 379- 429-
432.
— Vasallenstaat in Eng-
land unter Wilhelm
dem Eroberer 130.
— e Senegal- und Niger-
expedition 446.
— es Indien
s. Indien französisch.
— es Saharaland 446.
— es Sprachgebiet in Eu-
ropa
s. Sprachgebiet.
— es Nordamerika
215. 257. 265. 267. 281.
405.
— e Strafexpedition gegen
Ranavalona I. 449.
— e Südküste
s. Cote du Midi.
— e Verwaltung in Alge-
rien 384.
— e — — Hinterindien
460.
Französisch-Guyana 472.
487. 506.
— (Normannisch) im Eng-
lischen 130.
— -italienische Sprachen-
mischung 400 Anm.
— -Kongo 445.
— -Lothringen 425.
— -piemontesischer Bünd-
nisvertrag 399.
— -russisches Bündnis
328. 329. 346. 482—483.
— -spanischer Kolonial-
vertrag 451.
— sprechende Kanadier
472. 473-
FrauenpoHtik in Frank-
reich 188. 213. 232. 285.
286. 398.
s. auch Ausländerinnen
auf Fürstenthronen.
Frauenrecht 35. 36. 39.
64. 473-
Frauenwahlrecht in Au-
stralien und Neuseeland
473- .
Fredericksburg 409.
Freichristentum 504.
Freidenkertum französi-
sches 257. 274. 275.
Freie Durchfahrt 362.
— Luftballons
s. Unlenkbare Luftbal-
lons.
— Reichsstädte 417.
— r Gedanke 228. 231.
— r Güteraustausch 401.
— r Wille 183.
— Städte
s. Städterepubliken.
— es Wahlrecht
s. Wahlrecht.
Freigeister 182.
Freigelassene 85. 94.
Freigrafschaft Burgund
s. Franche-Comt^.
Freihäfen in China
s. Chinesische Frei-
häfen.
Freihandel 371 — 372. 396.
401.
— ssystem 371 — 372. 396.
Freiheit (politische, bür-
gerliche)
s. Politische Freiheit.
— der Person 188. 226.
289- 393- 306. 373. 402.
403. 443-
— en der Gallikanischen
Kirche 241.
— , Gleichheit, Brüder-
lichkeit 272. 352.
— sbestrebungen
deutsche 393.
der Balkanvölker 475.
— sidee 392. 538.
— skämpfe der Buren
442—443.
enghsche 219/220.
225. 228.
— — polnische 278 — 279.
306—307.
— skriege (Preußens)
336—348.
— sliebe nationale
(nord)amerikanische
266.
europäische 354.
französische 310.
— — persönliche (Frei-
heitsdrangj 293. 310.
Freikorps 278. 295. 327.
Freilassung französischer
Kriegsgefangener unter
Napoleon I. 343.
Freirehgiösität 257. 274.
Freischärlerkrieg
s. Guerillakrieg.
Freistaat
s. Republiken.
Freistädte der Hugenot-
ten 214.
Freiwillige italienische
390. 400.
— nauf gebot 298. 311.
Freizügigkeit 498.
— zwischen den Univer-
sitäten 216.
Fröjus 515.
Fremde, ihre Betrachtung
als Feinde bei den Chi-
nesen
s. Fremde Teufel.
— nfeindschaft der Ägyp-
ter 56. 539.
— Chinesen 463.
539-
S. auch Fremde Teufel.
— nlegion französische
487.
sangelegenheit 487.
„Fremde Teufel" (Chine-
sische Bezeichnung für
Ausländer) 463. 539.
Fremdherrschaft
deutsche in Elsaß-Loth-
ringen 426.
deutsche in Frankreich
(nach dem Kriege
zur Okkupation; 426,
englische in Indien 270
279.
französische in Deutsch'
land, Holland, Ita-
lien und Spanien 318
356.
österreichische in Ita
lien 355—356. 389 bis
391- 399-
österreichische in Polen
279. 307.
preußische in Polen
279. 306.
russische in Polen
278. 279. 280. 306 bis
307.
spanische in den Nie-
derlanden 198. 229.
628
Namen- und Sachregister
Fremdherrschaft spani-
sche in Portugal 201.
230.
Freunde Napoleons I. auf
St. Helena 344/345-
Friede 257—258. 345- 447-
— am Pruth 254.
— britischer im Britischen
Weltreiche
s. Pax Britanica.
— nsangebote französische
292 Nachtr.
— sbewegung 484 — 489.
— nsdrama 59 Nachtr.
— nsfürsten
chinesische 465.
enghsche 474.
römische 82.
— nsgerichtshöfe
Oberster Schiedsge-
richtshof im Haag 484.
485.
Internationales Schieds-
gericht im Haag 484.
Interparlamentarische
Konferenz zu Paris
484.
Parlament der Ver-
einigten Staaten von
Europa 484.
— nsgesellschaften 484.
519-
— nskongresse internatio-
nale
s. Internationale Frie-
denskongresse.
— nskongreß zu Chä-
tillon 338.
— nsliebe 44 mit Amn.
59 Nachtr. 229. 258. 260.
261. 268. 292. Nachtr.
382. 383. 398. 415- 440.
445. 462/463. 465. 472.
474- 483-
— nsnovelle 486 Anm.
— nspohtik 82. 445. 474.
538.
— nspräsenzstärke der
Heere 489.
— — europäische , ihre
Steigerung 435.
— nsschlüssQ zu Aachen
240. 262. 269.
— nssegnungen in Eu-
ropa vor dem Hundert-
jährigen Kriege 141 bis
142.
— nsvorschläge an Na-
poleon I. im ersten
Jahr der Freiheitskriege
Friede römischer
s. Pax Romana.
— zu Adrianopel 362. 476.
— — Amiens 320. 346.
Basel 304. 305. 308.
311.
— — Bukarest (als Ab-
schluß des Serbisch-bul-
garischen Krieges) 480.
— — — (als Abschluß
des Zweiten Balkan-
kriegesj 482.
Campo Formio 310.
312. 320.
— — Jassy 280.
— — Leoben 310.
— — Lausanne 450.
— — London
s. Londoner Friede
— — Lun6ville 319.
Nanking 466.
— — Nymwegen 230.
241.
Nystädt 253. 280.
— — Paris
s. Pariser Friede.
Pe-king 467.
Portsmouth 454.
Prag
(als gemeinsamer Ab-
schluß des Preußisch-
österreichischen und des
Italienisch - österreichi-
schen Krieges) 416-417.
418.
(im Dreißigjähri-
gen Kriege;
s. Prager Friede.
Preßburg 323.
Rastatt 246.
Ryswyk 244. 245.
San-Stefano478.479
Schloß Huljertus-
burg
s. Hubertusburger
Friede.
— — Simonoseki 453.
469.
— — Sistow 280.
Stockholm 253. 292
Nachtr.
Tilsit 324. 331.
— — Utrecht 246. 267.
— — Versailles 284.
Villafranca 399.
Friede zu Weselowo 280,
Wien V. J. 1736
259.
— — — — — 1809
s. Wiener Friede.
Friedland an der Alle 324,
Friedüche Beilegung der
internationalen Streitig-
keiten 484.
— Invasion Europas ins
afrikanische Eingebore-
nengebiet 448.
Japans in Korea
453-
Rußlands in Asien
457-
— — Rußlands in die
Mandschurei 453.
— r Wettbewerb unter
den Völkern s. Kon-
kurrenzkampf interna-
tionaler.
Friedrich I. Barbarossa
133- 138. 139-
— II. (Kaiser) 139. 140.
— III. (Kurfürst von
Brandenburg) 246. 260.
— VII. König von Däne-
mark 414. 415.
— Herzog von Holstein-
Augustenburg s. Fried-
rich Herzog von Schles-
wig-Holstein.
— Herzog von Kurland
237-
— Kurfürst von der Pfalz
207.
— I. (König von Preu-
ßen) 246. 260. 292.
Nachtrag.
— IL der Große (König
von Preußen; 259. 260
bis 265. 272. 277. 278.
292 Nachtrag.
— IL von Preußen als
französischer Schrift-
steller 277. 292 Nach-
trag.
— Herzog von Schleswig-
Holstein 415.
— August I. Kurfürst von
Sachsen s. August IL
der Starke, König von
Polen.
III. Kurfürst von
Sachsen s. Friedrich
August I. König von
Namen- und Sachregister
62g
Sachsen, Großherzog
von Polen und Herzog
von Warschau.
Friedrich August I. König
von Sachsen, Großher-
zog von Polen und Her-
zog von Warschau 324.
H. König von
Sachsen 393.
— der Weise, Kurfürst
von Sachsen 179. 180.
— Karl, Prinz von Preu-
ßen 416. 424.
Rotbart-Legende 138.
— Wilhelm von Branden-
burg, der Große Kur-
fürst 235, 260.
— Wilhelm I. König von
]^reußen 259. 260 — 261.
292 Nachtr.
II. König von Preu-
ßen 306.
III. — — —321.
323- 335- 339- 340.
341. 342. 382.
IV. — — — 392.
393- 394- 396.
nachmals Kronprinz
des Deutschen Reiches
416.
Friesen 117.
Friesland (holländische
Provinz, auch Staat ge-
nannt j 228.
— (Landschaft; 123.
Froissart 147.
Frömmigkeit s. Gläubig-
keit.
Fronde 233. 234. 247.
Frondienst 122. 126. 441.
Fröschweiler 421.
Frossard 421.
Fruchtbarkeit der schwar-
zen Rasse
s. Kinderreichtum der
schwarzen Rasse.
— im afrikanischen Große
Seen-Gebiete 436.
— in Ägypten 439. 444.
— in Birma 459.
— im enghschen Indien
458.
— im französischen Äqua-
torialafrika 447.
— in Kanada 265.
— im Kapland 441.
— im Kongostaat 437.
Fruchtbarkeit in Mexiko
410.
— in der Nigerebene 446.
■ — in Virginia 266.
Fruchtmonat
s. Fruktidor
Frührenaissance 149. 150.
Fruktidor 308.
Fugen 381.
Führung in Deutschland
s. Hegemonie in
Deutschland.
Fulbe 445 Anm.
Fulda (Ludwig) 521 An-
merkung.
FuUa 445 Anm.
Fulton (Robert) 366.
Fünfstromland (indisches)
s. Pandschab.
Fünfte Koalition gegen
Napoleon I. 336. 337.
338. 339- 343-
— r Kreuzzug 135.
Funkenstationen 517.
Funkentelegraphie 490.
516. 517—518. 521.
— ihre Theorie 523.
Funkentelegraphischer
Schiffsverkehr 517.
Furcht vor dem Weltkrieg
435-
Fürsten
s. Bundesfürsten
— (=Herrscher) 127. 131.
148. 151. 155. 208.233.
236. 237. 239. 276. 292.
Nachtr.
— abmachungen
s. Heilige Allianz und
Wiener Kongreß.
— eben 184. 185. 188. 196.
200. 204. 213. 232.286.
394- 398.
— vertrage
s. Heilige Allianz und
Wiener Kongreß.
Fürstlein
s. Duodezfürsten
Fürst von Elba 339.
— einstiger von Rumä-
nien 476.
Serbien 477.
Wied 481.
Fürth 367.
Fu-tschou-fu 466.
Gabon 71.
Gabriel (Erzengel; lio.
Gabun (Land) 435. 446.
— (Strom) 435. 437.
— -Handelsniederlassung
435.
Gades (Cadiz) 22.
Gage (General) 282.
Galante Verse
s. Madrigale.
Galba 89.
Galeere 200. 203. 242.
Galgenstrafe ehedem in
den Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika
407.
Galeotto (Span. Drama)
541. Nachtr.
Galiläa 87. 88.
Galiläer, galiläisch 88.
lOI.
Galilei (Galileo) 217. 219.
251- 537-
Galizien (polnisches) 279.
329-
— (spanisches j 156.
Gallien 37. 70. 72. 78. 84.
94. 97. 103. 104. 105.
106. 107. 128.
Gallier, gallisch 67. 69. 71.
78. 79. 84. 103. 298.
Galligai (Leonora) 213.
Gallikanische Kirche 241.
330.
— Kirchenerklärung 330.
Gallipoli 481.
Gallischer Krieg 78 f.
Galloromanen 106.
Galvani 292. 348. 373.
Galvanismus 292. 348. 349.
373-
Galvanoplastik 373.
Gama (Vasco de) 162.
163.
Gambetta (L^onJ 424. 439.
Ganges 271.
— ebene 271.
Garde s. auch Leibgarde
Gärfähige Flüssigkeiten
528. 529.
— Stoffe 528. 529.
Gärkeime, ihre Verbrei-
tung in Luft und Was-
ser 528. 529.
— , ihr Gedeihen in Nähr-
flüssigkeiten 529.
22 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
630
Namen- und Sachregister
Gärorganismen (Gär-
mikroben), ihre Keime
528. 529.
Gärungsvorgänge natür-
liche s. Natürhche Gä-
rungsvorgänge
Gargamisch 27.
Gargantua 177.
Garibaldi 390. 392. 396.
398. 400.
— aner s. Garibaldisches
Freikorps.
— sches Freikorps 400.
Garnier-Pages 387.
Gasbomben 490.
Gase 513. 514. 524.
Gasgranaten
s. Gasbomben
Gascogne 146.
Gaston von Foix
s. Foix (Gaston vonj
Gates (General) 283.
Gaurichter s. Scherifs
Gauß (Karl Friedrich) 348.
373- 374-
Gautier (Theophilej 378.
379-
Gay-Lussac 349.
Gazette de France 216.
Gebern (Parsenj 27.
Gebetkultus im chinesi-
schen Buddhismus 462.
Gebirgsindustrie mit Aus-
nützung derWasserkraft
523-
— krieg 327. 328. 329.
361. 384. 445. 450. 456.
477-
— Stämme kaukasische
s. Kaukasische Gebirgs-
stämme
— — des Himalaja 456.
Gebrechlichkeit der fran-
zösischen Kolonialmacht
in Hinterindien 460.
— des britischen Riesen-
reiches in Indien 459.
Geburtenrückgang bei
allen hochzivilisierten
Völkern und besonders
bei den europäischen
Völkern 498. 500. 502.
den Kulturvölkern
498-
hoher Zivilisation
502. 503.
— undseineUrsachen503.
Geburtenzunahme bei den
farbigen Rassen 502.
— — — slaw^ischen Völ-
kern 500. 502.
Gedanken s. Pens6es.
— austausch
s. Geistiger Verkehr.
— freiheit 274.
Geddes (Jenny) 222.
Gedenktag der Schlacht
bei Groschow
s. Groschow-Tag
Geeintes Deutschland
s. Einiges Deutschland
Gefahr der Entwicklung
der farbigen Rassen
504.
— — Rassenkreuzung
zwischen Schwarzen
und Weißen 448.
— einer Losreißung aller
Kolonien von den euro-
päischen Mutterländern
504.
— eines Zusammenstoßes
der Gelben Rasse mit
den Engländern und
Russen 470. 505.
— zukünftiger Rassen-
kriege ' und Bürger-
kriege nach Beseiti-
gung der Religions-
und Völkerkriege 497.
498. 505.
Gefangenenbefreiung 290.
— gemetzel 299.
Gefangennahme der Kö-
nigin Ranavälona I. von
Madagaskar und ihre
Wegführung nach Al-
gerien 449.
— des Papstes Pius VH.
330.
— Napoleons I. 344.
III. 422.
— Samorys 446.
Gefangenschaft 242. 321.
344. 345- 356. 422. 424.
s. auch Verhaftung.
Gefängnisse 290. 299. 356.
424.
Gegenbesuch der russi-
schen Flotte in Toulon
482.
Gegenreformation 207.
Gegenrevolutionäre Tätig-
keit 296. 362. 392. 393.
394- 395- 396.
Gegensatz zwischen den
landarbeitenden Buren
und den industriellen
Ausländern zu Johan-
nesburg 442.
Gegenseitigkeitsgefühl
s. Solidaritätsgefühl.
Gegenwart 367.
— wirküche des Leibes
180. 187.
Geheimbünde, Geheim-
verschwörungen in Rus-
sisch-Polen
s. Verschwörungen
— in China 466.
Itahen 355.
Geheime Verhaftsbefehle
274. 288.
Geigen 381.
Geiserich 103.
Geist des Christentums
378.
Geisterglaube chinesischer
462.
Geisteskrankheiten 533.
— leben
s. Kultur.
Geistiger Verkehr 369.
492. 516. 517.
GeistHchkeit 128. 130.
131. 180. 187. 241. 281.
285. 288. 289. 293. 295.
296. 297. 301. 305. 317.
353. 369. 411.
Gekrönte Gönner der
Wissenschaft 219. 274.
— Philosophen, Schrift-
steller und Dichter :
Friedrich II. der Große
261. 272. Nachtr.
Joseph IL 272.
Katharina IL 277.
Mark Aurel 93.
Gelbe Gefahr 453- 469-
— Rasse 4. 5. 104. 151.
164. 451. 453. 455- 460.
464. 465. 475- 503-
S. auch Mongohsche
Rasse.
, ihre Intelligenz
451.
Geldern 228.
Geldmacht
s. Plutokratismus und
Plutokratie.
„Gelehrte {Der) und das
KarnickeV 531. (532)
Anm.
Namen- und Sachregister
631
Gelehrte Gesellschaften
219.
— nfürsorgepflicht 534.
541-
— ngeschichte 273. 434.
457-
— nhaus 260/261.
— nheime 534. 541.
— nstiftungen, ihre Not-
wendigkeit 534.
Gelobtes Land (Palästina;
17. 18.
Gemäßigte Zone 407.
Gemeindebesitz an Grund
und Boden 402.
— Ordnung, Gemeinde-
verfassung
s. Städteordnung und
Landgemeindeordnung.
— rat
s. Stadtrat, Stadtverord-
netenversammlung.
— — von Paris
s. Pariser Gemeinderat.
Gemeine 138.
Gemeinparlament 289.
Gemeinsamer Kolonialbe-
sitz Deutschlands und
der Vereinigten Staa-
ten an den Samoa - In-
seln 47 1 .
Gemeinschaftsgeist des
Arbeiterstandes 369.
— gefühl
s. Solidaritätsgefühl.
Gemetzel, Metzelei 196.
207. 243. 325/326. 361.
411. 427- 456. 475- 478.
Gemischte Standgerichte
389-
— r Ausschuß zur Grenz-
regelung zwischen Af-
ghanistan und Turke-
stan 457.
Generalgouverneure (sibi-
rische) 452.
s. auch Generalstatthal-
ter.
Generalissimus aller japa-
nischen Heere 467.
— der südamerikanischen
Republiken 358.
— des K. u. K. öster-
reichischen Heeres 395.
409.
— — russischen Land-
heeres im russisch-ja-
panischen Kriege 454.
22*
Generalissimus des fran-
zösischen Heeres 413.
General und Generalleut-
nant als Heerführer
208. 223.
Generälewirtschaft in Me-
xiko 412.
in Spanien 418. 419.
Generalität 215. 263. 264.
298. 302. 303. 306. 309.
313- 314. 315- 319- 326.
327. 328. 329. 330. 335.
336. 337338. 343- 347-
353. 358. 409. 411. 416.
418. 419. 421. 422. 440.
445- 452- 454-478. 481.
Generalkommandobezirke
330.
— postmeister 518.
Generalstaaten, General-
stände
s. Landstände.
Generalstab preußischer
416.
Generalstatthalter 265.
267.
s. auch Generalgouver-
neure (von Sibirien).
Genesis
s. Schöpfungsgeschichte
Genf 154. 180. 183. 242.
313- 487-
Genfer 256. 275. 286.
— Alabama - Schiedsge-
gerichtsspruch 487.
„Genie da Christianisme
{Le)" 378.
Genossenschaften
s. Wirtschaftsgenossen-
schaften.
Genossenschaftsleben 272.
369-.
— Sozialismus 496.
— wesen 272. 370. 496.
Genoveva 104.
Gent 154. 196. 199.
Genua 139. 159. 160. 235.
241. 310. 314. 319. 321.
347- 390-
Genuesen 159.
Genügsamkeit der Chine-
sen 465.
Geodätisches Institut (Kö-
nigl. Preußisches) 519.
Geologie
in England 375. 428.
in Frankreich 375.
Geometrie 249.
Georg I. von England
258.
— II. 258. 263. 292.
Nachtrag.
— III. 282.
Georgia (in Nordamerika)
281.
Gerhardt (Karl Friedrich)
375-
Gerichtsbräuche 274.
— gewalt der Kirche in
England vor Wilhelm
dem Eroberer 130.
— höfe
bürgerliche 228. 484.
485. 488.
gräfliche 124. 126.
kirchliche 124. 130.
s. auch Friedensge-
richtshöfe.
— Ordnung, Gerichtsver-
fassung
englische 2 -8.
französische 297.
russische 255
— wesen 488.
Germanen, Germanisch
77. 92. 102. 104. 105.
106. 108. 120. 207.
— tum 130.
Germanien 84. 102. 105.
106. 107. 117. 128.
Gerson 148.
Gerusia 34.
Gesamtbudget 506. 507.
509.
Gesamtkonsum 506.
Gesamtliteratur
s. Literatur.
Gesamtwille des Volkes
s. Volkswille.
Gesandte 420. 465. 467.
s. auch Botschafter.
— nmord 315.
Geschäftsträger
s. auch Bevollmächtigte
Geschäftsträger.
Geschichte der Bürger-
kriege 410.
Medizin 46. 526.
528. 530. 531. (532)
Anm. 2. 532.
, ihre Gliede-
rung in die beiden Pe-
rioden vor und seit Pa-
steur 528.
632
Namen- und Sachregister
Geschichte der Mensch-
heit I. 91. 153. 290.
'427. 461. 498. 527. 538.
s. auch Zweiteilung der
Geschichte der Mensch-
heit.
Wissenschaften
s. Gelehrtengeschichte.
„ — Frankreichs" 380.
Geschichtsforschung wis-
senschaftliche 503.
s. auch Historik.
■ — künde s. Historik.
— Philosophie französi-
sche 274.
— Schreibung der Luft
Schiffahrt 513.
— Unterricht für die Ju-
gend 334.
— voraussa^ung 503. 505
Geschütze
s. Kanonen.
Geschworenengerichte in
England 273.
Gesellschaft Jesu 187.
Gesellschaftliches Leben
unter Ludwig XIV. 247.
Gesellschaftsentwicklung
in Frankreich 247.
Gesellschaftsvertrag
s. Contrat social.
Gesetzentwürfe des Na-
tionalkonventes 305.
Gesetzestafeln 21.
Gesetzgebende Gewalt
s. Legislative Gewalt.
— Nationalversammlung
s. Legislative.
Gesetzgebungen und Ge-
setzessammlungen 21.
34. 2>T- 108. 109. III.
119. 129. 268. 305. 318.
345. 365. 407. 443. 468.
473- 491-
Gesetzreform in England
365.
Gesetz von der Erhaltung
des Stoffes (Lavoisier-
sches Gesetz) 291.
Gesichtsnerven, ihre Funk-
tionen 376.
Gesinnungstüchtigkeit
s. Politische Ehrenhaf-
tigkeit.
Gesinnungswechsel Talley-
rands 339.
Geßncr 351.
Gesundheitsämter staat-
liche und städtische
s. Sanitätsbehörden.
Gesundheitsreformen
s. Soziale Gesundheits-
reformen.
Getreideausfuhrverbot
239-
— bau 369. 405. 452. 493.
529.
— handel 286. 405.
— preise
s. Steigen der Getreide-
preise.
Sinken .
— reichtum
in Südsibirien 452.
in den Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 405.
Geusen 197.
Gewaltfriede 425.
— herrschaft
s. Tyrannei, Tyrannen-
wirtschaft.
Gewaltpolitik 415. 422.
426. 427.
^ — prinzip 290. 415.
— religiöse 188.
Gewehre, ihre Vervoll-
kommnung 416. 420.
435- 455- 468. 490.
Gewerbe in der asiati-
schen Türkei 458.
in Frankreich 193.
— fleiß rumänischer
s. Rumänischer Ge-
werbefleiß.
— reglementierung 239.
— treibende 258.
— Verstaatlichung.
s. Verstaatlichung von
Gewerben.
Gewerbliche Chemie 430.
Gewerkschaftswesen 370.
496.
Gewerkvereinswesen
s. Gewerkschaftswesen.
Gewinnsucht (Habsucht)
englische 270/271.
Gewissensfreiheit
s. Religionsfreiheit.
Gewohnheitsrechte 127.
345- 365-
Ghibellinen 140.
Ghiberti (Lorenzo) 150.
Gibbon 275.
Gibraltar 22. 123. 245.
246. 284. 413.
Giftlehre
s. Toxikologie.
Gilgamesch (Nimrod) 16.
Gioconda 171.
Gioja (Flavioj 1 59.
Giotto 150.
Girardin (Madame E. de)
379-
Gironde (Strom) 123.
— , Girondisten (Partei)
300. 301. 303.
Girondistenprozeß 303.
Gladiatoren 86.
Gladstone 417.
Glanduläre Nerven 429.
„Glänzende Vereinsa-
mung" 491.
Glasgow 495.
Glaskolben(behälter)
s. Retorte.
— perlen.
— waren 406.
Glaubensabschwörung
s. Übertritt.
— einheit 243.
— fanatismus
katholischer 200.
mohammedanischer
113. 279.
— wut
s. Fanatismus.
Gläubigkeit
altrömische 65. 125.
130. 136.
der Kapburen 441.
deutsche 415.
mittelalterliche 141.
nordamerikanische 221.
267.
österreichische 354.
schwedische 252.
z. Zt. der Reformation
179. 185. 192. 208.
z. Zt. des Dreißigjäh-
rigen Krieges 209.
z. Zt. des Urchristen-
tums 89. 186. 187.
z. Zt. Friedrich Wil-
helms I. 261.
Gleiches Fähigkeitsmaß
der Chinesen mit ihrem
japanischen Bruder-
volke 469.
— Wahlrecht
s. Allgemeines Wahl-
recht.
Namen- und Sachregister
633
Gleichgewicht
s. Europäisches Gleich-
gewicht.
— der Himmelskörper
250.
Kräfte 291. 376.
— slehre 250. 291. 376.
Gleichgültigkeit (religiöse^
s. Religiöser Indifferen-
tismus.
— der einzelnen Soldaten
der feindlichen Kriegs-
parteien gegeneinander
397.
Gleichgültigkeit der euro-
päischen Regierungen
gegenüber den armeni-
schen Greueln 456.
Gleichheit (allgemeine)
276. 491.
— vor dem Gesetze 387.
491-
Gleichnisse 99.
Gleichstellung der Neger
mit den Weißen in
Nordamerika
s. Negeremanzipationen
in Nordamerika.
GleitfÜeger
s. Aeroplane.
Gliedstaaten
s. Einzelstaaten.
Glockentürme 150.
Gloire französische
s. Französischer alter
Kriegsruhm.
— Napoleons
s. Napoleons Kriegs-
ruhm.
Goa 163.
Gobelinfabriken (staat-
liche) 239.
Gödöllö 394.
Godoy (Manuel de) 325.
326.
Goethe 32. 299. Anm. 351.
377- 378. 379-
Gogol (Nikolaus) 377.
Gohier 316.
Goito 390.
Gold 166. 196. 201. 203.
208. 357. 405. 419. 506.
— ausbeutungsgesellschaf-
ten 442.
— ausfuhr 506.
— bergwerke am Klon-
dyke 506.
Goldbergwerke bei Jo-
hannesburg 442,
in Australien 414.
473. 506.
— Guyana 506.
— Kalifornien 506.
— Mexiko 506.
— Nordamerika
405. 406.
Sibirien 452.
Transvaal 444.
506.
— förderungsmaschinen
442.
— gewinnung 369. 405.
406. 414. 442. 506.
— grubenbesteuerung
442.
— handel 405. 442. 506.
— Industrie 442. 506.
— kurs 506.
— reichtum 444. 506.
— Schmiedekunst 149.
Golfe de Juan 341.
Golgatha 108.
Gorgey (General) 394.
Gorgias 108.
Gortschakow 417.
Görz (Grafschaft) 329.
Goten 102. 103. 109.
Gotische Kunst 125. 141.
177- 249. 380.
— s Reich 102.
„Götterdämmerung"
(Wagnersches Musik-
drama) 433.
Götterlehren
s. Mythologie.
Gottesdienstordnung 185.
186. 222.
— frieden 124.
— gnadentum der Herr-
scher 130. 220. 238.
241. 290. 295. 318. 342.
346. 347. 354.
— sohnschaft 88.
Gottfried von Bouillon
133-
Gottheit Christi 181.
„Göttliche Komödie" 149
Götzenbilder 89. iio.
— dienerei 89. iio. 125.
461. 462.
S. auch Fetischismus.
„Götz von Berlichingen"
351-
Goujon (Jean) 177.
Gounod (Charles) 433.
Gouverneur
s. Festungskommandant
Grabmal der Mediceer
172.
Gracchen 76.
Graf der Provence
s. Ludwig XVIII.
Grafen
s. Comites.
— titel 96. 119. 120. 121.
126. 340. 342. 345. 452.
482.
Grafschaften 124. 340.
Grammatik und Stil der
Französischen Sprache
215/216.
Gramme (Zenobe-Th^o-
phile) 522. 523.
Gramont (Herzog von)
419. 420.
Granada (Königreich) 157.
— (Stadt) 115. 154. 156.
157-
Granaten 490.
Granikus 51.
Gransen 168.
Grant (General und Prä-
sident Ulyses Sidney)
409. 410.
Graphische Darstellungen
zu medizinisch - diagno-
stischen Zwecken 527.
Gratian 10 1.
Gravelotte 421.
Green wich 519.
Gregor VII. (Papst) 130.
131- 38Q.
— IX. - 139-
— XIII. — 190.
Gregorianische Musik 380.
Grenadiere (französische;
316.
— (russische) 306.
Grenoble 288.
Grenzberichtigungsver-
handlung russisch-chi-
nesische 452.
— gebirge zwischen
Europa und Asien 455.
— pfähle 96.
— schütz 308. 315.
— Vereinbarung zwischen
England und Rußland
über Afghanistan und
Turkestan 457.
634
Namen- und Sachregister
Griechen 9. 13. 18. 23.
29. 53. 64. 65. 76. 87.
97. 99. III. 132. 152.
360. 361. 475. 481. 482.
— im neugeplanten alba-
nischen Reiche 482.
— in dem nichtgriechi-
schen Teile des Balkan
477-
der Türkei 477.
— land (das altej 23. 29.
30 ff. 63. 64. 68. 70.
75. 85. 97. 102. 103.
152. 248. 362. 536.
(das neue) 58. 354.
360. 361. 362. 476. 479.
481. 482. 506. 507. 508.
— tum (alte)
s. Hellenismus.
Griechisch 479. 484.
— , griechische Sprache
und Literatur 8. 37. 48.
53- 57- 69. 79. 83. 84.
87- 95- 434- 535-
S. auch Neugriechisch.
— e Katholiken 458.
— er ßefreiungskrieg 361.
362. 476.
— es Alphabet 535.
— e Orthodoxe
s. Griechische Katho-
liken.
— -orthodoxe Christen
Katholiken
s. Griechische Katho-
liken.
— — Religionen 99. 109.
134. 236. 276. 278. 478.
— -römische Kultur 108.
109.
Grigris 64.
Grodno 306.
Groningen 228.
Grönland 123. 158.
Groschow 403.
— -Tag 403.
Großbritannien 106/107.
124. 128. 204. 365. 489.
499. 500. 504. 506. 507.
508. 509. 512. 516.
S. auch England.
Großbulgarien 479.
Großdeutsche Idee 393.
Große (Der, Die) als Für-
stenbeiname und Bei-
name berühmter Män-
ner 53. 107. 114. 116.
118. 119. 120. 121. 125.
126. 138. 176. 204. 207.
260. 303. 308. 348.
Große Antillen
s. Antillen (Große).
— Armada s. Armada.
— Armee 332. 333. 334.
— Mauer der Chinesen
s. Chinesische Mauer.
— Revolution
s. Revolutionen.
„Grosser Herr'' (Japani-
scher Ehrentitel) 467.
— Ozean
s. Stiller Ozean.
Große Seen-Gebiet (afri-
kanisches) 436. 438. 447.
in Afrika 440.
— s Jahrhundert (als
Epochenbezeichnung)
271.
Großfürsten 237.
-Thronfolger
s. Zarewitsch.
Groß-Görschen 336.
— -Griechenland 36. 37.
69. 70. 72.
— herzogtümer 259. 306.
324. 329. 331. 354. 399.
— herzogtum Polen 324,
329-
— Industrie 366. 367.
— Inquisitor 157.
— -Jägersdorf 264.
— mächte asiatische 460.
— — ehemalige europä-
ische : Schweden 236,
252.
Spanien 175. 195. 196.
356- 357-
— — europäische 382.
398. 434- 475- 476. 477-
478. 483. 487.
— machtsentscheidung
364-
— machtstellung Ameri-
kas 281.
— Englands 265.
— Preußens 262.
265.
Rußlands 237.
280.
— — — Spaniens 175.
195 bis 196. 356. 357.
Großmoguls 268. 270.
Großstädte afrikanische
442. 444. 494- 495-
— australische 494.
— belgische 495.
Großstädte deutsche 494.
495-
— englische 365. 494.
495-
— europäische 492. 494.
495-
— französische 495.
— holländische 495.
— in tabellarischer Über-
sicht 495.
— italienische 494. 495.
— japanische 494. 495.
— nordamerikanische
494- 495-
— österreichische 495.
— polnische 494. 495.
— russische 494. 495.
— spanische 495.
— südamerikanische 494.
495-
— türk-ischq 495.
Groß stadtgegnertum 44 1 .
442.
— — Proletariat 495. 496.
— — Wahlkreise englische
365- 501-
Größter Menschenreich -
tum in China 501.
Großwesire 254. 279.
Grouchy (Marquis von
General) 343.
Grubenarbeiterschaft 369.
442.
Grundbesitz 138. 305. 371.
506.
er ländliche
s. Agrarier.
Grund herrlicher Boden \ 46.
Grundsteuer (staffeiför-
mig) in Australien und
Neuseeland 474.
Grundton 430.
Grund und Boden
s. Grundbesitz.
Gründung der Republik
Panama unter dem Pro-
tektorat der Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 471.
— des Fürstentums Ru-
mänien 476.
Neuen Deutschen
Kaiserreiches 425. 426.
— Louisianas durch fran-
zösische Ansiedler 267.
405.
— von Universitäten 177.
178. 179. 181. 204. 536,
Namen- und Sachregister
635
Grünfutterbau 493.
Guadeloupe 215. 472.
Guatemala 166. 359.
Gudin (General) 356.
Guerillakrieg 278. 295.
327. 329. 443.
Guerrilleros 327. 329.
Guillotine 302.
Guinea 159. 438. 446.
Guise (Herzog von)
s. Heinrich Herzog von
Guise.
— (Prinzessin Maria von;
s. Maria von Lothrin-
gen.
Guisen 189 — 192.
Guizot (Frangois) 379.
Gullivers Reisen 275.
Günstlingswirtschaft unter
Isabella II. von Spanien
419.
— — Katharina II. 277.
— — Ludwig XVI. und
Marie Antoinette 287.
Gustav III. (König von
Schweden) 280.
— Adolf 235. 236. 250.
336.
— Wasa 209.
Gutenberg (Johannes) 153.
493-
Güteraustausch im Zu-
kunftskriege 490.
— gemeinschaft 76.
— konfiskation 341. 363.
— verkehr 367. 516. 518.
Gutsbezirk 155.
Guttyburg 409.
Guyana
s. Britisch-Guyana.
Französisch —
Holländisch —
— Schiedsgerichtsspruch
487.
Gyges 35. 39.
Haag (Der) 229. 292.
Nachtr. 484. 485. 486.
487- 489-
— — ab Friedensvermitt-
lungsstätte 292 Nachtr.
— er Konferenzen 485.
486.
— er Schiedsgerichtshof
s. Oberster Schiedsge-
richtshof im Haag.
Haarlem 154. 228.
Habeas corpus bill 226.
Habgier
s. Raubgier.
Habsburg (Herrscher-
haus) 146. 196. 212.
297. 392.
— er 138. 146. 206. 207.
329-
Hadrian 92.
Häfenbeschießung Mada-
gaskars
s. Beschießung von
Häfen Madagaskars.
Hafensperre Chinas 463.
— im amerikanischen Se-
zessionskriege 409.
Häfenzölle 321.
Haferbau 493.
Haiti 161. 304.
Halbabsolutismus des Für-
sten Alexander von Ru-
mänien 476.
Halbbarbaren
s. Barbaren.
Halbchristentum der Ho-
wa 449.
Halbschwarze
s. Mulatten.
Halbsklaverei 441.
Halbstarre Luftschiffe
514.
Halbzivilisation der afri-
kanischen Königreiche
-435-
— — Hindus 499.
Indochinesen 499.
504.
der kaukasischen
Gebirgsstämme 455.
Malaien 499.
— von Ägypten 499.
Algier und Tunis
446. 499. 504.
China 499.
Japan 499.
— — Khiwa und Bu-
chara 456.
Halia 34.
Halifax 472.
Hals (Franz) 232. 249.
Haltung eines französi-
schen Okkupations-
korps in Rom durch
Napoleon III. 417. 418.
ständigen Heeres
in Marokko 445.
Halvaredo (Pedro de) 164.
Ham 387.
Hamburg 147. 180. 331.
493. 494.
Hamlet 205.
Hammelzucht 413.
Hampden (John) 221.
Handel
— afrikanischer 446.
— althellenischer 37. 535.
— altrömischer 67.
— arabischer 115.
— chinesischer 459. 462.
463.
— deutscher 212.
— englischer 325. 357.
466. 494.
— englischer in China
s. Enghscher Handel in
China.
— europäischer 412. 466.
— europäischer in China
s. Europäischer Handel
in China.
— französischer 168. 241.
266.
— holländischer 199. 230
bis 231. 440.
— in der Asiatischen Tür-
kei 458.
— indischer 163. 459.
— kretischer 31. 535.
— nordamerikanischer
404. 405.
— phönizischer 22. 535.
— portugiesischer 163.
164. 230. 466.
— portugiesischer in
China
s. portugiesischer Han-
del in China.
— russischer 456.
— russischer in Afghani-
stan und Persien
s. Russischer Handel in
Afghanistan und Per-
sien.
— schwedischer 209.
— spanischer 201. 234.
357-
Händel (Georg Friedrich)
Komponist 381.
Handelschemie 375. 430
bis 431.
Handelsflotten :
englische 325. 512.
französische 239. 321.
holländische 231. 321.
portugiesische 325.
636
Namen- und Sachregister
Handelsfreiheit 72. 286.
371. 396. 401.
Handels-, Finanz- und
Steuerwirtschaft 505 bis
510.
— gesellschaften französi-
sche 269.
— häfen 239. 254. 321.
325. 327. 405. 409. 411.
445- 449- 451- 452. 453-
459. 466.
— interessen 515.
— marine
s. Handelsflotten.
— ministerium 239.
— monopol für Indien
269.
— niederlassungen an den
Strommündungen in
Afrika 435.
am Kap der Guten
Hoffnung 440/441.
der Phönizier, Kre-
ter und Hellenen 22.
31- 37- 535-
— politik 401. 494.
— Privilegien
s. Handelsvorrechte.
— schütz 239. 371.
— Staaten:
Deutsche freie Städte
147-
England 357. 466. 494.
Genua 159.
Holland 184. 231.
Jonien 34.
Karthago 71.
Neapel 159.
Phönizien 22 — 23.
Portugal 325. 466.
Spanien 357. '
Venedig 134. 149.
— Städte
englische 494.
Newyork 281.
— Vertragspolitik 401.
zwischen England
und Frankreich unter
Napoleon III. 401.
— Völker
s. Handelsstaaten.
— Vorrechte 269.
— Zölle 321, 471.
Handel und Wandel
(Handel und Verkehr;
142.
Handstreich Mac Mahons
s. Mac Mahons Hand-
streich.
Hand Weberei 371.
Handwerker 127. 157. 231.
370. 371. 384. 420. 496.
Hängende Gärten der Se-
miramis 1 6.
Hannibal 72 — 75. 104.
209.
Hanno 70. 158.
Hannover (Königreich u.
Provinz) 180. 321. 323.
416. 417.
— (Herrscherhaus) 258.
263.
Hannoversche Frage im
Dritten Koalitionskriege
gegen die Erste Fran-
zösische Republik 323.
— Siebenjährigen
Kriege 262.
Hansa 147.
— Städte 331.
Harem 139. 238.
Harmakis ii.
Harmlose Erkrankung bei
Schutzimpfungen 530.
Harmloses Bazillentoxin
531-
Harmonische Töne 380.
Harn, seine chemischen
Reaktionen 527. 528.
— Stoff 375. 429. 527.
Harold 129.
Harun al Raschid 119.
Harvey (William) 216.
218. 219. 250. 537.
Hastings 124. 129.
Hasdrubal 73.
Haudegentum 261.
Häuptlinge afghanische
457-
— afrikanische
s. Negerhäuptlinge.
— arabische in Algier
384. 385.
— (Herrscher) indische
270. 278. (
Hauptmannschaft 440.
Hauptstadtverkehr 367.
Haus der Gemeinen 138.
224. 258. 365.
Hausgesetze 127.
— kriege 244. 260. 263.
393-
Hausmachtspolitik öster-
reichische 480.
Haustiere, ihre Zähmung
535-
Hawai-Inseln 471.
Hausmeiertum fränkisches
467.
— japanisches 467.
Höbert 302.
Hebräer (Juden) 16 ff.
21. 22. 23. 24. 25.
27. 57. 87. 88. 89.
91.
Hebräisch 20. 23. 54.
Hebung der Bodenschätze
Rußlands 483.
— des Menschen-
geschlechtes 540. 541.
menschlichen Da-
seins 534. 541.
Wohlstandes 368.
541.
Hedschra 110/ in.
Heer s. Armee.
— esausgaben 175. 196.
239- 345- 346. 431. 434-
489. 493. 507. 509. 534.
539-
s. auch MiUtärausgaben
(-lasten).
— esausgaben, Notwen-
digkeit ihrer gründli-
chen Einschränkung
auf Kosten des Budgets
für Wissenschaft und
Kunst 431. 493. 534.
— esausrüstung 338. 416.
42 1 . 48 1 .
— esbewaffnung 260.
— esbewilligungsrecht
228.
— esbudget
s. Heeresausgaben und
Militärausgaben.
— esetat
s. Heeresausgaben und
Mihtärausgaben.
— eslast 175. 196. 239.
345. 346. 431- 434- 489-
s. auchHeeresausgaben,
Militärausgaben.
— esorganisation im
Kriege, französische
424.
— espflicht
s. Militärpflicht.
— esverproviantierung
s. Verproviantierung
des Heeres.
Namen- und Sachregister
637
Heeresreform
allgemeine europäische
nach dem Deutsch-
Französischen Kriege
434/435- 489- •
französische unter Lud-
wig XIV. 239. 240.
Napoleon I. 318.
österreichische unter
Kaiser Franz Joseph
399-
russische 482/483.
serbische unter König
Milan I. 477.
— eswesen
afghanisches 457.
deutsches 174 — 175.393.
englisches 174 — 175.
französisches 168. 174.
175. 193. 215. 239.
240. 298. 303. 304.
308. 309. 319. 322.
328. 336. 338. 341.
346. 445.
griechisch-mazedoni-
sches 49.
indisches (englisch-indi-
sches) 458.
italienisches 398. 400.
japanisches 454. 455.
468. 469.
neueres ägyptisches
382.
nordamerikanisches
408. 470.
österreichisches 397.
piemontesisches 398.
polnisches 278. 306.
328. 403. 404.
preußisches 260. 261.
420. 421.
römisches 65 — 67.
rumänisches 480.
russisches 255 — 256.
324. . 483-
schwedisches 252.
serbisches 477.
türkisches 475. 481.
Hegemonie in Deutsch-
land 355. 393. 415. 416.
418. 480. 482.
s. auch Deutsches Bun-
despräsidium. ~
s. auch Vormachtstel-
lung.
Heideck (Oberst) 361.
Heiden 89. 99. loi. 105.
HO. 113. 117.
Heidentum 9g. 100. loi.
172. 179.
Heilige Allianz 348. 352.
354- 355- 360. 361. 362.
390. 415. 417.
s. auch Fürstenver-
träge.
„Heilige Familie" (Ge-
mäldegegenstand) 172.
— nbilder 109. 125. 172.
184.
— nkult 125.
— nleben 125.
— r Berg 62.
— r Krieg der Moslems
384. 446.
— r Krieg gegen die Tür-
ken 152.
— r Vater
s. Papst.
— s Abendmahl 171. 180.
„Heiliges Abendmahl"
(Gemäldegegenstandj
171.
— Schrift (Bibel; 17. 19.
20. 21. 28. 31. 57. 153.
154. 182. 187.
(indische; 461.
— s Grab 132. 134.
— s Land 132. 133.
Heilkunde
altägyptische 12.
altgriechische 46.
chinesische 464.
deutsche 529. 531.
englische 376. 526. 527.
529.
französische 136. 376.
526. 527. 528. 529.
530- 531-
internationale 534. 540,
541.
italienische 136.
nordamerikanische 376.
— , ihr Aufbau auf rein
wissenschafthcher For-
schung 429. 531. 534.
541.
— , ihre Befreiung von
den Fesseln veralteter
Empirik 429. 531.
Heilserum 531.
Heimatüebe
s. Seßhaftigkeit.
Heimatschutz 311.
Heimkehr (Rückkehr) der
Emigranten s. Emi-
grantenrückkehr.
Heinrich IV. deutscher
Kaiser 124. 130.
— VI. König von Eng-
land 144.
_ VII. — — — 146.
173.
— VIII. — — — 173.
174. 175- 184. 185. 346.
— I. — — Frankreich
176.
— IL 188.
— III. — 189. 190.
191. 192.
— IV. 188. 189,
192. 193. 194. 213. 219.
242. 265.
— der Seefahrer 159.
— Herzog von Guise 189.
190. 191.
— legende 194.
— Tudor
s. Heinrich VII. von
England.
Heiratsgeschichte Napo-
leons I. 329. 336.
— • Politik des Hauses
Habsburg 394.
Napoleons I. 329.
336.
Heißes Klima von Khiwa
und Buchara 456.
Heiße Zone 406.
Heldendramen 205.
— mut
s. Heroismus.
— roman
s. auch komischer Hel-
dcnroman.
— Zeitalter
s. Episches Heldenzeit-
alter.
Helena (Gattin des Mene-
laos) 32.
— (Mutter des Kaisers
Konstantin) 97.
Heliogabal 94.
Heliumgas 524.
Hellas (das alte Griechen-
land; 23. 29. 30 ff. 63.
64. 68. 70. 75. 85. 97.
102. 103. 152. 248. 362.
— (das neue Griechen-
land) 58. 354. 360. 476.
479. 481. 482. 506. 507.
508. 535.
Hellenen 360. 361. 475.
535-
638
Namen- und Sachregister
Hellenentum (altes)
s. Hellenismus.
Hellenismus 54. loi. 368.
Hellenisten 182.
Hellenischer Kongreß zu
Epidaurus 361.
Hellenisches Volk und
hellenisches Reich,
seine Unterwerfung
durch die Römer 58.
536.
Hellespont 22. 41. 50.
Helmert (Professor) 519.
Helmholtz (Hermann von)
374. 428. 429. 430. 517.
Heloten 34.
Helvetien 79.
Helvetische Republik 315.
320.
Helv^tius 272. 275.
Henkertod 184. 185. 197.
201. 205. 207.224. 226.
227. 237. 242. 243. 277.
301. 302. 303. 363. 407.
466. 505.
Hennegau 198.
Henriette von Frankreich
220.
Henry (Patrick) 282.
Hephäst 45.
Heraklea 70.
H6ricourt (Mediziner) 531.
— (Ortschaft) 424.
Heringsdorf 367.
Herkules 19. 31.
„Hernani'" 378.
Herodes 192.
Herodot 16. 44.
Heroisches Zeitalter der
Medizin 529.
Heroismus 42. 50. 118.
333- 343- 360. 363. 392.
395. 404. 408. 410. 421.
423. 427. 437. 442. 454.
474. 478. 479-
Herrenhaus (preußisches)
416. 491. Anm.
— mitglieder preußische
s. Ernennung der preu-
ßischen Herrenhausmit-
glieder.
Herrensitz 123.
Herrschaft der Hundert
Tage 340.
Naturwissenschaft
s. Naturwissenschaft!.
Zeitalter.
Herrschaft der Weißen
Rasse über die anderen
Menschenrassen
s. Weiße Rasse, ihre
geistige Überlegenheit
und Herrschaft über die
anderen Menschenras-
sen.
Wissenschaft 291.
293- 316. 318. 348. 352.
366—367. 368. 427. 540.
— des Gemeinderates zu
Paris
s. Pariser Commune.
Herrscher s. Fürsten,
auch Emire (für die
orientalischen Islam-
völker), auch Schah
für Persien).
— anbetung
chinesische 465.
französische 346.
römische 81.
— Popularität 262. 340.
Herrschsucht 412.
Heruntergehen voraus-
sichtliches der Gebur-
tenziffer bei allen euro-
päischen Völkern 503,
Hertz (Heinrich; 517. 523.
— sehe (Schwingungs-)
wellen 517.
Herzbeschwerden 526.
527.
Herzegowina 477/478. 479.
Herzklopfen 526.
Herzliches Einvernehmen
483-
H erzogspr oklamation
Friedrichs von Augu-
stenburg in Schleswig-
Holstein 415.
Herzogtitel 96. 126. 146.
211. 234. 343. 419. 427.
Herzogtum
Burgund 168. 196. 244.
Flandern 196.
Holstein 414.
Kurland 256.
Lothringen 244. 259.
Luxemburg 243. 244.
Modena 399.
Sachsen 146.
Savoyen 168. 211. 235.
243. 244. 246. 259.
Schleswig 414.
Warschau
s. Großherzogtum Po-
len.
Herzogtümer
Deutsche 146. 235. 355.
364. 414-
Englische 220. 221. 243.
244.
Italienische 211. 235.
259-
— {Die beiden) Schles-
wig und Holstein 414.
415. 416. 417-
Herzog von Buckingham
s. Villiers (George;
— — Österreich 146. 206.
Sachsen 146.
Strafford
s. Wentworth (Tho-
mas).
Herzöge von Burgund
168.
Hessen (Volksstamm) 337.
— Cassel 417.
Hetärien 361.
Hetman 252.
Hetzpresse 483. 484. 486.
Hexenglauben 145.
Hidalgos 328.
Hieb- und Stoßgewehr
240.
Hierarchie
s. Priesterhierarchie.
Hieroglyphen 8. 15. 23.
535-
Himalaya 456. 457. 461.
— ausläufer (nördliche;
457-
— Völker 456.
Himmelsfernrohr 217,
Hindostan 268. 270.
Hindostanisch, hindosta-
nische Sprache und Li-
teratur 385.
— e Sitten 385.
Hindus 32. 268. 269. 385.
461. 474. 499-
Hineinwachsen in die
sozialistische Gesell-
schaftsordnung 497.
Hinrichtung Ludwigs
XVI. 301.
Hinterasien 455.
— östlichstes
s. Ostasien äußerstes.
— indien 459. 460. 461.
467.
Namen- und Sachregister
639
Hinterindisches Kolonial-
reich Frankreichs
s. Indochinesisches Ko-
lonialreich Frankreichs.
Hinterladegewehr
s. Dreysegewehr.
Hinterland afrikanisches
s. Britisch - westafrika-
nisches Küstenhinter-
land.
— der Elfenbeinküste
446.
— von Senegambien 445.
Hinterpommern 212.
Hippo (heute Bona) 103.
384.
Hippokrates 46. 526.
Hiram 23.
Hirondelle (franz. Schiff;
431-
Hirsch (Maxj 496.
Hispano-Römer 114.
Hirten- und Jägervölker
s. Nomaden.
„Histoire de France" 380.
Historik
ägyptische i.
alexandrinische 57.
altgriechische 44. 83.
535-
chinesische 464.
englische 275.
französische 147. 369.
379/380.
mittelalterliche 105.
129.
neupersische 457.
römische 60. 68. 83.
91.
spanische 419.
Hitze als Desinfektions-
mittel 529.
Hitzemonat s. Thermidor.
Hobbema 232.
Hochbahn 511. 523.
Hochbauwerke 513.
Hoche (Armandj 520 An-
merk. 531. (532 j Anm.
Hoche (Generale 303. 308.
312.
Hochkirche
s. Anglikanische Kirche.
Hochland von Afghani-
stan 457.
— — Pamir 457.
Hochofenwesen 371.
Hochschulen
s. Arabische Hochschu-
len.
Hochschulwesen 510.
Hochstädt 245. 319.
Höchstes Wesen (Gott-
heitsbezeichnung) 302.
Hochverrat (königlicher)
296.
„Hochzeit des Figaro"
287.
Hof chinesischer 452. 465.
467- .
— Elisabeths von Ruß-
land 272.
— Friedrich des Gro-
ßen 247. 272.
— Josephs II. 272.
— König Josephs (Bon?
parte) von Neapel und
Spanien, zu Madrid
328.
— kamarilla französische
287.
s. auch Camarilla.
— Karls II. von England
247.
— Karl Emanuels I. von
Sardinien 247. 272.
— Katharinas II. von
Rußland 276.
— leben (Palastzeremo-
niell) 84. 85. 107. 108.
109. 120. 233. 242. 245.
246. 247. 260. 272/273.
276. 286. 318. 328.
— Ludwigs XIV. 239.
247. 318.
XVI. und Marie
Antoinettes 286 — 288.
XVIII. 340.
Hofmann (August Wil-
helm von) 430.
Hofpartei 286. 323.
— politik
chinesische 452.
französische 286. 287.
— schranzentum 263.
— spräche 247.
Hohe Arbeitslöhne in den
Vereinigten Staaten
473-
Hohenlinden 319.
— staufen 138. 146.
Hohenzoliern (Herrscher-
haus) 235. 419.
— dynastie in Rumänien
476.
Hohenzollernkandidatur
in Spanien
s. Thronkandidatur des
Prinzen Leopold von
Hohenzoliern in Spa-
nien.
Hohe Pforte
s. Türkische Regierung.
Höhepunkt Napoleons HI.
412.
Höhere Lehranstalten (ihr
Unterrichtsbetrieb) 493.
Hohltiere
s. Cölenteraten.
Holbach (d') 272. 275.
Holbein (Hans) 178.
Holland 197. 198. 199.
202. 208. 212. 218. 228.
229. 230. 240. 244. 245.
255. 273. 301. 304. 314.
315. 318. 323- 329- 33Ö-
336. 337- 347- 364- 434-
487.
Holländer 163. 215. 228.
230. 231. 232. 240. 249.
250. 266. 269. 364. 435.
440. 441. 468. 474-
Holländisch 235. 364. 474.
485.
— , Holländische Sprache
und Literatur 253. 332.
443-
— e Partei = Partei der
Ratspensionäre der Pro-
vinz Holland 229.
Holländischer Protestan-
tismus (Kalvinismus)
198.
Holländisch Guyana 231.
472. 487. 506.
Holstein 414.
Holzhandel 405. 452.
Holzreichtum in den Ur-
wäldern Afrikas 447.
— — — sibirischen Wäl-
dern 452.
Homer 31. 32. 33. 39.
45. 50. 83. 171. 205.
378. 535-
— isches Zeitalter
s. Episches Heldenzeit-
alter.
„Homo Sacra res ho-
mini/" 276.
Honduras 165. 166. 359.
Hong-kong 464.
Hopfenpilzkrankheit der
Seidenraupen 528.
64o
Namen- und Sachregister
Horaz 83.
Hörige 126. 127.
Hörigkeit 126. 127. 128.
Hortensie (Gemahlin Kö-
nig Ludwigs von Hol-
land; 387.
Hosea (Hostea) 25.
Hottentotten 435. 510.
Houchard 302.
House of Commons
s. Haus der Gemeinen.
Lords
s. Oberhaus, auch Her-
renhaus.
Howa 449.
— , ihre Intelligenz 449.
Howard (Katharina) 185.
Hubertusburger Friede
286.
Hugenotten 189. 190. 191.
192. 193. 195. 214. 231.
266. 364.
— koalitionsrecht in
Frankreich 214.
— kriege 189. 193. 537.
— Städte freie
s. Freistädte der Hu-
genotten.
— Verfolgungen 188. 214.
242.
Hugo (Victor) 32. 377
bis 378. 379. 396. 431
bis 432. 485.
als Führer einer
Dichterschule
s. Victor Hugosche Ly-
rikerschule.
Huitzilopochtli
s. Vitzliputzli.
Hüll 487.
Humanismus 115. 178.
Humanisten 181. .182.
Humanistische Studien
der Araber 115.
der Franzosen 178.
Hund, seine Zähmung 3.
535-
Hundertjähriger Krieg
142. 147-
Hungerepidemien im Zu-
kunftskriege 490.
— revolten 286.
— snöte 271. 371. 406.
425. 459. 481. 490. 498.
Hunyady (Johann) 152.
Hunnen 103. 104. 107.
117. 119.
— reich 104 — 105.
Hurrapatriotismus, Hurra-
stimmung
s. Kriegsbegeisterung,
Kriegspatriotismus.
Hus (Johann; 150 — 151.
Husaren (französische)
304-
Hussiten 151. 178.
Hütten (Ulrich von; 178.
Hüttenwerke (-betriebe)
371. 493. 494.
Huyghens (Christian) 231.
249. 250.
Hydaspes 52.
Hygiene in China 526.
England 526. 532.
— internationale 532 bis
533-
— , ihr gänzliches Fehlen
bis gegen Ende des 19.
Jahrhunderts 526. 532.
— , ihre Zukunft 532.
Hypotheken 257. 301.
Hyksos 14.
— einfalle in das alte
Ägypten 14. 535.
Iberer 155.
Ibrahim (Pascha; 382.
Ibsen (Henrik) 432. 434.
Idealbild Napoleons I.
345-
Idealismus in der Gesetz-
gebung 297. 386.
Ideendichtung 520.
Identität zwischen Volks-
tum und Staat
s. Einheitsstaat.
Ideologen 426.
Idolatrie s. Götzendie-
nerei.
Ihammikasutta 462 Anm.
Ikonoklasten 99.
Ilgen (Minister von) 292
Nachtr.
Ilias 31. 32. 33. 52. 112.
118.
Illyrien 84. 134.
lUyrier und Illyrisch 49.
55- 93-
Illyrische Provinzen 329.
— s Meer 37.
Imitatio Jesu Christi 148.
Immunisierung
s. Schutzimpfung.
Immunität der Abgeord-
neten 289.
Imperator 80. 8i. 96. 126.
— enzeremonial loi.
Imperial British East
Africa 438.
Imperialismus englischer
414.
— in den europäischen
Staaten 412. 474.
Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika
405. 470. 471.
Imperium Romanum 84.
88. 91. 92. 93. 94. 96.
97. 106. 107/108. 113.
126. 148. 168. 346. 459.
Impfschutz 526.
Impfverfahren 526.
— seine früheste Anwen-
dung in China
s. Chinesisches Impf-
verfahren.
Impressionismus 433.
Impressionistische Far-
benzusammenstellung
433.
Inder 116. 268. 269. 270,
442. 461.
„Indiana" 379.
Indianer 161. 164. 167.
266. 356. 357. 359. 406.
411.
— (Charakteristik der)
164.
— Südamerikas 167. 472.
— (Ursprung der) 164.
— Überfälle 266.
Indien 14. 19. 27. 40.
52. 92. 116. 159. 161,
162. 163. 268. 269. 270.
271. 314. 321. 412. 413.
452. 457. 458. 461. 473.
500.
— englisch 270 — 271. 385.
458. 459. 466. 504.
— französisch
s. Indochinesisches Ko-
lonialreich.
— s Unterstellung unter
englische Verwaltung
412.
Indifferentismus (religi-
öser)
s. Religiöser Indifferen-
tismus.
Namen- und Sachregister
641
Indirektes Wahlrecht für
franz. Senats wählen
427.
das preußische
Abgeordnetenhaus 491.
Indisch 278.
— , Indische Sprache u.
Literatur
s. Hindostanisch, Hin-
dostanische Sprache u.
Literatur.
— e Eingeborenenstaaten
460.
— er Ozean 413.
— er Reichtum
s. Alter Reichtum In-
diens.
— e Schätze
s. Alter Reichtum In-
diens.
Individualleben 272.
Individuelle Zweisprachig-
keit
s. Zweisprachigkeit
eines Individuums.
bei den Basken 502.
— Bretonen
502.
502.
Finländern
Wallisern
502.
Wenden 502.
Indochina 163. 504.
Indochinesen 452. 499.
Indochinesisches Kolonial-
reich Frankreichs 269
bis 270. 459-460.
Indochinesisch und indo-
chinesische Sprachen
460.
Induktion des elektrischen
Stromes 373.
Indus 40. 53. 461 mit
Anm.
Industrialisierung Eng-
lands 371. 494.
— der Kulturstaaten 366.
367. 371. 427. 494.
Industrie 67. 242. 318.
373. 396. 404. 464. 471.
480. 493. 494. 510. 515.
519. 521. 523. 534. 538.
— feindschaft 442.
— eile Ausnützung der
Elektrizitätswissenschaft
s. Ausnutzung der Elek-
trizitätswissenschaft für
die Industrie.
Industrielle Ausnützung
der Naturwissenschaf-
ten 510. 521. 522. 523.
— Chemie
s. Handelschemie und
auch Gewerbliche Che-
mie.
— Interessen 515.
— Kongresse 519.
— Kraftapparate 373.
— — maschinen 373.
— Verwertung der Na-
turwissenschaften
s. Industrielle Aus-
nützung der Naturwis-
senschaften.
— r Zeitabschnitt 366 bis
373-
Industriestaaten
Belgien 369.
England 369. 371. 494.
Niederlande 231.
Sachsen 369.
— Völker
s. Industriestaaten.
Infant, Infantin 192. 220.
Infanterie 195. 209. 211.
240. 306. 313. 343. 489.
— ge wehre 416. 420. 490.
Infanterist
s. Musketier.
Infektion 528. 529. 532.
Infektiöse Krankheiten
532. 533-
— Wasserläufe, ihre
Trockenlegung 532.
Infizierungskeime
s. Gärkeime und Gär-
organismen.
Ingenieurkunst
deutsche 513/514. 515.
Anm.
engUsche 366/367.
französische 314. 366.
382. 413. 471. 513,
italienische 171.
nordamerikanische 366.
408/409. 468.
russische 456.
— französische in Ägyp-
ten 314. 382.
Amerika 471.
— nordamerikanische in
Japan 468.
Ingenieurkunst russische
in Afghanistan und Per-
sien 456.
Inhaftierung s. Verhaf-
tung.
Inkas 165. 166.
Inkatempel 166.
Inkerman 398.
Inkunabeln (Erstdrucke^
153. 170.
Innerafrika 435. 436.
— asien 22. 40. 104. 457.
Innere Kriegsursache im
Deutsch-Französischen
Kriege 420.
Innocenz III. 133. 139,
— VI. 139.
— VIII. 172.
— XI. 241.
Inquisition 157. 185. 186.
196. 197. 217. 234.
Inschriften
s. Kriegsinschriften,
Maueraufschriften,
Münzinschriften.
Insektenstiche infektiöse
447. 532.
Insel Australier 414.
— n des Ägäischen Mee-
res s. Ägäische Insel-
welt.
Institut (de Paris) 305.
Institutio Christianae reli-
gionis 182.
Institutionen (politische,
staatliche; 294. 297.
Institution chretienne
s. Institutio christianae
religionis.
Instrumentalmusik 381.
Insulare Lage Englands
s. Englands Unbesieg-
lichkeit.
Insurgenten
deutsche 394.
italienische 390.
kubanische 470.
nordamerikanische 283.
ungarische 365.
Integralrechnung 249.
Interessenpolitik 509.
Internationale allmähliche
Abrüstung 485. 488.
— Annahme des dezima-
len Maßsystems 518.
— Expreßzüge
s. Expreßzüge inter-
nationale.
642
Namen- und Sachregister
Internationale Friedens-
kongresse 484.
— Konferenz im Haag
485.
— Kongresse von Gelehr-
ten 519.
Industriellen 519.
Technikern 519.
Volkswirten 519.
(Diplomatische Zu-
sammenkünfte von
Staatsmännern) 315.
341. 356. 360. 361. 476.
479-
— Organisation
s. Weltorganisation.
Internationaler Afrika-
verein 427-
Internationale Rechtsord-
nung
s. Zwischenstaatliche
Rechtsordnung.
— Rechtsprechung 488.
— r Eisenbahnverkehr
511.
— r Güteraustausch 518.
— r Kampf für Wahr-
heit, Freiheit und Recht
519-
— r Nachrichtendienst
518.
— r Seehandel
s. Seehandel.
— r Telegraphenverein
518.
— r Telegraphenverkehr
518.
— r Verkehr 367 — 368.
510. 511. 516. 518.
— Schiedsgerichtssprüche
bisherigen fakultativen
Charakters 486—487.
— s Eisenbahnverkehrs-
bureau 519.
— s Maß und Gewichts-
bureau 518.
— s Parlament 484.
— s Schiedsgericht im
Haag 484.
— Vereinigungen 518.519.
— Vereinigung für den
Schutz des künstleri-
schen und literarischen
Eigentums 519.
— Völkerrechtsfragen 484
bis 489. 538.
Intemationalisierung der
Handelsstadt Tanger
445. 451.
Internationalismus (Inter-
nationale Weltanschau-
ung) 519.
— der Wissenschaften
216. 374. 430. 431. 519.
— moderner Wissenschaf-
ten, sein Beginn 216 bis
219. 537.
— auf dem Kapitalmarkt
412.
— im Maß- und Ge-
wichtssystem 305.
Seehandel 325.
Internierung der franz.
Ostarmee in der Schweiz
im.Deutsch-Französisch,
Kriege 424.
Interessenpolitik 416.
Interparlamentarische
Konferenz zu Paris
s. Pariser Interparla-
mentarische Konferenz.
Intervalle 380.
Intervention Englands in
Ägypten 439.
— Frankreichs in Spa-
nien 244. 246. 356.
und Englands in
China während des Tai-
ping-Aufstandes 466.
— Österreichs zugunsten
Serbiens im Serbisch-
bulgarischen Kriege
480.
— Rußlands in die tür-
kisch-bulgarischen Kon-
flikte 478. 480.
Intimität der französi-
schen Exkaiserin 342.
Intoleranz 214. 219. 224.
229. 355- 458.
Intrigenpolitik, Intrigen-
wirtschaft
s. Ränkepolitik, Ränke-
wirtschaft.
Invaliditätsrente 497.
Invaliditäts- und Alters-
Versicherungsgesetz-
gebung 497.
Invasion des deutschen
Heeres in Frankreich
im Deutsch-Französisch.
Kriege 421. 422. 426.
Invasionen der Verbün-
deten in Frankreich.
Erste (i. Jan. 18 14)
337/338.
Zweite (18 15) 344.
lonier und Ionische Inseln
s. Jonier und Jonische
Inseln.
„Iphigenie in Tauris"
Drama 351.
Iran 26.
Iren s. Irländer.
Irenäus 95.
Irische Katholiken 504.
Irland 123. 202. 223. 243.
312.
Irländer 270. 473. 504.
Irokesen '266.
Irredenta rumänische in
Ungarn 477.
Isabella, Königin von
Bayern 232.
— — — Spanien 157.
160.
— IL, — — — 418.
419.
Isis 45.
Islam 29. 110 — 116. 135.
151. 156. 199. 238. 258.
385- 435- 436. 439- 445.
446. 447- 452. 455- 456.
461. 462. 475. 504.
— itische Religionsbewe-
gung im Sudan 440.
Isly (Schlacht am) 384.
Ismael Pascha 413. 439.
Isolierung des Pariser Ge-
meindelebens während
der Commune 426.
— sverfahren bei infek-
tionösen Krankheiten
532. 533.
Isomorphismus der kri-
stallinischen Formen
für gleichartige Salze
375-
Israel und Israeliten 17.
18. 21. 25. 28. 87. 88.
173.
Issus 51.
Istrien 329.
Italer (Italiker) 23. 75. 80.
84.
Italien 33. 55. 58. 60. 68.
69. 70. 71. 72. 72,- 74.
75. 76. 77. 84. 85. 97.
102. 105. 106. 107. 108.
117. 121. 122. 124. 127.
Namen- und Sachregister
643
130- 135-
139. 140.
155- 157-
170. 171.
185. 205.
224. 235.
262. 275.
310. 311.
321. 323-
337- 354-
383- 389-
398- 399-
417. 418.
480. 481.
499. 500.
515- 530
s. auch
Italiens.
136. 137. 138.
141. 148. 154.
158. 168. 169.
175. 176. 177.
209. 216. 219.
244. 246. 247.
304. 308. 309.
315. 318. 319.
329. 331. 336.
355- 380. 381.
392. 393- 395-
400. 401. 416.
436. 449. 45°-
482. 483. 487.
506. 507. 508.
Besitzwechsel
ItaHener 105. 135. 138.
169. 177. 205. 219. 233.
292. 310. 348. 355. 373.
381. 390. 392. 394. 396.
399. 400. 401. 416. 437.
450. 472. 473. 503. 514.
517-
— in Frankreich 188.189.
211. 213. 220. 225. 232.
234. 235. 238. 258.
Italienisch 416. 450. 484.
— , Italienische Sprache
und Literatur 105. 138.
149- 332. 355/356.
— e Befreiungskriege
s. Italienische Volks-
erhebungen.
— e Einheit 169. 246. 390.
397. 400.
— e Eroberung Tripoli-
taniens 450.
— e Freiheitskämpfe
s. Italienische Volks-
erhebung.
— e Kolonisation 449.
450.
— e Krone 394.
— e Malerschule 249.
— e Patrioten
s. Patrioten italienische.
— e Regierungen 399.
— er Kolonialkrieg mit
Äthiopien 449. 450.
— er Krieg von 1866
s. Italienisch-österreichi-
scher Krieg.
— er Partikularismus 235.
— er Protestantismus
185.
Italienische Unabhängig-
keitskämpfe
s. Italienische Volks-
erhebung.
— e Volkserhebungen 355
bis 356. 390—392- 395-
— -österreichischer Krieg
416.
— -türkischer Krieg 450.
480/481. 487.
Ithaka 33.
Iturbide (Augustin de)
358.
lulianus s. Julianus,
lus Romanum 139.
„Ivanhoe" 380.
Ivry 192.
Iwan Alexejewitsch 256.
— (Bruder Peters des
Großen; 253.
— IV. der Schreckliche
von Rußland 237.
Jackson (amerikanischer
Mediziner und Physio-
loge) 376.
— (Andrew, Präsident der
Vereinigten Staaten von
Nordamerika) 407.
Jacobi (Karl Gustav Jakob,
Mathematiker) 373.
— (Moritz Hermann, Phy-
siker) 2,12)-
Jacques (franz. Bauern-
part ei j 143.
Jagd 441.
Jahrestag der Schlacht
bei Groschow
s. Groschow-Tag.
Jahreszuwachs der Fälle
von Schiedsgerichtsver-
trägen 487.
Jahrhundert der Musik
380. 382. 433.
— — Naturwissenschaft
s. Naturwissenschaft-
liches Zeitalter.
Jakob (Erzvater) 20.
Jakob I. von England
221.
— II. 227. 228. 243.
245.
— V. — Schottland 204.
Jakobiner 275. 299. 304.
308. 362.
— klub 299.
— tum 362.
Jamaika 225. 357. 472.
Jang-tse-kiang 466.
Janitscharen 152. 279.
— aufstände 279. 360.
Janustempel 82.
Jankeshill 281.
Janssen (Pierre-Jules-C^-
sar; 521.
Japan 159. 452. 453. 454.
457. 467 — 468. 469. 500.
506. 507. 508.
— artikel 434.
— er 452. 453. 454. 455.
467. 468. 469. 499.
Japanische Große Revo-
lution 467 — 468.
— Nationaltugenden
s. Nationaltugenden der
Japaner.
— Schrift 468.
— Sitten 468.
— Universitäten 468.
— Vasen 434.
— r Bürgerkrieg 467 bis
468.
— r Seesieg über die
Russen beiTschuschima
454-
— s Meer 452.
— Förderung der Räu-
mung der Mandschurei
durch Rußland 453.
Jardin des Plantes 219.
— du Roi 219.
Jason 31.
Jassy 254. 280.
Java 231. 474. 500. 501.
Jeanne d'Arc
s. Johanna von Are.
Jefferson (Thomas) 282.
407.
Jeffreys (George) 227.
Jehova (Jahvehj 20. 21.
25. 32. 45. 87. 461.
Jellachich (Generalj 395.
Jemappes 300.
Jena 323.
Jenner (Edward) 526.
Jephtha 20.
Jeremias 28,
Jerobeam 19.
J6r6me, König von West-
falen 332. 338.
— (Prinz) 399.
Jerusalem 18. 20. 23. 25.
28. 88. 91. 132. 133.
135- 396.
644
Namen- und Sachregister
Jesuiten i86. 187. 514.
— general 187.
— gymnasium 187.
Jesus Christus 45. 46. 86
bis 88. 89. 91. 94. HO.
m. 118. 122. 125. 132.
134. 135. 141. 145. 180.
181. 187. 188. 461.
s. auch Imitatio Jesu
Christi.
Jeu de Paume 289.
Jobert 182.
Jod 349.
Johann II. König von
Portugal 160.
— VI. 325. 360.
— der Gute, König von
Frankreich 143.
— Kasimir, König von
Polen 236.
— ohne Land 137. 138.
Johanna von Are
(Jungfrau von Orleans)
144 f.
Joharmes 87.
Johannesburg 442. 444.
494.
Johnson (Andrew) 410.
Joinville 141.
Joloff 445 Anm.
Jonier 33. 42.
Jonische Inseln 134. 347.
Jordaens 232.
Joseph, Sohn Jakobs 17.
— , Vater Jesu 87.
— (Bonaparte;
s. Joseph (Bonaparte;
— I. Kaiser von Öster-
reich 247.
— II. — .272. 280.
Joseph (Bonaparte), König
von Neapel 323. 327.
328. 329. 331. 336.
Joule (Elektrische Maß-
einheitsbezeichnung)
375.
— (James Prescott) 373.
Jourdan (Marschall) 303.
315- 341-
Journal des Savants 251.
Journalismus (Zeitungs-
wesen) 154. 368. 483.
484. 486.
Deutscher 420. 437.
Englischer 226. 483.
Französischer 216. 294.
353- 354- 419-
Moderner (im allgemei-
nen; 492.
Nordamerikanischer
281.
Jovian loi.
Juan d'Austria 200.
Juarez, Mexikanischer
Präsident 411. 412.
Jud(ä)a 18. 19. 24. 51. 54.
87. 88.
Juden (Hebräer) 16 ff. 21.
22. 23. 24. 25. 26.
28. 57. 87. 88. 89. 91.
96. iio. III. 113. 157.
231. 278. 458. 476. 477.
S. auch Polnische Juden
Portugiesische —
Rumänische —
Spanische —
Türkische — und Juden
in der Asiatischen
Türkei.
— in der Asiatischen Tür-
kei 458.
Jugendbewegung 335.
Jugurtha 75. ^J.
Julia Agrippina 85.
Julianus
s. Didius Julianus (Kai-
ser)
— Apostata (Kaiser) loi.
Julier 86. 92.
Julimonarchie 382.
Juliordonnanzen 354.
Julirevokition 354. 363.
364. 382. 383. 385.
Julitage (Pariser)
s. Julirevolution.
Julius II. (Papst) 169.
Jumifeges 123.
Jüngere Steinzeit oder
Neolithformation 3.
Jungfrau von Orleans
s. Johanna von Are.
Jüngstes Gericht (Ge-
mälde) 172.
Junirevolution 387. 388.
stage
s. Junirevolution
Junkerhaftigkeit 147.416.
Junot 325. 327.
Junta nacional 326. 327.
Jupiter 21. 461.
Jurisprudenz 136. 484.
Justinian 108 — 109.
Justizmorde 302. 303.
Juvenal Z^. 92,
Kabelapparate untersee-
ische 430.
— netz — s 430. 516.
— telegraphie — 430. 516.
Kabinettsregierung 297.
Kabul 456. 457.
Kabylengebirge 384.
Kadmus 31.
Kaffee ^05.
— ausfuhr 505.
— konsum 505.
Kaffern 422. 441. 442.
Kainz (Joseph) 521. Anm.
Kairo 7. 332. 439. 444.
495.
— er Straßenauf stände
439-
Kaiser (Deutscher)
s. Deutscher Kaiser.
— der Franzosen 321.
— gesundheitsbericht 334.
— krönung im allgemei-
nen 146. 328.
Karls des Großen
Maximilians zu Me-
xiko 41 1.
Napoleons I. 321.
328.
Wilhelms I. zu Ver-
sailles 425.
— liehe Dekrete Napo-
leons I. 318.
, (Kaiserliches Heer)
210. 211. 235. 236. 240.
245. 326. 355. 395.
s Regierungssystem
in Frankreich
s. Napoleonismus.
— oströmische 108. 109.
152.
— Proklamation des Ge-
nerals Iturbide in Me-
xiko 359.
Großherzogs Ma-
ximilian in Mexiko 411.
en
deutsche 425.
russische 257.
Napoleons III. 389.
396.
Wilhelms I. zu Ver-
sailles 425.
— reiche
Brasilien 360.
China 465.
Deutschland 425.
Namen- und Sachregister
645
Kaiserreiche
Frankreich 321 — 340.
341—344- 389—422.
Indien 458.
Japan 467.
Mexiko 411.
Österreich 394.
Türkei 458.
Kaiser römische deutscher
Nation 123. 124. 138.
139. 148. 205. 219.
— titel 120. 121. 210. 212.
317-
— tum (im allgemeinenj
311. 321.
lateinisches 134. 141.
Deutschrömisches
146. 147. 179.
, Kampf Fried-
richs II. um das —
139.
Kampf Karl
des Kühnen von Bur-
gund um das — 168.
— — russisches
s. Zarentum.
Napoleons I.
s. Empire.
(römisches) 318. 346.
Kaiserverehrung 322.
Kaiser von Österreich 354.
— Wilhelm-Land 474.
— weströmische 82 — 106.
107. 346.
— oströmische 118 — 119.
Kalamit 158.
Kaledonier 94. 128.
Kalif 58. 113. 114. 119.
Kalifornien 244. 406. 465.
470. 506.
— s. Übergang von Me-
xiko zu den Vereinigten
- Staaten von Nordame-
rika 406.
Kaliumoxyd 349.
Kalk 349.
Kalkutta 162. 268. 269.
Kalligraphische Anforde-
rungen an die höheren
Staatsexamina in China
464.
Kallisthenes 52.
Kalmücken 255.
Kalvin 180. 182. 183. 185.
186.
— ismus 185. 192. 198.
— isten 189. 193. 197.
198. 204. 207. 214. 231.
Kamarilla
s. Camarilla.
Kambodscha 460.
Kambyses 40.
Kamerun 436.
Kammerauflösurig 353.
354- 415-
Kammerauflösungsrecht
353-
Kammer der Gemeinen
138.
s. auch Haus der Ge-
meinen.
— n
s. Zweikammersystem
und Abgeordnetenkam-
mer sowie Senat.
— Präsident 388.
— reden
s. Parlamentsreden.
Kampagne in Frankreich
299—300.
Kampfliederdichtung
s. Kriegslyrik.
Kampf um die bürger-
liche Freiheit im 19.
Jahrhundert 353 — ^367.
383-398. 538.
Kampf ums Dasein 428.
Kanada 215. 257. 265.266.
267. 472. 500. 501.
Kanadier 268. 472.
Kanadische Gesetzgebung
472.
— Pacificbahn 472.
— r Bund 472.
— s Münzwesen 472.
Kanäle (Wasserstraßen)
239-
Kanal von Suez 159. i6o.
413- 439- 471.
Kananiter 18.
Kanarische Inseln 71. 160.
Kannibalen 451. Anm.
540.
Kanonen 290. 309. 446.
455- 468. 489. 490.
— boote 446.
Kansas 407.
Kant (Immanuel) 45. 351.
484.
Kanton 466.
Kantsches Sittengesetz
351.
Kao-tsung 465.
Kapburen 231. 441.
Kap der Guten Hoffnung
159. 162. 231. 346. 412.
435- 438. 441-442. 443-
SU-
Kaperschiff 202. 487.
Kapetinger 124. 137.
Kapital europäisches 412,
Kapitalismus
s. Plutokratismus.
Kapitalistische Demokra-
tien 509. 510.
— Neigungen
s. Plutokratische Nei-
gungen.
— Scheindemokratie 509.
Kapitol 69.
Kapitularien 119.
Kapitulation des amerika-
nischen Südheeres in
Appomattox 410.
— und Gefangennahme
einer gesamten franzö-
sischen Arrnee bei Se-
dan 422.
— — zweiten Ar-
mee bei Metz 423.
— von Metz 454.
— — Paris im Deutsch-
Französischen Kriege
424.
Port Arthur im Rus-
sisch-japanischenKriege
454-
Kapkolonisten
s. Kapländer.
Kapland, Kapkolonie 231.
312. 320. 347. 435. 440.
442. 443. 499.
Kapländer 441.
Kapumfahrt 162. 231.
Kap Verde und Kap Ver-
mische Inseln 159. 160.
Kardinäle 139. 184. 233.
234. 257. 258.
Karibisches Meer 405.
470. 471.
Karl V. (Kaiser = Karl I.
von Spanien) 158. 173.
174. 175. 176. 179. 180.
182. 184. 195. 197. 198.
200. 203. 206. 232. 245.
358.
— VI. (deutscher Kaiser;
259.
— I. (König von Eng-
land) 219. 220-224.
226. 286. 296.
23 Riebet, Geschichte der Menschheit, 11.
646
Namen- und Sachregister
Karl II. — — — 226.
227. 241.
— V. von Frankreich (als
Dauphin) 143. 144.
— VI. 144.
— VII. 144 — 146.
— VIII. 169.
— IX. 188. 189.
190.
— X. 353—354.
383. 385. 386.
— I. König von Rumä-
nien 476.
— X. Schweden
236.
— XI. 251.
— XII. 251.
252., 253.
— XIII. 331-
— II. Spanien 234.
241. 244.
— IV. 325.
— Albert, König von Pie-
mont und Sardinien
388. 389. 391. 392.
— Albrecht, Kurfürst von
Bayern 259.
— August, Herzog von
Weimar 299 Anm.
— der Dicke 121. 123.
Einfältige 124.
Große 107. 114.
116—120. 121. 125. 126.
138. 176. 207.
— II. der Kahle 121.
— der Kühne von Bur-
gund 168.
— Emanuel I. König von
Sardinien 260.
— Erzherzog von Öster-
reich 308. 310. 315.
329-
Karlistenpartei in Spa-
nien 418.
Karllegende 116. 117. 120.
Karlmann 117.
Karl Martel 114. 116. 147.
Karl Wilhelm Ferdinand,
Herzog von Braun-
schweig 298. 299.
Karnak 11. 13.
Karolinen 244. 281.
— frage 487.
— Schiedsgerichtsspruch
(päpstlicher) 487.
Karolinger 114 ff. 124.
Kars 479.
Karthager 60. 70. 74.
Karthago 22. 33. 68. 70
bis 74. 95- 103. 113-
335-
Kaspischer See 455. 456.
Kassenscheine 257.
Kastengeist in Japan 467.
Kastilien 156.
Katakomben 90.
Katalanen 418.
Katalaunische Gefilde 104.
Katalonien 156. 211.
Katechismus (christlicher;
449-
— (Kaiserhcher Napo-
leons I.; 330.
Kategorischer Imperativ
351-
Katharina I. von Ruß-
land 254. 256.
— II. 276—280.
306.
— II. — — als franzö-
sische Schauspieldich-
terin 277.
— von Anjou 184.
— — Medici 188. 189.
233-
Kathedralen 125. 141. 142.
150.
Kathode 524.
— nstrahlen 524.
Katholiken 181. 183. 186.
189. 192. 193. 196. 198.
204. 205. 206. 207. 212.
220. 226. 227.241. 296.
458. 537-
s. auch Papisten (in
England).
s. auch Presbyterianer
(in Schottland).
Katholisch
s. römisch-katholisch.
— e Welt 131.
Katholizismus 97. 99. 107,
136. 173. 174. 176. 179-
180. 183. 184. 185. 186.
187. 190. 191. 192. 196.
200. 207. 212. 219. 227.
236. 264. 268. 278. 401.
403. 411. 504.
s. auch Papismus in
England.
Kaudinisches Joch 69.
Kaufleute russische in Af-
ghanistan und Persien
456.
Käufhchkeit
s. Bestechlichkeit.
Kaufmannschaft
Antwerpener 197.
arabische 162.
chinesische 462.
englische 258.
europäische.
französische 265.
nordamerikanische 261.
Pariser 143.
spanisch-jüdische 157.
Kaufmannsvölker
s. Handelsvölker.
Kaukasien 412. 452.
— s Unterstellung unter
russische Verwaltung
412.
Kaukasische Gebirgs-
stämme 455.
Kaukasus 22. 40. 455.
Kautschukhandel im
Kongostaat 438.
Kavallerie s. Reiterei.
— attacken
s. Reiterangriffe.
Keilschrift 15. 535.
Keimfäulnis
s. Sepsis.
— freiheit
s. Sterilität.
— infektion
s. Krankheitsinfektion.
— körner
s. Gärkeime.
Kellermann 303.
Kelten 130. 155.
Keltisch und Keltische
Sprachen 105.
Kelvin (Lord, Adelsname
des Physikers William
Thomson) 430.
Kepler (Johann) 216. 537.
Ketzerei 88. 89. 95. 100.
loi. 103. 105. 124. 136.
141. 145. 150. 151. 176.
180. 182. 184. 185. 187.
217. 296.
Khedive 382. 383. 413.
439. 440.
— n Wirtschaft
s. Ägyptische Anleihe-
wirtschaft.
Khien-lung 465. 466.
Khiwa 456.
Khrumir 444.
Kiel 414.
Kilogewicht, seine An-
nahme 518.
Kimbern 68. ^^.
Namen- und Sachregister
647
Kimberley 441.
Kimmerier 39.
Kinderarbeit
s. Verbot der Kinder-
arbeit.
Kinderarmut französische
444-
— reichtum der Chinesen
463. 465. 501.
s. auch Menschenreich-
tum.
französischen Ka-
nadier 473.
Kapburen 441.
S. auch Menschenreich-
tum.
— — schwarzen Rasse
407.
S. auch Menschenreich-
tum.
— — slawischen Völker
500. 501. 502. 503.
— einst und jetzt 498. 503.
— relativer der Deut-
schen 503.
Engländer 502.
503.
— — — Italiener 503.
Kinematographie 521 bis
522.
Kino 522.
— , sein schädlicher Wett-
bewerb mit dem Thea-
ter 522
Kipling (Rudyard) 520.
Kirche (Gotteshaus) 330.
— christliche, römisch-
katholische 95. 97. 99 ff.
103. 107. 110. 122. 124.
125. 127. 128. 130. 134,
135- 136. 139- 145- 150.
151. 155. 176. 178. 179.
181. 184. 185. 186. 187.
192. 196. 221. 278. 290.
296. 403. 455. 504. 536.
— ■ afrikanische 99.
— ägyptische 99.
— armenische 453.
— (griechisch) orthodoxe
99. 109. 134. 236. 276.
478.
— im Verhältnis zum
Staat unter Ludwig
XIV. 241.
— lutherische 180.
— protestantische
s. Protestantismus.
— reformierte 184. 185.
23*
Kirche russische 276. 278.
478.
S. auch Kirche (grie-
chisch)-orthodoxe.
— syrische 99.
— n aus Göttertempeln
99. 109.
— nbann 124. 136. 139.
141. 169. 179.
— nbau 120. 179.
Stil 109. 141. 142.
249.
S. auch Baustil.
— ndemonstrationen der
Polen zu Warschau
s. Polnische Kirchen-
demonstrationen zu
Warschau.
— nfeindschaft
s. Antiklerikalismus.
— nfreundlichkeit
s. Klerikalismus.
— ngut 125. 180. 184.
— nhierarchie
s. Priesterhierarchie.
— nmusik 380. 381.
— nordnung
s. Gottesdienstord-
nung.
— nprivilegien 227.
— nspaltung 170. 179.
184. 238.
— nstaat 118. 235. 244.
330. 389. 417.
— nväter 99.
Kircher (Athanasius) 514.
Kirchhoff (Gustav) 430.
Kirchlichkeit in Frank-
reich 238 — 239.
Kirk-Kilisse 48 1 .
Kismet 113. 279.
Kitchener (General) 440.
Klangbild 430.
Klangfarbe 430.
Klangmalerei in der Wag-
nerschen Opernmusik
433-
Klapka (General) 395.
Klassenkriege
s. Soziale Kriege.
— und Rassenkriege,
Hoffnung auf ihre Be-
seitigung 505. 540.
, ihre Gefahr
505. 540.
Klassenparlamente 287.
353-
Klassenprivilegien 492.
— Staat 492.
— Standpunkt der Arbei-
terschaft 370.
— wählen 353.
Klassiker (deutsche)
s. Deutsche Klassiker.
— (französische)
s. Französische Klas-
siker.
— (griechische und la-
teinische) 170/171. 177.
247.
Klassische Kunst 434.
— s Deutsch 351.
— s Zeitalter der deut-
schen Literatur 350 bis
351-
— s Musik 381.
— s — — französischen
Literatur 247 — 249.
378. 380. 381.
Klaviatur 381.
Kleber 313. 314. 336.
Kleinasien 14. 22. 24. 27.
31. 32. 34. 36. 37. 39.
40. 41. 42. 43. 51. 52.
75. 97. 113. 132. 134.
151. 152. 452. 458.
Kleinforschung 350. 428.
Kleingrundbesitz franzö-
sischer 304.
Kleinheit des bisherigen
britischen Landheeres
489.
Kleinkrieg
s. Guerillakrieg.
Kleinpolen 307.
Kleinstaaterei 147. 354.
357-
S. auch Partikularismus.
Kleinstaatsfürsten
s. Duodezfürsten.
Kleopatra 56. 80. 81. 85.
Klerikale
s. Ultramontane.
— s Ministerium.
Klerikalismus 353. 392.
401. 417. 418.
Klerus
s. Geistlichkeit.
Klima afrikanisches 447.
— der Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika
473-
— von Kanada 473.
Virginia 266.
648
Namen- und Sachregister
Klinische Behandlung 46.
526. 530.
— Krankheitsbeschreibun-
gen des Altertums 46.
530.
Klissow 252.
Klitos 52.
Klondyke 506.
Klopstock 351.
Klöster 100. 108. 120.
122. 125. 170. 185.
Klostergut 184.
— mönche 100. 108. 119.
120. 122. 125. 154. 157.
U3- 178. 179. 184. 186.
192. 380.
— Privilegien 125.
— schulen 125.
— Stiftungen 125.
Klubwesen (politisches;
294. 295. 297. 299.
Knechtseligkeit gegen Na-
poleon I. 323. 338. 345.
346.
Knechtung des Bauern-
tumes 236.
Knut 129.
Knute 256.
Koalition
s. Arbeiterkoalition.
— der europäischen Groß-
mächte gegen Ludwig
Philipp 382. 383.
— gegen Napoleon I. in
den Freiheitskriegen
s. Fünfte Koalition ge-
gen Napoleon I.
Koalitionsfreiheit 496.
— heer
s. Alliiertenheere.
— kriege gegen die Erste
Französische Republik
und das Erste Franzö-
sische Kaiserreich
Erster 301 — 304. 307.
Zweiter 314 — 320.
Dritter 322 — 323.
Vierter 324.
— truppen
s. Alliiertenheere der
französischen Republik
nach der Großen Re-
volution.
Koblenz 296.
Koburg (Herrscherhaus 1
364.
— ische Prinzen 164.
Koch (Robert) 529. 540.
Kohle 366. 367. 369. 372.
512. 523.
— nausfuhrländer 369.
— nbergbau 372. 405.
— ngruben 366. 369. 405.
447- 452.
— nsaures Kali 349.
— nverbrauch für Dampf-
maschinen wie für
Elektromotoren 5 1 2. 523.
Kokarde
s. Weiße — der Bour-
bonen.
Dreifarbige — der Re-
volution.
Kolin 264.
Kollektivbetrieb der Wis-
senschaft 350. 427 bis
428.
Köln 142. 146. 147. 154.
494.
Kolonialer Schiedsspruch
zwischen Portugal und
England 487.
Koloniale Selbstverwal-
tung in Nordamerika
266. 281.
— Streitfragen zwischen
den Völkern 487.
Kolonialfanatismus 437.
— geschichte 271. 272.
356. 357- 360.
— kongreß internationa-
ler zu Berhn 437.
— kriege
s. Deutsche, Englische,
Französische usw.
Kolonialmächte
Belgien 437—438.
Deutschland 437. 471.
England 265. 320. 435.
436. 438. 439. 440 bis
443-
Frankreich 265 — 266.
268. 269. 435. 436. 437.
Holland 215. 230 — 231.
312. 320.
Italien 436.
Portugal 360. 435. 438.
Spanien 161. 196. 2or.
214. 281. 320. 356. 357.
358. 405. 435. 470.
Vereinigte Staaten von
Nordamerika 470 — 471.
— partei deutsche 437.
— politik
belgische 436. 437. 438.
deutsche 436. 437.
englische 267. 312. 320.
321. 357. 385. 435. 443.
459. 487.
französische 269. 384.
385. 435. 443. 459.
holländische 435. ,
italienische 436.
nordamerikanische 357.
358.
portugiesische 435. 438.
487.
spanische 435.
Kolonialmächte afrikani-
sche, ihr Wesen 451.
487.
— — ihr Wesen 459 bis
460.
statt Eroberungs-
poHtik 447.
Kolonialpolitischer Kurs
447-
— Schwärmer deutsche
437.
— Streitigkeiten europä-
ische 483.
— Verwaltung
englische 385.
französische 384. 385.
Kolonisation
altgriechische 37. 39.
belgische 436. 437. 438.
deutsche 436. 437. 438.
471. 474-
englische 215. 225.230.
263. 265. 266. 267.
281. 282. 357. 404.
413- 435- 436. 438.
439/440. 440—443.
446. 459. 472. 473.
474-. 504- .
europäische 412.
französische 215. 257.
263. 265. 266. 267.
268. 272. 281. 405.
435- 437- 438. 443
bis 449. 450. 459 bis
460. 472. 482. 504.
holländische 215. 230
bis 231. 312. 320.
435. 441. 472. 474.
italienische 438. 449 bis
450. 472.
karthagische 71/72.
nordamerikanische 470.
471. 504.
portugiesische 162 bis
163. 360. 435. 438.
450.
Namen- und Sachregister
649
russische 452.
spanische 161. 196. 201.
215. 281. 320. 356.
360. 435. 451. 470.
Kolonisten
s. Kolonisation.
Kolosseum 86.
Kolumbus 160. 161. 162.
163. 164. 167. 188.
Komet 540.
— enbahnen, ihre Be-
rechnung 540.
Komfort 142. 368. 505.
S. auch Luxus.
Komischer Heldenroman
177. 183. 203.
Komitee zur Erforschung
des oberen Kongogebie'
tes 437. -^
Komitien 61.
Kommandant s. Festungs-
kommandant.
Kommandierender Gene-
ral 309. 421. 424.
Kommentar zu den Pau-
linischen Briefen 181.
Kommunalfreiheit
s. Städtefreiheit.
— Verfassung
s. Städteordnung und
Landgemeindeordnung.
Kommunismus 34. 173.
Komödiendichtung
s. Lustspieldichtung.
Kompaß 158.
Kompliziertheit des Ge-
sellschaftsorganismus
496.
Komponisten 380. 381.
S. auch Meister der
Musik.
Konferenz zu London
s. Londoner Konferenz.
Konfessionalismus in Po-
len 236.
Konfiskation
s. Güterkonfiskation
Landes —
Schiffs —
Vermögens —
Konföderation der • Süd-
staaten 409. 487.
Kongo 159. 435. 436. 437.
— -Freistaat
s. Kongostaat.
— -Handelsniederlassung
435-
Kongoland Französisches
437. 446. 450.
— lauf 436.
— neger 437.
— — republik
s. Kongostaat.
— Staat 435. 437. 438.
Kongresse
s. Internationale Kon-
gresse.
Kongreß französischer als
Staatseinrichtung 427.
— nordamerikanischer als
Staatseinrichtung 410.
427.
— zu Berlin
s. Berliner Kongreß.
— — Epidaurus
s. Hellenischer Kon-
greß zu Epidaurus.
— — Paris
s. Pariser Kongreß.
Rastatt 315.
— — Verona 356.
— — Wien
s. Wiener Kongreß.
Konieh 382.
Könige
abessinische
s. äthiopische,
afrikanische 435. 446.
449. 450.
ägyptische (des Alter-
tums) 1 1 f.
albanesische 481. ^
assyrische 16. 24 f.
athenische 31.
äthiopische 435. 449.
450.
babylonische
s. chaldäische.
bayerische 393.
beider Sizilien 246. 259.
355- 389- 398. 400.
belgische 364.
böhmische 146.
chaldäische 14 — 16.
Dahome — 446.
dänische 180. 414 — 415.
englische 219. 220. 267.
372. 396. 474. 483.
französische (fränki-
sche) 106 — 107. 116.
168—170. 188. 189.
190. 191 — 194. 204.
207. 219. 238 — 247.
304.. 305. 311. 340.
467.
germanische 106. 107.
holländische 323. 330.
364. 387.
Inka — 165.
italienische 390. 392.
394- 397- 399- 4i8.
jüdische (hebräische)
18 ff.
lydische 39.
Madagaskar (von) 435.
449-
mazedonische 49 — 53.
medische s. persische.
Montenegro (von) 477.
478.
- Navarra (von) 156. 182.
189. 191.
Neapel (von) 169. 175.
256. 398. 400.
Nepal (von) 461.
neugriechische 362. 476.
norwegische 180.
orientalische 7 — 29.
persische 26 ff. 54.
phönizische 23.
Piemont (von) 389. 390,
391. 392. 394. .397.
398.
polnische 190. 236. 352.
378.
portugiesische 156. 325.
preußische 246. 259.
260. 261—265. 292,
Nachtr. 306. 321.335,
415.
römische 60. 61.
rumänische 476.
sächsische 393.
Sansibar (von) 435.
S. auch Sultane.
Sardinien (von)
s. Piemont (von),
schwedische 180. 209.
219. 236. 251. 252.
331- 332. 336.
Serbien (von) 477.
siamesische 460.
sparüsche 156. 157. 196.
219- 323- 325- 326.
327. 328. 330. 335.
spartanische 34.
trojanische 32.
ungarische 476.
Westfalen (von) 331.
337- 399- .
württembergische 393.
Königgrätz 412. 416. 479
bis 480.
65o
Namen- und Sachregister
Königin-Mutter 213.
„König ödipus^' (Drama)
44-
Königreiche deutsche 354.
Königsberg (Preußen) 324.
Königsdesignation des
Prinzen Don Carlos
Bruders FerdinandsVII.
in Spanien 418.
Königsgarten zu Paris
s. Jardin du Roi.
Königskrönung von Fried-
rich III., Kurfürst von
Brandenburg 246.
Victor Amadeus II.,
Herzog von Savoyen.
Königsproklamation Isa-
bellas VII. von Spa-
nien 418.
Karls I. von Ru-
mänien 476.
Karl Alberts von
Italien 390. 394.
Milans I. von Ser-
bien 477.
Ottos von Griechen-
land 362.
— titel 192. 214. 215. 225,
260.
. — tum
englisches 267.
französisches 213. 241.
257. 285. 295. 304.
305. 311. 340.
mittelalterliches 126.
131. 137. 146. 147.
290.
neuzeitliches 155 — 292.
168. 176. 204. 225.
260. 292. 294.
polnisches 236.' 278.
preußisches 261. 335.
schwedisches 235. 236.
spanisches 419.
König von Rom 330. 339.
342.
Konjunkturen für Arbeits-
einstHlunaren
s. Streikkonjunkturen.
Konklave 139.
Konkurrenzkampf inter-
nationaler 427.
— kriege
s. Handelskriege.
Konservatismus
arabischer 116.
chinesischer 463. 464.
deutscher 392. 393. 415.
englischer 227. 365.
österreichischer 354.
römischer 63.
spartanischer 55.
Konservatismus der Reli-
gionen 268.
Konstantes Verhältnis zwi-
schen den einzelnen
christlichen Konfessio-
nen bei den einzelnen
Völkern 504.
Konstantin 97. 99. 100.
loi.
— XIII. Paläologus 152.
Konstantinopel 97. 104.
113. 132. 134. 141. 151.
152. 259. 280. 313. 328.
331. 362. 450. 458. 477.
478. 480. 495.
— als Eroberungsziel des
Zarentumes.
s. Testament Peters des
Großen.
— s Bedeutung für den
Weltverkehr
s. Weltwirtschaft Kon-
stantinopels.
Konstanz 150. 186.
Konstituante
Erste französische 289.
293. 294. 296. 305.
Zweite französische 307
bis 308. 318.
Französische nach der
Februarrevolution
387. 388. 392.
Polnische 306.
österreichische 394.
Konstituierende Versamm-
lung s. Konstituante.
Konstitution
s. Verfassung.
— alismus 230. 295. 296.
352. 353- 354- 385- 398.
S. auch Parlamentaris-
mus.
Konsulat (Bonapartes) 3 17.
318. 319-
Konsul auf Lebenszeit
3^7-
— n römische 61. 65. 80.
81. 91.
— n französische (Staats-
leiter) 316. 317.
S. auch Erster Konsul.
Konsum
s. Gesamtkonsum und
Einzclkonsum.
Konsument 371.
Kontinent afrikanischer
435-
— europäischer 320. 324.
325. 414-
Kontinentaler Kongreß
(der ehemaligen briti-
schen Kolonien [Pro-
vinzen] in Nordamerika^
282.
Kontinentalmächte 321.
— sperre gegen England
324. 325. 331. 371.
Konterrevolutionäre
Umtriebe.
s. Gegenrevolutionäre
Kontroversen (theolo-
gische) 89. 178. 179.
180. 183. 187. 194.
Konvent (Englischer
Volksausschuß) 226.
— e (Klöster j 100.
— in der franz. Revolu-
tionszeit
s. Nationalkonvent.
— ion zu London
s. Londoner Konven-
tion.
Konzentrationspolitik 215.
246. 337-
Konzert, seine phonogra-
phische Wiedergabe
522.
KonziHen 95. 99. 131. 150.
170. 186. 187. 330. 418.
Konzil zu Clermont 131.
— — Konstanz 150.
Nizäa 100.
Paris 330.
Pisa 170.
Kopenhagen 320. 324.
Kopernikus 188. 216. 537.
Koptisch 8.
Koran iio. 113. 115.
— lesung und -deutung
115.
Kordillerengebirge 471.
Korea 453. 454. 469-
— nisch, Koreanische
Sprache und Literatur
453-
-chinesiche Sprach-
verwandtschaft 453.
Korinth 37. 50. 54. SS.
56. 89.
Korkyra 47.
Korn s. Brotgetreide.
Namen- und Sachregister
65i
Körner (Theodor] 335. j
351-
Kornpreise
s. Steigen der Getreide-
preise
Sinken — —
Körperchenkrankheit der
Seidenraupen 528.
Körperflüssigkeiten von
Menschen und Tieren
528.
Korruption der Kapitali-
stendemokratien 510.
Korsaren 383.
Korse (Bezeichnung für
Napoleon I.) 326. 337.
— n 309.
Korsika 72. 103. 113. 301.
308. 515.
Korsische Franzosenpar-
tei 309.
— Nationalpartei 309.
Kos 46.
Kosaken 236. 237. 252.
254. 255. 334.
— hetman s. Hetman.
Kosciuszko (Thaddäus)
307.
Kosmopolitisierung des
Staatsbürgertumes 492.
Kosmopolitismus 368. 374.
380. 492.
Kossuth (Ludwig) 395. 396.
Kotzebue 351.
Krafterzeugung durch
Magnetendrehung 522.
— maschine
s. Dynamomaschine.
— Umsetzung 374.
— wagenverkehr
s. Automobilismus.
Krakau 252. 306. 307.
Krämerzunft 127.
Krankenhauswesen 256.
„Kranker Mann" 360.
456. 475-
Krankheitenbekämpfung
in Afrika 447 — 448.
— einst und jetzt 530.
— , ihre einstige meta-
physisch-mystisch-religi-
öse Auffassung 530.
— , ihre Heilbarkeit und
Überwindlichkeit 530
531.
Krankheitsbefund 527.
— behandlungsmethodik
s. Therapeutik.
Krankheitsbeschreibungen
s. Klinische Krankheits-
beschreibungen.
— diagnostik
in Deutschland 524. 527.
in England 527.
in Frankreich 526. 527.
Krankheitserreger 528.
529.
— Infektion 528. 529.
Krautjunkertum (preußi-
sches j 416.
Kray von Krajowo (Frei-
herr) 319.
Krebskrankheit
s. Carcinom.
Kreml 237.
Kreolentum 357.
Kreta 22. 31. 479. 535.
— irredenta 479.
Kreuz (als christliches
Sinnbild) 97. loi. 108.
132.
Kreuzer 314.
Kreuzfahrer 132. 133. 134.
159.
— züge 116. 131 — 136.
140. 151. 156. 157. 176.
199.
Krieg
s. Wesen des Krieges.
— (seine Beseitigung)
s. Beseitigung des Krie-
ges.
— der beiden Rosen 146.
jyKrieg, der größte Feind
des Menschengeschlech-
tes'' 488.
Kriege der Vergangenheit
s. Einstige Kriege.
— Englands mit China
s. Englisch-chinesischer
Krieg.
— e ohne Kriegserklä-
rung 453.
Kriegergeist 445.
— Stämme in Afrika 446.
448.
— Völker 16. 266. 406.
445. 448. 450. 456. 465.
475- 477-
Krieg Frankreichs und
Sardiniens (Piemonts)
gegen Österreich 399.
— führung der Ersten
Französischen Republik
308. 310.
Kriegsabenteurer 263. 299.
311- 411-
— anleihen 215.
— begeisterung, -Patrio-
tismus, -Stimmung 258.
315. 316. 322. 323. 331.
335. 425. 486.
— bereitschaft
s. Schlagfertigkeit.
— bündnis deutscher Bun-
desstaaten mit Öster-
reich gegenPreußen4i6.
— Chirurgie 529. 531 An-
merk.
— dekoration 280.
— elefanten 70. 72.
— entschädigungen 352.
425. 426. 427. 487.
Kriegsentschädigungs-
schiedsgerichtsurteil
zwischen Rußland und
Türkei 487.
— erklärung im Deutsch-
Französischen Kriege
420.
— fanatiker afrikanischer
446.
— flotten:
englische 214. 225. 231.
235-
243-
245.
246.
258.
262.
263.
284.
301.
312.
313.
314.
319-
322.
325.
329.
344-
362.
364.
383.
411.
439-
466.
467.
französische
235-
239-
241.
243-
262.
263.
284.
285.
312.
313.
322.
352.
383.
411.
446.
449-
460.
468.
holländische 231. 235.
269. 304. 312. 383.
468.
italienische 416.
japanische 469.
nordamerikanische 467.
470. 487.
österreichische 383.
portugiesische 269.
russische 255. 279. 362.
454. 482.
spanische 201 — 202.235.
258. 263. 284. 312.
322. 411. 470.
türkische 279. 362. 397.
— flugzeuge
s. Militärflugzeuge.
652
Namen- und Sachregister
Kriegsgefahr (Kriegskrise)
434. 440. 457. 481. 483.
— gefangene 343. 344.
— geist s. Kriegergeist.
— gericht 423.
— geschichte 263. 271.
272. 333- 422. 423. 535
bis 536.
— gewinner 44 Anm.
— glück Napoleons I.
324. 326/327. 345.
— greuel 338. 426. 459.
498.
— häfen 254. 313. 344.
384. 409. 411. 444. 453.
454. 468. 479. 482.
— haß 334. 420. 462. 469.
— heeresstärke s. Kriegs-
stärke des Heeres.
— held afrikanischer 446.
— hetzer 44 Anm.
ei 486. 488.
— inschriften 280.
— kontributionen
s. Kriegsentschädigung.
— krankheiten
s. Seuchen, auch Cho-
lera und Typhus.
— kunst
s. Kriegstechnik.
S. auch Strategie und
Taktik.
— lasten 345. 346.
— lyrik
deutsche 335.
spartanische 35.
— minister
s. Leiter des Kriegs-
wesens (in der Revo-
lutionszeit).
ium 215. 387. 439.
— müdigkeit 338. 339.
342. 434-
— partei 323. 337. 419.
420.
— politik 268. 314. 396.
398. 419. 420. 443. 475.
538. 541.
und Nationalismus,
ihr Bankrott in aller
Zukunft 53.
— räuber 166 — 167. 208.
— rechtsbruch, Kriegs-
rechtswidrigkeit
s. Völkerrechtsbruch,
Völkerrechts Widrigkeit-
Kriegsruhm Napoleons I.
u. Napoleons III.
s. Napoleons Kriegs-
ruhm.
— Schicksal der Stadt
Paris 422.
— schrecken
s. Kriegsgreuel.
— schuld
s. Schuldfrage im
Kriege.
— — en 408.
— schule 256. 308.
— Schwindler 44 Anm.
— stärke der Heere 489.
— technik 142. 489. 491.
— treiberei der Parla-
mente 419.
■ Presse 419.
483/484.
— tüchtigkeit 253. 328.
331- 334- 343-360. 361.
384- 397- 398- 400. 409.
454- 477-
— Ursache beim Deutsch-
Französischen Krieg
s. Innere Kriegsursache
— veranlassung beim
Deutsch - Französischen
Krieg
s. Äußerer Kriegsanlaß.
— wesen 253.
— winter (im Deutsch-
Französischen Kriegej
424-
„Krieg und Frieden" 520.
Krim 2,y. 254. 279. 280.
397-
— krieg 396—398.
Krise europäische wäh-
rend des Zweiten Bal-
kankrieges 48 1 .
— zwischen England und
Frankreich bei Fa-
schoda in Mittelafrika
440.
— — — — Rußland in
Afghanistan 457.
Kritik
s. Literaturkritik.
-^ der reinen Vernunft
351-
— er Napoleons I. 345.
Kritische Theologie 504.
505-
Kroaten 394. 477. 480.
Kroatien 329. 401.
Kroatisch, Kroatische
Sprache und Literatur
477-
Kronbesitz 140.
— feldherr japanischer
467-"
— gut (englisches; 441.
— kolonien (englische)
s. Dominions.
— prinzen 416.
— Privilegien
s. Kronrechte.
— Provinzen (dänische)
s. Provinz^'n.
— rat 292 Nachtr.
— rechte 393. 395.
— Stadt 454. 482.
Kronstadt 454. 482.
Krönung Napoleons I.
Bonaparte zum König
von Italien 321.
Krösus 39. 40.
Krukowiecki (Generalj
363-
Krustentiere 431.
Kugelgestalt der Erde
160.
Kuhpocken 526.
— impfung 526.
Kultur
allgemeine 491 — 493.
altägyptische 513. 535.
altgriechische 43 — 48.
535-
altmexikanische 165.
arabische 115 — 139.
armenische 455.
chinesische 469.
chaldäische 535.
englische 271. 396.
europäische 152. 464.
492-
französische 247 — 249.
272—273. 314.
nordamerikanische 492.
polnische 363.
spanisch-jüdische 157.
— aufstieg 396. 491 bis
493-
— einflüsse Frankreichs
in Ägypten
s. Französische Kuitur-
einflüsse in Ägypten.
— fortschritt
s. Steter Fortschritt der
Menschhcitskultur.
— geschichtsforschung in
Deutschland 375.
Namen- und Sachregister
653
Kulturhöhe, menschliche
488. 491—493-
— pohtik 261. 267. 305.
368. 374. 491—493-
Kultus
buddhistischer 462.
christlicher 95. 99. 116.
181.
heidnischer 100.
jüdischer 21.
mohammedanischer 1 1 1.
112. 116.
römischer 64. 94.
persischer (Feuerkultus)
27.
S. auch Vernunftskul-
tus.
Kunersdorf 264.
Kung-fu-tse 462.
Kunst altägyptische 12.
13- 535-
altmexikanische 165.
chaldäische 15. 535.
chinesische 434. 463.
französische 182. 249.
314.
griechische 43. 44. 48.
171.
japanische 434.
niederländische 231 bis
232.
polnische 363.
russische 277.
spanisch-jüdische 157.
universale 396. 433 bis
434-
— feindschaft 260/261.
— französische in Ägyp-
ten 314.
— geschichte 271. 434.
— gewerbe
chinesisches 434. 464.
französisches 239.
— kritik
in Deutschland 350 bis
351-
— kuriositäten
s. Chinesisch -japanische
Kunstkuriositäten.
Künstler 353. 368. 380.
Kunstliebhabertum 434.
— mäzenatentum
s. Mäzenatentum.
— Straßen
s. Chausseen.
— technik 434.
— und Literatur 431.
Kupferbergwerke 405.
452.
— handel 405.
— stecherei, deutsche
178.
Kurare 429.
Kürassiere französische
421.
Kurfürstentümer 146. 207.
212. 246. 259. 260. 262.
417.
Kurhessen
s. Hessen-Cassel.
Kuropatkin (General) 454.
Kurs(ej an der Börse
s. Börsenkurs(e).
Küstengebiet (afrikani-
schesj 435.
— hinterland des Roten
Meeres
s. Erythräisches Kü-
stenhinterland.
— land
s. österreichisches Kü-
stenland.
Kutusow 334.
Kynoskephalai 55.
Kyrenaika (Olympiaj 36.
105.
Labiche (Eu^ne) 432.
Laboratoriumsbetrieb 219.
427. 430. 438. 468. 534.
— in Britisch - Ostafrika
438-
Labour party (Indepen-
dant) 496.
La Bruyere 248.
La Coruna 327.
Ladogasee 255.
Laennec (Rene-Th^ophile-
Hyacinthe) 526.
Lafayette 308.
La Feuillade 245.
— Fontaine 248. 378.
Laghuat 445.
La Hougue 243. 284.
Laien 95. 125. 128. 136.
Lakonien 31. 34.
Lakonier 34.
Lally-Tollendal 270.
Lamarck (Jean-Baptiste-
Antoine-Pierre de) 349.
430.
Lamartine (Alphonse) 378.
386. 387. 388. 519.
Landansiedelungen
s. Bauemkolonien.
Landarbeit 67. 402. 441.
442. 447-
— — erschaft 442. 462.
— bevölkerung
s. Agrarbevölkerung.
„Land der unbegrenzten
Möglichkeiten" 473.
Landenge von Panama
471.
Suez 160. 413.
Länderdiebstahl
s. Annexion.
— gier 208. 328. 329,
331. 334. 426. 427. 444.
467. 481. 538.
S. auch Annexionen u.
Eroberungspolitik.
— karte Europas
s. Umgestaltung der
europäischen Land-
karte.
— raub- s. Ländergier.
— verkauf 402.
Landesarchive 292 Nach-
trag. 305.
— einheit
s. Natürliche Landes-
einheit.
— hoheit 212.
— konfiskation 146. 184.
277. 305. 402.
— Produkte der Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 405.
— Versicherungsanstalten
497.
— Verteidigung 312.
— Verweisung
s. Verbannung.
Landflucht 369. 371. 494,
— gemeindeordnung,
französische 297.
— karte Europas
s. Umgestaltung der
europäischen Land-
karte.
— kriege Englands
s. Englische Land-
kriege.
— — splan Napoleons L
gegen England 321 bis
322.
Ländliche Arbeitslöhne
494-
Landmacht
s. Militärmacht, Mili-
tärstaat, Militarismus.
654
Namen- und Sachregister
Landstände
böhmische 207.
französische 143. 191.
213. 220. 287. 288.
— Straßenanlagen 385.
449. 452.
S. auch Wegebau. Viae
Romanae.
— streichertum 235.
— Sturm, französischer
300.
— tag
polnischer 236.
schwedischer 209.
ungarischer 395.
— ung der Italiener in
Tripolis 450.
— — Garibaldis in Mar-
sala 400.
— wehr, französische 300.
— Wirtschaft 203. 281.
382. 460. 472. 493.
— — französische in
Ägypten 382.
swissenschaft 493.
Längengradmessung
519-
Langes Parlament 222.
Langobarden 103. 106.
107. 117. 118. 119.
Languedoc 239.
Lannes 313. 336.
Lanze 142.
— nstechen
s. Turnier.
Lao-tse 462.
,,La pitie supreme" yjT.
Laplace 348.
Laren 64.
La Roche (Marquis de)
265.
La Rochefoucauld (Her-
zog von) 234. 248.
La Rochelle 190. 214.
^,Lart d'etre grand-
pere" 377.
Las Cases (Grafj 345.
Lateinisch, Lateinische
Sprache 23. 84. 85.
98. 105. 120. 147. 148.
154. 182. 195. 216.
— e Bibelübersetzung
s. Vulgata.
Latifundienenteignung in
Australien und Neu-
seeland 473.
S. auch Aufhebung
der Latifundien, Fidei-
kommisse usw.
Latinisierung (Romani-
sierung) 84. 476.
Latium 61. 68.
Laud (William), Erzbi-
schof von Canterbury
222.
Laurent (Auguste; 375.
Lausanne 450.
Laute 381.
La Valli^re (Frau von;
242.
Lavoisier (Antoine; 271.
291. 292. 302. 349. 350.
374. 376. 429.
— sches Gesetz.
s. Gesetz von der Er-
haltung des Stoffes.
Law (John) 257.
Lazarettstationen in Bri-
tisch-Ostafrika 438.
— wesen 438.
Lazedämon (Sparta) 32.
34. 47- 48.
— ien 34.
— isch 54.
Leben als chemischer
Vorgang 291.
— Napoleons \. auf St.
Helena 344—345.
— sgeisterchen der Men-
schen 218.
— Interessen nationale
vor dem Schiedsge-
richtsurteil 486.
— smittelmangel
s. Proviantmangel.
not, — teuerung
s. Wirtschaftliche Not-
lage.
— — transport 367.
— — Versorgung
s. Verproviantierung.
— unterhalt in Kanada
266.
Leberfunktion 42g.
Lebrun (Charles; 249.
Lech 210.
Ledru-RoUin 386. 387.
388.
Lee (Robert) .409. 410.
Leffevre (Marschall) 339.
— d'Etaples 181.
Lefort 256. I
Legalitätsprinzip 385.
„Legende der Jahrhun-
derte'' 432.
„Legende des Sikles"
432.
Legendenbildung 116.
120. 138. 194. 296. 345.
Legionäre 67. 70. 75. 476.
Legionen 49. 56. 65. 66.
67. 79. 82. 91. 94. 96,
102.
Legislative (Versamm-
lung) 297. 300. 317.
388. 389.
— Gewalt 283.
Legislaturperiode 401.
Lehnsadel 207.
— dienst, — wesen 119.
122. 125 — 128. 130.
140. 147. 290. 384.
— fürsten 138.
— herren 124. 126. 127.
146. 151. V
— herrliche Truppen 145.
— königtum 126.
— männer 126. 137.
— Verfassung im ehema-
ligen Algerien 384.
Lehrerbildungsanstalten
305-
Lehre vom Licht 349.
Leibeigene 126. 255. 402.
Leibeigenschaft 121. 126.
128. 278. 306. 402. 403.
404. 441.
— garde König Ludwigs
XVI. 290.
(Leibkorps) Napo-
leons I. 319. 341. 343-
Leibniz (Gottfried) 195.
249. 250. 348. 484.
Leipzig 210. 250. 337. 347.
367. 494.
— er Schlacht 337. 347.
Leistungsfähigkeit der
Chassepotgewehre
s. Durchschlagskraft der
Chassepotgewehre und
auch Tragweite der
Chassepotgewehre.
Leistungsfähigkeit der In-
fanteriegewehre 420.
490.
— — Kanonen 489.
Leiter des Kriegswesens
(in der Revolutionszeit)
303. 348.
Le Mans 424.
„Le mie prigioni" 356.
„Uempire, c'est La paix!"
396.
Namen- und Sachregister
655
Lenkbare Luftballons 513.
schiffe 513.
Lens 233.
Leo III. Papst 119.
— X. - 179.
Leoben 310.
Leon 156.
Leonardo da Vinci
s. Vinci (Leonardo da).
Leonidas 42. 118.
Leopold I., Deutscher
Kaiser 230. 235. 241.
244. 246. 260.
— II. 280.
— I., König von Belgien
364-
— n. 437- 438.
— Prinz von Hohenzol-
lern 419. 420. 425.
Lepanto 200. 201. 203.
Lepra 532.
— kranke, ihre Isolie-
rung im Altertum und
Mittelalter 532.
Lerida 154.
Lescot (Pierre) 177.
Lesekenntnis 281.
Lesseps (Ferdinand de)
413- 471-
Lessing (Gotthold Ephra-
im) 275. 351.
Leszcynsko (Maria) 259.
Leszczynski (Stanislaus)
252. 259.
„Lettres de Catherine IIJ'
277.
f,Lettres de Madame de
Sevigne" 249. 379.
Leuchtgasgewinnung 375.
Leuchtturm von Pharos
57.
Leukopetra 56.
Leuktra 48.
Leuthen 264.
Leutnants, französische
264. 309. 345.
— Napoleons I. 345.
Leuwenhoeck 231.
Levante 148.
Leviten 21.
Lexington 282.
Lex Licinia 63.
Leyden 199. 228. 231. 242.
Libanon 22.
Liberale Bewegung 352.
364.
— s Kaisertum in
Deutschland 393.
Liberales Ministerium 354.
Liberalismus (politischer)
281. 341. 352. 353. 354.
356. 361. 365. 389. 390.
391. 392. 393. 394. 395.
401. 402. 415. 418. 419,
473-
S. auch Scheinliberalis-
mus und russischer
Liberalismus.
— (religiöserj 275. 504.
Liberia 448. 450. 501.
Liberum Veto 236. 306.
Libyen 14. 22. 51.
Lichtstrahlende Platten
s. Fluoreszierende Plat-
ten.
Licinius 63.
Liebedienerei gegenüber
Napoleon I. 317. 318.
„Liebfrauenkirche" 378.
379-
Liebig (Freiherr Justus
vonj 430.
Liederdichtung 345. 353.
Liga (katholische oder
heilige in Frankreich^
s. Ligue.
— der Neutralen 320.
Ligny 343.
Ligue 190. 191. 192. 193,
Ligurien 321.
Ligurische Republik 314.
321.
Lilienthal (Otto) 515 An-
merk.
Lille 300.
Lincoln (Abraham) 407.
410.
Lindau (Paul) 541 Nachtr.
Lingua Toscana 149.
Linienschiffe 313.
Linkes Amurufer 452.
— Rheinufer \304. 311.
.417-
Linksrheinische vor dem
Deutsch-Französischen
Kriege
s. Franzosen, Frank-
reich usw.
Linsengläser 231.
Lippi (Filippoj 150.
Lippmann (franz. Physi-
ker) 525.
Lissa 416.
Lissabon 163. 325. 360.
Lister (Sir Joseph) 529.
540.
Litauen 236. 279. 306.
307.
Litauer 236.
Literatur
altfranzösische 117.
— spanische 117.
— griechische 43 — 44.
83. 170/171. 248. 376.
379- 434- 535-
armenische 455.
chinesische 464.
deutsche 335. 350. 351.
375- 377- 378.
englische 273. 275. 361.
377. 378. 520.
französische 233. 238.
242. 247. 248. 249.
272—273. 274—275.
287/288. 302. 341.
345- 353- 377- 378.
380. 386. 387. 388.
396. 431. 432. 485.
519. 520. 521.
italienische 149. 171.
172. 275.
mittelalterliche 105.
109. 117.
— hochdeutsche 117.
persische 457.
polnische 363.
römische 83. 170/171.
248.
rumänische 476.
russische 377. 432/433.
520. 521.
skandinavische 432. 434.
spanische 203. 541
Nachtr.
— dramen 521.
— frühling französischer
378.
— kritik
deutsche 275.
französische 432.
— und Kunst der Gegen-
wart in einem Höchst-
maß von Fruchtbarkeit
bis zur Überproduktion
520.
— — — von geringerem
Emfluß in der Gegen-
wart als Wissenschaft,
Industrie und Sozial-
reform 519.
Liturgie
s. Gottesdienstordnung.
Liturgische Gesänge 380.
656
Namen- und Sachregister
Liverpool 365. 367. 495.
Livingstone (Davidj 436.
Livius (Titus) 83. 84. 171.
Livland 236. 252. 254.
Loanda 435.
„Lob der Narrheit' 183.
Locke 273.
Lodge (Oliver) 517.
Lodi 310.
Loewen s. Löwen.
Lohnbewegung s. Streik.
— erhöhung 496. 506.
— forderungen der chine-
sischen Arbeiter 485.
— europäischen —
465.
— tarife gesetzliche 497.
Loire 123. 144. 177. 323.
— armee französische im
Deutsch-Französischen
Kriege 424.
Lokalblättchen (Empor-
schießen vonj 492.
Lokomotive 367.
Lombardei 138. 139. 169.
235- 311- 390. 392. 399-
Lombardischer Städte-
bund s. Städtebund.
London 129. 154. 200. 222.
223. 224. 226. 250. 255.
361. 364. 367. 382. 396.
414. 481. 494- 495- 5"-
— er Friede 481.
— Konferenz 364.
— Konvention 383.
— Protokoll 414.
— Stadtbahn 511.
— Weltanschauung.
396.
Longueville (Frau von)
234.
Longwy 299.
Lope de Vega
s. Vega.
Lords 137. 146. 327. 361.
430.
Lord Protector 225.
Lorenzo Ghiberti
s. Ghiberti.
— kirche zu Florenz
s. San Lorenzokirche zu
Florenz.
Los Angeles 494.
Losreißung Belgiens
s. Unabhängigkeitsbe-
wegung Belgiens.
— Brasiliens von Portu-
gal 360.
Losreißung d. spanischen
Kolonien
s. Verfall des spani-
schen Kolonialreiches.
Südstaaten von der
Nordamerikanischen
Union
s. Trennung der Süd-
staaten von der Nord-
amerikanischen Union.
Lothar 120.
— ingen 121.
Loth(a)ringen 121. 144.
168. 204. 233. 244. 259.
— (Maria von)
s. Maria von Loth-
ringen.
Louis (Baron) 352.
— (Bonaparte), König von
Holland 323. 330. 387.
— (Prinz, Sohn Napo-
leons III. J 422.
Louisiana 267. 281. 405.
Louvois 239. 240. 242. 243.
Louvre 137. 177. 194.
— museum 305.
Löwen 196.
Loyalismus
s. Untertanentreue.
Loyalists 267.
Loyola (Ignatius von) 186.
Lübeck 147. 331.
Lucca 154.
Lucrezia Borgia 173.
Ludwig der Deutsche 121.
— VI. König von Frank-
reich 137.
— VII. - - - 137.
— IX., der Heilige,
— 134. 140. 141.
— XI. 125. 168.
169. 204. 214. 346.
— XII. 169. 170.
— XIII. — — — 210.
211. 213.
214.
220.
232.
233-
XIV. -
- —
- —
83-
193. 211.
226.
227.
228.
229. 230.
232.
233-
234.
238-247
249.
250.
252.
257. 258.
272.
285.
318.
368. 377-
415-
XV. —
219.
257
bis 258.
259.
262.
263.
265. 268.
270.
272.
284.
285.
XVI. 263.
285-
-289.
294—301
340.
Ludwig XVII. 340.
— XVIII. 340—342. 347
bis 348. 352—353-
— (Bonaparte).
s. Louis (Bonaparte).
— Philipp, König der
Franzosen 366, 382 bis
386. 387.
Luft 528. 529.
— ballon 424. 513. 514.
— Schiffahrt 490. 513 bis
514-
— — im Dienste des
Krieges 490.
— schiffe 513.
S. auch Unlenkbare.
Luftballons und Lenk-
bare — .
— — halbstarren Sy-
stems
s. Halbstarre Luft-
schiffe.
— — und Zeppeline kein
zweckmäßiges Zivilbe-
förderungsmittel 514.
— — hallen 514.
— — leinwand
s. Luftschiffsmantel.
— — mantel 514.
— schwere 219.
— verkehr 513 — 516.
Luise, Königin von Preu-
ßen 323.
Lukas 87.
Lukrez 83.
LukuUus 75.
Lülü-Burgos 481.
Lun^ville 319.
Lungen- und Herzkrank-
heiten 527.
Lusiaden 163.
Lusitanien 123. 201.
Lustspieldichtung
französische 248. 249.
274. 277. 288. 341
Anm.
spanische 203.
Luther 176. 178—180. 181.
183. 186. 187. 206. 209.
— aner 180. 207. 212. 254.
— — tum 236. 254. 278.
— isch 180. 210.
Lüttich 364.
Lützen 210. 336 mit Anm.
Luxemburg (Herzog von;
243-
— (Land) 244.
Namen- und Sachregister
657
Luxus 368. 505.
S. auch Komfort.
— dampf er 512.
— züge 511.
Luynes (Albert dej 213.
Lydien und Lyder 26. 39.
Lyell (Sir Charles) 375.
Lykurg 34. 37.
Lyon 136. 154. 301. 302.
303. 367. 495. ,
Lyonnais 140.
Lyonne (de) 239.
Lyrik
altgriechische 36. 379.
deutsche 335. 351.
französische 302. 345.
353- 377- 378. 379.
381. 386. 387. 388.
396. 431/432. 485.
519. 520 mit Anm.
römische 83.
Macao 466.
Macbeth 205.
Macchiavelli 188.
Mac Clellan 409.
Macdonald (Marschall;
339- 341-
Machteinbuße der Türkei
456.
— politik 416. 425. 488.
— vor Recht 416. 425.
Maciejowice 307.
Mac Kinley 471.
— — sehe Tarif bin 471.
— Mahon (General und
alsdann Präsident) 399.
421. 422. 427.
s Handstreich im
Kriege Italiens und Sar-
diniens gegen Öster-
reich 399.
Madagaskar 215. 269. 413.
435. 448. 449.
— gesellschaft 215. 269.
— korps 449.
Madeira 71. 159.
„Mademoiselle dela Sei-
gliere" 341 Anm.
f,Madonna" (Gemälde-
gegenstand) 172.
S. auch Marienbilder.
Madras 269.
Madrid 161. 175. 258. 325.
326. 327. 331. 335. 367.
419- 424. 495-
Madrider 325.
Madrigale 263.
Magalhaes 163.
— Straße 164.
Magdeburg 210.
Magendie (Frangois) 376.
Magenta 399. 427.
Magier 27.
Magna Charta 137.
Magnet 522. 523.
— eisen 158.
— nadel 158. 373.
Mahdi 440.
— aufstand im Sudan 440.
Mähe 269.
Mahmud IL 360. 362. 382.
Mahratten 269.
Maifelder 119.
Mailand 138. 142. 154.
170- 175- 310- 389. 390.
391- 392. 399- 494- 495-
— (Herzogtum) 169. 170.
175- 259. 310. 319. 331.
389-
Maintenon (Frau von) 242.
246.
Mainz 146. 153. 300. 302.
Majestät 263.
— sbeleidigung 318.
Majordomus
s. Hausmeiertum.
Majubaberg 441.
Malaien
s. Malaiische Rasse
Malaiische Rasse 449.
474. 499.
Malakka 163. 459.
Malaria 447. 532.
Malerei
altmexikanische 165.
christliche (byzantini-
sche) 99. 109. 150.
deutsche 178. 434.
französische 177. 249.
380. 434.
holländische 231 — 232.
434-
internationale moderne
433. 521. 522.
italienische 150. 171.
172. 434-
Malesherbes 302.
Malgaschen 448. 449.
Malplaquet 246.
Malta 313. 320. 321.
Malteser Ritter 320.
Malus 349.
Malvern Hill 409.
Mameluken 199. 313. 382.
Manche (La)
s. Ärmelkanal.
Manchester 365. 367. 370.
495.
Mancini (Maria) 234. 398.
Mandarinenregierung 464.
509.
S. auch Examensbu-
reaukratie.
— würde 464. 509.
Mandschudynastie 465.
466. 469.
Mandschurei 453. 454. 467.
469. 474.
Mandschuren 465.
S. auch Tataren.
Manen 65.
Manet (Edouard; 434.
Mangan 349.
Manifest des Herzogs von
Braunschweig 298.
Manitoba 472.
Manlius Torquatus 65.
Manneszucht
s. Disziplin.
Marmigfaltigkeit in den
Erscheinungsformen
der Kraft 374.
Mannschaften französisch.
336.
„Manon Lescaui" 351.
379.
Manöver
s. Truppenmanöver.
Mansfeld (Graf von) 208.
Mantinea 48.
Mantua (Stadt) - 84. 235.
— (Herzogtum; 259.
Maori 414.
Marat 300.
Marathon 41. 361.
Marceau 303. 308.
Marcel (Etiennej 143. 144.
Marchand (Hauptmann)
440.
Marche-en-Fam^ne 198.
Marco Polo s. Polo.
Marconi (Physiker) 517.
— telegraphie
s. Funkenteleg^aphie.
Marengo 319.
Marey (Etienne-Jules;
514. 521.
Margarete von Navarra
182. 189.
Maria (Jungfrau) mit dem
Kinde 125.
658
Namen- und Sachregister
Maria, Königin (regie-
rende) von Portugal 360.
Maria Christina Königin-
Mutter und Regentin
von Spanien 418.
— Luisa Königin von
Spanien 325.
— von Lothringen, Prin-
zessin von Guise 204.
— — Medici 213. 220.
233-
— Stuart 189. 201. 204.
205. 220.
— Theresia Kaiserin von
Österreich 259. 260. 262.
263. 264. 272. 278. 280.
— Tudor 185. 200.
Marie 387.
— Antoinette 286. 287,
295. 296. 297. 302.
— Luise (Gemahlin Napo-
leons I.; 329. 336. 342.
343-
— nbilder 125.
S. auch Madonna.
— ndienst 125. 128.
Marignano 170. 175.
Marine 202. 214. 225. 234.
239. 246. 254. 262. 263.
269. 284. 361. 408. 454.
460. 508.
— ausgaben 489. 509.
S. auch Marinebudget,
Marineetat.
— Infanterie französische
421.
— ingenieurkunst 513.
Marinismus
altgriechischer 368.
deutscher 489.
englischer 489.
europäischer 489.
französischer 489.
russischer 489.
Marius 68. 76. ^T.
Mark Aurel 83. 92. 93.
Markgraf 146.
— von Brandenburg 146.
Markus 87.
— kirche 150.
Marlborough (Lord; 245.
Marmont 339.
Marodeure s. Schlacht-
feldplünderer.
Marokkanischer Feldzug
s. Unterwerfung von
Marokko unter franzö-
sisches Protektorat.
Marokkanisches Küsten-
land 451.
Marokko 71. 157. 384.
385. 435. 444. 445. 446.
Marot 182.
Marquis 287. 343.
Marrakesch 445.
Marsala 400.
Marschall von Frankreich
213. 246. 331. 339. 341.
352. 422. 427.
Marsch der deutschen
Heere nach Paris im
Deutsch-Französischen
Kriege 423.
Verbündeten Heere
nach Paris im dritten
Jahre der Freiheits-
kriege 344.
zweiten — — — 339.
— technik 310.
„Marseillaise" (Plastische
Gruppe; 380.
Marseille 37. 413. 495.
Marsfeld 294.
Mars-la-Tour 423.
Martin (Frangois; 269.
Martinique 215. 472.
„Märtyrer Die'' 378.
— tum 88. 151. 183 bis
184. 185. 188. 242. 274.
302. 352. 475. 505-
„Martyrs {Les)" 378.
Marx (Karl) 393.
Maryland 28 1 .
Märzentage
s. Märzrevolution.
Märzrevolution 392.
Maschinenbetriebe
s. Fabrikwesen.
— gewehre 490.
— Weberei 370.
— wesen
s. Einführung des Ma-
schinenwesens und Be-
deutung — —
Maskat 487.
— -Schiedsgerichtsspruch
487.
Massachusetts 221. 266.
281. 282.
Massaker s. Gemetzel.
Massaua 449.
Maßbezeichnungen unzeit-
gemäße der Russen xmd
Engländer 518.
Maßeinheitsbezeichnun-
gen s. Elektrische Maß-
einheitsbezeichnungen.
Massöna (General; 315.
319- 335- 341.
Massenaufgebot 300. 301.
311. 326. 335. 338. 408
bis 409.
— autodaf6 s. Autodafe.
— Instinkte der Arbeiter-
schaft 369.
— kundgebungen
s. Demonstrationen.
— Produktion 371.
— — im amerikanischen
Zeitungswesen 492.
— Schlächtereien
s. Gemetzel.
Mäßigkeit der Chinesen
463. 465.
Maßlose Steigerung des
privaten Jahresetats 507.
Maßsystem 305. 374.
^ und Gewichtsformen
305- 518.
Materie 57. 155. 291. 292.
373. 374. 524. 538. 539.
— ihre Bewältigung durch
die Wissenschaft im
19. Jahrhundert 373.
538. 539-
Materielle Interessen in
der Politik
s. Interessenpolitik.
Mathematik in
Deutschland 249.
England 249. 348.
Frankreich 217. 248.
348.
Griechenland 46. 48.
Holland 250.
Italien 171.
Rußland 373.
Spanien 541 Nachtr.
Mathematisch-physikali-
sche Gesetze 373. 430.
522. 525.
Matrosen s. Marine.
— aushebung 239.
Matthäus 87.
Maueranschläge 388.
— aufschriften 272. 352.
Maupertuis 253.
„Mauprat" 379.
Mauren 114. 117. 124. 150.
157. 158. 196.
Mauretanien 103.
Maxen 264.
Namen- und Sachregister
659
Maxentius 97.
Maximal- und Minimal-
lohn 497.
Maximilian I., Deutscher
Kaiser 169. 170.
— , Erzherzog von Öster-
reich und dann Kaiser
von Mexiko 411 — 412.
— II., König von Bayern
393-
Maximus 94.
Maximum der Bevölke-
rungszahl 498.
Maxwell (James Clerk;
523-
Mayer (Robert) 374.
Mazarin (Kardinal von)
211. 225. 233. 234. 238.
Mazedonien 102. 479.
481.
Mazedonier 49. 51. 54.
55. 56. 70. 73. 75.
Mäzenatentum 249. 261.
Mazeppa 252.
Mazzini 392. 396. 398.
Meaux 182.
Mechain 348.
Mechanik und Statik 250.
291. 513.
„Mechanische Groß-
mächte 292.
— Wärmelehre 374.
Meder 25. 26 ff. 39.
Medici 171. 186. 188. 189.
213. 219. 220. 233.
Medina (Yatrib; iio, iii.
114.
Medizeer.
s. auch Grabmal der
Medizeer.
— und Medizeerin s. Me-
dici.
Medizinische Forscherge-
nies 46. 376. 429. 526.
527. 528. 529. 530. 531.
540.
S. auch Meister der
Medizin.
— Forschungsstationen
für das Studium afrika-
nischer Menschen- und
Viehseuchen in Bri-
tisch-Afrika 447.
— Wissenschaft
s. Heilkunde.
Medizin, Notwendigkeit
ihres Zusammenhanges
mit allen Wissenschaf-
ten 533/534- 541 •.
Medizin und Chirurgie in
den letzten fünfzig Jah-
ren 525. 534. 540.
Meerbusen von Guinea
438.
— enge von Konstantino-
pel s. Bosporus.
— — — Suez
s. Kanal von Suez.
Megalithen 3.
Megara 37. 48.
Mehemed Ali (Pascha;
382. 383. 413.
Mehrwert allgemeiner der
Ware 505.
— des Grundbesitzes 506.
Mehrheitsregierung 365.
„Meine Qefängniszeit"
356.
Meister der Bildhauerei
altgriechische 43. 48.
99- 434-
französische 434. 521.
italienische 44. 171. 172.
180. 271.
— — Dramatik
altgriechische 32. 40.
44. 157. 171. 203. 205.
248. 249. 434.
norwegische 432. 434.
— — französischen Prosa
432.
— — Malerei
flämische 232. 249.
französische 434.
holländische 178. 232.
249. 434.
italienische 171. 172.
178. ,232. 271. 434.
Medizin 46. 376.
429. 526. 527. 528. 529.
530. 531. 540.
S. auch Medizinische
Genies.
Musik 6. 47. 380.
381. 382. 433. 434. 442.
Naturwissenschaft
s. Meister der Wissen-
schaft.
— — Wissenschaft 428
bis 430.
— des russischen Roma-
nes 432—433.
— werk der Naturwissen-
schaft 428.
Mekka iio. in. 114.
Mekong 460.
— delta 460.
Melas (Freiherr von) 319.
Melbourne 494.
Melkart 20.
Membranschwingungen.
517. 522.
Memnon 14.
Mömoires
s. Denkwürdigkeiten.
— de Frederic le Grand
sur l'histoire de la mai-
son de Brandebourg
277. 292 Anm.
— de Joinville 141.
— — Napoleon I. 345.
Sully 193.
„Memoires d'outre-tombe'*
378.
Memphis 13. 14. 24. 25.
Mendelssohn (Felix; 381.
Menelaos 32.
Menelik, König von Äthio-
pien 450.
Menenius Agrippa 62.
Menephtah 17.
Menes 13.
Menon 314.
Menschenarmut in Afrika
451-
— — relative der Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 470.
— — — Kanadas 472.
— brüdertum 276. 510.
— feindschaft, — haß
s. Misanthropismus.
„Menschenfresser {Der)"
451 Anm.
— — s. Kannibalen.
— freundschaft
s. Philanthropismus.
— liebe 87. 89. 462. 532.
— opfer 17. 20. 24. 71.
165. 335- 385.
— rassen, ihr Alter 5.
— rechte
s. Erklärung der Men-
schenrechte.
— reichtum im Große-
Seen-Gebiete Afrikas
436.
S. auch Kinderreichtum,
in Asien 451.
S. auch Kinderreichtum,
China 465. 501.
66o
Namen- und Sachregister
Menschenreichtum im
Englischen Indien 458.
S. auch Kinderreichtum,
Menschenseuchen in
Afrika
s. Afrikaseuchen.
— Verachtung 416.
Menschheit 142. 368. 374.
430. 484. 488. 492- 493.
497- 498. 510- 514- 516.
529- 533- 534- 537- 538.
539-
540. 541.
— saufstieg 305. 320.
— sbefreiung der Wissen-
schaft 276. 509. 540.
— sgeschichte
s. Geschichte der
Menschheit.
— sorganisation 430. 492.
510.
Menschikow 256.
Menschhche Raserei 483.
491- 529- 539-
— s Gewissen bei Kant
351-
— Sprache 522.
— Zuchtwahl auf wissen-
schaftlicher Grundlage
540.
Mercie (Antonin) 521.
Merim^e (Prosper; 379.
M^ridianmessung
s. Längengradmessung.
— von Greenwich 519.
Merowinger 116.
Merw 457.
Mesopotomien (Euphrat
und Tigris; .14. 16. 24.
40. 452.
Messalina 85.
Messe (heilige) 187. 192.
Messias 28. 87. 94. in.
Mestize 165. 167. 356. 357.
359. 411. 501.
Metallgruben afrikanische
447-
sibirische 452.
— hämmer
s, Hütttenbetriebe.
— kabel (Metallröhren;
als Leiter elektrischer
Kraft 523.
— oxyde 349.
— werke
s. Hüttenbetriebe.
Metaphysik
deutsche 351.
französische 274.
griechische 48.
indische 268.
— ihre Gebrechlichkeit
539-
Metaurus 73.
Metempsychose (Seelen-
wanderung) IG.
Metermaß, Annahme des
518.
Methoden
s. Beobachtende —
und Experimental- — .
Methodik der allgemei-
nen Physiologie 429.
— im allgemeinen 217.
429.
Metrik französische 377.
Metropolstellung Algiers
im französischen Afrika
444-
Metternich (Fürst von)
336. 337- 355- 394-
— s Vermittelungsvor-
schlag
s. Vermittelungsvor-
schlag Metternichs an
Napoleon L
Metz 154. 421. 422. 423.
424.
Metzu 232.
Meuchelmord politischer
s. Attentat politisches.
Meutereien
s. Volksaufstände und
Soldatenaufstände.
Mexikaner 164 — 167.
Mexikanische Rasse 165.
— Republik 411.
— Strafexpedition Frank-
reichs, Englands und
Spaniens 411.
— r Feldzug
Napoleons IIL 411 bis
412.
Mexiko (Staat) 51. 164.
165. 166. 167. 196. 201.
244. 356- 357- 359- 406.
410 — 412. 470. 472. 506.
507.
— (Stadt) 411.
— -Korps (französisches)
411. 412.
Meyerbeer (Giacomo) 433.
Michael (Erzengel) 144.
— Obrenowitsch, Fürst
von Serbien 477.
— Romanow (Zar) 237.
„Michael Servet" (Span.
Drama) 541 Nachtr.
S. auch Servet (Miguel).
Michelangelo (Buonar-
rotti; s. Buonarrotti.
Michelet (Jules; 380.
Mikado 467. 468.
Mikroben 528.
Mikroskopierkunst 23 1 .
527.
Mikroskopierübungen
anatomisch-patho-
logische 527.
Milan, Fürst von Serbien
477-
— l. Obrenowitsch, König
von Serbien 477.
Milch 528. 532.
— , ihre chemische Reak-
tionen 528.
— , ihre Pasteurisierung
532.
— — Sterilisierung 532.
— Untersuchung der Kühe
532.
— , Vernichtung infek-
tiöser 532.
Milet 37. 41. 47.
Militärausgaben, — lasten
175. 196. 239. 346. 431.
434. 489. 493- 507- 509-
534. 538.
S. auch Heeresaus-
gaben.
— — Notwendigkeit ihrer
gründlichen Einschrän-
kung auf Kosten des
Budgets für Wissen-
schaft und Kunst 431.
493- 534;
— automobile 490.
— bewilligungsrecht
s. Heeresbewilligungs-
recht.
— budget
s. Militär- und Heeres-
ausgaben.
— despotien
s. Militärregierungen.
— dienstordnungen 490.
— diktatur
in England 225.
Namen- und Sachregister
66 1
Militärausgaben in Frank-
reich 225. 302. 303.317
bis 319. 423. 424.
— Holland 230.
— Mexiko 410.
— Mittelamerika 412.
— Südamerika 359.
412.
— ersatzgeschäft
s. Rekrutenaushebung.
— etat
s. Heeresausgaben,
Militärausgaben.
— etatsverweigerung 415.
— flugzeuge 490. 515 bis
516.
— gesetzgebung 335.
— hierar chie 215. 239.
Militärische Ausnützung
aller Wissenschaft und
Industrie 490.
— Besetzung Tunesiens
durch Frankreich 444.
Marokkos durch
Frankreich 445.
— Initiative 416. 421.
— Niederwerfung polni-
scher Demonstrationen
403-
— s System der Türkei
475-
Napoleons I. 309.
Militarisierung Europas
316. 345. 434. 489-
Militärkolonnen, römische
385. 476.
— lasten
s. Heeresausgaben.
— luftschiffe 490. 514.
— macht, — Staat 56.
152. 158. 174. 196. 203.
229. 238. 243. 246. 254.
260. 261. 265. 311. 316.
345- 353- 475- 477- 489-
516.
— partei 323.
— pf licht 140. 255. 403
434. 468. 475. 489- 491.
493-
für die Christen
des Balkan 475.
— putsche
s. Soldatenaufstände.
— regierung 509.
— revolten
s. Soldatenaufstände.
— russisches in Afghani-
stan und Persien 456.
Militärschriftstellerei 72.
263.
— ■ Staaten, Preußen 265.
— Stationen am Kongo
437-
— türkisches in Bulgarien
478.
— Serbien 477.
— vorlagen 335. 345-346.
Milizheer 282. 283. 339.
386. 408. 423.
Miltiades 29. 41.
Milutin (Nikolaus) 40a
Mimircy s. Natürliche
Zuchtwahl.
Minderwertigkeit der chi-
nesischen Rasse gegen-
über der weißen 465.
Bevölkerung
356. 359. 408. 448.
s. auch Bewertung der
Schwarzen Rasse.
Opemtexte bis
Wagner 433.
Mindestarbeitslohn
s. Minimaltarif.
Mingdynastie 465.
Minimallöhne
s. Minimaltarif.
— tarif in Australien und
Neuseeland 474.
Minimum des Bevölke-
rungszuwachses bei den
europäischen Völker-
schaften 500.
Minister 34. 184. 220.
222. 239. 260. 265. 286
287. 295. 297. 298. 306.
312. 361. 388. 415. 418.
419. 420. 421. 482. 541.
Nachtr.
— absolutismus 312. 415.
— des Auswärtigen 419.
541 Nachtr.
— ialregierung
s. Kabinettsregierung.
— ium 321. 353. 418. 440.
541. Nachtr.
— — in Frankreich
durch die Liberalen
418.
swechsel in Frank-
reich vor dem Deutsch-
Französischen Kriege
unter Napoleon III.
418.
— Präsident 256. 258. 259.
295. 299. 312. 320. 323.
336. 339- 361. 365. 372.
395. 415. 418. 419. 420.
482. 541 Nachtr.
Ministerrat
s. Kronrat.
— regentschaft 210. 211.
214. 257.
— Verantwortlichkeit in
England 257. 273.
Minnedienst 128.
Minos 31.
Miollis 304.
Mir 402.
Mirabeau 289. 295. 486.
Misanthropismus Fried-
richs des Großen 261.
— Napoleons I. 346.
Mischlinge
s. Mestizen.
Mischrassen in Afrika
449-
„Miserables Les" 378.
432.
Misogynentum
s. Weiberfeindschaft.
Missi Dominici 119.
Missionare englische in
Madagaskar 449.
Mississippi 165. 257. 267.
405. 409.
Missolunghi 361.
Mitgift 64.
Mithridates 75.
Mitklingende Töne 430.
Mitleid 87. 462.
Mittelafrika 440. 446.
— alter 151. 204. 368.
524. 532.
— amerika 162. 167.
244. 265. 356. 406. 470.
— asien
s. Innerasien.
— europa 425. 458.
— europäische Zeit 519.
— ländischer französi-
scher Lehnsstaat zur
Zeit der Kreuzzüge 132
133- 141-
— ländisches Meer. 7.
18. 22. 30. 31. 37. 52.
71. 72. 87. 124. 158.
159- 239. 314- 384. 412.
443- 444-445- 461.
— meerfische 514 Anm.
küste 435. 445-
446.
— stand französischer
305-
24 Richet, Geschichte der Menschheit, II.
662
Namerx- und Sachregister
Mittlere Steinzeit oder
Paläolithformation i bis
2.
Mitscherlich (Eilhardj
375-
Moab und Moabiter i8.
2o.
Mobilgarden französische
421.
Mobilisierung allgemeine
in Europa 489.
— der Alliiertenheere im
Ersten Balkankriege
,481.
— des türkischen Heeres
zum Russisch-Türki-
schen Kriege 478.
— französische 421.
— preußische 416. 420.
421.
Mobilmachung
s. Mobilisierung und
auch Allgemeine Mo-
bilmachung.
— zustand der Heere.
s. Kriegsstärke der
Heere.
Modena (Herzogtum^
399-
— (Stadt) 310. 399.
Moderne Demokratien,
ihre Neigung zum
plutokratischen System
509.
• — Gesellschaft 5.
— — sentwickelung in
Verfassung, Volksbil-
dung, Literatur, Presse
491 bis 493.
— Kriegführung 489 bis
491.
— Kunst 434.
— s Christentum 504.
— Verkehrsgeschwindig-
keit 512.
— Waffentechnik im Ver-
hältnis zu der alten 490.
— Weltanschauung Ka-
tharinas n. von Ruß-
land 277.
— Wissenschaft(enj 509.
510. 516. 517. 519. 524.
534- 539—541-
— — als Grundlage der
Industrie und Heil-
kunde 534.
Moderne Wissenschaften
als Stützen der neuen
sozialistischen Gesell-
schaft 509.
— — , ihr Vormarsch
unter dem Zeichen der
Großen französischen
Revolution 348 ff. 538.
Mohammed (Prophet) 1 1 o.
III. 112. 114. 116. 118.
120. 268. 447. 461.
— II. (Sultan) 152.
— aner und mohammeda-
nisch III. 113. 117.
157. 455- 478.
— — tum, Mohammeda-
nismus
s. Islam.
Moldau, Fürstentum 360.
362. 396. 398. 476.
Moldauer 254.
Moliere 248. 271. 378.
Mollusken 43 1 .
Moloch 71. 165. 335.
Molukken 163.
Monarchie (Monarchisch.
Staat) 173. 187. 189.
196. 212. 224. 247. 257.
261. 262. 272. 285. 306.
419. 467. 470. 485.
Monarchisch 181. 199.
228.
Monarchismus 96. 146.
155. 224. 227. 228. 250.
268. 281. 285. 287. 289.
294. 295. 296. 297. 306.
340. 355- 390- 392.
Monarchisten
in Amerika 267.
in der Französischen
Republik 388.
S. auch Loyalists.
Monatsbezeichnung (revo-
lutionäre französische;
303. 304. 308. 316.
Moncey 304.
Mönch
s. Ordensmönch — Klo-
stermönch und auch
Unabhängigkeitsbestre -
bungen una Sittenlosig-
keit.
— e als Volksbildner.
— sorden 100. 178. 187.
305.
Mondovi 310.
Mongolei 465.
Mongolen 151. 463. 465.
Mondbahn 250.
— Sturm 463. 465.
Montgolfier (Etiennej 513.
— (Joseph; 513.
Mongolische Gebirgs-
Stämme 465.
— Rasse
s. Gelbe Rasse.
— Rasse, ihre Intelligenz
s. Gelbe Rasse, ihre In-
telligenz.
Monismus 374.
Monk (General; 226.
Monotheismus 95. 116.
268.
Monroe (Präsident) 357.
405.
— doktrin 357. 405.
Mons sacer
s. Heiliger Berg.
Montaigne (Michel de)
194. 247.
Montbard 79.
Montcalm 267.
Montenegriner 481.
— aufstände 360.
Montenegro 360. 477.
478. 479. 481.
Montenotte 310.
Montespan (Frau von;
242.
Montesquieu 274. 275. 277.
Monteverde (Claudio) 381.
Montezuma 166.
Montholon 344.
Montijo
s. Eugenie (Kaiserin
von Frankreich).
Montmorency 189.
Moral 356. 407. 408.
— istik
s. Ethik.
— Unterricht in Frank-
reich 276.
Mord von französischen
Kongreßbevollmächtig -
ten s. Gesandtenmord.
More (Thomas)
s. Morus (Thomas).
Morea 254.
Moreau (General) 319.
Morgenland
s. Orient.
— ländische und Mada-
gaskargesellschaft
s. Compagnie de
l'Orient et de Mada-
gascar.
Namen- und Sachregister
663
Moriskos 196.
Moritz, Graf von Nassau
198. 229.
— Kurfürst von Sachsen
262.
Morosini 44.
Morphin 527.
— behandlung 527.
Morton 376.
Morus (Thomas) 183. 184.
Mosaik 109.
Mosaismus 89.
Moscheen iii. 115. 462.
Moschee zu Granada
s. Alhambra.
Medina in.
Mose 17. 18. 20. 21. 26.
45. 110.
Mosel 299.
Moses (Skulpturwerk)
172.
Moskau (Land)
s. Moskowien.
— (Stadt; 236. 237. 253.
494- 495-
Moskito 532.
Moskowien 237. 254.
Moskwa 333.
Moslem (Muselmanen) 27.
HO. III. 114. 116. 119.
134. 139. 155. 156. 157.
314. 384. 458. 475.
— isch 266.
Motore
s. Elektrische Maschi-
nen.
— f lugzeuge 515.
Motorische Kraft 523.
— Nerven 376.
Motorluftschiffe 513.
— wagenverkehr
s. Automobilismus.
Moulin 316.
Mozambique 162. 435.
438. 450-
Mozart (Wolfgang Ama-
deus) 381. 433. 434.
Muhammed
s. Mohammed.
Mukden 453. 454.
Mulatte 356. 359. 406.
411. 501.
Mülhausen 314.
Müller (Johannes) 376.
429.
— (Wilhelm) 59 Nachtr,
Mummius 56.
München 319.
24«
Mundartliches Franzö-
sisch 400 Anm.
Mündigkeitserklärung der
Menschheit
s. Emanzipation — — .
Munitionstransporte 490.
Munizipien 84.
Münster (Kanton Bern)
154.
Münzeinheit internationale
518.
Münzinschriften 271. 352.
— metalle 506.
— System
lydisches 40.
russisches 363.
internationales der Zu-
kunft 518.
— Werkstatt 256.
Murat 313. 325. 336. 337
Murawjew (General Ni-
kolaij 452.
Murten 168.
Musa 114.
Muschik 403.
Museen 232. 256. 261,
277. 318.
— zu Alexandria 57.
— — Paris (Louvre) 137.
Muselmanen
s. Moslems.
„Musicae princeps" (Be-
zeichnung für Palestri-
na) 380.
Musik
im alten Griechenland
380. 381.
in Deutschland 147.
380. 381. 382. 433.
434.
in Frankreich 380. 381.
433.
internationale moderne
433. 521.
in Italien 380. 381.433.
— , ihre Zukunft 434.
— drama deutsches 433.
— instrumentenbau 381.
— liebe Friedrichs des
Großen 261.
Muskete 209.
Musketier 240.
Musset (Alfred de) 378.
Mustapha III. 279.
Mutsu-hito 468.
Muttergotteskult 125.
Muttermilch 533.
ersatzmittel, ihre
Wertlosigkeit 533.
— Sprachendünkel 510.
pflege 503. 510. .
Muybridge (amerikanisch.
Photograph) 521.
„Mwanga" 437 Anm.
Mykale 42.
Mykene, Mykenier 23.
Mykerinos 11. 13.
Myographie 429/430.
Myron 43.
Mystiker 148. 361.
Mystizismus 177. 361.
432.
Mythologie 10. 15. 26. 31.
45. 268. 461. 535. 536.
Mytilene 47.
Nabob 270.
Nabopalassar 26. 27. 29.
Nachhut (Nachtrab) 327.
Nachrichtendienst 516.
518.
— internationaler
s. Internationaler Nach-
richtendienst.
Nachteile des wachsenden
Einflusses der Tages-
presse 492. 493.
Nachzügler
s. Nachhut, Nachtrab.
Nadin (Schahj 457.
Nährflüssigkeiten 529.
Nahuas 165.
Nancy 168.
Nan-king 466.
Nantes 123. 193. 198. 214.
231. 241. 242. 243. 273.
302. 364.
Napoleon I. 202. 225.
230. 244. 252. 264. 316
(321)-347. 348. 353.
360. 387. 388. 399. 405,
411. 416. 422. 425. 465.
S. auch Bonaparte (Na-
poleon).
— II., König von Rom
330. 339- 342. 343.
Napoleon III. 232. 244.
352. 389- 396. 398. 399.
400. 401. 411 — 412.416.
417. 418. 419. 420. 421,
422. 449.
— dichtung 345.
664
Namen- und Sachregister
Napoleonische Gesetzge-
bung und Verwaltung
305. 318. 320.
— Kriegskunst 329. 647.
— Politik 318. 321. 322.
323. 324. 325. 326. 327.
328. 329. 330. 332. 333,
336. 346.
— Selbstsucht 346.
— s.: Regierungs- u. Staats-
system
s. Napoleonismus.
Napoleonismus 311. 353.
Napoleonkult 320. 322.
343-
— legende 345.
— s I. Vergötterung 346.
s I. Bürgerliches Ge-
setzbuch (Code civil),
s. Code Napoleon.
— s I. Gesetzgebung 345.
— s I. Schuld 311.
— s I. Tod 344.
— s I. und seiner Heere
Kriegsruhm 320. 322.
330. 334- 340. 346. 405.
— s III. Forderung des
linken Rheinufers für
Frankreich 417.
— s III. und seiner Heere
Kriegsruhm 419.
— s III. Zugeständnis
parlamentarischer Bürg-
schaften
s. Zugeständnis parla-
mentarischer Bürgschaf-
ten durch Napoleon III.
Narses 108.
Narvaez (General; 418.
419-
Narwa 252. 254.
Naseby 223.
Nassau 197. 198. 229. 230.
Natal 441. 499.
Nationale Begeisterung
s. Volkserhebung.
— Gedenktage
in Frankreich 290.
in Nordamerika 283.
Nationaleigentum 305.
341.
Nationale Sprachen 347.
503.
■ , ihre weitere Be-
rechtigung neben der
internationalen Welt -
spräche 501.
Nationales Selbstbestim-
mungsrecht
s. Selbstbestimmungs-
recht der Völker.
— Volkstum der Arme-
nier 455.
Nationale Traditionen 347.
— Unabhängigkeit.
s. Unabhängigkeit na-
tionale.
— Verteidigung
s. Defense nationale.
Nationalfarben (franzö-
sische)
s. Trikolore.
— feste, Nationale Feier-
tage
s. Nationale Gedenk-
tage.
— garde 339. 343. 423.
— gefühl 144. 189.
Nationalismus 510. 541.
Nationalitätenprinzip 398.
400. 414/415- 479- 510.
— königtum 399.
— konvent 300. 301. 302,
303. 304. 305. 307, 311.
3i8.
— -ökonomische Kon-
gresse 519.
— — Zukunftsprobleme
s. Volkswirtschaftliche
Zukunftsprobleme.
— Parteien ägyptische
439-
— Staat
s. auch Volkseinheit.
— Staaten 173. 347.
— tugenden der Chine-
sen 465.
Japaner 454.
— Rumänen 476.
— Versammlungen 289.
293. 294. 296. 298. 299.
300. 305. 337. 386. 395.
425. 426. 427.
— Versammlung erste 289.
— — zu Bordeaux 425.
Natron 349.
Naturalisation
kanadische 473.
in den Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 473.
— serleichterung in den
Vereinigten Staaten von
Nordamerika 473.
Naturalismus französisch
432.
Naturforschung altgrie
chische 46. 48.
deutsche 375. 376. 429
430-
englische 376. 428. 430
431.
französische 375. 376
429. 430. 431.
internationale 427 — 431
521—525.
nordamerikanische 427
bis 431. 521—525.
Naturgesetze 375 — 376.
Natürliche Bodenarmut
Rhodesias 442.
— — Madagaskars 449.
— — von Natal, Oranje-
freistaat, Transvaal 441.
des Kapländischen
Bodens 441.
— Gärungsvorgänge 528.
— Grenzen Frankreichs
304. 311. 336. 338. 346.
— Landeseinheit Polens
278.
— s Völkerrecht
s. Naturrecht der Völ-
ker.
— Zuchtwahl 349. 428.
540.
Naturrecht der Völker
400.
— Wissenschaften
s. Naturforschung.
— — moderne, ihr Wert
464.
Naturwissenschaftl. Lyrik
520.
— Museen 305.
— Romane 520.
— s Zeitalter 368. 427.
429. 540.
Nauen 517.
Navarino 362.
Navarra 156. 182. 189.
191. 192. 304.
Navigationsschule
S) Seeschule.
Nazareth 87.
Neapel (Königreich; 169.
175- 235- 323- 355- An-
merk. 398. 400.
— (Stadt) 154. 159. 169.
170. 313- 355- 389- 390-
400. 495.
Namen- und Sachregister
665
Neapolitaner 159. 337.
355-
Neapolitanische Volkser-
hebung
s. Sizilianische Volks-
erhebung.
Nebelmonat
s. Brumaire.
Nebukadnezar 27. 28.
Necker 286. 287. 288.
289.
— sehe Finanzreform
s. Finanzreform Necker.
Neerwinden 302.
Negativer Pol einer luft-
leeren Röhre
s. Kathode.
Neger 4. 5. 38. 64. 116.
159. 162. 164. 356. 357.
359. 403. 406. 407. 408,
437. 441. 445. 446. 447-
449. 450. 451-472. 498-
501.
— ausfuhr 38. 436.
— emanzipation in Nord-
amerika 410.
— handel in Ägypten 436.
— — — den afrikani-
schen Nigerebenen 446.
den Vereinigten
Staaten 38. 201. 266.
406. 407. 436.
S. auch Sklavenhandel.
der Türkei.
— häuptlinge 406.
— innen 406.
— kultur 408.
— kunst 408.
— literatur 408.
— psyche 408.
— republik in Afrika 448.
450.
— Stämme 436. 445.
— Zivilisation 436.
Negus (König) 450.
Neipperg (Graf von) 342.
Nelson 312. 313. 320. 322.
Nemours 385.
— (Herzog von) 234.
Neolithformation oder
jüngere Steinzeit 3.
Nepal 461.
Nero 36. -]■]. 82. 85. 86.
90. 91. 93. 94. 97. 183.
185.
Nerva 92.
Nervenlehre
s. Neurologie.
Nervenmuskelb ewegungs-
lehre
s. Myographie.
— System in seinen patho-
logischen Veränderun-
gen 527.
Nestor 32.
Netzhaut 522.
Neu- Amsterdam 231. 266.
Neue Heilige Allianz
396.
„Neue Heloise"' 351. 379.
Neuengland 281.
Neuer republikanischer
Kalender
s. Revolutionskalender.
Neuerscheinungen der
Chemie 524.
Neue sozialistische Ge-
sellschaft 492. 497. 509.
Neue Welt 158. 161. 221.
267. 358. 470. 473.
Neufrankreich 266.
Neu-F rankreich (Schiff-
fahrtsgesellschaft) 215.
Neufundland 246. 265.
266. 267. 281.
Neugestaltung Europas
durch den Wiener Kon-
greß 347.
Neugranada 356. 357. 358.
Neugriechisch, Neugrie-
chische Sprache und
Literatur 477. 479.
Neu-Guinea 471. 474.
— -Mexiko 406.
— s Übergang von Me-
xiko zu den Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 406.
Orleans
s. New Orleans.
— persisch, Neupersische
Sprache und Literatur
s. Persisch, Persische
Sprache und Literatur.
Neurologie in Frankreich
376. 429.
Neuschottland 246. 265.
472.
— Seeland 414. 473.
— — ische Gesetzgebung
473.
— Verwaltung 473.
Neutrale Schiffe 325.
— Staaten 320. 324. 325.
Neutralisierung der Meer-
engen 398.
Neutralität
s. Neutrale Staaten.-
— ^ Belgiens 364.
— Dänemarks 324.
— Frankreichs im Preu-
ßisch-österreichischen
Kriege 416. 417.
— Österreichs und Preu-
ßens im Krimkriege
397-
— serklärung der euro-
päischen Regierungen
im Nordamerikanischen
Bürgerkriege 409.
— — — Meerengen
s. Neutralisierung der
Meerengen.
— spolitik der europäisch.
Regierungen gegenüber
den türkischen Massen-
schlächtereien 478.
— — Englands gegen-
über Preußen nach
dem Preußisch-österrei-
chischen Kriege 417.
Frankreichs gegen-
über Ägypten 439.
— — vertrag Preußens
mit England vor dem
Preußisch-österreichi-
schen Kriege 416.
Neuwahlen der Kammer
353- 354-
Neuyork
s. New York.
Neuzeit 142. 153. 209.
541.
— , ihre Anzeichen 151
bis 152. 153—154.
— , Verzögerung ihres
Herannahens 142.
Newa 255.
Newcastle 367.
New Orleans 267.
New Plymouth 266.
Newton (Isaac) 249. 250.
271. 348.
New York 44. 231. 266.
281. 367. 472. 494. 495-
511.
er Stadtbahn 511.
Ney (Marschall; 339. 341.
352.
Nibelungenlied 147.
— sage in der Literatur
147. 433. 448.
666
Namen- und Sachregister
Nibelungenzyklus von Ri-
chard Wagner
s. Wagnersche Tetra-
logie.
Nicäa 132.
— nisches Konzil 100.
Niccolo Pisano
s. Pisano.
Niederlage Kuropatkins
bei Mukden 454.
Niederlande 120/121. 168.
194. 196. 197. 198. 199.
202. 211. 227.228. 229.
230. 231. 243. 262. 506.
507. 508.
Niederländer 194. 232.
Niederländischer Partiku-
larismus 229.
Niedrige Arbeitslöhne
371- 473-
— — der Chinesen 465.
— Preise 371.
Niepce (Nic6phore) 375.
Nierenentzündung 527.
Niger 435. 443. 446.
— ebene 446.
— • -Handelsunternehmen
435-
— mündung 443.
Nihilismus
indischer (buddhist.j
268.
Nikaragua 359.
Nikolaus I. (Zar) 361. 362.
363. 364. 382. 395. 396.
397. 402.
— II. (Zar) 485.
Nikomedien 97.
Nil 7. 8. 9. 13. 30. 51.
56. 75. 382.. 436. 440.
446.
■ — quellengebiet 436. 437
Anm. 440.
Nimrod (Gilgameschj 16.
Ning-po 466.
Ninive 16. 24. 25. 26.
Ninus 16.
Nippsachen, chinesisch-
japanische 434.
Nirwana 148. 462.
Nivellierung der einzelnen
Gesellschaftsschichten
SOS-
Nizza 244. 299. 400.
Njemen 252. 332. 334.
Noah 16. 17. 20.
Nobelpreis 531 Anm.
Nobilität 76.
Nomaden 8. 17. 151. 164.
441.
Nordafrika 66. 199. 385.
446.
— jamerika 123. 165. 167.
I7S. 244. 265. 267/268.
281. 357. 358. 360. 410.
470. 472. 474. 500. 501.
ner 281. 282. 283.
366. 467. 470. 471. 499.
Nordamerikanische Ar-
beitskräfte 407.
— — Bundesgesetzge-
bung
s. Bundesgesetzgebung
(nordamerikanischej.
— — Einflüsse auf Süd-
amerika 474.
— — Nordstaaten 407.
409.
r Aufschwung 404.
— — r Bürgerkrieg 408
bis 410. 412.
— — r Protestantismus
266.
r Unabhängigkeits-
krieg 282 — 284. 288.
292. 404.
s Felsengebirge
s. Amerikanisches Fel-
sengebirge.
— — s Landheer
s. Heerwesen (nord-
amerikanisches).
Südstaaten 407.
409. 487.
s Vollbürgerrecht
s. Nordamerikanisches
Bürgerrecht.
Nordasien 452.
— deutsch 210.
— — er Bund 417.
es — espräsidium
417.
land 107. 180. 206.
Norden (Depart. Frank-
reichs) 338. 366.
Nordeuropa 186. 250.
— frankreich 366.
Nordische Literatur 432.
— r Krieg 252. 253. 254.
Nordländer
s. Skandinavier.
Nördlingen 210. 211. 212.
Nordmannen
s. Normannen.
Nordsee 487.
Nordstaaten der Union
s. Nordamerikanische
Nordstaaten.
Normalarbeitszeit
in Australien und Neu-
seeland 473.
— temperatur des mensch-
lichen Körpers 527.
Normandie 124. 129. 137.
146.
— , ihre Gründung 124.
Normannen 13. 103. 117.
122—124. 128. 129. 130.
131. 137. 209.
— tum 130.
Normannisch 130. 132.
145. 148. 158.
North (Lordj 282.
Norwegen 180. 253. 347.
432. 489- 491- 499- 506.
507. 508. 512.
Norweger 432.
Norwegisch 158.
Nostalgie
s. Pathologie.
Notabein 287.
— Versammlung 287.
„Notre-Dame de Paris"
378. 379-
Notre-Dame-Kirche 321.
342. 378. 379-
Not und Elend
s. Wirtschaftliche Not-
lage.
Notwendigkeit der Aus-
stattung der internatio-
nalen Schiedsgerichts-
höfe mit allen nur denk-
baren Machtmitteln
486.
— — modernen Wissen-
schaften für die Neue
sozialistische Gesell-
schaft 509. 510.
— des obligatorischen
Charakters der interna-
tionalen Schiedsgerichts-
höfe 486.
— einfachster Formenbil-
dung und lateinischer
Gestaltung des Wort-
schatzes und der Schrift
einer zukünftigen künst-
lichen internationalen
Weltsprache 502.
Novara 392. 394.
Novellendichtung s. unter
Romanschriftstellerei.
Namen- und Sachregister
667
Novemberstaatsstreich
s. Staatsstreich Bona-
partes.
Novi 315.
Novibasar (türkisches
Sandschak; 479. 481.
Novum Organon 219.
Nubien 14.
Numider und Numidien
71. 75. n. 96.
Nürnberg 154. 367.
Nymwegen 230. 241.
Nystädt 253. 280.
Oberbefehlshaber
s. Generalissimus und
auch Kommandierender
General.
Oberhaus 138. 222. 224.
371.
Oberhausen 319.
Oberherrlichkeit des Sul-
tans über Ägypten, Ma-
rokko, Tripolis, Tunis
435-
den Khedive
von Ägypten 435. 440.
OberitaUen 69. 72. 235.
390.
Oberkommandierender
s. Generalissimus.
Obernilland 440.
Obersten deutsche 361.
Oberster Schiedsgerichts-
hof im Haag 484. 485.
486. 487. 489.
Oberyssel 228.
Obhut über das Heilige
Grab in Jerusalem 396,
Obligatorische Schiedsge-
richte 485. 486. 488.
489. 538.
— s Schiedsgerichtsver-
fahren zwischen Argen-
tinien und Italien 487.
— — — Dänemark und
Holland 487.
Obrenowitsch (Serbisches
Herrscherhausj 477.
Obsthandel 405.
Octavian 58. 68. 81. 83.
93-
Odendichtung
altgriechische 36.
altrömische 83.
französische 377.
„Oden und Balladen" 377.
Oder 212.
„Ödes et Ballades" 2>77-
„Ödipus'' 31.
Odoaker 106.
O'Donnell (General) 419.
Odyssee 32. 33.
Odysseus 32. 33.
Offenbarung 181. 290.
Öffentliche Meinung 273.
283. 287. 335. 383. 421.
422. 431. 484. 486.
Offizianten 381.
Offiziere 340. 341. 364.
382. 403. 408. 421. 425.
437.
Offizierkorps 310. 421.
440. 454. 468.
— sbeförderung
s. Avancement.
— seingaben an Napo-
leon I. 330.
— süberlieferungen 288.
— swesen 288. 310.
Öffnung der japanischen
Häfen 468.
— von- vier chinesischen
Häfen für den Aus-
landshandel 412. 466.
Ogowe (Strom) 437.
374-
Ohm (Elektrische Maß-
einheitsbezeichnung)
— (Georg Simon) 374.
— becken 437.
Okkulte Wissenschaften
und Okkultismus 534.
540. 541.
Okkupation Ägyptens, der
Kapkolonie, des Sudans
usw.
s. Englische Okkupa-
tion Ägyptens usw.
— des linken Amurufers
452.
— Frankreichs im
Deutsch - Französischen
Kriege 424. 426.
ökonomische Probleme
370.
— und soziale Neugestal-
tung Europas 366 bis
373-
Oktroyierte Verfassung
394-
Okzident 361. 434. 467.
503- 536.
Oldenburg 331.
Oligarchie 34. 38. 55. 61.
Ollivier (Emile) 419. 420.
421.
Olmütz 394.
— er Konvention 394.
Olymp 45. 65.
Olympia 36. 37. 44.
— de 35/36.
Olympische Siegesoden
36.
— Spiele 35 f. 37. 49. 55.
Omar 58. 113.
Omnipotenz des Papstes
180. 181.
„Onkel Toms Hätte" 407.
Ontariosee 267.
Oolithformation oder
älteste Steinzeit i.
Operationen
s. Chirurgische Opera-
tionen.
— chirurgische, ihre töd-
lichen Ausgänge 529.
— sinstrumente 529.
Operettendichtung in
Frankreich 381.
Oper, ihre phonogra-
phische Sprache 522.
— , ihr Ursprung 381.
— ndichtung
in Deutschland 381.
382. 433-
— Frankreich 381.433.
— Italien 381. 433.
Opferdienst 17. 20. 21. 24.
71. 89. 95. 165. 335.
Opium 466. 525.
— behandlung 525.
— genuß, seine Folgen
466.
— krankheit 466.
— verbot bei den Chine-
sen 466.
Opotherapie 531.
Opposition gegen absolu-
tistisches und religiöses
Denken 273.
— spartei, französische
366.
— unter Napoleon I. 317.
Optik 231. 250.
Option für Frankreich sei-
tens Napoleons I. 309.
Orakel 37. 42.
Oran 157. 384.
Oranien 197. 198. 226.
227. 229. 230.
668
Namen- und Sachregister
Oranien (Prinz von)
s. Wilhelm Graf von
Nassau, Prinz von Ora-
nien.
Oranjefreistaat 435. 439.
441. 442. 499.
Oratorien 381.
Oratorisches Genie
französisches 289. 295.
424.
griechisches 48. 49/50.
römisches 65.
spanisches 419.
Orcagna 150.
Ordensbrüderschaften
100. 305.
— gesellschaften
s. Ordensbrüderschaf-
ten.
— land Preußen 278.
— mönch 172.
Ordination 296.
Ordnung (Gerechtigkeit)
englische 271. 459.
— in Staat und Regie-
rung 306. 307. 318. 327.
405. 459. 485. 538.
— und Friede 459. 485.
486. 488.
Organisation der Mensch-
heit
s. Menschheitsorganisa-
tion.
„Organisator der Siege"
(Bezeichnung Lazare
Carnotsj 303. 348.
Organisation der Wissen-
schaft 350. 374. 427.
Organische Chemie 429.
527. 528.
— Funktionen 429.
— Körper der Chemie
375- 429-
— Verbindungen der
Chemie
s. Organische Körper
der Chemie.
Organisierter und diszi-
plinierter Krieg bei den
Römern 65 — 68. 536.
Organotherapie
s. Opotherapie.
Organsafttherapie
s. Opotherapie.
Orgel 381.
Orient 396.
Orientalische Frage 398.
476. 480.
Orienthandel 148.
Orinoko 358.
Orleans (Herrscherhaus)
386.
Orleans (Stadt) 104. 144.
147. 190. 257. 424. 425.
Orleans
s. Charles d'Orldans.
— s. Johanna von Are.
— ville 385.
Orlow 277.
Ormus 163.
Ormuzd 27. 45.
Orsini 235.
övsted (Hans Christian)
373-
Orthodoxe Christen
s. Griechische Katholi-
ken.
Orthodoxie 354.
S. auch Gläubigkeit,
Ortsanzeiger
s. Lokalblättchen.
Ortszeit 519.
Orvilliers (d') 284.
Osaka 495.
Osman 151.
Osmanen
s. Türken.
Osman Pascha (General)
478.
Ostarmee französische im
Deutsch - Französischen
Kriege 424.
Ostasien 164. 215. 244.
452. 455. 468.
— äußerstes 455.
Ostasiatische Flotte Ruß-
lands im Russisch-japa-
nischen Kriege 454.
Ostchinesisches Meer 452.
Österreich (Herrscher-
haus) 194. 208. 212.
233- 355- 480.
— (Staat) 146. 206. 212.
214. 225. 234. 243. 246.
255- 259. 262. 263. 265.
272. 278. 279. 280. 297.
298. 304. 308. 310. 311.
312. 315. 319. 322. 323.
324. 327. 328. 329. 330,
332. 336. 337-333. 342.
347- 354- 355- 361. 363-
383- 389- 390- 391. 392.
393- 394- 395- 397- 398-
399. 401. 411. 415. 416.
417. 418. 477. 478. 479.
480. 481. 482. 483. 500,
502. 509. 537.
Österreicher und Österrei-
cherinnen 206. 233. 263.
264. 279. 286. 298. 299.
300. 301, 309, 310. 322.
329- 332. 337- 343- 355-
389. 390 391- 392. 393-
394- 399- 416.
— isch 146. 206. 207.
211. 262. 340. 342. 354.
390- 399- 412.
österreichische Haus-
machtpolitik
s. Hausmachtpolitik.
— -englisch-italienischer
Krieg gegen Frank-
reich 308 — 312.
— Regierung 354. 396.
— Revolution 393 — 394.
395-
— russischer Heeresver-
band während der Re-
volution 395.
— Slawen 502.
Österreichs Neutralität im
Krimkriege 397.
— Präsidium im deut-
schen Bundesstaat
s. Österreichs Vorsitz im
deutschen Bundesstaat.
— Volkskrieg gegen
Napoleon I. 328 — 329.
— Vorsitz im deutschen
Bundesstaat 394.
— -Ungarische Völkerge-
meinschaft 394.
— -Ungarn 477. 479- 5o6.
507. 508.
Osteuropa 199. 280.
Osteuropäer 455.
Ostgoten (Ostrogoten)
102. 106. 107. 108.
Ostia 392.
Ostindien 230.
Ostindische Gesellschaft
230. 282. 442.
— Handelshäfen 231.
— — niederlassungen der
Portugiesen 230.
— r Handel s. Handel.
Ostpreußen 265.
Ostrogoten
s. Ostgoten.
Oströmisches Reich 97.
108—109. III. 134
Namen- und Sachregister
669
Ostsee 208. 236. 252. 254.
255. 280. 454.
— flotte russische im Rus-
sich-japanischen Kriege
454-
— häfen russische 452.
— Provinzen 253. 254.
380. 452.
Ostsibirien 452.
Otho 91.
Otto I. 138.
Otto IV. 137. 139.
Ottomanen
s. Türken.
Ottomanische Regierung
s. Türkische Regie-
rung.
— s Kaiserreich
s. Türkei.
Ouche 106.
Oudinot 339.
Ovid 83.
Oxford 154. 183. 223.
Paasche (Hans) 437 An-
merk.
Padua 84.
Pagodentum 461. 462.
464.
Pairschaft 267.
Paläolithformation oder
mittlere Steinzeit l — 2.
Paläontologie i ff. 195.
350- 534—535-
Palästina (Gelobtes Land)
17. 18. 40. 87. 88. 132.
^33-
Palast 84. 85. 107. 108.
120. 177. 179. 247. 276.
294. 466.
— Intrigen 257. 285.
— regierung 467.
— zeremoniell (Hofleben)
84. 85. 107. 108. 109.
120. 233. 242. 245. 247.
Palermo 139. 389.
Palestrina (Giovanni Pier-
luigi Sante da) 380.
Palissy (Bernard de; 195.
Palladium 349.
Pallas Athene 43. 85. 536.
Palmerston (Lord) 383.
Palos 160.
Pamir 457.
Pampelona 118.
Pamphlet 221. 233. 286.
312. 321.
Panama 359. 471.
Panamerikanismus 282.
474-
Pandschab 461 Anm,
Pannonien 94.
Panslawismus 361. 397.
480.
Pantagruel 177.
Pantheismus 461.
Panurge 177.
Panzergeschwader 409.
— hemd 142.
— schiffe mit Turm 409.
455. 468. 489.
ohne — 409. 455.
468. 489.
Paoli 309.
Papiergeld 282.
Papin (Denis j 292. 366.
511.
Papismus 226.
Papisten 219/220.
Papst 95. 99. 117. 119.
121. 122. 124. 125. 130.
131. 134. 137. 138. 139,
140. 141. 143. 146. 151.
170. 171. 172. 173. 175.
178. 179. 186. 238. 310.
314. 321. 330. 380. 389.
396. 417.
Päpstliche 170. 180. 401.
— Allgewalt
s. Omnipotenz des Pap-
stes.
— Kaisersalbung 130. 321.
— Priesterweihe.
— r Kunstsinn 179.
— Unfehlbarkeit 418.
Papsttum 178. 181. 184.
186. 241. 296. 330. 398.
401. 417. 418.
Papyrusrollen 57.
Paradies 17. 113.
Parado.xismus 521.
Parasit
s. Schmarotzer.
Paris 44. 104. 136. 137.
141. 143. 144. 145- 146.
147. 181. 189. 190. 191.
192. 194. 204. 211. 231.
232. 234. 251. 255. 257.
264. 281. 283. 287. 289.
294. 296. 299. 300. 301.
330. 334- 338. 339- 340.
341. 343- 344. 354. 362.
364. 367. 376. 380. 383,
385. 386. 387. 388. 389.
394- 397- 421. 422. 424-
426. 427. 430-476. 484-
494. 495- 511- 517. 522.
53 1 Anm.
Pariser 191. 192. 233.
234. 288. 290. 294. 297.
298. 299. 301. 339. 425.
426.
— Bluthochzeit
s. Bartholomäusnacht.
— Commune 426.
— Friede (als Abschluß
des franz. -engl. Kolo-
nialkrieges im Zeitalter
Friedrichs des Großen)
265. 267. 268. 270. 281.
S. auch Erster Pariser
Frieden.
— — (als Abschluß des
Krimkrieges; 397.
s. Zweiter Pariser Frie-
den.
— — (als Abschluß des
Spanisch-amerikanisch.
Krieges; 470.
— Gemeinderat 426.
— Interparlamentarische
Konferenz 484.
— Kongreß der Europä-
ischen Großmächte (zur
Regelung der Orienta-
lischen Frage) 398. 402.
476.
— Konzil
s. Konzil zu Paris.
— Stadtbahn 511.
. — Straßenaufstände 299.
354- 385- 386. 387.
— — Schlacht
s. Straßenschlacht in
Paris.
— Vertrag
s. Pariser Friede zum
Schluß des Krimkrie-
ges.
— Weltausstellung 484.
Parlamentarier
s. Abgeordnete.
Parlamentarische Regie-
rung in England 273.
365-
— s Abstimmungsrecht
389.
— s Debattierrecht 389.
Parlamentarismus, Parla-
mentarisches System
im alten Griechenland
34-
— in Deutschland 393.
670
Namen- und Sachregister
Parlamentarismus
in England 137. 138.
228. 258. 273. 365.
372. 373-
— Frankreich 294. 341.
352. 385/386. 386.
— Japan 468.
— Österreich 394.
— Polen 306.
— Rußland 491.
— der Türkei 491.
— Ungarn 395.
S. auch Scheinkonsti-
tutionalismus.
— sozialdemokratischer
s. Parlamentspolitik so-
zialdemokratische.
Parlament der Vereinig-
ten Staaten von Europa
484.
Parlamente
amerikanische 484.
belgische 484.
dänische 484.
deutsche 393. 484.
englische 184. 204. 220.
221. 222.223. 224. 225.
226. 227. 228. 258. 273.
282. 284. 365. 372. 484.
französische 232. 233.
287. 288. 293. 295. 419.
484.
griechische 484.
italienische 484.
kanadische 472.
preußische 416.
rumänische 476.
spanische 196. 326. 484.
ungarische 484.
— sauflösung in Frank-
reich 388.
— sgegnerschaft der
Commune
s. Antiparlamentaris-
mus der Commune.
— skammern 288.
— smehrheit 365.
— spolitik sozialdemokra-
tische 496.
— sreden 312.
— struppen 223.
— svereidigung 289.
— swahlen in England
273.
Parma (Herzogtum) 198.
259.
— (Stadt) 150. 172. 310.
399-
Parmenio 52.
Parr (Katharina) 185.
Parsen (Gebern) 27.
„Parsifar 433.
Parteibildung in England
227.
Parteien im Nationalkon-
vent der Großen fran-
zösischen Revolution
300.
Parteipolitik
in England 365.
— Frankreich 353.
365/366.
— Programme der Sozial-
demokratie der ver-
schiedenen Länder 496.
— Zerrissenheit in Un-
garn 237.
Parthenon 43.
Parthenopäische Republik
314-
Parther 92. 94. 103. 108.
Partikularismus
s. Deutscher — .
Niederländischer —
usw.
s. auch Stammestreue,
Stammesdünkel.
Pascal (Blaise) 218. 248.
249. 250. 274. 378. 537.
Pascha (Titel) 382. 383.
413. 436. 439. 478.
— Wirtschaft 436. 475.
Pasquill 233. 263. 264.
287.
Passy (Frdd^ric) 484.
Pasteur (Louis) 376. 429.
527—528. 529—530.
540.
Pastor 188.
Patagonier 165.
Pathologie
in Deutschland 529.
— England 527.
— Frankreich 528. 529.
internationale 532.
— bis gegen Ende des
19. Jahrhunderts 525
bis 526.
Patriarch (Kirchl. Würde;
109.
— en (Erzväter) 21. 109.
Patrioten 329. 389. 390.
392- 395-
— deutsche 392.
— französische 424.
Patrioten italienische 389.
390. 391. 392. 398.
— ungarische 395.
Patriotismus 41. 42. 229.
233. 293. 298. 303. 311.
312. 325. 327. 332. 335.
380. 390. 400. 405. 409.
419.^423. 426. 427.
Patrizier 61. 63. 67. 75.
76. yj. 79. 81. 90. 91.
95-
Paul (Zar) 315. 320. 322.
— in. (Papst) 186.
Paulinische Briefe 182.
Paulus 89. 94. 181.
Pausanias 42.
Pavia 170. 175.
Pax Britannica 459.
— Romana 82. 84. 459.
536.
— Serica
s. Chinesischer Friede.
Pazifismus, seine Ge-
schichte 484 — 489.
Pazifisten 437 Anm. 451
Anm. 519. 520 mit An-
merk. 531.
Pazifistische Bestrebungen
124. 171. 193. 229. 243.
249. 351/352. 484—489.
531 Anm.
— Dramen 44 Anm. 521
mit Anm.
— Novellen 487 Anm.
— Romane 520 mit An-
merkung.
— Weltanschauungen der
alten Ägypter 14. 56.
— — — Chinesen 462.
Pazifizierung der Einge-
borenengebiete in Af-
rika 448.
Pedro, Kaiser von Bra-
silien 360.
Peel (Sir Robert) 365. 372.
Pe-king 367. 452. 466.
467.
Pelletier (Pharmazeut)
528.
Pellico (Silvio) 355.
Pelopidas 47.
Peloponnes 34. 35. 36. 54.
— ischer Krieg 44 mit
Anm. 47. 49. 59 Nachtr.
P^naud (Ingenieur) 514.
Pendel 217.
Pendschab
s. Pandschab.
Namen- und Sachregister
671
Pendscheh 457.
Penn (William) 267.
Pennsylvania (Pennsylva-
nien) 267. 281.
„Pensees" 248.
Perikles 43. 44. 83. 249.
Periöken 34.
Periplus 158.
„Perle der Antillen" (Be-
zeichnung für Kuba)
470.
Perser 9. 26 ff. 35. 40.
41. 48. 50. 52. 96. lOI.
„Perser" (Drama) 44.
— kriege 41. ff.
Perseus 55.
Persien 113. 324. 452.456.
457. 458.
Persisch (Neupersisch;,
Neupersische Sprache
und Literatur 457.
— er Meerbusen 92. 163.
458.
Personalunion zwischen
Dänemark und Schwe-
den 209.
Polen und Rußland
362.
Personenverkehr 367.
516.
Persönlicher Verkehr 369.
510. 511.
— s Regiment 237. 258.
Pertinax 93.
Peru 165. 166. 167. 196.
356. 357- 358. 359- 470.
472.
— aner 167.
Pescadores (-Inseln)
s. Pong-hu.
Pescennius Niger 93.
Pessimismus in Bezug auf
die Friedensbewegung
488.
Pest 532.
Peter III. (Zar) 264.
— der Einsiedler 132.
Peter I. der Große 237.
250. 253 — 256. 278. 279.
452.
— II. von Rußland 256.
— III. 276.
Peters (Karl) 437.
— bürg 255. 277. 280.
495-
— kirche zu Rom 119.
152. 179.
— pfennig 179.
Petitioners 227.
Petrarca 149.
Petrofakten i. 195. 350.
Petroleumquellen 405. 452.
— handel 405.
— motoren 512. 514.
Pfaffengezänk 188.
— tum, — joch, 345.411.
412. 509.
Pfahlbauten 3.
Pfalz 207. 208. 210. 243.
304- 311-
— graf 146.
— — bei Rhein 146.
Pfandbriefe 257. 301.
Pfarrer 125.
Pfeilkampf 142.
— Vergiftung (afrika-
nische) 435.
Pflicht, ihr Begriff bei
Kant
s. Begriff der Pflicht
bei Kant.
Pforte
s. Türkische Regierung.
Phädra 248.
Phalanx 49. 51.
Phänomene naturwissen-
schaftliche 524. 541.
Phantasie 432.
Pharaonen 13. 14.
Pharmakologie in
Deutschland 531.
— — Frankreich 525.
527.
— internationale 531.
Pharos 57.
Pharsalus 79.
Phidias 43. 48. 99. 434.
Philadelphia 281. 282.
495-
Philanthropinismus 345.
402. 437. 533.
Philipp August II. von
Frankreich 133. 137.
138. 140.
— Herzog von Anjou
(nachher König Phi-
lipp V. von Spanien)
245. 258.
— Herzog von Orleans
257. 259.
— IV. der Schöne von
Frankreich 140. 141.
— VI. von Frankreich
143.
— von Mazedonien 37.
49 f, 116. 261.
Philipp II. von Spanien
176. 190. 195. 196. 197,
198. 199. 200. 201. 202.
204. 220.
— III. — — 203.
— IV. — — 211. 235.
— V. (Herzog Phi-
lipp von Anjou) 245.
259. 260.
Philippeville 385.
Philippi 81.
Philippinen 164. 244. 470.
471. 504-
Philister 18. 22.
Philologen französische
314-
Philologie französische in
Ägypten 314.
Philosophical Transac-
tions 250.
Philosophie
chinesische 462. 464.
christliche 95. 105.
deutsche 249. 351.484.
englische 273.
französische 217. 272.
274. 378. 380. 432. 484.
griechische 45. 48. 65.
535-
am Hofe Friedrichs des
Großen 261. 272. 277.
Katharinas II.
272.
römische 65. 83. 276.
Philosophische Lyrik in
Frankreich 520 mit An-
merkung.
— r Roman 520.
Phokäa 37.
Phokis 37. 42.
Phönizier 13. 18. 19. 22 ff.
24. 26. 28. 29. 31. 33.
40. 51. 70. 535.
Phönizisch und phöniz.
Sprache 20. 31. 60. 71.
Phonograph 522.
Photographie 375. 521.
522. 525.
— , ihre Stellung zur Ma-
lerei 522.
— in natürlichen Farben
s. Farbenphotographie.
Photographische Auf-
nahme des Venusdurch-
ganges durch die Sonne
521.
672
Namen- und Sachregister
Photographische Auf-
nahme von inneren Or-
ganen 524.
— Platten 523. 524.
Phraortes 26.
Physijc
in Dänemark 373.
— Deutschland 373.
374. 376. 430. 517. 523.
524.
— England 291. 366.
373- 37 A- 430- 517. 523.
— Frankreich 217. 248.
291. 292. 348. 349. 366.
373- 37 A- 387. 513. 517.
521. 522. 523. 524. 525.
— Holland 231.
— Italien 292. 348. 373.
517.
— Rußland 373.
— Spanien 541 Nachtr.
— den Vereinigt. Staa-
ten von Nordamerika
366. 522. 523.
Physiologie
in Deutschland 376.
428. 429.
— Frankreich 217. 291
bis 292. 350. 376. 429.
514. 521.
— Nordamerika 516.
Physische Kräfte 374
Pichegru 304. 308.
Piemont 169. 243. 244.
314. 320. 355. 389. 390.
392. 397- 398. 399- 400.
— esen 310. 355. 390.
— esische Volkserhebung
355-
— esisch-französisches
Bündnis 399.
Pietä 172.
Pikardie 168. 211.
Pikten 128.
Pindar 36.
Pinerolo 244.
Pinerolo 244.
117.
Pirna 263.
Pisa 123. 150. 168.
Pisano (Niccolöj 150.
Pitt I. (William; 259. 312.
— II. (William) 312. 320.
323-
Pittsburg 494. 495.
Plus V. (Papstj 200.
— VI. - 314.
Pius VII. (Papst) 321.330.
— IX. — 389. 390. 396.
398. 401. 417. 418.
Pizarro (Francisco) 166.
167.
Planetenkunde 521. 525.
Plassey 270.
Plastik s. Skulptur.
Platää 42.
Piatinabergwerke sibiri-
sche 452.
Plato 45. 48. 64. 83. 108.
158. 171.
Plautus 83.
Plebejer (Plebs) 61. 62.
63. 75- 76. 77- ^37-
Plebiszit 61.387. 388.389.
399. 400. 417.
— System unter Napo-
leon III. 389. 399 bis
400.
Plewna 478. 479.
Plinius 92.
Plünderung 311. 322. 328.
332. 338. 411. 436. 466.
— en s. Schlachtfeldplün-
derer.
— szüge französische 315.
• — — russische 252.
Plutokratische Demokra-
tien
s. Kapitalistische Demo-
kratien und Kapitalisten-
demokratien.
— Neigungen der moder-
nen Demokratien 509.
Plutokratismus 247. 503.
509.
Pöbel 221. 222 227. 229.
294. 298. 299. 340.
— aufstand 229.
Pocken 526.
— schütz durch Kuhpok-
kenimpfung
s. Jmpfschutz.
Poesie s. Dichtkunst.
Poitiers 106. 114. 115. 116.
117. 143. 154.
Poitou 137.
Polare Erdabplattung 348.
Polarisation 3491
Polemische Schriften 188.
235. 236. 252. 254. 259.
277. 278. 279. 280. 305.
306. 307. 324. 328. 329.
331- 332. 347- 362. 403-
501.
Polen (Staat; 124. 190.
— (Teilstaat) s. Groß-
herzogtum Polen.
— (Volkj 216. 236. 237.
252. 278. 306. 307. 332.
348. 363. 364. 394. 396.
403. 404. 480. 503 Anm.
— aufstände 278. 306. 362
bis 364. 403. 404.
— s Ende
s. Finis Poloniae.
— tum (Polnisches Volks-
tum; 307. 362. 363.
Polignac 353.
Politik
s. Staatenpolitik.
— als Wissenschaft
französische 244. 273.
— der Commune 426 bis
427.
— (innere) Englands 273.
474-
Politiker
deutsche 416. 417.482.
englische 245. 258. 259.
262. 312. 320. 323.
361. 372. 474.
französische 257. 258.
286. 287. 288. 339.
346. 375- 37^- 396.
424. 471.
italienische 396. 398.
399-
österreichische 336. 418.
482.
ungarische 395. 396.
Politische Ehrenhaftigkeit
387.
— Fragen der sozialdemo-
kratischen Parteipro-
gramme 496.
— Freiheit
deutsche 354.
der Buren 442.
englische 273. 396.
europäische 316. 348.
353-
französische 289. 345.
italienische 392. 399.
nordamerikanische 405.
— Probleme 271. 370.
— r Streik
s. Streik als politisches
Kampfmittel.
— s Leben (Verständnis;
in England 365.
Namen- und Sachregister
673
Politisches Leben (Ver-
ständnis) in Frankreich
353. 365 — 366.
— s Ziel des neunzehnten
Jahrhunderts 352.
— Verfolgungen 395. 396.
— Volkserziehung 492.
PoHzei 148. 255. 317. 403.
488.
S. auch russische Polizei.
Polnisch 277. 332. 362.
— , Polnische Sprache
und Literatur 278. 307.
332. 363. 403. 404. 501.
Polnische Frage 332.
— Juden 278.
— Kirchendemonstratio-
nen zu Warschau 403.
— Konstituante
s. Konstituante.
— Legionen 328.
— r Adel 278.
— r Existenzkampf 403
bis 404.
— r Reichstag 306.
— r Thronfolgekrieg 259.
— s Bauerntum 236. 278.
— s Bürgertum 278.
— Sitten 403. 404.
— Volkspartei 306.
— -russischer Krieg
s. Polenaufstände.
— - — s Heerwesen 363.
Polo (Marco) 159.
Polonismus s. Polentum.
Polyklet 43.
Polynesien 474.
Polyphonie 380.
Polytechnika 305.
Pommern 180. 212. 260.
265.
Pompadour (Frau von)
264.
Pompejus 2. 9. 57. 68.
75. 76. 78. 79- 80.
— der Jüngere 81.
Pondich^ry 269.
Pong-ku 469.
Poniatowski (Stanislaus)
278. 306. 307.
Pons Milvius 97.
Pontifex maximus 81. loi.
Pontifices 62. 80.
Pontius Pilatus 88.
Pontus 74.
— Euxinus 14. 22. 26.
37- 75- 85. 92. 104.
Popen 236.
Popularität
s. Herrscherpopularität.
Port .Vrthur 453. 454.
Portoriko 470.
Portsmouth 454.
Portugal 71. 156. 159. 162.
163. 168. 187. 201. 211.
230. 234. 244. 325. 327.
335. 360. 438. 450. 487.
489. 491. 500. 507. 508.
Portugiesen 159. 162. 163.
230. 269. 435. 450. 466.
501.
Portugiesisch 325. 438.
— , Portugiesische Sprache
Sprache und Literatur
105. 156. 163. 265. 472.
499. 501.
— e Faktoreien im süd-
östhchen Afrika 438.
— e ^Handelsniederlassun-
gen in Ostindien.
s. Ostindische Handels-
niederlassungen derPor-
tugiesen.
— e Juden 231.
— e Kolonisation 450.
— e Niederlassungen
s. Portugiesische Fak-
toreien.
— er Handel in China
466.
Porus 53.
Porzellanmanufaktur 371.
Posen (ehem. Großherzog-
tum) 306.
— (Provinz) 265.
— (Stadt) 252.
Positiver Pol einer elek-
trisierten luftleeren
Röhre s. Elektrode.
Posner (Carl) 531 (532)
Anm. 2.
Possen 205.
Post- und Eisenbahnzeit-
angaben 519.
Postwagen 327. 341.
Potemkin (GregoriJ 277.
Potomac 409.
Potsdam 367. 519.
Potter 232.
Poussin (Nicolas) 249.
Prädestination 183.
Präfekt 317. 330. 388.
Prag 154. 206. 210. 227.
264. 416. 418.
Praga-Warschau 307.
Prager Fenstersturz
s. Exfenestratio Pra-
gensis.
— Friede (als gemeinsa-
mer Abschluß des Preu-
ßisch - österreichischen
und des Italienisch -
österreichischen Krie-
ges) s. Friede zu Prag.
im Dreißigjährigen
Kriege 210.
Prähistorische Forschung
s. Paläontologie.
Pranger 221.
Prairial 304.
Prärien 1 64.
Präsidenten
s. Republikpräsidenten.
— folge nordamerika-
nische im Todesfalle
410.
— wähl Louis - Napoleon
Bonaparte 388.
Mac Mahons 427.
— — nordamerikanische
410. 427.
— — Thiers 425.
System 387. 427.
Präsidium Österreichs im
deutschen Bundesstaat
s. Österreichs Vorsitz
im deutschen Bundes-
staat.
— Preußens im deutschen
Bundesstaat
s. Preußens Vorsitz im
deutschen Bundesstaat.
Prätoren 61. 91.
Prätorianer 82. 91. 93. 94.
257. 360.
Praxiteles 48. 99.
Präzisionsmaschinen 490.
Prediger Salomo 148.
Predigt 188.
Preisbewegung 505.
— herabsetzung
s. Fall der Preise.
— Steigerung 505.
— — des Grundbesitzes
506.
Premierminister
s. Ministerpräsident.
Presbyterianer 220. 222.
226. 227. 258.
Presse
s. Journalismus.
Preßburg 323. 395.
674
Namen- und Sachregister
Pressefreiheit
enghsche 273. 321.
französische 317. 352.
353- 354- 389- 401.
Preß(e)treibereien 483.
484. 486.
— prozesse in England
273-
— wesen
s. Journalismus.
Preußen (Herzogtum und
später Provinz) 235.
— (Ordenslandj
s. Ordensland Preußen.
— (Staatj 212. 259. 261.
262. 264. 265. 272. 279
280. 292 Nachtr. 297.
298. 304. 305. 306. 307.
320. 323. 324. 330. 332.
335- 347- 355-363. 364-
367. 3^3- 392. 393- 394
397. 414. 415. 416. 417.
418. 419. 420. 427. 491.
502. 537.
— , seine Anfänge 212.
— (Volkj 260. 264. 279.
298. 299. 301. 332. 335.
338. 343- 393- 404. 414-
416. 424.
— s Neutralität im Krim-
kriege 397.
— s Präsidium im deut-
schen Bundesstaat
s. Preußens Vorsitz im
deutschen Bundesstaat.
— Vorsitz im deutschen
Bundesstaat 393. 394.
Preußisch 419. 420. 421.
425.
— e Herrenhausmitglie-
der
s. Ernennung der preu-
ßischen Herrenhausmit-
glieder.
— e Slawen 502.
— er Schulzwang in Po-
len 404.
— er Sprachenzwang in
Polen 404.
— -Eylair 324.
— -französischer Krieg
1806/7 323— -324.
— -österreichischer Krieg
416 — 417. 479—480.
— -russisches Bündnis 335.
393-
Pr^vost d'Exiles (Aiitoine
Frangoisj 351. 379.
Priamus 32.
Pride (Oberst) 224.
— , s. Pride's Purgation
224.
Priester (ägyptische) 51.
(buddhistische) 462.
— (christliche) 95. 99.
100. 108. 119. 120. 122.
124. 125. 130. 131. 135.
172. 173. 178. i8o. 181.
186. 187. 188. 197. 222.
241. 288. 296. 353. 369.
— (jüdische) 89.
— herrschaft 445. 509.
s. auch Theokratie.
— hierarchie
buddhistische 462.
christliche 95. 99. 109.
marokkanische 445.
— kaiser japanischer 467.
462.
— orden 186.
— regierung
s. Priesterherrschaft.
— regiment
s. Pfaffentum (Pfaffen-
joch).
— Staat
s. Priesterherrschaft.
— wähl (staatliche) 296.
— weihe (päpstlichej 296.
Prim (General) 419.
Prinz-Eduards-Insel 472.
Prinzen am Hofe Lud-
wigs XVI. 296.
— österreichische 412.
— preußische 416. 419.
424.
Prinzregent 325. 415.
— von Cond^
s. Enghien (Herzog von)
Prischtina 482.
Prisma 250.
Prisren(di) 482.
Privatbibliotheken 154.492.
— recht französisches 318.
Privilegien
s. Adels-, Feudal-, Klo-
sterprivilegien.
— Wirtschaft 294. 491.
Probleme
s. politische — .
religiöse — .
soziale — .
Procurator 84. 88. 96. 97.
Produzent 371.
Progressive Einkommen-
steuer 497.
Progressive Grundsteuer
in Australien und Neu-
seeland.
s. Grundsteuer (staffel-
förmigj in Australien
und Neuseeland.
— Vermögenssteuer in
Australien und Neu-
seeland
s. Vermögenssteuer
(staffelförm.j in Austra-
lien und Neuseeland,
Projekt einer Bundesrepu-
blik Vereinigter Staa-
ten von Südamerika
358.
Proklamation des Königs
Viktor Emanuel von
Sardinien zum König
von gesamt Italien 400.
— einer Römischen Repu-
blik 390.
Prokonsul 81.
Prokop loi.
Proletarier 76. 89. 91. iio.
Pronunciamentos 359. 412.
Propellerflügel 515.
— motor 515.
— schrauben 513. 514.
515-
Prophet (als Bezeichnung
für Mohammedj in.
112. 114.
— en (jüdisch-christliche)
21. 28. 87. 88. 173.
— en (mohammedanisch.)
III. 446.
Prophetische Dichtung
520 — 521.
Prophylaxe
in England 529.
— Frankreich 530. 532.
internationale 532.
Prosa französische, ihr
Wert 248. 378. 379.
— roman
s. RomanschriftsteHerei.
Prostitution 533.
Protagoras 45.
Protektor
s. Lord Protector.
Protektorate
deutsches in Afrika
437-.
englisches — — 440.
444. 449. 450. 482. 504.
Afghanistan 457.
Namen- und Sachregister
675
— — Maskat in Ara-
bien 487.
französisches in Afrika
437-
— — Kambodscha 460.
italienisches in Afrika
449. 450.
nordamerikanisches in
der Republik Panama
471.
russisches in Persien
458.
Protektoratspolitik Japans
gegenüber China 469.
— — Rußlands gegen-
über Afghanistan trotz
des englisch-afghanisch.
Bündnisses 457.
Protestadressen des fran-
zösischen Parlamentes
288.
Protestanten 181. 183. 184.
185. 189. 194. 196. 198.
199. 206. 207. 208. 214.
220. 231. 241. 243. 254.
265/266. 537._
Hugenotten in Frank-
reich
S. auch Puritaner in
England.
Protestantisch 206. 207.
208. 209. 210. 355.
— e Mächte, Preußen
355-
Protestantismus 181. 182.
187. 191. 196. 198. 204.
210. 213/214. 241. 243.
253. 264. 364. 504.
s. auch Deutscher, Eng-
lischer, Französischer,
Holländischer (Kalvi-
nismus) usw. Prote-
stantismus.
Protest der europäischen
Regierungen gegen die
Massenschlächtereien
der türkischen Soldaten
in Bulgarien 478.
Provence 117. 140.
Provenzale 368.
Provenzalisch, Provenia-
lische Sprache und Li-
teratur 105. 502.
Proviantmangel 424.
Provincia Narbonensis 78.
106.
Provinz (Ausdruck für
niederländischen Ein-
zelstaatj 198. 211. 228.
229. 230. 240.
Provinzen
altrömische 84. 88.
chinesische 466.
dänische 414.
englische 281.
französische 288.. 330.
384. 385. 389.
italienische 148. 390.
mexikanische 406. 411.
mittelalterliche deutsch.
124.
österreichische 311. 329.
479-
polnische 324.
spanische 198.
türkische 313.
— eroberte
s. Vasallenstaat.
Provinzialmuseen 318.
— Parlamente 288.
— — zu Grenoble 288.
— gesetzgebung 345.
— verkehr 367.
— Verwaltung 84. 85. 345.
Provinciales 249.
Provisorische Regierung
in Belgien 364.
— Frankreich 339. 344.
386.
— Ungarn 395.
Prusias "j^i-
Pruth 254.
Psalmen 18.
Psyche des Arbeiters
s. Arbeiterpsyche.
Psychologie englische 273.
griechische 48.
Psychologische Analyse
s. Psychologische Be-
obachtung.
— Beobachtung 379. 432.
Ptolemäer 58.
Ptolemäus I. Soter 56. 58.
Puerto rico
s. Portoriko.
Pufferstaaten 460.
Pulla 445.
PuUo 445 Anm.
Pulskurve, ihre graphische
Darstellung 525.
Pulsmesser
s Sphygmograph.
Pulswelle, ihre Fortpflan-
zungsgeschwindigkeit
327.
Pultawa 251. 254.
Pultusk 252.
Punische Kriege 72 — 74.
Puritaner 220. 221. 223.
226. 266.
Puschkin (Alexander) 377.
Putschsystem (Putschis-
mus) 300. 312.
Pydna 55. 56.
Pyramiden 11. 13. 313.
— Schlacht
s. Schlacht bei den Py-
ramiden.
Pyrenäen 72. 114. 118.
156. 196. 211. 234. 244.
245. 258. 304. 327. 335.
Pyrenäischer Friede 234.
Pyrrhus 70.
Pythagoras 45.
Pythia 37.
Quadratische Aufstellung
313-
Quäker 266. 267.
Quarteronen 406.
Quästoren 61.
Quebec 265. 267.
Quecksilber 525.
Queretaro 412.
Quelle des englischen
Wohlstandes 372.
Quiberon 312.
Rabelais Frangois 177.
183. 203. 247.
Racine Jean 248. 249. })'JJ.
378.
Radezky 389. 390.
Radium 524.
— emanationen 524.
— licht 524.
— strahlen 524.
Raffael
s. Santi Raffael.
Rajah 162.
Ramillies 245.
Ramses 14. 25.
Ranavälona I. Königin
der Howa 449.
Ränkepolitik, Ränkewirt-
schaft 339. 340. 412.
Rapp (General) 336.
„Rasende Derwische" 483.
491-
S. auch Menschliche
Raserei.
676
Namen- und Sachregister
Raspail (Frangois- Vincent)
375-
Rassenhygiene, ihre Zu-
kunft 540.
— kreuzung
s. Rassenmischung.
— kriege 453. 505. 540.
— mischung 105. 167.
356. 359. 406. 448. 472.
— Physiognomie chinesi-
sche
s. Chinesische Rassen-
physiognomie.
— reinheit 356.
— Verwandtschaft aller
Balkanvölker 473.
der Chinesen und
Indochinesen 460.
Rastatt 246. 315. 393.
— er Gesandtenmord
s. Gesandtenmord.
— er Kongreß
s. Kongreß zu Rastatt.
— er Straßenaufstände
393-
Rat der Alten
in der Ersten franz.
Republik 307.
• zu Rom 61.
S. auch Senat.
— Sparta 34.
S. auch Gerusia.
— der Fünfhundert
zu Athen 38.
S. auch Bule.
in der Ersten franz.
Republik 307. 316.
Rationalismus • als Welt-
anschauung 45. 263.
274. 275. 302. 368.
— in der Gesetzgebung
297.
Rätselhafte elektrische
Strahlen 523. 524.
Ratspensionär 229.
Rat städtischer 127.
Ratte 532.
— npest 532.
Räuberstämme afrikani-
sche 444. 445. 446.
— des äußersten Ost-
asiens 463.
— wesen 235. 243. 466.
Raubgier, Raublust im
Kriege 437. 446.
Raubkrieg (Erster) Lud-
wigs XIV. gegen die
spanischen Niederlande
240.
— — (Zweiter) — — —
— Vereinigten Provin-
zen der Niederlande
229 — 230. 240.
(Dritter) gegen
die Pfalz 243 — 244.
— ritterkrieg 180.
— Völker vorderasiatische
456.
Rauchloses Pulver 490.
Räumung Frankreichs
von den deutschen Ok-
kupationstruppen 427.
— Mexikos durch das
französische Expedi-
tionskorps 412.
Ravaillac 194.
Ravenna 170. 310.
Rawlinson 15.
Reaktion 347. 348. 354.
392. 393- 396.
Realismus nordischer 432.
Rechenkunst s. Algebra.
Rechtfertigung des obli-
gatorischen Schiedsge-
richtes 486.
Recht geht über Macht!
540.
Rechtgläubigkeit
s. Gläubigkeit.
— seinheit französische
215.
— sordnung zwischen-
staatliche
s. Zwischenstaatliche
Rechtsordnung.
— spflege, — sprechung
englische 227.
— in Nordamerika 281.
englisch-normanni-
sche 137.
französische 214. 215.
mittelalterliche 124.
römische 62. 80. 82. 98.
russische 363.
— sphilosophie franzö-
sische 273.
— spolitik 488. 538. 540.
— sprechung internatio-
nale
s. Internationale Recht-
sprechung.
Rechtsprechung rechts-
rheinische vor dem
Deutsch-französischen
Kriege
s. Deutsche, Deutsch-
land.
— über Leben und Tod
402. 406.
Redefreiheit 274.
Rednerisches Genie
s. Oratorisches Genie.
Reflexbewegung der Ner-
ven 218.
Reflexion der elektrischen
Strahlen 523.
— — Lichtstrahlen 523.
Reformation 177. 180. i8r.
182. 183. 184. 185. 186.
192. 193. 195. 201. 219.
220.
Reformatoren
brahmanistische 461.
christhche 176. 178 bis
180. 181. 182. 183.
185. 186. 187. 206.
209.
Reformbedürftigkeit Chi-
nas 469.
Reformen
s. Staatsreformen.
— Mehemed Alis in
Ägypten 382. 383.
— Peters des Großen 255
bis 256.
— zur Rettung der fran-
zösischen Monarchie
unter Ludwig XVI. 286.
— gesetzgebung in Eng-
land 365.
— — — en Zar Alexan-
ders IL 402. 403.
IL für die
Polen 403.
Reformierte Kirche 183.
185. 219.
Reformierung der katho-
lischen Kirche 186.
Refugi^s
s. Emigranten franzö-
sische.
Regelung der Balkan-
fragen im Berliner
Kongreß 479.
— des internationalen
Brief- und Telegraphen-
verkehrs zu Bern 518.
Regensburg 320.
Namen- und Sachregister
677
Regent
s. Ministerregent und
Prinzregent.
— Schaft
in Frankreich 213. 232.
257. 339-
— Preußen 415.
— Rußland 253—257.
— Spanien 418.
Regierung der Nationalen
Verteidigung in Frank-
reich 422. 424.
Vereinigten Staaten
von Nordamerika
s. Amerikanische Re-
gierung.
— des Sultans
s. Türkische Regierung.
— en
s. deutsche, französi-
sche usw.
— — der verschiedenen
Staaten 518.
— smacht 404.
Regierungspartei franzö-
sische 366.
— Politik Napoleons III.
398.
— System polnisches 278.
348.
— truppen in Bürgerkrie-
gen französische 426.
— Verlegung von Paris
nach Versailles wäh-
rend der Commune 427.
— svertreter niederlän-
dische 229.
Regimentsstab 317. 318.
Regnard 249.
Rehabeam 19.
Reibungselektrizität
s. Elektrizität.
Reichsdeputationshaupt-
schluß 320.
Reichshof en 421.
Reichskanzlerschaft 482.
Reichsland(e) 212. 425.
— stände
s. Landstände.
— tag (deutsch-römisch.J
179-
(polnischer)
s. Polnischer Reichstag.
— — (schwedischer) 331.
Reichste Völker
Argentinien 472.
Brasilien 472.
Reichtum
s. Wohlstand.
Reichsvasallen japanische
467 Anm.
Reichtum der rumänisch.
Literatur 476.
Reims 104. 106. 141. 144.
145-
Reinkultur, ihr Nährbo-
den 529.
Reiseromane
englische 275. 520.
französische 520 mit
Anm. 521 Anm.
Reiseverkehr 367. 368.
— im Kriege.
Reispflanzung 493.
Reiterangriffe 343. 443.
Reiterei, Reiterschar 142.
211. 313. 343. 443. 490.
Reiterstreifzüge 338.
Reizungsübertragungsge-
schwindigkeit 429.
Rekrutenaushebung, Re-
krutierung 215. 335.
S. auch Truppenaushe-
bung.
— Wirtschaft 336.
Relativität der künstleri-
schen Schönheitsidee
434-
— des Kunsturteils 434.
Religion
altägyptische 10. 535.
chaldäische 15. 535.
S. auch Mythologie.
— sanhänglichkeit 510.
— sbekenntnisse, Stetig-
keit ihres Besitzstandes
in der Welt 504.
— sdünkel 510.
— seinheit 196. 207.
— serneuerung 272.
— sfreiheit 188. 193. 198.
206. 210. 211. 212. 214.
226. 353.
— sfriede zu Augsburg
206.
Marche-en-Fa-
mfene 198.
— skriege 116. 131 — 136.
140. 151. 156. 157. 176.
188. 189. 193. 195. 199.
204. 206. 207. 213. 216.
220. 206 — 213. 235 An-
merk. 497. 505. 537.
— slosigkeit in Afrika 436.
Wallensteins 208.
Religionsstreitigkeiten in
der Asiatischen Türkei
458.
— Verwandtschaft der
Chinesen und Indochi-
nesen 460.
Religiöse Autorität 187.
217.
— Befreiung 271.
— Bekenntnisse Afrikas
436.
— Gemeinschaft der vor-
derasiatischen Länder
452.
— Musik
s. Kirchenmusik.
— Probleme 271.
— r Dualismus auf der
Balkanhalbinsel 475.
— r Indifferentismus 210.
504. 505.
— r Konservatismus
s. Konservatismus der
Religionen.
— s Denken 273. 274.
— s Gefühl 189. 391.
— s Selbstbestimmungs-
recht der Fürsten 206.
212.
— Vielgestaltigkeit im
Kaukasus 455.
Religiosität
s. Gläubigkeit.
Reliquien 125.
Rembrandt (Harmensz^
178. 232. 249. 434.
Remigius 106.
Remus 60.
Renaissance 188. 249. 368.
— des klassischen Alter-
tums in Arabien 115.
151.
Frankreich 176. 178.
249.
Italien 148. 149. 170.
171—172. 177 537.
Renan (Ernest) 432.
Renard (Luftschiff - Er-
bauer) 513. 515.
Renaudot (Th^ophraste)
216.
Rene 378.
Renegatentum
s. Übertritt.
Repetiergewehre 409.
Repnin 278.
25 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
678
Namen- und Sachregister
Republikaner 388. 389.
393. 541 Nachtr.
Republikanische Partei
der Vereinigten Staaten
von Nordamerika 407.
410.
Republikanismus 229. 266.
281. 309. 340. 342. 354.
386. 387. 388. 393. 400.
404. 412.
S. auch Amerikanisches
Republikanertum.
Republik der Wissen-
schaften 216.
— en
Afrikanische (Kongo-
staat) 437.
Altrömische 61. 69. 144.
Athenische 37. 39.
Australien 473. 498.
Batavische (Holland)
304-
Britisch-Südafrika
s. Südafrikanische Re-
publik.
Burenrepubliken 441 bis
443. 499-
China 469.
Cisalpinische (Lombar-
dei) 311.
Englische 224 — 225.
Französische
Erste 300 — 303. 303
bis 316.346.366.409.
Zweite 386—388. 389.
Dritte 385. 401. 422.
425.
Holland
s. Batavische Repu-
blik.
Italienische Republiken
(Florenz, Genua, Mai-
land, Neapel) 390.
Kanada 472 — 473.
Kapland 231. 312. 320.
347- 435- 441. 442. 443.
499-
Kongostaat
S. Afrikanische Re-
publik.
Lombardei
s. Cisalpinische Re-
publik.
Mexiko 410 — 412.
Mittelamerikanische Re-
publiken 412.
Natal 441. 499.
Neuseeland 473.
Niederländische 198.
304.
Nordamerikanische Re-
publiken 282 — 285. 356.
357. 404—410. 411 bis
412. 470 — 472. 498.
Oranjefreistaat 435.
439. 441. 442. 499.
Portugal 491.
Römische der Neuzeit
390- 391-
Spanische 541 Nachtr.
Südafrikanische (Bri-
tisch-Südafrika) 441 bis
442. 499-.
Südamerikanische Re-
publiken 152. 153. 154.
162. 163. 167. 181. 201.
356 — 360. 412. 471. 472.
498.
Toskana 385.
Transvaal 435. 439.
441. 442. 443- 444- 499-
Venedig 389. 390.
Republikpräsidenten
französische 388. 392.
422. 425, 427.
der nordamerikanischen
Union 283. 284. 357.
405. 407.
ihrer losgerissenen Süd-
staaten 408. 409. 410.
in Mexiko 411.
Requisitionen 338.
Requisitionswesen 315.
Resident (englischer) in
Indien 278.
Restauration
Erste 340—342.
Zweite 347 — 348. 352 bis
354-
Retorte 530. 540.
Retz (Kardinal von) 234.
Reusen (Unterseeische)
431.
Revanche und Revanche-
idee 338. 348. 419. 426.
Revision (Kaiserliche) der
Päpstlichen Entschei-
dungen 331.
Revolutionäre 354. 395.
398.
— deutsche 393.
— Regimenter des spani-
schen Heeres 326.
Revolutionen
Badener (Volksauf-
stand) 393.
Chinesische Revolutio-
nen
Große — in China
469.
Tai-ping - Aufstand in
China 469.
Dekabristenrevolution
s. Russische — .
Deutsche — 392 — 394.
Englische 219 — 225.
243. 258. 288.
Französische —
Erste (Große 1789)
246 — 276. 285 — 291.
293—316. 341. 342.
345- 347- 352. 387.
486. 537/538.
Zweite (Julirevolu-
tion 1830) 354. 363.
364. 386.
Dritte (Februarrevo-
lution 1848) 366. 385.
386. 387. 389-
Vierte (Junirevolu-
tion 1848) 387. 388.
Italienische 355. 356.
389—392. 399.
Japanische 467 — 468.
Mittel- und Süddeutsche
(v. J. 1848) 389-396.
österreichische 394.
Portugiesische 491.
Preußische (März — )
392—393-
Russische —
Dekabristen — (De^
zember — v. J. 1825)
362.
Sächsische 393.
Spanische — 355. 356.
418.
September 541 Nach-
trag.
Ungarische
Westf älisch-B ergische
337-
Revolution in der Musik
433.
— sauf Schrift 272.
— sausschuß radikalisti-
scher 299. 301.
— sgegnerschaft 392.
— sgerichtshof 301. 302.
— sheere 298.
— skalender (französisch.)
303. 304. 307. 308. 316.
— skrieg von Texas ge-
gen Mexiko 406. 411.
Namen- und Sachregister
679
Revolutionsparteien 300.
304-
— partei radikalistische
299. 301. 308.
— Soldaten 300.
Rhein 75. 79. 92. 103.
104. 107. 117. 146. 240.
242. 243. 295. 299. 300.
304. 308. 311. 315. 319.
337- 343- 417. 420.
— armee
s. Rheinheer.
— bund 323. 337.
„Rheingold" (Wagner-
sches Musikdramaj 433.
— grenze 311. 336. 338.
346. 420.
— heer
französisches im Zwei-
ten Koalitionskrieg ge-
gen die franz. Repu-
blik 319.
— im Deutsch-Französi-
schen Kriege 421.
— land (Rheinprovinz;
304. 311. 347.
— länder 300.
— pfalz s. Pfalz.
Rhetorik
französische 248. 289.
295- 299. 310. 312. 386,
388. 424.
griechische 38. 48.
römische 65.
spanische 419.
ungarische 395. 396.
Rhetorisches Genie
s. Oratorisches Genie.
Rhodes (Cecilj 442.
Rhodesia 442. 443. 450.
Rhodus 113.
Rhone 72. 123.
Riccio 205.
Richard Löwenherz von
England 133.
Richelieu I. (Kardinal v.)
209. 210. 211. 213. 214.
215. 233. 247. 266. 269.
295.
— II. (Herzog von) 352.
Riebet (Alfred) 531 An-
merk.
— (Charles) 437 Anm.
451 Anm. 514 Anm.
520 Anm. 531 mit An-
merk. i. 531 (532J An-
merk. 2.
Richmond 409.
23*
Richterliche Gewalt 283.
Richterstand
enghscher 221. 227.
französischer 214. 215.
mittelalterlicher in den
Städten 126.
nordamerikanischer 281.
407.
russischer 403.
„Rienzi" 433.
Riesenanschwellen des
Staatshaushaltes sämt-
licher Länder 506. 507.
— dampf er 512.
— hafte Anziehung der
Steuerschraube 509.
s Anschwellen der
Heeresausgaben 507.
Ausfuhr 505.
r Umfang der bri-
tischen Kriegsflotte 489.
— konsum 505.
— magnete 522. 523.
— reiche:
Britisches Reich 474.
China 412. 452. 460.
465.
Das einstige spanische
Weltreich 470.
Indien 458. 474.
Rußland 237. 255. 334.
412.
Vereinigte Staaten von
Nordamerika 470.
— zunähme der Groß-
stadtbevölkerung
s. B evölk erungszunahmQ
riesige in den Groß-
städten.
Riga 232.
„Ring der Nibelungen"
(Titel der Wagnersch.
Tetralogie) 433.
Rio de Janeiro 361. 495.
Riquet de Caraman
s. Caraman.
Riten 460.
Ritter, Rittertum 126. 127.
128. 132. 134. 142. 168.
174- 175-
— Orden 278. 320.
Rivalität japanische zwi-
schen dem Kaiser una
den Daimo einerseits
und dem Shogun ande-
rerseits 467. 468.
— in Kunst und Wissen-
schaft 413.
Rivalität internationale
431. 510.
— spolitik der europäi-
schen Kontinentalnatio-
nen 414. 453. 475. .
— — Englands 396.
— unter den europäi-
schen Großmächten 478.
— verschiedenen
Kommandostellen 328.
335-
— verwandten sla-
wischen Völkern der
Balkanhalbinsel 477.
— zwischen Rußland und
England in Vorder-
asien 456.
Rivoli 310. 313.
Robespierre 223. 300. 302
bis 303. 309.
Rochambeau 284.
Rochuskirche 309.
Rocky Mountains 405.
Rocroy 211. 234.
Rodin (Auguste) 434. 521.
— scher Stil 521.
— sehe Schule 521.
Roger-Ducos 316.
Rohan (Erzbischof von;
238.
— (Herzog von) 234.
Roland 118. 156.
— slied 118. 125.
Rolland 302.
Rollo 124.
Rom 49. 55. 56. 58. 60 ff.
98. 102. 103. 104.
105. 106. 109. 115. 118.
. 119. 137. 139. 146. 153.
170. 172. 175. 178. 179.
200. 248. 298. 312. 318.
331. 339- 360. 367. 385.
389. 390. 392. 400. 401.
417. 418. 476. 495- 536.
Romancero del Cid 156.
Romanische Sprachen
Rumänisch 476.
— Völker
Rumänen 476.
Romanisierung (Latinisie-
rung) 84. 105. 168. 476.
Romanow (Herrscher-
haus; 237. 253.
Romanschriftstellerei
in Deutschland 351.
377- 379-
— England 183—184,
377- 379- 520.
68o
Namen- und Sachregister
Romanschriftstellerei
in Frankreich 177. 183
bis 184. 351. 378.
379- 396. 432. 520.
521 Anm.
— Italien 355/356.
— Rußland 377. 432.
433. 520—521.
— Schweden 487 A.nm.
— Spanien 203.
— den Vereinigten
Staaten von Nord-
amerika 407.
Romantik
in Deutschland 147.
— Frankreich 378. 380.
Romantiker 147. 331.
— auf dem Thron 331.
Romantische Schule 147.
378.
— s Zeitalter 380.
Romanz de Renart 141.
Römer 9. 29. 33. 54. 55.
57. 85. 87. 88. 99. 102.
104. 105. 128. 155. 298,
385. 450. 459. 536.
Romfahrt 179.
Römische Christen
s. Katholiken.
— Einrichtungen, ihre
Verbreitung unter Au-
gustus und den Kaisern
über die gesamte Welt
82. 536.
— Kirche, ihre Allmacht
s. Allmacht der Römi-
schen Kirche.
— Republik des Alter-
tums 61. 69: 144.
der Neuzeit 314.
392.
— Zivilisation 82. 536.
— r Friede im römischen
Weltreiche
s. Pax Romana.
Römisch-deutsches Reich
(Heiliges) 138. 140.
— er Katholizismus
s. Katholizismus und
auch Kirche christliche,
römisch katholische.
— es Kaiserreich
s. Römisches Reich.
^echt 139.
■ Reich 84. 88. 91.
92. 93. 94. 96. 106. 107
bis 108. 113. 126. 148.
168. 346.
Römisch-katholisch 180.
184. 185. 200. 207. 236.
e Religion
s. Katholizismus und
auch Kirche christliche,
römisch-katholische.
Romulus 60. 106.
— Augustulus 106.
Roncevalles 118.
Röntgen (Wilhelm Kon-
radj 523. 524.
— -Strahlen 524.
— verfahren 524.
— — , seine Anwendung
für Diagnose wie The-
rapeutik 524.
Rosen
s. Krieg der beiden Ro-
sen.
Rostand (Edmond) 330
Anm. 521 mit Anm.
Roßbach 264. 326.
Rossini (Gioachino An-
tonio; 381. 433.
Rostoptschin 333.
Rotbart
s. Friedrich I. Barba-
rossa.
Rötelkrankheit 532.
Rotes Meer 19. iio. 159.
163. 413. 435. 446. 449.
Rothäute 164. 266. 356.
406.
S. auch Indianer.
Rotterdam 228. 231.
Rouen 123. 145. 367.
Rousseau (Jean Jacques;
275. 302. 351.
Roussillon 234.
Roux (Philibert) 530.
— (Pierre) 530.
Royalisten englische 223.
226.
französische 234. 295.
304. 308. 309. 339.
341. 352. 353.
Royal Society 250.
Rubens 232. 249.
Rubicon 79.
Rückabtretung der Man-
dschurei von Japan an
China nach dem rus-
sisch-japanischen Kriege
484.
— des Sandschak Nowi
basar von Serbien an
die Türkei 479.
Rückberufung der Bour-
bonen 339. 340.
Rückenmark in seinen pa-
thologischen Verände-
rungen 527.
Rückfall Mazedoniens von
Bulgarien an die Tür-
kei 479.
Rückgabe Adrianopels sei-
tens Bulgariens an die
Türkei nach dem Zwei-
ten Balkankriege 482.
Rückgang des Ackerbaus
in England
s. Aufhören des Acker-
baus in England.
— — Kinderreichtums
der Deutschen, Eng-
länder und Italiener im
20. Jahrhundert 503.
Rückkehr Napoleons I.
aus Elba 341 — 342.
— zum Nichts
s. Nirwana.
Rückschrittliche Politik
s. Reaktion.
Rückzug der großen Ar-
mee 333/334-
Rüde (Frangois) 380.
Rudolf von Habsburg 146.
— II. 206.
Rügen 292 Nachtr.
Ruhrkrankheit 447. 532.
Rum 406.
Rumänen 254. 280. 361,
393- 398. 476. 477. 479-
481.
— , ihre entscheidende
Stellung auf dem Bal-
kan 482.
— aufstände 360.
— in Siebenbürgen 476
bis 477.
— mit den Russen vor
Plewna 479.
Rumänien 328. 360. 361.
362. 396. 398. 476. 477.
478. 506. 507. 508.
Rumänisch 476.
— , Rumänische Sprachr
und Literatur 105. 360.
476. 479.
— e Juden 476.
— e Scheinabhängigkeit
398.
— er Gewerbefleiß 476.
— er Vasallenstaat 398.
Rumanoro 481.
Namen- und Sachregister
68 1
Rumelien 478.
Rummel (Fluß; 384.
Rüssel 227.
Russen 236. 237. 252. 253.
256. 264. 279. 280. 306.
307. 315. 322. 324. 333.
334. 338. 343. 363- 364.
395- 396. 397. 403- 404.
452. 453- 454. 457- 458.
467. 468. 470. 478. 479.
485- 518.
— aufstände 253. 256.
— boykott der Polen 403.
S. auch Russenhaß der
Polen.
— einfalle 253.
— feindliche PoHtik Bis-
marcks 479. 480.
— freundschaft 276. 457.
— haß "der Polen 332.
363. 364. 403.
S. auch Russenboykott
der Polen.
— partei in Afghanistan
457- .
Russifizierung des
Schwarzen Meeres 456.
— — sversuche gegen-
über Polen 363. 403.
Russisch 237. 315. 452.
455-
— , Russische Sprache
und Literatur 363. 431
bis 432. 452.
Russische Beamtenkorrup-
tion
s. Russische Käuflich-
keit.
— Erwerbungen in Arme-
nien 479.
— Invasion in die mo-
hammedanischen Staa-
ten Vorderasiens 454
bis 456.
— — en in China 452.
— Käuflichkeit
s. auch Bestechungs-
system.
— Kirche 276. 279. 478.
■ — Niederlassungen in der
chinesischen Mandschu-
rei 454.
— Okkupation Sibiriens
452.
— Polizei 403.
s. auch Polizei.
— Regierung 363. 402.
403. 491.
Russischer Feldzug Napo-
leons I. 332—334. 346.
— r Handel in Afghani-
stan und Persien 456.
— r Liberalismus 402.
— r Schulzwang in Polen
404.
— r Sprachenzwang in
Polen 404.
— -französisches Bündnis
s. Französisch-russisches
Bündnis.
— -japanischer Krieg 452
bis 455. 469. 487.
— -rumänisches Bündnis
478.
— e Slawen 502.
— -schwedische Kriege
unter Karl XII. 252 bis
253-
— Katharina II. 280.
306.
— s Bündnis 332.
— -türkischer Krieg der
Gegenwart 478. 483.
— -türkische Kriege unter
Katharina II. 279 — 280.
306.
Rußland 147. 236. 237.
250. 252. 253. 254. 255.
265. 272. 276.
280. 281. 297.
307. 315. 322.
329. 330. 331.
335- 347. 361.
7>n- 383. 393.
402. 404. 406.
432. 434. 453.
456. 457. 458.
480. 482. 483.
489. 491. 492.
501. 502. 507.
511. 516. 520,
259- 263
278. 279
305. 306
323- 327
332. 333
362. 363
397. 401
416. 417
454. 455
478. 479
485. 487
494- 500
508. 509
521. 537-
— s Eroberung der Welt
des Islam 455 — 456.
Rüstungseinschränkungen
internationale 485.
— zunähme in ganz Euro-
pa 432. 488. 489.
S. auch Wettrüsten der
europäischen Völker.
Ruthenen 394.
„Ruy Blas" 378.
Ruysdael 232.
Ryswijk 244. 245.
Säbeldiktatur
s. Generälewirtschaft.
Sachalin 452.
Sachsen (Landj 102. 103.
106. 118. 119. 128. 129.
131. 146. 210. 252. 259.
260. 262. 264. 278. 324.
367. 369. 393. 416. 417.
— (Volk; 117. 118. 252.
263. 337. 421.
— ganger ei 498.
Koburg 364.
Sächsische Dynastie in
England 107. 124. 128.
— Revolution 392.
Sadowa 416.
Sagunt 72.
Sahara 383. 435.
Sahib s. Tippo Sahib.
Said (Khedive) 383. 413.
Saigun 460.
Saint-Cloud 192.
— -Denis 141. 192.
Sainte-Claire Deville
(Henri-Etienne) 430.
Saintes 284.
Saint-Etienne 367.
— -Germain 189. 233. 245.
367-
— -Gobain 239.
— Hilaire (Geoffroy) 349.
— -Jean d'Acre 314.
— -Just 174.
— -Louis 495.
— -Paul 494.
— -Pierre (Abbe dej 484.
— -Privat 421. 423.
— -Valery sur Somme
129.
Sakja-Moni 461.
Sakramente (sieben) 187.
Saladin 133.
Salamis 42.
Salerno 136.
Salizyl(säure) 531.
— — derivate 531.
Sallust 83. 84.
Salmanassar 24.
Salomo und sein Tempel
19. 20. 21. 23.
Salon der Zurückgewie-
senen 433.
Saloniki 477. 481. 482.
Salvador (San) 160.
Salvarsan 531.
Samaria 24. 25.
682
Namen- und Sachregister
Sambesi 435. 436, 439.
— -Handelsniederlassung
435-
Sambre-et-Meuse 304.
Samniter 68. 69.
Samoa-Inseln 471.
Samory 446.
Sand (George; 379.
Sandeau (Julesj 341 Anm,
432.
San Domingo 304.
Sandschaks 479.
Sandwich-Inseln 471.
San Francisco 472.
Sanherib 25.
Sanitätsbehörden 532.
— offizierkorps 531 Anm.
— reformen in Afrika
446. 447.
San Lorenzokirche zu
Florenz 172.
— Martin (General; 358.
Sansibar 435. 436. 438.
San Stefano 478. 479.
Santi (Raffael) 172. 178.
231. 432.
Sao Vicente 159.
Sappho 379.
Saragossa 118. 154.
Saratoga 283.
Sarazenen 114. 117. 118.
119. 124. 132. 136.
Sardanapal (Assurbana-
palj 25. 26. 192.
Sardes 39.
Sardinien 22. 72. 103. 113.
124. 157. 175. 235. 259.
260. 262.
Sardou (Victorienj 432.
Sargon 24. 25.
Sarto 172.
Saßbach 241.
Satirik 177. 203. 248.
Satrapen und Satrapien
40. 41.
Sauerstoff
s. Entdeckung des
Sauerstoffes.
Säuglingsernährung
s. Säuglingspflege.
— heimbewegung 533.
— pflege 533.
— Sterblichkeit 533.
Säulen des Herkules 71.
158.
Savenay 303.
Savona 330.
Savonarola 173. 178.
Savoyen (Herrscherhaus;
244. 391. 392. 400.
— (Herzogtum und franz.
Provinz) 168. 211. 235.
243. 244. 246. 259. 300.
314. 400.
S. auch Herzogtümer.
Scarron 242.
Schafott s. Henkertod.
Schah 457. 458.
Schang-hai 466.
Schankfreiheit, ihr Miß-
brauch 533.
— gerechtigkeit, Notwen-
digkeit ihrer Einschrän-
kung 533.
Scharlachkrankheit 532.
533-
Schaufelraddampfer 366.
Schaukelpohtik (äußere)
Napoleons I. 329.
— (— ) — HI. 398. 400.
401. 417. 418.
S. auch Zickzackkurs in
der Politik.
— (innere) Zar Alexan-
ders I. 361.
— Serbiens zwischen
Österreich und der
Türkei 477.
Schauspielkunst
französische 277.
italienische 277.
— westeuropäische in
Rußland 277.
Scheele 349.
Scheinbündnis Zar Alex-
anders I. mit Napo-
leon I. 328. 346.
— Christen (spanische)
185.
maurische in Spa-
nien 196.
— demokratie kapitalisti-
sche 509.
— demokratisches Kapi-
talistenstaatssystem 509.
— konstitutionalismus
in Preußen 394.
— Rußland 491.
— der Türkei 491.
— kriege 352. 413.
Napoleons I. 342.
— liberalismus
— Parlamentarismus
s. Scheinkonstitutiona-
lismus.
Scheinrepublik
s. China eine Schein-
republik.
— Selbständigkeit Afgha-
nistans unter verhülltem
englischen Protektorat
457-
— — Ägyptens — — —
— 440.
— — Panamas Pro-
tektorat der Vereinig-
ten Staaten von Nord-
amerika 471.
Persiens 457. 458.
— • Unabhängigkeit Cubas
unter dem verhüllten
Protektorat der Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 470.
S cheinunabhängigkeit
s. Scheinselbständigkeit.
— — der Moldau und
Walachei 362.
Scheitern der Friedens-
verhandlungen nach den
Schlacht bei Sedan 422.
Scheide 300. 304.
— mündungen 304.
Schenkungsverträge 146.
Scher Ali (Emir) 457.
Scherifs 223.
Schicksalstage
s. Universale Ereig-
nisse.
Schiedsgerichtgesetzlicb.es
bei Arbeitseinstellungen
497-
Schiedsgericht inteniatio-
nales im Haag
s. Internationales
Schiedsgericht im Haag.
— — sfälle vor den Haa-
ger Konferenzen 486
bis 487.
surteile des Ober-
sten Schiedsgerichts-
hofes im Haag 487.
sverträge 487.
— — svertrag zwischen
Argentinien und Italien
487.
— — Dänemark
und Holland 487.
szwang gesetzlicher
zwischen Arbeitgeber
und -nehmer in Austra-
lien und Neuseeland
473-
Namen- und Sachregister
683
Schiedsgerichtszwang in-
ternationaler 485. 486.
488.
— — — — vom Stand-
punkt der Sittlichkeit
Vernunft 488.
Schiedsrichteramt der
Päpste 131.
— ■ Napoleons I.
326.
Schienennetz 511. 513.
517.
Schießpulver 145. 455.
490-
Schiffahrt
althellenische 37. 535.
französische 215.
kretische 31. 535.
phönizische 22. 535.
— sgesellschaften
amerikanische 405.
französische 215. 239.
Schiffsbau
englischer 371. 487.
japanischer 468.
russischer 253. 255.
kunst englische in
Japan 468.
— holländische in
Rußland 253. 255.
— konfiskation 321.
— Sprengmaschine 162.
S. auch Torpedo.
— verkehr, funkentelegra-
phischer
s. Funkentelegraphi-
scher Schiffsverkehr.
— Versenkung 487.
— werften 371.
Schiller (Friedrich von;
202. 204. 351.
Schipka 479.
Schisma
s. Kirchenspaltung.
Schlacht bei den Dünen
225. 234.
— Pyramiden 313.
Königgrätz4i2.416.
— — Sadowa
s. Schlacht bei König-
grätz.
— bewegungen 490.
— feldplünderer 195. 263.
310.
Schlagfertigkeit (preußi-
sche) 416. 421.
Schlechte Aussichten der
portugiesischen Kolo-
nien 451.
Schieiden (Jakob) 375.
Schlesien (österreichisch)
262.
— (preußisch) 262. 265.
Schleswig 414. 415.
— -Holstein 414. 415.416.
417..
ische Frage 414.
— r Aufstand 414.
Schloßbauten 176. 177.
249. 266. 268. 294. 295.
299. 300. 331. 334. 340.
341. 342. 422. 466.
Schmähschrift
s. Pamphlet.
Schmarotzer, ihre Lehre
528. 529.
— — Vernichtung 529.
— wesen 447. 528. 529,
532. 533- 541.
Schmerzlosigkeit
s. Anästhesie.
Schnaps 533.
— brennerpolitik 533.
— — Privilegien
s. — — Politik.
Schnelldampferverkehr
512.
Schöffen 127.
Scholastik 217. 275.
Schollenzugehörigkeit der
Bauern 370.
Schönbrunn 329.
Schonen 236.
Schönheitsidee, ihr Wan-
del 434.
Schöpfer der allgemeinen
(vergleichenden) Phy-
siologie
s. Begründer — —
— des modernen Romans
351.
Schöpfungsgeschichte
griechische 461.
indische 461.
jüdische 461.
— lehre, ihre Unhaltbar-
keit 349. 428.
S. auch Schöpfungspro-
blem.
— Problem 349. 428.
Schotten 128. 204. 220.
224._ 257.
Schottisch 220. 222.
Schottland 123. 168. 202.
204. 205. 221. 223. 224.
Schraubenpropeller
s. Propeller(schrauben).
„Schraube ohne Ende"
509.
Schreckensherrschaft des
Königs Behanzin in Da-
home 446.
— — französische 302.
308.
S. auch Weißer Schrek-
ken (Terreur blanche),
— männer 301. 309.
S. auch Jakobiner.
Schriftstellemde Frau(en),
Schrif tstellerin(nen) 379.
Schubert (Franz) 381.
Schulbildung in Nordame-
rika 266. 281.
Preußen 261.
Schuldenabschüttelung
305.
— Wirtschaft
in den Vereinigten
Staaten von Nord-
amerika 509.
— Deutschland 509.
— Frankreich 305. 509.
— Großbritannien 509.
— Rußland 509.
— Venezuela 487.
Schuldfrage im Deutsch-
Französischen Kriege
419. 421. 423.
— — Krimkriege 396.
Schuld Napoleons I.
s. Napoleons I. Schuld.
— verschreibungen auf
Ländereien
s. Bodenkreditaktien u.
Hypotheken.
Schuletat, die Möglich-
keit auch einer teil-
weisen Einschränkung
von ihm zugunsten des
Budgets für Wissen-
schaft und Kunst 493.
535.
— in Frankreich und den
anderen Ländern 493'.
535-
Schulgründung 120.
— pflicht allgemeine 261.
267. 305. 491—492. 493.
Schulze-Delitzsch ( Her-
mann) 496.
684
Namen- und Sachregister
Schumann (Robert) 381.
Schutz der Christen im
Morgenlande 396.
— — persönlichen Frei-
heit 225.
Schützenkampf 142. 209.
443-
Schutzgebiete
s. Protektorate.
— — afrikanische 437.
— herrschaften
s. Protektorate.
— impfung 526. 530.
— mannschaft mittelalter-
liche in Itahen
s. Condottieri.
Schutz- und Trutzbündnis
Preußens mit Italien
416.
— zwischen dem
Deutschen Reich und
Österreich 482.
vertrag zwi-
schen Preußen und dem
Süddeutschen Bunde
417.
— zolle 239. 371. 372.
— — politik
s. Schutzzollsystem und
Europäische Schutzzoll-
politik.
System 239. 371-
372. 401. 471- 472.
S ch wache Volksdichtigkeit
s. Menschenarmut rela-
tive.
Schwanken des russischen
und türkischen Anteils
an der Herrschaft über
Arabien 456.
Schwann (Theodor; 375.
Schwarze Bevölkerung
s. Negerstämme.
Schwarzenberg (General)
338. 343-
Schwarze Rasse 164. 366.
406. 407. 413-436. 441-
448. 498. 501.
S. auch Neger.
Schwarzer Erdteil 436 bis
437. 447- 451-
Schwarzes Meer 14. 22.
26. 37. 75. 85. 92. 102.
104. 454. 455- 456. 479-
Schwarze Stämme
s. Negerstämme.
Schwarzmeerflotte rus-
sische im Russisch-japa-
nischen Kriege 454.
Schweden (Land) 147.
180. 208. 209. 211. 212.
218. 219. 225. 235. 240.
243. 250. 252. 254. 263.
265. 273. 280. 292 Nchtr.
306. 320. 331. 332. 347.
434. 491. 499. 506. 507.
508.
— (Volk) 209. 210. 211.
235. 237. 250. 252. 280.
473- .
Schwedisch 209.
— , Schwedische Sprache
und Literatur 502.
— es Wesen 209.
polnischer Krieg 235.
Schweiz 146. 154. 168.
180. 212. 314. 315. 329.
336. 424. 434. 491- 506.
507. 508. 518.
Schweizer 170. 191. 299.
— isch 145.
Schwerkraftgesetz 250.
Schwertfegerei
s. Eisenschmiedekunst.
Schwierigkeit des Arbeits-
willigenschutzes bei
Streiks 496.
Schwinden der Landbevöl-
kerung
s. Abwanderung der
Landbevölkerung in die
Städte.
Religionskriege 497
bis 498. 505.
— , seine Ursachen
— des Ackerbaus m Eng-
land 494. 497.
— moderner Sklaverei 402
bis 410.
Sciarra 235.
Scipio Africanus minor
73- 76.
Scipionen 73.
Scott (Walter) 377. 379.
Scribe (Eugene) 379.
Seapoy 269.
Sebastopol 397.
Sechster Kreuzzug 135.
Sechzehner Ausschuß 191.
Sedan 422.
Seedienstrolle 239.
Seefestungen
s. Kriegshäfen.
Seefische 431.
— handel 325. 405. 459.
466. 471.
— — srecht 201.
— kriege 262. 312. 322.
346. 366.
Seelenwanderung (Metem-
psychose) 10.
Seemächte
s. Kriegsflotten und
Marine.
Seeprisenrecht 487.
— — -Schiedsgerichtsur-
teil im Italienisch-tür-
kischen Kriege 487.
Seeräuberkrieg 55. 176.
383-
Seerecht 486—487.
— schlachten 42. 47. 68.
81. 200. 201. 203. 243.
245. 279. 280. 313. 322.
362. 454. 466.
— schule 256.
— sperre über Algier 383.
— verkehr Indiens nach
Australien über Singa-
pur 459.
— weg nach Ostindien
159 ff.
Segelschiffahrt 512.
S6gur 288.
Seidenraupen, ihre Krank-
heiten 528.
— Weberei
s. — Wirkerei.
— Wirkerei chinesische
464.
Sei-tai shogun
s. Shogun.
Seine 104. 106. 107. 117.
123. 190.
Sektarismus 109. 181. 187.
243. 267. 268.
Selbständiges Gepräge
der nordischen Litera-
tur 432.
— Finanzverwaltungen
von Schutzgebieten und
Kronkolonien
afghanische 457.
kanadische 472.
Selbständigkeitserklärung
s. Unabhängigkeitser-
klärung.
garantie für Ser-
bien durch die Groß-
mächte 398.
Namen- und Sachregister
685
Selbständigkeit staatliche
der Australisch. Repu-
blik 473.
— englischen
Burenkolonie 413.
Kronkolo-
nien 472.
Selbstbestimmungsrecht
der Völker 289. 294.
347. 400. 417. 510.
Selbstbetrachtungen des
Mark Aurel 84. 93.
Selbstherrhchkeit des Staa-
tes
s. Souveränität staat-
liche.
Selbstmord 533.
— Versorgung 372.
— Verwaltung
s. Städtische und Ko-
loniale — .
Selen 349.
Selim I. 199.
— II. 199.
Semiramis 16. 19.
Semiten 5. 18. 20. 22. 23.
24. 25. 26. 31. 446.
— Stämme weißer Rasse
in Afrika 446.
Semitisch, semitische
Sprachen und Literatu-
ren 455.
Senat (französischer) 335.
339- 344- 352. 427- 439.
S. auch Oberhaus und
Herrenhaus.
— (römischer) 34. 55. 61.
63. 71. 72. 73. 79. 80.
82. 83. 86. 88. 91. 94.
127. 137. 225. 317.
— städtischer s. Stadt-
senat.
— oren 61. 71. 90. 95.
— swahlen französische
427.
S(enatus) P(opulus) Q(ue)
R(omanus) 61. 88.
Seneca 65. 83. 92. 276.
Senegal (Land) 284. 435.
436. 446.
— (Strom) 72. 440.
— gesellschaft 215.
— neger 440.
Senegambien 445. 446.
Sensible Nerven 376.
Sentinum 69.
Separatismus
s. Partikularismus.
Separatisten (protestan-
tische Sektierergemein-
schaft) 266.
— repubÜk 266.
Sepsis 529.
Septembermorde 299.
Septimius Severus 93.
Sequestration des Vize-
königlich - äg^'ptischen
Privatbesitzes 439.
Serben 254. 395. 398. 477.
478. 481. 482.
— aufstände 360. 478.
— im neugeplantcn alba-
nischen Reiche 482.
Serbien 152. 360. 477.478.
479. 482. 501. 506. 507.
508.
Serbisch 478. 479.
— , Serbische Sprache
und Literatur 360. 477.
478.
bulgarischer Krieg 480.
— e Scheinunabhängig-
keit 398.
— er Vasallenstaat 398.
— e Völker 477/478.
Serum
s. Heilserum.
— therapie 531.
Servet (Miguel) 183. 218.
541 Anm.
Servilismus
s. Knechtseligkeit.
Sesostris (Sethoose, Se-
turi) 14.
Seßhaftigkeit der Franzo-
sen 215. 265/266. 267.
— sbeginn beim Men-
schengeschlecht 3. 535.
Seuchen 148. 271. 279.
314- 333- 385. 397- 41 1-
447. 459- 498. 526. 540.
— ihre Ursachen
s. Bakteriologie.
— bekämpfung in Afrika,
s. Krankheitsbekämp-
fung — — .
Sevennen 242.
S^vignö (Madame de) 249.
379-
Sevilla 154. 157.
Seymour (Johanna) 185.
Sezession(istenschulej 433.
— skrieg amerikanischer
408—410. 436. 487.
Shakespeare 32. 44. 204.
205. 247. 248. 271.
Shelley (Percy Bysche)
377-
Sherman (General) 410.
Shogun 467. 468.
Siam 460.
Sibirien 164. 237. 256.363.
451. 452.
Sibirisch-chinesische Bahn
452. 453-
Sibirische Kälte 252. 334.
S. auch Winterfrost.
— Querbahn 452. 453.
454-
Sicherheitsplätze
s. Freistädte.
Sickingen 180.
Sidney (Algernon) 227.
— (Stadt) 494.
Sidon 20. 22.
Siebenbürgen 476.
Siebenbürgisch 477.
Siebenjähriger Krieg 263
bis 265. 267. 270.
Sieben Kurfürsten 146.
Siedelungsgefahren, ein-
stige 498.
Siegeszuversicht 423. 424.
„Siegfried", Wagnersches
Musikdrama 433.
Siena 150.
Sierra Leone 443.
Sieyfes (L'abb6) 316.
Sikhs 269.
Silber 506.
— ausfuhr 405. 506.
— bergwerke 405. 506.
— handel 506.
— kurs 506.
— reichtum 506.
Silicium 349.
Simon (Jules) 484.
Simonoseki 453. 468. 469,
Simpson (Chirurg) 376.
Sinai 13. 17. 21. 40.
Singapur (Hafenstadt)
459-
— (Insel) 459.
Sinken der Preise
s. Fall der Preise.
— des Goldwertes 506.
— — Silberwertes 506.
Sinnbildhchkeit
s. Symbolismus.
Sinope 397.
Sinshariskun 26.
Sintflut 15.
Sioux 165.
Sistow 280.
686
Namen- und Sachregister
Sittenreinheit der ameri-
kanischen Uransiedler
266.
Sitten Rußlands 363.
— Verderbnis
der Mönche 125.
— Priester 122.
römische 85. 94.
SittUche Beurteilung der
afrikanischen Kolonial-
poUtik 451.
Sitzungsschluß 289.
Sixtinische Kapelle, Male-
reien in der 172.
Sixtus IV. 172.
Sizilianer 400.
Sizilianische Volks-
erhebung 355.
Sizilien (Insel) 22. 34. 36.
37. 70. 72. 113. 123. 124.
139. 140. 141. 157. 175.
235. 241. 246. 258. 389.
390. 400.
— (Königreich der bei-
den) 246. 259. 355, 389.
. 397- 399-
Sizilier 57.
Skandinavien 122. 131.
499. 500.
Skandinavier 236.
Skelettkunde 350.
Skeptizismus 186. 194.
200. 505.
— religiöser
s. Religiöser Indifferen-
tismus und Kritische
Theologie.
Sklavenarbeit 34. 64. 67.
75. 203. izöö.
— ausfuhr
s. Negerausfuhr.
— befreiungsversuche407.
— dasein der chinesischen
Volksklassen 463.
— geist der feindlichen
Städte gegenüber Na-
poleon I. 317.
Sklavenhalterpartei nord-
amerikanische 410.
— handel 38. 91. 383. 519.
S. auch Negerhandel.
— markt in Amerika 407.
— recht 38. 71. 91. 406.
407.
Sklaverei 11. 18. 34. 38.
54. 63. 64. 67. 71. 85.
89. 91. 94. 109. 121.
122. 125. 126. 163. 167.
271. 278. 402. 404. 406.
407. 408. 410. 446.
Sklavereiabschaffung
s. Abolition.
— anhänger in den Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 407.
— gegner — — _ _
s. Abolitionisten.
Skoten 128.
Skrzynecki (General) 363.
Skulptur
ägyptische 12.
alexandrinische 57.
altgriechische (klassi-
sche) 43. 48. 109, 150.
171. 177. 434. 535.
— mexikanische 165.
christliche 99. 105/106.
109.
deutsche 178.
französische 177. 380.
434- 521.
internationale moderne
433-
S. Buonaroti.
italienische
Skythen 25. 26.
Slawen 109. 150. 207. 363.
395. 396. 473. 475. 477.
480. 499. 500. 501. 502.
503. 504.
Slawisch 23. 102. 207.
— , Slawische Sprachen
u. Literaturen 395. 477.
480. 501. 502.
— e Sprachen, ihre Ver-
schiedenheit voneinan-
der 502.
— e — , — verwickelte
Laut- und Formenlehre
502.
— e Völker des Balkan
s. Balkanslawen.
Slawisierung Österreichs
mit dem Berliner Kon-
greß 479.
Slowaken 394. 480.
Slowenen 394.
Smalah 17. 384.
Smolensk 332. 333. 334.
Smyrna 113. 115. 458.
Snyders 232.
Socii 66.
„Sohn des Himmels",
Kaiser von China 465.
466. 467.
Kaiser von Japan 467.
Soissons 106.
Sokrates 40. 45. 83. 145.
217.
Soldatenauf stände
französische 387.
mexikanische 411.
rumänische 361.
spanische 355. 419.
südamerikanische 359.
— ausrüstung 343.
— bekleidung 260.
— freundschaft 256. 415.
— könig 260 — 261.
— stand 172. 209. 211.
223. 227. 252. 256. 262.
283. 284. 288. 327. 329.
341. 343. 352. 385. 388.
403. 408. 423. 424. 425.
443- 449- 456. 460.
S. auch Revolutionssol-
daten.
Söldnerheere 72. 96. 143.
168. 191. 208. 282. 311.
Solferino 399.
Solidaritätsgefühl der Ar-
beiterschaft 369. 370.
Menschheit 368.
369. 510.
Soliman der Große 175.
199.
Solon 37. 39. 40.
Somerset (Herzog von)
185.
„Sommernachtstraum
205.
Sommerpalast in Pe-king
466.
Sonderparlament 289.
— Stellung des Bulgari-
schen unter den sla-
wischen Sprachen 477.
478.
— Versammlungen
s. Klassenparlamente.
Sonne 12. 250. 521. 525.
— njahr 12.
— nlicht 250.
— nspektrum 430.
— nsystem 216.
Sonntagsruhe gesetzliche
497-
Sophie, Regentin von
Rußland 253.
— nkirche zu Konstanti-
nopel 109.
Namen- und Sachregister
687
Sophisten 54. 109.
Sophokles 44. 170. 434.
Sorbonne 154. 177. 178.
181. 204.
Soubise 264.
Soult (General) 335. 341.
Souveränitätsdünkel 488.
— staatliche 485. 488.
Sozialdemokratie
s. Sozialismus.
Sozialdemokratische Partei
in Deutschland 496.
— s Streben nach Mini-
stersesseln 496.
— s — — Parlaments-
sitzen 496.
Soziale Frage 369 — 370.
— Gesetzgebung 497.
— Gesundheitsreformen
532. 540/541.
— Kriege, ihr Schrecken
498. 505. 540.
— Probleme 272. 294. 370.
432. 497-
— r Ausbau Äthiopiens
(Abessiniensj 450.
— r Despotismus 276.
S. auch Diktatur des
Proletariates.
— Reformen
in allen Staaten 497.
in Japan 468.
ohne Revolutionen
in Japan 468.
— r Haß 426.
— r Roman 432. 520.
— s Christentum 433. 520
bis 521.
— s Kaisertum Napole-
ons I. 346.
— Stellung der europäi-
schen Amerikaauswan-
derer 473.
Sozialhygiene
s. Hygiene.
— — unter staatlicher
Kontrolle 447. 532. 533.
538. 541-
Sozialismus 272. 386. 387.
393. 432. 433- 496. 497.
Sozialisten 387. 388. 392.
Sozialistische Gesellschaft
s. Neue sozialistische
Gesellschaft.
— Partei in Frankreich
496.
Sozialistischer Zukunfts-
staat
s. Neue sozialistische
Gesellschaft.
Sozialpolitik 370. 371. 472.
496. 497- 538.
— reform moderne 497.
519. 540/541-
Soziologie griechische 48.
Spahi s. Seapoy.
Spaltung der Menschheit
auf Grund des Nationa-
lismus 510. 519.
Spanien 22. 58. 68. 70.
72. 78. 79. 84. 85. 97.
103. 106. 107. 113. 114,
118. 119. 123. 124. 125.
126. 150. 154. 155. 156.
157. 158. 162. 163. 167.
168. 169. 170. 173. 175,
176. 178. 187. 189. 190.
194. 195. 196. 197. 198.
200. 201. 202. 203. 204.
205. 211. 212. 214. 219.
220. 224. 225. 230. 232.
233. 234. 240. 243. 244.
245. 246. 258. 259. 260,
262. 263. 273. 281. 284.
301. 304. 318. 320. 325.
326. 327. 328. 330-see
336. 346. 354- 355- 356.
357. 358. 383- 405- 411.
418. 419. 425. 444. 445.
470. 487- 492. 494- 499.
500. 506. 507. 508. 537.
541 Nachtr.
— s Entschädigung für
Besitzergreifung in Ma-
rokko 445.
Spanier 71. 84. 155. 156,
160. 165. 166. 167. 169.
176. 183. 191. 192. 193.
197. 201. 205. 215. 221.
224. 225 — 230. 233. 234.
240. 254. 259. 335. 356.
358. 406. 411. 419. 435.
472. 501.
— tum 156. 203. 224.
Spanisch 156. 160. 162.
167. 186. 192. 195. 196.
197. 200. 201. 202. 212.
221. 233. 235. 244. 246.
325. 356. 357- 358. 470.
484.
— , Spanische Sprache
und Literatur 106. 203.
265. 357. 406. 470. 472.
499. 501. 502.
Spanisch-Amerika
s. auch Mittel- und Süd-
amerika.
— -amerikanischer Krieg
536.
— -arabisches Königreich
155.
— e Einheit 169.
— e Juden 157. 185.
— e Kolonisation45 1.470.
— e Königsproklamation
Königs Joseph (Bona-
parte) von Neapel zu
Madrid 326.
— -englisches Bündnis
335. 356.
Heer 335.
— e Regierung 435.
— e Republik 541 Nachtr.
— er Erbfolgekrieg 244
bis 246. 292 Nachtr.
— e Revolution 418.
— er Geist
s. Spaniertum.
— e Ritterlichkeit 233.
— er Protestantismus 185.
196.
— er Unabhängigkeits-
krieg gegen Napoleon I.
357.
— er Volksausschuß
s. Junta nacional.
— e Septemberrevolution
419.
— e Statthalter Südame-
rikas 357.
— es Wesen
s. Spaniertum.
— -portugiesischer Feld-
zug Napoleons I. 325
bis 328. 335—336. 357.
360. 411.
Sparta (Lazedämon; 32.
34. 37. 41. 42. 43- 47-
48. 55-
Spartaner 36. 41. 42. 51.
Spartiaten 34.
Speeches
s. Parlamentsreden.
Speer 209.
Spektralanalyse 250. 430.
Spekulantentum 257.
Sperrung des zivilen Eisen-
bahnverkehrs im Mo-
bilmachungsfalle 490.
— englischen Schiffsgutes
325.
Sperrzölle 321. 325.
688
Namen- und Sachregister
Speyer 154.
Spezialforschung 428.
Sphinx II.
Sphygmograph 527.
Spieß 209. 240.
Spinett 381.
Spinoza (Baruch, Bene-
dikt) 231.
SpiritusprämienpoHtik 533.
Spitzbogen 150.
„Splendid Isolation" 483.
Spottgedichte, — lieder
s. Pasquill.
Sprachenverwandtschaft
des Chinesischen und
der indochinesischen
Mundarten 460.
— zwang
in Belgien 364.
russischer in Polen 363.
Sprachgebiet französisches
215. 241. 257. 265. 267.
281.
— gemeinschaft Südame-
rikas mit dem spani-
schen Mutterlande 470
bis 471.
Sprachliche Zerrissenheit
auf der Balkanhalbinsel
475.
Staatenbund 193.
— karte Europas
s. Umgestaltung der
europäischen Landkarte.
Staatenpolitik
englische 312. 474.
europäische 212. 246.
278. 336. 337. 361.
474-.
französische 168. 169.
174. 175. 210. 234.
273. 339- 346.
nordamerikanische 405.
preußische 416. 417.
S. auch Bismarcksche
Staatenpolitik,
russische 331.
Staatensystem
s. Staatenpolitik.
— Verschuldung 508 bis
509.
— vertrage mit der Tür-
kei 259.
Staatliche Bekämpfung
der Trunksucht 533.638.
— Einrichtungen
s. Institutionen (poli-
tische, staatliche).
Staatliche Priesterwahl
s. Priesterwahl (staat-
liche).
— r Ausbau Äthiopiens
(Abessiniens) 450.
— s Miteigentumsrecht an
dem vizeköniglich
ägyptischen Privatbesitz
439.
Staatsanleihesystem
s. Anleihesystem in
einem Staate.
— aufsieht über die
Kirche in England 130.
— bankrott 257. 285. 288.
305.
— beamtenschaft3i7. 353.
403. 440.
— bürgerliche Stellung
der Geistlichkeit in
Frankreich 295 — 296.
— bürgertum 293. 492.
— eigentum
s. Nationaleigentum.
— form der Dritten Re-
publik 427.
— gemeinschaften älteste
s. Ständige Gemein-
schaften älteste.
— haushält
s. Gesamtbudget.
— — — abstimmungs-
recht
s. — — — sbewilli-
gungsrecht.
— — — sbewilligungs-
recht in den europäi-
schen Staaten 491.
— der Marine
s. Marineausgaben,
— etat, — budget.
— des Heeres
s. Heeresausgaben,
— etat, — budget.
— für Wissenschaft
und Kunst
s. Budget für Wissen-
schaft und Kunst.
— Verteilung 493.
— Verwaltung af-
ghanische
s. Selbständige Finanz-
verwaltung afghanische.
Staatsmann s. Politiker.
— rat zu Frankfurt a. M.
s. Frankfurter Staatsrat.
— reformen 289. 318.468.
— religionen 461 Anm.
Staatsschatz 215.
— schulden 305.
— — Verzinsung 489.
— Sekretäre 518.
— streich
s. auch Südamerikani-
sche Staatsstreiche.
— — Bonapartes vom
9. November (1799)
316. 317. 389.
— — des Nationalkon-
ventes vom 20. Juni
(1793) 301.
— — e des Direktoriums
gegen die Royalisten
und gegen die Jakobi-
ner vom 4. Sept. (1797^
und II. Mai (1798)
308. 309.
— — Karls X. von Frank-
reich vom 26. Juli 354.
— — Louis-Napoleons
vom I. bis 2. Dezember
(1848) 388. 389-
— — System 427.
— sverfassung
s. Verfassung.
— vertrage König Leo-
polds II. mit der Kongo-
negerbevölkerung 437.
— wesen Polens 277. 278.
— Wohlfahrtsausschuß
301. 302. 303.
Stabsärzteschaft 531 Anm.
— offizierschaft preußi-
sche 416.
Stadhouder 229. 230. 236.
Stadion 36.
Stadtbahnverkehr 511.
Städtebund
deutscher (Hansa) 147.
lombardischer 139 bis
140.
— freiheit 127. 139. 147,
212. 229.
— gründung von
Alexandria 51.
Karthago 22.
Petersburg 254/255.
Rom 60.
— Ordnung französische
297.
Städter s. Bürgertum.
Städtische Arbeitslöhne
494.
— Beleuchtung 523.
— Elektrizitäiswerke 523.
Namen- und Sachregister
689
Städtische Lebensmittel-
versorgung im Kriege
490.
— Selbstverwaltung 139.
147. 148. 191. 212. 229,
Stadtrat (Versammlung)
Pariser 297.
— republiken 134. 147.
148. 149. 200. 235. 241.
389. 417-
— Senat 127.
— verordnetenversamm-
lung s. Stadtrat.
— wall 147.
Stael (Frau von) 287. 379.
Staff elf örmige Vermögens-
stralien u. Neusee-land
Neuseeland
s. Vermögenssteuer
(staffeiförmige) in Au-
stralien u. Neuseeland
Stagira 50.
Stambul 362.
Stammesdünkel 510.
— treue 503.
— Zugehörigkeit der süd-
amerikanischen Repu-
bliken 358.
Ständekrieg 180.
Standesehre 128.
— titel 294.
Ständige Gemeinschaften
älteste 4. 535.
Standrecht 298. 352. 356.
358. 389- 395- 412. 423.
427. S. auch Gemischte
Standgerichte.
Stanley (Henry Morton)
436. 437-
Statistik
s. Bevölkerungsstatistik.
Statthalter 269. 281. 445.
S. auch Holländische
Statthalter u. Stadhou-
der.
— Generalstatthalter u.
Britischer Statthalter
Nordamerikas und Spa-
nische Statthalter Süd-
amerikas.
Steamer 366. 367.
Stechmücke 532.
Steen (Jan) 232.
Stephan (Märtyrer; 89.
Stehende Heere 145. 152.
489.
Steigen der Getreidepreise
286. 371.
Steigen der Warenpreise
506. 511.
— des Ausfuhrhandels
505.
— — Wohllebens und Lu-
xus 368. 505.
Steinkohle s. Kohle.
— — nlager
s. Kohlengruben.
— Schneidekunst in vor-
geschichtlicher Zeit 3.
535-
Stellungspflicht
s. Militärpflicht.
Stenay 234.
Stendhal (Pseudonym)
s. Beyle Henri).
Stephan (Heinrich) 517.
Stephenson (George) 367.
Sterblichkeitsrückgang
bei den Kulturvölkern
498.
Sterilisation der Opera-
tionsinstrumente 529.
Sterilität von Körperflüs-
sigkeiten und Zellenge-
weben Gesunder 528.
Sternspektrum 430.
Sternwarten 217. 219.
Steter Fortschritt der
Menschheitskultur 276.
Stetigkeit des Bereiches
der religiösen Bekennt-
nisse in der Welt 504.
Steuerbeamte 287.
— bewilligungsrecht 228.
289.
— last 345. 346. 475- 507-
— n s. Abgaben.
— Pächter 215.
— politik s. Fiskalismus.
Steuer- und Verwaltungs-
gesetzgebung
altrömische 80. 82.
' britisch-afrikanische(der
Südafrikanischen Re-
publik; 442.
englische in Indien 459.
Franz' I. (von Frank-
reich) 175.
französische in Hinter-
indien 460.
Friedrichs H. (des Kai-
sers) 139.
Gambettas 424.
Heinrichs VIII. (von
Frankreich) 175.
japanische 468.
Karls V. (des Kaisers)
175. 197-
— VII. (von Frank-
reich) 146.
Leopolds II. (von Bel-
gien) im Kongostäat
438.
Ludwigs XI. 168.
Ludwigs XIII. 215.
Ludwigs XIV. 233. 289.
Ludwigs XVI. 296. 297.
Napoleons I. 318. 329.
335.
Philipp des Schönen
von Frankreich 140.
russische 456.
türkische (den Balkan-
christen gegenüber)
475.
— Verweigerung 137. 221.
288.
— voriagen 335. 345. 346.
St. Helena 344.
Stil s. Französischer usw.
Stil.
Stiller Ozean 164. 405.
471. 472.
Stoa 58. 83. 93. '
Stockach 315. 319.
Stockholm 253. 292 Nach-
trag.
Stockprügel 261.
Stoff s. Materie.
Stoff Weberei 371.
Strafexpedition Frank-
reichs, Englands und
Spaniens gegen Mexiko
s. Mexikanische Straf-
expedition Frankreichs,
Englands und Spaniens.
— — gegen Königin Ra-
navalona I.
s. Französische Straf-
expeditionen gegen Kö-
nigin Ranavälona I.
Strafford 221. 222.
Straf Verschickung
s. Deportation.
Straßburg 121. 154. 387.
430.
— er Eide 121.
Straßenanlage
s. Wegebau.
— aufstände
s. Berliner, Pariser usw.
— bahnverkehr in den
Städten 511.
Ggo
Namen- und Sachregister
Straßenpolizei s. Polizei.
— schlachten
in Paris 299. 387.
Straße von Konstantino-
pel s. Bosporus.
— — ^^ Suez
s. Kanal von Suez.
Strategie 51. 72. 78. 142.
175. 209. 240. 245. 263,
308. 309. 310. 322. 329.
333. 337- 338. 343- 347.
363. 399- 422. 455- 478.
481.
S. auch Militärisches
System Napoleons I.
Streik 370. 371. 496. 497.
— als politisches Kampf-
mittel 496.
— konjunicturen 496.
Streitfragen nationale vor
dem Schiedsgerichts-
urteil 486.
Streitigkeiten der Gene-
räle
s. Rivalität zwischen
den verschiedenen Kom-
mandostellen.
— (Streitfragen) theolo-
gische
s. Kontroversen (theo-
logische).
Strindberg (August) 486
Anm. (s. Berichtigung
zum Schluß).
Stromstärke
s. Elektrische Strom-
stärke.
„Struggle for life" 428.
Stuart 189.. 201. 204. 219.
220. 226. 228.
Studententum 179. 191.
353. 386. 394.
„Sturm und Drang'' 377.
Sturz der chinesischen
Mingdynastie 465.
— des Fürsten Alexander
von Rumänien 476.
Ministerium Ollivier
421.
— — ■ Zweiten Kaiser-
reiches in Frankreich
422.
Stützpunkt 291.
Suakin 449.
Substituierbarkeit des
Wasserstoffes 375.
Suchet (General) 335.
Südafrika 422. 440. 441.
— — nische Burenrepu-
blik 231. 312.
— Gesellschaft 442.
Republik 441 bis
442. 499- 501-
Südamerika 163. 165. 175.
244. 265. 356—360. 406.
470. 471- 472. 474- 487.
500. 501.
— — ner 360. 472. 499.
— — nische Staats-
streiche 359.
— Volkserhebun-
gen 357—358.
Sudan (ägyptischer) 382.
436. 440.443. 446.
Südchina 466. 471.
Südchinesisches Meer 452.
Süddeutscher Bund 417.
— s — espräsidium 417.
Süddeutschland 206.
— frankreich 136.
— galHen 72. 106.
Südliche Donaugrenze für
Rußland
s. Rumänien.
Südmarokko 435.
— rußland 281.
— Sachalin 454.
— Sibirien 452.
— Staaten der Union
s. Nordamerikanische
Südstaaten.
Sue (Eugene) 379.
Sueton 86.
Suez 160. 413. 439. 471.
— kanal
s. Kanal von Suez.
Sufeten 71.
Suffren 284.
Sulla 63. 68. 75. 76. jy.
80.
Sully 193.
— Prudhomme (Armandj
520 mit Anm.
Sultan 133. 152. 169. 175.
199. 238. 279. 313. 360.
362. 382. 384. 435. 438.
440. 444446. 458. 478.
S. auch Sultanat von
Sansibar.
Sultanat von Marokko
451.
— königliches von San-
sibar 435. 438.
Sumatra 163.
Summarium 218.
Summepiskopat 184.
Sumpfgebiet, Sumpfland-
schaft 435. 443. 479.
Sund 292 Nachtr.
Sundainseln 231. 474.
Susa in Persien 29. loi.
— (ital. Landesteil und
Stadt) 244.
Suttanipata 462 Anm,
Suworow 280. 307. 315.
Swift (Jonathan) 275.
Symbolik und Symbolis-
mus 177. 290. 340. 381.
432.
Symphonie 433. 522.
S. auch Oper und Kon-
zert.
Synagoge 88.
Syndikate 496.
Synthese
s. Chemische Synthese.
Syphilis 174. 533.
Syrakus 37. 47.
Syrer 57. 94.
Syrien 14. 17. 22. 24. 26,
34. 40. 51- 52. 54. 55-
56. 68. 73. 75. 95. 100.
III. 113. 132. 133. 135.
141. 152. 199. 313. 383.
384. 452. 458.
Syrisch und syrische
Sprache 54. 95.
Systematik der Physiolo-
gie 376.
SystematisierendeMethode
der Heilkunde 429.
— Zusammenfassung der
Wissenschaft 376.
Tabakbau 266.
Tabellarische Übersicht
der Bevölkerungszu-
nahme der verschiede-
nen Sprachgebiete 501.
— gesamten Hee-
reslasten in den einzel-
nen Ländern 508.
— Höhe des Aus-
fuhrhandels pro Kopf
der Bevölkerung 506.
— Staatshaushalts-
ausgaben einiger Län-
der 507.
— Staatsschulden-
last in den einzelnen
Ländern 508.
— — des Bevölkerungs-
zuwachses verschiede-
Namen- und Sachregister
691
ner Staaten, Völker und
Rassen 499.
Tabellarische Übersicht
des Bevölkerungszu-
wachses verschiede-
ner Völkergruppen in
den letzten vierzig Jah-
ren nach Millionen 500.
— riesenhaften Be-
völkerungszuwachses
einiger europäischer u.
außereuropäischer Staa-
ten 500.
Tacitus 83. 86. 92. 120.
171. 205.
Tagesereignisse der Welt
492.
— presse
s. Journalismus.
Tai-kun 467.
Taine (Hippolyte) 432.
Tai-ping 466.
Tajo 123.
Taktik 142. 209. 240. 264.
309. 310. 313. 329. 337.
343. 347- 399- 421. 424.
455. 490-
Talisman (franz. Schiff)
431.
Talleyrand 339. 340.
Tamerlan 268.
Tananarivo 449.
Tanganikasee 443.
Tanger 445. 451.
Tann (von der) 424.
„Tannhäuser" 382. 433.
Tarent 37. 69. 70. 1
Targowitza 306.
— er Konföderation 306.
Tarquinius Superbus 61.
Tarsus 89.
Tartarei 280.
Tartaren
s. Tataren.
Tartarus 463 Anm.
Taschenberg 519.
Tasmanier 5.
Tastu (Madame) 379.
Tataren 461. 465.
— aufstände in China 465.
— Sturm 463. 465.
Tatarische Gebirgsstämme
465.
Tatsachengeschichte, Un-
zulänglichkeit ihres all-
gemeinen Betriebes 503.
Taufkapellen 1 50.
„Tausend Dörfer" 449.
Technik (moderne) 274.
516. 517. 519. 521. 522.
523.
Technische Kongresse
519.
— Kunstausdrücke 305.
Teepflanzung 493.
— zoll 282.
Teglattphalasar 24.
Teilung der Türkei
s. Zerstückelung der
Türkei.
— en Polens
s. Erste, Zweite, Dritte
Teilung Polens.
Telegraph elektrischer
368. 373- 430- 438. 492.
516—517. 517.
— en(draht)netz 430. 443.
492. 516. 517.
— enverein internationa-
ler
s. Internationaler Tele-
graphenverein.
— ie im gesamten Bri-
tischen ost-afrikanisch.
Riesenreiche 438. 443.
— — ohne Draht
s. Funkentelegraphie.
Telegraphischer Presse-
dienst 492.
Telephon
s. Fernsprecher.
Tempel griechische 37.
43. 142.
— herrn 140.
— türm zu Paris 340.
Temperatur des mensch-
lichen Körpers
s. Normaltemperatur.
— messung ärztliche 527.
Temperenzlertum 533.
Teniers 232.
Terminologie 305.
Terreur blanche 353.
Terror, Terreur
s. Schreckensherrschaft.
— isten
s. Schreckensmänner.
Tertullian 95.
Testament Peters des
Großen 280.
Test bin 226.
Teuerung
s. Wirtschaftliche Not-
lage.
Teufel i8i. 188.
Teutonen 68, yj.
Tewfik Pascha 439. 440.
Texas 406. 411.
— ' Übergang von Mexiko
zu den Vereinigten
Staaten von Nordame-
rika 404.
Textilindustrie 370 — 371.
372.
Thaies 45. 46.
Theater französisches zu
Petersburg z. Z. Katha-
rinas II. 277.
— s. auch Dramatik.
— wesen 522.
Theatralik
s. Bühnenmäßigkeit.
Thebanischer Krieg 47
bis 48. 49.
Thebais 148.
Theben (in Ägypten) 11,
J3. 148. 313-
— (in Böotien) 37. 47.
50.
Themistokles 29. 42. 75.
Themse 228.
Theoderich
s. Theodorich.
Theodorich 103. 106. 107.
Theodosius I. loi. 102.
— II. 104.
Theokratie
s. Priesterherrschaft,
— Staat.
Theologie 136. 217. 220.
221. 223. 273. 274.
Theologische Streitigkei-
ten s. Kontroversen
(theologische).
Theoretische Betrachtung
der Elektrizität
s. Elektrizitätswissen-
schaft.
— Physik 374.
Theorie der Kabeltelegra-
phie 430.
Therapeutik
in Deutschland 524.
531.
Frankreich 527.531.
— internationale 530. 531.
— bis gegen Ende des
19. Jahrhunderts 525
bis 526.
Thermen 84. 105.
Thermidor 303. 304.
Thermochemie 429. 524.
S. auch Wärmelehre.
Thermopylen 42. 49. 118.
692
Namen- und Sachregister
Theseus 31. 116.
Thessalien 30. 31. 33. 42.
49. 79. 102. 104.
Thessalonich loi.
Thierry (Augustin) 379.
Thiers (Louis-Adolphe)
425. 426. 427.
Thomas a Kempis 148.
— von Aquino 218.
Thomson (William)
(Schriftstellerpseudo-
nym für Lord Kelvin)
430.
Thorn 252. 306.
Thornton 284.
Thrazien und Thrazier 41.
49. 97. 102. 104. 481.
Thronadressdebatte 401.
— kandidatur albanische
des Fürsten Wilhelm
von Wied 481.
— — spanische des Prin-
zen Leopold von Hohen-
zollern in Spanien 419.
420. 425.
— reden 401.
— verzichte 174. 176.
Thukydides 44.
Tiberius 79.
Tibet 465.
Tiefseeforschung 431.
— — leben 431.
Tierexperimente 529. 531.
(532 mit Anm.)
S. auch Vivisektionen.
— gewebe, ihre innerhche
Verwendung für Krank-
heiten -531.
— impfung 531 (532) An-
merk.
— safte, ihre innerliche
Verwendung für Krank-
heiten 531.
— schütz 461 Anm. 462
Anm.
Tiers-Etat 288. 289.
Tigris 52.
Tilly 207. 210.
Tilsit 324. 331.
Timbuktu 446.
Tippo Sahib 315.
Tissandier (Gaston) 513.
Titel s. Standestitel.
Titus Livius s. Livius.
Titus (Kaiser) 91. 132.
Tizian 172. 232.
Tlemsen 157. 445.
Todesstrafe 214. 224. 256.
275. 302.
Tokio 494. 495.
Tolbiacum 106.
Toledo 156.
Toleranz 193. 221. 226.
227. 229. 231. 273.
274. 461 Anm.
— edikte 193. 198. 214.
226. 227.
Tolosa (Toulouse) 106.
Tolstoi] (Leo) 432. 520.
521.
Tolteken 165.
Tonbrennerei, ihre Ent-
deckung 25 Anm. 539.
Tonkin 460.
Tonleiter bei den alten
Griechen 379.
Tontafeln 25 Anm.
Torgau 264.
Tories 227. 259. 281. 361,
365.
Torpedo (162). 408.
Torquemada 158.
Torricelli (Evangelista)
219.
Toryregierung 365.
Toscanelli 160.
Toskana 138. 235. 258.
390. 399-
Toskaner 400.
Tote Dogmen und Glau-
bensbekenntnisse der
christlichen Religionen
505.
Totenkult
altägyptischer 7. 8. 10.
chinesischer 462.
Toulon 301. 303. 309. 312.
313. 482.
Toulouse 106. 123. 190.
Tours 123.
Toxikologie in Frankreich
429.
Toxin 531.
Trade-unions 486.
Traditionalismus chinesi-
scher 463.
Traditionelle Gesetz-
gebung 297.
Trafalgar 322.
Tragödiendichtung franzö-
sische 248. 274.
Tragweite der Chassepot-
gewehre 420.
— — Kanonen 489.
Train 66. 327.
— kolonnen s. Train.
Trajan 29. 92. 94.
— ssäule 92.
Transsibirische Bahn
s. Sibirische Querb.ihn.
Transvaal 435. 439. 441.
442. 443. 444. 499. 506.
— ier 442.
Trasimenischer See 72.
Trattato dei delitti e delle
pene 275.
Traubenweinhandel 405
Trebbia (i. A. Trebia) 72.
315.
Trebia s. Trebbia.
Trennung der Südstaaten
von der Nordamerika-
nischen Union 407. 409.
— Serbiens von Monte-
negro 479.
Treu- und Lehnseid 130.
— eid
s. auch Verfassungseid.
Tribonian 108.
Tribus 61.
Tributpflicht einstige Ser-
biens an die Türkei
477.
— ige Vasallenstaaten
477.
Tridentiner Konzil 187.
Triebkraft des Luftballons
513.
Trient 187.
Trier 104. 146.
Triest 329.
Trikolore (französische)
342. 345. 388.
Trinidad 320. 472.
Trinkerrettungsheim-
bewegung 533.
Triple Entente 483.
Tripolis (Staat)
s. Tripolitanien.
— krieg
s. Italienisch-türkischer
Krieg.
Tripolitanien 435. 450.
„Tristan und Isolde" 433.
Triumphbogen zu Paris
s. Are de Triomphe.
Triumph des Impressionis-
mus in der Malerei
433.
Triumvirat 78.
Trobadors 139. 380.
Trocadero 356.
Namen- und Sachregister
693
Trochu (General) 422. 423.
Troja 32. 535.
— nischer Krieg 31 ff.
39.
Tropenkrankheiten in
Afrika
s. Afrikaseuchen.
Trouveres 128. 380.
Trouville 367.
Troyes 190.
Truppenansprachen 310.
— aufstände
s. Soldatenaufstand.
— aushebung 260. 329.
332. 338-
— beförderung 490.
— manöver 260.
Tschadsee 443. 446.
— — vertrage zwischen
Deutschland, England
Frankreich 446.
Tschechen 117. 206. 207.
394. 395- 480.
Tschechisch, Tschechische
Sprache und Literatur
206.
Tschesme 279.
Tuareg 445.
TuberkelbaziM, sein ge-
glückter Züchtungsver-
such durch Robert
Koch 529.
— — , — vergeblicher
— — — Villemin 529.
Tuberkulin (Kochsches)
529.
Tuberkulose 359. 406. 529.
532. 533-
Tuchfabrikation 149.
Tudor 146. 173. 184. 200.
Tugenden
s. auch Nationaltugen-
den.
— der englischen Ansied-
ler in Nordamerika 404.
holländischen — im
Kapland 441.
Tugurt 445.
Tuilerien 298. 299. 330.
342.
— Sturm 298. 299.
Tunesien 385. 435. 444.
445.. 446. 450. 482.
Tunesische Regierung 444
Anm.
— r Feldzug
s. Unterwerfung von 1
Tunis unter französi-
sches Protektorat.
Tunis (Staat)
s. Tunesien.
— (Stadt) 13s. 157. 444.
445. 515-
Turerme 211. 234. 240.
243. 245.
Turgenjew (Iwan) 432.
Turgot 286. 287.
— sehe Finanzreform
s. Finanzreform Tur-
gots.
Turin 388.
Türkei 237. 252. 253. 259.
279. 280. 306. 313. 320.
324. 333- 360. 361. 362.
382. 397. 436. 455. 456.
458. 475- 476. 477- 478.
479. 480. 481. 487. 491.
507. 508.
Türken 9. 132. 133. 135.
151. 152. 175. 176. 180.
199. 200. 201. 236. 254.
278. 279. 280. 360. 361.
382. 450. 458. 475. 477.
478. 479- 481.
— aufstände 360. 476.
— herrschaft 386. 475.
477.
— joch s. — herrschaft.
— kriege 278—280.
Turkestan 14. 152. 457.
465.
Türkisch 203. 254. 279.
397.
— , Türkische Sprache und
Literatur 360. 475.
— e Armeekorps 481.
— e Eroberung 450.
— e Juden 458.
— e Regierung 360. 456.
458. 475- 478. 491-
— e Scheinmacht
s. Kranker Mann.
— e Sitten 475.
Turkomanen 151. 463.
— Sturm 463.
Turkos 42 1 .
Turm zu Babel 16.
Turnier 142. 175.
Tymbräa 40.
Typhus 397. 532.
Tyrannei 318. 329. 330,
382. 390. 393. 396. 398.
400. 403. 474. 475. 485. I
26 Riebet, Geschichte der Menschheit, II.
Tyrannen 149. 225. 271.
345. 346. 398. 474- 485.
S. auch Absolutes Regi-
ment, Autokratie und
Despotismus.
— haß 363.
Tyrus 20. 22. 23. 24. 28.
51. 70.
Ubangi 437
Überfälle
s. Indianerüberfälle.
s. Russeneinfälle.
— gäbe
s. Kapitulation.
— gang des Rheinlands
an Preußen 347.
— — Norwegens an
Schweden 347.
— — über die Beresina
335.
— gewicht
s. Vormachtstellung.
— — der Sprache über
die Abstammung im
Leben eines Kultur-
volkes 476.
Überlandflüge 515.
— — telegraphie 519.
— lassung des freien
Kongostaates an den
belgischen Staat 437.
— legenheit der deut-
schen Artillerie im
Deutsch-Franz. Kriege
421.
— — — sittlichen über
die physische Macht
458.-
— macht
s. Vormachtstellung.
— schuß begirmender der
Sterbefälle über die
Geburten in Frankreich
503. .
— seeischer Unterneh-
mungsgeist
s. Marinismus.
— temperatur
s. Fiebertemperatur.
— tragung der mensch-
lichen Sprache durch
Übertragung von Mem-
branschwingungen auf
eine entfernte Metall-
platte 517.
— tritt 207. 208. 242.
694
Namen- und Sachregister
Übertritt Zar Alexanders I.
von England und Preu-
ßen zu Frankreich 324.
Uganda 440. 443.
Uitlanders 442.
Ukaswirtschaft 255.
Ukraine 252.
Ulm 154. 322.
Ultimatum der Aliierten
an die Türkei im Ersten
Balkankriege 481.
Ultrakonservatismus 392.
Ultramontane 388. 401.
418.
— — ismus
s. Klerikalismus.
— royalismus 353.
— — istisches Ministe-
rium 353.
Umbrier 23. ,
Umfahrt um das Kap der
guten Hoffnung
s. Kapumfahrt.
Umgestaltung der euro-
päischen Landkarte 323.
348.
Umsturzausschuß
s. Revolutionsausschuß
(radikalistischerj.
— bewegung
s. Revolution.
s. auch Europäische
Umsturzbewegungen.
— partei
s. Revolutionspartei (ra-
dikalistische).
Umwälzung des europäi-
schen Staatensystemes
nach dem Preußisch-
österreichischen Kriege
417.
— vollkommene auf allen
Gebieten der Biologie
und Medizin 525. 527
bis 528. 530.
— — in der Chemie und
der gesamten moder-
nen Wissenschaft durch
Entdeckung des Ra-
diums 524.
— — — — Kriegstech-
nik 489 — 490.
— — — — Therapeutik
530.
Umzüge
s. Demonstrationen.
Unabhängigkeit (anfäng-
liche) des Kongostaates
437.
— der Vereinigten Staa-
ten von Amerika.
s. Anerkennung und
Bestätigung der Ver-
einigten Staaten von.'
Amerika.
— Italiens 392. 398. 399.
400.
— nationale 188. 194. 199.
207. 209. 211. 228. 236.
254. 269. 306. 310. 348.
355. 395- 405. 451- 475-
510.
Äthiopiens 450. .
— persönliche
s. Freiheit der Person.
— Polens 363.
— sbestrebungen der Bal-
kanvölker 475.
— — — Mönche 125.
— sbewegung Belgiens
365.
deutsche 392—394.
italienische 355 bis
356. 389—392.
Österreichs 394.
395.
spanische 356.
ungarische 395.
— serklärung Belgiens
364.
— — Chiles 358. -
Columbias 358.
Kubas 470.
der Niederlande
198. 229.
— oberitalienischen
Provinzen 390.
— , — — südamerikani-
schen Republiken 358.
. 470.
— Türkei 397 bis
398.
— ■ Vereinigten'Staa-
ten von Nordamerika
282.
desGroßherzogtums
Toskana 399.
— - — Modena 399.
— Griechenlands 360.
361. 362.
Koreas ( gegen
China) nach dem Chi-
nesisch - Japanischen
Kriege 453. 469.
Unabhängigkeitserklä-
rung Mexikos 358. 410.
Perus 358.
Ungarns 395.
— sfieber
s. Freiheitshebe (Frei-
. heitsdrang).
— skampf des mensch-
lichen Geistes
s. Befreiungskampf des
menschlichen Geistes,
— skrieg
s. Befreiungskrieg.
Ägyptens gegen die
. Türkei 382,
— — der spanischen Ko-
lonien in Südamerika
356—358.
— VereinigtenStaa-
ten von Nordamerika
s. Nordamerikanischer
Unabhängigkeitskrieg.
— — Griechenlands 361'
bis 362.
— — von Texas gegen
Mexiko 406.
— — von Transvaal und
Oranjefreistaat 441.
— serklärung Rumäniens
398.
— — Serbiens 398.
Unbildung, tiefe Unwis-
senheit
s. Barbarei.
„Uncl'e Tom's Cabin"
407.
Undankbarkeit Bismarcks
417.
Undemokratisch 286.
Undulationstheorie 250.
Unduldsamkeit, religiöse
s. Intoleranz.
Undurchsichtige Körper
524.
Uneinigkeit unter den
chinesischen Stämmen
469.
Unentgeltlichkeit der mo-
dernen Volksschule 492.
Unendlichkeitsrechnung
249.
Unfallrente 497.
— versicherungsgesetzge-
gebung 497.
Unfehlbarkeit des Pap-
stes -
s. Päpstliche Unfehlbar-
keit,
Namen- und Sachregister
695
Unfruchtbarkeit Austra-
hens 413.
— Khiwas und Bucharas
456.
— Tripolitaniens 450.
Ungarisch 484.
— € Revolution 390.
— e Volkserhebvmg 393.
395.
Ungarn (Land) 119. 124.
• 132. 138. 152. 175. 199.
212. 237. 259. 389. 390.
395.
— (Volk) 394. 395. 396.
476. 477.
Ungesundes Klima in
Französisch - Hinter-
indien 460.
Unglaube 172. 178. 185.
186. 187. 257. 273. 504.
Ungleiches Verhältnis der
Entvvickelung des Han-
dels zur Bevölkerungs-
zunahme 505.
Union (nordamerikani-
sche) s. Vereinigte
Staaten v. Nordamerika.
— Pazifik-Bahn 472. '
Unitarismus (Einheits-
staatssystem;
s. Einheitsstaat.
Universale Ereignisse:
Bastillesturm s. Große
Französische Revolu.
tion.
• B onapartesS taatsstreich
vom 9. Nov. (1799;
.316.
Einführung der Eisen,
bahnen 369.
— des Christentums 97
Islam 111^116
Eintritt der Arbeiter
weit als selbständige
Klasse in die Gesell-
schaft 370.
Entdeckung Amerikas
160 — 162.
Erfindung der Buch-
druckerkunst 153 bis
154.
Große französische Re-
volution (Bastille-
sturm) 285 — 291. 292.
Kreuzzüge 131 — 136.
Nordamerikanische Un-
abhängigkeitserklä-
rung s. folgendes.
26*
Nordamerikanisch. Un-
abhängigkeitskrieg
• 282—285.
Schlacht bei Austerlitz
322. 323.
Belle-Alliance
343.
Seeschlacht bei Tra-
falgar 322.
Völkerwanderung 102
bis 106.
Universalgenies 351.
Universalismus im wis-
senschaftlichen Betrieb
539.
Universitätsbetrieb 5. 7.
136. 144. 145. 147. 154.
177. 178. 179. 181. 204.
231. 468. 493. 510. 516.
519. 536.
— Professoren 191, 517.
519.
— Stiftungen 1205.
Unkriegerisches Wesen
der Chinesen 462. 469.
Unkultivierte Völker Euro-,
pas, Kosaken 237. 252.
254.
Unkultur der franz. Äqua-
torialneger 447.
Unlenkbare Luftballone
513.
Unpoetisch 378.
Unrevolutionäre Entwilc-
kelungen in England
365. . .
Unschädlichmachung der
Infizierungskeime 530.
Unselbständigkeit staat-
liche der Armenier 456.
Unsitte chinesische des
Opiumrauchens 466.
Unsittlichkeit des Kriegs
und bewaffneten Frie-
■ dens 488.
Untergang Roms durch
Despotismus 96 — 97.
536.
— grundbahn 511. 523.
— haus 137. 365.
— itahen 37. 72. 73. 139.
400.
— nehmungsgeist ameri-
kanischer 405. 473.
internationaler
425.
Unternehmungslust mili-
tärische
s. Militärische Initia-
tive.
— Ordnung der weltlichen
Behörden unter die
Kirche 418.
— redung zu Ems 420.
— seeapparate (wissen-
schaftliche) 431.
ische Telegraphie
s. Kabeltelegraphie.
telegraphen
s. Kabelapparate.
telegraphie
s. Kabeltelegraphie.
— Stellung Cochinchinas
unter französische Ver-
waltung
s. Cochinchinas Unter-
stellung unter franzö-
sische Verwaltung.
Indiens unter eng-
lische Ver%valtung
Kaukasiens unter
russische Verwaltung
s. Kaukasiens Unter-
stellung unter russische
Verwaltung.
— tanentreue engliscKe
219. 258. 400,
— — Verhältnis 126. 137.
347.
— werfung der Balkan-
christen unter die tür-
kische Kultur 4/5.
— werfung der kaukasi-
schen Gebirgsstämme
unter russische Herr-
schaft 455.
Materie 155. 291.
'292. 373- 538. 539-
Kambodschas unter
französisches Protekto-
rat 460.
— Madagaskars unter
franz. Protektorat 449.
von Marokko unter
franz. Protekt. 385. 444.
Tunis unter fran-
zösisches Protektorat
385. 444.
— Zeichnung des Frank-
furter Friedens durch
die Nationalversamm-
lung 426.
Unüberwindliche Flotte
s. Armada.
696
Namen- und Sachregister
Unüberwindlichkeit der
Sozialdemokratie 497.
Unverletzlichkeit der Ab-
geordneten
s. Immunität der Abge-
ordneten.
Roms 417. 418.
— Versöhnlichkeit Papst
Pius IX. 401. 418.
— wahrer Patriotismus
s. Chauvinismus.
. — Wahrscheinlichkeit
einer Verdrängung der
anderen Sprachen
durch die verbreitetsten
europäischen, das Eng-
lische oder das Rus-
sische 161.
: eines Fallens der
Warenpreise 505.
— wissenheit 426. 483.
(Unbildung)
indische 271.
— zivilisierte Völker
s. Wilde Völker.
— zulänglichkeit bloßer
Tatsachengeschichte
503.
des fakultativen
Schiedsgerichtes 486.
Ur 16.
Uramerikaner 161, 167.
359. 406. 472.
— ansiedier kanadische
265 — 266.
nordamerikanische
266.
— australiej
s. Australische Einge-
borene.
Urban II. 131.
Urchristentum 87 — 91.
183.
— geschichte
s. Paläontologie.
. — kultur in Ägypten und
Chaldäa 5. 535.
— künden 282—283. 293
bis 294.
Sammlungen volks-
tümliche 289.
— menschentum i — 4. 5.
534/535.
— Sachen des Geburten-
rückganges
s. Geburtenrückgang,
seine Ursachen.
Ursachen eines Krieges
483—484.
„Ursprung der Arten"
(Abhandlung) 428.
Ursprünglicher Zusam-
menhang Japans mit
dem chinesischen Fest-
lande 467.
— Stoffe der Chemie 349.
374.
Uruguay 359. 500. 501.
Urwälder 435. 443. 447.
— zeugung 528.
, keine für die Gär-
organismen 528.
Üsküb 482.
Usurpator (Bourbonische
Bezeichnung für Napo-
leon I.) 341.
Utopia 183. 386.
Utopien 289. 351/352.
368. 485-
Utopie von gestern, Wirk-
lichkeit von heute oder
morgen I 485. 497.
514.
Utopismus 426. 485.
Utrecht (hoUänd. Provinz,
auch Staat genannt).
— (Stadt) 154. 198. 228.
246.
— er Friede
s. Friede zu Utrecht.
— -Union 198. 228.
Vadimonischer See 69.
Valence 123.
Valenciennes 302.
Valens loi.
Valentinianus loi. 104.
Valmy 299.
Valois 188.
Vancouveur 472. 511.
Vandalen 102. 103. 106.
108. 155.
— reich 103.
Van Dyck
s. Dyck.
Varennes 296.
Vasall
s. Lehnsmann.
— enfürsten japanische
467 Anm.
— enstaaten 306.313.323.
329. 384. 435- 440. 444.
457. 469. 477- 480.
S. auch tributpflichtige
Vasallenstaaten.
Vasco de Gama
s. Gama.
Vasomotoren 429.
„Vater der Romantik"
378.
Vaterland
s. Patriotismus.
— in Gefahr 298.
— sidee 391. 395.
— sliebe
s. Patriotismus.
— sverteidigung 310.
Väterliche Gewalt
bei den alten Römern
64.
— — Chinesen 462.
Vatikanisches Konzil 418.
Vauban 239. 240. 245.
254.
Vedas 31. 461.
Vega (Lope de) 203.
Velasquez 178. 232.
Vend^e 301. 303. 312.
— heer 303.
— kriege 301. 303.
Vend^miaire 304. 309.
Vendome (Herzog von)
245.
— (Stadt) 424.
Venedig 134. 148. 149.
150. 154. 169. 170. 172.
199. 201. 235. 244. 310,
311. 337- 347- 389- 390-
391. 392- 399- 400- 40I-
416.
— (Republik; 389.
— s Besitzwechsel zwi-
schen Italien und Öster-
reich 347. 389. 399.
Venetianer 43. 134. 159.
170.
Venetianische Gold-
schmiedekunst 149.
— Tuchfabrikation 149.
Venetien 323.
Venezuela 161. 357. 358.
359. 472. 487. 500. 501.
— -Schiedsgerichtsurteil
487.
Venus (Planet; 521.
— durchgang durch die
Sonne 521.
— phasen 521.
Verabredung wohlwollen-
der Neutralität zwisch.
Preußen und Rußland
vor dem Preußisch-
Namen- und Sachregister
697
österreichischen Kriege
416.
Verächter der modernen
Wissenschaft 510.
Verachtung des Bauern-
standes 494.
Veracruz 411.
Veraltete grausame Ge-
richtsbräuche
s. Gerichtsbräuche.
Verantworthchkeitsgefühl
275.
Verbandsmächte 483.
Verbaimung 157. 226. 242.
256. 277. 317. 342. 344.
345. 356. 363- 364-
Verbindungsdienst (mili-
tärischer) 515/516.
Verbot der Kinderarbeit
497.
Verbrechen des 2. Mai
s. Dos de Mayo.
Verbrechertum 426. 466.
Verbrennungsprozeß 291.
Verbrüderungsfest
s. Fest der Verbrüde-
rung.
Verbündete Herrscher
s. Alliierte Herrscher.
Vercellae yj ,
Vercingetorix 79.
Verdi (Giuseppej 381. 433.
Verdienst Englands um
Indien
s. Englands wohltätiger
Einfluß auf Indien.
Verdrängung - von Segel-
schiffahrt durch Dampf-
schiffahrt 512.
Verdreifachung des Ge-
samtbudgets in den
letzten vier Jahrzehnten
507. 509.
Verdun 120. 121. 299.
Vereidigung
s. Parlamentsvereidi-
gung, Truppenvereidi-
gung.
Vereinbarkeit volle natio-
naler Völkerbestrebun-
gen tmd internationale
Völkerverbrüderung
510.
Vereinheitlichung der
franz. Sprache 215.
österreichisch - iiln-
garischen Staatenge-
meinschaft 396.
Vereinheitlichung interna-
tionale des Münzwesens
518.
Vereinigte Kammern
in den Vereinigt. Staa-
ten von Nordamerika
410. 427.
in Frankreich 396.
Vereinigte Lande Moldau
und Walachei 398. 476.
— Provinzen der Nieder-
lande 198. 211. 228.229.
230. 240.
Vereinigte Rumänische
Lande
s. Vereinigte Lande
Moldau und Walachei.
— s deutsches Heer im
Deutsch-Französischen
Kriege 421.
— Staaten von Nordame-
rika 284. 357. 358. 401.
404. 405. 406.407. 412.
427. 468. 470. 471. 472.
473. 474- 486. 487. 492.
495. 499- 500- 501. 504.
506. 507. 508. 509. 511.
516.
Vereinigung beider römi-
scher Kaiserkronen in
Konstantinopel 328.
— der Moldau und Wa-
lachei 398. 476.
— Deutschlands
s. auch Deutsche
Reichseinheit.
Vereinswesen 370. 518.
519.
— internationales 518 bis
519.
— s. auch Klubwesen.
Vererbungstheorie 428,
Verfall der spanischen Ko-
lonialmacht 356. 357.
358. 470. 472. . ■
— — französischen Mon-
archie 285 — 288.
— des Menschenge-
schlechtes
s. Degeneration.
Verfallene Rassen 413.
Verfallanzeichen in der
gegenwärtigen Bühnen-
dichtung 521.
Verfassung als Grundlage
der modernen Staaten
491.
Verfassung der nordame-
rikanischen Uransiedler
266.
Vereinigten Staaten
von Nordamerika
s. Verfassung von Nord-
amerika.
— englische 138. 365.
491.
— französische 289. 294.
295. 296. 297. 308. 316.
341. 342. 385. 387. 388.
389. 491-
— gebende Versammlung
s. Konstituante.
— im Königreich der bei-
den Sizilien 355.
— italieiüsche 390.
— neapolitanische
s. Verfassung im König-
reich der beiden Sizi-
lien.
— nordamerikanische
404. 410.
— österreichische 394,
396.
— päpstliche
s. Verfassungssatzung,
— Statut.
— polnische 236. 306.
— preußische 393. 491.
— sänderung 316.
— ssatzung päpstliche390.
— sbruch 390.
des Landesfürsten
355.
— seid (königlicher) 294.
295. 296. 355.
— — (priesterlicher) 296.
— — (republikanischer)
389.
— sfreundliche Priester
der Revolutionszeit 296.
— spanische 419.
— sstatut päpstliches
s. Verfassungssatzung
päpsthche.
— streues Königtum
s. Konstitutionalismus.
— surkunde französische
341. 352. 353.
— ungarische 395.
Verfügungssystem ohne
Parlamentarismus
s. auch Diktatur des
Proletariats.
Vergangenheitskriege
s. Einstige Kriege.
698
Namen- und Sachregister
Vergeltung . .
s. Revanche.
Vergennes 284.
Vergil 32. 33. 83.. 84. 149.
. 170.
Vergleichende Bewertung
gelber und weißer
Rasse 455.
— Gegenüberstellung der
beiden Napoleons 422.
— Methode
s. Systematisierende
Methode.
— Physiologie
s. Allgemeine Physio-
logie.
— Vorwejltgeschichte
s. Paläontologie.
Vergoldung 109.
Vergötterung
s. Apotheose und auch
Herrscheranbetung.
Verhaftsbefehle
s. Geheime Verhaftsbe-
. fehle.
Verhaftung 316. 317. 321,
^ 356- 389.
Verhältnis des chinesi-
schen Geisteslebens
"zum europäischen 463.
T— der Entwickelung der
Kunst zu der der Wis-
senschaft 434.
— von allgemeiner und
■ experimenteller Physio-
logie 429.
— — Medizin und Natur-
forschung 429.
— — — — Physiologie
'429.
— — organischer und
anorganischer Chemie
429.
Verhetzende Tätigkeit der
Presse 483/484.
Verkauf der ägyptischen
-. Suezkanalaktien an Eng-
land durch den Khedive
439.
— Louisianas an die Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 405.
: — von Staatsländereien
(Staatsgütern) 305.
Verkehr
s. Geistiger, Persön-
licher, Internationaler
Verkehr.
Verkehrshebüng 369. 443.
445. 453- 472. 480. 493.
505. 510—511.
— sprojekte für das
Tschads£egebiet . 446.
■■ Madagaskar 449.
— sreformen 510. 512.
— szeitalter 367. 368.
Verkündigung der allge-
meinen Menschenrechte
' 224.
Verlegung der französi-
schen Regierung von
Paris nach Versailles
s. Regierungsverlegung
von Paris nach Ver-
sailles-.
Verleihung des Bürger-
und Wahlrechts an die
Neger in Nordamerika
410.
Verlesung der Gallikani-
schen Kirchenordnung
330.
Verletzung des Arbeits-
willigenrechtes 496.
— — Nationalitätenprin-
zipes im Frieden von
San Stefano 479.
Verlust der Adelsprivi-
legien 294.
(Standesjtitel 294.
— entschädigung Rumä-
niens durch die Do-
brüdscha (im Berliner
Kongreß) 479.
— fast ihres ganzen euro-
päischen Besitzes sei-
tens der Türkei im
ersten Balkankriege
481.
— -— aller europäischen
Kolonialmacht in Nord-
und Südamerika 472.
Vermittlungsvorschlag
Metternichs an Napo-
leon I,
s. Dresdener Bespre-
chung.
Vermögenseinziehung
s. Vermögenskonfiska-
tion.
— skonfiskation 274. 315.
— ssteuer (staffelfötmig)
in Australien und Neu-
seeland 474.
Vernachlässigung kirchr
lieber Traditionen durch
das moderne Christen^
tum 504.
Verne (Jules) 520.
Vernichtung der ostasiati-
schen Flotte durch die
Japaner bei Port Arthur
454-
— — russischen — bei
Port Arthur 454.
Vernunft als Gottheit 302.
— skultus 302.
— sreligion
s. Deismus und auch
Rationalismus.
Verona 356. 361.
Verproviantierung des
Heeres 327. 334. 421.
423-
Verrat 345. 411. 421. 423.
Versailles 241. 245. 247.
249. 284. 289. 294. 367.
425. 427.
Versammlungsfreiheit in
■ Frankreich 389.
: — swesen 370.
Verschwörungen
in China 466.
— Italien 355.
— Madagaskar 449.
— Russisch-Polen 403.
Verschwörungen
s. Aufstände und auch
Russenaufstände.
Versenkung englischer Fi-
scherkähne durch die
russische Flotte 487.
Versicherungsanstalten
s. Landesversicherungs-
anstalten.
Versöhnungsfriede 410.
Verstaatlichung von Ge-
werben 239.
Verständigung in Streit-
fragen afrikanischer
KolOniälpolitik zwischen
Portugal und England
487-
— sfriede 214. 410. 454.
— spolitik 292 Anm. 443.
Verständnis fürs öffent-
liche Leben
s. PoUtische Lebensver-
ständigung.
Versteinerungen
s. Petrefakten.
Namen- und Sachregister
699
Verteidigungskriegsfüh-
rung der Buren gegen
die Engländer 442.
— spolitik Frankreichs
nach der Schlacht bei
Sedan 423.
Verteilung der europäi-
schen Kolonisation in
Afrika 448. (451.;
— Deutschlands an seine
. Fürsten durch Bona-
parte 320. :
Verteuerung der Massen-
erzeugnisse 506.
Vertragsbrüche zwischen
England und Frank-
reich nach dem Frieden
zu Amiens 320 — 321.
Vertrag vom Karr-el-Said
Bardo 444.
— von Bukarest 332.
— Cherasco 310.
— Grodno 306.
— Kabul 457.
— Verdun 120. 121.
" — Vervins 193.
— Wehlen 235.
Vertreter, Volksvertreter
s. Abgeordnete.
Vertürkung der Balkan-
christen 475.
Vervins 193.
Verwaltungsausschuß
> (Dänisch-englisCh-preu-
ßischerj Schleswig- Hol-
steins "414.
Verwaltungsgeaie
in Belgien 438.
— Frankreich 438.
— sgesetzgebung
s. Steuergesetzgebung.
Veryvandtschaft zwischen
bulgarischem oind rus-
sischem Volkstum 478.
480.
S. auch Engere Ver-
wandtschaft von Bul-
garisch und Russisch
gegenüber den anderen
slawischen Sprachen.
Verweigerung des Natura-
lisationsrechts für Aus-
länder in der Südafri-
kanischen Republik
442.
Verwertung der Natur-
wissenschaften
s. Industrielle. Verwer-
tung der Naturwissen-
schaften.
Verzicht auf Eroberungs-
politik 447.
— Österreichs auf jede
Art Vorherrschaft in
Deutschland
s. Ausschließung Öster-
reichs aus dem Deut-
schen Bund.
Verzollung 321. 325. 371.
Vespasian 91.
Vespucci (Amerigo) 162.
Veteranen Napoleons I.
342.
Veyssiferes (General) 336.
Viae Romanae 66. 85. 385.
s. Wegebau.
Vicente (Saoj 159.
Vicksburg 409.
Victor Amadeus II. Her-
zog von Savoyen, nach-
her König von Sardi-
nien 244. 246. 259.
— — ^. III. König von Sar-
dmien 301. 310.
— Emanuel I. König von
Italien (als König von
Sardinien und Piemont
Victor Emanuel IL;
390. 391: 392. 394. 397.
•398- 399- 400. 4oi. 416.
418.
Victor • Hugo
s. Hugo (Victor).
— — sehe Lyrikerschüle
378- 432.
Victoria, Königin von
England 372. 396. 474.
Viehseuchen in Afrika
s. Afrikaseuchen.
Viehzucht 441. 449.
— auf Madagaskar 449.
Viehzucht in Afrika 441.
449-
Vielsprachigkeit im Kau-
kasus 455.
— in Österreich-Ungarn
.394-
Vierfache Wahl Louis-
Napoleon Bonapartes
388.
Viertelschwarze
s. Quarteronen.
Vierter Koalitionskrieg
gegen Frankreich 324.
— Kreuzzug 133—136.
Vierziger Rat 224.
Vieta 195. 218.
Vifete s. Vieta.
Vigny (Alfred dej 378.
Villafranca 399.
Villars (Marschall von)
246.
Villehardouin 148.
Villemain (Frangois; (Hi-
storiker) 379.
Villemin (franz. Mediziner)
529. 540.
Villeneuve 259.
Villeroy 245.
Villers-Sexel 424.
Villiers (Georg) 220.
Villoh (Frangois) 147.
Vinci (Leonardo da) 171.
271. 514.
Vinci (Leonarda da), seine
Abneigung gegen den
Krieg I71/172.
Virgirüa 266. 281. 282.
407. 409.
Virginier 282. 284.
Vitellius 91.
Vittoria 335.
VitzlipntzU 165.
Vive l'-Empereurl 341. 388.
Vivisektionen 219. 529.
531. (532 mit Anm.)
S. auch Tierexperimente
Vizekönige (ägyptische)
439-
— (indische; 163.
— Von Neufundland 265.
Vizepräsidentenschaft
nordamerikanische 410.
Vizille 288.'
Vögel 514. 515.
Vogelflug, seine Eigen-
tümlichkeiten 514.
Vogesen 421;
Völkerbund
s. Völkerverbrüderung.
— dunkel
s. Chauvinismus.
— gemisch in China 460.
— Indien 268.
Österreich-
Ungarn 394.
— krieg 368. 498.
— , — Rassen-, Sprachen-
und Religionsbewegving
498—505.
— recht
s. Internationale Völ-
kerrechtsfragen.
yoo
Namen- und Sachregister
VölkerrechtsbruchjVölker'-
rechtswidrigkeit 324.
fragen Internatio-
nale
s. Internationale Völ-
kerrechtsfragen.
— Schlacht bei Leipzig
s. Leipziger Schlacht.
— stürme 103. 107. 151.
— Verbrüderung 502. 510.
538. 539- 540.
, ihre Grundlage
502.
— Verwandtschaft 131.
418.
als Faktor franzö-
sisch-italienischer Bünd-
nispolitik 418.
— Wanderung 102 — 107.
109. 130.
Volk in Waffen 311.
Volksabstimmung
s. Plebiszit.
— aufklärung
s. Allgemeine Volksbil-
dung.
— aufstände, deutsche
393-
, französische 288.
298. 319- 353- 354.
italienische
s. Italienische Volks-
erhebung.
neapolitanische
s. Sizilianische Volks-
erhebung.
— piemontesische
s. Piemontesische Volks-
erhebung.
polnische
s. Polenaufstände.
russische
s. Russenaufstände.
spanische 325. 326.
355. 356.
— ausbeutung 289. 290.
— bibliotheken 492.
— bildung
s. Allgemeine Volksbil-
dung.
— dichtigkeit in den Indu-
striestaaten 457.
— dichtung französische
345-
— epen 31. 32. 33. 52.
112. 118. 125. 147.
Volkseinheit 127. 155. 156.
168. 169. 278. 318. 337.
347.
S. auch Zentralisierung,
Unitarismus.
— erhebung 335. 354.
355-
— erziehung politische
s. Politische Volkserzie-
hung.
— sheer 311.
— latein (Vulgärlatein)
105-
— rechte
altdeutsche 119.
englische 227.
— regierung, Regierungs-
gewalt
englische 222. 224.
polnische 307.
— reichtum
s. Menschenreichtum.
— Schulbildung,
Unterricht 492. 493.
— Souveränität 384.
— Stimmung
s. öffentliche Meinung.
— tribunen 61. 63.
— tümlichkeit
s. Herrscherpopularität.
— Versammlung
zu Athen 38 S. auch
Ekklesia.
zu Rom 61. S. auch
Komitien.
zu Sparta 34. s. auch
Halia.
— Verteidigung
s. Defense nationale.
— Vertreter
s. Abgeordnete.
— Vertretung
s. Parlament.
— Wachstum in Nordame-
rika 268.
— Wille 353.
— wirtschaftliches 505 bis
510.
Zukunftsprobleme
465. 497- 532. 538. 539.
541-
Vollziehende Gewalt (Be-
hörde)
s. Exekutive.
VoUzivilisationsmöglich-
keit im afrikanischen
Eingeborenengebiet
446.
VoUzivilisationsmöglich-
keit von Algier und Tu-
nis 446.
Volsker 61.
Volt 374.
Volta 292. 348. 373. 374.
Voltaire iii. 267. 272.
273. 274. 275. 277. 351.
Voltasäule
s. Elektrische Säule.
Voltcoulomb (Elektrische
Maß einheitsbezeich-
nung) 374.
Vorangehen des französi-
schen Volkes in der Ge-
burtenabnahme 503.
Voraussichtlicher Höhe-
punkt des Kinderreich-
tums bei den slawi-
schen Völkern 503.
— zukünftiger Triumph
derSozialdemokratie497.
Vorbehaltlosigkeit und
zeitliche Unbegrenztheit
von Schiedsgerichtsver-
trägen 488.
Vorbeugungsmethodik
s. Prophylaxe.
Vorderasien 199. 452. 455,
Vordringen Rußlands in
Vorderasien 455 — 456.
Vorgeschichtliche For-
schung
s. Paläontologie.
Vorherrschaft
s. Vormachtstellung u.
auch Hegemonie.
Vorläufer des Torpedo
162.
Vorläufige Regierung
s. Provisorische Regie-
rung.
Vorlesungen 136.
Vormachtstellung Eng-
lands zur See 244. 246.
262. 313. 319. 322. 329.
474.
S. auch Weltherrschaft
Englands.
Frankreichs in
Europa 141. 175. 212.
232. 238. 247.
— Indien 270.
Hollands zur See
269.
Österreichs in
Deutschland 393. 415.
417.
Namen- und Sachregister
701
Vormachtstellung Portu-
gals zur See 269.
Preußens in
Deutschland 355. 393.
415-
Rußlands auf der
Balkanhalbinsel 362.
Schwedens in Euro-
pa 251.
Spaniens und Öster-
reichs in Europa 211.
232.
— der Modernen Wissen-
schaft unter dem Zei-
chen der Großen fran-
zösischen Revolution
s. Moderne Wissen-
schaft, ihr Vormarsch
usw.
Vornehmheit der Seele
345. 410. 422.
Vorpommern 212.
Vorrang (gesellschaftlich,j
214. 215.
Vorrechte
s. Adelsprivilegien,
Klosterprivilegien usw.
Vorrenaissance 1 42.
Vorsintflutliche Menschen
und Tiere
s. Antediluvianische
Menschen und Tiere.
Vorsitz Österreichs im
deutschen Bundesstaat,
s. Österreichs Vorsitz im
deutschen Bundesstaat.
— Preußens im deutschen
Bundesstaat
s. Preußens Vorsitz im
deutschen Bundesstaat.
Vorstädte 494.
Vorweltgeschichte
s. Paläontologie.
Vorzug der Elektromoto-
ren vor den Dampf-
maschinen 523.
Vouill6 106.
Vulgata (Lateinische Bi-
bel) 154.
Wachsende Einflußlosig-
keit der Bourgeoisie
497.
— Überzahl der Gelben
Rasse über die Weiße
503-
Wachsen der Sozialdemo-
kratie 496.
■^— des Militäretats in ganz
Europa 434.
russischen Einflus-
ses in Afghanistan trotz
des englisch-afghanisch.
Bündnisses 457.
Wachswalze 522.
Waffenlager 290.
— stillstand des Deutsch-
Französischen Krieges
425.
Waffentechnik 435. 468.
490-
Wagner (Richard) 147.
382. 433. 434. 448.
— -Kritik 433.
— ianertum 433.
— sehe Kunst 433.
— scher Nibelungenzyklus
s. Wagnersche Tetra-
logie.
— sehe Tetralogie 443.
448.
Wagram 328. 347. 490.
Wahl der englischen Bi-
schöfe durch den Kö-
nig Wilhelm den Ero-
berer 130.
— des General Grant zum
Präsidenten der Verei-
nigten Staaten von
Nordamerika 410.
Wahlen 209.
Wähler 288. 365.
— beschwerdehefte 289,
Wahlfreiheit
s. Wahlrecht.
— kaisertum 146.
— Karls von Hohenzol-
lern zum Herrscher von
Rumänien 476.
— königtum (polnisches;
236. 277. 278.
— kreise englische 365.
— männer französische
Z^^J- 353-
— reformen
englische 365. 417.
französische 366. 386.
— recht
englisches 228.
französisches 353. 386.
387.
— Systeme 353. 354. 365.
386.
— Systemwechsel 354.
Wahrheitspriester 541.
— scheinlichkeitsrechnung
219.
Walachei 360. 362. 396.
398. 476.
Walachenaufstände 361.
Walcheren 123.
Waldenser 136. 151. 178.
180. 182.
Wälderreichtum 406. 447.
451. 452.
Waldstein
s. Wallenstein.
,^alkäre" (Wagnersches
Musikdrama) 433.
Wall
s. Stadtwall.
Wallenstein 208 — 210. 351,
„Wallenstein" (Drama)
351-
Wallisisch, wallisische
Sprache und Literatur
502.
Wallonen 364.
Wallonisch und walloni-
sche Mundart 364.
Walpole 258. 262.
Wandel der Zollgesetzge-
bung 372.
Warenhaus 367/368.
— verkehr im Kriege
490.
Wärme 291. 374. 513.
— lehre 291. 374. 429.
Warren 282.
Warschau (Provinz) 324.
— (Stadt) 235. 252. 278.
306. 307. 328. 363. 403.
494- 495- 503 Anm.
— er Kirchendemonstra-
tionen der Polen
s. Polnische Kirchen-
demonstrationen zu
Warschau.
Wartburg 180.
Washington (George) 283.
285. 404. 407.
— (Stadt; 409.
Wasser 528. 532.
— dampfentwickelung bei
der Lokomotive 512,
— ^eusen 197.
— Infektion 532.
— — in Afrika 447.
— kraft von Gebirgsströ-
men und -bächen für
elektrische Zwecke 523.
702
Namen- und Sachregister
Wasserreichtum der Ver-
einigten Staaten von
Nordamerika 405.
Asiens.
— Stoff (gas) 513.
Waterloo 343 Anm.
Watt (Elektrische Maß-
einheitsbezeichnung)
374-
Watt (James) 292. 366.
374-
Wattignies 303.
Weber (Karl Maria von)
381.
Weberei 370. 371. 372.
Wechsel in der Bezeich-
nung der Schlachten bei
den verschiedenen Völ-
kern 336 Anm. 343 An-
merkung.
— Politik
s. Neuer Kurs.
Wegebau 66. 85. 255. 318.
■385. 449. 452.
Wehlau 235.
Wehrfähigkeit 463.
— losigkeit Chinas 463.
Spaniens 470.
— pflicht
s. Militärpflicht.
Weiberfeindschaft 261.
■ 263. 277.
Weibliche ' Thronfolge in
England 204/205. 258.
372.
Österreich 263.-
— Rußland 256.
25g. 263. 276 — 280.
Schottland 204.
Schweden 235.
— Spanien 418.
Weichsel 106.
Weidefutterbau
s. Grünfutterbau.
Weimar 211. 300 Anm.
Weinbau 3.85. 444. 493.
— lese 494.
— monat
s. V end^miaire.
Weiße Kohle (Wasser-
kraft für elektrische
Zwecke; 523.
— Kokarde der Bourbo-
nen 341.
Weißenburg 303. 421. '
Weiße Rasse 5. 26. 103.
105. 164. 167. 356. 357.
359. 403. 406. 407. 408.
411. 414. 446. 448. 451.
455- 465. 472. 476. 500.
502. 503.
Weiße Rasse, ihre gei-
stige-Überlegenheit und
Herrschaft über die an-
deren Menschenrassen
502.
Weißer Berg 207.
— Schrecken
s. Terreur blanche.
Weißes Meer 254.
Weißrußland 279.
Weiter Blick des Arbei-
ters 370.
Weifen 140.
Wellentheörie
' s. Undulationstheorie.
Wellesley (Sir Arthurj
s. Wellington (Lord).
Wellington (Lord), später
Herzog von 312. 327.
335- 337- 343 mit Anm.
344. 361.
Wells (H. G., englischer
Schriftsteller) 520.
— (Horace) amerikanisch.
Zahnarzt 376.
Weltanschauungen inter-
nationale 519.
— ausstellungen
Londoner 396.
Pariser 484.
— — zu London
s. Londoner • Weltaus-
stellung. - '
Paris
s. Pariser Weltausstel-
lung.
Weltbriefe 518.
— bühne 432.
— . bürgertum
s. Kosmapolitismus.,
— eroberungsgeist .
s. Imperialismus.
— flucht 87. 461! 462.
— fortschritt
s. Kulturaufstieg.
— friede 485.
— gericht 334.
— geschichte 4. 82. 83.
103. 240. 262. 316. 322,
334. 346. 369. 396. 404.
442. 475. 509.
liehe Ereignisse
s. Universale Ereignisse.
r. Aufschwung
Nordamerikas
s. Nordamerikanischer
Aufschwung.
Weltgeschichtsperioden
s. Weltzeitalter.
Welthandel (Hebung des;
368.
— englischer 357. 373.
— spanischer 357.
— sverkehr 372.
Weltherrschaft der fran-
zösischen Spra-che und
Literatur im 17. tund 18.
Jahrhundert 273.
Englands 313. 357..
474-
S. auch Vormachtstel-
lung _Englands zur See.
Spaniens 175. 195
bis 196. 356. 357.
straum Napoleons L
328. 333.
— krieg 368. 435. 481.
483. 490.
— kultur 5. 491 — 493.
Weltliche Herrschaft der
Kirche, der Päpste 196.
— Macht d. Papstes 401,
— s Leben 187.
Weltliteratur 32. 177. 248.
351- 377- 432. .
— meisterschaft in der
Lyrik 432.
— monarchie 53.
— Organisation 368.
518. 519.
■^ postkarten 518.
verein 518.
— reise 512.
— religion 89.
— spräche, internationale
249. 502—503.
— verkehr 369. 510.
— Wirtschaft Konstantino-
pels 328.
— Zeitalter 369.
Wendisch, Wendische
Sprache und Literatur
502.
Wentworth (Thomas"* 221.
222.
Wenzel (Ungarkönig) 152.
Werkstatt 370.
Wertabnahme der Münz-
metalle 506.
Wert der englischen Ko-
lonialpolitik in Indien
271. 385.
Namen- und Sachregister
703
Wert der französischen
Kolonialpolitik in Al-
gier 385.
„Werther 351. 377- 380.
Wertherabsetzung der .
Münzmetalle 506.
— losigkeit der amtlichen
Religionsstatistik 504.
Wertung der genialen
Einzelforschung 350.
428.
— des französischen mo-
dernen Dramas 432.
Weselowo 280.
Wesen des Krieges 53.
131. 213. 215. 240. 243.
253. 292 Nchtr. 310.
311- 325- 337. 339- 346.
352. 368. 396 397. 409.
427. 431- 436. 453- 484-
485. 486. 488. 490. 529.
S. auch Weltkrieg.
— wissenschaftlicher Er-
kenntnis 434.
Wahrheit 434.
Wesire
s. Großwesire.
Westasien 458.
— europa 237. 253. 256.
402. 519.
Westfalen (Königreich)
33^- 337-
— (Preußische Provinz)
331- 337- 366.
Westfälischer Friede 212.
225. 233. 234. 270.
Westgoten (Wisigoten)
102. 103. 104. 106. 107.
114. 155.
— indischer Archipelagus
s. Karibisches Meer.
s Inselmeer
s. Karibisches Meer.
Westliche Bildung
s. Abendländische Bil-
dung.
Westminster 129. 142/143.
abtei 129.
— preußen 278.
— römisches Reich.
s. Römisches Reich.
Wettbewerb internationa-
ler
s. Konkurrenzkampf in-
ternationaler.
— rüsten der europäisch.
Völker 434. 488. 489.
S. auch Rüstungszu-
riahme in ganz Europa.
Whigregierung 365.
Whigs 227. 258. 365.
Whitehall zu London 224.
Wiclef 178.
Widerrufung des Ediktes
zu Nantes 241. 242. 243.
273- 364-
Widukind 118.
Wied 481.
Wiederauferstehung
bei den alten Ägyptern
10.
Chinesen 89. 90.
Christen 89. 90.
Wiederauffangung der
elektrischen Schwin-
gungswellen 517.
— auflösung des Rhein-
bundes 337.
— erwachen des polni-
schen Nationalgefühls
306.
— fleischwerdung
s. Wiederauferstehung.
— geburt Preußens 335.
— herstellung der alten
reaktionären Ordnung
durch den Wiener Kon-
greß 347. 348.
der Königsherr-
schaft
s. Restauration.
— tauf er 180.
Wieland 351.
Wien 175. 212. 255. 259.
310. 322. 328. 329. 331.
333- 338. 342. 343- 394-
395- 495- 518.
— er Friede 329.
Kongreß 341. 347.
352. 354. 360. 361. 362.
416.
S. auch Fürstenver-
träge.
Volksaufstand 393.
394- 395-
Wiesenmonat
s. Prairial.
Wilde Völker 237. 422.
499- 540.
Wilhelm III. König von
England, Graf von Nas-
' sau, Prinz von Oranien
219. 226. 227. 228. 243.
244. 245.
Wilhelm I. König von
Holland 364.
— I. Graf von Nassau,
Prinz von Oranien,
- Statthalter der Nieder-
lande 197. 198.
— II.
229.
— III.
Erbstatthalter der Nie-
derlande 226. 227. 228.
230. 243. 244.
— I. der Eroberer von
der Normandie 129 bis
130. 131. 142.
— I. König von Preußen
415. 417. 419. 420. 425.
426.
— I. — — Württemberg
417.
— Fürst von Wied 481.
— shöhe (Schloß) 422.
„Wilhelm Teil" 351.
Willkürherrschaft
s. Tyrannei. '
Windsor 137.
Winterfrost
in Alaska 406.
— Kanada 266.
— Sibirien 252. 451.
— kälte im Deutsch-Fran-
zösischen Kriege 424.
Wirtschaftliche Fragen der
sozialdemokratischen
Parteiprogramme 497.
— Notlage 142. 301. 316.
334- 335. 371. 533-
— r Streik,
s. Streik.
— r Wettbewerb der Völ-
. ker
s. Rivalitätspolitik.
— r Zusammenbruch
Frankreichs 341.
— Zwangslage als Förde-
rin des Geburtenrück-
ganges 503.
Wirtgchaftsgenossenschaf -
ten 496.
skrise der Industrie
in England 371.
sverfall durch Krieg
324-
Wischnu 32. 45.
Wisigoten (Westgoten)
102. 103. 104. 106. 107.
114. 155.
7o4
Namen- und Sachregister
Wissenschaft als Mensch-
heitsbefreierin
s. Menschheitsbefreiung
der Wissenschaft.
Wissenschaft der Wis-
senschaften 541.
Wissenschaften 155. 291,
293- 348. 350- 352. 373.
altägyptische 514. 535,
chaldäische 535.
chinesische 463.
deutsche 348. 351 bis
352.
englische 292. 349.
europäische 348 — 350.
404.
französische 291. 302.
314. 348. 349- 350-
holländische 23 1 .
italienische 292. 348.
japanische 468.
preußische 261.
russische 277.
schwedische 349.
universale 396. 490. 491.
493-
— französische in Ägyp-
ten 314.
Wissenschaft, Industrie u.
Sozialreform die Haupt-
kulturfaktoren der Ge-
genwart 519. 538.
— liehe Bestimmung der
Zukunftsgesetze aus den
Gesetzen der Vergan-
genheit 503/504.
Erkenntnisse be-
stimmter " Richtungen
der Zukunft aus Kur-
vendarstellungen 503
bis 504.
Forschung 493. 504.
509- 53?-
— — Genies
s. Meister der Wissen-
schaft.
, handeis- und
staatspolitische Kongo-
unternehmung 437.
Institute, ihre Not-
wendigkeit 534. 541.
Kongresse 519.
r Stil
s. Französisch. Stil usw.
s Arbeiterheer 350.
428.
Wissenschaftliches Ver-
ständnis afrikanischer
Eingeborener 448.
Wissenschaftlichkeit
(exaktej 274.
Witt (Cornelius de) 230.
— (Jan de) 230.
Wittenberg 179.
Wittenberg 179.
Wladiwostok 453. 454.
511.
Wohlanständigkeit der
englischen Presse 483.
Wohlbehagen
s. Komfort.
Wöhler (Friedrich; 375.
429.
Wohlstand Ägyptens 439.
— Argentiniens 472.
— Brasiliens 472.
— der Insel Java 474.
Stadt S ingapure
459-
Sundainseln 474.
Vereinigten Staaten
von Nordamerika 470.
— Englands 369. 372.
— Indiens 458. 459.
S. auch Alter Reichtum
Indiens.
— Indochinas 460.
— Kaliforniens 406.
— Mexikos 411.
— und Gleichheit als
Grundsatz der neuen
sozialistischen Gesell-
schaft 509.
Wohltäter der Menschheit
als Ruhmestitel von me-
dizinischen Forschem
526. 529.
Wohnungselend 371. 465.
— not der Chinesen 465.
Wolgast 292 Nachtr.
Wollaston 349.
Wollausfuhr 505.
Wolle 505.
Wollkonsum 505.
— waren 505.
Wolsey 184.
Worms 179.
Wörterbuch (enzyklopä-
disches)
s. Dictionnaire encyclo-
p6dique.
Wörth 421.
Wright (Orville) 515.
— (Wilbur) 515.
Wucher bei den spani-
nischen Juden 157.
— — — Chinesen 462.
Wundarzneikunde
s. Chirurgie.
Wunder der Welt 15. 57,
— — Wissenschaft 524.
525: 539- 54o.
Würdigung Napoleons I.
345—347-
Wurfwaffe 240.
Württemberg 180. 210.
393. 416. 417.
— er 337. 393.
Wurtz (Karl Adolf) 430.
Würzburg 1 54.
Wüstengebiet 435. 445.
447. 449-
— Stadt 446.
Xenophon 40. 45.
Xeres de la Frontera 114,
114.
Xerxes 37. 41. 42. 51. 54.
332.
Xisuthros (Noah) 16.
X-Strahlen 524.
Yatrib s. Medina,
Yersin (Alexandre) 530.
Yorktown 284.
Yukatan 165.
Zahlenwerttheorie der me-
chanischen Wärmelehre
374-
Zahlungseinstellung 215.
Zähmung von Haustieren
3- 535-
Zahnheilkunde in Nord-
amerika 376.
Zama 73. 74.
Zamenhof (Ludwig) 503
mit Anm.
Zänkereien der Generäle
s. Rivalität zwischen
den verschiedenen Kom-
mandostellen.
Zanzibar s. Sansibar.
Zarathustra (Zoroaster) 27,
Zarentitel 237.
— tum 237. 250. 253 — 257,
264. 276—280. 315. 320.
322. 324. 328. 329. 331.
332. 339- 340. 341- 342.
360. 361. 362. 363. 364.
382. 395. 396. 397. 403.
478. 485.
Namen- und Sachregister
705
Zarewitsch 237. 276.
Zarinnen 256. 257. 276.
280.
Zarismus s. Zarentum.
Zauderpolitik
s. Schaukelpolitik.
Zedekia 28.
Zeeland 197. 228.
Zehlendorf 367.
Zeitalter der Aufklärung
276.
— — Musik
s. Jahrhundert der
Musik.
— — Naturwissenschaft
s. Naturwissenschaft-
liches Zeitalter.
Zeitalter der Wissen-
schaft 540.
Zeitalter des Augustus 83.
Perikles 43. 83. 249.
— Ludwigs XIV. 83. 247
bis 249. 377. 378. 380.
Zeitangaben für den amt-
lichen Verkehrsdienst
5 IQ-
Zeit des Norddeutschen
Bundes 417.
— rechnung
altägyptische 11.
der Ersten französischen
Republik 307. 308.
mohammedanische 1 1 1 .
Zeitungsbedürfnis der
Großstädte 492.
— streibereien
s. Pressetreibereien.
— swesen
s. Journalismus.
Zellenbau der Pflanzen
375-
— gewebe 350. 375. 528.
531-
— — , ihre Einheitlich-
keit bei den verschie-
denen Lebewesen 350.
375-
— lehre 350. 375—376.
— theorie s. Zellenlehre.
Zend-Avesta 27.
Zeno 57.
Zensiten 77.
Zensoren 61. 80. 81. 91.
Zensur
in England 226.
— Frankreich 353.
Zentral- s. Mittel-
Zentralbureau der Inter-
nationalen Erdmessung
518.
— isation Japans 469.
ssystem
in Deutschland 337.
— Frankreich 318.
— Rußland 255.
, Zentralisierung
s. Volkseinheit.
Zenturien 61.
Zenturionen 82.
Zeppelin (Graf) 513.
— e 514.
Zerlegung unterchlorig-
saurer Natronlösungen
349-
Zernierung des Gesamt-
heeres Napoleons III.
bei Sedan 422.
Zerrissenheit
s. Kleinstaaterei.
Zersetzungsprozeß unauf-
hörlicher des Radiums
524.
Zerstörung deutscher
Städte und Gaue durch
den Dreißigjährigen
Krieg 213.
— französischer — — —
— — Hundertjährigen
— 142.
Zerstückelung Chinas 467.
— der Türkei 360. 362.
398. 476.
— Großbulgariens 479.
Zeus 36. 37. 44. 45. 51.
— tempel 36.
Zickzackkurs in der Poli-
tik 329. 361. 398. 400.
S. auch Schaukelpolitik
Napoleons III.
Zinnen 123.
Zinninseln (Cassiteriden)
22.
Zirkus(spiele) 63. 86. 90.
105. 108. 109.
Zivilisation
in Ägypten 314.
— Algier 384.
— China 464. 465.
— England 373. 396.
— Frankreich 246.
— Japan 454.
— Nordafrika 446.
— Rußland 237. 253.
255. 256.
universale 440.
Zivilisation europäische
s. Zivilisation moderne.
Zivilisationshöhe als För-
derin des Geburten-
rückganges 502. 503.
Zivilisation, ihr Wesen
413. 488.
^- moderne 318. 384. 413.
442. 450. 451- 454- 464
bis 465. 466. 469. 488.
502. 534.
— uralte 451. 460. 464
468.
Zivilisatorische Fort-
schritte der Maoris 414.
— r Einfluß Englands auf
die Menschheit 396.
— r — — — seine ost-
afrikanischen Kolonien
438.
— r — Frankreichs auf
Ägypten 314.
Zivil-Militärgericht
s. Gemischtes Standge-
richt.
— Standsgesetz für die
Geistlichkeit 296/297.
301.
Zölibat 180. 186. 187.
Zollberichtigung
s. Zollrevision.
— freiheit 292 Nachtr.
372.
— maßnahmen (Zollpoli-
tik) s. Verzollung.
— Politik in England 371.
372.
— revision 325.
— Schrankensystem, seine
zukünftige endgültige
Beseitigung 516.
— verein 355. 392. 417.
— wesen s. Verzollung.
Zombow 277.
Zoologie
in England 428. 431.
— Frankreich 349. 431.
Zoologische Entdeckungs-
fahrten 431.
Zoroaster (Zarathustra) 27.
„Züchtigungen" 431/432.
Zuchtlosigkeit
s. Disziplin.
— wähl
s. Natürliche Zuchtwahl
menschliche
s. Menschliche Zucht-
wahl.
7o6
Namen- und Sachregister
Zucker 505.
— ausfuhr 505.
— erzeugung 429.
— Industrie 266. 405. 505.
— konsum 505.
— rohrbau 266. 405. 406.
Zufluchtstätte politische
s. Asylrecht politisches.
Zugbrücke 123.
Zug der Tausend 400.
Zugeständnisse parlamen-
tarischer Bürgschaften
durch Napoleon III.
418.
Zukunft Afrikas 447.
— Chinas 469.
^ der europäischen Kolo-
nien in Afrika 449.
Flugzeuge als Zivil-
beförderungsmittel 514.
Zukünftige afrikanische
Handelszentrale 446.
— s Abhängigkeitsverhält-
nis Chinas zu Japan 469.
— s Bev.ölkerungswachs-
tum 498.
— Vorherrschaft der Sla-
wen innerhalb der Wei-
ßen Rasse 503.
Zukunft Indiens 459. 460.
— Madagaskars 449.
— saufgaben der Wissen-
schaft 541.
— sgesellschaft
s. Neue sozialistische
Gesellschaft.
— skrieg
s. Weltkrieg und auch
Europäischer Zukunfts-
krieg.
— sprobleme volkswirt-
schaftliche
s. Volkswirtschaftliche
Zukunftsprobleme.
— sschlachten 490.
— sstaat
s. Neue sozialistische
Gesellschaft.
— sweltgeschichte 503 bis
505- 534-
Zulassung diplomatischer
Vertreter am Hofe zu
Peking 467.
Zulu(kaffern) 435. 441.
— land 441.
„Zum Ewigen Frieden"
Schrift I. Kants 352.
„Zunächst das Schieds-
gericht und alsdann
die Abrüstung!'' 488.
Zunahme der Bevölke-
rungszahl 498,
— — "Stadtbevölkerung
369-
— des Einzelkonsums 505.
Zunftwesen ältestes 535.
Zürich 242. 315.
Zurückerstattung der
Mandschurei von Japan
an China nach dem
Russisch-japanischen
Kriege 454.
Zurückstellung der not-
wendigsten Staatsaus-
gaben durch das Mili-
tärbudget 489.
— Weisung der deutschen
Kaiserkrone durch den
König von Preußen 393.
Zusammenarbeit 153. 154.
— bruch
s. auch Wirtschaftlicher
Zusammenbruch.
— — der Großen Armee
334-
— — des gesamten
Heeres Napoleons III,
bei Sedan 422.
— — — Napoleonischen
Systems 337.
— — — polnischen
Heeres nach der Ein-
nahme von Warschau
363.
— gehörigkeitsgefühl
s. Solidaritätsgefühl.
— gesetzte Ammoniake
s. Ammoniak.
— — chemische Körper
s. Organische Körper
der Chemie.
— gesetztheit 430.
— leben des Arbeiter-
standes 369.
— Setzung der Bevölke-
rung Mexikos 411.
Zusatzakte der Napoleoni-
schen Verfassung 342.
Zwangsarbeit 242.
— herrschaft
s. Absolutismus.
— herrscher
s. Tyrannen.
Zwangsverwaltung des
vizeköriigl. -ägyptischen
Privatbesitzes 439.
Zwanzigstes Jahrhundert,
seine Ehrenpflicht ge-
gen die Wissenschaft
und die Gelehrten 534.
541.
Zweiatomige Alkoholien.
s. Alkoholien.
Zweiatomigkeit 430.
Zweibund deutsch-öster-
reichischer 482.
Zweifel an dem Bestände
der europäischen Kolo-
nialreiche 504.
Zweigruppensystem der
europäischen Groß-
mächte 483.
Zweijährige Dienstzeit
489.
— kaimmersystem 224.
228. 306. 307. 401. 427.
468. 491.
— kämpf 176.
— sprachigkeit Belgiens
364.
eines Individuums
502.
— — Schleswigs 414.
Zweite Absetzung Napo-
leons I. 344.
— Beschießung Port
Arthurs im Russisch-
japanischen Krieg 454.
— ■ englische Expedition
nach Afghanistan 456
bis 457-.
— ^ französische Konstitu-
ante s. Konstituante,
— französische Okkupa-
tion Roms unter Napo-
leon III. 401.
— — Republik 386.
Zweite Haager Konferenz
485.
Zweiteilung der Geschichte
der Menschheit 153.
290.
Zweite Kammer
s, Abgeordnetenkam-
mer.
in den europäischen
Staaten 491.
— r Balkankrieg 481 bis
482.
— r Einzug der Verbün-
deten in Paris 344.
Namen- und Sachregister
707
Zweite Restauration
s. Restauration.
— r französis.cli-englischer
(siebenjähriger) See-
krieg im Zeitalter
Friedrich des Großen
263 — 265. 267 — 268-. 270.
— r Konsul 317.
— r Kreuzzug 133.
— r Pariser "Friede 397.
— r — — (in den Frei-
heitskriegen) 347. 348.
361. 362. 441. 465.
— r Punischer Krieg 72
bis 73.
— r Raubkrieg
Ludwigs XIV,
s. Raubkriege
Ludwigs XIV.
Zweiter schlesischer Krieg
262.
— r Teil des Faust
s. Faust, Zweiter Teil.
— s französisches Kaiser-
reich 389 — 422. 425.
— Teilung Polens 305 bis
306.
Zwiespältigkeit der Gene-
räle
s. Rivalität zwischen
den verschiedenen Kom-
mandostellen.
Zwingli 180.
Zwischenstaatliche Anar-
chie 488. 509.
Zwischenstaatl. Rechtsord-
nung 488.
— — Rechtsprechung
s. Internationale Recht-
sprechung.
r Schiedsgerichtshof
im Haag
s. Internationaler
Schiedsgerichtshof im
Haag.
Zwistigkeiten der Gene-
räle
s. Rivalität zwischen
den verschiedenen Kom-
mandostellen.
Zwölftafelgesetze 62. . ■
Zynismus 416.
Berichtigung.
S. 486 ist die folgende Anm, zu dem Schiedsgericht und der Alabamafrage beim
Druck versehentlich weggeblieben.
*) In August Strindbergs so anziehender kleinen Friedensnovelle,
die ebenso wie seine Fabeln pazifistischen Bestrebungen huldigt, steht das
Schiedsgericht im Anschluß an die Alabamafrage im Mittelpunkt.
Druck: Münchner Buchgewerbehaus M. Müller & Sohn
r
»CB Riebet. Charles Robert,
81 1850-1935.
.R5 Allgemeine
Kulturgeschichte
versuch einer
Geschichte der
Menscheit von den
ältesten Tagen bis zur
Gegenwart